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RUDOLF TREUMANN
Die Monarchomachen

"Wir stehen am Anfang des 14. Jahrhunderts. Die Philosophie zur Zeit der gewaltigsten Macht der Kirche, der Realismus, der zu einer vollkommenen Verachtung des Einzeldings und des Individuums geführt hatte, mußte mit seiner Lehre von der Realität der Universalia dem Nominalismus weichen, der in Wilhelm von Ockham seinen Neubegründer fand. In dieser Zeit galt die Person des Einzelnen im Leben ebensowenig wie das einzelne Ding in der Philosophie."

"Jakob V. von Schottland starb 1542 und nun ersetzte der mächtige Adel den vom König selbst eingesetzten Regenten Beaton durch den protestantischen Grafen Arran. Dieser genehmigte trotz des Widerstandes der Geistlichkeit, daß die Bibel vom Volk gelesen werden darf: hiermit hatte die Reformation einen bedeutenden Vorsprung errungen."

"Aus der Staatslehre der Monarchomachen geht hervor, daß es durchaus demokratische Prinzipien sind, auf denen sich eine neue Ordnung der Dinge aufbauen soll, und daß also, wenn man in dieser Bewegung am Ende des 16. Jahrhunderts die Wurzeln unserer modernen Demokratie erkennt, diese ihren Ursprung in der Forderung der Gewissensfreiheit hat."

"Der Gedanke der Weltmonarchie, der das ganze Mittelalter beherrschte, hatte sich, ohne jemals ganz zu erlöschen, aus den Tagen des römischen Weltreiches herübergeschoben. Der Weltmonarch, der Kaiser und der Weltbischof, der Papst, waren mit direkt von Gott stammender Macht ausgerüstet."

"Wichtiger als die Theorien, die aufgestellt wurden, um die Unterordnung des Staates unter die Kirche zu beweisen, ist für die kommenden Jahrhunderte die Lehre, daß der Staat auf einem menschlichen Willensakt beruth: diese Willensübereinstimmung wurde mit dem wachsenden Einfluß des römischen Rechts immmer mehr mit Bewußtsein zu einem Rechtsakt, zu einem Vertrag gestempelt, und dadurch der Grund zur ersten rechtlichen Konstruktion des Staates gelegt."


Erstes Kapitel
Allgemeine Einleitung

§ 1. Vorbemerkung

Die Gedanken, die gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts in der französischen Revolution in Taten umgesetzt wurden, darf man nicht erst bei ROUSSEAU, und überhaupt nicht in dem Jahrhundert suchen, das ihre ersten Früchte pflückte; sondern wie auf der einen Seite infolge der großen Umwälzung dem neuen Staatsleben ein neues Gepräge aufgedrückt ist, und wie sich im Streit der Parteien vieles noch nicht Verwirklichte aus jener Zeit bis in unsere Tage hinein erstreckt, so reichen auf der anderen Seite die Kämpfe bis in die Zeit des schönsten, selbstvertrauenden Kulturfortschritts, in die Zeit der Renaissance zurück. Damals schon rüstete man sich zu den Kämpfen, die während der folgenden Jahrhunderte im inneren Staatsleben ausgefochten werden mußten. Die Jahre, in denen sich diese glanzvollste, ja übermütige Periode menschlicher Geistesentwicklung schon ihrem Ende zuneigte, sind die Zeit, in die die folgende Untersuchung fällt. Wir müssen deshalb die Zeit selbst erst kennen lernen, um aus ihr heraus ihre politischen Ideen zu begreifen. Denn hier, wie überall, steht der Gedanke und Leben in einer engen, unlösbaren Verbindung: erst die Kenntnis der Umgebung, des Milieu, ist der Weg zur Erkenntnis eines Gedankens. Ein Stück aus der Geschichte der Staatslehre ohne Daten, ohne den lebendigen Hintergrund der Geschichte wird notwendig nur eine Bibliographie und aus einer solchen allein den wahren Gehalt der Lehren kennen zu lernen, ist ebensowenig möglich, wie das aussichtslose Unterfangen der Naturforscher des Mittelalters einen Erfolg haben konnte, solange sie nicht die eigene Erfahrung, sondern den ARISTOTELES nach den Geheimnissen der Natur befragten. Wenn jede Geschichte Kulturgeschichte sein soll, so darf man nicht nur die zusammenhanglosen Teile, sondern man muß auch deren Verbindung betrachten. Die Ereignisse der Geschichte, die religiösen Strömungen, und, ein Bild des "Zeitgeistes" selbst, die Philosophie - wenn man auch mit dem Zeitgeist vorsichtig sein muß:
    Was ihr den Geist der Zeiten heißt,
    Das ist im Grund der Herren eigener Geist,
    In dem die Zeiten sich bespiegeln, -
bilden ein Ganzes, in dem jedem Teil sein Platz gebührt. Nach den verschiedensten Seiten, soweit der Rahmen unserer Arbeit es zuläßt, werden wir uns deshalb umzusehen haben, um ein möglichst vollständiges Bild unseres Objekts zu erhalten. Die Übergangszeit, die Regeneration der Wissenschaften und das Zeitalter der Monarchomachen werden wir zunächst nur skizzieren, um dann, indem wir auf unsere eigentliche Aufgabe übergehen, einen kurzen Rückblick auf die Geschichte der Staatslehre, soweit sie für uns von Bedeutung ist, zu geben. Da unseren Monarchomachen durchgängig die Lehre vom Tyrannenmord gemeinsam ist, so werden wir speziell die Geschichte derselben betrachten. Nach diesen Vorarbeiten werden wir im letzten Kapitel die Doktrinen der Monarchomachen selbst entwickeln.


§ 2. Die Übergangszeit

Die Einheit von Glauben und Wissen, die von den theologischen Summisten mit unendlichem Fleiß und Scharfsinn zu beweisen und zu festigen gesucht wurde, lockerte sich seit DUNS SCOTUS mehr und mehr: das künstliche Band mußte endlich zerreißen und mit der Erkenntnis der Unvereinbarkeit von Vernunft und Dogma mußte die Scholastik fallen. Ihr - freilich ungewolltes - Resultat, die Lehre von der "doppelten Wahrheit", war der beste Beweis ihrer Unmöglichkeit. Aber gerade in der Gegenüberstellung der philosophischen und der theologischen Wahrheit lag bereits der Keim zu einem künftigen Kampf zwischen diesen beiden Mächten: die Spaltung mußte mit dem Sieg der einen oder der anderen beendet werden. Die Kampfes- und Übergangszeit war ein unklares, ein wirres Ineinanderfließen der Grenzen, ja, fast eine Umkehrung der scholastischen Methode selbst: hatte man früher das Dogma durch die Vernunft beweisen wollen, so wurde jetzt die Vernunft durch das Dogma gestützt: das rational gefundene wurde mit Bibelstellen, das geschichtliche mit Beispielen aus der heiligen Geschichte erläutert und belegt. Erst allmählich trat eine Klärung ein, erst nach langer Zeit wurden die Geister aus den theologischen Fesseln befreit: der Kreislauf war vollendet, der Glaube an das Dogma hatte dem Glauben an die Vernunft Platz gemacht. Der "Kultus der Vernunft" am Schluß der Entwicklungsreihe läßt die Umkehrung als eine vollständige erscheinen.

