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Pragmatismus - Wörterbuch der Philosophie -
Die Pragmatisten berufen sich als auf ihre Vorgänger gern auf die meisten klugen Männer von SOKRATES bis SPENCER; der eigentliche Begründer der neuen Methode ist aber PEIRCE, der, von KANT und den neueren Mathematikern ausgehend, 1878 die Menschlichkeit, d.h. nur für den Menschen brauchbare Gültigkeit der Wahrheit lehrte; uns Europäern ist diese Lehre von der Unerkennbarkeit des Dings-an-sich, von der Phänomenalität der Welt, seit BERKELEY und KANT und seit den Ergebnissen der an KANT geschulten Sinnesphysiologie nicht mehr ganz unbekannt; es war aber gar nicht so übel, diese Weltanschauung, wie der Engländer SCHILLER tat, indem er an dem alten Worte einen energischen Bedeutungswandel vornahm, Humanismus zu nennen. Die Wahrheiten sind nicht an sich wahr, sondern nur für den Menschen, in der Menschensprache. Ein anderes Schlagwort stellte sich ein, als in Amerika die Gedanken MACHs verbreitet wurden: wenn die Ideen nur die Ökonomie des Denkens fördern, wenn die Wahrheiten nur als die Instrumente des allezeit praktischen menschlichen Denkens anzusehen sind, so kann man diese relativistische Auffassung von der Wahrheit auch Instrumentalismus nennen. Eine Verbindung mit KANT scheint da wieder herstellbar, wenn man sich erinnert, daß KANT seinen kategorischen Imperativ der Pflicht als das ethische Ideal den pragmatischen Imperativen gegenüberstellte, den Regeln der Klugheit, den Regeln, welche der menschlichen Wohlfahrt dienen. Jedenfalls hatte den Amerikanern die praktische Philosophie Europas eingeleuchtet; was sich nicht für das menschliche Handeln ausmünzen ließ, was für das menschliche Handeln keinen Barwert hatte (man denke nicht an den gröbsten Sinn des Wortes), das war Metaphysik der alten Welt. Und so wurde der Humanismus, der noch eine erkenntnistheoretische Bedeutung hatte, zu einem praktischen Pragmatismus umgedeutet. Populär gemacht wurde dieser Pragmatismus als "ein neuer Name für alte Denkmethoden" von WILLIAM JAMES, so populär, daß der Gegensatz gegen die deutsche Schulphilosophie in die Augen springen mußte; ![]() Die gelegentliche Verwendung scholastischer Begriffe (Möglichkeit, ante rem) kann nicht darüber täuschen, daß wenigstens JAMES, der vorzügliche Psychologe, kein fester Logiker ist. Auf jeder Seite seines Buches nähert er sich sprachkritischen Problemen, dringt aber niemals in ihre Tiefe: er hält es noch für bemerkenswert, daß die Amerikaner das bekannte Sternbild bald den Wagen, bald den großen Bären, bald die Küchenpfanne (dipper) nennen; er wendet gegen die Rationalisten ein, daß der Intellekt einzig und allein das Wort und seine orientierende Funktion kenne, aber wir werden gleich sehen, daß er selbst eine ausgesprochene Vorliebe für ausgediente, abgelebte, wertlose Wörter hat. ![]() Er teilt die Denker aller Zeiten sehr schlicht in die zartfühlenden und in die grobkörnigen ein; ich weiß nicht, welche dieser Bezeichnungen auf die Art paßt, wie JAMES den Gottesbegriff gerettet und dafür den Wahrheitsbegriff vernichtet hat. ![]() Die Höflichkeit gegen Gott ist wohl ein Familienerbstück, das die Amerikaner aus England hinübergebracht haben. JAMES findet es an dem Pragmatismus besonders empfehlenswert, daß er den Empirismus mit der Religion angeblich versöhne, ![]() Ich glaube nicht, daß ich den Begriff Wahrheit, der mir mit dem des Glaubens identisch ist, ![]() "Die Wahrheit einer Vorstellung ist nicht eine unbewegliche Eigenschaft, die ihr inhäriert. Wahrheit ist für eine Vorstellung ein Vorkommnis."Das ist in logischem Sinne ganz richtig. Aber die Pragmatisten sagen der Wahrheit nicht nur nach: sie ist nützlich, weil sie wahr ist; sondern auch: sie ist wahr, weil sie nützlich ist. Eine Wahrheit, die uns nicht dorthin führt, wohin wir gelangen wollen, ist nicht nützlich, ist keine Wahrheit. LOCKE, HUME, BERKELEY, KANT, HEGEL waren nach JAMES keine Wahrheitssucher, weil ihre Untersuchungen nicht nützlich waren. Das Leben ist für die Pragmatisten wichtiger als das Denken; ![]() "Wahr ist das, was wirkt", lehrt der englische Pragmatist SCHILLER; dann waren alle Vorurteile und alle Irrtümer, die in der tollen Geschichte der Menschheit je eine Rolle gespielt haben, dann war der Glaube an den Teufel wahr. ![]() JAMES hat einmal seinen Pragmatismus einen "philosophischen Protestantismus" genannt; das amerikanische Geistesleben stammt ja von den Puritanern ab. JAMES führt den Vergleich weiter aus: "Man wird sagen, der Pragmatismus sei, philosophisch betrachtet, nur ein leeres Geschwätz.Man halte daneben, was JAMES von den Zielen des Pragmatismus sagt: "Der Pragmatismus ist zu allem bereit,Wahrhaftig, der Pragmatismus ist zu allem bereit, ist zu allem fähig. ![]() ![]() |