G. K. UphuesG. SimmelW. EnochM. D. VernonMFKH. Ulrici | |||
Wahrnehmung und Empfindung [Mit Beziehung auf die gleichnamige Schrift von G. K. Uphues] [2/2]
Auch wenn die Sinneseindrücke bewußt sein (nach UPHUES durch die Wahrnehmung bewußt werden), so ist doch das Bewußtsein nicht analytisch in ihnen enthalten, (etwa wie das Allgemeine im Besonderen - vgl. meine "Grundzüge der Ethik", Seite 112) sondern synthetisch mit ihnen verknüpft, d. h. ihnen eignet kein "immanentes Bewußtsein". Wenn es nämlich ein analytisches Prädikat der Sinneseindrücke wäre, Gegenstand des Bewußtseins zu sein, so könnte es natürlich keine Existenz derselben außer im Bewußtsein geben. Ist dagegen das Bewußtsein nur synthetisch mit ihnen verknüpft, so ist jene Existenz möglich. Nur darin kann ich den Zusammenhang dieser Lehre mit dem Hauptthema des Buches sehen, obgleich ich durch diese Annahme UPHUES' Fehlschluß imputiere [bezichtigen - wp]. Denn "das immanente Bewußtsein" soll nach bestimmten Erklärungen nicht schon darin bestehen, daß etwas nur als Gegenstand oder Inhalt eines Bewußtseins existieren und gedacht werden kann. Und nur wenn "das immanente Bewußtsein" diesen Sinn hat, ist der von mir angenommene Zusammenhang richtig. Aber ich sehe keinen anderen. Um den Sinn des immanenten Bewußtseins haben wir uns noch zu bemühen. Am klarsten müßte er sich aus dem Gegensatz erhellen, wenn es (Seite 66 und 244) den sinnlichen Qualitäten ab- und den Gefühlen zugesprochen wird. Da heißt es: Die sinnlichen Qualitäten werden durch die äußere Wahrnehmung bewußt, aber sie werden in derselben nicht als bewußt aufgefaßt, hingegen werden die Gefühle immer und notwendig als bewußt aufgefaßt. UPHUES schließt also: wenn es zum Empfindungsinhalt oder den sinnlichen Qualitäten analytisch gehört, daß sie bewußte sind, so müßte in der Wahrnehmung, welche sie zum Bewußtsein bringt, eben dies, daß sie bewußte sind, auch zu Bewußtsein kommen, was bekanntlich nicht geschieht, weshalb das Bewußtsein nicht ihr analytisches Prädikat sein kann. Das ist eitel Schein. Nach dem Muster dieses Schlusses müßte man auch schließen können: wenn das Bewußtsein als analytisches Prädikat zu ihnen gehört, so müßten sie, wenn keine äußere Wahrnehmung, welche sie zu Bewußtsein bringt, stattfindet, mit ihrem analytischen Bewußtsein existieren, ohne zu Bewußtsein zu kommen, was gleichfalls absurd wäre. Offenbar ist eben das, was erst bewiesen werden soll, als Grundlage des Schlusses vorausgesetzt [petitio principii - wp], daß das Wahrgenommene unabhängig vom Wahrnehmen existiert und dann, so wie es existiert, von der Auffassung ins Bewußtsein gezogen wird. Weder der eine, noch der andere Schluß ist zulässig, sondern, wenn das Bewußtsein ein analytisches Prädikat der sinnlichen Qualitäten ist, so bedarf es keines von ihm verschiedenen Aktes der äußeren Wahrnehmung, um sie zu Bewußtsein zu bringen, so ist ein solcher Akt unmöglich, oder so fällt die Wahrnehmung zusammen mit der Anwesenheit oder dem Dasein von Sinnesqualitäten, welche, da das Bewußtsein analytisch zu ihnen gehört, selbstverständlich bewußte oder Inhalt eines Bewußtseins sind, und wenn keine solche Wahrnehmung stattfindet, so sind auch keine solchen Sinneseindrücke vorhanden. Daß sie auftreten und verschwinden und für den einen Nicht-wahrnehmenden solche nicht vorhanden sind, die für andere Wahrnehmende vorhanden sind, mag ja eine Schwierigkeit in sich haben, aber sie ist oft genug behandelt worden, so daß man nicht ohne weiteres aus ihr folgern kann, und UPHUES hat sie ja auch zu seiner Beweisführung nicht benützt. Der Unterschied der sinnlichen Qualitäten von den Gefühlen, daß letztere immer und notwendig als bewußte aufgefaßt werden, ist einfach falsch. Auch