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Über die Bedingungen wirtschaftlicher Tätigkeit [1/2]
Einleitung § 1. Dabei erscheint es nicht ratsam, literaturgeschichtlich zu verfahren: das hieße nichts weniger, als eine Geschichte der theoretischen Nationalökonomie schreiben; sondern es dürfte sich empfehlen, das systematisch Gemeinsame in einer kritischen Fragestellung hervorzuheben und an diese Frage erst die einzelnen Untersuchungen heranzubringen. Ich werfe die Frage auf:
Die hier in Betracht kommenden Erörterungen, in denen eine Antwort auf die erste unserer obigen Fragen enthalten ist, lassen sich vornehmlich in vier Gruppen abteilen. Es ist heute unsere Absicht, über die drei ersten derselben nur in Kürze zu berichten, die vierte dagegen einer eingehenden kritische Beurteilung zu unterziehen. Dies dürfte seine Rechtfertigung darin finden, daß gerade diese eine Aufgabe in den letzten Jahrzehnten von großen Kreisen volkswirtschaftlicher Forscher in den Vordergrund gerückt und vornehmlich KARL MENGER und der österreichischen Schule zum Gegenstand der eingehendsten Erörterungen gemacht worden ist. 1. Als erstes haben wir zu vermerken: der Wert soll der Gesichtspunkt sein, unter welchem in der Nationalökonomie die Erscheinungen des Lebens aufzufassen und festzustelen sind, um sie sodann in eine kausale Verknüpfung zu bringen; der Wert soll also der Nationalökonomie ihre Aufgabe stellen, ihr Gebiet bezeichnen und begrenzen. Greifen wir irgendein Phänomen heraus, etwa die Produktion. Dieselbe läßt sich unter den verschiedensten Gesichtspunkten zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Betrachtung machen: fragt man nach den bei ihr ins Spiel kommenden Naturkräften, so fällt sie unter die Naturerkenntnis; sucht man nach den Mitteln, in ihr einen verlangten Gegenstand möglichst vollkommen herzustellen, so werden diese Betrachtungen der Technologie angehören; untersucht man die Regelung der äußeren Verhältnisse der bei ihr beteiligten Personen, so befindet man sich auf dem Boden der Jurisprudenz; will man sie aber als wirtschaftliche Erscheinung bestimmen, so handelt es sich darum, ob durch sie Veränderungen im Wert der ihr unterliegenden Sachen vorgenommen werden, eventuell weiter, wie diese Veränderungen möglichst günstig ausfallen können, welche Organisation der Arbeit, welches System der Behandlung, welche technologischen Hilfsmittel die bedeutendste Wert erhöhung versprechen. ADAM SMITH fragt nach Ursprung und Ursachen des Nationalreichtums. Aber dabei ist doch zunächst der Begriff des Nationalreichtums vorweg festzustellen: welches ist das Kriterium dafür, daß er sich vermehrt oder vermindert, daß er in der einen Wirtschaftsperiode größer oder geringer ist als in der anderen? Bloß im Preis der Güter kann es nicht gefunden werden - denn dieselben Zahlen können unter veränderten Umständen, z. B. beim Steigen oder Sinken des Geldwertes, bei einer anderen Güterverteilung, etwas ganz Verschiedenes bedeuten - sondern in ihrem Wert. Einige Beispiel aus der Literatur mögen als Beleg dafür dienen, daß die genannte Aufgabe der Wertlehre in Wirklichkeit gestellt worden ist. JEAN BAPTISTE SAY sagt:
