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MORITZ SCHLICK
Über das Fundament der Erkenntnis

"Wer es ernst meint mit der Kohärenz als alleinigem Kriterium der Wahrheit, muß beliebig erdichtete Märchen für ebenso wahr halten wie einen historischen Bericht oder die Sätze in einem Lehrbuch der Chemie, wenn nur die Märchen so gut erfunden sind, daß nirgends ein Widerspruach auftritt. Ich kann eine grotesk abenteuerliche Welt mit Hilfe der Phantasie ausmalen: der Kohärenzphilosoph muß an die Wahrheit meiner Beschreibung glauben, wenn ich nur für die gegenseitige Verträglichkeit meiner Behauptungen sorge und zur Vorsicht noch jede Kollision mit der gewohnten Weltbeschreibung vermeide, indem ich den Schauplatz meiner Erzählung auf einen entfernten Stern verlege, wo keine Beobachtung mehr möglich ist. Ja, streng genommen habe ich jene Vorsicht gar nicht nötig, ich kann ebensogut verlangen, daß die anderen sich meiner Schilderung anzupassen haben, und nicht umgekehrt. Die anderen können dann nicht etwa einwenden, daß dieses Verfahren den Beobachtungen widerstreitet, denn nach der Kohärenzlehre kommt es auf irgendwelche  Beobachtungen gar nicht an, sondern allein auf die Verträglichkeit der Aussagen."

I.

Alle großen Versuche der Begründung einer Theorie des Erkennens, entspringen aus der Frage nach der Sicherheit menschlichen Wissens, und diese Frage wiederumg entspringt aus dem Wund nach absoluter Gewißheit der Erkenntnis.

Die Einsicht, daß die Aussagen des täglichen Lebens und der Wissenschaft schließlich nur auf wahrscheinliche Geltung Anspruch erheben können, daß auch die allgemeinsten in jeder Erfahrung bewährten Ergebnisse der Forschung nur den Charakter von Hypothesen haben, diese Einsicht hat die Philosophen seit DESCARTES, ja weniger deutlich schon seit dem Altertums immer wieder angestachelt, eine unerschütterliche Grundlage zu suchen, die allem Zweifel entzogen ist und den festen Boden bildet, auf dem sich das schwankende Gebäude unseres Wissens erhebt. Die Unsicherheit des Gebäudes führte man meist darauf urück, daß es unmöglich - vielleicht prinzipiell unmöglich - war, durch menschliche Denkkraft ein solideres aufzubauen; aber das hinderte nicht, nach dem natürlichen Felsen zu suchen, welcher  vor  allem Bauen da ist und selber nicht wankt.

Dieses Suchen ist ein lobenswertes, gesundes Streben, und es ist auch bei "Relativisten" und "Skeptikern" wirksam, die sich seiner gerne schämen möchten. Es tritt in verschiedenen Formen auf und führt zu sonderbaren Meinungsverschiedenheiten. Die Frage nach den "Protokollsätzen", ja nach ihrer Funktion und Struktur, ist die neueste Form, in welche die Philosophie oder vielmehr der entschiedene Empirismus unserer Tage, das Problem des letzten Wissensgrundes kleidet.

Unter "Protokollsätzen" dachte man sich, wie der Name andeutet, ursprünglich jene Sätze, welche in absoluter Schlichtheit, ohne jede Formung, Veränderung oder Zutat die  Tatsachen  aussprechen, in deren Bearbeitung jede Wissenschaft besteht, und die jeder Behauptung über die Welt, jedem Wissen vorhergehen. Es hat keinen Sinn, von ungewissen Tatsachen sprechen, nur Aussagen, nur unser Wissen kann unsicher sein; und wenn es daher gelingt, die rohen Tatsachen völlig rein in "Protokollsätzen" wiederzugeben, so scheinen diese die absolut unzweifelhaften Ausgangspunkte aller Erkenntnis zu sein. Sie werden zwar in dem Augenblick wieder verlassen, in dem man zu Sätzen übergeht, die im Leben oder in der Wissenschaft wirklich brauchbar sind (ein solcher Übergang scheint der von "singulären" zu "allgemeinen" Aussagen zu sein), aber sie bilden immerhin den festen Untergrund, welchem alle unsere Erkenntnisse alles verdanken, was sie an Geltung noch besitzen mögen.

Es ist dabei gleichgültig, ob diese sogenannten Protokollsätze jemals wirklich protokolliert, also tatsächlich ausgesprochen, aufgeschrieben oder auch nur explizit "gedacht" werden; nur darauf kommt es an, daß man weiß, zu welchen Sätzen die wirklich gemachten Aufzeichnungen zurückführen, und daß diese jederzeit rekonstruierbar sind. Wenn ein Forscher z. B. notiert, "unter den und den Umständen steht der Zeit auf 10 · 5", so weiß er, daß dies bedeutet: "zwei schwarze Striche fallen zusammen", und daß die Worte "unter den und den Umständen" (die wir uns hier aufgezählt denken) gleichfalls in bestimmte Protokollsätze aufzulösen sind, die er, wenn auch mit Mühe, so doch im Prinzip genau angeben könnte, wenn er wollte.

Es ist klar und wird meines Wissens von keiner Seite bestritten, daß die Erkenntnis im Leben und in der Forschung in  irgendeinem  Sinn mit der Konstatierung von Tatsachen  beginnt,  und daß "Protokollsätze", in denen eben diese Konstatierung geschieht, in demselben Sinn am  Anfang  der Wissenschaft stehen. Welches ist dieser Sinn? Ist der "Beginn" im zeitlichen oder logischen Sinn zu verstehen?

Hier finden wir schon manche Unklarheit und manches Schwanken. Wenn ich oben sagte, es kommt nicht darauf an, ob die entscheidenden Sätze auch wirklich protokolliert oder ausgesprochen würden, so heißt dies offenbar, daß sie nicht  zeitlich  am Anfang zu stehen brauchen, sondern ebensogut nachgeholt werden können, wenn es erforderlich sein sollte. Und man wird es  dann  erforderlich finden, wenn man sich klarzumachen wünscht, was denn das tatsächlich Aufgeschriebene eigentlich bedeutet. Also wäre die Rede von Protokollsätzen  logisch  zu verstehen? Dann würden sie durch bestimmte logische Eigenschaften, durch ihre Struktur, ihre Stellung im System der Wissenschaft ausgezeichnet sein, und es entstünde die Aufgabe, nun eben diese Eigenschaften wirklich anzugeben. In der Tat ist dies die Form, in welcher z. B. CARNAP früher das Problem der Protokollsätze ausdrücklich stellte, während er es später ( Erkenntnis,  Bd. 3, Seite 216 und 223) als eine durch willkürliche Festsetzung zu lösende Frage erklärte.

