ra-2 A. SchäffleH. CohnR. Kaullavon Wieser    
 
HERO MOELLER
Die sozialökonomische
Kategorie des Wertes


"Es ist eine der merkwürdigen Erscheinungen der modernen theoretischen Ökonomik, daß in der allgemeinen Bestimmung des Objekts alles Dynamische als durch den Menschen und seine irgendwie geartete Tätigkeit verursacht gilt, während im Aufbau der tatsächlichen Theorie vielfach fremde Bestimmungsgründe dieser menschlichen Tätigkeit parallel wirkend an die Seite gestellt werden .Die Schwierigkeit, zu einem eindeutigen Begriff der Verursachung oder überhaupt einer zwingenden Relation auf dem Hintergrund der Zeitvorstellung für das Gebiet der Sozialökonomik zu gelangen, ist neben den Beeinflussungen durch eine dogmengeschichtliche Tradition und durch Zufälligkeiten der Erfahrungswelt von besonderer Bedeutung."

"Wenn hier das ökonomische Gut als ein gegenständliches Mittel zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse bezeichnet worden ist, so bedarf diese Bestimmung einer Erklärung, weil sowohl der Begriff des Gegenstandes und des  Bedürfnisses, als auch der des menschlichen Subjekts einer verschiedenen Auffassung fähig ist."

Da in der Ökonomik ansich nichts frei entsteht, so findet kein Vergleich der Leistung mit dem Resultat statt, sondern nur eine Zurückführung des Resultats auf seine leistungsmäßigen Voraussetzun- gen. Es entspricht diese Feststellung der überwiegend vertretenen Ansicht, daß die äußere Leistung für einen ökonomischen Zweck in Gestalt von Arbeitsmühe, Arbeitszeit oder Unlust nicht die wahre Voraussetzung sein kann, weil jeder Arbeit nicht Mühe und jeder Leistung nicht eine bestimmte Zeit notwendig korrespondiert."


Vorbemerkung

Die Frage nach dem Verhältnis des sozialökonomischen Erkenntnisgegenstandes zu einer Kategorie des Wertes zerfällt in zwei voneinander unabhängig zu behandelnde Teilprobleme. Einmal bedarf die Stellung der Sozialökonomik als Wissenschaft innerhalb des gesamten menschlichen Erkenntnisgebäudes darüber einer Präzisierung, ob sie bei Zugrundelegung einer Teilung der Wissenschaften in naturwissenschaftliche und geisteswissenschaftliche (bzw. ähnlich zu unterscheidende) Disziplinen zur ersteren oder zur letzteren Gattung gehört. Hierbei bleibt die Möglichkeit offen, daß diese Scheidung sich überhaupt als irrig herausstellt oder gerade bei der Betrachtung der eigentümlichen Formulierungen der theoretischen Sozialökonomik als revisionsbedürftig erkannt wird. In jedem Fall aber würde es im Rahmen einer nach erkenntnistheoretischen Grundsätzen erfolgenden Systematisierung der Wissenschaften für die richtige Eingliederung einer Einzeldisziplin von grundlegender Bedeutung sein, ob ihr Erkenntnisresultat, ihre Begriffsbildung, notwendig bedingt ist durch eine teleologische Beziehung des Gegenstands, d. h. ob also, ganz allgemein, in ihrem Erkenntnisvorgang eine Relation zwischen einem "Objekt" und einer im logischen Sinne subjektiven Kategorie des Werts (der "Bedeutung") stattfindet. Für das spezielle Gebiet der Sozialökonomik bliebe gegebenenfalls zu entscheiden, ob der etwaige teleologische Gehalt im Begriff der Wirtschaft die Einordnung in ein System der Werte verträgt und wie diese Einordung zu erfolgen hat.

Hiermit ist aber das sozialökonomische Wertprobem nicht erschöpft. Neben dem Problem der Philosophie, bzw. allgemeinen Erkenntnistheorie existiert dasjenige der speziellen Wissenschaftslehre. Die Methodologie der Sozialökonomik wird danach zu fragen haben, welche Funktion eine im Begriff der Wirtschaft gegebenenfalls aufgefundene Wertkategorie innerhalb der Disziplin ausübt, d. h. in welcher Art und in welchem Umfang sie für die positive sozialökonomische Begriffsbildung Bedeutung besitzt.

Soll zwar das zuerst genannte, vielleicht inhaltsreichere Problem jetzt nicht zur Erörterung kommen, so kann ihm doch gleichzeitig mittelbar gedient werden. Denn wenn hier die Frage nach der Bedeutung des Wertbegriffs innerhalb der Sozialökonomik zur Untersuchung gelangt, so muß damit zugleich die festere einzelwissenschaftliche Fundamentierung für die Lösung des allgemein-erkenntnistheoretischen Problems, wie sie grundsätzlich nur der reine Logiker selbst vornehmen kann, geliefert werden.

In einer früheren, im "Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik" erschienenen Abhandlung habe ich den Nachweis zu führen unternommen, daß die sozialökonomische Begriffsbildung eine spezifische Färbung durch die besondere logische Form des wirtschaftlichen Wertgedankens erhält. Der Begriff des wirtschaftlichen Wertes sei, im Gegensatz zu vielfachen anderen Kategorien der Bedeutung, bestimmt einmal durch eine besondere Art der Abstraktion vom Realen, ferner durch seinen Charakter als Quantitätsvorstellung. Der Gedanke des abstrakt-quantitativen Wesens des sozialökonomischen Wertbegriffs ist keine Erscheinung, die sich aus Ursachen im engeren Sinn ableiten oder erklären ließe, sondern eine Form der inneren Vorstellung, die als logisch konstitutiver Bestandteil des Begriffs selbst, bzw. als Voraussetung der Möglichkeit anderer Begriffsbildungen erkannt werden muß. Es war seinerzeit vom Verfasser dargelegt worden, daß gewisse formale, gesetzmäßige Bestimmungen der theoretischen Sozialökonomik - insbesondere wurde das Grenznutzengesetz zum Gegenstand einer Analyse gemacht - nur durch die Voraussetzung eines abstrakt-quantitativen Charakters des ökonomischen Wertbegriffs ihre logische Erklärung finden könnten und nur auf diesem Weg ihr Geltungswert feststellbar sei. Hier muß demgemäß auf jene Untersuchungen verwiesen werden.

Von zwei beachtenswerten Seiten sind nun in der neuesten Literatur der theoretischen Sozialökonomik in einem großen, systematisch umfassenden Rahmen neue Angriffe gegen die Präponderanz [Vorherrschaft - wp] der Wertlehre und die Verwendung des Wertbegriffs in der Disziplin gerichtet worden. Es handelt sich um die Untersuchungen ROBERT LIEFMANNs (1) und diejenigen GUSTAV CASSELs (2). Da hierdurch nicht nur die Bedeutung einer besonderen Form des sozialökonomischen Wertbegriffs für die Begriffsbildung der Theorie überhaupt in Frage gestellt, sondern darüber hinaus an Fundamenten des Lehrgebäudes gerüttelt wird, so liegt ein dringendes Interesse zu einer näheren Untersuchung vor (3). Man wird hierbei zunächst nach einer allgemeinen theoretischen Klärung des Sachverhaltes sowie nach einer inhaltlichen Deutung der Kategorie des Wertes fragen, um darauf die Angriffe auf ihre Berechtigung zu prüfen. Ist man in der Lage, grundsätzliche Irrtümer nachzuweisen, insbesondere aber, festzustellen, daß der abstrakt-quantitative Wertbegriff selbst dort noch als Voraussetzung vorliegt, wo der allgemeine abgelehnt wird, bzw. daß er zur Erklärung letzter Schwierigkeiten eine wesentliche Hilfe leistet, so kann auf der einen Seite für die Erkenntnis des begrifflichen Aufbaus selbst, auf der anderen für die methodologischen Grundlagen eine bescheidener Dienst erwartet werden.

