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[1821-1892] Die Methode der Wissenschaft
Vorrede Mit diesen Worten wies ich im vorigen Jahr den Charakter und den Zweck der Wissenschaft an, deren ausführlichere Entwicklung dieses Handbuch mitteilt. Unsere Zeit, worin jede von der Erfahrung sich lossagende Spekulation als unfruchtbar erscheint, ruft uns mit warnender Stimme zu, ihre Wege zu verlassen und dem Beispiel der Untersuchungen zu folgen, welche die Menschheit vorangebracht, welche sie weiser, besser und glücklicher gemacht haben. Beschämend stehen die Naturwissenschaften vor uns, und wenn sie uns, die wir mit dem Geist, mit der Gesellschaft, mit dem Staat uns beschäftigt hielten, ernsthaft fragen: was habt ihr mit euren Forschungen in so vielen Jahrhunderten zustande gebracht? Welche Wahrheit habt ihr festgestellt? Worin habt ihr das Geschick eurer Mitmenschen verbessert? dann wird unser Bekenntnis niederschlagend sein: Die Philosophie hat den großen Wahlspruch von BACON: Nutzen und Fortschritt! in den Wind geschlagen; sie hat vergessen, daß das Forschen zum Wissen, das Wissen zum Voraussagen, das Voraussagen zum Handeln führen muß. Allein die harte Lehre der Erfahrung, welche das Gebäude ihrer Systeme einstürzen ließ, ist nicht fruchtlos gewesen. Selbst da, wo eitle Spekulation am meisten wucherte, selbst da hören wir überall die Worte: kehren wir zurück zur Erfahrung, zu dem Weg, den uns BACON gezeigt hat. Tun wir es jedoch mit Bedachtsamkeit. Unberatener Eifer, welcher die Naturwissenschaft nicht würdigen kann, ohne mit ihr zu schwärmen, hat Manchen dahin gebracht, das Geistig zu leugnen, statt dasselbe nach ihrer Methode zu begreifen und zu erklären. Die Gewißheit im Sinnlichen schließe uns nicht das Auge der Vernunft für das, was über dem Gebiet der fünf Sinne liegt. Vergessen wir ebensowenig, daß jede Einseitigkeit, infolge deren wir bloß zu eine der Naturwissenschaften um Rat fragen, die anderen vernachlässigen, zum Verderben führt. Nicht eine nur darf unser Vorbild sein; unser Blick muß jedes Feld übersehen, wo der Mensch Forschung gesät und unbestreitbares Wissen geerntet hat. "Wenn man einmal," sagt der einzige NEWTON, "wenn man einmal durch die Methode der Erfahrung die Naturwissenschaften in allen ihren Teilen zur Vollendung gebracht hat, dann wird man auch auf dieselbe Weise die Wissenschaften des Geistes ihrer Vollendung entgegen führen." Sollte sich unser Jahrhundert nicht angetrieben fühlen, den Versuch zu machen? Zwar ist auch die Naturwissenschaft nicht in allen ihren Teilen vollendet; doch ist das Gebiet, das sie erobert hat, so umfangreich, doch sind die Erscheinungen, deren Gesetze sie uns enthüllt, so verschiedenartig, doch kommt sie durch ihre Physiologie den Erscheinungen des geistigen Lebens so nahe, daß unsere Zeit reif genug heißen mag, um das Werk, das so weit vollbracht ist, seiner Vollendung immer näher zu bringen. So darf ich mir schmeicheln, daß meine Logik auch bei den Unvollkommenheiten, welche allem, was von Menschen ausgeht, anhaften, den Forderungen unseres Jahrhunderts genügen und zur Befriedigung seiner Bedürfnisse mitwirken werde. Möge sie dazu beitragen, um der Philosophie Eingang zu verschaffen, welche, nicht eingeschlossen in die Grenzen