Auf der anderen Seite finden wir manche Ausführungen, die vorauszusetzen scheinen, daß man unter "Protokollsätzen" nur solche Aussagen verstehen will, die auch zeitlich den anderen Behauptungen der Wissenschaft vorausgehen. Und geschieht das nicht mit Recht? Man muß doch bedenken, daß es sich um das letzte Fundament der  Wirklichkeits erkenntnis handelt, und daß es dazu nicht genügen kann, die Sätze nur gleichsam als "ideale Gebilde" zu behandeln (wie man früher platonisierend zu sagen pflegte), sondern daß man sich um die realen Gelegenheiten, um die in der Zeit eintretenden Ereignisse kümmern muß, in denen das Fällen der Urteile besteht, also um die psychischen Akte des "Denkens", oder die physischen des "Sprechens" oder "Schreibens". Da die psychischen Urteilsakte erst dann geeignet erscheinen, zur Begründung der intersubjektiv gültigen Erkenntnis zu dienen, wenn sie in einem mündlichen oder schriftlichen Ausdruck (d. h. physisches Zeichensystem) übersetzt sind, so kam man dazu, als "Protokollsätze" gewisse gesprochene, geschriebene oder gedruckte Sätze anzusehen, d. h. gewisse aus Lauten, aus Tinte oder Druckerschwärze bestehenden Zeichenkomplexe, die, wenn man sie aus den üblichen Abkürzungen in die vollständige Sprechweise überträgt, etwa bedeuten würden: "Herr  XY"  hat zu der und der Zeit an dem und dem Ort das und das beobachtet". (Diese Auffassung wurde besonders von OTTO NEURATH vertreten.) In der Tat, wenn wir den Weg zurückverfolgen, auf dem wir realiter zu all unserem Wissen gelangt sind, so stoßen wir zweifellos immer auf dieselben Quellen: gedruckte Sätze in einem Buch, Worte aus dem Mund eines Lehrers, eigene Beobachtungenn (im letzten Fall sind wir selbst dieser Herr  XY). 

Nach dieser Auffassung wären die Protokollsätze reale Vorkommnisse in der Welt und müssen den anderen realen Prozessen, in denen der "Aufbau der Wissenschaft" oder auch die Erzeugung des Wissens eines Individuums besteht, zeitlich vorangehen.

Ich weiß nicht, inwiefern die hier gemachte Unterscheidung zwischen der logischen und der zeitliche Priorität der Protokollsätze dem Unterschied der von bestimmten Autoren tatsächlich vertretenen Auffassungen entspricht - aber darauf kommt es auch gar nicht an. Denn es handelt sich uns nicht darum, zu unterscheiden, wer das Richtige gesagt hat, sondern was das Richtige  ist.  Und dabei wird jene Unterscheidung der zwei Standpunkte gute Dienste leisten.

De facto können beide Auffassungen sich miteinander vertragen, denn die Sätze, welche schlichte Beobachtungsdaten registrieren und zeitlich am Anfang stehen, könnten zugleich diejenigen sein, welche vermöge ihrer Struktur den logischen Beginn der Wissenschaft bilden müssen.


II.

Die Frage, die uns zuerst interessieren soll, ist die: welcher Fortschritt ist dadurch erzielt, daß man das Problem der letzten Grundlegung der Erkenntnis mit Hilfe des Begriffs des Protokollsatzes formulierte? Die Beantwortung dieser Frage soll uns auf die Lösung des Problems selbst vorbereiten.

Es scheint mir eine große Verbesserung der Methode zu bedeuten, daß man nicht nach den primären  Tatsachen,  sondern nach den primären  Sätzen  suchte, um zum Fundament der Erkenntnis zu gelangen. Aber mir scheint auch, daß man diesen Vorteil nicht recht zu nützen verstand, und vielleicht deshalb, weil man sich nicht recht bewußt war, daß es sich im Grunde doch um nichts anderes handelte, als jenes alte Problem des Fundamentes. Ich glaube nämlich, daß die Anschauung, zu der man durch die Betrachtungen über Protokollsätze gelangte, nicht haltbar ist. Sie laufen auf einen eigentümlichen Relativismus hinaus, der eine notwendige Folge der Auffassung zu sein scheint, welche die Protokollsätze als empirische Fakta ansieht, auf denen sich das Gebäude des Wissens in zeitlicher Entfaltung erhebt.

Sowie man nämlich nach der Sicherheit fragt, mit der die Wahrheit der in dieser Weise aufgefaßten Protokollsätze behauptet werden kann, muß man eingestehen, daß sie allen möglichen Zweifeln ausgesetzt ist.

Da steht in einem Buch so ein Satz, der z. B. besagt, daß Herr  XY  an dem und dem Instrument die und die Beobachtung machte. Mag man, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind, zu diesem Satz auch das allergrößte Vertauen hegen - niemals kann man ihn, und damit jene Beobachtung, für  absolut  gesichert halten. Denn die Möglichkeiten des Irrtums sind zahllos. Herr  XY  kann versehentlich oder absichtlich etwas aufgezeichnet haben, was den beobachteten Tatbestand nicht richtig wiedergibt; es kann beim Abschreiben, beim Drucken ein Fehler unterlaufen sein, ja auch die Voraussetzung, daß die Schriftzeichen eines Buches auch nur eine Minute lang ihre Gestalt bewahren und sich nicht "von selbst" zu neuen Sätzen ordnen, ist eine empirische Hypothese, die als solche niemals streng zu verifizieren ist, denn jede Verifikation würde auf Annahmen der gleichen Art beruhen und der Voraussetzung, daß unsere Erinnerung uns wenigstens während kurzer Zeit nicht täuscht, usw.

Dies heißt natürlich - und einige von unseren Autoren haben fast triumphierend darauf aufmerksam gemacht -, daß die so aufgefaßten Protokollsätze im Prinzip ganz genau denselben Charakter tragen wie alle übrigen Sätze der Wissenschaft auch: es sind Hypothesen, nichts als Hypothesen. Sie sind nichts weniger als unumstößlich, und man kann sie beim Aufbau des Erkenntnissystems nur so lange benützen, als sie durch andere Hypothesen gestützt oder wenigstens nicht widerlegt werden. Wir behalten uns also jederzeit vor, auch an den Protokollsätzen Korrekturen vorzunehmen, und solche Korrekturen finden auch häufig genug statt, wenn wir gewisse Protokollangaben ausschalten und nachträglich behaupten, daß sie durch irgendeinen Irrtum zustandegekommen sein müssen.

Auch bei Sätzen, die wir selbst aufgestellt haben, schließen wir die Möglichkeit des Irrtums niemals prinzipiell aus. Wir geben zu, daß unser Geist in dem Augenblick, als er sein Urteil fällte, vielleicht vollkommen verwirrt war, und daß ein Erlebnis, von dem wir jetzt behaupten es vor zwei Sekunden gehabt zu haben, bei nachträglicher Prüfung als eine Halluzination oder gar als überhaupt nicht vorgekommen erklärt werden könnte.

So ist klar: die geschilderte Auffassung liefert demjenigen, der auf der Suche nach einem festen Fundament der Erkenntnis ist, in ihren "Protokollsätzen" etwas Derartiges  nicht.  Im Gegenteil, sie führt eigentlich nur dazu, den anfangs eingeführten Unterschied zwischen Protokoll- und anderen Sätzen nachträglich als bedeutungslos wieder aufzuheben. So verstehen wir, wie man zu der Meinung gelangte (KARL POPPER, zitiert bei CARNAP,  Erkenntnis,  Bd. 3, Seite 223), man könne ganz beliebige Sätze der Wissenschaft herausgreifen und sie als "Protokollsätze" bezeichnen; und es hänge nur von Gründen der Zweckmäßigkeit ab, welche man dazu wählen wolle.