"... daß der Reichtum gar nicht in der Materie, sondern vielmehr im Wert der Materie liegt. (4)
"und (daß man) ein Gut durch alles, was einen Wert hat, erklären kann." (6)
"Die Begriffe von Wert und der Begriff von Gut und Gütern gehen auseinander wechselseitig hervor, und Dinge von Wert und Güter sind eigentlich identische Begriffe" (8)
Welches ist nun dieser Gesichtspunkt? Wie ist er zu suchen und wissenschaftlich sicher zu bestimmen? Wird er sich als ein notwendiger und allgemeingültiger herausstellen, oder kann er nur ein relativer, von empirischen, zufälligen Bedingungen abhängiger sein? Auf diese selbstverständlichen Fundamentalfragen finden wir nur verhältnismäßig wenige Untersuchungen gerichtet. Anstatt solche auf den Begriff "Wert" im Ganzen zu lenken, hat man viele Distinktionen beliebt, von deren großer Anzahl man sich in jedem Handbuch überzeugen kann; man hat sodann bald die Unterschiede dieser abgeleiteten Begriffe voneinander aufgedeckt, bald hat man die Bedeutung der einzelnen für die Wirtschaftslehre geprüft; auch wollte man für einige irgendwelche Maßstäbe entdecken; schließlich haben sich selbständige Theorien über etliche dieser Distinktionen entwickelt. Die vornehmlichsten unter ihnen sind: Gebrauchswert und Tauschwert. Nur selten ist dagegen der Versuch gemacht worden, alle diese einzelnen Distinktionen auf ein gemeinsames Prinzip in dem Wert zurückzuführen. Der letzteren Aufgabe haben sich vornehmlich deutsche Nationalökonomen unterzogen, und es ist hier eines Grafen SODEN, eines HUFELAND und eines LOTZ zu gedenken. Wir sehen bei HUFELAND, daß der Wert nur möglich ist, durch die Vorstellung des Menschen, daß er dadurch bedingt ist, daß Menschen sich Zwecke setzen und die Gegenstände als Mittel auf diese Zwecke beziehen.
"Ohne Vorstellung eines Zwecks ist kein Gut möglich." (12) "Ohne Vorstellung eines Dings als eines Mittels zu einem Zweck ist kein Gut möglich." (13)
Der Beurteilung dieses Standpunktes liegt folgende Betrachtung zugrunde:
"Zwar ist es oft besprochen worden, wie sich bei steigendem Nationalreichtum und fortschreitender gesellschaftlicher Entwicklung der Kreis der Bedürfnisse erweitert; - weniger dagegen hat man erwogen, daß er sich, dem Gebot des herrschenden Geistes gemäß, nach sehr verschiedenen Richtungen hin erweitern kann. Und was uns nicht minder wichtig scheint als der Reichtum ansich, ist die Gliederung der Gesellschaft, die Art der Verteilung des Nationalvermögens." (19) Dabei setzt er der Wertlehre noch eine andere Aufgabe, in der sich eine zweite Antwort auf unsere Grundfrage darstellt. 2. Während nämlich bisher der Wert als Gesichtspunkt für die Begrenzung der Nationalökonomie dienen sollte, wird er jetzt zu einem Mittel der wissenschaftlichen Erkenntnis der Vorgänge in den "Einzel"wirtschaften, da in diesen sich die Handlungen unter dem Einfluß des subjektiven Werturteils vollziehen.
