p-4ra-1MauthnerSigwartvon der PfordtenMFKW. HaasM. Palágyi    
 
HEINRICH HOFMANN
Untersuchungen über den
Empfindungsbegriff

[4/6]

"Der Würfel, den wir sehen, macht ganz den Eindruck eines körperlich Dinglichen: es hat sichtbar dreidimensional körperliche Gestalt; in einem Augenblick bietet sich uns zwar nur jeweils ein bestimmter Teil der Würfeloberfläche dar, aber aus einer Reihe von ineinander übergehender sinnlicher Anschauungen ergibt sich uns das Gesamtbild des Würfels mit Vorder- und Rückseite und den Seitenflächen. Aber trotz dieser vollkommen dinglich-visuellen Eigenschaften schreiben wir dem Ding, so wie wir es sehen, doch keine körperlich-materielle Existenz zu, es ist für unseren gesamten Erfahrungszusammenhang kein wirkliches Ding, sondern ein bloßes Scheinding, ein gesehenes Ding, ein Sehding".


Zweites Kapitel
Die Stufen der Sinnlichkeit

Nachdem wir im vorigen Kapitel die verschiedenen Empfindungsbegriffe auf ihre Anwendbarkeit auf die visuelle Sinnlichkeit hin einer kritischen Prüfung unterworfen haben, wollen wir nun dazu übergehen, den Begriffsapparat zu zimmern, der uns für die Beherrschung der verschiedenartigen Tatsachen der visuellen Sinnlichkeit erforderlich erscheint, um einen für alle Fälle brauchbaren Empfindungsbegriff herauszuarbeiten.

Entsprechend dem in der Einleitung aufgestellten Grundsatz, die Bedeutung und Realisierbarkeit der allgemein zur Verwendung kommenden Begriffe an einer Reihe bestimmter Beispiele im einzelnen sich vor Augen zu führen, werden wir immer mit der Analyse bestimmt angebbarer Einzelfälle beginnen und die hier auftretenden Anschauungsformen zur Grundlage unserer allgemeinen begrifflichen Unterscheidungen machen. Um aber hierbei unsere Darstellung durch die gleichzeitige Behandlung der mannigfachen Arten der sinnlichen Vorkommnisse nicht zu verwirren und das Verständnis, die Übersichtlichkeit und die Kontrolle unserer Analysen nicht zu erschweren, werden wir unsere Beispiele nicht regellos herausgreifen, sondern unseren Erörterungen bestimmte Gesichtspunkte zugrunde legen.

Diese Gesichtspunkte werden gegeben durch die Einteilung alles sinnlich Wahrnehmbaren, die uns von den Wissenschaften, zum Teil auch vom gewöhnlichen Leben her geläufig ist, nämlich die Einteilung in Körper (bzw. Stoffe) mit ihren Eigenschaften und den sich an Körpern vollziehenden Vorgängen einerseits und in "Erscheinungen" von Dingen, Eigenschaften, Vorgängen, bzw. "reine Erscheinungen" andererseits. Doch wir können nicht alle diese Möglichkeiten in dieser Arbeit behandelt, sondern wollen uns im wesentlichen auf das Ding mit seinen "Erscheinungsweisen" beschränken. Wir gehen also vom ruhenden Ding aus und suchen uns der Reihe nach die verschiedenen Begriffe, die sich da unterscheiden lassen, klar zu machen und uns im besonderen auch die verschiedenen Auffassungsformen zu verdeutlichen, welche sich am sinnlichen Material vollziehen können.


§ 1. Atomding und Sinnending

Um zunächst die visuelle Sinnlichkeit im weitesten Sinne des Wortes abzugrenzen, wollen wir bei unseren Untersuchungen ausgehen von der fundamentalen Scheidung der Welt der Sinnendinge und derjenigen der Atomdinge. Mit diesem Gegensatz will ich den Unterschied bezeichnen, der besteht zwischen dem Dingbegriff, den - schlechthin gesagt - der gewöhnliche Mensch hat, und demjenigen, den sich im Laufe der Zeit die Naturwissenschaften ausgebildet haben. Wenn wir im gewöhnlichen Leben von einem Ding reden, so verstehen wir darunter ein Körperliches, das in bestimmter Weise den Raum erfüllt, das diese oder jene Lage zu anderen Körpern hat, dem in seinem Innern sowohl wie an den einzelnen Teilen seiner Oberfläche die und die bestimmte Farbe zukommt, dem wir eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegen Druck und Stoß, einen gewissen Grad der Härte, der Glätte der Rauheit, einen jeweils bestimmten Temperaturgrad, ein Gewicht, Eigenschaften der Schmelzbarkeit oder Verbrennbarkeit, dieses oder jenes chemische Verhalten bei der Berührung mit anderen Körpern oder Stoffen, unter Umständen auch elektrische und magnetische Eigenschaften zuschreiben. Von diesem gewöhnlichen Dingbegriff geht auch die Naturwissenschaft aus, aber im weiteren Fortschritt ihrer Untersuchungen kommt sie mehr und mehr darauf, einen anderen Dingbegriff oder, allgemeiner gesagt, Stoffbegriff an seine Stelle zu setzen. Viele der Eigenschaften, die wir in der vorwissenschaftlichen Weltauffassung dem Ding als solchem zuschreiben, lassen sich vom Standpunkt der Naturwissenschaften als bloße "Wirkungen" bestimmter von den Dingen ausgehender Bewegungsvorgänge auf unsere Sinnesorgane erklären, und so kommt die Scheidung zwischen den "primären", den Dingen als solchen zukommenden, und den "sekundären", den Dingen von uns in der gewöhnlichen Auffassung zwar zugeschriebenen, aber doch nicht ansich zukommenden, Eigenschaften zustande. Als solche "primäre" Eigenschaften bleiben dann im wesentlichen nur die Raumerfüllung und Undurchdringlichkeit übrig. Außerdem denken wir uns jeden Körper in eine (mehr oder weniger große) Anzahl kleinster Teilchen (Atome bzw. Moleküle) zerlegbar und schreiben jedem dieser Teilchen gewisse Eigenschaften der Ruhe oder Bewegung und gewisse innere Stoff- und Krafteigenschaften zu. Wie man im einzelnen die Annahme eines derartigen "Atomdings" begründet und welche Bedeutung ein solcher Dingbegriff für die naturwissenschaftliche Forschung und für unsere Weltauffassung hat, das wollen wir hier dahingestellt sein lassen; wichtig für meine begrifflichen Unterscheidungen ist nur der Begriff selbst, mag ihm nun eine Wirklichkeit entsprechen oder nicht.

Fragen wir nun aber allgemein nach dem Unterschied, der zwischen den Dingen der gewöhnlichen Lebensauffassung und den "Atomdingen" besteht, so werden wir auf die sinnlichen Eigenschaften verwiesen: Das Ding des gewöhnlichen Lebens ist zwar keine bloße Summe von einzelnen sinnlichen Eigenschaften, aber doch jedenfalls eine Einheit, der wir eine große Zahl von sinnlichen Eigenschaften als wesentlich zugehörig zuschreiben, die dem "Atomding" schon dem bloßen Begriff nach nicht zugeschrieben werden können. Zwar können wir nicht schlechthin sagen, daß die Eigenschaften des Dings im gewöhnlichen Sinn sinnlicher Natur, die Eigenschaften des "Atomdings" hingegen nichtsinnlich wären. Aber vom Standpunkt der Sinneswahrnehmung ist das "Atomding" eine bloße "Abstraktion", ein bloßes "Gedankending", was nichts anderes besagen will, als daß es rein in den Eigenschaften, in denen es gedacht wird, der sinnlichen Wahrnehmung unzugänglich ist, so daß man es aus der Reihe der eigentlich sinnlich wahrnehmbaren Dinge, der Sinnendinge, wie ich kurz sagen will, auszuscheiden hat und die "Atomdinge" auf der einen Seite den "Sinnendingen" auf der anderen Seite gegenüber stellen kann. Ich scheide darum auch von jetzt an das "Atomding" völlig aus meinen Betrachtungen aus und spreche nur noch von den Sinnendingen.

Nun ist freilich der Begriff des "Sinnendings" bisher nur ganz roh umrissen worden; es wurde nur gesagt, daß der Dingbegriff des gewöhnlichen Lebens das Sinnending bezeichnet, so daß wir uns unter einem Sinnending allgemein jedes sinnlich wahrnehmbare Körperliche zu denken hätten, dem wir alle die wahrnehmbaren Eigenschaftsverbindungen auch zuschreiben, also eine "konkrete" körperliche Einheit, die sowohl visuelle als auch taktuelle usw. Eigenschaften hat. Von den Sinnendingen in dieser allgemeinen Erstreckung auf alle möglichen Sinnesgebiete will ich aber hier nicht sprechen, sondern ich will mich von vornherein beschränken auf dasjenige, was wir von den Dingen mit den Augen wahrnehmen können und was ich kurz als das visuelle Sinnending bezeichnen will. Man wird vielleicht gegen eine solche Einschränkung einwenden, daß sie nicht durchführbar oder doch zumindest zu einseitig ist, da man die visuelle Wahrnehmung wegen ihrer nachweislichen Abhängigkeit von den Wahrnehmungen der anderen Sinnesgebiete auch niemals ganz für sich, losgesondert von den Wahrnehmungen durch die anderen Sinne, betrachten kann: Beim Sehen der Entfernungen spielen allerhand "Erfahrungsmotive" eine bedeutsame Rolle, die nicht bloß dem Gebiet des Gesichtssinnes entnommen zu sein brauchen; beim "Sehen" der Glätte und Rauheit eines Dings spielen frühere taktile Wahrnehmungen in die visuelle Sinneswahrnehmung hinein, und was für triftige Gründe man sonst noch aufzählen mag: Wie soll es bei dieser allgemein anerkannten engen Beziehung der visuellen Wahrnehmung zu den übrigen Wahrnehmungsgebieten möglich sein, die visuelle Wahrnehmung ganzu für sich zu betrachten? Ist in einer solchen Isolierung nicht von vornherein eine vollständige Verkennung der Abhängigkeitsbeziehungen der verschiedenen Sinnesgebiete voneinander zum Ausdruck gebracht?