Aber könnten wir dies zugeben? Gibt es wirklich nur Zweckmäßigkeitsgründe? Kommt es nicht vielmehr darauf an, woher die einzelnen Sätze stammen, welches ihr Ursprung, ihre Geschichte ist? Was heißt hier überhaupt Zweckmäßigkeit? Welches ist denn der Zweck, den man mit der Aufstellung und Auswahl der Sätze verfolgt?

Der Zweck kann kein anderer sein als der der Wissenschaft selbst, nämlich: eine  wahre  Darstellung der Tatsachen zu liefern. Für uns versteht es sich von selbst, daß das Problem des Fundaments aller Erkenntnis nichts anderes ist als die Frage nach dem Kriterium der Wahrheit. Die Einführung des Terminus "Protokollsätze" geschah anfangs sicherlich in der Absicht, durch ihn gewisse Sätze auszuzeichnen, an deren Wahrheit dann die Wahrheit aller übrigen Aussagen wie an einem Maßstab gemessen werden sollte. Nach der beschriebenen Ansicht hätte sich nun dieser Maßstab gemessen werden sollte. Nach der beschriebenen Ansicht hätte sich nun dieser Maßstab also ebenso relativ herausgestellt, wie etwa alle Maßstäbe in der Physik. Und jene Ansicht mit ihren Folgerungen ist dann auch als Austreibung des letzten Rests von "Absolutismus" aus der Philosophie gepriesen worden (CARNAP, a. a. O., Seite 228).

Was bleibt aber dann überhaupt als Kriterium der Wahrheit übrig? Da es sich nicht so verhalten soll, daß alle Aussagen der Wissenschaft sich ganz nach bestimmten Protokollsätzen richten müssen, sondern vielmehr so, daß alle Sätze sich nach allen richten sollen, wobei jeder einzelne als prinzipiell korrigierbar betrachtet wird, so kann die Wahrheit nur bestehen in der  Übereinstimmung  der Sätze untereinander.


III.

Diese Lehre (die z. B. von OTTO NEURATH in dem geschilderten Zusammenhang ausdrücklich formuliert und vertreten wird) ist aus der Geschichte der neueren Philosophie wohl bekannt. In England wird sie gewöhnlich als "coherence theory of truth" bezeichnet und der älteren "correspondence theory" gegenübergestellt (wobei zu bemerken wäre, daß der Ausdruck "Theorie" hier recht unangebracht ist, da Bemerkungen über die Natur der Wahrheit einen ganz anderen Charakter haben als wissenschaftliche Theorien, die immer aus einem System von Hypothesen bestehen).

Der Gegensatz beider Ansichten wird meist so ausgesprochen, daß nach der einen, traditionellen, die Wahrheit eines Satzes in seiner Übereinstimmung mit den Tatsachen bestehe, nach der anderen aber, der "Zusammenhangs"lehre, in seiner Übereinstimmung mit dem System der übrigen Sätze.

Ich will hier nicht allgemein untersuchen, ob die Formulierung der letzteren Lehre nicht auch so gedeutet werden kann, daß sie auf etwas ganz Richtiges aufmerksam macht (nämlich darauf, daß wir in einem ganz bestimmten Sinn "aus der Sprache nicht herauskönnen", wie sie WITTGENSTEIN ausdrückt); hier habe ich vielmehr zu zeigen, daß sie in der Interpretation, die ihr in unserem Zusammenhang gegeben werden muß, gänzlich unhaltbar ist.

Wenn die Wahrheit eines Satzes in seiner Kohärenz oder Übereinstimmung mit den anderen Sätzen bestehen soll, so muß man sich darüber klar sein, was man unter "Übereinstimmung" versteht, und  welche  Sätze mit den "anderen" gemeint sind.

Der erste Punkt dürfte sich leicht erledigen lassen. da nicht gemeint sein kann, daß die zu prüfende Aussage  dasselbe  behauptet wir die übrigen, so bleibt nur übrig, daß sie mit ihr nur  verträglich  sein muß, als daß kein Widerspruch zwischen ihr und ihnen besteht. Wahrheit würde also einfach in Widerspruchslosigkeit bestehen. Darüber aber, ob man Wahrheit mit Widerspruchsfreiheit schlechthin identifizieren könnte, sollte keine Diskussion mehr stattfinden. Es dürfte längst allgemein anerkannt sein, daß nur bei Sätzen tautologischen Charakters Widerspruchslosigkeit und Wahrheit (wenn man dieses Wort überhaupt anwenden will) gleichzusetzen sind, also z. B. bei Sätzen der reinen Geometrie. Bei dergleichen Sätzen aber ist jede Beziehung zur Wirklichkeit absichtlich gelöst, sie sind nur Formeln innerhalb eines festgelegten Kalküls; bei Aussagen der  reinen  Geometrie hat es keinen Sinn, zu fragen, ob sie mit den Tatsachen der Welt übereinstimmen oder nicht, sie müssen nur mit den willkürlich an die Spitze gestellten Axiomen verträglich sein (überdies fordert man üblicherweise noch, daß sie aus ihnen  folgen),  um wahr oder richtig zu heißen. Wir haben hier eben das vor uns, was man früher  formale  Wahrheit genannt und von der  materialen  Wahrheit unterschieden hat.

Die letztere ist die Wahrheit der synthetischen Sätze, der Tatsachenaussagen, und wenn man sie mit Hilfe des Begriffs der Widerspruchslosigkeit, des Zusammenstimmens mit anderen Sätzen beschreiben will, so kann man das nur, indem man sagt,, daß sie mit  ganz bestimmten  Aussagen nicht im Widerspruch stehen dürfen, nämlich eben jenen, welche "Tatsachen der unmittelbaren Beobachtung" aussprechen. Nicht Verträglichkeit mit  irgend welchen beliebigen Sätzen kann das Kriterium der Wahrheit sein, sondern Zusammenstimmen mit gewissen ausgezeichneten, in keiner Weise frei wählbaren Aussagen wird gefordert. Mit andern Worten: das Kriterium der Widerspruchsfreiheit allein genügt durchaus nicht für die materiale Wahrheit, sondern es kommt ganz und gar auf die Verträglichkeit mit höchst besonderen eigentümlichen Aussagen an; und es steht nichts im Weg - ich halte es vielmehr durchaus für gerechtfertigt -, für  diese  Verträglichkeit den guten alten Ausdruck "Übereinstimmung mit der Wirklichkeit" zu gebrauchen.

Der erstaunliche Irrtum der "coherence theory" ist nur dadurch zu erklären, daß man bei der Aufstellung und Erläuterung dieser Lehre immer nur an tatsächlich in der Wissenschaft auftretende Sätze dachte und nur sie als Beispiele heranzog. Da genügte dann tatsächlich der widerspruchsfreie Zusammenhang untereinander, aber nur deshalb, weil diese Sätze schon ganz bestimmter Art sind. Sie haben nämlich in gewissem (alsbald noch zu beschreibendem) Sinn ihren "Ursprung" in Beobachtungssätzen, sie stammen, wie man in der traditionellen Ausdrucksweise getrost sagen darf, "aus der Erfahrung".