Das Verfahren, nach welchem die gesamte Behandlung des hiermit umrissenen Problems stattfinden könnte, ist entweder das einer dogmengeschichtlichen oder das einer systematischen Prüfung. Will man, kurz gesagt, die Bedeutung des Wertbegriffs für die sozialökonomische Theorie erweisen, so kann man entweder die bedeutenden, systematisch ganz umfassenden Lehrgebäude einer großen internationalen Literatur vornehmen und sie daraufhin prüfen, welche innere Beziehung zwischen dem darin verwandten und zur Durchbildung gelangten Wertbegriff und den sonstigen Lehren des gleichen Autors vorliegt. Es versteht sich von selbst, daß die irgendwie aufgestellten Behauptungen über die Bedeutung oder Nichtbedeutung des Wertbegriffs und Wertproblems ansich kein Argument darstellen, vielmehr es allein auf die logischen Verhältnisse zwingender gegenseitiger Bedingtheit von Wertbegriff, Wertbegriff und ökonomischer Theorie ankkommt. Aus solchen dogmenkritischen Untersuchungen würde es sich gegebenenfalls von selbst herausstellen, daß nicht nur die einzelnen Meinungen, sondern auch die geistesgeschichtlichen Zusammenhänge eine solche Wechselwirkung aufweisen.

Wenn man jedoch eine derartige Untersuchung zur Durchführung bringen wollte, würde man bald merken, daß man für die ursprünglich gestellte prinzipielle Frage nichts Wesentliches ermittelt. Sagt man aber, der Begriff des Wertes soll "umfassend" sein, so kann damit nur gemeint sein, daß er im Rahmen einer Ökonomik insgesamt auftritt und Bedeutung hat; welches ist aber dieser Rahmen? Die Begriffsbildung der sozialökonomischen Theorie und damit die Beziehung ihrer Begriffe zueinander ist bedingt durch die Vorstellung, die man vom Gesamtgegenstand der Ökonomik besitzt. Die erste Frage lautet also: Gibt es überhaupt einen Begriff der Wirtschaft - wenn wir diese als den Gegenstand der Wirtschaftswissenschaft ansehen -, der durch eine Kategorie des Wertes umfassend beeinflußt ist, und wie ist er zu bestimmen?

Wenn aus diesem Grund eine prinzipielle Untersuchung zu bevorzugen sein dürfte, so müßte sie folgerichtig mit einer Verständigung über das Objekt der Wirtschaft überhaupt beginnen. Diese Voruntersuchung würde das Thema sogleich ins Uferlose ausdehnen, wenn man in sie selbst schon das ganze Problem der Ökonomik als Wissenschaft hineinlegte. Es macht sich hier von vornherein eine Relativität in Bezug auf die Geltungsgrenzen aller wirtschaftstheoretischen Erkenntnis insofern bemerkbar, als augenscheinlich an irgendeinem Punkt eine gewisse "Willkür" einsetzt, die die Begriffsbildung bestimmt. Weder Erfahrung noch exakte Erkenntnis leiten uns - einigen anderen geisteswissenschaftlichen Disziplinen geht es in dieser Richtung nicht besser - deutlich hin auf eine bestimmte Entscheidung über die Grenzen und die Natur der ökonomischen Wissenschaft. Für die Bestimmung des Begriffs der Wirtschaft wird es im Rahmen dieses Versuchs richtig sein, von einem gegebenen, etwa von der "herrschenden" wissenschaftlichen Meinung vertretenen Begriff der Wirtschaft auszugehen, wobei aber niemals vergessen werden darf, daß dieser Entscheidung selbst eine zwingende Bedeutung nicht zukommt.

Der Gedankengang der Untersuchung ist hierdurch im wesentlichen gegeben. Zunächst wird eine Einigung  ad hoc  über die  begrifflichen Voraussetzungen  notwendig. Sodann folgt der Kern des Problems: Ist ein Begriff des Wertes zu denken, der sich mit dem ganzen Gebäude der Ökonomik verknüpft, der für alle wirtschaftstheoretische Begriffsbildung ein konstitutiver Faktor ist? Welches, nach den vorangegangenen Untersuchungen, kann vor allem der Inhaltliche Charakter eines solchen Wertbegriffs sein? Anders ausgedrückt: wie muß man den in den ökonomischen Systemen tatsächlich fast überall gegebenen  Wertbegriff  verstehen, wenn man sich seine Bedeutung für alle Begriffsbildung begreiflich machen will? Kommt man auf diese Weise zu einer vorläufigen Verständigung über eine bestimmte Deuten des ökonomischen Wertes, so wird es zweckmäßig sein, diesen Deutungsvesuch in  Folgerungen und Ausblicken  an grundlegenden Bestandteilen der ökonomischen Theorie zu prüfen. Hierbei kommt es im Rahmen dieser Untersuchung allein darauf an, sich ein Bild darüber zu verschaffen, ob ein einziger, in sich völlig homogener, einheitlicher Wertbegriff gegenüber diesen verschiedenen Problemen der Ökonomik einen Sinn ergibt. Dabei müssen diejenigen Probleme ausgewählt werden, bei denen ein solcher Sinn am ehesten fraglich erscheint.


Begriffliche Voraussetzungen

Wenn man etwa unter  Wirtschaft  den Inbegriff der auf fortgesetzte Beschaffung und Verwendung von Gütern zur Bedürfnisbefriedigung gerichteten, planvollen Arbeitstätigkeit in einem geschlossenen oder geschlossen gedachten menschlichen Bedürfnis- und Befriedigungskreis versteht (4), so sind in dieser Formulierung als augenscheinlich wichtigster Inhalt zwei Bestandteile enthalten, die in nahezu allen Definitionen dieses als Ausgangspunkt der meisten ökonomisch-theoretischen Untersuchungen dienenden Gegenstandes wiederkehren: Wirtschaft ist einmal eine menschliche Tätigkeit und sodann eine solche menschliche Tätigkeit, welche sich auf die Erstellung von Gütern als Mitteln der menschlichen Bedürfnisbefriedigung richtet. (5) Mittel (hier im Sinne des Tuns) und Ziel (als dessen Resultat) sind also gegeben; beide aber bedürfen einer klärenden Bestimmung. Die Tätigkeit ist durch ihre Einstellung auf das Ziel, ihre vernunftgemäße Beherrschtheit durch den Zielgedanken gekennzeichnet, das Ziel der Tätigkeit ist nicht Selbstzweck, sondern wiederum Mittel zum Zweck, es ist nicht durch äußere, technische Merkmale schon bestimmt, vielmehr muß es den Charakter des "Gutes" haben. Es erscheint von vornherein klar, daß für die Ökonomik das Wesentliche nicht in der Tätigkeit als solcher und dem Ziel als Gegenstand liegt, sondern ihre Besonderheit sich aus diesen attributiven Erscheinungen herleitet. Es kommt für uns auf eine genaue Vergegenwärtigung dieser Merkmale, auf eine Verständigung an, zunächst über das Wesen des Mittels, sodann über das des Ziels.

Man findet in der systematischen bedeutsamen Literatur keine Definition der Wirtschaft, die diese nicht als eine Auwirkung menschlichen Tuns bezeichnete. Die  Art dieser Handlungen  wird jedoch auf verschiedene Weise erläutert. Entweder sind sie nur allgemen durch ihren Zweck, ihr Ziel von anderen Tätigkeiten unterschieden, oder aber sie sind ansich von besonderer Art, nämlich "planvoll" oder durch das "ökonomische Prinzip" bestimmt. Im ersteren Sinn erklärt sich etwa SCHÖNBERG (6) unter der Begründung, daß auch eine nicht planvolle, ohne eine bewußte Plansetzung vor sich gehende Tätigkeit Wirtschaft sein könne, gegen den WAGNER'schen Begriff des Planmäßigen und sagt, daß nach dem üblichsten Sprachgebrauch "Wirtschaft" zu definieren sei als der
"Inbegriff der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Persönlichkeit (Person, bzw. Personengemeinschaft), das heißt die Gesamtheit der Handlungen einer Persönlichkeit, welche sich auf die Beschaffung und Verwendung materieller Güter zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse beziehen, sowie der durch diese Tätigkeit herbeigeführte wirtschaftliche Zustand derselben."

