cr-4ra-2cr-4W. WundtW. SchlechtwegP. RéeA. Bolliger    
 
ARTHUR SCHOPENHAUER
(1788-1860)
Über die Freiheit des menschlichen Willens
[Preisschrift gekrönt von der Königlich Norwegischen Sozietät
der Wissenschaften zu Drontheim, am 26. Januar 1839]


"Als das Organ des Selbstbewußtseins hat man auch einen  inneren Sinn  aufgestellt, der jedoch mehr im bildlichen, als im eigentlichen Verstand zu nehmen ist: denn das Selbstbewußtsein ist unmittelbar. Unsere nächste Frage ist dann: was enthält das Selbstbewußtsein? oder: wie wird der Mensch sich seines eigenen Selbst unmittelbar bewußt?  Antwort: durchaus als eines  Wollenden.  Hierunter hat man aber freilich nicht bloß die entschiedenen, sofort zur Tat werdenden Willensakte und die förmlichen Entschlüsse, nebst den aus ihnen hervorgehenden Handlungen zu verstehen, sondern auch alles Begehren, Streben, Wünschen, Verlangen, Sehnen, Hoffen, Lieben, Freuen, Jubeln und dgl. nicht weniger, als Nichtwollen oder Widerstreben, alles Verabscheuen, Fliehen, Fürchten, Zürnen, Hassen, Trauern, Schmerzleiden, kurz alle Affekte und Leidenschaften sind den Äußerungen des Wollens beizuzählen; da diese Affekte und Leidenschaften nur mehr oder weniger schwache oder starke, bald heftige und stürmische, bald leise Bewegungen des entweder gehemmten oder losgelassenen, befriedigten oder unbefriedigten eigenen Willens sind, und sich alle auf ein Erreichen oder Verfehlen des Gewollten, und Erdulden oder Überwinden des Verabscheuten, in mannigfaltigen Wendungen, beziehen. Es gehört aber auch das dahin, was man Gefühle der Lust und Unlust nennt."

Die von der Königlichen Sozietät aufgestellte Frage lautet:
    "Läßt die Freiheit des menschlichen Willens
    sich aus dem Selbstbewußtsein beweisen?"

I.
Begriffsbestimmungen

Bei einer so wichtigen, ernsten und schwierigen Frage, die im Wesentlichen mit einem Hauptproblem der gesamten Philosophie mittlerer und neuerer Zeit zusammenfällt, ist große Genauigkeit und daher eine Analyse der in der Frage vorkommenden Hauptbegriffe gewiß an ihrer Stelle.


1) Was heißt Freiheit?

Dieser Begriff ist, genau betrachtet, ein  negativer.  Wir denken durch ihn nur die Abwesenheit des Hindernden und Hemmenden: dieses hingegen muß, als Kraft äußernd, ein Positives sein. Der möglichen Beschaffenheit dieses Hemmenden entsprechend hat der Begriff drei sehr verschiedene Unterarten: physische, intellektuelle und moralische Freiheit.

a) Physische Freiheit  ist die Abwesenheit der  materiellen  Hindernisse jeder Art. Daher sagen wir: freier Himmel, freie Aussicht, freie Luft, freies Feld, ein freier Platz, freie Wärme (die nicht chemisch gebunden ist), freie Elektrizität, freier Lauf des Stroms, wo er nicht mehr durch Berge oder Schleusen gehemmt ist usw. Selbst freie Wohnung, freie Kost, freie Presse, postfreier Brief, bezeichnet die Abwesenheit der lästigen Bedingungen, welche, als Hindernisse des Genusses, solchen Dingen anzuhängen pflegen. Am häufigsten aber in in unserem Denken der Begriff der Freiheit das Prädikat animalischer Wesen, deren Eigentümliches ist, daß ihre Bewegungen von  ihrem Willen  ausgehen, willkürlich sind und demnach alsdann  frei  genannt werden, wenn kein materielles Hindernis dies unmöglich macht. Da nun diese Hindernisse sehr verschiedener Art sein können, das durch sie Gehinderte aber stets  der Wille  ist; so faßt man, der Einfachheit halber, den Begriff lieber von der positiven Seite, und denkt dadurch alles, was sich allein durch seinen Willen bewegt, oder allein aus seinem Willen handelt: welche Umwendung des Begriffs im Wesentlichen nichts ändert. Demnach werden, in dieser  physischen  Bedeutung des Begriffs der Freiheit, Tiere und Menschen dann  frei  genannt, wenn weder Bande, noch Kerker, noch Lähmung, also überhaupt kein  physisches, materielles  Hindernis ihre Handlungen hemmt, sondern diese ihrem  Willen  gemäß vor sich gehen.

Diese  physische Bedeutung  des Begriffs der Freiheit, und besonders als Prädikat animalischer Wesen, ist die ursprüngliche, unmittelbare und daher allerhäufigste, in welcher er ebendeshalb auch keinem Zweifel oder Kontroverse unterworfen ist, sondern seine Realität stets durch die Erfahrung beglaubigen kann. Denn sobald ein animalisches Wesen nur aus seinem  Willen  handelt, ist es, in dieser Bedeutung,  frei:  wobei keine Rücksicht darauf genommen wird, was etwa auf seinen Willen selbst Einfluß haben mag. Denn nur auf das  Können,  d. h. eben auf die Abwesenheit  physischer  Hindernisse seiner Aktionen, bezieht sich der Begriff der Freiheit, in dieser seiner ursprünglichen, unmittelbaren und daher populären Bedeutung. Daher sagt man: frei ist der Vogel in der Luft, das Wild im Wald; frei ist der Mensch von Natur; nur der Freie ist glücklich. Auch ein Volk nennt man frei und versteht darunter, daß es allein nach Gesetzen regiert wird, diese Gesetzt aber selbst gegeben hat: denn alsdann befolgt es überall nur seinen eigenen Willen. Die politische Freiheit ist demnach der physischen beizuzählen.

Sobald wir aber von dieser  physischen  Freiheit abgehen und die zwei anderen Arten derselben betrachten, haben wir es nicht mehr mit dem populären, sondern mit einem  philosophischen  Sinn des Begriffs zu tun, der bekanntlich vielen Schwierigkeiten den Weg öffnet. Er zerfällt in zwei gänzlich verschiedene Arten: die intellektuelle und die moralische Freiheit.

b) Die  intellektuelle  Freiheit, to ekousion kai akousion kata dianoian [der freiwillige und unfreiwillige Intellekt - wp] bei ARISTOTELES, wird hier bloß zum Zweck der Vollständigkeit der Begriffseinteilung in Betracht gezogen: ich erlaube mit daher ihre Erörterung hinauszusetzen bis ganz ans Ende dieser Abhandlung, wobei die in ihr zu gebrauchenden Begriffe schon im Vorhergegangenen ihre Erklärung gefunden haben werden, so daß sie dann in der Kürze wird abgehandelt werden können. In der Einteilung aber mußte sie, als der physischen Freiheit zunächst verwandt, ihre Stelle neben dieser haben.