Wer es ernst meint mit der Kohärenz als alleinigem Kriterium der Wahrheit, muß beliebig erdichtete Märchen für ebenso wahr halten wie einen historischen Bericht oder die Sätze in einem Lehrbuch der Chemie, wenn nur die Märchen so gut erfunden sind, daß nirgends ein Widerspruach auftritt. Ich kann eine grotesk abenteuerliche Welt mit Hilfe der Phantasie ausmalen: der Kohärenzphilosoph muß an die Wahrheit meiner Beschreibung glauben, wenn ich nur für die gegenseitige Verträglichkeit meiner Behauptungen sorge und zur Vorsicht noch jede Kollision mit der gewohnten Weltbeschreibung vermeide, indem ich den Schauplatz meiner Erzählung auf einen entfernten Stern verlege, wo keine Beobachtung mehr möglich ist. Ja, streng genommen habe ich jene Vorsicht gar nicht nötig, ich kann ebensogut verlangen, daß die anderen sich meiner Schilderung anzupassen haben, und nicht umgekehrt. Die anderen können dann nicht etwa einwenden, daß dieses Verfahren den Beobachtungen widerstreitet, denn nach der Kohärenzlehre kommt es auf irgendwelche "Beobachtungen" gar nicht an, sondern allein auf die Verträglichkeit der Aussagen.

Da es keinem Menschen einfällt, die Sätze eines Märchenbuchs für wahr, die eines Physikbuches für falsch zu halten, so ist die Kohärenzlehre völlig verfehlt. Es muß eben zur Kohärenz noch etwas anderes hinzukommen, nämlich ein Prinzip, nach welchem die Verträglichkeit herzustellen ist, und dieses wäre dan erst das eigentliche Kriterium.

Ist mir eine Menge von Aussagen gegeben, unter denen sich auch widersprechende befinden, so kann ich die Verträglichkeit ja auf verschiedene Weisen herstellen, indem ich z. B. das eine Mal gewisse Aussagen herausgreife und fallen lasse oder korrigiere, das andere Mal aber dasselbe mit denjenigen Aussagen tue, denen die ersten widersprechen.

Damit zeit sich die logische Unmöglichkeit der Kohärenzlehre; sie gibt überhaupt kein eindeutiges Kriterium der Wahrheit, denn ich kann mit ihr zu beliebig vielen in sich widerspruchsfreien Satzsystemen gelangen, die aber unter sich unverträglich sind.

Der Unsinn wird nur dadurch vermieden, daß man nicht die Weglassung oder Korrektur beliebiger Aussagen zuläßt, sondern vielmehr diejenigen angibt, welche aufrechtzuerhalten sind und nach denen sich die übrigen zu richten haben.


IV.

Die Kohärenzlehre ist damit erledigt, und wir sind inzwischen schon längst beim zweiten Punkt unserer kritischen Überlegung angelangt, nämlich bei der Frage,  ob alle  Sätze korrigierbar sind, oder ob es auch solche gibt, an denen nicht gerüttelt werden kann. Diese letzten würden natürlich das "Fundament" aller Erkenntnis bilden, nach dem wir suchten, und dem wir bisher keinen Schritt näher gekommen sind.

Nach welcher Vorschrift also sind die Sätze auszusuchen, die selbst unverändert bleiben und mit denen alle übrigen in Einklang gebracht werden müssen? Wir wollen sie im folgenden nicht "Protokollsätze", sondern "Fundamentalsätze" nennen, da es ja zweifelhaft ist, ob sie in den Protokollen der Wissenschaft überhaupt vorkommen.

Das nächstliegende wäre zweifellos, die gesuchte Vorschrift in einer Art Ökonomieprinzip zu erblicken, nämlich zu sagen: als Fundamentalsätze sind diejenigen zu wählen, bei deren Festhaltung ein  Minimum  von Änderungen im ganzen Aussagensystem nötig ist, um es von allen Widersprüchen zu reinigen.

Es verdient bemerkt zu werden, daß eine derartige Ökonomievorschrift nicht ganz bestimmte Aussagen ein für allemal als Fundamentalsätze festlegen würde, sondern es könnte geschehen, daß mit dem Fortschritt der Erkenntnis die Fundamentalsätze, die bis dahin als solche gedient haben, wieder degradiert werden, da es sich als mehr ökonomisch herausstellt, sie fallenzulassen zugunsten neu aufgefundener Sätze, die von da an - bis auf weiteres - die Rolle des Fundamentes spielen. - Dies wäre also zwar nicht mehr der reine Kohärenz-, sondern ein Ökonomiestandpunkt, aber der "Relativismus" würde ihm ebensogut eignen.

Es scheint mir fraglos, daß die Vertreter der bisher kritisierten Ansicht in der Tat das Ökonomieprinzip als eigentlichen Leitfaden ansahen, ob nun ausdrücklich oder unausgesprochen; ich habe daher auch oben bereits angenommen, daß es bei der relativistischen Lehre Zweckmäßigkeitsgründe sind, die die Wahl der "Protokollsätze" entscheiden, und ich hatte gefragt: Können wir das zugeben?

Ich beantworte diese Frage jetzt mit Nein! Es ist tatsächlich nicht die ökonomische Zweckmäßigkeit, sondern es sind ganz andere Eigenschaften, die die echten Fundamentalsätze auszeichnen.

Das Verfahren der Wahl dieser Sätze wäre ökonomisch zu nennen, wenn es etwa in einer Anpassung an die Meinungen (oder "Protokollsätze") der Majorität der Forscher bestünde. Nun ist es allerdings so, daß wir ein Faktum, z. B. ein geographisches oder historisches, oder auch ein Naturgesetz, als unzweifelhaft bestehend hinnehmen, wenn wir an den für solche Berichte in Frage kommenden Stellen es sehr oft als bestehend erwähnt fanden. Es fällt uns dann gar nicht ein, es noch selbst nachprüfen zu wollen. Wir stimmen als dem allgemein Anerkanntenn bei. Aber dies erklärt sich dadurch, daß wir genaue Kenntnis davon haben, auf welche Art solche Tatsachenaussagen zustandezukommen pflegen, und daß diese Art unser Vertrauen erweckt; nicht aber dadurch, daß es der Ansicht der Majorität entspricht. Im Gegenteil, es konnte erst zur allgemeinen Anerkennung gelangen, weil jeder einzelne dasselbe Vertrauen fühlt. Ob und in welchem Maß wir eine Aussage für korrigierbar oder annullierbar erklären, hängt ganz allein  von ihrer Herkunft ab,  und (von ganz besonderen Fällen abgesehen) durchaus nicht davon, ob ihre Beibehaltung eine Korrektur sehr vieler anderer Aussagen und vielleicht eine Umschichtung des ganzen Wissenssystems erfordert.