Mit der Dezentralisation der Scholastik, der Philosophie der Kirche, ging die Dezentralisation der Kirche Hand in Hand. Wir stehen am Anfang des XIV. Jahrhunderts. Die Philosophie zur Zeit der gewaltigsten Macht der Kirche, der Realismus, der zu einer vollkommenen Verachtung des Einzeldings und des Individuums geführt hatte, mußte mit seiner Lehre von der Realität der Universalia dem Nominalismus weichen, der in WILHELM von OCKHAM seinen Neubegründer fand. Gewiß ist es kein bloßer Zufall oder eine durch gekünsteltes Suchen gefundene Parallele, daß zu einer Zeit, wo der Satz galt:  universalia ante rem  [Das Allgemeine ist dem Einzelnen vorgeordnet. - wp], - oder, wie derselbe später in seiner gemilderten Form lautete:  universalia in re  [Das Allgemeine ist wirklich. - wp] - daß in dieser Zeit die Person des Einzelnen im Leben ebensowenig galt wie das einzelne Ding in der Philosophie; und daß, nachdem man zu der Lehre angekommen war, daß das Wesen der Dinge im Einzelnen liegt und die Universalien bloße 'flatus vocis [Lufthauch - wp] sind, sich das Verhältnis völlig veränderte. Das Individuum trat nun wieder in den Vordergrund; das mächtige Gefüge der Hierarchie begann zu wanken. Immer mehr verblaßte das päpstliche Weltregiment, und auch innerhalb der Kirche wurde seine Allgewalt durch das Episkopalsystem [die Bischöfe als höchste kirchliche Autorität - wp] erschüttert. Gerade in dieser Zeit traten Männer auf, die den Ansprüchen der Kirche gegenüberzutreten wagten. Ihr Einfluß auf den Staat sinkt; das Reich weiß sich den zu hoch gespannten Forderungen zu entziehen. Mit dem nationalen Bewußtsein erwacht seit dem 14. Jahrhundert die Idee des  Staates  in den Völkern. Man glaubt nicht mehr an eine Universalmonarchie. Während der Einfluß der Kirche sinkt, steigt die Staatsgewalt empor: die Kräfte können sich nach innen wenden, und nach und nach steigert sich die  Staatsgewalt,  begünstigt durch eine glückliche Konstellation der Bedingungen, durch das Gold Amerikas, die Söldnerheere, die Politik der Reformatoren, die durch den Humaninsmus geklärte Kenntnis der einheitlich organisierten Staaten des Altertums, bis zum Gipfel der absoluten  Fürstenmacht.  Im absoluten Herrscher konkurrieren alle getrennten und voneinander unabhängigen Gewalten der Korporationen, um in seiner Machtfülle unterzugehen: in seiner allumfassenden Regierungsgewalt spricht sich zuerst die Einheit der Staatsgewalt aus. Die Souveränität des Staates wird als sein wesentliches Merkmal formuliert.

Der Bruch mit dem Mittelalter schien eine völlige Wiedergeburt der Antike, eine wahre Renaissance werden zu wollen. Schon in den Zeiten eines PETRARCA und BOCCACCIO, ja noch weiter zurück, schon in FRIEDRICH II. hatte sich der neue Geist ausgesprochen. Zunächst war es (1) die Philologie, die die antike Literatur wieder erforschte. Die ganze Geistesaristokratie verstand und erlebte wieder das Altertum, dem sogar die hochgebildeten Päpste jener Tage näher standen, als der weltverneinenden Lehre des Christentums. So barg die Kirche einen gefährlichen Widerspruch in sich; die Reformversuche, die von oben herab vorgenommen wurden, mußten scheitern, da alle Konzilien zu konservativ waren. Nur von unten konnte eine durchgreifende, rücksichtslose Reformation im Sinne LUTHERs zustande kommen. Mit ihm ging auch die Theologie auf die Quellen, auf die Bibel zurück - und hierin folgte man der Philologie, wodurch auch ein wechselseitiger wissenschaftlicher Fortschritt begünstigt wurde -, bis sich schließlich auch Naturwissenschaften und Philosophie von ihrer Vergangenheit, dem autoritätsgläubigen Mittelalter losmachten.

Wie die wissenschaftlichen Begriffe, so wurden auch die politisch-sozialen Anschauungen des Mittelalters in jener Zeit zerrissen; die politische Einheitlichkeit der Welt, der Gedanke der Universalmonarchie war schon seit dem 14. Jahrhundert angegriffen: nun wurde, nachdem schon auf den großen Konzilien des 15. Jahrhunderts durch das mächtige Streben nach selbständigen Nationalkirchen (2) die Einheit der Kirche schwer bedroht worden war, diese Einheit ernsthaft durch die Reformation angegriffen und schließlich gespalten. Der Gedanke der Einheit blieb in der Kirche aber doch noch bestehen: die Theorie der Glaubensfreiheit, selten ausgesprochen und noch seltener angewandt, war deshalb in der Tat nicht mehr als eine schöne Theorie: in der Wirklichkeit der Geschichte galten die Worte des Evangelisten LUKAS (14,23): "Nötige sie, hereinzutreten", die schon von AUGUSTIN zum Wahlspruch gegenüber den Andersgläubigen erhoben worden waren. (3). Es war eine  Pflicht die "Verlorenen" wieder zum wahren Glauben zurückzuführen, so daß der ganze Okzident  in majorem Dei gloriam  [zum höheren Ruhm Gottes - wp] zu einem Schauplatz der wütendsten Kämpfe und Greueltaten verwandelt wurde. Keine Partei hat der anderen etwas vorzuwerfen.

Die religiöse Frage setzte sich angesichts der Machtvollkommenheit der Fürsten notwendig in eine politische um, da das  jus reformandi  der weltlichen Gewalt auch das Innere, die Überzeugung und das Gewissen der Untertanen vindizierte. Diese Frage gerade war seit der Reformation, die es ermöglicht hatte, daß Volk und Herrscher verschiedenen Konfessionen angehörten, eine blutig-praktische geworden: die Frage nach der  Grenze der Fürstengewalt.  Dazu kam noch die Erinnerung an die alten Rechte der Stände, die eben jetzt, wo sie zu verschwinden begannen, recht deutlich in das Bewußtsein traten; zugleich boten diese alten Einrichtungen den Punkt, an dem die Angreifer der absoluten Fürsten einsetzten, so daß ihre eigene Sache, als eine Verteidigung der Volksrechte, sich auf die historische Überlieferung berufen konnte. Die Religionskriege in den Niederlanden, die Bürgerkriege in Frankreich, die Bartholomäusnacht, die Wirren in Deutschland, in England, in Schottland sind die Jllustration zu dieser Frage! Es war also wahrlich keine bloße Schulfrage, um die sich neben dem Kampf mit dem Schwert ein anderer mit geistigen Waffen drehte, und in dem sich nicht Katholik und Protestant, sondern der "Princeps" und der "Populus" gegenüberstanden. Sie bekämpften sich zwar gegenseitig, die Katholiken und Protestanten, aber sie fanden beiden im absoluten Monarchen ihren gemeinsamen Feind. All diese Kämpfer, die in jenen Tagen den Monarchenkampf aufnahmen, faßt man unter dem Namen "Monarchomachen" zusammen: ein Name, den ihnen ein Verteidiger des Absolutismus, GUILIELMUS BARCLAIUS in seiner Streitschrift "De regno et regali potestate adversus Buchananum, Brutum, Boucherium et reliquos Monarchomachos libri sex" (Paris, 1600) beilegte.