c) Ich wende mich also gleich zur dritten Art, zur  moralischen Freiheit,  welche eigentlich das  liberum arbitrium  [Wahlfreiheit - wp] ist, von dem die Frage der königlichen Sozietät redet.
Dieser Begriff knüpft sich an den der physischen Freiheit von einer Seite, die auch seine, notwendig viel spätere, Entstehung begreiflich macht. Die physische Freiheit bezieht sich, wie gesagt, nur auf materielle Hindernisse, bei deren Abwesenheit sie sogleich da ist. Nun aber bemerkte man, in manchen Fällen, daß ein Mensch, ohne durch materielle Hindernisse gehemmt zu sein, durch bloße Motive, wie etwa Drohungen, Versprechungen, Gefahren und dgl., abgehalten wurde zu handeln, wie es außerdem gewiß seinem Willen gemäß gewesen sein würde. Man warf daher die Frage auf, ob ein solcher Mensch noch  frei  gewesen wäre? oder ob wirklich ein starkes Gegenmotiv die dem eigentliche Willen gemäße Handlung ebenso hemmen und unmöglich machen kann, wie in physisches Hindernis? Die Antwort darauf konnte dem gesunden Verstand nicht schwer werden: daß nämlich niemals ein Motiv so wirken kann, wie ein physisches Hindernis; indem dieses leicht die menschlichen Körperkräfte überhaupt unbedingt übersteigt, hingegen ein Motiv nie ansich unwiderstehlich sein, nie eine unbedingte Gewalt haben, sondern immer noch möglicherweise durch ein  stärkeres  Gegenmotiv überwogen werden kann, wenn nur ein solches vorhanden und der im individuellen Fall gegebene Mensch durch dasselbe bestimmbar wäre; wie wir dann auch häufig sehen, daß sogar das gemeinhin stärkste aller Motive, die Erhaltung des Lebens, doch überwogen wird von anderen Motiven: z. B. beim Selbstmord und bei der Aufopferung des Lebens für andere, für Meinungen und für mancherlei Interessen; und umgekehrt, daß alle Grade der ausgesuchtesten Marter auf der Folterbank bisweilen überwunden worden sind von dem bloßen Gedanken, daß sonst das Leben verloren geht. Wenn sich aber auch hieraus erhellt, daß die Motive keinen rein objektiven und absoluten Zwang mit sich führen, so konnte ihnen doch ein subjektiver und relativer, nämlich für die Person des Beteiligten, zustehen; welches im Resultat dasselbe war. Daher blieb die Frage: ist der Wille selbst frei? - Hier war nun also der Begriff der Freiheit, den man bis dahin nur in Bezug auf das  Können  gedacht hatte, in Beziehung auf das  Wollen  gesetzt worden, und das Problem entstanden, ob denn das Wollen selbst  frei  wäre. Aber diese Verbindung mit dem  Wollen  einzugehen, zeigt, bei näherer Betrachtung, der ursprüngliche, rein empirische und daher populäre Begriff von Freiheit sich unfähig. Denn nach diesem bedeutet  "frei" - "dem eigenen Willen gemäß": frägt man nun, ob der Wille frei ist; so frägt man, ob der Wille sich selber gemäß ist: was sich zwar von selbst versteht, womit aber auch nichts gesagt ist. Dem empirischen Begriff der Freiheit zufolge heißt es: "Frei bin ich, wenn ich  tun  kann,  was ich will":  und durch das "was ich will" ist da schon die Freiheit entschieden. Jetzt aber, da wir nach der Freiheit des  Wollens  selbst fragen, würde sich demgemäß diese Frage so stellen: "Kannst du auch  wollen,  was du willst?" - was so viel heißt wie: ob das Wollen noch von einem anderen, hinter ihm liegenden Wollen abhängt. Und gesetzt, diese Frage würde bejaht; so entstände alsbald die zweite: "kannst du auch wollen, was du wollen willst?" und so würde es ins Unendliche höher hinaufgeschoben werden, indem wir immer  ein  Wollen von einem früheren, oder tiefer liegenden, abhängig denken und vergeblich strebten, auf diesem Weg zuletzt eines zu erreichen, welches wir als von gar nichts abhängig denken und annehmen müßten. Wollten wir aber ein solches annehmen; so könnten wir ebenso gut das erste, als das beliebig letzte dazu nehmen, wodurch dann aber die Frage auf die ganz einfache "kannst du wollen?" zurückgeführt würde. Ob aber die bloße Bejahung dieser Frage die Freiheit des Wollens entscheidet, ist was man wissen wollte, und bleibt unerledigt. Der ursprüngliche, empirische, vom Tun hergenommene Begriff der Freiheit weigert sich also, eine direkte Verbindung mit dem des Willens einzugehen. Deshalb mußte man, um dennoch den Begriff der Freiheit auf den Willen anwenden zu können, ihn dadurch modifzieren, daß man ihn abstrakter faßte. Dies geschah, indem man durch den Begriff der  Freiheit  nur im Allgemeinen die Abwesenheit aller  Notwendigkeit  dachte. Hierbei behält der Begriff den  negativen  Charakter, den ich ihm gleich Anfangs zuerkannt hatte. Zunächst wäre demnach der Begriff der Notwendigkeit, als der jenem die  negative  Bedeutung gebende  positive  Begriff, zu erörtern.