Die zweite Aufgabe des Wertes, welche wir soeben kennengelernt haben, ruht also in der Leitung der Einzelwirtschaft. Zu beachten ist, daß er auch hier als ein Urteil des Individuums - über die Tauglichkeit der Güter für seine Zwecke - aufgefaßt wird. Der Bestimmung dieses Wertbegriffs dienen die zahlreichen subjektiven Wertlehren; sie dürfen aber nur so weit hierher gerechnet werden, als der Wert beurteilt wird: das Individuum setzt sich Zwecke, beurteilt deren Wichtigkeit und prüft die Tauglichkeit der Güter für sie. - Im Gegensatz zu diesen subjektiven Wertlehren steht nämlich eine andere Gruppe subjektiver Wertlehren, in welchen der Wert als einheitliche Beziehung der Güter zum Subjekt aufgefaßt wird, welche im Nutzen objektvierbar und in ihm der Größe nach bestimmbar ist. Diese letztere Gruppe wird mit Gegenstand der heutigen Untersuchung sein. Hier sei nur noch darauf aufmerksam gemacht, daß ein Übergang zwischen diesen letzten Gruppen, den beiden eben genannten subjektiven Wertlehren, in den Preislehren von RAU und HERMANN gefunden werden kann. RAU sagt:
"Der Wert für den Käufer und die Kosten der Verkäufer bilden die Grenzen des Preises." (23)
II. Auf Seiten der Ausbietenden: Produktionskosten, Tauschwert des Zahlungsmittels und anderweitiger Verkaufspreis." (24) Bei beiden sehen wir also das Bestreben, den Spielraum für den Preis der Güter durch subjektive Wertschätzungen zu begrenzen, um dann in den letzteren jenen zur wissenschaftlichen Erkenntnis zu bringen. 3. Wir haben nunmehr eine andere Gruppe von Wertlehren heranzuziehen, welche im besonderen den Tauschwert der Güter behandeln, diesen aber lediglich von den Preisen der Güter bedingt sein lassen, in ihm eine Abstraktion der Preise erblicken. Die Ansicht, daß im Tauschwert der Güter jener Wert bestimmt wird, auf welchen es bei den volkswirtschaftlichen Untersuchungen letztlich ankommt, findet sich nur vereinzelt. So sagt CHRISTIAN JAKOB KRAUS: "Reichtum und Macht eines Landes sind immer proportional dem Tauschwert von dessen Wirtschaftsertrag." (26) HEINRICH STORCH äußert sich:
Auch McCULLOCH behauptet: "Die politische Ökonomie, kann in der Tat eine Wissenschaft vom Wert genannt werden." (29) Die Aufgabe des Tauschwertes ist aber von den bedeutendsten Theoretikern desselben, wie wir sogleich sehen werden, enger gestellt worden. Wir führen als Hauptvertreter RICARDO und RODBERTUS an. RICARDO untersucht den Tauschwert der Güter, d. h. "ihr Vermögen, andere Güter eintauschen zu können." (30). Dabei schränkt er seine Untersuchung auf diejenigen Güter ein, "welche durch die Anwendung menschlicher Gewerb- und Betriebsamkeit vermehrt werden können" (31). Er findet nun, daß unter den heutigen Rechts- und Produktionsverhältnissen Der Tauschwert der Güter abhängt von der auf dieselben verwendeten gesamten Menge Arbeit und von der Höhe der Kapitalgewinne. (32) Die letztere wird wiederum entscheidend beeinflußt von der Höhe des Arbeitslohns und dieser von der gewohnten Lebenshaltung der Arbeiter und vom Preis ihrer Lebensmittel im weiteren Sinn. RICARDO führt also den Tauschwert zurück auf Arbeitsmengen und auf gewisse Gruppen von Preisen; er setzt sonach für den Tauschwert die Preisbildung voraus. Weiter versucht er dann zu zeigen, daß der Einfluß der auf die Güter verwendeten Arbeitsmengen auf die Preise im Verhältnis zu den übrigen bestimmenden Momenten derart überwiegt, daß die letzteren vernachlässigt werden können, daß man daher behaupten kann, der Wert der Güter verändere sich in gleicher Proportion wie die auf sie verwendeten Arbeitsmengen. Er ist weit davon entfernt, den Tauschwert in der Menge der Hervorbringungsarbeit selbst zu sehen:
