Max Krieg - Mauthners Skepsis und MystikLandauer -Skepsis und Mystik | |||||
Fritz Mauthner - der Sprachkritiker [1/2]
Der Einfluß der Sprachkritik und Sprachskepsis FRITZ MAUTHNERs auf die Literatur der Jahrhundertwende und ihr Vorläufercharakter für wichtige Strömungen innerhalb der Philosophie des 20. Jahrhunderts wurden bereits in den 70er Jahren entdeckt und untersucht, insbesondere in den beiden Monographien über MAUTHNERs Leben und Werk von JOACHIM KÜHN (1) und über seine Sprachkritik von GERSHON WEILER. (2) Vor allem der zweite Aspekt soll hier kurz rekapituliert und in unseren Kontext gestellt werden. MAUTHNER, als böhmischer Jude deutscher Zunge in Horice (Böhmen) 1849 geboren, verbrachte seine Kindheit und Jugend vor allem in Prag, bevor er, zeit seines Lebens deutschnational gesinnt und ein Anhänger BISMARCKs, 1876 nach Berlin übersiedelte. Dort lebte er bis 1905 als erfolgreicher Journalist, Feuilletonist, Parodist und als weniger erfolgreicher Romanautor. Als Herausgeber (etwa von 1890 bis 1892 des Magazins für Litteratur) und Redakteur (v.a. des Berliner Tageblattes) verschiedener Zeitungen und Zeitschriften sowie als Mitglied diverser kultureller oder literarischer Gruppierungen und Vereinigungen, insbesondere solcher, die der naturalistischen Bewegung nahestanden (etwa der Neuen Freien Volksbühne), war er eine wesentliche Figur des öffentlichen und kulturellen Lebens der Reichshauptstadt, bekannt mit allen ihren Größen zu dieser Zeit. MAUTHNER schrieb nun in den Jahren 1891/92 bis 1901/02 ein gut 2000 Seiten umfassendes dreibändiges Mammutwerk mit dem Titel "Beiträge zu einer Kritik der Sprache", das eine merkwürdige Mischung aus Sprachphilosophie, historischer und systematischer Sprachwissenschaft und Kritik (an) der Sprache darstellt und im Stil des ihm vertrauten Feuilletons verfaßt ist. Die drei Bände gelten heute als das magnum opus der Sprachskepsis der Jahrhundertwende, damals interessierten sich dagegen v.a. Schriftsteller, Künstler und Feuilletonisten für das Werk, weniger eine breite Öffentlichkeit oder - sehr zum Leidwesen des philosophischen Dilettanten MAUTHNER - die zeitgenössische akademische Philosophie (3). Die Tatsache, daß das Interesse einiger Schriftsteller der beginnenden Moderne an MAUTHNERs Beiträgen" sich ganz offensichtlich auf ihre Poetologie und ihre Texte ausgewirkt hat, so etwa bei MORGENSTERN, SACK, STRAMM und BALL, und die Tatsache, daß MAUTHNER auch in der heutigen angelsächsischen Sprachphilosophie sowohl als einer der ersten gilt, der traditionelle empiristisch-nominalistische Anschauungen zu einer skeptischen Auffassung von Sprache weiterentwickelte, als auch als einer derjenigen, die bestimmte Auffassungen dieser philosophischen Strömung vorwegnahmen (4), diese beiden Tatsachen also lassen ein Interesse an MAUTHNERs Sprachkritik berechtigt erscheinen, ganz unabhängig davon, ob JOACHIM KÜHN mit seiner These, daß MAUTHNERs Sprachkritik fast als Sprachhaß und als Kompensation seiner eigenen schriftstellerischen Unfähigkeit zu verstehen ist, Recht hat. MAUTHNER hatte weder Philosophie noch Sprachwissenschaft studiert, aber seit seiner Jugend ständig produktiv mit Sprache zu tun. Noch in Prag hatte 1872 der junge Student der Rechte öffentliche Vorträge ERNST MACHs gehört und etwa zur selben Zeit in einem studentischen Lesezirkel NIETZSCHEs gerade erschienene Zweite Unzeitgemäße Betrachtung "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben" gelesen. Beide