Wir fragen also: was heißt  notwendig?  Die gewöhnliche Erklärung, "notwendig ist, dessen Gegenteil unmöglich ist oder was nicht anders sein kann", - ist eine bloße Worterklärung, eine Umschreibung des Begriffs, die unsere Einsicht nicht vermehrt. Als die Realerklärung aber stelle ich diese auf:  notwendig ist, was aus einem gegebenen zureichenden Grund folgt:  wobei dieser Satz, wie jede richtige Definition, sich auch umkehren läßt. Je nachdem nun dieser zureichende Grund ein logischer, oder ein mathematischer, oder ein physischer, genannt Ursache, ist, wird die  Notwendigkeit  eine logische (wie die der Konklusion, wenn die Prämissen gegeben sind), eine mathematische (z. B. die Gleichheit der Seiten eines Dreiecks, wenn die Winkel gleich sind), oder eine physische, reale (wie der Eintritt der Wirkung, sobald die Ursache da ist) sein: immer aber hängt sie, mit gleicher Strenge, der Folge an, wenn der Grund gegeben ist. Nur sofern wir etwas als Folge aus einem gegeben Grund begreifen, erkennen wir es als notwendig und umgekehrt, sobald wir etwas als Folge eines zureichenden Grundes erkennen, sehen wir ein, daß es notwendig ist: denn alle Gründe sind zwingend. Diese Realerklärung ist so adäquat und erschöpfend, daß Notwendigkeit und Folge aus einem gegebenen zureichenden Grund Wechselbegriffe sind, d. h. überall der eine an die Stelle des anderen gesetzt werden kann. (1) - Demnach wäre die Abwesenheit der Notwendigkeit identisch mit Abwesenheit eines bestimmenden zureichenden Grundes. Als das Gegenteil des  Notwendigen  wird jedoch das  Zufällige  gedacht; was hiermit nicht streitet. Nämlich jedes Zufällige ist nur  relativ  ein solches. Denn in der realen Welt, wo allein das Zufällige anzutreffen ist, ist jede Begebenheit  notwendig,  in Bezug auf ihre Ursache: hingegen in Bezug auf alles Übrige, womit sie etwa in Raum und Zeit zusammentrifft, ist sie  zufällig.  Nun müßte aber das Freie, da Abwesenheit der Notwendigkeit sein Merkmal ist, das schlechtin von gar keiner Ursache Abhängige sein, mithin definiert werden als das  absolut Zufällige:  ein höchst problematischer Begriff, dessen Denkbarkeit ich nicht verbürge, der jedoch sonderbarerweise mit dem der  Freiheit  zusammentrifft. Jedenfalls bleibt das  Freie  das in keiner Beziehung Notwendige, d. h. von keinem Grund Abhängige. Dieser Begriff nun, angewandt auf den Willen des Menschen, würde besagen, daß ein individueller Wille in seinen Äußerungen (Willensakten) nicht durch Ursachen, oder zureichende Gründe überhaupt, bestimmt wird; da außerdem, weil die Folge aus einem gegebenen Grund (welcher Art dieser auch ist) allemal  notwendig  ist, seine Akte nicht frei, sondern notwendig wären. Hierauf beruth KANTs Definition, nach welcher Freiheit das Vermögen ist, eine Reihe von Veränderungen  von selbst  anzufangen. Denn dieses "von selbst" heißt, auf seine wahre Bedeutung zurückgeführt, "ohne vorhergegangene Ursache": das aber ist identisch mit ohne "Notwendigkeit". So daß, wenngleich jene Definition dem Begriff der Freiheit den Anschein gibt, als wäre er ein positiver, bei näherer Betrachtung doch seine negative Natur wieder hervortritt. - Ein freier Wille also wäre ein solcher, der nicht durch Gründe, - und da jedes ein anderes Bestimmende ein Grund, bei realen Dingen ein Realgrund, d. h. Ursache, sein muß, - ein solcher, der durch gar nichts bestimmt würde; dessen einzelne Äußerungen (Willensakte) also schlechthin und ganz ursprünglich aus ihm selbst hervorgingen, ohne durch vorhergängige Bedingungen notwendig herbeigeführt, also auch ohne durch irgendetwas, einer Regel gemäß, bestimmt zu sein. Bei diesem Begriff geht uns das deutliche Denken deshalb aus, weil der Satz vom Grunde, in allen seinen Bedeutungen, die wesentliche Form unseres gesamten Erkenntnisvermögens ist, hier aber aufgegeben werden soll. Inzwischen fehlt es auch für diesen Begriff nicht an einem  terminus technicus:  er heißt  liberum arbitrium indifferentiae  [absolute Wahlfreiheit und Willkür - wp]. Dieser Begriff ist übrigens der einzige deutlich bestimmte, feste und entschiedene von dem, was Willensfreiheit genannt wird; daher kann man sich von ihm nicht entfernen, ohne in schwankende, neblige Erklärungen, hinter denen sich eine zaudernde Halbheit verbirgt, zu geraten: wie wenn von Gründen geredet wird, die ihre Folgen nicht notwendig herbeiführen. Jede Folge aus einem Grund ist notwendig, und jede Notwendigkeit ist die Folge aus einem Grund. Aus der Annahme eines solchen  liberi arbitrii indifferentiae  ist die nächste, diesen Begriff selbst charakterisierende Folge und daher als sein Merkmal festzustellen, daß einem damit begabten menschlichen Individuum, unter gegebenen, ganz individuell und durchgängig bestimmten äußeren Umständen, zwei einander diametral entgegengesetzte Handlungen gleich möglich sind.


2) Was heißt Selbstbewußtsein?

Antwort:  das Bewußtsein des  eigenen Selbst,  im Gegensatz des Bewußtseins  anderer Dinge,  wobei letztere das Erkenntnisvermögen ist. Dieses nun enthält zwar, ehe noch jene anderen Dinge darin vorkommen, gewisse Formen der Art und Weise dieses Vorkommens, welche demnach Bedingungen der Möglichkeit ihres objektiven Daseins, d. h. ihres Daseins als Objekte für uns, sind: dergleichen sind bekanntlich Zeit, Raum, Kausalität. Obgleich nun diese Formen des Erkennens in uns selbst liegen; so ist dies doch nur zu dem Zweck, daß wir uns  anderer Dinge  als solcher bewußt werden können und in durchgängiger Beziehung auf diese: daher wir jene Formen, wenngleich sie in uns liegen, nicht als zum  Selbstbewußtsein  gehörig anzusehen haben, vielmehr als  das Bewußtsein anderer Dinge,  d. h. die objektive Erkenntnis, möglich machend.

Ferner werde ich nicht etwa durch den Doppelsinn des in der Aufgabe gebrauchten Wortes  conscientia  mich verleiten lassen, die unter dem Namen des  Gewissens,  auch wohl der praktischen Vernunft, mit ihren von KANT behaupteten kategorischen Imperativen, bekannten moralischen Regungen des Menschen zum Selbstbewußtsein zu ziehen; teils weil solche erst infolge der Erfahrung und Reflexion, also infolge des Bewußtseins anderer Dinge, eintreten, teils weil die Grenzlinie zwischen dem, was in ihnen der menschlichen Natur ursprünglich und eigen angehört, und dem, was moralische und religiöse Bildung hinzufügt, noch nicht scharf und unwidersprechlich gezogen ist. Zudem es auch wohl nicht die Absicht der Königlichen Sozietät sein kann, durch eine Hinzuziehung des Gewissens in das Selbstbewußtsein, die Frage auf den Boden der Moral hinübergespielt und nun KANTs moralischen Beweis, oder vielmehr Postulat, der Freiheit aus dem  a priori  bewußten Moralgesetz, vermöge des Schlusses "du kannst, weil du sollst", wiederholt zu sehen.