einer Schule, Früchte für das Leben trägt, und deren Losung ist: durch Wissen zum Handeln. Daß mein Handbuch zunächst zur Grundlage meiner akademischen Vorlesungen bestimmt ist, brauche ich für den, der es durchgeht, kaum zu bemerken. Was hier nur kurz berührt ist, wird dort entwickelt, bewiesen, gegen Einwendungen verteidigt. Doch wünsche ich, seine Wirksamkeit möchte sich auch über die Grenzen der Hochschule hinaus erstrecken, im Vertrauen, daß es dazu imstande ist. Gewiß kann es für manchen Punkt der verschiedensten Wissenschaften den Stoff liefern zu weiterer Untersuchung, zu gewissenhafter Forschung im Interesse der Menschheit. Indem ich dankbar die Namen derer nenne, die im größten Teil dessen, was diese Logik enthält, meine unmittelbaren Vorgänger gewesen sind, nämlich HERSCHEL, WHEWELL, MILL, COMTE, beende ich diese Vorrede. Das, was meinem Werk ursprünglich ist, und worin ich von den Ansichten dieser ausgezeichneten Denker abgewichen bin, mögen diejenigen unterscheiden, welche mit den Schriften jener Männer genugsam vertraut sind; und diejenigen, welche obendrein durch eigenes Denken zu noch tieferen Einsichten gekommen sind, mögen die Richtigkeit oder Unrichtigkeit dieser Abweichungen beurteilen. Einleitung Entstehung, Bedeutung und Recht der Logik § 1. Notdurft führt den Menschen zum Handeln; zu handeln ohne Erkenntnis, ist unmöglich. Darum muß er streben nach Erkenntnis der Natur, des Menschen, der Gesellschaft. Allein sie bleibt schwach und beschränkt, bis die zerstreuten Kenntnisse zu einem Ganzen vereinigt werden, und durch die Verteilung der Arbeit die eine Wissenschaft in eine Anzahl von Wissenschaften geschieden wird. Allein diese Verteilung des Werks hat in Einseitigkeit und Beschränktheit auch üble Folgen. Nichts kann dagegen schützen als die philosophische Behandlung der Wissenschaften, die umso vollkommener ist, mit je mehr Teilen der Erkenntnis die Philosophen vertraut sind. So hat die Philosophie mit allen besonderen Wissenschaften den Inhalt gemein, und muß daher auch in Form und Ausdruck mit denselben übereinkommen. Entwicklung von § 1.
2. Dieses Gefühl ist in einigen Zuständen Lust, in anderen Unlust. Jedes Wesen wählt das erstere, und strebt nach dem Verkehren in diesem ersteren Zustand, indem es alles abzuwehren trachtet, was ihm Unlust verursachen kann. So führt das Gefühl zum Handeln. 3. Diese Kraft zu handeln ist beim Menschen das Größte. Die Ursache davon ist sein Verstand. Seinen Einfluß auf die Natur verdankt er der Kenntnis von der Natur. 4. Die Erhöhung seiner Kraft zur Befriedigung seines Bedürfnisses ist zuerst der einzige Zweck seines Strebens nach Erkenntnis und zuletzt wieder der Endzweck davon. Zwischen beiden liegt das Streben nach Erkenntnis um ihrer selbst willen. Dieser Standpunkt ist unentbehrlich, sogar um den Endzweck schneller und sicherer zu erreichen. Er läßt die Kenntnisse nicht länger zerstreut, sondern verbindet sie, d. h. er bildet Wissenschaft. 5. Zur Ausbreitung unserer Naturerkenntnis war eine Verteilung der Arbeit nötig. 6. Außer der natur kann uns auch der Mensch Unlust verursachen. Jeder müßte daher versuchen, seine Mitmenschen seinem Interesse dienstbar zu machen, wenn nicht diese Selbstsucht durch zwei Gründe beschränkt würde.