Das Problem, welches in allen Bestimmungen der Wirtschaft dann auftaucht, wenn man, wie hier geschehen, die Handlung selbst nicht näher charakterisiert, ist infolge der scheinbaren Identität des Ziels dasjenige der Trennung von Wirtschaft und Technik. Diejenigen, die von einer Charakterisierung absehen - zu ihnen gehören insbesondere F. J. NEUMANN und HEINRICH DIETZEL -, würden demgmäß genötigt sein, eine Verschiedenheit des Tätigkeitsresultates anzunehmen. Ersterer behauptet, Wirtschaft sei ein Inbegriff von Tätigkeiten zur Gewinnung und Erhaltung von Vermögen für jemanden (7), schaltet das Attribut der Bestimmtheit durch das ökonomische Prinzip mit dem Einwand aus, daß dieses Prinzip eine über das Gebiet der Ökonomik hinausgehende, also nicht spezifisch wirtschaftliche Bedeutung habe, und sieht das Ziel der Wirtschaft im Gegensatz zu dem der Technik im Begriff des Vermögens gegenüber etwa demjenigen der Gegenstände ansich, im physischen Sinne (8). DIETZEL hingegen vertritt von vornherien die Ansicht, daß die wirtschaftliche Handlung sich nur durch ihr Objekt kennzeichnet, indem er aber Wirtschaft schlechthin als das Ganze der Handlungen bezeichnet, mittels deren ein Subjekt seinen Bedarf an Sachgütern deckt, (9) bleibt er mit der das Problem nicht lösenden Bemerkung, die Grenzlinien zwischen Ökonomik und Technik müßten durch den Unterschied zwischen Natur- und Sozialwissenschaften gefunden werden (10), die eigentliche Erklärung schuldig.

Das Bild verändert sich nun wesentlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß vielfach auch dort, wo jene Kennzeichnung der wirtschaftlichen Tätigkeit als solcher in der Definition entfällt, im System selbst ein eigener Typus vorausgesetzt wird. So sagt sogar DIETZEL an anderer Stelle, daß alle vernünftige Wirtschaft - hierbei wird der Ausdruck "vernünftig" nicht einschränkend, sondern erläuternd verstanden - als eine Reihe von Handlungen verläuft, deren jede das Streben nach dem Maximum von Nutzen für das Minimum von Kosten aufweist. (11) Auch PHILIPPOVICH bezeichnet "Wirtschaft" zunächst nur als die Gesamtheit all jener Vorgänge und Einrichtungen, welche auf die dauernde Versorgung der Menschen mit Sachgütern und Dienstleistungen und auf den Verbrauch bzw. die Nutzung dieser Güter gerichtet sind, charakterisiert aber erläuternd das wirtschaftliche Handeln als eine Tätigkeit, die durch planvolle, vergleichende Überlegungen nach Maßgabe des  ökonomischen  Pinzips bestimmt werde (12). Immerhin lassen sich in dieser überwiegenden, die Eigenart des Vorgangs selbst bejahenden Richtung zwei Anschauungsarten unterscheiden. Entweder wird die Handlung als überhaupt zweckmäßig bestimmt gedacht, oder sie wird ausdrücklich als durch die Norm des ökonomischen Prinzips, die man in irgendeiner Weise genauer beschreibt, beherrscht vorgestellt. Die Grenzen dieser beiden Fälle sind praktisch insofern nicht scharzu zu ziehen, als nicht alle diejenigen, welche die bloße zweckmäßige Bestimmtheit annehmen und etwa mit von SCHULZE-GAEVERNITZ Volkswirtschaftswissenschaft im weitesten Sinne als die Wissenschaft von der Unterwerfung der äußeren Natur unter die "Zwecke" der Gesellschaft mit "gesellschaftlichen" Mitteln bezeichnen, wie dieser das Prinzip der Wirtschaftlichkeit ausdrücklich ablehnen (13). ROSCHER definiert Wirtschaft als die "planmäßige" Tätigkeit des Menschen, um seinen Bedarf an äußeren Gütern zu befriedigen (14), ähnlich CARL MENGER als eine "vorsorgliche" Tätigkeit des Menschen (15).

Nicht nur WAGNER nimmt entscheidend in den Begriff der Wirtschaft ein spezifisches wirtschaftliches Prinzip hinein. Wenn F. B. W. von HERMANN sagt, daß  Wirtschaft  die "quantitative Überwachung" der Herstellung und Verwendung der Güter in einem gesonderten Kreis von Bedürfnissen, das heißt, die quantitative Bemessung der Arbeit bei der Herstellung der Güter und in der Zuratehaltung des mit Arbeit hergestellten Bedarfs an brauchbaren Dingen bei der Bedürfnisbefriedigung sei, um mit dem Quantum an Mitteln dem Bedürfnis möglichst vollständig zu genügen (16), so ist damit der Versuch gemacht, das Wesen des wirtschaftlichen Handelns als eines solchen nach Maßgabe des ökonomischen Prinzips spezifisch zu beschreiben.