Aus dem Gesagten erhellt sich, daß von unserem gesamten Bewußtsein überhaupt der bei weitem größte Teil nicht das  Selbstbewußtsein,  sondern das  Bewußtsein anderer Dinge,  oder das Erkenntnisvermögen, ist. Dieses ist, mit all seinen Kräften, nach Außen gerichtet und ist der Schauplatz (ja, von einem tieferen Forschungspunkt aus, die Bedingung) der realen Außenwelt, gegen die es sich zunächst anschaulich auffassend verhält und nachher das auf diesem Weg Gewonnene, gleichsam ruminierend [wieder erwägend - wp], zu Begriffen verarbeitet, in deren endlosen, mit Hilfe der Worte vollzogenen Kombinationen  das Denken  besteht. - Also allererst was wir nach Abzug dieses bei weitem allergrößten Teils unseres gesamten Bewußtseins übrig behalten, wäre das  Selbstbewußtsein.  Wir übersehen schon von hier, daß der Reichtum desselben nicht groß sein kann: daher, wenn die nachgesuchten Data zum Beweis der Willensfreiheit in demselben wirklich liegen sollten, wir hoffen dürfen, daß sie uns nicht entgehen werden. Als das Organ des Selbstbewußtseins hat man auch einen  inneren Sinn  (2) aufgestellt, der jedoch mehr im bildlichen, als im eigentlichen Verstand zu nehmen ist: denn das Selbstbewußtsein ist unmittelbar. Wie dem auch sei, so ist unsere nächste Frage: was enthält nun das Selbstbewußtsein? oder: wie wird der Mensch sich seines eigenen Selbst unmittelbar bewußt?  Antwort:  durchaus als eines  Wollenden.  Jeder wird, bei der Beobachtung des eigenen Selbstbewußtseins bald gewahr werden, daß sein Gegenstand allzeit das eigene Wollen ist. Hierunter hat man aber freilich nicht bloß die entschiedenen, sofort zur Tat werdenden Willensakte und die förmlichen Entschlüsse, nebst den aus ihnen hervorgehenden Handlungen zu verstehen; sondern wer nur irgendwie das Wesentliche, auch unter verschiedenen Modifikationen des Grades und der Art, festzuhalten vermag, wird keinen Anstand nehmen, auch alles Begehren, Streben, Wünschen, Verlangen, Sehnen, Hoffen, Lieben, Freuen, Jubeln und dgl. nicht weniger, als Nichtwollen oder Widerstreben, alles Verabscheuen, Fliehen, Fürchten, Zürnen, Hassen, Trauern, Schmerzleiden, kurz alle Affekte und Leidenschaften, den Äußerungen des Wollens beizuzählen; da diese Affekte und Leidenschaften nur mehr oder weniger schwache oder starke, bald heftige und stürmische, bald leise Bewegungen des entweder gehemmten oder losgelassenen, befriedigten oder unbefriedigten eigenen Willens sind, und sich alle auf ein Erreichen oder Verfehlen des Gewollten, und Erdulden oder Überwinden des Verabscheuten, in mannigfaltigen Wendungen, beziehen: sie sind also entschiedene Affektionen desselben Willens, der in den Entschlüssen und Handlungen tätig ist. (3) Es gehört aber auch das dahin, was man Gefühle der Lust und Unlust nennt: diese sind zwar in großer Mannigfaltigkeit von Graden und Arten vorhanden, lassen sich aber doch allemal zurückführen auf begehrende oder verabscheuende Affektionen, also auf den als befriedigt oder unbefriedigt, gehemmt, oder losgelassen sich seiner bewußt werdenden Willen selbst: ja, dieses erstreckt sich bis auf die körperlichen, angenehmen oder schmerzlichen, und alle zwischen diesen beiden liegenden zahllosen Empfindungen; da das Wesen all dieser Affektionen darin besteht, daß sie als ein dem Willen Gemäßes, oder ihm Widerwärtiges, unmittelbar ins Selbstbewußtsein treten. Des eigenen Leibes ist man sogar, genau betrachtet, sich unmittelbar nur bewußt als des nach Außen wirkenden Organs des Willens und des Sitzes der Empfänglichkeit für angenehme oder schmerzliche Empfindungen, welche aber selbst, wie soeben gesagt, auf ganz unmittelbare Affektionen des Willens, die ihm entweder gemäß, oder widrig sind, zurücklaufen. Wir mögen übrigens diese bloßen Gefühle der Lust oder Unlust mit einrechnen oder nicht; jedenfalls finden wir, daß alle jene Bewegungen des Willens, jenes wechselnde Wollen und Nichtwollen, welches, in seinem beständigen Ebben und Fluten, den alleinigen Gegenstand des Selbstbewußtseins, oder, wenn man will, des inneren Sinnes ausmacht, in durchgängiger und von allen Seiten anerkannter Beziehung steht zu dem in der Außenwelt Wahrgenommenen und Erkannten. Dieses hingegen liegt, wie gesagt, nicht mehr im Bereich des unmittelbaren  Selbstbewußtseins,  an dessen Grenze also, wo es an das Gebiet des  Bewußtseins anderer Dinge  stößt, wir angelangt sind, sobald wir die Außenwelt berühren. Die in dieser wahrgenommenen Gegenstände sind aber der Stoff und der Anlaß all jener Bewegungen und Akte des Willens. Man wird dies nicht als eine  petitio principii  [Unbewiesenes dient als Beweisgrund - wp] auslegen: denn daß unser Wollen stets äußere Objekte zum Gegenstand hat, auf die es gerichtet ist, um die es sich dreht und die als Motive es zumindest veranlassen, kann keiner in Abrede stellen; da er sonst einen von der Außenwelt völlig abgeschlossenen und im finsteren Innern des Selbstbewußtseins eingesperrten Willen übrig behielte. Bloß die Notwendigkeit, mit der jene in der Außenwelt gelegenen Dinge die Akte des Willens bestimmen, ist uns für jetzt noch problematisch.

Mit dem  Willen  also finden wir das Selbstbewußtsein sehr stark, eigentlich sogar ausschließlich beschäftigt. Ob dasselbe nun aber in diesem seinem alleinigen Stoff Data antrifft, aus denen die  Freiheit  eben jenes Willens, im oben dargelegten, auch allein deutlichen und bestimmten Sinn des Wortes, hervorginge, ist unser Augenmerk, darauf wir jetzt gerade zusteuern wollen, nachdem wir dies bisher uns ihm zwar nur lavierend, aber doch schon merklich genähert haben.


II.
Der Wille vor dem Selbstbewußtsein

Wenn ein Mensch  will;  so will er auch Etwas: sein Willensakt ist allemal auf einen Gegenstand gerichtet und läßt sich nur in Bezug auf einen solchen denken. Was heißt nun Etwas wollen? Es heißt: der Willenskraft, welcher selbst zunächst nur ein Gegenstand des Selbstbewußtseins ist, entsteht auf Anlaß von etwas, das zum Bewußtsein  anderer Dinge  gehört, also ein Objekt des Erkenntnisvermögens ist, wobei dieses Objekt, in dieser Beziehung  Motiv  genannt wird und zugleich der Stoff des Willensaktes ist, indem dieser darauf gerichtet ist, d. h. irgendeine Veränderung daran bezweckt, also darauf reagiert: in dieser  Reaktion  besteht sein ganzes Wesen. Hieraus ist schon klar, daß er ohne dasselbe nicht eintreten könnte; da es ihm sowohl an Anlaß, als auch an Stoff fehlen würde. Allein es frägt sich, ob, wenn dieses Objekt für das Erkenntnisvermögen dasteht, der Willensakt nun auch eintreten  muß,  oder vielmehr ausbleien und entweder gar keiner, oder auch ein ganz anderer, wohl gar entgegengesetzter entstehen könnte, also ob jene Reaktion auch ausbleiben, oder, unter völlig gleichen Umständen, verschieden, ja entgegengesetzt ausfallen könnte. Das heißt in Kürze: wird der Willensakt durch das Motiv mit Notwendigkeit hervorgerufen? oder behält vielmehr, beim Eintritt dieses ins Bewußtsein, der Wille gänzliche Freiheit zu wollen, oder nicht zu wollen? Hier also ist der Begriff der Freiheit in jenem oben erörterten und als hier allein anwendbar nachgewiesenen, abstrakten Sinn, als bloße Negation der Notwendigkeit genommen und somit unser Problem festgestellt. Im unmittelbaren  Selbstbewußtsein  aber haben wir die Data zur Lösung desselben zu suchen, und werden zum Ende dessen Aussage genau prüfen, nicht aber, durch eine summarische Entscheidung, den Knoten zerhauen, wie KARTESIUS, der ohne weiteres die Behauptung aufstellte: "Libertatis autem est indifferentiae, quae in nobis est, nos ita conscios esse, ut nihil sit, quod evidentius et perfectius comprehendamus." [Wir haben so ein unmittelbares Bewußtsein von der Freiheit in uns, daß es nichts gibt was perfekter und bewiesenermaßen greifbarer ist. - wp] (Princ. phil. I, § 41). Das Unstatthafte dieser Behauptung hat schon LEIBNIZ gerügt (Theod., I, § 50 und III, § 292), der doch selbst, in diesem Punkt nur ein schwankendes Rohr im Wind war und, nach den widersprechendsten Äußerungen, endlich zu dem Resultat gelangt, daß der Wille durch die Motive zwar inkliniert [tendiert - wp], aber nicht necessiert [vernotwendigt - wp] wird. [...] Dies gibt mir Anlaß zu bemerken, daß ein solcher Mittelweg zwischen der oben gestellten Alternative nicht haltbar ist und man nicht, einer gewissen beliebten Halbheit gemäß, sagen kann, die Motive bestimmten den Willen nur gewissermaßen, er erleide ihre Einwirkung, aber nur bis zu einem gewissen Grad, und dann kann er sich ihr entziehen. Denn sobald wir einer gegebenen Kraft Kausalität zugestanden haben, also erkannt haben, daß sie wirkt, so bedarf es, bei einem etwaigen Widerstand, nur der Verstärkung der Kraft, nach Maßgabe des Widerstandes, und sie wird ihre Wirkung vollenden. Wer mit 10 Dukaten nicht zu bestehen ist, aber wankt, wird es mit 100 sein, usw.