b) durch das vereinigte Interesse der Anderen. Aller Interesse hält das Band ihrer Vereinigung, die Gesellschaft, zusammen. 7. Um in dieser Gesellschaft für die Erreichung ihres Zwecks zu wirken, ist Kenntnis nötig von den Menschen, aus denen sie besteht, ganz besonders von ihrem Geist, da die Kenntnis von ihrem Körper in die Naturkunde gehört. So entsteht das Bedürfnis der Wissenschaften des Geistes, für deren Entwicklung ebenfalls eine Vereinigung der zerstreuten Kenntnisse und eine Verteilung der Arbeit unentbehrlich ist. 8. Mit der Verteilung der Arbeit ist jedoch ein großer Nachteil verbunden. Sie nährt Einseitigkeit und Beschränktheit. Weniger in der Naturkunde, als in den Wissenschaften des Geistes und im gegenseitigen Verhältnis dieser beiden großen Teile der Erkenntnis zeigen sich diese Folgen, besonders praktisch, so verderblich. 9. Ein Gegenmittel gab die Natur in denen, welche verschiedene Wissenschaften nicht bloß nebeneinander in sich aufnehmen, sondern auch zu einem Ganzen verbinden, denn eine Anzahl Monographien bildet kein System. Eine derartige Behandlung der Wissenschaften heißt Philosophie. 10. Allein diese Verbindung zu einem Ganzen besteht nicht in der Ableitung aus einem Prinzip, auch nicht in einer dialektischen Entwicklung, diesem leeren Spiel mit Worten, diesem hirngespinstigem Streben der sogenannten Naturphilosophen im Besonderen und der idealistischen Philosophen im Allgemeinen. Sie besteht im Nachweisen des nämlichen Ganges, der nämlichen Gesetze auf verschiedenen Gebieten und im Befolgen einer naturgemäßen, empirischen Entwicklung. 11. Eine Philosophie dieser Art ist bereits versucht, sowohl für die Naturwissenschaften durch einen HUMBOLDT (die wahren Naturphilosophen), als auch für die Wissenschaften des Geistes, besonders durch die historische Schule. 12. Die Philosophie ist daher keinen Augenblick von der Wirklichkeit getrennt. Keine Naturphilosophie ohne ein gründliches Naturstudium, keine Rechtsphilosophie ohne eine positive Rechtskenntnis, keine Staatswissenschaft ohne ein ausgedehntes historisches Wissen usw. 13. Hat die Philosophie ihren Inhalt mit den besonderen Wissenschaften gemein, dann kann sie auch ihre Sprache mit denselben gemein haben. Die Grenzen ihrer Gemeinfaßlichkeit liegen jedoch innerhalb der Grenzen einer wissenschaftlichen Bildung und Erziehung. Entwicklung von § 2.
b) Philosophie des Geistes 2. So kann die Naturphilosophie sich wieder in viele Teile spalten. Diese Spaltung erscheint jedoch jetzt nicht als ratsam; die Naturphilosophie betrachte noch das ganze Reich der Natur in seiner Ordnung und in seinem Zusammenhang. 3. Die Philosophie des Geistes dagegen ist in viele Fächer verteilt. Das erste Fach ist die Wissenschaft vom Menschen (in seinen geistigen Verrichtungen) als Einzelwesen, die Psychologie, die selbst wieder verschiedene Teile umfaßt, entweder zu besonderen Wissenschaften bereits gebildet oder zu dieser Bildung wenigstens vorbereitet, nämlich
b) Wissenschaft des Gefühls, wozu wiederum schon lange die Schönheitslehre (Ästhetik) als untergeordneter Teil gehört, c) Ethologie oder Lehre der Charakterbildung. 4. Das zweite Fach ist die Wissenschaft vom Menschen in seinem Zusammensein mit Anderen, in der Ehe, in der Familie, im Staat, in der Menschheit überhaupt. Es umfaßt bereits eine Anzahl selbständiger Teile als
b) Sittenlehre oder Wissenschaft der guten und schlechten Handlungen, insofern die Ursache derselben in einem Charakterzug liegt. c) Rechtslehre oder Wissenschaft derselben Handlungen, insofern man dazu zwingen oder davon abhalten kann. Sie umfaßt
β) das Strafrecht γ) das Völkerrecht, δ) das internationale Recht; e) Völkerkunde, besonders die vergleichende. 5. Das dritte Fach ist die Wissenschaft vom Menschen in seiner Beziehung zu Gott, Religionslehre, Theologie, Metaphysik. Hält man dafür, daß von diesem Gegenstand keine Wissenschaft möglich sei, dann muß sich unsere Wissenschaft auf die Kenntnis des religiösen oder frommen Menschen beschränken, und fällt daher für das Einzelwesen unter Nr. 3 als Teil der Psychologie, und unter Nr. 4 für die Vereinigung zu einer Kirche. 6. Das vierte Fach ist die Wissenschaft vom Menschen in seiner Entwicklung. sie umfaßt
b) die Entwicklung des Menschen in seinem Zusammensein mit Andern, d. h. die Geschichte. Ihr vornehmster Teil ist die Geschichte der wissenschaftlichen Entwicklung des Geistes, besonders in allgemeiner Weltanschauung. 7. Das fünfte Fach ist die Philosophie der Geschichte, welche die verschiedenen Teile der Geschichte auf die früher (§ 1, Nr. 10) angewiesene Weise zusammenfaßt. 8. Vereinigung all dieser Fächer, auch der Naturwissenschaften, führt zu einem vollendeten philosophischen System. Zur Aufstellung eines solchen ist jede Zeit theoretisch, und praktisch ganz besonders die unsrige verpflichtet. 9. Die erste Stelle in einem solchen System, nicht nach dem Wert, sondern nach dem Rang, muß die Logik einnehmen, welche uns die Methode der Wissenschaften kennen lehrt, den Weg, der zur Wahrheit leitet. Entwicklung von § 3.