Zunächst ist für uns, da es hier nur darauf ankommt, eine genaue Vorstellung vom inneren Wesen des Wirtschaftens auf der Grundlage der üblichsten Begriffsbildung zu erhalten, nur die Frage von Interesse, wie das Verhältnis des "vernunftgemäßen", "planvollen" oder eines ähnlichen Handelns zum Begriff des Handelns nach dem ökonomischen Prinzip erklärt wird, ob in beiden eine Identität anzunehmen ist, ob letzteres das erstere nur für das Gebiet der Ökonomik näher erläutert, oder ob es etwas selbständige Neues aussagt, das heißt, inwieweit die Norm des ökonomischen Prinzips durch das rationale wirtschaftliche Handeln schon beschrieben ist. OTHMAR SPANN bezeichnet "Wirtschaft" als die Widmung von Mitteln für Ziele aufgrund eines ausgleichendenn und sparenden Abwägens bei einer Überfülle an Zielen und einer Knappheit an Mitteln, oder kürzer als die Widmung "von Mitteln für Ziele aufgrund des Abwägens der Mittel", wobei "Mittel für Ziele" ausdrücklich die "größtmögliche Erreichung des Zieles" in sich schließen soll, (17) und erklärt, daß Handeln nach einem wirtschaftlichen Grundsatz nicht "rationales Handeln" überhaupt heißt, sondern nur ein rationales Umgehen mit Mitteln, das heißt rationales Handeln beim Abwägen und Widmen knapp vorhandener Mittel für Ziele. Wo ein solches Abwägen stattfindet, sei immer und notwendig Wirtschaft da, und wenn es stattfindet, sei es "seiner Idee nach vernünftig und streng logisch". (18) Das Besondere, welches dem Handeln gemäß dem ökonomischen Prinzip im Verhältnis zum "rationalen" Handeln überhaupt zukommt, ist nach dieser Ansicht das "Abwägen" von Mitteln für Ziele. "Mittel" ist für SPANN das, was hier als Ziel im Sinne des Resultats der wirtschaftlichen Tätigkeit bezeichnet wurde, aber in der Tat, wie gesagt, den Zwecken gegenüber, für welche das Resultat die Voraussetzung darstellt, selbst wiederum zum bloßen Mittel wird. SPANN spricht in einem ähnlichen Sinn (Seite 40f) von Vorzwecken, bzw. Zwischenzwecken. (19) Jenes für Wirtschaft als Prozeß des Handelns ausschlaggebende Abwägen erscheint ihm als "Ausgleichen" und "Sparen", wobei der Spargrundsatz sich aus dem Ausgleichsgrundsatz ableitet, nur ersterer also primären Ursprungs ist. Dieses Ausgleichen besteht nun darin, daß "die Vorzwecke auf die Endzwecke nach dem Maß von deren Wichtigkeit (ihres Geltungsgrades) aufgetreilt werden". (20) Da nun die Feststellung dieser Wichtigkeit kein Teil der wirtschaftlichen Tätigkeit ist, so wird deren Wesen und damit das sogenannte wirtschaftliche Prinzip auch bei SPANN rein logisch erklärt; (21) was kann nun eine  bloße  logische Folgerichtigkeit bei einer "Tätigkeit" bedeuten, welche in der gedachten Weise bestimmt ist? Das einzige "Prinzip", welches im letzten Grund die Logik hier zu fordern vermag, ist das der Konsequenz; angewendet auf den vorliegenden Fall, würde der Wunsch, eine solche Tätigkeit solle im reinen logischen - jede inhaltliche Hinzufügung ausschließenden - Sinn "rational" sein, nur bedeuten können, sie solle in Vollkommenheit bis in ihre letzten Teilerscheinungen, durch den "Zweck", das "Ziel" oder dergleichen bestimmt sein. Alles, was irgendwie einem ins Auge gefaßten Tätigkeitskomplex nicht im Sinne eines Zwecks notwendig, nicht "zweckmäßig" ist, soll unterbleiben, bzw. "ist nicht wirtschaftlich." (22) Dadurch ist aber die Ökonomik gegenüber der Technik wiederum noch nicht scharf abgegrenzt, und es fragt sich, ob nicht eine genaue Formulierung der "rationalen" Tätigkeit nach Maßgabe des ökonomischen Prinzips diese Schranke eindeutig zieht. Da aber das ökonomische Prinzip selbst nur aus der Rationalität, und diese nur aus der Logik folgen kann, logische Grundsätze aber ihrer Natur nach die Voraussetzungen ihrer Möglichkeit niemals aus Erscheinungen einzelwissenschaftlicher Disziplinen herzuleiten vermögen, so kann die Beziehung nur eine umgekehrte sein: Der allgemeine logische Grundsatz verschafft sich in der Einzelerscheinung sein "Objekt", er bildet sich seine Welt, formt sich seinen spezifischen Gegenstand, oder vielmehr wirkt seinerseits an der Bildung des Objekts in besonderer Weise mit. Wirtschaftliches Tun setzt ein Umdenken aus dem Technisch-Materiellen ins Abstrakt-Quantitative voraus, welches die Form ist, in der alle jene möglichen, im weitesten Sinne "gegenständlichen" Resultate dem Wirtschafter erscheinen. (23) Das hierdurch überhaupt erst mögliche Vergleichen beruth demgegenüber augenscheinlich auf der Vergegenwärtigung dieser Gegenstände als abstrakter Größen und das ökonomische Prinzip ist nichts als die rein logisch notwendige Forderung, daß für das Ziel, das Resultat, den Nutzen, nicht Mittel, Aufwand, Kosten angewendet werden sollen, die für diesen Zweck nicht erforderlich sind. Das, was überhaupt erforderlich ist, kennzeichnet sich als das "Minimum" der Mittel, das, was überhaupt erreichbar ist, als das Maximum des Resultats. Eigentlicher "Aufwand" im ökonomischen Sinne ist also nur jenes Minimum selbst, das heißt, das durch den Zweck  notwendig  bestimmte Maß an Mitteln.  Das ökonomische Prinzip ist demgemäß nur zu deuten als die Form, welche der Grundsatz des zweckmäßigen Handelns nach Maßgabe des Objekts der wirtschaftlichen Tätigkeit diesem gegenüber annimmt;  damit ist die Frage nach der für uns gegebenen Definition der Wirtschaft dahin entschieden, daß wohl das Objekt (das heißt das gegenständliche, selbst wiederum Mittel für irgendwelche Ziele darstellende Tätigkeitsresultat) der Ökonomik und die Rationalität des Handelns selbst klargestellt sein müssen, das ökonomische Prinzip aber als bloße Erläuterung und Zergliederung dieser Rationalität in der Begriffsfestlegung entfallen kann. Wirtschaft sehen wir also an als eine menschliche Tätigkeit, die vom Zweck der Erstellung gegenständlicher Mittel zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse bestimmt ist, und bemerken uns, daß diese Begriffsbildung solange unvollkommen bleibt, wie nicht das Wesen der gegenständlichen Mittel als Objekten der Wirtschaft seine Klärung erfahren hat. (24)

Befindet sich eine solche Formulierung mit den herrschenden Begriffsbestimmungen im Einklang, so kann zwischen ihr und dem tatsächlich den Theorien zugrundeliegenden Objektsbegriff dennoch eine Divergenz vorliegen. Es gibt keine vollständige sozialökonomische Theorie, die in mathematischer Vollendung "vom Begriff der Wirtschaft zum Begriffsgebäude der Volkswirtschaftslehre" (SPANN) aufstiege und die Verschiedenartigkeit, mit welcher die theoretische Sozialökonomik aufgebaut worden ist, findet in der Regel nicht ihre Grundlage schon in bestimmten Auffassungen vom Begriff der Wirtschaft. Die Behauptung, welche in der Definition liegt, daß das Resultat der Wirtschaft auf menschliche Tätigkeit zurückgeführt werden muß, drängt sich durch den Begriff des Wirtschaftens auf, scheint jedoch in ihrer Eindeutigkeit schon durch das Prinzip der Wirtschaftlichkeit, nach welchem in der gewöhnlichen Formulierung eine feste Beziehung zwischen Tätigkeit und Tätigkeitsresultat nicht gegeben ist, widerlegt zu sein. Ist vernunftgemäße Tätigkeit geeignet, als Bestimmungsgrund des ökonomischen Resultats zu gelten? Es läßt sich nicht leugnen, daß, wenn man Wirtschaft als menschliche rationale Tätigkeit zur Erstellung der Bedürfnisbefriedigungsmittel bezeichnet, der Begriff dieses Tun die Möglichkeit einer restlosen Erklärung des Resultats im ökonomischen Sinn gewähren muß. Wie ist also das Verhältnis zwischen Aufwand und Resultat zu deuten? Liegt dem Vorgang des Wirtschaftens und damit dem so charakterisierten Objekt der Ökonomik in einem dynamischen Sinne (in der Bewegung innerhalb der Zeit) ein Gesetz einer irgendwie zwingenden kausalen Relation zugrunde, nach welcher sich das Gebäude der Ökonomik konstituiert? Hieraus folgt insgesamt gegen die vorgelegte Definition der Einwand, daß in ihr kein Motiv enthalten ist, nach welchem sich die Bindung der ökonomischen Entwicklung in einer bestimmten Weise regelt.

Es ist eine der merkwürdigen Erscheinungen der modernen theoretischen Ökonomik - wenigstens der deutschen, während sonst infolge einer anderen Terminologie diese Einwendung nicht im gleichen Maße zutrifft -, daß in der allgemeinen Bestimmung des Objekts alles Dynamische als durch den Menschen und seine irgendwie geartete Tätigkeit verursacht gilt, während im Aufbau der tatsächlichen Theorie vielfach fremde Bestimmungsgründe dieser menschlichen Tätigkeit parallel wirkend an die Seite gestellt werden. Solange abgerundete, überlegte Definitionen des Gegenstandes nicht vorliegen, wie etwa in der klassischen Ökonomik, entfällt die Notwendigkeit einer entsprechenden Angleichung. Die moderne Lehre klafft hingegen in Zielsetzung und Ausführung in vielen Belangen überhaupt auseinander. In Anbetracht des hier vorliegenen speziellen Sachverhalts ist die Schwierigkeit, zu einem eindeutigen Begriff der Verursachung oder überhaupt einer zwingenden Relation auf dem Hintergrund der Zeitvorstellung für das Gebiet der Sozialökonomik zu gelangen, neben Beeinflussungen durch eine dogmengeschichtliche Tradition und durch Zufälligkeiten der Erfahrungswelt von besonderer Bedeutung gewesen. Dennoch ist es für unser Vorhaben notwendig, zum Zweck der Verständigung über das Wesen des wirtschaftlichen Vorgangs - das Wesen seines Resultates kommt planmäßig erst hernach zur Sprache - gegenüber dem besagten Einwand eine vorläufige Klärung herbeizuführen.