§ 3. Das Zeitalter der Monarchomachen
und die Begrenzung der Aufgabe

Diese Männer sind es, die uns in den folgenden Betrachtungen beschäftigen werden. Es ist deshalb hier die richtige Stelle, die Ausdehnung unserer Aufgabe zu bestimmen.  Monarchomachen,  im wörtlichen Verstand, hat es wohl gegeben, solange es Monarchen gibt; aber selbst im eigentlichen Sinne ist der Begriff nicht feststehend. Bald begreift man darunter alle Schriftsteller, die, von den Reformatoren an bis zu MILTON und LOCKE ein Widerstandsrecht, sei es auch nur ein passives, für die Untertanen beanspruchten; ohne daß man darauf Rücksicht nimmt, ob die Begründung dieses Widerstandsrechts der Satz war: "Man muß Gott mehr gehorchen, als den Menschen", oder ob es aus der Volkssouveränität abgeleitet wurde. Bisweilen beginnt man sogar schon mit MARSILIUS von PADUA (4); ja, ein ausführliches Werk müßte auch ROUSSEAU und die modernsten sozialistischen und anarchistischen Schriftsteller berücksichtigen. Doch dies zu umfassen, würde eine Lebensaufgabe sein, und so schön und dankbar eine solche Aussicht auch ist, - wir müssen uns für unsere Zwecke bescheiden und unser Thema enger begrenzen. Doch darf diese Begrenzung der Abgeschlossenheit keinen Abbruch tun, sondern, ohne Willkür unterlaufen zu lassen, müssen wir das Zusammengehörige auch zusammenlassen, indem wir vorzüglich den allgemeinen Charakter und die Heimatländer der Schriften berücksichtigen.

Was ersteres, den allgemeinen Charakter der Werke angeht, so müssen wir im Auge behalten, daß es alles in erster Linie  Streitschriften  waren, die, von der Gelegenheit hervorgerufen, in glühender, vom Zorn eingegebener Sprache geschrieben sind und wenig Sorge für eine genaue, systematische Einteilung zeigen. Was kam es auch darauf an, wenn der Zweck erreicht wurde? Und war es schließlich von Wichtigkeit, die Lehren von der Volkssouveränität in einem ausgemeißelten System vorzutragen, in dem das Feuer der Unmittelbarkeit, die Gewandtheit des Stils notwendig verloren gehen mußten?

In zweiter Linie müssen wir die Länder bestrachten, in denen die politischen Vorbedingungen für solche Streitschriften vorhanden waren. Denn nur aus einem regen, politischen Leben können derartige Erscheinungen geboren werden: die Hauptbedingung aber, die Schriften, wie die eines BOUCHER, möglich machte, war, daß zwei mächtige Parteien im Land einander gegenüberstanden: denn die Kühnheit, mit der die Monarchomachen geschrieben haben, darf man nicht zu einem Schluß auf ausgedehnte Pressefreiheit in jenen Tagen benutzen, sondern die Erklärung ist darin zu finden, daß die Schriftsteller die Stimmführer des halben Landes waren und eine Macht im Rücken hatten, auf die sie sich verlassen konnten. Zu einem solchen gewaltigen Parteileben waren die deutschen Territorien zu klein, und ebenso war Italien politisch unfähig; in Frankreich dagegen, wo alle Voraussetzungen eintrafen, und das von jeher das politisch beweglichste Land war, lag der Boden für Pamphlete günstiger: die Mehrzahl der zu betrachtenden Monarchomachen sind Franzosen. Ähnlich stand es in Schottland, wo schon seit Jahren ein erbitterter Kampf geführt wurde; in Spanien waren seit 1570 im wesentlichen die reformatorischen Bestrebungen ausgerottet, doch wurde hier nach der Unterdrückung der Volksrechte die Macht und das Überwiegen des königlichen Einflusses schwer empfunden, und man wünschte dringend die Wiederherstellung der alten Freiheiten. Der Monarchomache, den wir hier treffen werden, war außerdem ein Jesuit, und wir werden sehen, was dies für einen Einfluß auf seine Doktrinen haben konnte.

Frankreich, Schottland und Spanien sind also die Länder, in denen die Monarchomachen mit geistigen Waffen neben dem Kampf auf dem Feld der praktischen Politik stritten.

Doch hier bedürfen wir der Rechtfertigung, da wir trotz seiner Übereinstimmung in den prinzipiellen Fragen mit den Monarchomachen JOHANNES ALTHUSIUS ausgeschlossen haben. Aber es war uns in erster Linie darum zu tun, eine Darstellung der Kampfschriften, die aus dem politischen Leben heraus entstanden sind, zu geben; da ferner neue Gedanken sich bei ihm nicht finden, sondern uns nur die von den französischen Publizisten bereits ausgesprochenen Grundsätze in einem doktrinären Gewand entgegentreten, so tut es der Vollständigkeit der Arbeit keinen Abbruch, wenn wir ihn, als außerhalb stehenden, übergehen. Die große Bedeutung, die ALTHUSIUS von GIERKE in seinem vortrefflichen Werk "Johannes Althusius und die Entwicklung der naturrechtlichen Staatstheorien" zugeschrieben wird, können wir in ihm nicht erkennen: mag ihm der Ruhm bleiben, zuerst ein vollständiges, streng systematisches Lehrbuch des allgemeinen Staatsrechts (5) ausgearbeitet zu haben, der "Schöpfer" der Theorie des  contrat social  (6) ist er ebensowenig wie HUGO GROTIUS. Denn einerseits ist die Lehre schon so alt wie die Vorstellung des vereinzelt umherschweifenden Urmenschen, und andererseits ist gerade kurze Zeit von ALTHUSIUS mit aller Schärfe die Natur des Zusammentretens der einzelnen Menschen von SALAMONIUS als ein Vertrag der  socii  aufgefaßt worden.

Was den allgemeinen Charakter der Politik des ALTHUSIUS betrifft, rechtfertigt er unser Ausscheiden aus der Reihe der Monarchenbekämpfer: Schriften wie die eines BOUCHER, BRUTUS oder MARIANA sind nicht die "rechte Gesellschaft" für das dicke Lehrbuch des Herborner Gelehrten: jeder, der sich mit der Literatur jener Tage vertraut gemacht hat, wird uns hierin beistimmen.

Bevor wir nun die Tendenzen der Monarchomachen behandeln, müssen wir eine Skizze der politischen Lage in den Heimatländern derselben entwerfen und die Zeit, deren Darstellung unsere Aufgabe ist, genau begrenzen.

Wie bereits erwähnt, beruhte der Streit zunächst auf der Verschiedenheit der Konfessionen: die Zeit der Reformatoren war also bereits vorüber. Der Kampf, der für die Fürstenmacht so günstig ausfallen sollte, war schon so weit fortgeschritten, daß der Sieg nicht mehr zweifelhaft war, und die Vernichtung der alten Institutionen hatte die Sehnsucht nach ihnen geweckt.

In Frankreich, dem Mutterland der Monarchomachen, lagen, kurz gefaßt, die Verhältnisse folgendermaßen:

Seit LUDWIG XI. (1461-1483) hatte die königliche Macht angefangen, die hindernden Fesseln zu zersprengen: die Macht der Aristokratie trat ihr gegenüber mehr und mehr in den Hintergrund. FRANZ I. (1515-1547) machte noch weitere Fortschritte (7), indem er sowohl der Kirche als auch dem Staat gegenüber seine Macht erweiterte. Aus den Generalstaaten wurde eine Notabelnversammlung [Versammlung der Angesehenen - wp], aus dem Parlament ein Justizhof (8).

Das Land, bereits durch die Gegensätze im königlichen Haus, die Streitigkeiten der Großen im Land, auf das ärgste zerrüttet, wird seit 1562 durch die Hugenottenkriege in ein noch größeres Elend gebracht. Ein unsicherer Friede (1570) nach drei Bürgerkriegen dauert nur kurze Zeit: der gegenseitige Haß entlädt sich aufs Neue in der Bartholomäusnacht 1572. Ein vierter Bürgerkrieg begann; die eine Partei prägte zur Erinnerung an die Bluthochzeit eine Gedenkmünze, auf der anderen Seite erscheint einer Reihe von Streitschriften: in kurzen Abständen wachsen sie auf dem blutgedüngten Boden empor. Zunächst sind es nur protestantische Schriftsteller; später, unter HEINRICHs III. letzten Regierungsjahren und unter dem "haereticus relapsus" (9), HEINRICH IV. treten auch die Katholiken mit einer Anzahl Pamphlete auf, in denen vornehmlich die Argumentation der Protestanten wiederkehrt.