Gefühle kann man haben, d. h. sich ihrer bewußt sein, ohne daß man dabei gerade daran, daß man sich ihrer bewußt ist, denkt, gerade darauf seine Aufmerksamkeit richtet. Das "als bewußt aufgefaßt werden" hat UPHUES an mehreren Stellen selbst so interpretiert. Daß sie sich von jenen wie Inneres vom Äußeren unterscheiden, ist eine andere Sache und kann erklärt werden, ohne den UPHUES'schen Unterschied mit seinen Folgerungen zuzulassen. Es liegt eben an der Eigenart dieser Bewußtseinsinhalte, daß sie keine solche räumliche Bestimmtheit haben, wie jene, die Sinnesqualitäten. Warum und in welchem Sinn sie dem Ich "näher" stehen, ist in der "Erkenntnistheoretischen Logik", Seite 525 gesagt worden. Unzweifelhaft liegt bei ihnen die Erkenntnis, daß sie nicht existieren, nicht gedacht werden können, außer als Inhalt eines Bewußtseins, viel näher als bei den Sinnesqualitäten. Warum sie bei letzteren nicht so nahe liegt, vielmehr sich der Schein aufdrängt, daß sie unabhängig vom Bewußtsein existieren, welcher Schein erst von einer tiefer dringenden Reflexion beseitigt werden kann, ist nicht schwer zu sagen, aber nicht dieses Ortes. Eine große Rolle spielt bei UPHUES auch der Unterschied (Seite 67), daß die Empfindungen einen besonderen von ihnen unterschiedenen Inhalt haben, während dies bei den Gefühlen nicht der Fall ist. Ich weiß nicht, was UPHUES sich dabei denkt. Der von der Empfindung unterschiedene Inhalt ist meines Erachtens und kann meines Erachtens nur das sein, was ich und andere Empfindungsinhalt nennen, was UPHUES sinnliche Qualitäten nennt, er ist von der Empfindung unterschieden, wie selbstverständlich der Inhalt des Bewußtseins vom Bewußtsein, dessen Inhalt er ist, zu unterscheiden ist. Und unter Gefühl der Lust oder Unlust kann ich mir auch gar nichts anderes denken, als ein Bewußtsein, in welchem diese bestimmte Lust oder Unlust auftritt. Letztere ist als Inhalt gerade so vom Bewußtsein unterschieden, wie vorher der Empfindungsinhalt, Farben und Töne. Und so wie bloß das Gefühl, ohne die Bestimmtheit, die wir sprachlich als Objekt darstellen, Lust oder Unlust, nichts ist, so ist auch die Empfindung, bzw. Wahrnehmung ohne Inhalt absolut nichts. Allen Gefühlsphänomenen soll ein Bewußtsein immanent sein, d. h. wir haben von ihnen, abgesehen von der inneren Wahrnehmung, ein Bewußtsein, das dann natürlich Gegenstand der inneren Wahrnehmung ist. Dann kann ich mir unter der inneren Wahrnehmung nur den Akt der Reflexion denken, in welchem sich gerade darauf die Aufmerksamkeit konzentriert daß uns ein Gefühl bewußt ist. Dann könnte ich beistimmen, aber doch, wie oben schon bemerkt wurde, darin keinen Unterschied von den sinnlichen Qualitäten finden, welche gleichfalls Inhalt unseres Bewußtseins sind, oder von denen wir gleichfalls ein Bewußtsein haben, abgesehen von der inneren Wahrnehmung, d. h. ohne daß eine Reflexion auf dieses Bewußtsein stattfinden müßte. Auch von den äußeren Wahrnehmungsakten, sollen wir Bewußtsein haben, ohne daß wir sie innerlich wahrnehmen.
Aber UPHUES unterscheidet streng den Wahrnehmungsinhalt von dem dadurch erzeugten Bewußtsein von den Objekten. Und nun soll in gleicher Geheimniskrämerei ein den äußeren Wahrnehmungsakten - wie vorher den Gefühlsphänomenen - ein immanentes von ihnen unabtrennbares Bewußtsein angenommen werden. "Aber durch dieses Bewußtsein gewinnen wir natürlich in keiner Weise ein Wissen von den psychischen Phänomenen." Das Wissen, heißt es weiter, ist das Ergebnis der Wahrnehmung, das Wissen von den physischen Phänomenen das Ergebnis der äußeren Wahrnehmung, das Wissen von den psychischen Phänomenen das Ergebnis der inneren Wahrnehmung" und Seite 145:
Der Beweis Seite 144 läßt wieder an den ersten Sinn denken.