Doch ein derartiger Einwand würde eine Verkennung der Absichten sein, die ich bei meinen Untersuchungen habe. Es liegt mir völlig fern, die Abhängigkeit der visuellen Wahrnehmung von den übrigen Wahrnehmungsgebieten zu leugnen, im Gegenteil: ich betone, daß von einem kausalgenetischen Standpunkt aus die visuelle Wahrnehmung gar nicht verstanden werden kann ohne weitgehendste Rücksichtnahme auf die Wahrnehmungen der anderen Sinnesgebiete. Doch ich habe bereits im ersten Kapitel immer wieder hervorgehoben, daß die kausalgenetische Erklärung der visuellen Sinneswahrnehmung ganz außerhalb des Bereichs meiner Untersuchungen liegt. Ich will nicht untersuchen, unter welchen allgemeinen und besonderen Umständen dies oder jenes gesehen wird, sondern mein Augenmerk ist auf das Gesehene selbst gerichtet; dieses will ich zu beschreiben und nach seinen allgemeinen begrifflichen Unterschieden zu charakterisieren suchen. Und da meine ich allerdings, daß eine derartige reine Deskription des visuell Erfaßten und Erfaßbaren geleistet werden kann ohne Rücksicht auf die Eigentümlichkeiten des durch die anderen Sinne Wahrnehmbaren. Ich meine, daß eine solche Deskription diese Absonderung geradezu vornehmen muß, wenn sie nicht in Verwirrung geraten und von der reinen Deskription abgelenkt werden will. Diese Welt des Sichtbaren in ihrer mannigfachen Formung und in ihrem für die einfache begriffliche Erfassung vielfach recht komplizierten Bau bietet mir einstweilen des philosophisch Erforschbaren genug und übergenug, so daß ich mich gar nicht nach den Grenzen sehne, wo das Sichtbare in das Hör- oder Tastbare übergeht. Ja, ich muß sagen, daß es mir vorläufig noch keineswegs ausgemacht erscheint, obe es überhaupt einen rein deskriptiv erfaßbaren Zusammenhang zwischen der sichtbaren und der tastbaren Welt gibt, oder ob für die deskriptive Betrachtungsweise nicht vielleicht beide Gebiete als völlig getrennt liegend angesehen werden müssen. Denn die Beipsiele, auf die man als Beweis für einen solchen Zusammenhang hinweist, scheinen mir sehr wohl einen genetischen, ganz und gar nicht aber einen deskriptiven Zusammenhang zu beweisen. Sagt man - um nur ein charakteristisches Beispiel herauszugreifen - man könne nicht bloß die Glätte eines Dings durch den Tastsinn wahrnehmen, sondern die Glätte sehen, so wie ich die Schwärze der Tinte sehe, mit der ich schreibe, so antworte ich darauf, daß das nur eine laxe und irreführende Ausdrucksweise der Sprache ist. Die Glätte, diese mit dem Getast an manchen Dingen wahrnehmbare eigentümliche Eigenschaft kann ich nicht sehen in demselben Sinn wie ich das Schwarzmeiner Tinte sehe, sondern diesen eigentümlichen Wahrnehmungsinhalt (oder wenn man will "Wahrnehmungsgegenstand") kann ich nur durch das Getast wahr und wirklich erfassen. Wenn ich sage, daß ich die Glätte sehe, so ist dieser eigentümliche Tastinhalt "Glätte" oder etwas mit diesem ähnliches nicht Inhalt meines Sehens, sondern eine eigentümliche rein visuell sich darbietende Flächenbeschaffenheit, die mit dem Tastinhalt "Glätte", rein deskriptiv genommen, nichts zu tun hat, da weder eine Ähnlichkeit noch irgendeine sonstige inhaltliche Beziehung zwischen dem Sehinhalt und dem Tastinhalt "Glätte" besteht. Die Zusammengehörigkeit dieser beiden Inhalte kann vielmehr nur so verstanden werden, daß wir beide Inhalte aufgrund gewisser assoziativer Beziehungen auf dasselbe objektive Ding beziehen und so zur Aufstellung des Begriffs der "objektiv am Ding vorhandenen Glätte" kommen, worunter wir weder einen rein visuellen noch einen rein taktilen Inhalt verstehen, sondern eine als objektiv vorhanden gedachte, bestimmt geartete Oberflächenbeschaffenheit des Dings, deren Vorhandensein wir allerdings visuell und taktil, in jedem Fall aber in der dem betreffenden Sinnesgebiet zukommenden Weise, wahrnehmen können.

Also nicht in den gesehenen und getasteten Inhalten als solchen, in dem rein deskriptiv zu erfassenden Sinnlichen sind Übergänge oder Zusammenhänge vorhanden, sondern diesen liegen einzig und allein in der objektiven Beziehung der beiderseitigen Inhalte auf dasselbe objektive Ding. Und so erscheint mir eine Beschränkung der Deskription auf das Visuelle auch unter Berücksichtigung dieser scheinbaren Übergangsstellen des Visuellen in das Taktile keineswegs als etwas Unstatthaftes. Freilich - um das noch einmal zu betonen - darf man hier den Begriff des Visuellen nicht in einem engen (und für unsere Deskription ganz unstatthaften) Sinn nehmen, daß man darunter das rein aufgrund der Reizwirkungen des Gesichtssinnes zustande gekommene Sinnlichkeit versteht, sondern unter dem Titel des Visuellen soll hier all das zusammengefaßt werden, was man im gewöhnlichen, naiven Sinn des Wortes sehen kann, was sich uns erwachsenen Menschen darbietet, wenn wir in schlichter Wahrnehmung Dinge vor uns sehen, bzw. Vorgänge und "Erscheinungen" sich abwickeln sehen. Und unsere Aufgabe soll es nun sein, ein Begriffssystem auszubilden, mit Hilfe dessen wir den allgemeinen charakteristischen Unterschieden in dieser Welt des Sichtbaren gerecht zu werden vermögen.


§ 2. Das visuelle Sinnending
und das Sehding

Wir wurden vorher auf den Begriff des visuellen Sinnendings geführt, worunter wir die Einheit der gesamten visuellen Eigenschaften des Sinnendings verstehen wollten. Wir müssen nun versuchen, diesen einstweilen nur einfach aufgestellten Begriff näher zu präzisieren und auszumachen, wie wir überhaupt zur Bestimmung der visuellen Eigenschaften eines Dings kommen, welche allgemeinen Gesichtspunkte maßgebend sind. Doch bevor ich in die Details dieser Untersuchungen eintrete, möchte ich mein Untersuchungsgebiet wiederum in bestimmter Weise begrenzen. Zu den visuellen Eigenschaften eines Dings gehören natürlich auch die visuellen Eigenschafen des Inneren des Dings. Jedem Ding schreiben wir derartige Eigenschaften zu, und mitunter kommt es uns gerade innerliche visuelle Beschaffenheit eines Dings auch besonders an. Doch im gewöhnlichen Leben begnügen wir uns in der Regel mit den visuellen Oberflächeneigenschaften der Dinge, oder wenn wir die durchsichtigen und durchscheinenden Stoffe auf noch hinzunehmen wollen, mit den visuellen Eigenschaften, die sich unserem Auge leichthin darbieten. Um nun meine Überlegungen nicht fortwährend nach verschiedenen Richtungen ausdehnen zu müssen, will ich die visuellen Eigenschaften des Innern ganz außer Betracht lassen und nur die Verhältnisse bei den Oberflächenbestimmtheiten näher verfolgen. Und für dieses so umgrenzte Forschungsgebiet will ich meine Überlegungen anknüpfen an den von HERING eingeführten, bedeutsamen Begriff des Sehdings.

In seiner Schrift "Der Raumsinn und die Bewegungen des Auges" (1) stellt HERING den fundamentalen Unterschied auf zwischen den Dingen, "wie sie wirklich sind", den "wirklichen Dingen" und den Dingen, wie sie uns beim Sehen jeweils erscheinen, den jeweiligen "Sehdingen". In seiner neueren Darstellung der "Grundzüge der Lehre vom Lichtsinn" (2) stellt der genannte Forscher den Unterschied zwischen den wirklichen Sehdingen ebenfalls an die Spitze seiner Ausführungen. Den Begriff des "Sehdings" führt er hier mit den folgenden Worten ein:
    "Wenn wir im beleuchteten Raum die Augen aufschlagen, sehen wir vor uns eine Mannigfaltigkeit räumlich ausgedehnter Gebilde, die sich durch die Verschiedenheit ihrer Farbe voneinander abgrenzen oder abheben, wobei das Wort Farbe im weitesten Sinn genommen und auch Schwarz, Grau, Weiß, überhaupt jedes Dunkel und jedes Hell darunter standen ist. Die Farben sind es, welche die Umrisse jener Gebilde ausfüllen, sie sind der Stoff, aus dem das unserem Auge Erscheinende sich vor uns aufbaut; unsere Sehwelt besteht lediglich aus verschieden gestalteten Farben, und die Dinge, so wie wir sie sehen, d. h. die Sehdinge, sind nichts anderes als Farben verschiedener Art und Form."