Bevor man das Ökonomieprinzip anwenden kann, muß man wissen: auf  welche  Sätze denn? Und wenn das Prinzip die  einzige  entscheidende Vorschrift wäre, so könnte die Antwort nur lauten: nun, eben auf  alle,  die überhaupt mit dem Anspruch auf Geltung aufgestellt werden oder sogar je aufgestellt worden sind. Ja, eigentlich wäre die Klausel "mit dem Anspruch auf Geltung" fortzulassen, denn wie sollen wir sie von den rein willkürlich aufgestellten, zum Spaß oder zur Irreführung erdachten unterscheiden? Diese Unterscheidung läßt sich schon gar nicht formulieren, ohne die  Entstehung  der Aussagen in Betracht zu ziehen. So sehen wir uns immer wieder auf die Frage nach ihrer Herkunft verwiesen. Ohne die Aussagen nach ihrer Herkunft klassifiziert zu haben, wäre jede Anwendung des ökonomischen Prinzips der Zusammenstimmung völlig absurd. Hat man aber die Sätze einmal auf ihren Ursprung untersucht, so bemerkt man alsbald, daß man sie damit bereits zugleich in eine Ordnung nach ihrer Geltung gebracht hat, und daß für eine Anwendung des Ökonomieprinzips gar kein Platz mehr ist (abgesehen von gewissen Sonderfällen an noch unabgeschlossenen Stellen der Wissenschaft), und daß jene Ordnung zugleich den Weg weist zu dem Fundament, das wir suchen.


V.

Hier ist freilich die äußerste Vorsicht am Platz. Denn hier stoßen wir gerade auf den Weg, den man seit jeher verfolgte, so oft man die Reise nach den letzten Gründen der Wahrheit antrat. Und immer hat man das Ziel verfehlt. Bei jener Ordnung der Sätze nach ihrem Ursprung, die ich zum Zweck der Beurteilung ihrer Gewißheit vornehme, stellen sich nämlich alsbald diejenigen an einen ausgezeichneten Platz,  die ich selbst  aufstelle. Und von diesen treten die in der Vergangenheit liegenden wieder weiter zurück, weil wir glauben, daß ihre Gewißheit durch "Erinnerungstäuschungen" beeinträchtigt sein kann - und zwar im allgemeinen umso mehr, je weiter sie in der Zeit zurückliegen. Dagegen treten an die Spitze als allem Zweifel entrückt jene, die einen  in der Gegenwart  liegenden Tatbestand der eigenen "Wahrnehmung" oder des "Erlebens" (oder wie die Ausdrücke lauten mögen) ausdrücken. Und so einfach und klar dies zu sein scheint, so sind doch die Philosophen in ein hoffnungsloses Labyrinth geraten, sobald sie wirklich die Sätze der zuletzt erwähnten Art als Grundlage allen Wissens zu benutzen versuchten. Einige Vexiergänge dieses Labyrinths sind z. B. jene Formulierungen und Folgerungen, die unter den Namen "Evidenz der inneren Wahrnehmung", "Solipsismus", "Instantansolipsismus", "Selbstgewißheit des Bewußtseins" usw. im Mittelpunkt so vieler philosophischer Kämpfe gestanden haben. Der bekannteste Endpunkt, zu dem die Verfolgung des geschilderten Weges geführt hat, ist das Cartesische  cogito ergo sum,  zu dem ja auch AUGUSTINUS eigentlich schon vorgedrungen war. Und über das  cogito ergo sum  sind uns ja heute durch die Logik die Augen genugsam geöffnet worden: Wir wissen, daß es ein bloßer Scheinsatz ist, der auch dadurch nicht zu einer echten Aussage wird, daß man ihn in der Form ausspricht:  cogitatio est  - "die Bewußtseinsinhalte existieren" (1). Ein solcher Satz, der selbst nichts ausdrückt, kann in gar keinem Sinn als Fundament von irgendetwas dienen; er ist selbst keine Erkenntnis, und es ruht keine auf ihm; er kann keinem Wissen Sicherheit verleihen.

Es besteht also die größte Gefahr, daß man bei der Begehung des empfohlenen Weges statt zu dem gesuchten Fundament zu nichts als zu leeren Wortgebilden gelangt. Aus dem Wunsch, dieser Gefahr zu entgehen, war ja die kritische Protokollsatzlehre entsprungen. Der von ihr eingeschlagene Ausweg konnte uns aber nicht befriedigen; sein  wesentlicher  Mangel liegt in der Verkennung der verschiedenen Dignität der Sätze, die sich am deutlichsten in der Tatsache ausdrückt, daß für das Wissenssystem, welches einer als das "richtige" annimmt, seine  eigenen  Sätze schließlich doch die einzig entscheidende Rolle spielen.

Es wäre theoretisch denkbar, daß die Aussagen, welche alle anderen Menschen über die Welt machen, durch meine eigenen Beobachtungen in keiner Weise bestätigt würden. Es könnte sein, daß alle Bücher, die ich lese, und alle Lehrer, die ich höre, unter sich in vollkommener Übereinstimmung sind, daß sie einanander nie widersprechen, daß sie aber mit einem großen Teil meiner eigenen Beobachtungssätze schlechthin unvereinbar sind. (Gewisse Schwierigkeiten würde in diesem Fall die Frage des Erlernens der Sprache und ihres Gebrauchs zur Verständigung bereiten, aber sie ließen sich beheben durch gewisse Annahmen darüber, an welchen Stellen allein die Widersprüche auftreten sollen.) Nach der kritisierten Lehre würde ich in einem solchen Fall einfach meine eigenen "Protokollsätze" opfern müssen, da ihnen ja die überwältigende Menge der anderen, unter sich harmonischen, gegenüberstünde, denen man unmöglich zumuten kann, sich nach meiner beschränkten fragmentarischen Erfahrung zu korrigieren.

Was geschähe aber wirklich in dem gedachten Fall? Nun, ich würde unter gar keinen Umständen meine eigenen Beobachtungssätze aufgeben, sondern ich finde, daß ich nur ein Erkenntnissystem annehmen kann, in welches sie unverstümmelt hineinpassen. Und ein solches könnte ich auch stets konstruieren. Ich brauche nur die anderen Menschen als träumende Narren anzusehen, in deren Wahnsinn eine bewundernswerte Methode ist, oder - umd dasselbe sachlicher auszudrücken - ich würde sagen, daß die anderen eben in einer anderen Welt als ich leben, die mit der meinigen nur gerade so viel gemeinsam hat, daß eine Verständigung durch dieselbe Sprache möglich ist. Auf jeden Fall würde ich, welches Weltbild ich auch konstruiere, seine Wahrheit immer nur an der eigenen Erfahrung prüfen; diesen Halt würde ich mir niemals rauben lassen, meine eigenen Beobachtungssätze würden immer das letzte Kriterium sein. Ich würde sozusagen ausrufen: "Was ich sehe, das sehe ich!"


VI.

Nach diesen kritischen Vorbereitungen ist klar, in welcher Richtung wir die Auflösung der verwirrenden Schwierigkeiten zu suchen haben: wir müssen die Stücke des Cartesischen Weges benutzen, soweit sie gut und gangbar sind, uns dann aber davor hüten, uns in das  cogito ergo sum  und verwandte Sinnlosigkeiten zu verwirren. Das tun wir, indem wir uns klarmachen, welchen Sinn und welche Rolle denn nun wirklich den Sätzen zukommt, die "gegenwärtig Beobachtetes" ausdrücken.

Was steckt eigentlich dahinter, wenn man sagt, daß sie "absolut gewiß" seien? Und in welchem Sinn darf man sie als letzten Grund allen Wissens bezeichnen?