bezeichnet MAUTHNER später als Anreger seiner Sprachkritik. Dabei ist von besonderem Interesse, daß MAUTHNER NIETZSCHE, wie ELIZABETH BREDECK in ihrem Aufsatz "Fritz MAUTHNERs Nachlese zu Nietzsches Sprachkritik" (5) erfolgreich nachweisen kann, seit mindestens 1890 vor allem als Erkenntniskritiker verstand, dessen Gedanken aus der Zweiten Unzeitgemäßen Betrachtung er fortentwickeln wollte. Ja er wollte sogar für Nietzsche erklären, warum er nicht in der Lage war, seine erkenntniskritischen Anfänge fortzusetzen, nämlich weil er - so MAUTHNER - sich zu sehr auf die Kritik moralischer Werte versteifte und nicht zwischen "poetischem und sprachkritischem Diskurs" (6) unterschied. ELIZABETH BREDECK geht dabei freilich mit keinem Wort auf NIETZSCHEs radikale erkenntnis- und sprachkritische Schrift "Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne" ein, die freilich, 1873 geschrieben, erst 1896 veröffentlicht worden ist und die MAUTHNER, obwohl sie sich mit einigen seiner zentralen sprachskeptischen Gedanken deckt, wohl nicht kannte. Zumindest weist er weder innerhalb noch außerhalb der "Beiträge" an irgendeiner Stelle auf diese Schrift NIETZSCHEs hin, obwohl er sich sonst kaum eine Gelegenheit entgehen läßt, renommierte Vorläufer und Mitstreiter für seine Sache zu nennen. In seinem NIETZSCHE-Kapitel im ersten Band der "Beiträge" (7), das übrigens alle Thesen BREDECKs bestätigt, müht sich MAUTHNER ab, den Gedanken der Zufallssinne aus NIETZSCHEs Wiederkunftslehre abzuleiten, ja er wirft ihm vor, daß er in Bezug auf diesen Gedanken "über einige aufzuckende Lichtblitze nicht hinausgelangt" (8), obwohl gerade dieser Gedanke in kaum zu übertreffender Deutlichkeit in "Über Wahrheit und Lüge..." ausgesprochen ist. MAUTHNER wirft NIETZSCHE weiter vor, den mittelalterlichen Nominalismus nicht zu einer radikalen Sprach- und Erkenntniskritik fortgeführt zu haben. (9) Genau dies istjedoch der Inhalt besagter NIETZSCHE-Schrift. Es lassen sich noch mehr Indizien dieser Art auf diesen wenigen Seiten der "Beiträge" finden. Zusammengenommen erscheint es also äußerst unwahrscheinlich, daß MAUTHNER NIETZSCHEs "Über Wahrheit und Lüge..." zur Zeit der Abfassung der "Beiträge" gekannt hat. (10) Schon ab etwa 1872/73 beschäftigte sich MAUTHNER also ausgehend von NIETZSCHE mit dem Themenkomplex Sprache und Erkenntnis, was durch seine eigenen Aussagen in den "Erinnerungen" von 1918, wo er - datiert auf 1873 - einen sicherlich nachträglich radikalisierten Sprachschreck, ein plötzliches Erschrecken über die Nichtigkeit der Sprache beschreibt (11), bestätigt wird. Die eigentliche Arbeit an den "Beiträgen" begann jedoch erst ab etwa 189 1. Die Arbeit begleitete, ja forcierte und beeinflußte ein junger Student, den MAUTHNER 1889 kennengelernt hatte und der ungeachtet kontroverser politischer Überzeugungen zum Freund MAUTHNER s wurde: GUSTAV LANDAUER. Insbesondere für die letzten Jahre der Abfassung des riesigen Werks, die MAUTHNER zeitweise krank und LANDAUER zeitweise im Gefängnis verbrachte, ist die Mitarbeit und Mithilfe des zweiten bezeugt. (12) Wie LANDAUER die Skepsis an Sprache und Erkenntnis beurteilte und funktionalisierte, werden wir später, bei der Behandlung seiner Abhandlung über "Skepsis und Mystik" sehen. Doch schon 1892 machte sich diese sprachphilosophische Arbeit auch im literarischen Schaffen MAUTHNERs bemerkbar: In einer literarisch nicht eben einfallsreichen, plump allegorischen Einleitung zu einer Sammlung von