2. Diese Bedenken sind leicht zu heben. Unwillkürlich kommt der Mensch infolge seiner Beziehung zur Außenwelt zu Erkenntnis. Sieht er dann zurück auf die Weise, auf welche er diese erlangt hat, dann hat er einen Weg zur Erkenntnis, eine Methode des Denkens, gefunden, d. h. das Gebiet der Logik betreten. 3. Zu diesem Zurücksehen spornt ihn Notdurft an. Ist er durch einige Schlußfolgerungen zu Wahrheit, durch andere zu Unwahrheit gekommen, dann hat er ein Interesse die Beschaffenheit der ersteren kennen zu lernen, um sich derselben Weise des Handelns vielleicht auch anderswo zu bedienen. 4. Unsere Zeit hat eine Logik nötig, und ist imstande sie zu liefern. In den Naturwissenschaften hat das Forschen zu Gewißheit geführt; in den Wissenschaften des Geistes ist fast noch überall Zweifel, Ungewißheit, Streit. Daher ist die Frage zu stellen, und sie kann beantwortet werden: welches ist die Methode des Naturstudiums, und ist sie auch bei den Wissenschaften des Geistes anwendbar? 5. Die Logik ist daher historisch das Ende der bereits gebildeten, unbestreitbaren Wissenschaften, und geht der Bildung dessen voraus, was jetzt noch den Namen Wissenschaft in einem sehr geringen Grad verdient. Dereinst zustande gebracht, kann sie selbst dem Naturstudium vorausgehen, und dasselbe zu noch höherer Entwicklung empor führen. 6. Es ist nicht genug einer Naturwissenschaft, wäre es auch die Mathematik, nachzugehen und ihre Methode zu übertragen. Nicht alle Naturwissenschaften haben denselben Gang, weshalb zur Anwendung eine strenge Unterscheidung unentbehrlich ist. Dabei lehrt uns die eine diese, die andere jene Methode der Untersuchung richtiger und vollständiger kennen. 7. So beantwortet die Erfahrung von dem, was wir im Naturstudium verrichteten, nicht bloß die Frae: welchen Weg sind wir gegangen? sondern auch die: welchen Weg müssen wir gehen? weil ja der betretene Pfad zum gewünschten Ziel geführt hat. Entwicklung von § 4.