Wir wenden uns also mit unserem Problem an das unmittelbare  Selbstbewußtsein,  in dem Sinn, den wir oben festgestellt haben. Welchen Aufschluß gibt uns nun wohl dieses Selbstbewußtsein über jene abstrakte Frage, nämlich über die Anwendbarkeit, oder Nichtanwendbarkeit, des Begriffs der  Notwendigkeit  auf den Eintritt des Willensaktes, nach einem gegebenen, d. h. dem Intellekt vorgestellten, Motiv? oder über die Möglichkeit, oder Unmöglichkeit, seines Ausbleibens in einem solchen Fall? Wir würden uns sehr getäuscht finden, wenn wir gründliche und tiefgehende Aufschlüsse über Kausalität überhaupt und Motivation insbesondere, wie auch über die etwaige Notwendigkeit, welche beide mit sich führen, von diesem Selbstbewußtsein erwarten würden; da dasselbe, wie es allen Menschen innewohnt, ein viel zu einfaches und beschränktes Ding ist, als daß es von dergleichen mitreden könnte: vielmehr sind diese Begriffe aus dem reinen Verstand, der nach außen gerichtet ist, geschöpft und können allererst vor dem Forum der reflektierenden Vernunft zur Sprache gebracht werden. Jenes natürliche, einfache, ja, einfältige Selbstbewußtsein hingegen kann nicht einmal die Frage verstehen, geschweige sie beantworten. Seine Aussage über die Willensakte, welche jeder in seinem eigenen Innern behorchen mag, wird, wenn von allem Fremdartigen und Unwesentlichen entblößt und auf ihren nackten Gehalt zurückgeführt, sich etwa so ausdrücken lassen:
    "Ich kann wollen, und wann ich eine Handlung wollen werde; so werden die beweglichen Glieder meines Leibes dieselbe sofort vollziehen, sobald ich nur will, ganz unausbleiblich."
Das heißt in der Kürze:  "Ich kann tun was ich will."  Weiter geht die Aussage des unmittelbaren Selbstbewußtseins nicht, wie man sie auch wenden und in welcher Form man auch die Frage stellen mag. Seine Aussage bezieht sich also immer auf das  Tun können dem Willen gemäß:  dies aber ist der gleich Anfangs aufgestellte empirische, ursprüngliche und populäre Begriff der Freiheit, nach welchem  frei  bedeutet  "dem Willen gemäß".  Diese Freiheit wird das Selbstbewußtsein unbedingt aussagen. Aber es ist nicht die, wonach wir fraen. Das Selbstbewußtsein sagt die Freiheit des  Tuns  aus, - unter Voraussetzung des  Wollens:  aber die Freiheit des  Wollens  ist es, wonach gefragt wurde. Wir forschen nämlich nach dem Verhältnis des Wollens selbst zum Motiv: hierüber aber enthält jene Aussage, "ich kann tun was ich will", nichts. Die Abhängigkeit unseres Tuns, d. h. unserer körperlichen Aktionen, von unserem Willen, welche das Selbstbewußtsein allerdings aussagt, ist etwas ganz anderes, als die Unabhängigkeit unserer Willensakte von den äußeren Umständen, welche die Willensfreiheit ausmachen würde, über welche aber das Selbstbewußtsein nichts aussagen kann, weil sie außerhalb seiner Sphäre liegt, indem sie das Kausalverhältnis der Außenwelt (die uns als Bewußtsein von anderen Dingen gegeben ist) zu unseren Entschlüssen betrifft, das Selbstbewußtsein aber nicht die Beziehung dessen, was ganz außerhalb seines Bereiches liegt, zu dem, was innerhalb desselben ist, beurteilen kann. denn keine Erkenntniskraft kann ein Verhältnis feststellen, von dessen Gliedern das eine ihr auf keine Weise gegeben werden kann. Offenbar aber liegen die  Objekte  des Wollens, welche eben den Willensakt bestimmen, außerhalb der Grenze des  Selbstbewußtseins,  im Bewußtsein  von anderen Dingen;  der Willensakt selbst allein  in  demselben, und nach dem Kausalverhältnis jener zu diesem wird gefragt. Sache des Selbstbewußtseins ist allein der Willensakt, nebst seiner absoluten Herrschaft über die Glieder des Leibes, welche eigentlich mit dem "was ich will" gemeint ist. Auch ist es erst der Gebrauch dieser Herrschaft, d. h.  die Tat,  die ihn, selbst für das Selbstbewußtsein, zum Willensakt stempelt. Denn solange er im Werden begriffen ist, heißt er  Wunsch,  wenn fertig,  Entschluß;  daß er aber dies sei, beweist dem Selbstbewußtsein selbst erst die  Tat:  denn bis zu ihr ist er veränderlich. Und hier stehen wir schon gleich an der Hauptquelle jenes allerdings nicht zu leugnenden Scheines, vermöge dessen der Unbefangene (d. h. philosophisch Rohe) meint, daß ihm, in einem gegebenen Fall, entgegengesetzte Willensakte möglich wären, und dabei auf sein Selbstbewußtsein pocht, welches, meint er, dies aussagte. Er verwechselt nämlich Wünschen mit Wollen.  Wünschen  kann er Entgegengesetztes (4); aber  Wollen  nur eines davon: und welches das ist, offenbart auch dem Selbstbewußtsein allererst die  Tat.  Über die Gesetzmäßige Notwendigkeit aber, vermöge deren, von entgegengesetzten Wünschen, der eine und nicht der andere zum Willensakt und zur Tat wird, kann eben deshalb das Selbstbewußtsein nichts enthalten, da es das Resultat so ganz  a posteriori  [im Nachhinein - wp] erfährt, nicht aber  a priori  [im Voraus - wp] weiß. Entgegengesetzte Wünsche mit ihren Motiven steigen vor ihm auf und nieder, abwechselnd und wiederholt: über jeden derselben sagt es aus, daß er zur Tat werden wird, wenn er zum Willensakt wird. Denn diese letztere rein  subjektive  Möglichkeit ist zwar zu jedem vorhanden und ist eben das "ich kann tun was ich will". Aber diese  subjektive  Möglichkeit ist ganz hypothetisch: sie besagt bloß: "wenn ich dies will, kann ich es  tun."  Allein die zum Wollen erforderliche Bestimmung liegt nicht darin; da das Selbstbewußtsein bloß das Wollen, nicht aber die zum Wollen bestimmenden Gründe enthält, welche im Bewußtsein anderer Dinge, d. h. im Erkenntnisvermögen, liegen. Hingegen ist es die  objektive  Möglichkeit, die den Ausschlag gibt: diese aber liegt außerhalb des Selbstbewußtseins, in der Welt der Objekte, zu denen das Motiv und der Mensch als Objekt gehört, ist daher dem Selbstbewußtsein fremd und gehört dem Bewußtsein anderer Dinge an. Jene  subjektive  Möglichkeit ist gleicher Art mit der, welche im Stein liegt, Funken zu geben, jedoch bedingt ist durch den Stahl, an welchem die  objektive  Möglichkeit haftet. Ich werde hierauf von der anderen Seite zurückkommen, im folgenden Abschnitt, wo wir den Willen nicht mehr, wie hier, von Innen, sondern von Außen betrachten und so die  objektive  Möglichkeit des Willensaktes untersuchen werden: alsdann wird die Sache, nachdem sie so von zwei verschiedenen Seiten beleuchtet wurde, ihre volle Deutlichkeit erhalten und auch durch Beispiele erläutert werden.