Von den Streitschriften, die in Frankreich erschienen, sind es folgende, welche wir zu unserer Betrachtung speziell herangezogen haben:
    1. Franciscus Hotomanus, Francogallia, Genf 1573 (10)

    2. Die anonym erschienene Schrift: De jure Magistratuum, 1576 französisch, 1578 lateinisch. DANAEUS erwähnt zwar eine Ausgabe der Schrift "de jure magistratus in subditos" von 1574, doch ist nirgendwo anders eine so frühe Ausgabe verzeichnet (11).

    3. Marius Salamonius, Patritius Romanus: de principatu Libri VI (12), Paris 1578.

    4. Stephanus Junius Brutus, Vindiciae contra tyrannos, Edinburgh 1579. (13)

    5. Guilelmus Rossaeus, De justa reipublicae Christianae in Reges impios et haereticos authoritate, 1590. (14)

    6. Boucher, De justa Henrici III. abdicatione e Francorum Regno libri IV., Lugduni 1591 (15).

    7. Lambertus Danaeus, Politices Christianae libri VII., Paris 1596. (16)
Dies sind die Bücher, auf welche wir uns, als Haupterscheinungen der zahllosen Pamphlete in jenen Tagen, beschränken werden. Die Literatur gegen die absolute Monarchie schwoll in Frankreich damals ungeheuer an, aber die Erscheinungen, die der eine Tag gebar und der andere Morgen abgestorben fand, enthalten keine neuen Gedanken, sondern schließen sich durchgängig an HOTMAN oder BRUTUS an (17).

BAUDRILLART (18) bespricht noch kurz einige Schriften, wie den "Dialogue d'Archon et Politie", die "Discours politiques des diverses puissance establies de Dieu au monde", die "Mémoires de l'Estat de France sous Charles XI." - lauter Pamphlete, "von denen kaum ein Kommentar schlimmer ist, als die Werke von Francois Hotman und d'Hubert Languet" (19).

Das Buch HOTMANs, die  Francogallia,  bildet also den Markstein unserer Epoche. Die Bartholomäusnacht, die es hervorgerufen hatte, veranlaßte auch in Schottland GEORGE BUCHANAN, den Geschichtsschreiber Schottland und Erzieher des jungen JAKOB VI., ein schon früher verfaßtes Werk (20) herauszugeben: De jure regni apud Scotos, 1579. Schottlands Verhältnisse waren um diese Zeit folgende (21):

Bereits seit dem 15. Jahrhundert standen sich hier zwei Parteien gegenüber: Krone und Kirche auf der einen, der Adel auf der anderen Seite. Die Einführung der Reformation hing also im wesentlichen davon ab, ob König und Geistlichkeit oder der Adel die Oberhand behielten. Die Macht des letzteren war es so gewachsen, daß er 1542 dem König JAKOB V. den Gehorsam aufkündigen konnte, wenn dieser seinen Feldzug gegen England unternehmen wollte. JAKOB starb im gleichen Jahr, und nun ersetzte der mächtige Adel den vom König selbst eingesetzten Regenten BEATON durch den protestantischen Grafen ARRAN. Dieser genehmigte trotz des Widerstandes der Geistlichkeit, daß die Bibel vom Volk gelesen werden darf: hiermit hatte die Reformation einen bedeutenden Vorsprung errungen. Hierüber kam es wieder zum Kampf, in dessen Wirren BEATON ermordet wurde. Bei dieser Gelegenheit begegnet uns zum erstenmal KNOX, und zwar als Rechtfertiger dieses Mordes. KNOX wird für die weitere Entwicklung der Reformation in Schottland fortan von der größten Bedeutung. 1556-1559 kam er nach mannigfachen Schicksalen, die uns hier nicht näher interessieren, nach Genf zu CALVIN, dessen Kirchenverfassung er kennen lernte, und durch deren Prinzipien seine Anschauung vom Staat wesentlich gebildet wurde. 1560 war der Kampf in Schottland zugunsten der Reformation entschieden, 1561 kehrte MARIA STUART aus Frankreich zurück. Die Leitung des Staates mußte sie ganz in die Hände der Protestanten legen, um bald dem Gegensatz ihres Glaubens und dem ihres Volkes zu unterliegen.

Mit dem Sieg der Reformation war aber der Anfang zu einem neuen Kampf zwischen der protestantischen demokratischen Geistlichkeit und dem Adel gegeben. Denn sowohl Adel wie Geistlichkeit wollten die Güter der katholischen Geistlichkeit für sich haben: der Adel, der sich ihrer bemächtigte, dachte nicht daran, sie herauszugeben. Damit aber hatte er sich einen gefährlichen Feind geschaffen: denn die puritanischen Priester suchten und fanden nun Hilfe beim Volk, bei dem sie durch Schrift und Wort die demokratischen Grundsätze ihrer Kirche verbreiteten und die monarchische Regierungsform in Verruf brachten.

Wöhrend dieser Kämpfe übernahm der 12-jährige JAKOB VI. die Regierung, und an ihn wendet sich der Dialog BUCHANANs. BUCHANAN war Puritaner und Erzieher des Königs: die Grundsätze seiner Staatslehre stehen deshalb auf dem Boden der unmittelbaren Demokratie (22), und hierin ist er Puritaner: der Erzieher des Königs aber will doch die monarchische Regierungsform beibehalten. Daß sein Dialog freilich wenig genutzt hat, das lehrt die Geschichte JAKOBs VI.!

Es bleibt uns jetzt nur noch übrig, unsere Blicke nach Spanien zu wenden, wo JUAN MARIANA im Jahre 1599 sein bekanntes Buch: "De rege ac regis institutione" herausgab. Hier in Spanien war durch die glückliche Vereinigung Aragoniens und Kastiliens (seit ISABELLA) die gesunkene Königswürde wieder zu Ansehen gelangt; seit das Reich (mit KARL I.) in die Hände der Habsburger gelangt war, wurde es zum Mittelpunkt der habsburgischen Weltherrschaftspolitik Weltherrschaftspolitik. Die Macht des Königs im Innern stieg, besonders seit der Unterdrückung des Aufstandes der  Communeros  (1521) zur absoluten empor: das Volk verlor Verfassung und Rechte, welche sich nur in Aragonien noch eine Zeitlang hielten. Unter PHILIPP II., der nicht weniger Volksrechte als Ketzer bekämpfte, ging die Nation der Verarmung entgegen. Dem Infanten PHILIPP, dem späteren PHILIPP II., ist das Buch MARIANAs gewidmet (23) und eigentümlich genug, Volksrechte und Tyrannenmord werden von dem Jesuiten gepriesen "cum privilegio regis" [Privileg des Königs - wp].


§ 4. Die Tendenz der Monarchomachen

Das Buch MARIANAs ist in der Reihe unserer Schrifsteller chronologisch das letzte, so daß also, in Daten ausgedrückt, die von uns zu betrachtende Zeit die Jahre 1573-1599 umfaßt.