Betrachten wir die zweite Frage zuerst. Wenn wir uns denken, daß ich jede Beobachtung sofort notierte - wobei es prinzipiell gleichgültig ist, ob das auf dem Papier oder nur im Gedächtnis geschieht - und begänne nun von da aus den Aufbau der Wissenschaft: so hätte ich echte "Protokollsätze" vor mir, die zeitlich am Anfang der Erkenntnis stünden. Aus ihnen würden die übrigen Sätze der Wissenschaft allmählich durch jenen Prozeß entstehen, den man "Induktion" nennt und der in nichts anderem besteht als darin, daß ich, durch die Protokollsätze angeregt oder veranlaßt, allgemeine Sätze versuchsweise aufstelle ("Hypothesen"), aus denen jene ersten Sätze, aber auch unzählige andere, logisch folgen. Wenn nun diese anderen  dasselbe  aussagen wie spätere Beobachtungssätze, die unter ganz bestimmten, vorher genau anzugebenden Umständen gewonnen werden, so gelten die Hypothesen so lange als bestätigt, als nicht auch Beobachtungsaussagen auftreten, die zu aus den Hypothesen abgeleiteten Sätzen - und damit zu den Hypothesen selbst - im Widerspruch stehen. Solange das nicht eintritt, glauben wir ein Naturgesetz richtig erraten zu haben. Induktion ist also nichts anderes als ein methodisch geleitetes Raten, ein psychologischer, biologischer Prozeß, dessen Behandlung gewiß nichts mit "Logik" zu tun hat.

Hiermit ist das tatsächliche Verfahren der Wissenschaft schematisch beschrieben. Es ist deutlich, welche Rolle die Aussagen über "gegenwärtig Wahrgenommenes" darin spielen. Sie sind nicht identisch mit dem Aufgeschriebenen oder Erinnerten, also mit dem, was rechtmäßig "Protokollsätze" heißen könnte, sondern sie sind der  Anlaß  zu ihrer Bildung. Die im Buch oder Gedächtnis aufbewahrten Protokollsätze sind, wie wir oben längst anerkannten, zweifellos in ihrer Geltung den  Hypothesen  gleichzusetzen, denn wenn wir einen solchen Satz vor uns haben, so ist es eine bloße Annahme, daß er wahr ist, daß er mit dem Beobachtungssatz übereinstimmt, durch den er veranlaßt wurde. (Ja, vielleicht wurde er durch gar keinen Beobachtungssatz veranlaßt, sondern entsprang irgendeinem Spiel.) Mit einem wirklichen Protokollsatz kann das, was ich Beobachtungssatz nenne, schon deshalb nicht identisch sein, weil es sich in gewissem Sinn überhaupt nicht aufzeichnen läßt - wie wir sogleich besprechen werden.

Im Schema des Erkenntnisaufbaus, das ich beschrieben habe, spielen also die Beobachtungssätze erstens die Rolle, daß sie zeitlich am Anfang des ganzen Prozesses stehen, ihn anregen und in Gang bringen. Wieviel von ihrem Inhalt in die Erkenntnis eingeht, bleibt prinzipiell zunächst dahingestellt. Mit einem gewissen Recht kann man also die Beobachtungssätze als letzten Ursprung allen Wissens ansehen, aber soll man sie als das Fundament, als den letzten sicheren Grund bezeichnen? Dies dürfte kaum angezeigt sein, denn dieser "Ursprung" hängt mit dem Erkenntnisgebäude doch auf eine zu fragwürdige Art zusammen. Außerdem haben wir ja den wahren Prozeß schematisch vereinfacht gedacht. In Wirklichkeit schließt sich das, was tatsächlich protokolliert wird, an das Beobachtete selbst noch weniger eng an, und im allgemeinen wird man nicht einmal annehmen dürfen, daß zwischen die Beobachtung und das "Protokoll" sich überhaupt reine Beobachtungssätze einschieben.

Aber nun scheint ja diesen Sätzen, den Aussagen über gegenwärtig Wahrgenommenes, den "Konstatierungen", wie wir sie auch nennen könnten, noch eine zweite Funktion zuzukommen: nämlich bei der Bestätigung der Hypothesen, bei der  Verifikation. 

Die Wissenschaft macht Prophezeiungen, die durch die "Erfahrung" geprüft werden. Im Aufstellen von Voraussagen besteht ihre wesentliche Funktion. Sie sagt etwa: "Wenn du zu der und der Zeit durch ein so und so eingestelltes Fernrohr blickst, so siehst du ein Lichtpünktichen (Stern) in Koinzidenz mit einem schwarzen Strich (Fadenkreuz)": Nehmen wir an, daß bei der Befolgung dieser Anweisung das prophezeite Ereignis wirklich eintritt, so heißt das ja, daß wir eine Konstatierung machen, auf die wir vorbereitet sind; wir fällen ein Beobachtungsurteil, das wir  erwarteten,  wir haben dabei ein Gefühl der  Erfüllung,  einer ganz charakteristischen Befriedigung, wir sind  zufrieden.  Man kann mit vollem Recht sagen, daß die Konstatierungen oder Beobachtungssätze ihre wahre Mission erfüllt haben, sobald uns diese eigentümliche Befriedigung zuteil geworden ist.

Und sie wird uns in demselben Augenblick zuteil, in dem die Konstatierung geschieht, die Beobachtungsaussage gemacht wird. Dies ist von der höchsten Wichtigkeit, denn damit liegt die Funktion der Sätze über das  gegenwärtig  Erlebte selbst in der Gegenwart. Wir sahen ja, daß sie sozusagen keine Dauer haben, daß man, sobald sie vorbei sind, an ihrer Stelle nur noch Aufzeichnungen oder Gedächtnisspuren zur Verfügung hat, die nur die Rolle von Hypothesen spielen können und damit der letzten Sicherheit ermangeln. Man kann auf den Konstatierungen kein logisch haltbares Gebäude errichten, weil sie schon fort sind in dem Moment, in dem man zu bauen anfängt. Wenn sie zeitlich am Anfang des Erkenntnisprozesses stehen, sind sie logisch zu nichts nutze. Ganz anders aber, wenn sie am Ende stehen: sie sind die Vollendung der Verifikation (oder auch Falsifikation), und im Augenblick ihres Auftretens haben sie ihre Pflicht auch schon erfüllt. Logisch schließt sich nichts mehr an sie an, es werden keine Schlüsse aus ihnen gezogen, sie sind ein absolutes Ende.

Freilich, psychologisch und biologisch beginnt mit der Befriedigung, die sie erzeugen, ein neuer Erkenntnisprozeß: die Hypothesen, deren Verifikation in ihnen endete, werden als bestätigt angesehen, und es wird die Aufstellung umfassender Hypothesen versucht, das Suchen und Erraten der allgemeinen Gesetze nimmt seinen Fortgang. Für diese zeitlich folgenden Vorgänge bilden also die Beobachtungssätze den Ursprung und die Anregung in dem Sinne, wie ich es vorhin beschrieben habe.