2. Anders dagegen für die Definition einer Wissenschaft, deren Inhalt man entfalten will. Sie kann nur dann unrichtig sein, wenn sie über die Gegenstände selbst, womit es diese Wissenschaft zu tun hat, schon entscheidet. Die Entfaltung selbst kann, diesen Fall ausgenommen, zu ihrer Rechtfertigung nichts beitragen. 3. Dagegen verdient die Definition einer Wissenschaft Mißbilligung, wenn sie mit dem gewöhnlichen Sprachgebrauch streitet. Unnötig hiervor abzuweichen, ist verwerfliche Anmaßung und ein gefährliches Spiel. 4. Ebenso verdient sie Mißbilligung, wenn sie Gegenstände zusammenfaßt, die nicht zusammenhängen, oder Gegenstände, die wohl zusammenhängen, nicht zusammenfaßt. 5. Am ersteren Fehler leidet die HEGEL'sche Logik mehr als irgendeine andere. Sie vereinigt die fremdartigsten Dinge, die größtenteils auch durch den Sprachgebrauch nie in diese Wissenschaft gezogen wurden. 6. Die Definition dagegen, welche die Logik auf die Methode der Beweisführung aus erkannten Wahrheiten beschränkt, und deshalb die Grundbegriffe ganz unberücksichtigt läßt, leidet am entgegengesetzten Fehler. 7. Jedenfalls kann man nicht bekannt werden mit der Weise, wie man arbeiten muß, wenn man nicht im Voraus bekannt ist mit den Stoffen, die man zu bearbeiten hat. Gibt es verschiedene Arten von Grundwahrheiten, warum nicht auch von Beweisführung? 8. Die beiden Beweise, welche HILL für die enge, von ihm gewählte, Definition der Logik anführt, entbehren aller Kraft, und bringen ihn mit sich selbst in Widerspruch. 9. Indessen hat die Logik nicht nötig nachzuweisen, welche Wahrheiten, sondern welche Arten von Wahrheiten unmittelbar gewiß sind. 10. Der gewöhnliche Sprachgebrauch spricht für meine Definition nicht mehr, aber auch nicht weniger als für die engere. 11. Die Logik muß eine Wissenschaft, ein geordnetes Ganzes sein. Verlangt man deshalb, daß sie aus einem Prinzip abgeleitet werden soll, dann fordert man etwas Unnötiges und Unmögliches, und faßt den Charakter einer Wissenschaft höchst einseitig auf. Entwicklung von § 5.
2. Ihre Wahrnehmung besteht jedoch nicht darin, daß wir uns während unseres Denkens selbst beobachten, sondern vielmehr darin, daß wir in vollendeten Untersuchungen, und folglich in vollständig gebildeten Wissenschaften nachsehen, welchen Weg wir darin verfolgten und wohin derselbe geführt hat. 3. Die Logik, welche den Weg der Erfahrung als den einzig richtigen anpreisen soll, bekräftigt ihre Anpreisung dadurch, daß auch sie nur auf diesem Weg zustande gebracht wird. 4. Ist die Logik eine empirische oder eine philosophische Wissenschaft? Sie ist beides; empirisch, insofern sie auf Erfahrung beruth; philosophisch, insofern sie mit philosophischem, d. h. verbindendem Geist behandelt wird. 5. Über ihren Nutzen wird verschieden geurteilt. Bisweilen wird sie bis in den Himmel erhoben; weil sie
b) gewiß und unveränderlich ist. Beide Titel sind falsch.
b) Was man unter ihrer Gewißheit und Unveränderlichkeit verstand, wurde nicht allein durch die Erfahrung geleugnet, sondern war sogar unmöglich. 6. Andere begegnen ihr mit Geringschätzung, besonders GOETHE. Die Weise, in der er sie in der Regel behandelt sah, die er jedoch mit Unrecht mit ihr selbst verwechselte, war die Ursache davon, wie sie es auch noch in unseren Tagen bei so Vielen ist. 7. Die Grenzen ihrer Nützlichkeit können wir jetzt mit Genauigkeit nachweisen. Ihr Wert liegt
8. Ihr Wert liegt
9. In dieser praktischen Leistung kommt sie überein mit Hermeneutik, Kritik usw. Sie ist nicht unentbehrlich, um zu Wahrheit zu gelangen, wie begeisterte Lobredner oft behaupteten. Das Naturstudium, worauf sie selbst sich beruft, beweist das Gegenteil. Der gesunde Verstand hat da ohne ihre Richtschnur in mancher Hinsicht seinen Zweck erreicht. 10. Allein dieser gesunde Verstand ist sonstwo als unzureichend erschienen. Darum muß er aus einfachen und leichten Fällen die Methode kennen lernen, welche er darin befolgte, um dieselbe auch in schwierigeren und verwickelteren Fällen mit Genauigkeit und Richtigkeit anzuwenden. Entwicklung von § 6.