Das Problem der Monarchomachen, auf religiösem Boden gewachsen, ist durch und durch revolutionär: denn ist überhaupt einmal die Frage nach der Grenze der Fürstengewalt aufgeworfen, und sind schützende Schranken vor Glauben und Gewissen der Untertanen gestellt, so ist es nur eine Konsequenz, wenn auch nach anderen Grenzen verlangt wird, die enger und enger um den Fürsten gelegt werden. Wenn das höchste Gut der Macht des weltlichen Herrschers entzogen war, sollte ihm das geringere unterworfen sein? "Ich kann meinen Gott wählen, warum sollte ich also das Vermögen und die Fähigkeit meinen Beruf zu wählen, nicht wollen?" (24) So setzt sich also die religiöse Frage in eine politische um, und aus der Frage nach der Gehorsamspflicht der Untertanen wird eine Frage nach der Fürstenmacht überhaupt. Begnügte man sich ferner nicht damit, dem Herrscher in der "lex divina" und "lex naturae" unsichere Schranken gegenüber zu stellen, sondern suchte man im greifbaren positiven Gesetz einen Zaum, so mußte man angesichts der Unmöglichkeit, daß der Wille sich selbst binden kann, für diese positiven Gesetze eine andere Willensquelle finden, als den Willen des Fürsten. Diese Schwierigkeit verschwand mit der Annahme der  Volkssouveränität.  Von diesem Punkt aus ergaben sich alle fürstenfeindlichen Konsequenzen mit logischer Notwendigkeit: das Recht des Volkes, jede beliebige Staatsform zu wählen, das Recht, beim Erlaß der Gesetze mindestens mitzuwirken, das Recht, den einzelnen Fürsten zu wählen und ihn, bei Mißbrauch der ihm übertragenen Macht, wieder abzusetzen. Die Behauptung des Rechts auf Widerstand steigert sich bei den Monarchomachen bis zum Aufruf zur Revolution, bis zur Predigung des Tyrannenmordes. Trotzdem gelten aber alle Angriffe nur der absoluten Monarchie, nicht der Monarchie überhaupt: das Streben der Schriftsteller richtet sich auf die Erlangung eines ständisch beschränkten Fürsten.

Fürst und Volk stehen sich als Vertragsparteien gegenüber: der Staat in unserem modernen Sinn ist daher noch nicht zum Bewußtsein des menschlichen Denkens gekommen: ebenso wie tatsächlich sein Körper sich mechanisch aus den öffentlich-rechtlichen Korporationen zusammenfügte, so bestand er auch in der Theorie aus den beiden Vertragsparteien, die ihn mechanisch zusammensetzten. Aber dennoch erschien durch den Satz: princeps singulis maior, universis minor [Der Fürst ist mehr als der einzelne Bürger, aber weniger als deren Gesamtheit. - wp] die eine Vertragspartei, das Volk, als die vorzüglichere, und es taucht dadurch, daß  populus  und  res publica  wie zwei Wechselbegriffe benutzt werden (25) bisweilen die Idee eines einheitlichen Staates auf.

Soviel sei von der Staatslehre der Monarchomachen zur Orientierung gesagt. Schon aus diesen kurzen Umrissen geht hervor, daß es durchaus demokratische Prinzipien sind, auf denen sich eine neue Ordnung der Dinge aufbauen soll, und daß also, wenn man in dieser Bewegung am Ende des 16. Jahrhunderts die Wurzeln unserer modernen Demokratie erkennt, diese ihren Ursprung in der Forderung der Gewissensfreiheit hat.

Bevor wir aber an eine Darstellung der Staatslehre der Monarchomachen in ihren Einzelheiten gehen, müssen wir die Elemente, aus denen sich dieselbe aufbaut, in ihrem geschichtlichen Werden betrachten, wie sie sich aus dem Mittelalter herausgebildet haben.


Zweites Kapitel
Geschichtlicher Überblick

§ 1. Die Staatslehren des Mittelalters

In der Staatsauffassung des Mittelalter sind wie ein Reflex des ganzen Mittelalters selbst, die beiden größten sozialen Erscheinungen seines Lebens ausgeprägt: die Kirche und das Lehnswesen. Aus diesem Milieu entspringt eine Theorie, die theokratisch und feudalistisch zugleich ist: Im Anschluß an die Bibelstelle  Lukas  22,38 wird vom Mittelalter, das sich konkret auszudrücken liebte, die Zweischwertertheorie aufgestellt (26): Alle Weltmach stammt von Gott, der als oberster Lehnsherr, als  imperator coelestis  (27), Kirche und Staat, d. h. Papst und Kaiser, als Vasallen mit dem Schwert belehnt hat.

Im Grunde genommen war diese aus ihrer Zeit heraus entstandene Lehre aber nur eine Umformung des vorhergegangenen Systems; das Mittelalter war eben nicht nur "essentially unpolitical" (28), sondern auch in Gedanken wesentlich unselbständig. Denn der Gedanke der Weltmonarchie, der diese ganze Zeit beherrschte, hatte sich, ohne jemals ganz zu erlöschen, aus den Tagen des römischen Weltreiches herübergeschoben. Der Weltmonarch, der Kaiser und der Weltbischof, der Papst, waren mit direkt von Gott stammender Macht ausgerüstet: die übrigen Könige kamen in der Theorie nicht in Betracht. Einen großen Einfluß auf diese Vorstellungen von Universalmonarchie und Universalepiskopat mußten natürlich die metaphysischen Prinzipien über die Wesenheit der Dinge äußeren (29).

Schon ein flüchtiger Blick auf die Geschichte im Mittelalter zeigt einen fortwährenden Kampf zwischen den beiden Weltmächten und naturgemäß geht die Staatslehre darauf aus, als Jllustration des Kampfes der Zeit die Superiorität [Vorherrschaft - wp] der einen Macht über die andere oder deren Gleichstellung zu beweisen, je nach dem Standpunkt, den der Schöpfer einer Theorie für den wahren hielt. Im Anschluß an die erwähnte Schwertertheorie suchte die Kirche bekanntlich ihre Überlegenheit dadurch zu beweisen, daß sie den Kaiser als Aftervasallen Gottes hinstellt, der die weltliche Macht in erster Linie aus der Hand des Papstes erhalten hatte (30). Andere eigentümliche Konstruktionen (31) werfen ein hochinteressantes Licht auf die Entwicklung des menschlichen Geistes.

Aus dem Kreis dieser Vorstellungen ließ sich aber niemals eine Unterordnung der Kirche unter das Reich ableiten, sondern im besten Fall stehen geistliche und weltliche Macht gleichberechtigt nebeneinander, d. h. die Kirche war stets frei vom Staat. Mit dieser Freiheit begnügte sich die Kirche zur Zeit ihres Glanzes freilich nicht, sondern ihre Weltverneinung in der Lehre setzte sich in der Tat notwendig zu einer schrankenlosen Weltbeherrschung um (32). Deshalb wurde, um die Superiorität der Kirche nachdrücklich zu beweisen, der Staat so elend, so niedrig wie nur möglich dargestellt, sei es nun, daß man ihn im Anschluß an AUGUSTINUS als eine Folge der Sünde oder mit GREGOR VII. als Teufelswerk hinstellte, das seinen Ursprung der Gewalttat, Raub und Mord verdankte. Der Makel, der dem Staat schon durch seine Geburt anhaftete, konnte aber getilgt werden, wenn er seine Macht aus den Händen der Kirche zurückempfangen wollte. Diese stand unendlich hoch über dem Staat, sie war nach BERTHOLD von Regensburg ein niederes Himmelreich, ein Übergang aus der ungöttlichen Welt zum Reich Gottes. Die Priester wurden von HADRIAN IV. und von JOHANNES SARESBERIENSIS für "Götter" gehalten, während die weltlichen Herrscher schon deshalb, weil sie solche waren, zu verbrechern gestempelt wurden. Selbst Sonne und Mond wurden zuhilfe gerufen, um die Superiorität der Kirche über das Reich hervorzuheben (33).

Hierin war auch THOMAS von AQUIN (34) gleicher Ansicht, der durch das Herbeiziehen aristotelischer Elemente zur Staatslehre für die folgende Zeit von größter Bedeutung wurde, und dessen Einfluß besonders auf die katholischen Monarchomachen ein sehr großer ist. Er betont sowohl die menschliche Natur als eines  animal sociale et politicum,  hebt dabei aber auch die  ratio constituens civitatem  hervor (35). Wie ARISTOTELES läßt THOMAS den Staat genetisch entstehen, und ebenso schließt er sich genau an diesen in der Einteilung der Staatsformen an. Als die beste erscheint ihm die Monarchie, weil sie die Regierung des Universums durch einen Gott widerspiegelt; die schlimmste Regierungsform ist die Ausartung der Monarchie, die Tyrannis (36).