Verharren wir auf dem, wenn auch hypothetischen Boden der hier gewählten Begriffsbildung, so erscheint es als notwendige logische Forderung, daß jeder Veränderung im Resultat des Wirtschaftens eine Veränderung in der Art oder "Menge" der wirtschaftlichen Tätigkeit entspricht. Da wir diese wirtschaftliche Tätigkeit selbst nur bestimmt haben durch die Voraussetzungen, es handle sich einmal um ein Tun des Menschen, und dann um ein Tun, welches durch die Idee eines bestimmten gegenständliche Ziels beherrscht ist, so kann die besagte Relation nur insoweit gegeben sein, als die Tätigkeit selbst, als Erkenntnisgegenstand, sich erst durch eine irgendwie stattfindende Vergegenwärtigung ihres Ziels als eine "wirtschaftliche" Tätigkeit erfassen läßt. Jene Äquivalenz von Tätigkeit und Tätigkeitsresultat im Rahmen des Phänomens "Wirtschaft ist demgemäß durch eine begriffliche Beziehung in der Weise gekennzeichnet, daß dem  Begriff der Tätigkeit eine durch das Resultat bestimmte Grenze gesetzt ist.  Es knnen also Erscheinungen gegeben sein, die als Tätigkeit zur Erstellung von Bedürfnisbefriedigungsmitteln gelten, aber, insofern sie für dieses Ziel nicht notwendig die Voraussetzung sind, keinen Anspruch auf die Bezeichnung als "wirtschaftliche Tätigkeit" haben.

In den Rahmen des hier vorausgesetzten Begriffs der Wirtschaft gehört demgemäß nur die so unterschiedene, ihrer Art nach jedoch in keiner Weise bestimmte, also in dieser Beziehung weit gefaßte, wirtschaftliche Tätigkeit hinein, so daß Wirtschaftsresultat und wirtschaftliche Tätigkeit in einer festen Bindung zueinander verharren. Die Frage also, an welchen Voraussetzungen sich die Veränderungserscheinungen im Wirtschaftsresultat knüpfen, ist dahingehend zu beantworten, daß hierfür die  Bedingungen der Möglichkeit wirtschaftlicher Tätigkeit  zuständig sind, die ihrerseits nicht selbst in den Bereich der "Wirtschaft" gehören. Zugleich bleibt der Sonderfall übrig, daß von Bedingungen einer wirtschaftlichen Tätigkeit in einem bestimmten Umfang, bzw. für den bestimmten Teil einer solchen Tätigkeit überhaupt nicht gesprochen werden kann (oder jedenfalls nicht im Sine einer kausalen Relation), eine Möglichkeit, die sich nach Maßgabe der Stellung zum Probem der Willensfreiheit und der ursächlichen Ungebundenheit geistiger, ideeller "Handlungen" aufdrängt.

Wenn hierdurch Freiheit und Gebundenheit der wirtschaftlichen Entwicklung in einer dem gewöhnlichen begrifflichen Verfahren nicht vollkommen entsprechenden, dieses aber nur in Bezug auf die logische Anordnung, nicht inhaltlich verändernden Art und Weise bestimmt worden sind, so ließe sich immerhin noch einwenden, daß für die Betrachtung eines  einzelnen  ökonomischen Gebildes die Voraussetzungen der wirtschaftlichen Tätigkeit selbst wirtschaftlicher Natur sind, daß gerade das Wesen der Wirtschaft in einem Zusammen- und Nacheinanderwirken einer empirisch kaum feststellbaren Zahl räumlich und zeitlich getrennter ökonomischer Subjekte gesehen werden muß. Hieraus folgt richtig, daß sich der Begriff der Wirtschaft auf eine nach außen geschlossen gedachte Wirtschaft bezieht, wobei in den positiven Erscheinungen der der Gegenwart in der Tat niemals die Wirtschaft eines einzelnen ökonomischen Subjekts (einer Person oder eines Personenkreises, Volkes oder dgl.) angesehen werden kann, sondern zunächst nur die Wirtschaft überhaupt, das heißt, die Universalwirtschaft. Dessenungeachtet ist es unmöglic, irgendein ökonomisches Resultat restlos in Bezug auf seine ökonomische Struktur zu analysieren, ohne von der Idee einer anch außen begrenzten Totalität der für dieses "nebengetanen" oder "vorgetanen" ökonomischen Handlungen geleitet zu sein. Wenn auch demgemäß die einzelne subjektive Wirtschaft keine geschlossene Wirtschaft darstellt, so ist doch eine solche gegenüber jedem einzelnen ökonomischen  Phänomen  als gegeben anzunehmen.



Zieht man eine Grenze zwischen Tätigkeit und wirtschaftlicher Tätigkeit dort, wo wiri sie soeben gewählt haben, so ist man bezüglich letzterer, durch welche allein ein ökonomischer Erfolg zustande kommen kann, auf die Erkenntnis des Wesens des Resultates dieser Tätigkeit,  des wirtschaftlichen Gutes,  hingewiesen. Wenn im vorhergehenden das ökonomische "Gut" als ein gegenständliches Mittel zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse bezeichnet worden ist, so bedarf diese Bestimmung, obwohl sie den gewöhnlichen Formulierungen angepaßt ist, deswegen einer Erklärung, weil sowohl der Begriff des Gegenstandes und der des Bedürfnisses, als auch der des menschlichen Subjekts einer verschiedenen Auffassung fähig ist.

Aus der in der Definitioni der Wirtschaft liegenden Grundauffassung über das Gut als einheitliche, rein ökonomische Kategorie folgen notwendig sechs Merkmale:
    1. Der Begriff des wirtschaftlichen Gutes bezieht sich ansich niemals auf eine "Gattung" von Gütern, insofern man Gattungen nach Maßgabe naturwissenschaftlicher, bwz. technischer Gesichtspunkte bildet. Dadurch, daß zwei Bedürfnisbefriedigungsmittel physikalisch und chemisch gleich sind, ist über ihre Gleichheit als "Gut" nichts ausgesagt. Erst nachdem diese Tatsache geklärt ist, darf die ökonomische Theorie an naturwissenschaftliche Gattungsbegriffe herantreten.

    2. Der Begriff des Gutes ist in keiner Weise beschränkt auf bestimmte technische, "materielle" Eigenschaften. Die einzig äußere Kennzeichnung ist die, daß es sich um etwas "Gegenständliches" handeln muß. Darunter ist eine im Zustand der Ruhe (in der Statik) erkennbare Erscheinung zu verstehen. Die Dienste sind nicht statische, sondern dynamische (Bewegungs-)Erscheinungen, dennoch gehören sie - dem überwiegenden wissenschaftlichen Sprachgebrauch gemäß - zu den "Gütern"; denn die Möglichkeit einer Dienstleistung in einer Zeitspanne ist an das Vorhandensein einer bestimmt gearteten, örtlich bestimmten, zur Dienstleistung fähigen und bereiten Persönlichkeit oder Personengruppe gebunden. 3. Der Begriff des Gutes ist ferner nicht auf einzelne rechtliche Voraussetzungen beschränkt, wie zum Beispiel auf die des Eigentums oder der Möglickeit der Entstehung eines Eigentumsanspruchs an den Gegenstand, stellt vielmehr bereits eine Kategorie der "reinen" Ökonomik dar.

    4. Dementsprechend ist der Gutsbegriff zugleich nicht auf solche Dinge beschränkt, die Gegenstand eines Tausches sind oder sein können; der Tausch kann nur als Teil des als Ökonomik bezeichneten Erscheinungskomplexes gelten, während "Gut" ein allgemeiner konstituierender Begriff der "Wirtschaft" selbst sein soll.