2. Über die Freiheit wird nicht allein in der Philosophie, sondern auch in der positiven Theologie gestritten. Dieser Streit wird oft mit wilder Leidenschaft geführt; oft ist er auch ein bloßer Wortstreit gewesen. Das Wort Freiheit wird in vier Bedeutungen gebraucht,
b) als Selbstbestimmung, über deren Dasein ebensowenig gestritten werden kann. c) als Vermögen, über unsere Leidenschaften Herr zu werden. Darüber spreche ich in § 14. d. als Wahlfreiheit, die einzige, die hier eine nähere Erwägung erfordert. 3. Auf dem Gebiet des Theismus beruft man sich gegen die Freiheit auf Gottes
b) Allmacht c) Weisheit d) Liebe e) Heiligkeit Das Meiste von dem, was die, welche die Freiheit in Schutz nehmen, zur Bestreitung dieser Berufung vorgebracht haben, ist, wie scharfsinnig und spitzfindig auch, kraftlos gewesen. 4. Auf demselben Gebiet des Theismus beruft man sich für die Freiheit
b) auf den Begriff von Gott, den man sich weniger als Souverän, denn als Erzieher und Vater zu denken hat. Diese beiden Argumente halte ich für unwiderlegbar. c) auf den Begriff der Vergebung und Erlösung. Dieser Begriff und die Frage, ob er nur mit Freiheit vereinbar sei, kann erst auf dem Standpunkt der Erfahrung behandelt werden. 5. Auf dem pantheistischen Gebiet kann die Freiheit schlechthin nicht verteidigt werden. Wohl lehren SCHELLING und STRAUSS gerade das Gegenteil; allein die Freiheit, die sie verteidigen, läuft auf Selbstbestimmung hinaus. Der Pantheismus ist so mit der Freiheit in Widerspruch, daß diese selbst aufgrund der Erfahrung nicht damit vereinigt werden kann. 6. Auf dem Standpunkt der Erfahrung fasse ich die Lehre von denen, welche die Freiheit bestreiten, in folgenden Punkten zusammen.
b) die stärkste Analogie spricht dafür, daß auch hinsichtlich des geistigen Lebens das Gesetz von Ursache und Wirkung Geltung haben muß. Es gilt für die ganze Natur außer uns; warum für den Menschen allein nicht, der in ihr lebt und unter ihrem Einfluß steht? Es gilt für unseren Körper; und, wenn wir ein Wesen sind, soll ihm dann die Hälfte unserer Verrichtungen entzogen sein? und bestehen wir auch aus zwei Wesen, wer verkennt den Einfluß des Körpers auf den Geist? Und sollte denn allein der Geist selbst außerhalb des Rechtsgebietes von diesem Gesetz stehen? Wer dies behauptet, ist mit sich selbst in Widerspruch, wenn er von Erziehung, Politik, Gesetzgebung, sogar von Charakter spricht, und beschränkt dann auch die Freiheit jedesmal auf ein engeres Gebiet. c) Es ist ein inniger Zusammenhang zwischen Gedanken und Willensbestimmung. Allein unser Wille ist von unserem Gesamtzustand abhängig, wovon unsere Gedanken nur einen Teil ausmachen, wie bedeutsam dieser auch sei. So kann wiederum unsere Erkenntnis von unserem Willen abhängen. d) Der Mensch kann nur das wählen, wofür er nicht gleichgültig ist. e) Unsere Vernunft hat einen unüberwindbaren Abscheu vor der Annahme eines Zufalls. 7. Dagegen führt man auf dem Standpunkt der Erfahrung zugunsten der Freiheit an:
b) den Begriff des Guten und Bösen. c) den Begriff von Tugend und Laster. d) den Begriff von Verdienst und Schuld, von Lohn und Strafe, von Vergebung und Erlösung. e) den Charakter des Menschen als eines denkenden Wesens, weil das Denken die Freiheit notwendig zur Folge habe. Allein alle diese fünf Beweise können größtenteils, vielleicht sogar vollständig, entkräftet werden. 8. Obschon noch keine Lehre allgemein befriedigen konnte, so ist doch die Wissenschaft sehr stark geneigt, um für die Freiheit ungünstig zu entscheiden. 9. Wäre es jedoch auch anders, es bestehen bereits anerkannte Wissenschaften des Geistes, so daß durch diese Tatsache auf jeden Fall die Vertreter der Freiheit gezwungen sind, diese so aufzufassen, daß sie nicht mit jener in Streit gerät, und daß sie folglich auch die Entstehung anderer Wissenschaften des Geistes und ihrer Logik zuläßt. ![]() |