Der König soll so herrschen, daß seinen Untertanen die Erreichung des höchsten Ziels, der Glückseligkeit, erleichtert wird. Das Ziel ist nur durch Tugend erreichbar, aber nicht nur durch natürliche: sondern wie das Ziel ein übernatürliches ist, muß auch die Tugend eine übernatürliche sein. Deshalb bedarf es einer höheren Regierung, als der weltlichen: d. h. der Herrschaft  Christi  und seines Stellvertreter, des Papstes. Darum ist alle weltliche Regierung dem Papst untertan.

Wichtiger als diese Theorien, die aufgestellt wurden, um die Unterordnung des Staates unter die Kirche zu beweisen, ist für die kommenden Jahrhunderte die Lehre, daß der Staat auf einem menschlichen Willensakt beruth: diese Willensübereinstimmung wurde mit dem wachsenden Einfluß des römischen Rechts immmer mehr mit Bewußtsein zu einem Rechtsakt, zu einem Vertrag gestempelt, und dadurch der Grund zur ersten rechtlichen Konstruktion des Staates gelegt. Die praktische Konsequenz dieser Lehre wandte sich aber einstweilen nicht auf das innere Staatsleben, sondern vorwiegend auf das Verhältnis von Staat und Kirche. Denn stellt man diese als unmittelbare Stiftung Gottes hin, ließ den Staat aber in erster Linie durch Menschenwillen - allerdings mit göttlicher Zustimmung - entstehen, so war auch unzweifelhaft mit der vornehmeren Herkunft der Kirche auch ihre Superiorität konstatiert (37). Dieser Weg leuchtete der Vernunft ohne besonderes Widerstreben ein, die naive Volksanschauung, die als Quelle aller Staatsgewalt das Volk ansah, war damit ebenfalls in Übereinstimmung, und das juristisch-historische Gewissen tröstete man mit dem Hinweis auf die  lex regia de imperio.  Diese Punkte beziehen sich alle auf den Herrschaftsvertrag, dessen Lehre sich zuerst ausbildete, da das praktische Bedürfnis es näher legte, zunächst das Herrscherrecht zu betrachten: das Zustandekommen der Gesellschaft selbst begnügte man sich einstweilen als eine Folge des Sündenfalls, als göttliche Schöpfung, als Naturvorgang darzustellen: es ist sicherlich auch auf die ausgebildete und ausführliche Theorie der Staatsentstehung von ARISTOTELES zurückzuführen, daß sich der Gesellschaftsvertrag in seiner Ausbildung erst später zeigt, als der Herrschaftsvertrg. Da man hierin eine genügende Erklärung hatte, so brauchte man nicht selbständig eine neue Begründung versuchen.

Die Lehre vom Herrschaftsvertrag reicht zurück bis in die Zeit, wo der Kampf zwischen Staat und Kirche am heftigsten tobte, bis in die Tage des Investiturstreits (38). Aber im Gegensatz zur Kirche, die hieraus ihren Vorrang folgerte, erklärten die Gegner der päpstlichen Ansprüche mit denselben Prämissen ein Freisein vom päpstlichen Einfluß, da nicht der Papst, sondern das Volk die Macht besitzt, die Könige zu kreieren. Revolutionäre Konsequenzen stellten sich also von selbst mit der Herrschaftsvertrag ein.

Aber die Kirche hatte ihre Forderungen überspannt: es trat eine Reaktion ein. Dies zeigte sich bereits im Kampf den Papstes BONIFAZ VIII. mit PHILIPP dem Schönen von Frankreich und später in Deutschland unter LUDWIG dem Bayern. Gerade hier setzt auch in der Geschichte der Staatslehre eine neue, wichtige Epoche ein: im eigenen Schoß der Kirche erstehen Männer, die ihre furchtbarsten Gegner werden, und die es mit unerhörter Kühnheit wagen, nicht nur die Superiorität des Universalepiskopats anzugreifen, sondern auch den "Gedanken" der Universalmonarchie zu ignorieren. Bereits WILHELM von OCKHAM, den man als den Erneuerer des Nominalismus zu bezeichnen pflegt, hatte den Satz ausgesprochen, daß der König von Frankreich ebensowenig eine Gewalt über den Kaiser, wie der Kaiser über den König von Frankreich hat: ferner, daß den weltlichen Fürsten ebensowenig ein Einfluß auf die  spiritualia,  wie den Geistlichen auf die weltlichen Angelegenheiten zusteht. Noch weiter ging MARSILIUS von Padua, der in Bezug auf seine kirchenpolitischen Lehren auf dem modernen Standpunkt steht, und dessen Staatslehre wie ein Vorspiel der monarchomachischen Doktrinen abhebt (39). MARSILIUS hat bereits ein hochentwickeltes demokratisches System, was wahrscheinlich aus seiner Kenntnis der italienischen Städterepubliken zu begreifen ist, während seine kirchenpolitischen Lehren wohl auf seinen Aufenthalt in Frankreich zurückzuführen sind, wo die Reaktion gegen die kirchlichen Ansprüche bereits begonnen hatte (40). Die Forderung der Glaubens- und Gewissensfreiheit (41), mit welcher MARSILIUS ganz vereinzelt dasteht, findet ihre historische Erklärung ebenfalls, wenn man sie als eine Reaktion gegen die Kämpfe und Grausamkeiten auffaßt, die ein Jahrhundert früher gegen die Albigenser und die anderen ketzerischen Sekten begonnen hatten.

Seine Staatslehre (42) ist kurz zusammengefaßt folgende: Die  communitas civilis  läßt er im engen Anschluß an den PHILOSOPHUS (43) genetisch entstehen; damit in ihr die  tranquillitas  (44), die Harmonie der Stände (45) gewahrt bleibt, sind Gesetze nötig (46); dieser erfordern sowohl einen Gesetzgeber (47), als auch eine exekutive Gewalt (48).

Die gesetzgebende Gewalt kann nur dem Volk, d. h. der Gesamtheit der Bürger (49), zustehen oder dessen Majorität (50), wenn es seinen Willen in einer allgemeinen Versammlung (51) darlegt.

Die Gesetze der Gesamtheit sind die einzigen legitimen, und die einzigen, die eine Garantie des Gehorsams in sich tragen (52): denn indem der Bürger ihnen gehorcht, gehorcht er einem selbst gewählten Gesetz. Allerdings werden die Gesetze erst vor das Volk gebracht, nachdem sie vorher von einzelnen weisen Männern durchberaten sind (53).

Die  Exekutive  befiehlt kraft der Autorität, die ihr vom Gesetzgeber eingeräumt ist:  subditorum voluntas sive consensus  [Wille der Untertanen durch Übereinstimmung - wp] ist der Rechtsgrund jeder rechtmäßigen Herrschaftsform (54). Deshalb ist ein Wahlreich dem Erbreich vorzuziehen (55). Die anderen Konsequenzen der "Volkssouveränität" sind, daß der Fürst den Gesetzen unterworfen ist (56) und daß er dem Volk für seine Taten einstehen muß, welches ihn eventuell richten kann (57).

Alle Gewalt der Exekutive, die am besten ein Haupt hat, kommt also vom Volk: die Wahl der Form liegt in dessen Hand: die Universalmonarchie muß MARSILIUS, indem er das Volk in einem natürlichen Sinn faßt, in Frage stellen (58).