    5. Der ökonomische Gutsbegriff setzt eine Tätigkeit zur Erlangung voraus. Das Gut ist das Resultat der Wirtschaft und nur insofern "Gut". (25)

    6. Das ökonomische Gut ist zunächst nichts als die letzte gegenständliche Voraussetzung des schließlichen nutzenmäßigen Ziels. Das sogenannte Gut "erster" Ordnung, und zwar dieses auch in räumlicher und zeitlicher Hinsicht tatsächlich unmittelbar vor dem "Konsum" (der Nutzung) begriffen, ist das eigentliche Gut und es ist eine nebensächliche Frage, ob die Güter höherer Ordnung überhaupt als Güter zu bezeichnen sind. Demgemäß ist auch die wirtschaftliche Arbeit äußerstenfalls nur insofern ein Gut (höherer Ordnung), als in ihr statisch-gegenständliche Elemente (der Mensch, seine Eigenschaften und Unterhaltsvoraussetzungen) gegeben sind, die Arbeit als Vorgang der Leistung ist gegenständlich unerfaßbar. (vgl. die diesbezüglichen späteren Darlegungen)
Ebenso einheitlich wie für die Wirtschaft insgesamt die gegenständliche Seite des Gutsbegriffs, muß der Aufgabe entsprechend die bedürfnismäßige Kennzeichnung festgelegt sein. Die Bedürfnisse, welche in Frage kommen als Voraussetzung der Wirtschaft, sind keine speziellen. Die "Wirtschaft", die es, wie OTHMAR SPANN sagen würde, mit "Mitteln für irgendwelche Ziele" zu tun hat, schiebt sich hinein zwischen die "natürliche" Materie und ihre, abgesehen von den sogenannten Kräften des Bodens, häufig übersehenen natürlichen dynamischen Möglichkeiten auf der einen, und die menschlichen Wünsche auf der anderen Seite, soweit es der Erstellung besonderer "Mittel" der Bedürfnisbefriedigung bedarf, das heißt, soweit eine Tätigkeit zur Herstellung solcher Mittel stattfinden muß. Aus dieser außerökonomischen Voraussetzung findet allein eine Beschränkung der für die Ökonomik in Frage kommenden Bedürfnisse statt.

Diesen Feststellungen entspricht, daß Wirtschaft es zunächst mit zwei Arten von unter Umständen personell identischen "Subjekten" zu tun hat, jenen, die wirtschaften, und jenen, für deren Bedürfnisse gewirtschaftet wird, wobei demgemäß die letztere Gruppe auf dem Weg über die Bedürfnisse als solche mit der "Wirtschaft" verknüpft ist. Wirtschaft hört da auf, wo reine Konsumtion beginnt, alle Nichtkonsumtion kann als Produktion bezeichnet werden, alles Wirtschaften ist daher mit Produzieren in einem solchen weiteren Sinne identisch, das heißt derjenige Konsument, der Dispositionen über die zeitliche Verteilung des Selbstverbrauches eines in seiner Verfügungsmacht befindlichen Gegenstandes trifft, ist als solcher Produzent oder besser "Wirtschafter". Ist Wirtschaft die menschliche Tätigkeit zur Erstellung von Mitteln menschlicher Bedürfnisbefriedigung, so gehört die reine Konsumtion nicht zur Wirtschaft. Da die menschliche wirtschaftliche Tätigkeit, wie wir sahen, technischer Art gemäß in keiner Weise, vielmehr nur durch ihre Gerichtetheit auf einen Zweck gekennzeichnet ist, so ist jede nicht zur reinen Konsumtion gehörende "Verwendung" von Gütern mit demselben Recht ökonomisches Handeln wie die Produktion im engeren Sinne. Das Gut ist erst als solches bestimmt, wenn es als unmittelbar, das heißt seiner quantitativen und qualitativen, räumlichen und vor allem auch zeitlichen Existenz nach gegeben ist, das heßt, wenn es in eine unmittelbare, letztliche Beziehung zu einem bestimmten subjektiven Bedürfnis gelangt.

Nach der üblichen Auffassung hat die Ökonomik die besondere Aufgabe,  Vergleiche zwischen Gütern  anzustellen, und zwar das "Gut" in zweifacher Hinsicht vergleichend zu betrachten. Einmal kann das bestimmte, gegebene Gut mit anderen Gütern verglichen werden, sodann kann vielleicht auch zwischen ihm und dem Aufwand, mit welchem es hergestellt wurde, ein Vergleich stattfinden. Wie sind solche Überlegungen möglich und wie verhalten sich beide Überlegungsarten zueinander?

Wie bereits aus dem Begriff der Wirtschaft und der wirtschaftlichen Tätigkeit entnommen werden konnte, ist jener letztere Vergleich nur die möglichst genaue Vergegenwärtigung des für ein bestimmtes Ziel  notwendigen  Aufwandes menschlicher Tätigkeit. Ist nun eine Tätigkeit in der Tat schon dann wirtschaftlich festgelegt, wenn nur dieses notwendige Maß menschlicher Tätigkeit zur Anwendung gelangt, wenn also restlos "zweckmäßig" gehandelt worden ist? Sofern Wirtschaft nur aus  einem  einzelnen tätigen Subjekt, etwa der Menschheit, und nur aus  einem  bedürftigen Subjekt, nämlich eben dieser und nur aus  einem  bestimmten Bedürfnis, nämlich nach der Gesamtheit aller "Güter", das heißt aller nützlichen Gegenstände in bestimmter Menge, Art, sowie räumlicher und zeitlicher Gruppierung besteht, würde dies zu bejahen sein; denn Zweck und Mittel sind restlos bestimmt. Fehlt aber nur ein einzelnes Merkmal, etwa die zeitliche Festlegung des Gutes, so ist die Möglichkeit gegeben, die vorhandenen Mittel auf zu verschiedenen Zeiten vorhandene, wenn auch technisch gleiche Gegenstände und damit auf in einem ökonomischen Sinne definitionsgemäß verschiedene zu erstellende Güter zu richten. Die "Vernunft" ist also genötigt, die Ziele miteinander zu vergleichen. Sind nun mehrere Elemente nicht gegeben, so würde sich der gedankliche Vorgang um einen weiteren Grad komplizieren. Indessen bedarf es hier augenscheinlich zunächst einer genaueren Analyse des Wesens des "Aufwands". Nach der Begriffsbestimmung der Wirtschaft würde der Aufwand, der in ihr stattfindet, zuletzt nur die zweckgerichtete  menschliche  Tätigkeit sein können, die selbst erst durch das von ihr erstellte Resultat richtig erfaßt werden kann. Ist dieses Resultat durch das Zusammenwirken mehrerer ökonomischer Subjekte derart bedingt, daß sich eines der andern nur zur Mitwirkung bedient, so kann ersterem die Tätigkeit der letzteren als Aufwand oder "Kosten" erscheinen; damit ist jedoch nur gesagt, daß die Tätigkeit des ersteren ein engeres Ziel hat, als es das "Produkt", welches als das seinige gilt, anzeigt. So ist also auch hier der Aufwand die eigene ökonomische Tätigkeit der einzelnen Subjekte. Dieses aber läßt sich definitionsgemäß mit dem Resultat nicht "vergleichen", weil er sich erst aus ihm, als sein Korrelat, ableitet.