    "Die strenge Unterscheidung zwischen Sehdingen als Farbengebilden und den wirklichen Dingen, zwischen der aus Farben aufgebauten Sehwelt und der wirklichen Welt ist eine unerläßtliche Vorbedingung für das Verständnis des Sehaktes und seiner Gesetze." (3)
Es handelt sich bei diesem Unterschied auch nicht "um irgendeine metaphysische Spekulation, sondern um einen leicht zu fassenden Fundamentalsatz der Sinnenlehre" (4), denn
    "inwiefern den Dingen, die wir aufgrund unserer gesamten sinnlichen Erfahrungen als die wirklichen denken und als solche zu bezeichnen pflegen, abgesehen von diesem ihrem Vorhandensein in unserem Denken ein vom letzteren unabhängiges Bestehen zukommt, ist eine Frage, von deren Beantwortung die begriffliche Unterscheidung der Sehdinge von den wirklichen Dingen ... ganz unabhängig ist." (5)
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß HERING mit seiner strengen Scheidung zwischen den wirklichen Dingen und den Sehdingen recht hat. Doch sobald man HERINGs Begriff des "Sehdinges" weiter nachgeht und ihn auf die verschiedenartigen Fälle der Dingerscheinung anzuwenden versucht, stößt man auf gewisse Schwierigkeiten, die vermuten lassen, daß der so eingeführte Begriff des "Sehdings" noch kein ganz einheitlicher und präzis umgrenzter ist oder zumindst daß der Begriff des "Sehdings" in HERINGs Sinn gewisse Erscheinungsweisen der Dinge nicht unter sich begreift, die ebenfalls bei begriffsanytischen Untersuchungen in den Kreis der Betrachtung gezogen werden müssen. Es erscheint daher eine genaue Analyse derjenigen Erscheinungsgruppen erforderlich, welche für den Begriff des "Sehdings" in Betracht kommen.

Andererseits ist mir auch nicht recht klar, in welchem Sinn bei HERING der Begriff des "wirklichen Dings verstanden werden soll. Soll mit den wirklichen Dingen das gemeint sein, was wir aufgrund der gesamten wissenschaftlichen Forschung als ein von unserem Denken unabhängig bestehendes Körperliches annehmen, oder soll es das Körperliche sein, das sich der gewöhnliche Mensch aufgrund seiner vorwissenschaftlichen Erfahrung und Denkweise als wirklich vorhanden denkt? Mir scheint, als ob sich HERING auf den ersteren Standpunkt stellt, doch, wie gesagt, völlig klar ist mir seine Stellungnahme nicht, und ich sehe mich daher veranlaßt, unabhängig von Herings Begriffsbestimmung meine Analysen der Dingerscheinungen vorzunehmen und in eigener Weise die Begriffe aufzustellen und die Bezeichnungen zu wählen, die mir als die passendsten erscheinen.

Was kann - ohne daß wir uns irgendwie durch HERINGs Bezeichnungsweise gebunden fühlen - unter einem Sehding verstanden werden? Nehmen wir an, daß wir einen mit "objektiv" gleichmäßig weißem Papier beklebten Würfel etwa aus 2 m Entfernung betrachten. Der Würfel liegt vielleicht auf dem Tisch, so daß wir um ihn herumgehen und ihn von allen Seiten betrachten können. Nehmen wir im Besonderen an - was ja keine unerlaubte Forderung bedeutet -, daß wir während des Herumgehens immer in ungefähr derselben Entfernung vom Würfel bleiben. Es stellt sich uns dann in diesem ganzen Wahrnehmungszusammenhang ein von weißen oder vielleicht auch etwas gräulichen Flächen begrenztes körperliches Gebilde dar, eben die Oberfläche eines Würfels in der Gestalt der Farbenbeschaffenheit, in der wir sie unter den angegebenen Dingen sehen.

Nun gehen wir näher an den Würfel heran, nehmen ihn vielleicht zur Hand und betrachten ihn in diesem neuen Wahrnehmungszusammenhang in unmittelbarer Näher genauer. Wir sehen dann denselben Würfel, den wir vorher aus 2 m Entfernung betrachteten, aber wir sehen diesen selben Würfel doch nicht in denselben Oberflächenbeschaffenheiten wie vorher; wir erkennen, daß die Begrenzungsflächen keine vollkommen "glatten" Ebenen sind, sondern daß die strenge Ebenhaftigkeit durch zahllose kleine Unregelmäßigkeiten durchbrochen ist. Auch die Farben der Würfelflächen sehen wir jetzt etwas anders als vorhin. Und trotz dieser Verschiedenheiten erscheint uns doch immer derselbe Würfel, zumindest liegt es im "Sinne" (6) unserer Dingauffassung, daß wir denselben Würfel wahrzunehmen meinen. In welchem von beiden Fällen sehen wir nun den Würfel in seinen "wirklichen" Oberflächeneigenschaften? Der von der Wissenschaft unbeeinflußte Mensch antwortet uns, daß dies bei dem zuletzt beschriebenen Wahrnehmungszusammenhang der Fall ist. Aber wir fragen mit Recht nach den rein sinnlich visuell wahrnehmbaren Unterscheidungsmerkmalen zwischen beiden Fällen. Wir erkennen, daß die Merkmale, die wir der Oberfläche des Würfels aufgrund der Ansicht aus 2 m Entfernung zuschreiben müssen, den Merkmalen bis zu einem gewissen Grad widerstreiten, welche uns die Wahrnehmung des Würfels aus nächster Nähe bietet. Aber ansich könnte die Wahrnehmung aus größerer Entfernung genauso gut "die" Oberflächeneigenschaft "des" Würfels darstellen. Denn was wir aus der Ferne sehen, macht ganz den Eindruck eines körperlich Dinglichen: es hat sichtbar dreidimensional körperliche Gestalt; in einem Augenblick bietet sich uns zwar nur jeweils ein bestimmter Teil der Würfeloberfläche dar, aber aus einer Reihe von ineinander übergehender sinnlicher Anschauungen ergibt sich uns das Gesamtbild des Würfels mit Vorder- und Rückseite und den Seitenflächen. Aber trotz dieser vollkommen dinglich-visuellen Eigenschaften schreiben wir dem Ding, so wie wir es sehen, doch keine körperlich-materielle Existenz zu, es ist für unseren gesamten Erfahrungszusammenhang kein "wirkliches" Ding, sondern ein bloßes Scheinding, ein gesehenes Ding, ein "Sehding".

Oder noch ein zweites Beispiel, bei dem wir unseren Begriff des Sehdings noch etwas deutlicher herausheben und zugleich auch auf seine Bedeutung für die Dingwahrnehmung hinweisen können. Betrachten wir einen Samtsessel (oder irgendeinen anderen mit Samt überzogenen Gegenstand) aus 2-3 m Entfernung, so werden wir die kleinen Fäden, aus denen sichh die Oberfläche "tatsächlich" zusammensetzt nicht mehr erkennen können, sondern wir werden ein körperliches Gebilde von der Gestalt eines Stuhles vor uns haben, dem wir vielleicht eine gewisse "Weihheit ansehen", dessen Oberfläche aber doch im Großen und Ganzen ziemlich regelmäßig gestaltet, "glatt" ist, ähnlich den Würfelflächen, die wir im vorigen Beispiel aus größerer Ferne sahen. Aber trotz der sichtbar körperlich-dinglichen Gestalt kommt dem gesehenen Gebilde doch keine materiell-wirkliche Existenz zu, es ist ein bloßes Sehding. Treten wir nun ganz nahe an den Sessel heran, so bemerken wir vielleiht, daß sich die Oberfläche des Sessels "in Wirklichkeit" aus tausend kleinen Fädchen zusammensetzt. Vielleicht aber sind unsere Augen nicht so gut, daß wir die "tatsächlich" bestehende Spaltung der Fläche in Teilflächen bemerken, sondern bloß ein "verschwommenes Bild" der wahren Beschaffenheit vor Augen bekommen. Im letzten Fall würde es sich nach der gewöhnlichen Meinung dann ebenfalls um ein bloßes Sehding handeln. Aber es leuchtet ein, daß auch bei der Wahrnehmung, bei der wir die vielen kleinen Fädchen deutlich sehen, aus denen sich die Oberfläche zusammensetzt, dennoch nicht von einer Darstellung der wahren Oberflächenbeschaffenheit des visuellen Sinnendings in einem absoluten Sinn gesprochen werden kann. Denn das mit einem Vergrößerungsglas bewaffnete Auge wird bei den einzelnen kleinen Fädchen andere Farben und andere Formen entdecken, deren Wahrnehmung dem unbewaffneten Auge nicht möglich war. Doch auch diese neuen Farben und Formen brauchen noch nicht die Beschaffenheit des wahren visuellen Sinnendings darzustellen, sondern da ich den einmal beschrittenen Weg der "objektiven" Bestimmung der Eigenschaften des visuellen Sinnendings prinzipiell immer weiter fortgesetzt denken kann, so sinkt auch jede neue und genauere Anschauung immer wieder in die Scheinsphäre der Sehdinge herab. Damit aber gewinnt der Begriff des visuellen Sinnendings, wie es in Wirklichkeit ist, oder wie wir kurz sagen wollen: des "visuellen Sinnendings" das Gepräge eines Grenzbegriffs, denn da der Prozeß, der uns zu einer immer genaueren Bestimmung der Eigenschaften des visuellen Sinnendings führt, seinem Wesen nach nicht abgeschlossen sein kann, so kann uns auch das visuelle Sinnending nach der Tatsächlichkeit seiner räumlichen und farbigen Eigenschaften niemals endgültig gegeben werden, sondern seine vollständige Erkenntnis kann immer nur als ein Ziel, als eine unendliche Aufgabe gedacht werden. Damit rückt also das visuelle Sinnending hinsichtlich seiner erschöpfenden Bestimmung in dieselbe Reihe wie das früher behandelte "Atomding" der Naturwissenschaften. Denn wenn die heutige Naturwissenschaft über die Beschaffenheit der "Atomdinge" auch bestimmte Vorstellungen hat, so versteht es sich doch von selbst, daß diese Vorstellungen nur momentane Ruhepunkte der Forschung darstellen.