Das menschliche Gesetz kann nur auf Erden, in der menschlichen Gesellschaft wirken: in der Kirche gilt das göttliche, geoffenbarte Gesetz. Die Eigenschaft, Bürger zu sein, ist von der Konfession vollständig unabhängig. Wenn ein Gesetz aber den Bürgern ihres Glaubens wegen etwa den Aufenthalt im Land versagt, so werden die Zuwiderhandelnden nicht der Ketzerei, sondern wegen ihres Ungehorsams gegen die Gesetze bestraft (59).

Im kirchenpolitischen Teil (60) greift MARSILIUS das göttliche Recht des Papstes an und verlangt die Unterordnung der Kirche unter den Staat: unser Zweck gebot uns aber, in erster Linie seine Staatslehre zu berücksichtigen.

Die göttliche Herleitung des Herrscherrechts wurde durch die Lehre vom Staatsvertrag vollkommen zersetzt (61). Ein Vertrag wurde immer als Rechtsgrundlage verlang, ein Vertrag war es, der einen Usurpator zum legitimen Herrscher machte. Die Konsequenz der Superiorität der Kirche, die früher daraus gezogen war, war nicht mehr die vorwiegende: der Kampf um die Herrschaft tobte nicht mehr so erbittert zwischen Staat und Kirche. Nach der Beendigung des Streits, der in der Theorie besser für die Kirche ausgefallen war, als in der Wirklichkeit, wandte sich die Auslegung der Theorie nach innen und wurde auf die Inneren des Staates sich bekämpfenden Parteien, auf Fürst und Volk appliziert [angewendet - wp]. Auf die Bestimmung des notwendigen Inhalts des Herrschaftsvertrags verwandte die Folgezeit ihre Kraft. Damit war aber den Gegner des Absolutismus eine furchtbare Waffe in die Hand gegeben, denn die stillschweigende Prämisse jedes Herrschaftsvertrages ist die Volkssouveränität. Denn das Volk mußte - so argumentierte man - das Recht, welches es übertragen wollte, doch erst selbst besitzen, es mußte der ursprüngliche Inhaber der Regierungsrechte sein. Und wenn der Vertrag von der einen Partei, vom Herrscher, gebrochen wurde, weshalb sollte das Volk noch länger gebunden sein? Die Rechtsbeständigkeit des Vertrages selbst begründee man mit dem Glauben an ein Naturrecht. Den revolutionären Konsequenzen konnte man aber selbst durch die Annahme einer unwiderruflichen Übertragung nicht entgehen, da immer Fälle eintreten konnten, die einen Rückfall des Rechts an das Volk zur Folge haben konnten. Selbst der Kunstgriff HOBBES im 17. Jahrhundert war nicht so durchschlagend, daß er nicht von ROUSSEAU gerade umgedreht werden konnte. Die gekrönten Häupter liebten es deshalb auch viel mehr, sich auf ihr göttliches Recht zu berufen, als eine, wenn auch unentziehbare Macht aus der Hand des Volkes zu empfangen. FILMER stand bei ihnen deshalb in größerem Ansehen als HOBBES!

Wie die Theorie des Herrschaftsvertrages unerbittlich zur Volkssouveränität führen muß, so hat der Gesellschaftsvertrag, durch den das im Herrschaftsvertrag als Vertragspartei auftretende Volk erst geschaffen wird, individualistische Konsequenzen, wenigstens so lange man noch nicht klar die Relativität des Rechts erkannt hat. In der absoluten, naturrechtlichen Begriffswelt mußte als die Quelle des Rechts das Individuum erscheinen. Diese Lehre ist bereits sehr alt: Die Sophisten kannten sie; als ein Teil ihres auf atomistischer Grundlage aufgebauten Systems ist sie bereits im Altertum von den Epikureern gelehrt worden, und sicher hat ihre Lehre einen gewissen Einfluß auf die Gesellschaftslehre der Neuzeit gehabt; dies ist zwar geleugnet worden (62), doch steht es einerseits fest, daß die Lehre im XVI. Jahrhundert bekannt war, und andererseits ist es bei der ungeheuren Bedeutung, die EPIKURs Lehre auf die modernen Wissenschaften hat (63), recht gut möglich, daß sich sein Einfluß auch auf diesen Zweig der Wissenschaft geäußert hat. Eingehende Forschung würde sicher zu einem positiven Resultat kommen.

Die Lehre vom Gesellschaftsvertrag hat zur Voraussetzung die Vorstellung eines Naturzustandes, in dem das Individuum einsam umherschweifte: dieses Individuum erscheint dem Naturrecht als der ursprüngliche Träger allen Rechts, dem seine "angeborenen Menschenrechte" unveräußerlich anhaften. Indem auch hier der Satz: "Verträge müssen gehalten werden" zur Rechtsgrundlage des Vertrages gemacht wurde, wurde das Privatrecht notwendig zur Mutter des öffentlichen Rechts: ein  hysteron proteron  [das Spätere als das Frühere - wp], das durch den Glauben an das Naturrecht insofern gerechtfertigt scheint, als durch diesen zweiten Fehler die Rechnung doch zu einem annehmbaren Resultat geführt wurde.