kleinen Märchen, Fabeln und Geschichten mit dem Titel "Lügenohr. Fabeln und Gedichte in Prosa" (13) läßt MAUTHNER die "dunkle Sehnsucht" ihre Schwester, die "helle Wahrheit" suchen und finden. Die Sehnsucht kennt freilich keine Sprache, in der sie mit ihrer Schwester kommunizieren kann, so daß sie ihr ihren Sohn, "den Glauben" (14), übergibt, um ihn lernen zu lassen. Doch auch diesem hat die Wahrheit nur Märchenbilder zu bieten, in Buchform und in der Welt zu finden. Daß wir Menschen sehnsüchtig danach, aber unfähig sind, zur Wahrheit selbst zu gelangen, daß wir uns statt dessen mit bloßen Bildern der Welt, die wir zu Worten verfestigen, zufriedengeben müssen, ist eine der zentralen Thesen der "Beiträge zu einer Kritik der Sprache". Diese "Beiträge" sind fest in der Tradition des britischen Empirismus eines HUME und der positivistisch-materialistisch (und darwinistisch) ausgerichteten Wissenschaftlehre des 19.Jahrhunderts verankert, radikalisieren aber die relativistischen Tendenzen der HUMEschen Psychologie und Erkenntnistheorie, so daß die Standardwissenschaft des 19.Jahrhunderts von ihren eigenen Grundlagen her angegriffen wird. Dies geschieht über die eigentliche Kritik der Sprache, womit wir bei dem zweiten Traditionsstrang sind, auf den sich MAUTHNER bezieht: Es sind dies zum einen die sprachphilosophischen Überlegungen von VICO und HAMANN über HUMBOLDT bis zu MAX MÜLLER, alle in der Tendenz dahingehend, Sprache und Weltanschauung möglichst eng miteinander zu verknüpfen, und zum anderen der Nominalismus bzgl. Begriffen und Wörtern. Eine Vorläuferfunktion erfüllt dabei außerdem - neben den bereits genannten Anregern NIETZSCHE und MACH - BACONs Idola-Lehre. Alle diese Traditionen und Vorläufer nennt und behandelt MAUTHNER in seinen "Beiträgen". Er verbindet diese Stränge in sehr spezifischer Weise und geht teilweise über sie hinaus: Ausgangspunkte MAUTHNERs bei der Beschreibung der Sprache sind folgende vier Überlegungen, die den Band I der "Beiträge", insbesondere dessen ersten Teil zum "Wesen der Sprache", ausmachen:
In den Bänden II ("Zur Sprachwissenschaft") und III ("Grammatik und Logik") führt MAUTHNER all dies (insbesondere das unter 3. Angesprochene) detailverliebt und in Auseinandersetzung mit entgegengesetzten Positionen zu einer Kritik der bestehenden Alltags- und Wissenschaftssprache und zu einer eigenen sprachwissenschaftlichen Position aus. Diese praktische Kritik bestehender Sprachverwendung ist es auch, die seine beiden folgenden großen Werke, das "Wörterbuch der Philosophie" (1910/11) und "Der Atheismus und seine Geschichte im Abendland" (1922/23) neben seiner Wendung zu einer gottlosen Mystik wesentlich bestimmen. Wir wollen uns jedoch noch etwas mit dem beschäftigen, was KÜHN als "Utopische Sprachkritik" (25) von jener praktischen Sprachkritik (26) abgrenzt: Von seinen eben dargestellten Ausgangspunkten aus muß MAUTHNER den individuell-kollektiven (28) Sprachgebrauch jedes einzelnen und jeder Sprachgemeinschaft mit einer jeweiligen Weltanschauung identifizieren (28) und die Grenzen unserer Sprache mit denen unseres Denkens. Der Glaube an etwas in der Welt, was einem Begriff oder Ausdruck entspricht, erscheint ihm als Wortfetischismus, da Worte nur aus der sinnlichen Wahrnehmung herrührende Metaphern sind, von denen man vergessen hat, daß es sich bloß um Bilder handelt und deren tertia comparationis wir nicht kennen. (29) Hinzu kommt, daß die Welt, wie MAUTHNER sie sieht, nicht