Allein es kommt nur darauf an, ob unsere philosophische Reflexion erkennen läßt, daß auch sie nur als Inhalt von Bewußtsein existieren können. Die Beziehung zum Bewußtsein bleibt ihnen, wenn sie als Inhalt von einem solchen auftreten in keiner Weise äußerlicher, als den psychischen. Das scheint UPHUES nur so, weil er unaufhörlich sein probandum [Beweis - wp], daß sie auch ohne Inhalt von Bewußtsein zu sein existieren können, als wäre es schon bewiesen, voraussetzt, und es deshalb wie einen äußerlichen Zufall ansieht, wenn einem Bewußtsein synthetisch mit ihm verknüpft wird. Der ganzen Ausführung scheint dieses naive Vorurteil zugrunde zu liegen. Instruktiv ist die Stelle Seite 243:
Offenbar denkt hier UPHUES unter "nur synthetisch verknüpft", daß es zum Begriff des erkannten Dings, z. B. des erkannten Wesens des Tieres oder der Pflanze keineswegs gehört, daß es von mit oder irgendjemandem erkannt ist, bzw. ein Wissen von ihm stattfindet, daß dieses Wesen, bzw. die Tiere und Pflanzen mit ihm ganz ebenso existiert haben, und weiter existieren werden, gleichviel ob es jemand erkannt hat oder nicht. Das ist die äußerste Oberfläche der Sache; wenn wir mit UPHUES an ihr hängen bleiben wollen, so weiß ich nicht, was Philosophie noch soll. Man sieht nur wieder, daß UPHUES sich die Frage, was dieses Existieren heißt, gar nicht klar macht, sich auch gar nicht zu ihr hingedrängt fühlt. Daß gerade Herr UPHUES jetzt die Erkenntnis von einem Ding gewinnt, gehört freilich nicht zu seinem Begriff. Aber worin besteht sein Begriff? worin überhaupt der Begriff von einem Ding? UPHUES setzt den Dualismus wie etwas völlig Selbstverständliches voraus. Was das Wesen des Dings (Kausalverhältnisse) ausmacht, das ist alles doppelt da, einmal im Ding objektiv und unabhängig von allem Bewußtsein, zum andern in der Erkenntnis. Daß nicht nur in jener Existenz, sondern auch in dieser, namentlich in ihrem Zustandekommen und ihrer Beziehung auf jene ein viel umstrittenes Problem steckt, scheint er nicht zu wissen, oder ignoriert es absichtlich. Nur unter dieser Voraussetzung läßt sich das "nur synthetisch mit der Sache verknüpfte Bewußtsein, - (auch "verknüpft" ist charakteristisch) - welches ihr fremd und äußerlich, für sie zufällig ist, verstehen. Daß die physischen Phänomene nicht zum Ich gerechnet werden, ist kein Beweis für ihre Unabhängigkeit vom Bewußtsein. Wir haben oben schon davon gehandelt. Das zum Ich Gehören gestattet bekanntlich verschiedene Auffassungen und hier kann gewiß nicht die der reflexionslosen Menge, sondern nur die der Theorie den Ausschlag geben. Wenn, ich kann wohl sagen bekanntlich, ein unklares Schwanken sogar darüber stattfindet, ob und wie weit der eigene Leib (auch Sinneseindruck) zum Ich gehört, so werden wir andere Entscheidungsgründe brauchen. Es ist also mit nichts bewiesen, daß wir, wie UPHUES Seite 145 meint, ein doppeltes Bewußtsein unterscheiden müssen,
Die Unabhängigkeit der Sinneseindrücke vom Wahrgenommenen d. h. ihre Existenz zumindest die Denkbarkeit derselben, auch wenn sie nicht in einem Bewußtsein auftreten, sollte uns dadurch glaubhaft gemacht werden, daß das Bewußtsein ihnen nicht, wie den psychischen Akten, analytisch zukommt. Und daß es ihnen nicht analytisch zukommt, soll nun Kapitel IX, Seite 222 aus einem neuen Grund erhellen. Die Sinneseindrücke unterscheiden sich von den psychischen Tätigkeiten dadurch, daß jene kein Objekt haben, wohl aber diese (2). Nun ist das Objekthabenkönnen wesentlich vom Bewußtsein bedingt. Seite 225:
Daß ich diesen Unterschied nicht zu sehen vermag, habe ich schon bekannt, und füge hinzu, daß ich auch nicht begreife, wie dieses Bewußtsein die Möglichkeit, ein Objekt zu haben, erst hergeben soll (Seite 243). Oder doch! Ich habe es ja selbst in der "Erkenntnistheoretischen Logik" mit hinlänglicher Betonung auseinandergesetzt, daß, sowie Bewußtsein nicht möglich ist ohne Inhalt, so auch Inhalt nicht ohne Bewußtsein, so wie sich selbst wissen nicht möglich ist ohne Wissen von anderem, so auch Wissen von Anderem nicht möglich ist ohne Wissen von sich, als dem Subjekt, welches da von anderem weiß, z. B. Sinneseindrücke als die seinigen hat. Aber was sind das auch für Objekte! Kann UPHUES dies meinen? Kaum scheint es möglich. Wenn nicht, dann gestehe ich mir bei jenen seinen Worten nichts denken zu können. Wenn die psychischen Akte nur deshalb ein Objekt haben könnten, wel sie in diesem Sinne ein immanentes Bewußtsein hätten, dann müßte das Fühlen und das Denken sich wissen. Nun ist es vom Denken klar, daß es eben nur dadurch ein Denken ist, oder daß es nur so ein Denken gibt, daß ein Subjekt von sich weiß, also auch Denken von anderem nur von dieser Bedingung abhängt, daß es das Denken eines Subjekts, d. h. eines sich selbst Denkenden ist. Denken im allgemeinsten Sinne, und von diesem ist ja wohl die Rede, ist ja nach mir = Bewußtsein. Aber wenn man so auch sagt, daß das Denken sich selbst denkt, so ist das doch nur eine Redeweise, und gemeintsein kann dabei doch immer nur, daß ein Subjekt sich denkt und sich nicht denken könnte, wenn es nichts anderes wäre, als das sich Denkende d. h. wenn es sich nicht in Bestimmtheiten fände, zunächst denjenigen, welche die Sinneseindrücke sind. Also daß im eigentlichen Sinne der psychische Akt des Denkens (jeder einzelne) sich selbst wüßte, wie das vom Ich galt, und erst recht, daß ebenso jedes Fühlen von sich wüßte, ist ein Unsinn, den UPHUES nicht gemeint haben kann. Aber, was dann? Merkwürdig ist die Einschärfung daß das Bewußtsein einen von ihm verschiedenen Inhalt haben muß (Seite 227).
Doch sehen wir weiter! Gerade am Gefühl soll die Sache klar werden. Gewiß muß das Gefühl der Lust und Unllust als Bewußtsein betrachtet werden, heißt es Seite 227. Schon diese Prämisse ist wenig klar. Das Gefühl als Bewußtsein? Wir können es uns nur als Inhalt eines Bewußtseins denken; seine Existenz besteht darin, daß sich ein Subjekt dieser Regungen bewußt ist. Aber UPHUES muß sich etwas anderes, was ich wohl nicht zugestehen würde, dabei denken, da er fortfährt: "Besteht aber das Gefühl in einer besonderen Art der Beziehung auf einen Inhalt und ist gerade hierin sein Bewußtsein begründet."? Aber was ist hier Bewußtsein? dies, daß ein Subjekt sich seiner, bzw. seines Gefühls bewußt ist? Dann ist offenbar Nein zu antworten. Denn UPHUES versteht hier unter Inhalt (wie Seite 228 beweist) das Objekt, an welchem man seine Lust oder Unlust hat.