Demgemäß würde ein Vergleich zwischen Aufwand und Erfolg nur den Sinn einer Abrechnung fremden Tätigkeitsresultats vom eigenen, soweit sich beiden in einem einheitlichen Gegenstand verkörpern, haben können, nicht aber eine allgemeine ökonomische Grundfunktion sein. Hiergegen dürfte sogleich eingewandt werden, daß auch das einzelne Subjekt seine ökonomischen Entscheidungen von einem Vergleich seiner eigenen Mühen oder sachlichen Aufwendungen mit dem Resultat abhängig zu machen pflegt. Die hierfür typische Vorstellung ist die des Strebens nach einer Vermeidung von "Mühe". Hat man das gleiche Resultat vor Augen, so ergibt sich bereits aus dem logischen Grundsatz, bei der auf dessen Erzielung gerichteten Tätigkeit alles zu unterlassen, was einem solchen Ziel nicht entspricht, die Richtlinie "ökonomischen" Handelns. Werden mehrere mögliche Resultate miteinander verglichen, so muß zunächst eine Vergegenwärtigung des für sie notwendig erforderlichen persönlichen Aufwands erfolgen. Dieser Aufwand ist aber auch hier nur die bloße Vergegenwärtigung des Resultats nach Maßgabe seiner Entstehung durch Tätigkeit und diese zweckgerichtete Tätigkeit ist durch das Resultat selbst aufgewogen. Da in der Ökonomik ansich nichts "frei" entsteht, so findet kein "Vergleich" der Leistung mit dem Resultat statt,  sondern nur eine Zurückführung des Resultats auf seine leistungsmäßigen Voraussetzungen.  Es entspricht diese Feststellung der überwiegend vertretenen Ansicht, daß die  äußere  Leistung für einen ökonomischen Zweck in Gestalt von Arbeitsmühe, Arbeitszeit oder Unlust nicht die wahre Voraussetzung sein kann, weil jeder Arbeit nicht Mühe und jeder Leistung nicht eine bestimmte Zeit notwendig korrespondiert. (26) Insofern Tätigkeiten auf Möglichkeit, anderen Zielen nachzustreben, mehr oder weniger einschränkend wirken, spielen der Faktor der Zeit oder der Ermüdung allerdings im Bereich des Wirtschaftlichen eine Rolle; doch ist auch hier nur das Resultat maßgebend, nämlich dasjenige, welches insgesamt erzielt werden kann. Dasselbe gilt für die "sachlichen" Aufwendungen. Demgemäß ist zu folgern, daß alle Ökonomik allein aus dem Vergleich der wirtschaftlichen Güter ihre Richtlinien entnimmt und jenes Problem der zweifachen Arten des Vergleichens entfällt. Daß die Güter nicht in ihrer technischen Gesalt, sondern im Rahmen der Wirtschaft in Bezug auf ihren Nutzen, im allgemeinsten Sinne einer Bedeutung als Mittel zur Befriedigung von Bedürfnissen menschlicher Subjekte, und nur in Bezug auf diesen angesehen, also stets zunächst als Voraussetzungen von "Nutzen" beurteilt werden, folgt schon aus dem Begriff des Gutes selbst. Diese Kategorie des Nutzens, gemeinhin als ökonomischer "Wert" bezeichnet, ist also die Einheit gegenüber der Vielheit der "materiellen" Gegenstände und damit die Voraussetzung für die Möglichkeit der Vergleichung dieser Objekte untereinander.
LITERATUR - Hero Moeller, Die sozialökonomische Kategorie des Wertes, Leipzig und Wien 1922
    Anmerkungen
    1) ROBERT LIEFMANN, Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, Bd. 1, Stuttgart 1917 und 1919
    2) GUSTAV CASSEL, Theoretische Sozialökonomie, Leipzig 1918. Vgl. hierzu u. a. F. EULENBURG, "Wertfreie" Sozialökonomik, Weltwirtschaftliches Archiv, Bd. 15, Seite 445
    3) Bezüglich früherer Angriffe auf den Wertbegriff vgl. FRIEDRICH GOTTL, Der Wertgedanke - ein verhülltes Dogma der Nationalökonomie, Jena 1897, Seite 2f. Ferner ADOLF WEBER in ROSCHER, Grundlagen der Nationalökonomie, Stuttgart 1918, Seite 876f, sowie CHARLES GIDE in GIDE und RIST, Geschichte der volkswirtschaftlichen Lehrmeinungen, Jena 1913, Seite 603, A 1. Vgl. ferner H. DIETZEL, Vom Lehrwert der Wertlehre und vom Grundfehler der Marx'schen Verteilungslehre, (Zeitschrift für Sozialwissenschaft, Neue Folge, 12. Jahrgang (1921), Seite 107f, dort zahlreiche Nachweise älterer Meinungsäußerungen.
    4) Vgl. ADOLF WAGNER, Grundlegung der politischen Ökonomie, 3. Auflage, Leipzig 1892, Teil 1, Seite 81 und 143. Für CARL MENGER (Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, Wien 1871, Seite 32 und 53) besteht Wirtschaft in der Sorge des Menschen für die Deckung seines Bedarfs an den für seine Bedürfnisbefriedigung nötigen Güterquantitäten. Übrigens spricht WAGNER von  Wirtschaft  als einer "planvoll nach dem  ökonomischen  Prinzip erfolgenden" Tätigkeit, begeht also einen circulus in definiendo.
    5) Unschwer läßt sich durch eine zeitlich entfernte Verlegung und abstrakte, komplexe Vorstellung die "Verwendung" von Gütern noch zur "Erstellung" (Beschaffung im weitesten quantitativen, qualitativen, räumlichen und zeitlichen Sinne) rubrizieren; die Vorstellung des geschlossenen Wirtschaftskreises hat im wesentlichen nur illustrative Bedeutung.
    6) Art. "Die Volkswirtschaft" (SCHÖNBERGs  Handbuch der politischen Ökonomie,  4. Auflage, Bd. 1, Tübingen 1896, Seite 10.
    7) HEINRICH DIETZEL, Grundlagen der Volkswirtschaftslehre, 1. Abteilung, Tübingen 1889, Seite 33.
    8) Vgl. a. a. O., Seite 25. Der Vermögensbegriff ist durch den in der englischen Literatur stets noch obwaltenden Ausdruck des "wealth" beeinflußt.
    9) CASSEL, Theoretische Sozialökonomik, Bd. 1, Leipzig 1895, Seite 59
    10) CASSEL, Theoretische Sozialökonomik, Bd. 1, Leipzig 1895, Seite 59
    11) DIETZEL, Grundlagen etc., Seite 190. Hier tritt ohne logische Ableitung das Begriffspaar Nutzen und Kosten auf, und das soeben in eine Auseinandersetzung mit der WAGNER'schen Definition von DIETZEL abgelehnte ökonomische Prinzip ist in voller Erscheinung da.
    12) PHILIPPOVICH, Grundriß der Politischen Ökonomie, Bd. 1, Tübingen 1918, Seite 1f
    13) SCHULZE-GAEVERNITZ, "Wirtschaftswissenschaft?" (in Festschrift für LUJO BRENTANO), München 1916, Seite 406. Er erklärt ein besonderes Prinzip der Wirtschaftlichkeit als Überflüssig, da dieser Grundsatz das Vernunftprinzip einer jeden "zweckmäßigen" Handlung ist.
    14) ROSCHER, a. a. O. Seite 5, ähnlich J. CONRAD und besonders GUSTAV COHN.
    15) MENGER hat das Wesen dieser Vorsorge eingehend analysiert (a. a. O. Seite 24f und 32f). Die Menschen sind nach ihm bei ihrer auf die Befriedigung ihrer Bedürfnisse gerichteten vorsorglichen Tätigkeit unter anderem bemüht, mit jeder gegebenen Teilquantität "durch zweckmäßige Verwendung einen möglichst großen Erfolg und einen bestimmten Erfolg mit einer möglichst geringen Quantität zu erzielen, oder, mit anderen Worten, die ihnen verfügbaren Quantitäten von Genußmittel, zumal aber die ihnen verfügbaren Quantitäten von Produktionsmitteln, in zweckmäßigster Weise der Befriedigung ihrer Bedürfnisse zuzuführen." (a. a. O. Seite 53)
    16) OTHMAR SPANN, Staatswirtschaftliche Untersuchungen, 2. Auflage, München 1870, Seite 10. Vgl. SCHÖNBERG, a. a. O. Seite 11, A. 20 (Technik geht für HERMANN demgegenüber auf das Qualitative)
    17) SPANN, Fundament der Volkswirtschaftslehre, Jena 1918, Seite 54
    18) SPANN, Fundament, Seite 51
    19) SPANN erkennt, daß schon nach seiner Formulierung auch in der Verwirklichung der Feldherrenkunst, nach welcher der Feldherr mit Mann und Material sparen muß, ein "wirtschaftliches" Element liegt (a. a. O. Seite 52). SPANN nimmt von einer Differenzierung des "Ziels" Abstand und sieht auch die Entstehung desselben nicht dynamisch, als Prozeß, an.