Die nähere Bestimmung des Begriffs des visuellen Sinnendings hat uns somit auf einen "Objektivationsprozeß" eigener Art geführt. Zugleich aber wurden wir auch auf die Bedeutung hingewiesen, welche den "Sehdingen" bei der Bestimmung des visuellen Sinnendings zukommt: nur in und mit den in einer bestimmten Gesetzmäßigkeit sich folgenden "Sehdingen" erfassen wir die Welt der visuellen Sinnendinge. Diese letztere stellt sich deshalb auch als eine Sinnlichkeit eigener Art dar, nämlich als ein nur sinnlich Erfaßbares, ein konkret sinnlich Visuelles, das doch nicht bis in alle Teile vollständig bestimmt werden kann. Demgegenüber stellt sich die Welt der "Sehdinge" als ein Bereich von visuellen Gebilden dar, die man der Möglichkeit nach immer voll und ganz erfassen kann. Zwar kann man sich ein "Sehding" nicht mit einem einzigen Blick zu einer allseitigen sinnlichen Anschauung bringen, sondern es bedarf dazu der beim Herumgehen um das Ding in einer kontinuierlichen Reihe sich darbietenden Teilerscheinungen, aber hat man diese Reihe durchlaufen, so sind damit auch alle einzelnen Teile und Bestimmtheiten des Sehdings zur Anschauung gekommen, das Sehding ist voll und ganz erfaßt. Vielleicht ist man aus Mangel an passenden Begriffen und Wörtern nicht imstande, eine vollständige Beschreibung zu geben, aber zu voller sinnlichern Wahrnehmung kann man sich die verschiedenen Eigenschaften stets bringen, sobald man es nur von allen Seiten hat sehen können. -

Wir müssen nun versuchen, den Begriff des "Sehdings" noch schärfer zu umgrenzen, und wir müssen uns dabei vor allem auch die Stellung der "Sehdinge" zu den "wirklichen" Dingen der naiven Dingauffassung noch klarer zu Bewußtsein bringen. Daß sich ein und dasselbe "wirkliche" Ding seinen visuellen Bestimmtheiten nach in einer großen Mannigfaltigkeit von verschiedenen "Sehdingen" darstellen kann, ist uns schon bisher deutlich geworden. Aber bei dieser Betrachtung ist uns das "wirkliche" Ding der naiven Auffassung, die Sinnenwelt der gewöhnlichen Lebensauffassung, scheinbar ganz verloren gegangen. Nach unserer Erörterung hat wohl jedes Ding seine visuelle Eigenschaften, aber wir können sie nicht bestimmen. Für die naive Dingauffassung aber hat das Ding nicht bloße Bestimmtheiten, sondern man mach sich auch anheischig, sie unter bestimmten Umständen bestimmen zu können. Das Papier, auf dem ich schreibe, sieht - das weiß auch der gewöhnliche Mensch - verschiedenfarbig aus, je nachdem in welcher Beleuchtung es sich befindet, aber es ist nach seiner Meinung weiß; es hat diese Eigenschaft, und daß es sie hat, das kann man jederzeit mit Bestimmtheit behaupten, wenn man das Papier nur in die richtige Beleuchtung bringt. Welches eine solche "richtige" Beleuchtung ist, das würde man allgemein allerdings schwer sagen können, aber das traut man sich doch zu, daß man in bestimmten realen Fällen würde entscheiden können, ob wir die "wahre Farbe" eines Dings sehen oder nicht. Hier scheint also dem alles vernichtenden Relativismus, auf den wir vorher bei der Bestimmung der "wahren" Eigenschaften der Dinge stießen, ein für allemal Einhalt geboten zu sein; wir werden also nicht umhin können, den Begriff des "Sehdings" noch ins Einzelne zu verfolgen, um eventuelle unsere vorherigen Betrachtungen umzustoßen bzw. noch wesentlich zu ergänzen. Um nun aber die Darstellung durch die gleichzeitige Eröerterung aller hier in Betracht kommenden Verhältnisse nicht zu verwirren, wollen wir die räumlichen und die Farbenmerkmale des Sehdings gesondert behandeln. Aber auch von den räumlichen Eigenschaften wollen wir nicht gleich ganz allgemein sprechen, sondern die verschiedenen Raumbestimmtheiten nacheinander behandeln, und zwar soll mit der Größe begonnen werden.


§ 3. Die Sehgrößen eines Dings

Jedem Ding schreiben wir seine jeweils bestimmten Ausdehnungsverhältnisse zu, die wir je nachdem in Kilometern, Metern oder Zentimetern messen oder doch zumindest ausdrücken können. Die so bestimmte Größe der Dinge bezieht sich auf die objektiven Verhältnisse; mit ihnen operiert und rechnet der Physiker und Astronom. Von dieser objektiven Größe aber wollen wir hier nicht reden, sondern wir wollen hier sprechen von den jeweiligen Sehgrößen der Dinge, d. h. von den anschaulichen Größen der zu einem Ding gehörigen Sehdinge. Daß es einen Sinn hat, von derartigen Größen zu reden, ergibt sich aus der Anschauungs- und Denkweise des gewöhnlichen Lebens ohne weiteres. Wir sprechen davon, daß der Mond, wenn er den Horizont überschreitet größer aussieht, als wenn er hoch am Himmel steht.
    "Die fernen Bäume einer geraden Allee, die wir durchschreiten, erscheinen uns kleiner und einander näher gerückt als die gleich großen Bäume in unserer Nähe." (7)
Die Menschen, die wir von einem hohen Turm herab in den Straßen sich tummeln sehen, kommen uns nicht größer als Puppen vor. Das sind uns geläufige Beispiele, die darlegen, daß wir nicht bloß von einer anschaulichen Größe eines Dings reden, sondern auch die verschiedenen Sehgrößen, die ein und demselben Ding unter den verschiedenen Umständen zukommen, miteinander vergleichen können. Andererseits zeigen uns diese Beispiele zugleich auch den charakteristischen Unterschied zwischen der durch das Anlegen eines Maßstabs meßbaren wirklichen Größe eines Dings und seiner Sehgröße, denn auch wenn die wirkliche Größe sich in keiner Weise ändert, kann doch die Sehgröße sich von Moment zu Moment ändern, das Sehding kann größer oder kleiner werden. Besonders auffällig ist diese Veränderung, wenn sich das betreffende Ding sehr schnell von unserem Auge entfernt. Die Hinterfläche des letzten Wagens eines an uns vorbeifahrenden Zuges z. B. sehen wir mit zunehmender Entfernung des Dings von uns deutlich kleiner werden, gleichsam zusammenschrumpfen, während die "wirkliche" Größe der Fläche natürlich keine Änderung erfährt. Die Größenveränderung der Sehdinge, die wir bei diesem Beispiel besonders auffallend sehen, können wir allgemein konstatieren: Sobald die Entfernung eines Dings vom sehenden Auge einen gewissen Wert überschritten hat, nimmt die Ausdehnung des Sehdings ab.

Freilich ist das Maß der Abnahme der Sehdinggröße mit der Entfernung vom Auge nicht für alle Beobachter dasselbe. Ich kann mich vom Papier, auf dem ich schreibe, um das Fünf- bis Sechsfache und mehr entfernen, ohne eine merkliche Änderung der Sehdinggröße zu bemerken, während andere Beobachter unter diesen Umständen ganz merkliche Größenunterschiede gewahren (und es wäre psychologisch nicht uninteressant, einmal genauere quantitative Untersuchungen über die in dieser Beziehung bestehenden individuellen Differenzen anzustellen). Auch das ist bekannt, daß manche Menschen den Mond, wenn er hoch am Himmel steht, nicht größer zu sehen vorgeben, als ein Talerstück, das sie in ihrer Hand halten, während andere den Durchmesser auf etwa ½ m schätzen. Aber wie groß auch sonst die individuellen Differenzen hinsichtlich der Sehgröße eines Dings sein mögen, das gilt jedenfalls allgemein, daß die Größen der zu ein und demselben Ding gehörenden Sehdinge in der mannigfachsten Weise wechseln können, so daß man zu jedem Ding eine große Mannigfaltigkeit von möglichen Sehdingen zu rechnen hat.