Also das im Selbstbewußtsein liegende Gefühl "ich kann tun was ich will" begleitet uns beständig, besagt aber bloß, daß die Entschlüsse, oder entschiedenen Akte unseres Willens, obwohl in der dunklen Tiefe unseres Innern entspringend, allemal gleich übergehen werden in die anschauliche Welt, da zu ihr unser Leib, wie alles andere, gehört. Dieses Bewußtsein bildet die Brücke zwischen Innenwelt und Außenwelt, welche sonst durch eine bodenlose Kluft getrennt blieben; indem alsdann in der letzteren bloße von uns in jedem Sinn unabhängige Anschauungen als Objekte, - in der ersteren lauter erfolglose und bloß gefühlte Willensakte liegen würden. - Befragte man einen ganz unbefangenen Menschen; so würde er jenes unmittelbare Bewußtsein, welches so häufig für das einer vermeintlichen Willensfreiheit gehalten wird, etwa so ausdrücken: "Ich kann tun was ich will: will ich links gehen, so gehe ich links: will ich rechts gehen, so gehe ich rechts. Das hängt ganz allein von meinem Willen ab: ich bin also frei." Diese Aussage ist allerdings vollkommen wahr und richtig: nur liegt bei ihr der Wille schon in der Voraussetzung: sie nimmt nämlich an, daß er sich schon entschieden habe: also kann über sein eigenes Freisein dadurch nichts ausgemacht werden. Denn sie redet keineswegs von der Abhängigkeit oder Unabhängigkeit des  Eintrittes  des Willensaktes selbst, sondern nur von den  Folgen  dieses Aktes, sobald er eintritt, oder, um genauer zu reden, von seiner unausbleiblichen Erscheinung als Leibesaktion. Das jener Aussage zugrunde liegende Bewußtsein ist es aber ganz allein, was den Unbefangenen, d. h. den philosophisch rohen Menschen, der dabei jedoch in anderen Fächern ein großer Gelehrter sein kann, die Willensfreiheit für etwas so ganz unmittelbar Gewisses halten läßt, daß er sie als unzweifelhafte Wahrheit ausspricht und eigentlich gar nicht glauben kann, die Philosophen zweifelten im Ernst daran, sondern in seinem Herzen meint, all das Gerede darüber sei eine bloße Fechtübung der Schuldialektik und im Grunde ein Spaß. Eben aber weil ihm die durch jenes Bewußtsein gegebene und allerdings wichtige Gewißheit stets so sehr zur Hand ist, und zudem weil der Mensch, als ein zunächst und wesentlich praktisches, nicht theoretisches Wesen, sich der aktiven Seite seiner Willensakte, d. h. der ihrer Wirksamkeit, sehr viel deutlicher bewußt wird, als der  passiven,  d. h. der ihrer Abhängigkeit; so fällt es schwer, dem philosophisch rohen Menschen den eigentlichen Sinn unseres Problems faßlich zu machen und ihn dahin zu bringen, daß er begreift, die Frage sei jetzt nicht nach den  Folgen,  sondern nach den  Gründen  seines jedesmaligen Wollens; sein  Tun  hänge zwar ganz allein von seinem  Wollen  ab, jetzt aber verlange man zu wissen, wovon denn  sein Wollen selbst  abhängt, ob von gar nichts, oder von etwas? er könne allerdings das Eine  tun,  wenn er will, und ebensogut das andere  tun,  wenn wenn will: aber er soll sicht jetzt besinnen, ob er denn auch das eine wie das andere zu  wollen  fähig ist. Stellt man nun, in dieser Absicht, dem Menschen die Frage etwa so: "Kannst du wirklich, von in dir aufgestiegenen entgegengesetzten Wünschen, dem einen sowohl, wie auch dem andern Folge leisten? z. B. bei einer Wahl zwischen zwei einander ausschließenden Gegenständen des Besitzes ebenso gut den einen, wie auch den andern vorziehen?" Da wird er sagen: "Vielleicht kann mir die Wahl schwer fallen: immer jedoch wird es ganz allein von mir abhängen, ob ich das eine oder das andere wählen  will,  und von keiner anderen Gewalt: da habe ich volle Freiheit, welches ich  will  zu erwählen, und dabei werde ich immer ganz allein meinen  Willen  befolgen." - Sagt man nun: "Aber dein Wollen selbst, wovon hängt es ab?" so antwortet der Mensch aus dem Selbstbewußtsein: "Von gar nichts als von mir! Ich kann wollen was ich will: was ich will das will ich." - Und letzteres sagt er, ohne dabei dei Tautologie zu beabsichtigen, oder auch nur im innersten seines Bewußtseins sich auf den Satz der Identität zu stützen, vermöge dessen allein das wahr ist. Sondern, hier auf das Äußerste bedrängt, redet er von einem Wollen seines Wollens, welches ist, als ob er von einem Ich seines Ichs reden würde. Man hat ihn auf den Kern seines Selbstbewußtseins zurückgetrieben, wo er sein Ich und seinen Willen als ununterscheidbar antrifft, aber nichts übrig bleibt, um beide zu beurteilen. Ob, bei jener Wahl, sein  Wollen selbst  des einen und nicht des anderen, da seine Person und die Gegenstände der Wahl hier als gegeben angenommen sind, möglicherweise auch irgendwie anders ausfallen könnte, als es zuletzt ausfällt; oder ob, durch die eben angebenen Data, dasselbe so notwendig festgestellt ist, wie daß in einem Triangel dem größten Winkel die größte Seite gegenüber liegt; das ist eine Frage, die dem natürlichen  Selbstbewußtsein  so fern liegt, daß es nicht einmal zu ihrem Verständnis zu bringen ist, geschweige daß es die Antwort auf sie fertig, oder auch nur als unentwickelten Keim, in sich trüge und sie nur naiv von sich zu geben brauchte. - Angegebenermaßen wird also der unbefangene, aber philosophisch rohe Mensch immer noch vor der Perplexität, welche die Frage, wenn wirklich verstanden, herbeiführen muß, sich zu flüchten suchen hinter jene unmittelbare Gewißheit "was ich will kann ich tun, und ich will was ich will", wie oben gesagt. Dies wird er immer von Neuem versuchen, unzählige Mal; so daß es schwer fallen wird, ihn vor der eigentlichen Frage, der er immer zu entschlüpfen sucht, zum Stehen zu bringen. Und dies ist ihm nicht zu verargen: denn die Frage ist wirklich eine höchst bedenkliche. Sie greift mit forschender Hand in das allerinnerste Wesen des Menschen: sie will wissen, ob auch er, wie alles Übrige in der Welt, ein durch seine Beschaffenheit selbst ein für alle Mal entschiedenes Wesen ist, welches, wie jedes andere in der Natur, seine bestimmten, beharrlichen Eigenschaften hat, aus denen seine Reaktionen auf entstehenden äußeren Anlaß notwendig hervorgehen, die demnach ihren von dieser Seite unabänderlichen Charakter tragen und folglich in dem, was an ihnen etwa modifikabel sein mag, der Bestimmung durch die Anlässe von Außen gänzlich preisgegeben sind; oder ob er allein eine Ausnahme von der ganzen Natur macht. Gelingt es dennoch schließlich, ihn vor dieser so bedenklichen Frage zum Stehen zu bringen und ihm deutlich zu machen, daß hier nach dem Ursprung seiner Willensakte selbst, nach der etwaigen Regel, oder gänzlichen Regellosigkeit ihres Entstehens geforscht wird; so wird man entdecken, daß das unmittelbare Selbstbewußtsein hierüber keine Auskunft enthält, indem der unbefangene Mensch hier selbst davon abgeht und seine Ratlosigkeit durch Nachsinnen und allerlei Erklärungsversuche an den Tag legt, deren Gründe er bald aus der Erfahrung, wie er sie an sich und anderen gemacht hat, bald aus allgemeinen Verstandesregeln zu nehmen versucht, dabei aber durch die Unsicherheit und das Schwanken seiner Erklärungen genugsam zeigt, daß sein unmittelbares Selbstbewußtsein über die richtig verstandene Frage keine Auskunft liefert, wie es vorhin über die irrig verstandene sie gleich bereit hatte. Dies liegt im letzten Grund daran, daß des Menschen Wille sein eigentliches Selbst, der wahre Kern seines Wesens ist: daher macht derselbe den Grund seines Bewußtseins aus, als ein schlechthin Gegebenes und Vorhandenes, darüber er nicht hinaus kann. Denn er selbst ist wie er will, und will wie er ist. Daher ihn fragen, ob er wohl auch ein anderer sein könnte, als er will, heißt ihn fragen, ob er wohl auch ein anderer sein könnte als er selbst: und das weiß er nicht. Eben deshalb muß auch der Philosoph, der sich von jenem bloß durch die Übung unterscheidet, wenn er in dieser schwierigen Angelegenheit zur Klarheit kommen will, an seinen Verstand, der Erkenntnisse  a priori  liefert, an die so eine überdenkende Vernunft und an die Erfahrung, welche sein und anderer Tun vorführt, als letzte und allein kompetente Instanz sich wenden, deren Entscheidung zwar nicht so leicht, so unmittelbar und einfach, wie die des Selbstbewußtseins, dafür aber doch zur Sache und ausreichend sein wird. Der Kopf ist es, der die Frage aufgeworfen hat, und er auch muß sie beantworten.