starr, sondern eine ständige Bewegung, ein ständiges Werden ist. Dasselbe gilt für die Sprache, die also "mit fliessenden Formen ein fliessendes Sein erkennen will" (30), was unmöglich ist, da beide nicht aufeinander abgestimmt, nicht synchronisiert sind. Hauptergebnis der MAUTHNERschen Kritik ist also, daß mit den Mitteln der Sprache und des Denkens zwar zweckorientierte, lebenserhaltende Kommunikation möglich ist, aber nicht auch nur der Hauch einer Erkenntnis über Dinge und Vorgänge in der Welt, weder der innerhalb noch der außerhalb von uns Menschen. Der Menschen Fehler ist es nach MAUTHNER , entweder zu glauben, daß sie schon Erkenntnis haben, oder zu glauben, dies sei noch möglich; ja schon, dies überhaupt zu wollen, ist für ihn ein (freilich nur schwer zu beseitigender) Fehler. Am ehesten gesteht er noch den Adjektiven eine gewisse Verbindung zu den sinnlichen Wahrnehmungen und damit zur Welt zu, weniger den Verben und schon gar nicht den Substantiven. Erstere sind am wenigsten abstrakt, zweitere beinhalten zumindest noch das Moment der Veränderung, die Substantiva aber hält MAUTHNER für reine Abstraktionen. (31) Gerade die Abstraktion, das Gleichsetzen des Ähnlichen unter Absehung der Unterschiede, ist es ja, was MAUTHNER für unmöglich hält, zumindest dann, wenn damit ein Erkenntnisanspruch verbunden ist. MAUTHNER folgert außerdem-. Sprache, als komplexes Möglichkeitsfeld von Sprechhandlungen, basiert auf gewissen menschengemachten (Spiel-)Regeln, auf kontingenten Konventionen, die Verständigung garantieren. Der diesem Konventionalismus entsprechende Wahrheitsbegriff ist der kohärenztheoretische, der die Wahrheit innerhalb des Regelsystems Sprache als Übereinstimmung ihrer Elemente untereinander angesiedelt sieht. WEILER formuliert es so: Truth is coherence within the limits of ordinary language." (32) MAUTHNER selbst meint: Wir können an die Gegenstände nicht unmittelbar heran, wir besitzen von ihnen nur unsere Ideen und Vorstellungen, können diese also immer nur mit sich selber, nie mit ihrem Ding-an-sich vergleichen. Bliebe also nichts übrig, als in der Wahrheit die Übereinstimmung unserer Ideen und Sätze miteinander zu sehen, die formale Wahrheit. (33)Dies ist aber nur die halbe Wahrheit: Denn wenn MAUTHNER behauptet, daß wir mit den Mitteln von Sprache und Denken keine Erkenntnis der Welt erreichen können, benutzt er einen anderen Wahrheitsbegriff, den korrespondenztheoretischen, der Wahrheit als adaequatio intellectus et rei definiert. Diesen Wahrheitsbegriff verwendet er sogar in ausgesprochen uneingeschränkter Weise: Was ist Wahrheit? Die Übereinstimmung unserer Vorstellungen, Begriffe und Urteile, kurz die Übereinstimmung unseres Denkens oder Sprechens mit der Wirklichkeit. (34)Erst dieser Wahrheitsbegriff bringt ihn letztendlich zu seiner Skepsis gegenüber der Sprache, auch deshalb, weil er innerhalb dieses Wahrheitsbegriffes, der ja den WITTGENSTEIN des Tractatus zu seinen antiskeptischen Ergebnissen bringt, sehr hohe Ansprüche erhebt: Nach MAUTHNER müßte man für jeden Sinneseindruck einen individuellen Namen haben, da jegliche Abstraktion bereits ein Schritt hin zur (korrespondenztheoretischen) Unwahrheit ist. Eine solche Sprache ist freilich nicht möglich. (35) Der Konflikt dieser beiden Wahrheitsbegriffe konstituiert geradezu die "Beiträge" - wie schon den NIETZSCHE-Essay Über Wahrheit und Lüge: Der zweite Wahrheitsbegriff stellt das nicht erreichbare Ideal dar, der erste die Realität, mit der wir uns abzufinden haben. (36)