Seine Tauschwertlehre beabsichtigt nicht, den Wert näher zu bestimmen, welchen wir in der ersten Aufgabe kennengelernt haben; vielmehr hebt er in Hauptstück XX mit Schärfe hervor, daß die Größe des Volksvermögens mit dem Tauschwert desselben nicht verwechselt werden darf. Der Tauschwert hat bei ihm nur die Aufgabge, die Preiserscheinungen von den vielen Zufälligkeiten des Verkehrs zu befreien, welche eine Folge der Verschiebungen von Angebot und Nachfrage sind, und an den großen Durchschnittspreisen zu zeigen, welche Momente vornehmlich auf ihre Höhe und ihre Veränderung einwirken. Dieser Tauschwert, da er das Liquidationsmittel für die Verteilung des Nationaleinkommens ist, dient ihm alsdann als Grundlage für seine Untersuchungen: wie sich das gesamte Nationaleinkommen auf die drei Einkommenszweige Rendite, Gewinn und Lohn verteilt; wie die verschiedensten tatsächlichen Verhältnisse auf diese prozentuale Verteilung einwirken, im besonderen, welche Folgen damit verbunden sind, wenn die Arbeit in einzelnen Zweigen produktier wird, wenn sich die Bevölkerung vermehrt, wenn die Preise der notwendigen Lebensmittel sich verändern, wenn der Volkswohlstand zunimmt, und wenn sich die Kapitalien vermehren; schließlich welchen Einfluß diese oder jene gesetzgeberischen Maßnahmen ausüben. Genau auf demselben Boden steht RODBERTUS mit seiner Tauschwertlehre. Dem Wert, in allgemeiner Bedeutung, sowie dem Gebrauchswert widmet er nur wenige Worte. Ihm ist der Wert, in dem Sinne, wie er ihn gewöhnlich gebraucht, ein Begriff, welcher der Staatswirtschaft mit Arbeitsteilung notwendig ist, und der ihm ein Liquidationsmittel bedeutet (34): Wo Menschen in Arbeitsteilung arbeiten, wo also die einen in der Rohproduktion, die anderen in den verschiedenen Zweigen der Fabrikation tätig sind, da muß das fertige Produkt, das Nationaleinkommen irgendwie unter die Beteiligten verteilt werden; für diesen Zweck ist ein Liquidationsmittel erforderlich, nach welchem ein jeder seinen Teil vom Nationalprodukt erhält; dieses nennt RODBERTUS Wert und sieht die primitivste Form desselben im Tauschwert. (35) In seiner Lehre vom Tauschwert müssen wir drei Stufen unterscheiden. Zunächst die Definition: "die Geltung, welche dadurch (= den Tausch) das eine Produkt gegen das andere erhält, und die sich nach der eingetauschten Quantität des anderen schätzen läßt, nennt man gleichfalls Wert, d. h. hier Tauschwert." (36) Der Tauschwert setzt also den Tausch und die Preise voraus, ist eine Abstraktion der letzteren. Zu zweit untersucht sodann RODBERTUS die Austauschverhältnisse und glaubt beweisen zu können, daß der Tauschwert nach den Arbeitskosten gravitiert, d. h. daß er sich im gleichen Verhältnis mit den Arbeitskosten verändert (37). - Er sieht nicht etwa die Arbeitskosten als Maß des Wertes an. Ein Maß des Wertes kann nur ein Teil des Wertes selbst sein, und dieses kann nur für zwei Aufgaben gebraucht werden:
2) wo eine "an Wert für alle Zeiten gleiche Leistung" bezeichnet werden soll (38). Die dritte Stufe, welche wir in der Tauschwertlehre von RODBERTUS beobachten, zeigt sich in seinen Untersuchungen über die Höhe von Grundrente, Kapitalgewinn und Arbeitslohn (46): hier führt er die Arbeitsmenge, die ein Gut gekostet hat, als Wert ein. Sogleich am Anfang des ersten der drei Theoreme heißt es:
= Kostenarbeit von a : Kostenarbeit von b,
Wert der Produktmenge b = Kostenarbeit von b. Trotzdem wird hierdurch die bisherige Lehre vom Tauschwert nicht durchbrochen, da diese versuchte Objektivierung RODBERTUS nur dazu dient, den Einfluß von Veränderungen in der Menge der Produktivkraft und in der Produktivität auf die Höhe der drei Einkommenszweige zu bestimmen, wobei es sich wieder um Verhältnisse von Werten handelt. So hat RODBERTUS den Versuch, den Wert in Arbeit zu objektivieren, an einer Stelle gemacht, wo er ohne denselben zum gleichen Ziel kommen konnte; denn es handelt sich hier schließlich nur um Verhältnisse von Wertgrößen und nicht um die Wertgrößen selbst: daher hat dann auch dieser Versuch in die Ergebnisse seiner Theorie keinen Widerspruch hineingebracht. So sehen wir, daß in den vorgeführten Tauschwertlehren der Tauschwert eine Abstraktion der Preise ist, und daß er als Liquidationsmittel im heutigen Wirtschaftssystem dient; die Tauschwertlehre aber soll die den Tauschwert beeinflussenden Momente aufdecken und zur Unterlage dienen für die Untersuchungen über die Verteilung des Nationaleinkommens auf die drei großen Einkommenszweige sowie über die Höhe der letzteren. Es muß aber konstatiert werden, daß sowohl RICARDO wie RODBERTUS sich bemühen, Wertveränderungen in Veränderungen der Arbeitsmenge zu begründen und in diesen zur Erkenntnis zu bringen. Diese Bestrebungen zumindest leiten zur MARXschen Wertlehre über. Wir sahen bei RODBERTUS, daß er den Wert als notwendiges Liquidationsmittel in eine Staatswirtschaft mit Arbeitsteilung auffaßt. Dieser Wert muß aber nicht notwendig Tauschwert sein. Der letztere setzt den Tausch voraus, gehört aber nur der Staatswirtschaft mit Grund- und Kapitaleigentum an. In einer Staatswirtschaft ohne beides kann er konstituiert werden. In einer Gesellschaft mit Arbeitsteilung muß das, was in jeder für das Nationaleinkommen leistet, gegen das abgewogen werden, was er aus demselben erhält.
Eine ähnliche Auffassung des Wertes finden wir bereits bei FICHTE. Dieser behandelt den Wert im ersten Buch seines "Geschlossenen Handelsstaates" (52), welches die Überschrift trägt: "Philosophie. Was in Ansehung des Handelsverkehrs im Vernunfsstaate Rechtens sei" (53). Um zu ermitteln, was im Vernunftstaat jedem als "das Seinige" zu geben ist (54), ist der Preis aller Güter zu bestimmen, und hierfür wird der Wert der Güter eingeführt (55). Ausgehend vom eudämonistischen Dogma, daß der "Zweck aller freien Tätigkeit die Möglichkeit und Annehmlichkeit des Lebens" ist (56), postuliert er für die Güterverteilung Regeln, bei deren Beobachtung die Möglichkeit des Lebens aller Staatsangehörigen gegeben ist, und bei welcher die Annehmlichkeiten "verhältnismäßig unter alle gleich verteilt sind." (57), d. h. derart, daß "diejenige Art von Kraft und Wohlsein erhalten wird, deren ein jeder für seine bestimmten Geschäfte bedarf." (58) In der Absicht, eine solche Verteilung der Güter zu ermöglichen, ist ihr Wert obrigkeitlich festzustellen. - Ihm ist sonach der Wert dasjenige Austauschverhältnis der Güter, bei welchem seine Postulate für eine gerechte Einkommensverteilung erfüllt würden: dieses