Durch diese Überlegungen wird, so scheint mir, auf die Frage nach dem letzten Fundament des Wissens ein neues helles Licht geworfen, und wir überblicken klar, wie der Aufbau des Systems unserer Erkenntnis geschieht, und welche Rolle die "Konstatierungen" dabei spielen:

Erkenntnis ist ursprünglich ein Mittel im Dienste des Lebens. der Mensch muß, um sich in der Umwelt zurechtzufinden und seine Handlungen den Ereignissen anzupassen, diese Ereignisse bis zu einem gewissen Grad voraussehen können: dazu braucht er allgemeine Sätze, Erkenntnisse, und er kann sie nur insofern gebrauchen, als die Prophezeiungen wirklich eintreffen. In der Wissenschaft nun bleibt dieser Charakter des Erkennens vollständig erhalten; der einzige Unterschied ist der, daß er nicht mehr den Zwecken des Lebens dient, nicht um des Nutzens willen gesucht wird. Mit dem Eintreffen der Voraussagen ist der wissenschaftliche Zweck erreicht: die Erkenntnisfreude ist die Freude an der Verifikation, das Hochgefühl, richtig geraten zu haben. Und dieses ist es nun, daß die Beobachtungssätze uns vermitteln, in ihnen erreicht die Wissenschaft gleichsam ihr Ziel, um ihretwillen ist sie da. Die Frage, die sich hinter dem Problem des absolut sicheren Erkenntnisfundaments verbirgt, ist die Frage gleichsam nach der Berechtigung der Befriedigung, mit welcher die Verifikation uns erfüllt. Sind unsere Voraussagen auch wirklich eingetroffen? In jedem einzelnen Fall der Verifikation oder Falsifikation antwortet eine "Konstatierung" eindeutig mit ja oder nein, mit Erfüllungsfreude oder Enttäuschung. Die Konstatierungen sind endgültig.

Endgültigkeit  ist ein sehr passendes Wort, die Geltung der Beobachtungssätze zu kennzeichnen. Sie sind ein absolutes Ende, in ihnen erfüllt sich die jeweilige Aufgabe des Erkennens. Daß mit der Freude, in der sie gipfeln, und mit den Hypothesen, die sie zurücklassen, dann eine neue Aufgabe beginnt, geht sie nichts mehr an. Die Wissenschaft ruht nicht auf ihnen, sondern führt zu ihnen, und sie zeigen an, daß sie gut geführt hat. Sie sind wirklich die absolut festen Punkte; es befriedigt uns, sie zu erreichen, auch wenn wir nicht auf ihnen stehen können.


VII.

Worin besteht diese Festigkeit? Wir kommen damit zu der oben einstweilen aufgeschobenen Frage: In welchem Sinn kann man von einer "absoluten Gewißheit" der Beobachtungssätze sprechen? Ich möchte dies verdeutlichen, indem ich zuerst etwas über eine ganz andere Art von Sätzen sage, nämlich die  analytischen Sätze,  und diese dann mit den "Konstatierungen" vergleiche. Bei analytischen Urteilen bildet die Frage ihrer Geltung bekanntlich kein Problem. Sie gelten a priori, man muß und kann sich von ihrer Richtigkeit nicht durch Erfahrung überzeugen, weil sie überhaupt nichts von Gegenständen der Erfahrung aussagen. Dafür kommt ihnen auch nur "formale Wahrheit" zu, d. h. sie sind nicht deswegen "wahr", weil sie irgendwelche Tatsachen richtig ausdrücken, sondern ihre Wahrheit besteht nur darin, daß sie formal richtig gebildet sind, d. h. im Einklang mit unseren willkürlich aufgestellten Definitionen stehen.

Nun haben aber einige philosophische Schriftsteller fragen zu müssen geglaubt: ja, woher weiß ich denn im einzelnen Fall, ob ein Satz wirklich im Einklang mit den Definitionen steht, ob er also wirklich analytische ist und daher unzweifelhaft gilt? Muß ich nicht die aufgestellten Definitionen, die Bedeutung aller verwendeten Worte im Kopf haben, während ich den Satz ausspreche oder höre oder lese? Kann ich aber sicher sein, daß meine psychischen Fähigkeiten dazu ausreichen? Ist es nicht z. B. möglich, daß ich am Schluß des Satzes, und dauerte er nur eine Sekunde, den Anfang vergessen oder falsch in der Erinnerung habe? Muß ich also nicht eingestehen, daß ich aus psychologischen Gründen auch bei einem analytischen Urteil seine Geltung niemals sicher bin?

Hierauf ist zu erwidern: Die Möglichkeit eines Versagens des psychischen Mechanismus muß natürlich jederzeit zuzugeben werden, aber die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, sind in den soeben angeführten zweifelnden Fragen nicht richtig beschrieben.

Es kann infolge von Gedächtnisschwäche und aus tausend anderen Ursachen geschehen, daß wir einen Satz nicht verstehen oder falsch verstehen (d. h. anders als er gemeint war) - aber was bedeutet das? Nun, solange ich einen Satz nicht verstanden habe, ist er für mich überhaupt keine Aussage, sondern eine bloße Reihe von Worten, von Lauten oder Schriftzeichen. In diesem Fall gibt es kein Problem, denn nur bei einem Satz kann man fragen, ob er analytisch oder synthetisch ist, nicht aber bei einer unverstandenen Wortreihe. Habe ich aber eine Wortreihe falsch gedeutet, aber doch immerhin als irgendeinen Satz - nun, so weiß ich eben von  diesem  Satz, ob er analytisch und daher a priori gültig ist oder nicht. Man darf nicht meinen, ich könnte einen Satz als solchen aufgefaßt haben und dann noch über seine analytische Natur im Zweifel sein, denn wenn er analytisch ist, so habe ich ihn eben erst dann verstanden, wenn ich ihn als analytisch verstanden habe. Verstehen heißt nämlich nichts anderes, als sich klar sein über die Verwendungsregeln der vorkommenenden Wörter; es sind aber gerade diese Verwendungsregeln, die den Satz zu einem analytischen machen. Wenn ich nicht weiß, ob ein Komplex von Wörtern einen analytischen Satz bildet oder nicht, so heißt dies eben, daß mir in dem Augenblick die Verwendungsregeln der Worte fehlen, daß ich also den Satz gar nicht verstanden habe. Es steht also so: Entwerde ich habe gar nichts verstanden, und dann läßt sich weiter nichts sagen; oder aber ich weiß, ob der Satz,  den  ich verstanden habe, analytisch oder synthetisch ist (was natürlich nicht voraussetzt, daß mir diese Worte dabei vorschweben oder auch nur bekannt sind). Im Falle des analytischen weiß ich dann zugleich, daß er gilt, daß ihm formale Wahrheit zukommt.

Die obigen Zweifel an der Geltung analytischer Sätze waren also unrecht am Platz. Wohl kann ich daran zweifeln, ob ich den Sinn irgendeines Zeichenkomplexes richtig erfaßt habe, ja ob ich überhaupt jemals den Sinn irgendeiner Wortreihe verstehen werde; aber ich kann nicht fragen, ob ich die Richtigkeit eines analytischen Satzes auch wirklich einzusehen vermag. Denn seinen Sinn verstehen und seine apriorische Geltung einsehen, sind bei einem analytischen Urteil  ein und derselbe Prozeß.  Im Gegensatz dazu ist eine synthetische Aussage dadurch charakterisiert, daß ich durchaus nicht weiß, ob sie wahr oder falsch ist, wenn ich nur ihren Sinn eingesehen habe, sondern ihre Wahrheit wird erst durch den Vergleich mit der Erfahrung festgestellt. Der Prozeß der Einsicht in den Sinn ist hier ein völlig anderer als der Prozeß der Verifikation.