1) JOACHIM KÜHN, Gescheiterte Sprachkritik. Fritz Mauthners Leben und Werk, Berlin / New York 1975. 2) GERSHON WEILER, Mauthners Critique of Language, Cambridge 1970. 3) Eine Ausnahme bildet der Neukantianer und Professor für Philosophie HANS VAIHINGER 4) Ausgangspunkt dieser Entdeckung MAUTHNERs seitens der modernen sprachanalytischen Philosophie dürfte wohl eine Erwähnung MAUTHNERs in WITTGENSTEINs Tractatus (4.0031) gewesen sein und die dann schnell zu entdeckende Tatsache, daß es gewisse Übereinstimmungen zwischen MAUTHNERs Auffassungen und denen WITTGENSTEIN (des frühen wie des späten) gibt. 5) ELIZABETH BREDECK, Fritz Mauthners Nachlese zu Nietzsches Sprachkritik, in: Nietzsche-Studien 13, 1984, Seite 587-599 6) ELIZABETH BREDECK, Fritz Mauthners Nachlese zu Nietzsches Sprachkritik, in: Nietzsche-Studien 13, 1984, Seite 597 7) MAUTHNER "Beiträge..", Bd. I, Seite 329-335 8) MAUTHNER "Beiträge..", Bd. I, Seite 329 9) vgl. MAUTHNER "Beiträge..", Bd. I, Seite 332 10) Mir sind außerdem auch keine Hinweise darauf bekannt, daß MAUTHNER NIETZSCHEs sprachkritische Abhandlung zu einem späteren Zeitpunkt kennenlernte. 11) vgl. FRITZ MAUTHNER, Erinnerungen, München 1918, Seite 207 12) vgl. JOACHIM KÜHN, Gescheiterte Sprachkritik. Fritz Mauthners Leben und Werk, Berlin / New York 1975, Seite 201ff 13) Der Text erschien in einer erweiterten Fassung wieder 1896 als "Aus dem Märchenbuche der Wahrheit" und schließlich 1919 in Band 5 der Ausgewählten Schriften (Seite 121-318) 14) FRITZ MAUTHNER, Ausgewählte Schriften, Stuttgart/Berlin 1919, Seite 123 15) vgl. etwa MAUTHNER "Beiträge..", Bd. I, Seite 310f 16) vgl. v.a. MAUTHNER "Beiträge..", Bd. I, Seite 219, Seite 228f 17) vgl. v.a. MAUTHNER "Beiträge..", Bd. I, Seite 391ff, Seite 421, Seite 482f 18) vgl. etwa MAUTHNER "Beiträge..", Bd. I, Seite 108, Seite 116f 19) MAUTHNER "Beiträge..", Bd. I, Seite 108. Das hier unter 1. und 2. Zusammengefaßte entspricht offensichtlich weitestgehend dem, was NIETZSCHE in ähnlicher Absicht in "Ueber Wahrheit und Lüge im aussermoralischen Sinne" äußert. 20) MAUTHNER "Beiträge..", Bd.I, Seite 469 21) vgl. MAUTHNER "Beiträge..", Bd.I, Seiten 64, 164, 171, 469 22) vgl. MAUTHNER "Beiträge..", Bd.I, Seite 23 23) vgl. MAUTHNER "Beiträge..", Bd.I, Seite 16 24) Insbesondere dieser vierte Punkt, Sprache als Gebrauch aufzufassen, fand bei der auf den späten WITTGENSTEIN zurückgehenden sog. Ordinary Language Philosophy eine fruchtbare Wiederaufnahme bzw. wurde dort neu entdeckt. GERSHON WEILER betrachtet MAUTHNER geradezu als OL-Philosophen, was JOACHIM KÜHN, Gescheiterte Sprachkritik. Fritz Mauthners Leben und Werk, Berlin / New York 1975, (vgl. S.57) ihm vorwirft. Beide haben in gewisser Weise Recht: MAUTHNER betrachtet zwar wie der späte WITTGENSTEIN und die OLP die Sprache als soziale Aktivität und Realität und identifiziert sie mit ihrem Gebrauch, geht aber nicht wie diese davon aus, durch Analyse der Alltags- und Bildungssprache bzw. ihrer Verwendung (philosophische) Erkenntnisse (über die Welt) erlangen zu können, sondern leugnet gerade dies. Selbst den Ausdruck "Sprachakte" (MAUTHNER "Beiträge..", Bd.1, Seite 211) verwendet MAUTHNER bereits, ohne freilich auch nur ansatzweise einen ähnlichen Weg einzuschlagen wie der OL-Philosoph AUSTIN. Ein weiterer Punkt der MAUTNERschen Sprachkritik, der von einer bestimmten Tradition der sprachanalytischen Philosohie, etwa von AYER und CARNAP wiederaufgenommen wird, ist die strikte Ablehnung jeglicher Metaphysik mit dem Argument, daß metaphysische Begriffe und Termini nicht referieren. 