sei festzustellen und obrigkeitlich zu schützen (59). Im einzelnen lehrt er dann weiter, wie dieser Wert zu finden ist, welche Gesichtspunkte bei der definitiven Bestimmung maßgebend sind (60). FICHTEs Idee ist, zu zeigen, was in einem "Vernunftsstaat" Rechtens ist, um die Wege zu weisen, zu seiner Anstrebung zu gelangen. (61) Nach den beiden zuletzt vorgeführten Lehren ist der Wert also das Liquidationsmittel, nach welchem der einzelne am Nationaleinkommen teilzunehmen hat: seine Aufgabe ruht demnach in der Verteilung des in Arbeitsteilung gewonnenen Produkts an die Einzelwirtschaften. Beide Lehren suchen sodann nach einem vernünftigen Prinzip, nach welchem die Verteilung des Einkommens und die Bestimmung des Wertes stattfinden muß, sowie nach Mitteln, dieses Prinzip durchzuführen. Ehen wir zu den Wertlehren übergehen, welche den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ausmachen, fassen wir rückblickend die Aufgaben zusammen, denen in den bisher vorgeführten Lehren der Wert dienen sollte:
Sodann soll er zweitens in der Einzelwirtschaft dem Wirtschaftssubjekt als "Urteil" bei seinen Dispositionen dienen. Drittens soll er als Liquidationsmittel in einer Staatswirtschaft mit Arbeitsteilung notwendig sein. 4. Im grundsätzlichen Gegensatz zu den seither besprochenen Anschauungen ist schließlich eine Reihe von Werttheorien aufgetreten, deren Urheber zu den namhaftesten und einflußreichsten Schriftstellern in der neueren und neuesten theoretischen Nationalökonomie zählen. Diese Lehren, auf deren Betrachtung wir uns nunmehr konzentrieren wollen, gehen im einzelnen von verschiedenen Ausgangspunkten aus, argumentieren in unterschiedlicher Art und Weise und divergieren bedeutsam in ihren Einzelergebnissen. Aber es läßt sich bei ihnen allen doch ein gemeinsamer Grundgedanke in Rücksicht auf die im Eingang unserer Abhandlung an erster Stelle aufgeworfene Frage feststellen. Sie alle nämlich, die alsbald des näheren anzuführen sind, stellen der Wertlehre die gleiche Aufgabe und vermeinen in Gemeinsamkeit: daß der Wert, als einheitliche Beziehung zwischen Gütern und Menschen, eine notwendige Bedingung wirtschaftlicher Tätigkeit sein soll. Wir schreiten zunächst dazu, über die hierher gehörigen Untersuchungen Bericht zu erstatten (§ 2). ![]() ![]()
1) Vgl. FRIEDRICH JULIUS NEUMANN, Grundlagen der Volkswirtschaftslehre, I. Abt., Seite 233f: "Es handelt sich nicht darum, was der Wert ist nach dieser oder jener anderen Rücksicht, sondern was der Wert sein soll, wie wir diesen Begriff zu gestalten haben, um in ihm einen geeigneten Baustein, ein gutes Mittel zur Erweiterung und Vertiefung unserer Erkenntnis zu haben." 2) In neuester Zeit hat NEUMANN den Begriff "Gut" auf dem hier vorgeschlagenen Weg bestimmt, indem er zunächst festsetzt, was derselbe in der Wissenschaft zu leisten hat, und erst hierauf an die Ausfüllung des Begriffs im Hinblick auf die ihm gestellte Aufgabe herantritt. Vgl. a. a. O., Seite 34-121; SCHÖNBERGs Handbuch, Bd. 1, Seite 136f. - Diese trefflichen Untersuchungen sind ein schlagender Beweis für die Zweckmäßigkeit der angewandten Methode. 