Allerdings für die Dingauffassung des gewöhnlichen Lebens - und damit kommen wir zu den Beziehungen des "Sehdings" zum "wirklichen" Ding der naiven Dingauffassung - sind diese mannigfachen Sehgrößen nicht gleichwertig, sondern, wenn ich recht sehe, so ist es eine Sehgröße, die wir herausgreifen und als "die" Größe des Dings allen anderen Sehgrößen des Dings gegenüberstellen. Dafür ein Beispiel: Wir stehen auf dem Bahnsteig und sehen aus der Ferne einen Zug heranbrausen. Wir beobachten, wie zuerst langsam, dann schneller und schneller das Sehding, in dem uns die Lokomotive erscheint, größer und größer wird, von einer gewissen Entfernung an aber, die vermutlich wieder von individuellen Differenzen der Beobachter abhängig ist, erscheint mir die Lokomotive in derselben Größe, das Sehding behält die erlangte Größe bei. Nun ist an und für sich die Sehgröße, in der mir die Lokomotive jetzt erscheint, keineswegs prinzipiell verschieden von den übrigen Sehgrößen der Lokomotive, aber es will mir scheinen, als ob die gewöhnliche Dingauffassung dieser Sehgröße unter allen ansich möglichen Sehgrößen des Dings doch eine gewisse Ausnahmestellung gäbe - ob mit Recht oder Unrecht, das mag hier dahingestellt bleiben, mir kommt es nur auf die Tatsache an -, insofern als wir jetzt das Ding in seiner "natürlichen" Größe zu sehen meinen. Allgemein anzugeben, in welcher Entfernung vom Ding uns dieses in seiner "natürlichen" Größe erscheint, ist nicht möglich, da diese Entfernung einmal abhängig ist von den (wirklichen) Ausdehnungsverhältnisen des gesehenen Gegenstandes, und da sich andererseits für den einzelnen Gegenstand keine einigermaßen bestimmte Entfernung, sondern nur eine Zone, ein ganzer Entfernungsbereich angeben läßt, für welchen die verlangte Bedingung erfüllt ist. Außerdem spielen auch hier wieder, wie allgemein bei den Sehdinggrößen, individuelle Differenzen eine Role, indem die Zone für den einen Gegenstand breiter, für den anderen schmaler und für verschiedene Personen auch wohl ganz verschieden ist. Zur allgemeinen Charakteristik des "natürlichen Entfernungsbereichs", wie man kurz die Zone der Entfernungen bezeichnen kann, innerhalb deren der Gegenstand in seiner "natürlichen Größe erscheint, wird man daher nur soviel sagen können, daß man nur so nahe am Gegenstand stehen darf, daß man (eventuelle auch nur mit Bewegungen der Augen und des Kopfes) den Gegenstand mit seinen Teilen noch leidlich übersehen kann, und daß man sich andererseits auch nur soweit vom Gegenstand entfernen darf, daß dieser noch merklich in derselben Größe erscheint wie bei der eben bezeichneten größten Annäherung. Bei großen Gegenständen gehören also durchschnittlich größere Entfernungen zum natürlichen Entfernungsbereich als bei kleineren. Meinen Halter sehe ich z. B. in einer Entfernung von 25 cm vom Auge in seiner "natürlichen" Größe und bei einer Entfernung von 6 m schon nicht mehr, bei einem Haus aber kommen derartig geringe Entfernungen für den "natürlichen Entfernungsbereich" gar nicht in Frage, sondern da müssen wir schon in eine Entfernung von 8-10 m begeben, um überhaupt in diesen Bereich hineinzukommen. Es ist das - wenn ich hier ein Analogon heranziehen darf - ein ähnliches Verhältnis wie beim Lesen von großen gemalten Buchstaben und kleinen gedruckten. Die großen Reklamebuchstaben auf der Giebelwand lassen sich erst dann bequem lesen, wenn ich in genügender Entfernung stehe, die kleinen Buchstaben des gewöhnlichen Buchdrucks aber geben sich nur für geringe Entfernungen zu erkennen. Auch das kann man wohl noch allgemein über den "natürlichen Entfernungsbereich" sagen, daß bei demselben Gegenstand nur gewisse mittlere Entfernungen dazu gehören. Bei sehr großen Entfernungen - man denke an das Beispiel der Bäume einer geraden Allee - erscheinen uns die Dinge kleiner als es ihrer natürlichen Sehgröße entspricht. Andererseits aber kommen auch wieder nicht die kleinstmöglichen Entfernungen in Betracht. Nähere ich z. B. meinen Halter aus der Entfernung von etwa 8 cm, so gibt sich mir der Halter nicht mehr in seiner natürlichen Sehgröße, sondern ich bemerke ein deutliches Breiterwerden des Sehdings. Und ähnlich verhält es sich bei den ausgedehnteren Gegenständen. Freilich tritt bei diesen noch eine Besonderheit auf, die wir uns an einem Beispiel klar machen wollen: wir stellen uns in eine solche Entfernung von einem Haus, daß wir dieses in seiner "natürlichen" Sehgröße schauen. Umd dies zu können, werden wir je nach der Größe des Hauses andere Entfernungen wählen müssen, doch auf diese Unterschiede kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Sagen wir, die verlangte Bedingung sei bei einer Entfernung von etwa 10 m erfüllt, und fassen wir nun von einem solchen Standort aus einen kleinen Teil der Oberfläche des Hauses, etwa einen Ziegelstein, ins Auge. Diesen sehen wir dann nicht in seiner "natürlichen Sehgröße", d. h. in einer Sehgröße, die wir, wenn wir den Ziegelstein allein sähen, als "natürliche Sehgröße" des Ziegelsteins ansprechen würden, sondern er erscheint uns kleiner, und um ihn in seiner "natürlichen" Größe zu sehen, müssen wir näher an ihn herantreten. Was von einem Ziegelstein gilt, das gilt aber auch von jedem anderen Oberflächenteil des Gegenstandes. Als Teile des Gesamtgegenstandes erscheinen sie uns samt sonders kleiner, als es ihrer natürliche Größe entspricht. Die natürliche Sehgröße eines großen Gegenstandes setzt sich also nicht einfach aus den natürlichen Sehgrößen der gesehenen Teile zusammen, sie ist nicht die "Summe" der Sehgrößen der einzelnen Teil. Ich könnte mir freilich bei einem Haus z. B. auch eine "Sehgröße" konstruieren, die sich aus den Sehgrößen aller Teile zusammensetzt, indem ich mich nacheinander sämtlichen Teilen der Oberfläche des Hauses so weit genähert denke, daß ich sie in ihrer natürlichen Größe sehe, und indem ich dann all die so erhaltenen Teilsehgrößen "in Gedanken" so, wie ich sie nebeneinander gefunden habe, auch aneinanderfüge. Auf diese Weise würde ich ein konstruktives Gebilde bekommen, das man nicht eigentlich mehr als Sehgröße des Hauses bezeichnen kann, denn das Gebilde als solches ist in seiner Totalität nicht in einem Gesamteindruck erfaßt, gesehen, sondern erst mühsam aus einer großen Zahl von Stücken aufgebaut worden. Aber trotz des konstruktiven Charakters scheint mir doch auch diese zusammengefügte Größe für unsere Dingauffassung nicht ohne Bedeutung zu sein, sie scheint mir für unser Denken gleichsam den Übergang, die Vermittlung zu geben zwischen dem, was ich die "natürliche" Sehgröße genannt habe, und den objektiven Größenverhältnissen, wie sie durch die objektiven Vergleichsmaße des Meters usw. ermittelt werden; sie scheint den einheitlichen, auf die Erkenntnis objektiver Größenverhältnisse zielenden Beziehungspunkt für alle gesehenen Größen abzugeben. Ich möchte darum für sie auch einen besonderen Namen haben, und zwar möchte ich sie als eigentliche Größe bezeichnen.

Doch der Unterschied zwischen der natürlichen Sehgröße und der eigentlichen Größe kommt nur für die ausgedehnteren Gegenstände in Frage, da es bei den Gegenständen, deren Teil wir innerhalb des Gesamteindrucks noch in ihrer natürlichen Sehhgröße schauen, keinen Sinn hätte, durch ein Zusammenfügen noch etwas zu konstruieren, was der Gesamteindruck selbst schon fertig liefert. Man könnte sich allerdings bei den kleinen Gegenständen, etwa einem Halter, die Annäherung an das Auge so weit vollzogen denken, daß wir auch die "kleinsten" Teile der Oberfläche deutlich sehen, was erreicht sein würde, wenn sich der Halter in der Entfernung der deutlichsten Sehweite (also etwa in 20-25 cm Entfernung) befindet. Aber bei dieser Nähe ist es doch noch möglich, den Halter als Ganzes zu überschauen und in seiner "natürlichen" Sehgröße zu erfassen, und wollten wir etwa die Summe aller Teilgrößen bilden, so würden wir keine anderen Dimensionen für das Sehding bekommen wie im Fall der Gesamtauffassung. Man könnte freilich bei den kleinen Gegenständen auch noch ein Vergrößerungsglas zu Hilfe nehmen, sich die einzelnen Teile desselben in der Vergrößerung ansehen und dann "in Gedanken" die gesehenen Teilgrößen zu einem Gesamtding zusammensetzen, doch auf diese Weise würden wir nicht die eigentliche Größe des Halters zu sehen bekommen, sondern eine "Vergrößerung" des Halters, d. h. ein konstruktives sinnliches Gebilde, das in seinen Ausdehnungsverhältnissen die eigentliche Größe des Halters übertrifft. So bliebe es also dabei, daß bei Gegenständen von kleinen Dimensionen neben der "natürlichen" Sehgröße eine konstruktive "eigentliche" Größe keinen Platz mehr findet, oder wenn man lieber will, daß bei ihnen die "eigentliche" Größe durch die "natürliche" Sehgröße mit gegeben wird. Bei größeren Gegenständen hingegen wäre beides auseinander zu halten.