Das Verhältnis von Staat und Recht wurde gerade umgekehrt; die Urmenschen wurden mit den raffiniertesten römisch-rechtlichen Begriffen begabt - Ausflüsse desselben unhistorischen Geistes, der keinen Anstoß daran nahm, in den klassischen Tragödien  Iphigenie  im Reifrock und  Orest  mit der Perücke auftreten zu sehen. Ferner darf man nicht vergessen, daß das Jahrhundert, in dem die Vertragslehre sich zu unbestrittener Geltung erhob, die Zeit eines DESCARTES und SPINOZA ist: und wie es kein Zufall ist, daß zur Zeit, als die Scholastik anfing, sich zu zersetzen, ein MARSILIUS von Padua möglich war, so gehört auch die Vertragslehre in ihrer Ausbildung in ein Jahrhundert, das, befreit von den Fesseln der Scholastik, alles zu begreifen vermeinte. Und wie klar wurde der Staatsbegriff, wenn man ihn so begründet hatte: der Staat war  denkbar  geworden. Wenn man freilich unsere Forschung mit dem damaligen Geist vergleicht, so könnte man den Fortschritt dahin zusammenfassen, daß man im Fragen vorsichtiger und im Antworten bescheidener geworden ist.
LITERATUR: Rudolf Treumann, Die Monarchomachen, Leipzig 1895
    Anmerkungen
    1) F. A. LANGE, Geschichte des Materialismus, 1887, Seite 159f.
    2) WEINGARTEN, die Revolutionskirchen Englands, Seite 15
    3) Vgl. HEINRICH von EICKEN, Geschichte und System der mittelalterlichen Weltanschauung, Stuttgart 1887, Seite 135
    4) GIERKE, Althusius, Seite 3, Note 3.
    5) GIERKE, Althusius, Seite 3
    6) GIERKE, a. a. O., Seite 99
    7) Die Vernichtung der ständischen Institutionen und religiöse Bedrückung riefen die monarchomachischen Schriften hervor. Es ist aber interessant zu sehen, wie schon unter FRANZ I., nach der Zersplitterung der ständischen Einrichtungen allein, sich Stimmen erhoben, die den König an seine  unumschränkte  Gewalt erinnerten. Es war CLAUDE de SEYSSEL, der von KALTENBORN (Die Vorläufer des Hugo Grotius, Seite 117)) auch als Monarchomache bezeichnet wird, welcher 1519, kurz nach dem Regierungsantritt FRANZ I., diesem sein Buch widmete:  La grande monarchie de France  (hier zitiert nach der Ausgabe von 1541, Paris?).
    8) vgl. die Klagen bei HOTMAN.
    9) ROSSAEUS, Kap. X, Seite 659f. HEINRICH III. und HEINRICH IV. waren bei der Geistlichkeit gleichermaßen verhaßt: auch HEINRICH III. wird stets als  haereticus  bezeichnet.
    10) Es mag inkonsequent scheinen, HOTOMANUS als Monarchomachen aufzuführen, wenn man ALTHUSIUS ausgeschieden hat. Den HOTOMANUS hat weder eine Lehre vom Staatsvertrag, noch predigt er den Tyrannenmord. Aber er ist der Verfasser einer Streitschrift, die viel Aufsehen machte (vgl. JANET, Histoire de la science politique, Bd. 2, Paris 1872, Seite 156), und andererseits gehört er zu denjenigen Schriftstellern, die BARCLAY, der den Namen "Monarchomachen" gegeben hat, bekämpft und "widerlegt" (BARCLAIUS, a. a. O., Seite 121f und 298).
    11) Der Verfasser ist Protestant.
    12) Katholik
    13) BRUTUS ist natürlich ein Pseudonym hinter dem man bald HOTOMANUS, bald THÉODORE de BÉZE vermutete. BAYLE hat als Verfasser den Hugenotten HUBERT LAUGUET festgestellt.
    14) ROSSAEUS war Bischof von Senlis (GIERKE, a. a. O., Seite 3, Note 3)
    15) Das Buch ist für die  Ligue  geschrieben und steht zweifellos in einem engen Zusammenhang mit der "Ligue der Sechzehn", die sich zum Zweck der Absetzung HEINRICHs III. gebildet hatte.
    16) DANAEUS, ein protestantischer Geistlicher, hatte bereits - es ist ein zu charakteristisches Merkmal, um es außer acht zu lassen - eine "Christliche Physik" herausgegeben und will durch die Herausgabe einer "Christlichen Politik" seinen Zyklus, der auch eine christliche Ethik enthält, vollständig machen. Das Buch wird gewöhnlich zu den monarchomachischen gerechnet, könnte aber, da es speziell gegen MACHIAVELLI gerichtet ist, auch in einer Abhandlung der anti-machiavellistischen Literatur seine Stelle finden.
    17) HENRI BAUDRILLART, Jean Bodin et son temps, Paris 1853, Seite 66
    18) BAUDRILLART, a. a. O., Seite 66f
    19) BAUDRILLART, a. a. O., Seite 66
    20) De jur. regn. a. Sc. dialogus, 1568?
    21) vgl. BUCKLE, Geschichte der Zivilisation in England, IV. Buch.
    22) Er befürwortete das Referendum.
    23) Kurz vor der Beendigung des Buches bestiegt der Infant (1598) selbst den Thron.
    24) BAUDRILLART, a. a. O., Seite 40
    25) Zum Beispiel BOUCHER, a. a. O., Lib. I, Kap. 9.
    26) Über die ersten Spuren dieser Lehre seit GOTTFRIED von VENDÔME vgl. GENNRICH, Staats- und Kirchenlehre Johanns von Salisbury, 1894
    27) BRYCE, The holy roman Empire, London 1892, Seite 104
    28) BRYCE, a. a. O., Seite 90
    29) BRYSE, a. a. O. besonders das hervorragende Kapitel VII: Theory of the Mediaeval empire.
    30) Diese Ansicht, die lange Zeit dominierte, hat ihre gangbarste Formulierung durch BERNHARD von CLAIRVAUX gefunden. (siehe GENNRICH, a. a. O., Seite 154)
    31) Mit welchen Waffen der Kampf geführt wurde, soll folgendes Beispiel zeigen, das wir FRIEDBERG, "Die mittelalterlichen Lehren über das Verhältnis von Staat und Kirche", Bd. 1, entnehmen. Es wird der Kaiser mit dem Mond, der Papst mit der Sonne verglichen. Eine andere Berechnung läßt den Papst 7744½ mal größer als den Kaiser erscheinen.
    32) vgl. von EIKEN, a. a. O., Seite 358f
    33) vgl. Anmerkung 3, Seite 19
    34) STÖCKL, Geschichte der Philosophie des Mittelalters, Bd. II, Seite 721f.
    35) Vgl. GIERKE, a. a. O., Seite 95, Note 52
    36) Corruptio optima pessima [Die Entartung des Besten führt zum Schlimmsten. - wp]. Es ist interessant, daß MARIANA, der sich überhaupt eng an THOMAS anschließt, dieses Argument gerade umdreht und von der schlechtesten Form auf deren Gegensatz als der besten zurückschließt (a. a. O., Seite 27)
    37) GIERKE, a. a. O., Seite 62f und 65
    38) GIERKE, a.a. O., Seite 77f.
    39) vgl. FRANK, Réformateurs et publicistes de l'Europe, Paris 1864, Seite 135f; JANET, a. a. O., Bd. 1, Seite 498f.
    40) vgl. RIEZLER, Die literarischen Widersacher der Päpste zur Zeit LUDWIG des Bayern, Bd. 1, § 2; Bd. 2, § 11.
    41) MARSILIUS von Padua, "Defensor pacis" (1622), Lib. II, Seite 138.
    42) Sie ist vorwiegend im ersten Teil des  Defensor pacis  enthalten: der zweite Teil enthält die Lehren über Staat und Kirche, der dritte  Conclusiones.  Der "Defensor pacis" zur Verteidigung des 1324 exkommunizierten LUDWIG von Bayern geschrieben, trug dem Verfasser auch den Bann ein (1327).
    43) An ihn schließt sich MARSILIUS durchweg an.
    44) Def. pac. I, 1.2
    45) Def. pac. I, 5
    46) Def. pac. I, 11 (Seite 33)
    47) Def. pac. I, Kap. 11 - 14
    48) Def. pac. I, Kap. 15
    49) Civem autem dico secundum Aristotelem (I. c. 12, Seite 37)
    50) Def. pac. I, Seite 37. Nur die Gesamtheit gibt die  besten  Gesetze; die Majorität muß maßgebend sein, weil Stimmeneinhelligkeit nie erzielt werden kann.
    51) Allerdings ist eine Vertretung möglich, die aber nicht absorptiv ist, sondern sie ist eingesetzt.
    52) Def. pac. I, Seite 39. Mit Recht verweist LAURENT (L'église et l'état, 3 Bände, Brüssel 1858-62) auf ROUSSEAU I, VI.
    53) Def. pac. I, c. 13, Seite 42.
    54) Lib. I, c. 8 (Seite 22). Dies gilt für Monarchie, Aristokratie und Politia: das Merkmal der Ausschreitungen, der Tyrannis, Oligarchie und Demokratie ist, daß sie "praeter subditorum voluntatem" [am Willen der Untertanen vorbei - wp] besteht.
    55) Def. pac. Lib. I, c. 15, Seite 50
    56) Def. pac. Lib. I, c. 14, Seite 46
    57) Def. pac. Lib. I, c. 18, Seite 71. Und zwar  müssen  die Fürsten bestraft werden, da für den Staat ein großer Schaden entstehen kann, wenn jener straffrei ausgeht; die Bestrafung trifft ihn aber nicht in seiner Eigenschaft als  principans  [Regierender - wp], sondern als  subditus  [Untertan - wp]
    58) Def. pac. Lib. I, c. 17, Seite 68
    59) Def. pac. III, Conc. 30
    60) LAURENT, a. a. O. Seite 132f
    61) GIERKE, a. a. O., Seite 76f
    62) GIERKE, a. a. O., Seite 96, Anm. 56
    63) Daß die Lehre EPIKURs bekannt war, geht aus der Polemik des Monarchomachen DANAEUS gegen die atomistische Zusammensetzung des Staates hervor: a. a. O., Seite 29. Diese Ansicht übergeht er. Über den Einfluß EPIKURs auf die moderne Naturwissenschaft vgl. LANGE, a. a. O., Seite 184f.