Übrigens darf es uns nicht wundern, daß auf jene abstruse, spekulative, schwierige und bedenkliche Frage das unmittelbare Selbstbewußtsein keine Antwort aufzuweisen hat. Denn dieses ist ein sehr beschränkter Teil unseres gesamten Bewußtseins, welches, in seinem Innern dunkel, mit allen seinen objektiven Erkenntniskräften ganz nach Außen gerichtet ist. Alle seine vollkommen sicheren, d. h.  a priori  gewissen Erkenntnisse betreffen ja allein die Außenwelt, und da kann es dann nach gewissen allgemeinen Gesetzen, die in ihm selbst wurzeln, sicher entscheiden, was da draußen möglich, was unmöglich, was notwendig ist, und bringt auf diesem Weg reine Mathematik, reine Logik, ja, eine reine Fundamental-Naturwissenschaft  a priori  zustande. Demnächst liefert die Anwendung seiner  a priori  bewußten Formen auf die in der Sinnesempfindung gegebenen Data ihm die anschauliche, reale Außenwelt und damit die Erfahrung: ferner wird die Anwendung der Logik und der dieser zugrunde liegenden Denkfähigkeit auf jene Außenwelt die Begriffe, die Welt der Gedanken, liefern, dadurch wieder die Wissenschaften, deren Leistungen usw.  Da draußen  also liegt vor seine Blicken eine große Helle und Klarheit. Aber  innen  ist es finster, wie ein gut geschwärztes Fernrohr: kein Satz  a priori  erhellt die Nacht seines eigenen Innern; sondern diese Leuchttürme strahlen nur nach außen. Dem sogenannten inneren Sinn liegt, wie oben erörtert, nichts vor, als der eigene Wille, auf dessen Bewegungen eigentlich auch alle sogenannten inneren Gefühle zurückzuführen sind. Alles aber, was diese innere Wahrnehmung des Willens liefert, läuft, wie oben gezeigt, zurück auf Wollen und Nichtwollen, nebst der belobten Gewißheit "was ich  will,  das kann ich  tun",  was eigentlich besagt: "jeden Akt meines Willens sehe ich sofort (auf eine mir ganz unbegreifliche Weise) als eine Aktion meines Leibes sich darstellen", - was genau genommen, für das erkennende Subjekt ein Erfahrungssatz ist. Darüber hinaus ist hier nichts zu finden. Für die aufgeworfene Frage ist also der angegangene Richterstuhl inkompetent: ja, sie kann, in ihrem wahren Sinn, gar nicht vor ihn gebracht werden, da er sie nicht versteht.