Es braucht wohl kaum betont zu werden, daß ich mit diesen Erörterungen die angeschnittenen Fragen nach den von mir mit "natürlicher" und "eigentlicher" Größe bezeichneten Begriffen keineswegs für erledigt halte; eine vollständige Analyse der naiven Dingauffassung müßte hier noch viel mehr ins Einzelne zu gehen und tiefer zu dringen suchen. Ich konnte den Begriffen aber hier nicht ganz aus dem Weg gehen, weil sie mir für die Bestimmung des Begriffs des "wirklichen" Dings im naiven Sin geradezu grundlegend erscheinen. Damit hängt auch zusammen, daß sich die beiden ausgezeichneten Sehdinggrößen in analoger Weise, wie wir es später noch bei den Farben erörtern werden, unserem Gedächtnis einprägen und so gleichsam den absoluten Größenvergleichspunkt abgeben für alle Sehdinge, in denen uns sonst die Gegenstände erscheinen mögen.


§ 4. Die Abnahme der Sehdinggröße
mit der Entfernung

Bevor wir nun in unserer Erörterung der verschiedenen Eigenschaften der Sehdinge weitergehen, müssen wir noch einen kurzen Paragraphen über die Abnahme der Sehdinggröße mit der Entfernung des Dings vom sehenden Auge einschalten, um unsere Begriff der Sehdinggröße noch schärfer zu bezeichnen und gegen etwaige Mißverständnisse zu schützen. Es ist hier in der Hauptsache ein Punkt, der zu einer besonderen Erörterung Anlaß gibt, nämlich die Frage nach der Abhängigkeit der Veränderung der Sehgröße von der Veränderung der von einem Ding im Auge entworfenen Netzhautbilder bzw. von der Veränderung der Sehwinkelgröße, die sich bei der Entfernung des Dings vom Auge vollzieht.

Wir betrachten zu diesem Zweck wieder bestimmte Beispiele: Ich nehme ein Blatt Papier zur Hand und halte es in eben eine solche Entfernung von meinen Augen, daß ich es in seiner "natürlichen" Größe sehe. Dann nehme ich ein zweites Blatt Papier, das gerade so groß ist wie das erste, das also auch dieselbe "natürliche" Sehgröße hat wie das erste. Halte ich dieses zweite Papierblatt in eine doppelt so große Entfernung von meinen Augen wie das erste und vergleiche die Sehgrößen der beiden Blätter nacheinander, so kann ich zwischen beiden keinen merklichen Unterschied feststellen. Und auch dann, wenn ich das zweite Papierblatt in eine dreimal so große Entfernung bringe wie das erste, merke ich noch keinen Unterschied zwischen den beiden Sehgrößen.

Wie steht es aber demgegenüber mit dem Verhältnis der Netzhautbilder, die in den verschiedenen Entfernungen von den beiden Papierflächen auf der Retina entworfen werden? Berechnen wir für unsere Versuchsbeispiele die Veränderung der Größe der Netzhautbilder nach den Gesetzen der geometrischen Optik, so finden wir, daß im ersten Fall des Vergleichs das Bild der zweiten Papierfläche nur etwa ¼ so groß, im zweiten Fall sogar nur ein Neuntel so groß ist wie das Bild der ersten Fläche. Nun ist freilich bereits früher hervorgehoben worden, daß das Maß der Abnahme der Sehdinggröße mit der Entfernung des Dings nicht für alle Beobachter dasselbe ist, und so wird es genug Beobachter geben, welche bei einer dreimal so großen, ja vielleicht schon bei der nur zweimal so großen Entfernung die Papierfläche nicht mehr in derselben Größe sehen wie bei der einfachen Entfernung. Doch wie groß im Einzelnen hier auch die individuellen Differenzen sein mögen, es wird wohl keinen normal entwickelten Erwachsenen geben, der bei der doppelten Entfernung die Papierfläche nur ¼ so groß und bei der dreifachen Entferung nur ein Neuntel so groß sähe, so daß wir als allgemeingültig den für unseren Begriff der Sehdinggröße wichtigen Satz aufstellen können: Bei der Entfernung eines Dings vom beobachtenden Auge nimmt unter der Voraussetzung normaler Sehbedingungen die Sehdinggröße in geringerem Grad ab, als es bei den entsprechenden Netzhautbildern der Fall ist.

Doch es kann nicht bloß bei verschieden großen Netzhautbildern die Sehdinggröße dieselbe bleiben, sondern es kann auch umgekehrt bei gleicher Größe des Netzhautbildes die zugehörige Sehdinggröße wechseln - eine Erfahrungstatsache, die wir hier ebenfalls zur Verdeutlichung unseres Begriffs der Sehdinggröße heranziehen können. Betrachte ich etwa in 30-40 cm Entfernung meinen Halter bei gewöhnlicher Fixationsrichtung, so sehe ich ihn in seiner "natürlichen" Größe. Lasse ich aber meine Augen ein wenig mehr divergieren, indem ich etwa einen Punkt der mir gegenüberliegenden Wand fixiere, und bemühe ich mich dabei, das Sehding des Halters in die Entfernung der Wand zu verlegen, so bemerke ich deutlich, wie nach der Fixationsänderung auch eine Änderung der Sehdinggröße des Halters herbeigeführt wird: Trotzdem sich an der Breite der Netzhautbilder nichts Wesentliches geändert hat, erscheiner der Halter doch deutlich breiter.

Diese Ausführungen enthalten für den Psychologen natürlich nichts Neues, aber es mußte auf diese Verhältnisse in diesem Zusammenhang näher eingegangen werden, um unseren Begriff der Sehdinggröße vor dem Mißverständnis zu bewahren, als seien die Veränderungen der Größe des Sehdings den Veränderungen der Größe der entsprechenden Netzhautbilder parallel, als sei das Sehding gleichsam nur das in den Raum hinausprojizierte Netzhautbild. Die Sehgröße eines Gegenstandes ist vielmehr identisch mit dem, was man sonst in der Psychologie gewöhnlich als scheinbare Größe des Dings bezeichnet. Ich habe mich nur hier der Terminologie HERINGs angeschlossen, weil der Terminus "scheinbare Größe" in der Physik bzw. in der Astronomie für die Sehwinkelgröße gebraucht wird und weil die Verwendung desselben Ausdrucks in einem ganz anderen Sinn gerade in diesem Zusammenhang leicht zu den Mißverständnissen Anlaß geben würde, die unter allen Umständen im Interesse einer begrifflichen Klarheit vermieden werden müssen.


§ 5. Die Flächengestaltung bei
den Sehdingen

Neben der Größe erfordert eine weitere räumliche Eigenschaft der Sehdinge eine besondere Behandlung, die Art der Flächenanordnung. Vergleichen wir nämlich die Sehflächen, aus denen sich die verschiedenen Sehdinge zusammensetzen, untereinander, so ergeben sich gewisse charakteristishe Unterschiede, auf die in unserem Zusammenhang hingewiesen werden muß. Ich will meine Ausführungen wieder an ein bestimmtes Beispiel anknüpfen:

Wenn man an verschiedenen Tagen und bei verschiedener Witterung das Himmelsgewölbe aufmerksam betrachtet, so wird man nicht bloß Unterschiede hinsichtlich der Farbe, sondern auch deutliche Unterschiede im Hinblick auf die Flächenanordnung bemerken: Es gibt Tage, an denen die Lagerung der nebeneinander liegenden Farbenteile, aus denen sich die Himmelsfläche zusammensetzt, völlig streng und scharf ist, fast so wie die Lagerung der weißen Flächenteilchen, in denen mir das vorliegende Papier zur Erscheinung kommt. Die Anordnung der blauen Flächenteilchen ist so präzise und bestimmt, daß wir ganz den Eindruck haben, eine wirkliche Fläche vor uns zu haben, uns innerhalb einer großen "materiellen" Kugel zu befinden. Doch diese Fälle sind in unseren Gegenden immerhin selten. Meistens sehen wir bloß ein "weiches", "zartes" Farbennebeneinander, eine "verschwommene" Fläche, aus der hier und da sich scharf abhebende Wolkenpartien heraustreten, der aber im Großen und Ganzen die "Schärfe" und "Strenge" der präzisen Flächenfügung, wie wir sie bei den meisten Dingen unserer näheren Umgebung beobachten können, fehlt; die Flächenanordnung der Farbenteilchen ist - wie wir uns in diesem Fall ausdrücken wollen - "unbestimmt". Natürlich gibt es zwischen bestimmter und unbestimmter Flächenanordnung keine scharfe Grenzscheide, sondern zwischen gewissen Extremwerten finden sich alle möglichen Übergangsstufen der Flächenanordnung, so daß wir geradezu von Graden der Bestimmtheit bzw. Unbestimmtheit der Flächenanordnung reden können. Wie wir von Graden der Helligkeit bzw. Dunkelheit von Farben sprechen. Das eine Extrem der Bestimmtheitsreihe finden wir bei den Gegenständen in unserer Umgebung, oder sagen wir noch spezieller, bei den Körperflächen, die wir bei guter Beleuchtung in der Entfernung des deutlichsten Sehens wahrnehmen; als anderes Endglied der Reihe kann man vielleicht am besten die Erscheinung hinstellen, die wir von einem Himmelsgewölbe bei "stockfinsterer" Nach haben. In diesem letzteren Fall kann man von einer Fläche eigentlich kaum noch sprechen. Wir sehen ein dunkles Nebeneinander, aber von einer Zusammenordnung zu einer auch nur einigermaßen räumlich bestimmt gegliederten Fläche ist nichts zu bemerken. Ein klein wenig fester und bestimmter erscheint das Himmelsgewölbe schon, wenn wir es nicht in stockfinsterer, sondern in mondscheinfreier Nacht beim spärlichen Sternenglanz betrachten. Die Sternpunkte sehen wir dann als kleine glänzende Flächenpunkte abgehoben, vorgeschoben, das zwischen ihnen liegende Dunkel ist zwar "flächenhafter" als beim zuerst beschriebenen Fall, aber man möchte auch hier noch viel lieber von einem mit Dunkel erfüllten Raum als von einer Fläche reden. Die mathematisch scharf zu scheidenden Begriffe von Fläche und Raum können wir demnach bei der Beschreibung der Erscheinungen der Sinneswahrnehmung nicht gebrauchen. Bei der Sinneswahrnehmung gibt es allmähliche Übergänge vom Raumhaften zum rein Flächenhaften, eben weil alles sinnenfällig Räumliche trotz der anschauungsmäßigen Bestimmtheit in sich doch gegenüber den begrifflich zu erfassenden mathematischen Gebilden immer etwas mehr oder weniger Unbestimmtes hat, das der Erscheinung in jedem einzelnen Fall ihr besonderes Gepräge gibt. Die deskriptive Behandlung der Sinneserscheinungen kommt darum mit den einfachen mathematischen Begriffen von Fläche und Raum (Körper) nicht aus, sondern muß von Übergängen des Raumhaften zum Körperhaften sprechen, von Graden der Flächenhaftigkeit bzw. Raumhaftigkeit, oder wie wir es gewöhnlich ausdrücken wollen, von Graden der Bestimmtheit hinsichtlich der Flächenanordnung.