Nur eine Ausnahme gibt es hiervon. Und damit kommen wir zu unseren "Konstatierungen" zurück. Diese nämlich sind immer von der Form "Hier jetzt so und so". Zum Beispiel "Hier fallen jetzt zwei schwarze Punkte zusammen", oder "Hier grenzt jetzt gelb an blau", oder auch "Hier jetzt Schmerz ..." usw. Das Gemeinsame aller dieser Aussagen ist, daß in ihnen  hinweisende  Wort vorkommen, die den Sinn einer gegenwärtigen Geste haben, d. h. die Regeln ihres Gebrauchs sehen vor, daß beim Aufstellen des Satzes, in dem sie vorkommen, eine Erfahrung gemacht, auf etwas Beobachtetes die Aufmerksamkeit gerichtet wird. Was die Worte "hier", "jetzt", "dies da" usw. bedeuten, läßt sich nicht durch allgemeine Definitionen in Worten, sondern nur durch eine solche mit Hilfe von Aufweisungen, Gesten angeben. "Dies da" hat nur Sinn in Verbindung mit einer Gebärde. Um also den Sinn eines solchen Beobachtungssatzes zu verstehen, muß man die Gebärde gleichzeitig ausführen, man muß irgendwie auf die Wirklichkeit hindeuten.

Mit anderen Worten: den Sinn einer "Konstatierung" kann ich nur dann und nur dadurch verstehen, daß ich sie mit den Tatsachen vergleiche, also jenen Prozeß ausführe, der bei allen synthetischen Sätzen für die Verifikation erforderlich ist. Während aber bei allen anderen synthetischenn Aussagen die Feststellung des Sinns und die Feststellung der Wahrheit getrennte, wohl unterscheidbare Prozesse sind, fallen sie bei den Beobachtungssätzen zusammen, ganz wie bei den analytischen Urteilen. So verschieden also auch die "Konstatierungen" von den analytischen Sätzen sind: gemeinsam ist ihnen, daß bei beiden der Vorgang des Verstehens zugleich der Vorgang der Verifikation ist; mit dem Sinn erfasse ich zugleich die Wahrheit. Bei einer Konstatierung hätte es ebensowenig Sinn zu fragen, ob ich mich vielleicht über ihre Wahrheit täuschen könne wie bei einer Tautologie. Beide gelten absolut. Nur ist der analytische, der tautologische Satz zugleich inhaltsleer, während der Beobachtungssatz uns die Befriedigung echter Wirklichkeitserkenntnis verschafft.

Es ist hoffentlich deutlich geworden, daß hier alles auf den Charakter der Gegenwärtigkeit ankommt, der den Beobachtungssätzen eigentümlich ist und dem sie ihren Wert und Unwert verdanken: den Wert der absoluten Geltung und den Unwert der Unbrauchbarkeit als dauerndes Fundament.

Auf der Verkennung dieses Charakters beruth zum großen Teil die unglückliche Problematik der Protokollsätze, von der unsere Betrachtung ausgegangen war. Wenn ich die Konstatierung mache: "Hier jetzt blau", so ist sie  nicht  dasselbe wie der Protokollsatz:  "XY  nahm am soundsovielten April 1934 zu der und der Zeit an dem und dem Ort blau wahr", sondern der letzte Satz ist eine Hypothese und als solcher stets mit Unsicherheit behaftet. Der letzte Satz ist äquivalent der Aussage:  "XY  machte . . . (hier sind Ort und Zeit anzugeben) die Konstatierung  hier jetzt blau."  Und daß diese Aussage nicht mit der in ihr vorkommenden Konstatierung identisch ist, ist klar. In den Protokollsätzen ist  immer  von  Wahrnehmungen  die Rede (oder sie sind hinzuzudenken; die Person des wahrnehmenden Beobachter ist für ein wissenschaftliches Protokoll wichtig), in den Konstatierungen dagegen  niemals.  Eine echte Konstatierung kann nicht aufgeschrieben werden, denn sowie ich die hinweisenden Worte "hier", "jetzt" aufzeichne, verlieren sie ihren Sinn. Sie lassen sich auch nicht durch eine Orts- und Zeitangabe ersetzen, denn sowie man dies versucht, setzt man, wie wir schon sahen, an die Stelle des Beobachtungssatzes unweigerlich einen Protokollsatz, der als solcher eine ganz andere Natur hat.


VIII.

Ich glaube, die Frage nach dem Fundament der Erkenntnis ist jetzt geklärt.

Betrachtet man die Wissenschaft als ein System von Sätzen, bei dem man sich als Logiker lediglich für den logischen Zusammenhang der Sätze interessiert, so kann man die Frage nach ihrem Fundament, das dann ein "logisches" wäre, ganz nach Belieben beantworten, denn es steht einem frei, wie man das Fundament definieren will. Ansich gibt es ja in einem abstrakten Satzsystem kein Prius und Posterius. Man könnte z. B. die allgemeinsten Sätze der Wissenschaft, also die, welche man meist als "Axiome" auszuwählen pflegt, als ihre letzte Grundlage bezeichnen; man könnte aber ebensogut diesen namen für die allerspeziellsten Sätze reservieren, die dann etwa wirklich den aufgeschriebenen Protokollen entsprechen würden - oder auch irgendeine andere Wahl wäre möglich. Alle Sätze der Wissenschaft aber sind samt und sonders  Hypothesen,  sobald man sie vom Gesichtspunkt ihres Wahrheitswertes, ihrer Gültigkeit betrachtet.

Richtet man das Augenmerk auf den Zusammenhang der Wissenschaft mit der Wirklichkeit, sieht man im System ihrer Sätze das, was es eigentlich ist, nämlich ein Mittel, sich in den Tatsachen zurechtzufinden, zur Bestätigungsfreude, zum Gefühl der Endgültigkeit zu gelangen, so wird sich das Problem des "Fundaments" von selbst in das Problem der unerschütterlichen Berührungspunkte von Erkenntnis und Wirklichkeit verwandeln. Diese absolut festen Berührungspunkt, die Konstatierungen, haben wir in ihrer Eigenart kennengelernt: es sind die einzigen synthetischen Sätze,  die keine Hypothesen sind.  Sie liegen keineswegs am Grund der Wissenschaft, sondern die Erkenntnis züngelt gleichsam zu ihnen auf, jeden nur in einem Augenblick erreichend und ihn sogleich verzehrend. Und neu genährt und gestärkt flammt sie dann zum nächsten empor.

Diese Augenblicke der Erfüllung und des Verbrennens sind das Wesentliche. Von ihnen geht alles Licht der Erkenntnis aus. Und dieses Licht ist es eigentlich, nach dessen Ursprung der Philosoph fragt, wenn er das Fundament allen Wissens sucht.
LITERATUR - Moritz Schlick, Gesammelte Aufsätze 1926 - 1938, Wien 1938
    Anmerkungen
    1) Vgl. "Erkenntnis", Bd. 3, Seite 20