    20) SPANN, a. a. O. Seite 46. Das Verhältnis der Art der ökonomischen Tätigkeit (die bei SPANN durch dieses Abwägen gebildet wird) mit der "Knappheit" beschäftigt uns erst später. Der Vergleich von "Kosten und Nutzen", "Unlust und Lust" usw. ist selbstverständlich auch für SPANN durch die Erkenntnis abgelöst, daß die Kosten bloßer negativer Nutzen sein können, so daß alle Erwägungen von den Differenzierungen im Ziel abhängen (a. a. O. Seite 74
    21) Die älteren ethischen und die psychologischen Erklärungsversuche sind auch vom Verfasser in seiner früheren Schrift zurückgewiesen worden; eine spezifische Formulierung hat das ökonomische Prinzip jedoch dort nicht gefunden.
    22) Diese Interpretation des ökonomischen Prinzips entspricht (ungefähr) derjenigen von FRIEDRICH GOTTL-OTTLILIENFELD in  Wirtschaft und Technik  (Grundriß der Sozialökonomie, Bd. 5, II. Abteilung, 1. Buch (Seite 210)
    23) Vgl. die erwähnten früheren Untersuchungen des Verfassers in ihrem ganzen Umfang, ferner unter andern SPANN (a. a. O. Seite 75): Nutzen ist ein  "Größenbegriff"  aller Verrichtung oder Leistung, die Werttheorie ist  "Leistungsgrößenlehre".  Den Unterschied zwischen Wirtschaft und Technik sieht SPANN (Seite 41) darin, daß die Technik das System der Mittel als Ursächlichkeiten ansehe, während die Wirtschaft das System der Mittel als Zwischenzweke betrachtet. Wenn wir das oben Gesagte dahin erläutern, daß die Wirtschaft die Ziele und die Mittel nach dem Grad ihrer Zweckbedeutung, die Technik sie nach ihren naturgesetzlich-kausalen Voraussetzungen betrachtet, so ist das entscheidende Trennungsmerkmal das gleiche.
    24) Den Streit um die Frage der Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeiit eines Begriffs der Wirtschaft überhaupt, wie er insbesondere zwischen FRIEDRICH von GOTTL (Die Herrschaft des Wortes, Jena 1901) und ALFRED AMMON (Objekt und Grundbegriffe der theoretischen Nationalökonomie, Wien 1911) und anderweitig ausgefochten ist, haben wir hier planmäßig auszuschalten.
    25) WAGNER sagt in diesem Sinne, daß wirtschaftliche Güter diejenigen seien, zu deren Erlangung zwecks Bedürfnisbefriedigung irgendeines Menschen irgendeine menschliche Arbeit die Vorbedingung ist. Hierbei bleibt er insofern unklar, als er auf der einen Seite ausdrücklich als freie Güter auch solche bezeichnen will, die die bloß okkupatorische Arbeit des Aneignens erfordern, gleichzeitig aber solche Güter "insoweit" wirtschaftliche Güter nennt, "als sie diese Aneignungsarbeit erfordern." (a. a. O., Seite 290f) Die gerügte Unklarheit betrifft den Bestimmungsgrund des ökonomischen Gutsbegriffs, ja, enthält die letzte Schwierigkeit in der begrifflichen Fundamentierung der "reinen" ökonomischen Theorie in sich; Güter sind stets nur "insoweit" wirtschaftlich, als sie "Arbeit" erfordern, "ansich" sind sie niemals wirtschaftlich. - - - Der Grund der Schwierigkeit für WAGNER ist augenscheinlich zunächst drin zu suchen, daß ihm im speziellen Fall die "Arbeit" dem Gut, nämlich dem Gegenstand, nicht zu entsprechen, ihm nicht äquivalent zu sein scheint. Zwischen technischer Arbeit und bedürfnismäßigem Arbeitsresultat sieht er eine zu große Spanne. Wichtig ist also, daß WAGNER zunächst einen allgemeinen Arbeitsbegriff aufstellt, dann aber einer Arbeitsart eine Sonderbehandlung gibt. Ein weiterer Nachteil bei WAGNER dürfte darin liegen, daß er zunächst den Gutsbegriff nebst Vermögen, Wert und Geld, dann erst den Begriff der Wirtschaft behandelt. (Ebenso ROSCHER, anders PHILIPPOVICH, SPANN, im SCHÖNBERG'schen Handbuch, bei H. DIETZEL u. a.) Wenn man Wirtschaft als den allgemeinen Gegenstandsbegriff erkennt und die Natur dieses Begriffs erfaßt hat, wird man von vornherein die Grenzen des Begriffs des Gutes und des Wertes schärfer bestimmen. Schließlich erscheint es richtiger, denjenigen theoretischen Komplex, der von WAGNER als "reine" Ökonomik bezeichnet wird, für sich in seiner Totalität in Erscheinung treten lassen. Die Anschauung der Dinge vom "rein ökonomischen" und zugleich vom sozialen oder "historisch-rechtlichen Standpunkt der einzelnen" verzerrt das Bild, zumal "sozial oder historisch-rechtlich" ein kompliziertes Begriffsgebilde ist, aus dem sich von vornherein kein bestimmt erfaßbarer "Standpunkt" zu einem Objekt entnehmen läßt. Für die Ökonomik besteht logisch notwendig zunächst nur das Ökonomische und das Nichtökonomische. (In diesen Untersuchungen bestimmen wir hierfür eine geeigente Grenze, gehen aber über diese nicht hinaus.) Bei WAGNER hat die Vermischung zur Folge, daß in seiner Theorie des Gutes die "Erwerbsart" durch Arbeit in der reinen Ökonomik den Erwerbsarten nach Maßgabe rechtlicher Kategorien gegenübergestellt wird, obwohl diese letzteren ebenso auf Arbeit beruhen können. Die Grenzen der reinen Ökonomik erscheinen also als nicht deutlich und jedenfalls zu eng gezogen. - - - Gemeinhin wird aber nicht eine ökonomische Tätigkeit, sondern die "Knappheit" als Voraussetzung für die Existenz eines ökonomischen Gutes, vor allem im Gegensatz zu einem sogenannten "freien", bezeichnet. Insbesondere die "subjektiven" Wertheoretiker, von CARL MENGER (vgl. a. a. O. Seite 54, 61, 80) an, haben ein außerordentliches Gewicht darauf gelegt, "die Arbeit" als Voraussetzung des ökonomischen Gutsbegriffs auszuschalten. Dies ist solange berechtigt, als man damit den Zweck verfolgte, einer etwaigen Lehre von einer Bestimmtheit des "Wertes" durch die Arbeit den Boden zu untergraben; es ist aber nur eine Selbstverständlichkeit, daß aller Wert schlechthin durch den Nutzen gegeben ist, so daß auch nichts irriger wäre, als die hier noch folgenden Untersuchungen als die Grundlage einer Arbeitswerttheorie in einem  solchen  Sinn aufzufassen. - - - Wir wir noch später zu sehen Gelegenheit haben werden, ist der Begriff der Knappheit seiner begrifflichen Natur nach unklar und für den vorliegenden Zweck ungeeignet. Überall wird dieser Begriff auch nur gebraucht, um mit ihm sogleich die Notwendigkeit ökonomischer Erwägungen zu begründen und es bedarf nur der allerdings sehr notwendigen, für uns, wie noch zu zeigen sein wird, fundamentalen Klarstellung, daß dieses Bedenken, Sparen und Haushalten selbst Arbeiten, selbst ökonomisches "Gestalten" der Dinge bedeutet, aber, und das ist wiederum sehr wichtig, Arbeit ist nicht  nur  jenes Erwägen.
    26) Eine gründliche Behandlung dieser Materie finden wir bei HEINRICH DIETZEL, a. a. O. Seite 203f, insbesondere 218 - 237. Dort fehlt jedoch die Inbeziehungsetzung des Problems zum Begriff der Wirtschaft und des wirtschaftlichen Prinzips, das heißt es ist nicht gezeigt worden,  wie  sich das Letztere in das Prinzip der Nutzenerzielung auflöst. Bezüglich des Verhältnisses von Arbeit und Unlust vgl. auch HEINRICH HERKNER, Arbeit und Arbeitsteilung, Grundriß der Sozialökonomik, Abteilung II, 1. Buch, 4. Bd, Seite 172. Ferner B. HARMS, Artikel  Arbeit  im Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 3. Auflage, 1. Bd., Seite 574. Ferner, FRIEDRICH WIESER, Theorie der gesellschaftlichen Wirtschaft (Grundriß der Sozialökonomik I, 1. Buch, A III) Tübingen 1914, Seite 141.