Als ein jederzeit leicht zu beobachtendes Beispiel für die große Unbestimmtheit der Flächenanordnung wäre auch die Erscheinung des subjektiven Augenschwarz zu nennen. Diese Erscheinung ist, was die räumliche Orndung zur Fläche betrifft, mit der Erscheinung des Himmelsgewölbes bei stockfinsterer Nacht auf eine Stufe zu stellen. Allerdings werden die verschiedenen Beobachter - ganz abgesehen von der Verschiedenheit der Gesamtgestalt (Ebene, Ellipsoid, Trichter usw.) - nicht alle denselben Grad der Unbestimmtheit der Flächenanordnung sehen (8). So beschreibt HERING (9) sein Augengrau im Wesentlichen geradezu als raumhaft, womit er wohl nach unserer Terminologie sagen will, daß die Fläche einen sehr hohen Grad der Unbestimmtheit zeigt. Und bei mir selbst habe ich im Laufe der Zeit, während der ich mich mit diesen Fragen beschäftigt habe, einen deutlichen Wechsel der Bestimmtheit dahin beobachten können, daß die anfangs völlig unbestimmt zueinander gelagerten Flächenteilchen sich mit der Zeit mehr und mehr zu einer im Großen und Ganzen ellipsoidisch gekrümmten Fläche zusammenfügten, so daß ich mit der Zeit die Erscheinung einer in etwa 20-25 cm vor mir liegenden dunklen, krummen, wenn auch nicht völlig bestimmten, so doch leidlich präzise gefügten Fläche hatte, die durch einen dunkelschwarzen Raum von mir getrennt war. Nachdem ich ungefähr ein ¾ Jahr lang das Augenschwarz nicht mehr beobachtet hatte, bemerkte ich, daß die präzise Fügung wieder ziemlich ganz geschwunden war, so daß ich die anfängliche Unbestimmtheitsfläche wieder vor mir hatte. Nach etwa wöchentlicher, an jedem Tag mehrere Male vorgenommener Beobachtung aber fand ich zu meinem Erstaunen die Unbestimmtheit wieder schwinden und die ziemlich scharfe Fügung der Fläche wieder eintreten. Die Tendenz, in das Dunkel eine Fläche hineinzusehen, scheint also die ganze Erscheinungsweise wesentlich mitzubestimmen.

Doch wenn sich solche Übergänge der Bestimmtheit in der Flächenanordnung auch nicht bei allen Beobachtern zeigen sollten, Beispiele für diesen Übergang findet jeder im Bereich seiner Sinneserscheinungen. Wer in der Beobachtung der Außenpartien des Gesichtsfeldes geübt ist, wird diese allmählichen Übergänge ohne besondere Experimente zu Gesicht bekommen können. Wir drücken uns gewöhnlich so aus, daß wir sagen, die Außenpartien unseres Gesichtsfeldes seien undeutlicher, verschwommener als die Innenpartien. Diese "Undeutlichkeit" besteht eben in der Hauptsache darin, daß wir keine so scharf gefügten Flächen sehen wie in den Mittelpartien, daß der Grad der Bestimmtheit der Flächenanordnung von innen nach außen mehr und mehr abnimmt, bis am Rand des Gesichtsfeldes die Unbestimmtheit so bedeutend wird, daß man nur noch ganz schemenhafte Flächen, man weiß nicht recht was, zu sehen bekommt.

Die so beschriebenen verschiedenen Grade der Bestimmtheit der Flächenanordnung spielen nun auch bei der Beschreibung der Verschiedenartigkeit der Sehdinge eine große Rolle. Gehen wir von einem Extrem der völlig bestimmten Flächenanordnung aus! Betrachten wir z. B. bei günstiger Beleuchtung einen (glatten undurchsichtigen) Gegenstand aus der Entfernung der deutlichsten Sehweite, so hat die Bestimmtheit der Flächen des Sehdings gleichsam ihr Maximum; eine präzisere Fügung der Farbenteilchen zur Fläche, als ich sie hier sehe, gibt es für mein Sehen nicht. Der Entfernungsbereich dieses deutlichsten Flächensehens aber ist nicht sehr groß; ich brauche den Gegenstand nur um ein paar Zentimeter zu entfernen, und gleich kommt etwas in die Fläche hinein, was mir sagt, daß die volle Deutlichkeit des Sehens, die vollkommene Bestimmtheit der Flächenanordnung nicht mehr vorhanden ist. Und so nimmt, ganz allgemein gesagt, der Grad der Bestimmtheit der Flächenhaftigkeit mit zunehmender Entfernung des Dings ab, doch ist die Sache natürlich nicht so, daß jeder bestimmten Entfernung für alle Fälle auch ein fester Bestimmtheitsgrad zukäme. Denn einmal spielt dabei die Sehschärfe des jeweiligen Beobachters eine große Rolle, zum anderen aber ist bei jedem einzelnen Wahrnehmenden die räumliche Beschaffenheit der Sehdingfläche auch in hohem Maß abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit des Gegenstandes selbst und natürlich auch von den Beleuchtungsverhältnissen des Gegenstandes. Betrachte ich z. B. die Gegenstände meines Studierzimmers, so zeigen diejenigen Teile, die vom Tageslicht unmittelbar beleuchtet werden, im allgemeinen eine weit bestimmtere Flächenanordnung als diejenigen Teile, die im Schatten liegen. Oder man beobachte, wie uns das schattige Laubdach des vor uns stehenden Baumes erscheint. Von einer überall präzise gefügten Fläche kann doch keine Rede sein, sondern hier ist ein kleines Flächenstück mehr, dort weniger bestimmt gefügt, und dort, wo der tiefe Schatten liegt, ist die Flächenanordnung sogar ziemlich unbestimmt. So haben wir bei den Gegenständen, die uns umgeben, in der Regel einen ständigen Wechsel zwischen verschiedenen Graden der Bestimmtheit der Flächenanordnung, indem die vorstehenden Stellen uns klar und flächenbestimmt vor Augen liegen, während die Vertiefungen oder Löcher nur mehr oder weniger flächenhaft erscheinen. Wenden wir dann unseren Blick von den Gegenständen unserer Umgebung mehr in die Ferne, so bemerken wir, wie nicht bloß bei den Vertiefungen und den weniger gut beleuchteten Stellen, sondern überhaupt beim ganzen Sehding die Flächenanordnung eine unbestimmtere wird. Mit der Entfernung der Dinge von unserem Auge werden die Sehdingflächen verwaschener - ich möchte sagen - weicher, wolliger, zarter, und bei den Häusern oder dem Wald, den ich dort in weiter Ferne im Nebeldunst gleichsam verschwimmen sehe, ist die Flächenhaftigkeit fast völlig verschwunden.

Hand in Hand mit der Veränderung der Flächenbestimmtheit der Sehdinge bei der Entfernung des gesehenen Gegenstandes geht vielfach auch ein Wechsel der Gestalt der Sehdinge im Ganzen. Vor mir steht ein rechtkantiger Körper mit ziemlich "scharfen" Kanten. In der Nähe sehe ich den Kanten diese "Schärfe" auch an, d. h. ich sehe die Schnittlinien, in denen zwei benachbarte Begrenzungsflächen zusammentreffen. Aber je mehr ich mich von diesem Körper entferne, umso mehr schwindet auch die "Schärfe"; die Kanten erscheinen rundlicher, abgeschliffener. Und so nimmt allgemein mit der Flächenbestimmtheit auch die Bestimmtheit der Gestalt des Sehdinges ab; die Form des Sehdings im Ganzen wird unbestimmter, vor- und zurückspringende Teile verschwimmen in das unterschiedslose Einerlei einer raumhaften Fläche. -

Nachdem wir gesehen haben, wie die Gestalten der Sehdinge im Ganzen und im Einzelnen charakteristische Unterschiede aufweisen, müssen wir nun auf die Beziehungen zu sprechen kommen, welche die Sehdinggestalten im allgemeinen zu den Flächengestalten haben, die der naiv wahrnehmende Mensch als "die" Gestalt des Dings bezeichnet. Die Sache scheint mir hier ähnlich zu liegen wie bei den Sehdinggrößen: Wie die "eigentliche" Größe eines Dings eine unter bestimmten Gesichtspunkten ausgewählte Sehdinggröße ist, so ist auch die "wahre" oder "eigentliche" Gestalt des Dings weiter nichts als eine nach gewissen Prinzipien festgelegte Sehdinggestalt.