25) JOACHIM KÜHN, Gescheiterte Sprachkritik. Fritz Mauthners Leben und Werk, Berlin / New York 1975, Seite 64 26) In Bezug auf diese praktische Analyse und Kritik vorliegender Sprachverwendung kann MAUTHNER durchaus als Vorläufer für Sprachkritiker wie etwa KARL KRAUS angesehen werden, ja er nimmt ansatzweise sogar die heute so populäre Ansicht vorweg, daß durch Sprache aktiv Herrschaft ausgeübt wird. 27) Dies ist eine der vielen Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten in den "Beiträgen": MAUTHNER pendelt zwischen einer individualistischen, fast solipsistischen Auffassung von Sprache und einer kollektivistischen hin und her. Die daraus resultierenden Widersprüchlichkeiten dürften dabei wohl hauptsächlich auf das Fehlen einer adäquaten Terminologie zurückzuführen sein, die uns heute ja zur Verfügung steht. Individualistisch versteht MAUTHNER das Sprechen v.a. dann, wenn es um die eigenen individuellen Sinneswahmehmungen und um den (unmöglichen) Zugang zu Fremdpsychischem geht, kollektivistisch, wenn die Verständigung als Zweck im Zentrum des Interesses steht. Ein weiterer Widerspruch, in den MAUTHNER sich begibt, ist weniger einfach zu beseitigen: Einerseits bezeichnet er sowohl die Begriffe des Ichs, des Körpers und des Geistes, des Inneren und des Äußeren als bloße Wortfetische, das Leib-Seele-Problem als daraus resultierendes Scheinproblem (vgl. MAUTHNER 1901f, Bd.1, S.242f, S.253ff), andererseits verwendet er jedoch eben diese Begriffe bzw. ihre Unterschiede immer wieder an prominenter Stelle, etwa wenn er nachweist, daß Psychisches für Sprache und Denken noch weniger zugänglich ist als außerhalb des menschlichen Innenlebens Liegendes. MAUTHNERs eigene Lösung hierzu ist dürftig: Als Wort und Begriff lehnt MAUTHNER das Ich ab, als "lchgefühl" (Bd.1, S.612) ist es jedoch ebenso wirksam in der Welt wie unverzichtbar für ihn. Für die Trennung von Innen- und Außenwelt läßt sich sagen, daß MAUTHNER sie zwar verbal angreift, sie aber an keiner Stelle wirklich selbst preisgibt. 28) vgl. MAUTHNER "Beiträge..", Bd.I, Seite 24 29) vgl. MAUTHNER "Beiträge..", Bd.I, Seite 306 30) MAUTHNER "Beiträge..", Bd. II, Seite 157 31) vgl. MAUTHNER "Beiträge..", Bd. III, Seiten 59, 64, 84, 98. Diese Auffassung wurde von MAUTHNER in seinem "Wörterbuch der Philosophie" (19 10/11) zu einer Drei-Welten-Lehre ausgebaut, wo er drei Welten bzw. drei Weltbilder das adjektivisch-sensualistische, das substantivisch-mythologisch-mystische und das verbal-teleologische Weltbild einander gegenüberstellt. Eine aus dem Nachlaß herausgegebene Schriftensammlung von MAUTHNER heißt sogar nach diesen drei Weltbildern: "Die drei Bilder der Welt. Ein sprachkritischer Versuch" (1925). 32) GERSHON WEILER, Mauthners Critique of Language, Cambridge 1970, Seite 215 33) MAUTHNER "Beiträge..", Bd.1, Seite 638 34) MAUTHNER "Beiträge..", Bd.1, Seite 639 35) In seinem "Wörterbuch der Philosophie" schreibt MAUTHNER unter dem Stichwort "Wahrheit" das folgende, was seinen Wahrheitsbegriff auf den Punkt bringt: "Man sollte nur das absolut Wahre wahr nennen, also das Wort "wahr" gar nicht gebrauchen." (MAUTHNER 1923, Bd. III, Seite 411) 36) Diesem korrespondenztheoretischem Wahrheitsbegriff MAUTHNERs entspricht sein absoluter Erkenntnisbegriff, der als Erkenntnis der Welt' deutlich von jeder praktischen Erkenntnis abgetrennt ist. |