Den auf unsere Anfrage beim Selbstbewußtsein erhaltenen Bescheid resümiere ich jetzt nochmals in einer kürzeren und leichteren Wendung. Das  Selbstbewußtsein  eines jeden sagt sehr deutlich aus, daß er tun kann was er will. Da nun auch ganz entgegengesetzte Handlungen als von ihm  gewollt  gedacht werden können; so folgt allerdings, daß er auch  Entgegengesetztes  tun kann,  wenn er will.  Dies verwechselt nun der rohe Verstand damit, daß er, in einem gegebenen Fall, auch Entgegengesetztes  wollen  kann, und nennt dies  die Freiheit des Willens.  Allein, daß er, in einem gegebenen Fall Entgegengesetztes  wollen  kann, ist schlechterdings nicht in obiger Aussage enthalten, sondern bloß dies, daß von zwei entgegengesetzten Handlungen, er, wenn er  diese will,  sie tun kann, und wenn er  jene will,  sie ebenfalls tun kann: ob er aber die eine sowohl wie auch die andere, im gegebenen Fall,  wollen kann,  bleibt dadurch unausgemacht und ist Gegenstand einer tieferen Untersuchung, als durch das bloße Selbstbewußtsein entschieden werden kann. Die kürzeste, wenngleich scholastische Formel für dieses Resultat würde lauten: die Aussage des Selbstbewußtseins betrifft den Willen bloß  a parte post  [ohne Grenzen in der Zukunft - wp]; die Frage nach der Freiheit hingegen  a parte ante  [ohne Grenzen in der Vergangenheit - wp]. - Also jene unleugbare Aussage des Selbstbewußtseins "ich kann tun was ich will" enthält und entscheidet durchaus nichts über die Freiheit des Willens, die darin bestehen würde, daß der jedesmalige Willensakt selbst, im einzelnen individuellen Fall, also bei gegebenem individuellen Charakter, nicht durch die äußeren Umstände, in denen hier dieser Mensch sich befindet, notwendig bestimmt würde, sondern jetzt so und auch anders ausfallen könnte. Hierüber aber bleibt das Selbstbewußtsein völlig stumm: denn die Sache liegt ganz außerhalb seines Bereichs; da sie auf dem Kausalverhältnis zwischen der Außenwelt und dem Menschen beruth. Wenn man einen Menschen von gesundem Verstand, aber ohne philosophische Bildung, frägt, worin denn die Aussage seines Selbstbewußtseins so zuverlässig von ihm behauptete Willensfreiheit besteht; so wird er antworten: "Darin, daß ich tun kann was ich will, sobald ich nicht physisch gehemmt bin." Also ist es immer das Verhältnis seines  Tuns  zu seinem  Wollen,  wovon er redet. Dies aber ist, wie im ersten Abschnitt gezeigt, noch bloß die  physische  Freiheit. Frägt man nicht weiter, ob er alsdann, im gegebenen Fall, sowohl eine Sache als ihr Gegenteil  wollen  könnte; so wird er zwar im ersten Eifer es bejahen: sobald er aber den Sinn der Frage zu begreifen anfängt, wird er auch anfangen bedenklich zu werden, schließlich in Unsicherheit und Verwirrung geraten und aus dieser sich am liebsten wieder hinter sein Thema "ich kann tun was ich will" retten und daselbst gegen alle Gründe und alles Räsonnement verschanzen. Die berichtigte Antwort auf sein Thema aber würde, wie ich im folgenden Abschnitt außer Zweifel zu setzen hoffe, lauten: "Du kannst  tun  was du  willst:  aber du kannst, in jeem gegebenen Augenblick deines Lebens, nur  ein  Bestimmtes  wollen  und schlechterdings nichts anderes, als dieses eine."

Durch die in diesem Abschnitt enthaltene Auseinandersetzung wäre nun eigentlich schon die Frage der Königlichen Sozietät und zwar verneinend beantwortet; wiewohl nur in der Hauptsache, indem auch diese Darlegung des Tatbestandes im Selbstbewußtsein noch einige Vervollständigung im Nachfolgenden erhalten wird. Nun aber auch für diese unsere verneinende Antwort gibt es, in  einem  Fall, noch eine Kontrolle. Wenn wir uns nämlich jetzt mit der Frage an diejenige Behörde, zu welcher, als der allein kompetenten, wir im Vorhergehenden verwiesen wurden, nämlich an den reinen Verstand, die über die Data desselben reflektierende Vernunft und die im Gefolge beider gehende Erfahrung wenden, und deren Entscheidung fiele etwa dahin aus, daß ein  liberum arbitrium  überhaupt nicht existiert, sondern das Handeln des Menschen, wie alles andere in der Natur, in jedem gegebenen Fall, als eine notwendig eintretende Wirkung erfolgt; so würde uns dieses noch die Gewißheit geben, daß im unmittelbaren Selbstbewußtsein Data, aus denen das nachgefragte  liberum arbitrium  sich beweisen ließe, auch  nicht ein Mal liegen können;  wodurch, mittels des Schlusses  a non posse ad non esse  [von der Wirklichkeit kann zwar auf eine Möglichkeit geschlossen werden, aber nicht von der Möglichkeit auf die Wirklichkeit. - wp], welcher der einzige mögliche Weg ist,  negative  Wahrheiten  a priori  festzustellen, unsere Entscheidung, zu der bisher dargelegten empirischen, noch eine rationale Begründung erhalten würde, mithin alsdann doppelt sicher gestellt wäre. Denn ein entschiedener Widerspruch zwischen den unmittelbaren Aussagen des Selbstbewußtseins und den Erlebnissen aus den Grundsätzen des reinen Verstandes, nebst ihrer Anwendung auf Erfahrung, darf nicht als möglich angenommen werden: ein solches lügenhaftes Selbstbewußtsein kann das unsrige nicht sein. Wobei zu bemerken ist, daß selbst die von KANT über dieses Thema aufgestellte vorgebliche Antinomie, auch bei ihm selbst, nicht etwa dadurch entstehen soll, daß Thesis und Antithesis von verschiedenen Erkenntnisquellen, die eine etwa von Aussagen des Selbstbewußtseins, die andere von Vernunft und Erfahrung ausgeht; sondern Thesis und Antithesis vernünfteln beide aus angeblich objektiven Gründen; wobei aber die Thesis auf gar nichts, als auf der faulen Vernunft, d. h. dem Bedürfnis im Regressus irgendein Mal still zu stehen, fußt, die Antithesis hingegen alle objektiven Gründe wirklich für sich hat.

Diese demnach jetzt vorzunehmende  indirekte,  auf dem Feld des Erkenntnisvermögens und der ihm vorliegenden Außenwelt sich haltende Untersuchung wird aber zugleich viel Licht zurückwerfen auf die bis hierher vollzogene  direkte  und so zur Ergänzung derselben dienen, indem sie die natürlichen Täuschungen aufdecken wird, die aus der falschen Auslegung jener so höchst einfachen Aussage des Selbstbewußtsiens entstehen, wenn dieses in Konflikt gerät mit dem Bewußtsein von anderen Dingen, welches das Erkenntnisvermögen ist und in ein und demselben Subjekt mit dem Selbstbewußtsein wurzelt. Ja, erst am Schluß dieser indirekten Untersuchung wird uns über den wahren Sinn und Inhalt jenes alle unsere Handlungen begleitenden "Ich will", und über das Bewußtsein der Ursprünglichkeit und Eigenmächtigkeit, vermöge dessen sie  unsere  Handlungen sind, einiges Licht aufgehen; wodurch die bis hierher geführte direkte Untersuchung allererst ihre Vollendung erhalten wird.
LITERATUR - Arthur Schopenhauer, Die beiden Grundprobleme der Ethik, Leipzig 1860
    Anmerkungen
    1) Man findet die Erörterung des Begriffs der Notwendigkeit in meiner Abhandlung über den Satz vom Grunde", zweite Auflage, Seite 49.
    2) Er findet sich schon bei CICERO als  tactus interior:  Acad. quaest., IV, 7. Deutlicher bei AUGUSTINUS, De lib. arb., II, 3f. Dann bei DESCARTES, Princ. phil. IV, Seite 190 und ganz ausgeführt bei LOCKE.
    3) Es ist sehr beachtenswert, daß schon der Kirchenvater AUGUSTINUS das vollkommen erkannt hat, während so viele Neuere, mit ihrem angeblichen "Gefühlsvermögen", es nicht einsehen. Nämlich  de civit. Dei,  Lib. XIV, c. 6, redet er von den  affectionibus animi,  welche er, im vorhergehenden Buch unter vier Kategorien:  cupiditas, timor, laetitia, tristitia [Gier, Angst, Freude, Trauer - wp] gebracht hat.
    4) siehe darüber "Parerga", Bd. 2, § 327, der ersten Auflage.