Die Frage, welche Sehdinggestalt wir als "die" Flächengestalt des Dings nehmen, scheint mir dahin beantwortet werden zu müssen, daß es diejenige ist, welche die bestimmteste Flächenanordnung zeigt, also das eine Endglied unserer Flächenbestimmtheitsreihe. In dieser Bestimmung liegt zugleich, daß die eigentliche Flächengestalt eines Dings nicht etwas unbedingt Festes ist, sondern bis zu einem gewissen Grad von allerhand individuellen Zufälligkeiten abhängt, insofern der Grad der überhaupt erreichbaren Flächenbestimmtheit auch wesentlich von der Sehschärfe des Wahrnehmenden abhängig ist. Allerdings findet die Bestimmung der "eigentlichen" Gestalt eines Dings auch eine gewisse Stütze in dem, was uns das Tastorgan über die Dinge zu berichten weiß, so daß auch einer, der ganz schlecht sieht und überhaupt nur ganz verschwommene Sehgestalten zu Gesicht bekommt, trotzdem die "eigentliche" Gestalt auch im Sinne der schärfer Sehenden richtig bestimmen kann. Doch in vielen Fällen können wir uns den Gegenständen nicht bis zum Tasten nähern; wir sind dann auf die Aussage der visuellen Wahrnehmung allein angewiesen, und da kann es wohl vorkommen, daß wir fälschlicherweise eine Sehgestalt als die eigentliche annehmen, der diese Bezeichnung nicht zukommt. So hat man früher allgemein den Augenschein, daß die Sehgestalt des Mondes immer nur eine Scheibe ist, als einen Beweis dafür angesehen, daß auch die "eigentliche" Gestalt des Mondes eine Scheibe ist, d. h. daß wir auch dann noch eine Scheibe sehen würden, wenn wir uns dem Mond auf genügende Entfernung nähern könnten.

Und was weiter die Abhängigkeit der Bestimmung der eigentlichen Sehgestalt von individuellen Differenzen betrifft, so ist zu bemerken, daß wir auch meistens gar kein Bedürfnis haben, durch die Wahrnehmung die kleinsten Teilchen und Formen genau zu Gesicht zu bekommen. Denken wir etwa daran, wie uns die Fläche eines Hauses bei der gewöhnlichen "deutlichen" Wahrnehmung erscheint. Da treten wir nicht bis auf eine solche Entfernung heran, daß wir auch die Form der kleinen Körnchen der Stuckoberfläche zu sehen bekommen, wir studieren nicht die Oberfläche des Hauses bis in die kleinsten noch wahrnehmbaren Details und setzen dann aus den nach und nach wahrgenommenen Flächenstücken die Gesamtoberfläche des Hauses zusammen. So mühsam ist die gewöhnliche Dingwahrnehmung nicht; es kommt uns vielmehr nur auf die Gestalt im Großen und Ganzen an, und darum stellen wir uns von vornherein in eine solche Entfernung vom wahrzunehmenden Ding, daß wie die Gesamtgestalt des Dings oder doch wenigstens größere Teile des Dings möglichst mit einem Blick überschauen zu können. Von einer Wahrnehmung der eigentlichen Gestalt des Hauses in dem von uns beschriebenen Sinn kann aber dann nicht mehr die Rede sein. Die Flächen, die wir in diesem Fall sehen, sind zwar - normale Beleuchtungsverhältnisse vorausgesetzt - bis zu einem gewisen Grad präzise gefügt, doch es fehlt an der völligen Bestimmtheit der Flächenanordnung. Aber trotzdem werden wir auch in diesem Fall sagen, daß wie "die" Gestalt des Dings sehen, und das läßt erkennen, daß unser Begriff der eigentlichen Flächengestalt den Tatsachen der gewöhnlichen Dingwahrnehmung nocht nicht ganz gerecht zu werden vermag, sondern daß wir, entsprechend wie früher bei den ausgedehnteren Gegenständen, zwischen der eigentlichen und der natürlichen Sehgröße unterschieden haben, so auch hier neben den Begriff der eigentlichen Sehgestalt noch denjenigen einer anderen Sehgestalt stellen müssen, den ich als die "natürliche" Sehgestalt bezeichnen will, worunter ich also diejenige Sehgestalt verstehen will, welche die Dinge bei der gewöhnlichen, natürlichen Betrachtungsweise zeigen unter der Voraussetzung, daß die Beleuchtungsverhältnisse günstig sind und daß die Entfernung des Beobachters zum "natürlichen Entfernungsbereich" des betreffenden Dings gehört.

Daß ein so bestimmter Begriff eine gewisse Schwankungsbreite haben muß, versteht sich von selbst. Doch ich meine, daß dies eine Eigenschaft ist, welche unser Begriffe mit allen sogenannten Erfahrungsbegriffen gemeinsam hat. Die Begriffe, nach denen der gewöhnliche Mensch sein Erfahrungsmaterial sichtet, sind niemals wie die mathematischen Begriffe scharf definierbar, ja sie können es gar nicht sein, weil das Material, das sie sichten sollen, nirgends scharfe Grenzen habt, sondern überall Übergänge zeigt. Also die Schwankungsbreite unseres Begriffs der natürlichen Sehgestalt soll uns nicht daran hindern, den Begriff auch in wissenschaftlichen Erörterungen über die Tatsachen der Sinneswahrnehmung festzuhalten.

Auch das bedarf nach den entsprechenden früheren Überlegungen bei den Sehgrößen wohl kaum noch der spezielleren Ausführung, daß die Begriffe "eigentliche" und "natürliche" Sehgestalt nicht allgemein scharf zu trennen sind, sondern daß sich beide Begriffsgebiete in vielen Fällen eng berühren und bei den kleinen Gegenständen geradezu zusammenfallen (10).
LITERATUR - Heinrich Hofmann, Untersuchungen über den Empfindungsbegriff, [Inaugural-Dissertation] Archiv für die gesamte Psychologie, Bd. 26, Leipzig 1913
    Anmerkungen
    1) HERMANNs "Handbuch der Physiologie", Leipzig 1879, Seite 343f.
    2) "Handbuch der Augenheilkunde", 1. Teil, XII. Kapitel oder Sonderabdruck davon, Leipzig 1905, erste Lieferung.
    3) "Grundzüge" a. a. O., Seite 1
    4) HERMANNs Handbuch a. a. O., Seite 344.
    5) Grundzüge, a. a. O., Seite 1/2.
    6) Der Begriff des "Sinnes" der Wahrnehmung ist von HUSSERL in seinen "Logischen Untersuchungen", Bd. 2, Seite 76 eingeführt worden und wurde in einer Vorlesung, die ich 1904 bei Herrn Prof. HUSSERL hörte, näher behandelt.
    7) HERING, Der Raumsinn etc., a. a. O., Seite 343.
    8) Vgl. die Untersuchungen von DAVID KATZ in der schon eben zitierten Schrift "Die Erscheinungsweisen der Farben usw.", Seite 40f, wo Seite 44 auch die von mir als Versuchsperson zu Protokoll gegebene Veränderung in der Flächenbestimmtheit meines Augengrau beschrieben ist. - - - Es sei auch gleich hier auf die große Ähnlichkeit meiner Ausführungen über die Verschiedenheit der Sehflächengestaltung mit den Untersuchungen meines Freundes DAVID KATZ (Seite 7f) aufmerksam gemacht. Wie mein Freund Seite 29/30 seiner Schrift mitgeteilt hat, haben wir beide "nachdem wir gesprächsweise darauf aufmerksam geworden waren, daß wir unabhängig voneinander und von ganz verschiedenen Seiten her auf ähnliche Fragen gestoßen sind, beschlossen, um diese Unabhängigkeit aufrecht zu erhalten, die betreffenden Probleme aus unserem Gesprächsstoff auszuschalten". Durch äußere Verhältnisse, die mit der Fertigstellung meiner Untersuchungen nichts zu tun haben, hat sich das Erscheinen meiner Arbeit um etwa 2 Jahre verzögert. Trotzdem meine Ausführungen mit denen meines Freundes sachlich völlig übereinstimmen, habe ich aufgrund unserer gegenseitgen Abmachung kein Bedenken gehabt, meine Untersuchungen genau so, wie ich sie vor dem Erscheinen der Schrift meines Freundes durchgeführt hatte jetzt zu veröffentlichen.
    9) HERMANNs "Handbuch", a. a. O., Seite 573.
    10) Herr Prof. HUSSERL hat in zwei Vorlesungen, die er 1904 und 1907 gehalten hat, allgemein ausgeführt, daß in der Sphäre der naiven Dingauffassung einem Ding eine Eigenschaft, wie sie erscheint, als Dingeigenschaft zugeschrieben wird, wenn diese Eigenschaft mit der größten Bestimmtheit und dem größten Reichtum an inneren Unterschieden gegeben ist, den sie als einheitlich und gesamt erscheinende haben kann. Auch wurde ausgeführt, daß es sich nicht um eine numerisch einzige, ausgezeichnete Erscheinung, sondern um eine vage Grenze handelt. Es war im Hinblick auf die Gegebenheitsweise von "Maximalpunkten der Gegebenheit" die Rede, und auch der Einfluß des Interesses nach Sinn und Funktion wurde ausführlich behandelt.