3) SAY, Traité d'Economie Politique, übersetzt von JAKOB, Halle und Leipzig 1807, Vorrede Seite IX. 4) a. a. O., Seite 24 5) Neue Grundlegung der Staatswirtschaftskunst, 1807, Seite 17 6) a. a. O., Seite 18 7) Handbuch der Staatswirtschaftslehre, 1837, Seite 18 8) a. a. O., Seite 22 9) Vgl. K. H. RAU, Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, 1868, Seite 100f 10) Staatswirtschaftliche Untersuchungen, 1870, Seite 67f 11) GOTTLIEB HUFELAND, Neue Grundlegung der Staatswirtschaftskunst, Seite 20 12) a. a. O., Seite 24 13) a. a. O., Seite 26 14) Staatswirtschaftslehre, zweite Auflage, Seite 24 15) a. a. O., Seite 37 16) a. a. O., Seite 22 17) a. a. O., Seite 25f 18) Versuch einer Kritik der Gründe, die für großes und kleines Grundeigentum angeführt werden, St. Petersburg 1849, Seite 75. 19) a. a. O., Seite 76 20) Staatswirtschaftslehre, Seite 23 21) a. a. O., Seite 37f 22) Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, 1868, Seite 200 23) a. a. O., Seite 201 24) Staatswirtschaftliche Untersuchungen, 1870, Seite 394 25) a. a. O., Seite 431 26) H. J. KRAUS, Vermischte Schriften, Bd. II, 1808, Seite 101, Ziffer 13 27) HEINRICH STORCH, Betrachtungen über die Natur des Nationaleinkommens, 1825, Seite 11. 28) a. a. O., Seite XXXIV 29) McCULLOCH, Principles of Political Economy, Seite 3 30) RICARDO, Grundgesetze, Übersetzung von BAUMSTARK, 1877, Seite 1 31) a. a. O., Seite 2 32) vgl. ebenda Seite 35 Anm.: "Malthus scheint zu denken, es gehört zu meiner Lehre, daß Kosten und Tauschwert eines Gutes ein und dasselbe sind. Es ist so, wenn er mit dem Wort Kosten "die Hervorbringungskosten" einschließlich der Gewinne meint." Seite 47, Anm.: "Hat nicht Say in folgender Stelle vergessen, daß es die Hervorbringungskosten sind, welche zuletzt den Preis bestimmen?" 33) a. a. O., Seite 34 34) vgl. RODBERTUS, Zur Beleuchtung der sozialen Frage I, Seite 74 und: Das Kapital, Seite 99 und öfter 35) vgl. Das Kapital, Seite 98 36) Soziale Frage I, Seite 42 37) vgl. Das Kapital: "Resumé meiner Grundrententheorie". 38) vgl. RODBERTUS, Zur Erkenntnis unserer staatswirtschaftlichen Zustände, Seite 36f 39) a. a. O., Seite 61 40) a. a. O., Seite 43f 41) a. a. O., Seite 47f 42) a. a. O., Seite 62 43) Soziale Frage I, Seite 45 44) ebenda, Seite 44, vgl. Kapital: Resumé 45) vgl. Soziale Frage I, Seite 106f 46) ebenda Seite 123f 47) vgl. ebenda Seite 124: "Wohlverstanden, es ist vorausgesetzt, daß sich der Produktwert überhaupt gleich bleibt, mit anderen Worten, daß das ganze Produkt noch zu demselben Preis verkauft wird." Hier sehen wir in der Erläuterung, welche dem bisherigen Wertbegriff entspringt, den Widerspruch: worin soll denn der Preis des "ganzen" Produkts bestehen?! - Vgl. auch die Beispiele ebenda Seite 133f, wo, entsprechend den Voraussetzungen der ersten beiden Lehrsätze, zwei gleich große Länder mit gleich großer Bevölkerung angenommen werden, in denen daher der Wert des Gesamtprodukts gleich groß ist, obwohl die Quantität des letzteren im ersten Beispiel wegen der verschiedenen Produktivität in dem einen Land doppelt so groß ist wie im anderen. 48) RODBERTUS, Das Kapital, Seite 97f 49) Soziale Frage I, Seite 42 50) Das Kapital, Seite 137f 51) a. a. O., Seite 126f 52) J. G. FICHTE, Sämtliche Werke, Bd. III, Berlin 1845, Seite 387-513. 53) a. a. O., Seite 399. 54) a. a. O., Seite 403 55) a. a. O., Seite 415f 56) a. a. O., Seite 415 57) a. a. O., Seite 417 58) a. a. O., Seite 417f 59) a. a. O., Seite 418f 60) a. a. O., Seite 415-417 61) a. a. O., Seite 398 62) Bei NEUMANN hat der '"Vermögenswert" die gleiche Aufgabe. Vgl. Grundlagen der Volkswirtschaftslehre, I. Abteilung, 1889, Seite 186f. |