Und nun ist UPHUES sogleich fertig mit dem Schluß, daß man auch für die Erkenntnistätigkeit ein Bewußtsein annehmen muß, das von der Beziehung auf einen Inhalt verschieden ist. Ich sehe davon ab, daß der Schluß, mit er Erkenntnistätigkeit müsse es sich ebenso verhalten, wie mit dem Gefühl, vollständig in der Luft schweb, und gebe zu, daß die Erkenntnistätigkeit als solche (ich kann mir nur das dabei denken, was ich als die Denktätigkeiten im engeren Sinn bezeichnet habe) wohl von ihrem Objekt zu unterscheiden ist, obwohl wir uns ihrer nie losgelöst von aller Objektsbeziehung in einem zeitlichen Akt bewußt werden können, und behaupte selbst, daß dieses begriffliche Moment, wie wir es in der Abstraktion im Gegensatz zum Objekt fassen können, es in sich hat, daß es nur Inhalt eines Bewußtseins sein kann und anders gar nicht gedacht werden kann. Aber was folgt denn daraus? UPHUES konkludiert [schließt - wp] sofort:
Meint UPHUES etwa, daß, da Lust und Unlust nur im Bewußtsein existieren können, sie auch nur dann auf ein Objekt bezogen werden können, wenn sie in einem Bewußtsein existieren, d. h. wenn sie überhaupt da sind, die nichtseiende Lust oder Unlust auch auf kein sie erzeugendes Ding als ihr Objekt bezogen werden kann? Das wäre doch zu platt. Und zudem wäre ja dann noch lange nicht bewiesen, daß das Gefühl nicht seine Existenz eben in der Beziehung des Bewußtseins auf einen Inhalt, nämlich eben diesen, der das Gefühl ist, hat. Dies wäre ja nach UPHUES ein Wissen, nur snythetisches, nicht analytisches Bewußtsein. Nicht stichhaltig ist UPHUES' Gegengrund, daß die auf das Gefühl gerichtete Erkenntnistätigkeit das Gefühl mindert, zuweilen ganz aufhebt. Denn diese Erkenntnistätigkeit, welche vom Interesse wissenschaftlicher Erkenntnis geleitet ist, ist etwas anderes, als das einfache sich einer Regung bewußt sein, in welcher doch auch eine Beziehung des Bewußtseins auf einen Inhalt liegt (wie UPHUES selbst anerkannt hat). Was das Bewußtsein als analytisches Prädikat sein mag, haben wir also bisher nicht erfahren. Und nun gesteht UPHUES selbst Seite 236 zu, daß eine Erklärung oder Beschreibung desselben unmöglich ist. Was er da über diese Unmöglichkeit anführt, als wäre von einer neuen merkwürdigen Entdeckung die Rede, ist mir und gewiß sehr vielen wohlbekannt. Wie man sich seiner oder irgendeines Etwas, eines Zustandes, einer Regung, einer Tätigkeit bewußt sein kann, oder im Bewußtsein überhaupt möglich ist, kann niemand sagen. Aber wir kennen es zumindest aus uns selbst. Wie groß aber sind nun die Schwierigkeiten beim analytischen Bewußtsein, welches nur durch dieses negative Moment von jenem unterschieden wird, daß es nicht sich eines etwas bewußt-sein, keine Beziehung des Bewußtseins auf einen Inhalt wäre. Eine Inkonsequenz scheint es mir (Seite 240) zu sein:
Daß wir das (immanente) Bewußtsein auch in Gedanken nicht von den Zuständen, denen es immanent ist, trennen und für sich betrachten können, so wohl dasselbe sein, wie daß "es keinen von ihm verschiedenen Inhalt" hat. Zur Beziehung auf einen Inhalt, die UPHUES dem immenenten Bewußtsein abspricht, gehört, scheint es, eben dies, daß es als Wissendes einen von sich verschiedenen Inhalt, als das Gewußt hat. UPHUES muß sich diese Bestandteile wie Konkreta denken, die unabhängig voneinander existieren und nur zufällig zusammengeraten. Sonst könnte er nicht aus dem Umstand, daß wir das immanente Bewußtsein von jenen Zuständen auch nicht in Gedanken trennen und für sich betrachten können, also daß es wirklich nicht seinen Zuständen wie ein Konkretum einem anderen, wie Selbständiges einem anderen Selbständigen gegenüber steht, den Schluß ziehen, daß es sich deshalb nicht auf diese Zustände als seine Inhalte beziehen kann. Aber das ist der Grundirrtum. Das Bewußtsein, welches sich auf Inhalte bezieht, ist diesen gegenüber niemals etwas selbständiges Konkretes, sondern immer nur ein abstrakt begriffliches Moment; auch dieses, das synthetische, wird in der Abstraktion vom Inhalt immer etwas, was gewiß nicht für sich betrachtet werden kann. Es müßte denn gerade sein, daß UPHUES nur die Abstraktion von diesem oder jenem Inhalt meint, dem Bewußtsein aber noch genug andere Inhalte läßt, daß es existieren kann. Doch dieses Mißverständnis wäre doch zu grob, ich will es ihm nicht nachgesagt haben. Wohl aber scheint mir ein anderes Mißverständnis offenbar, das nämlich, welches die Existenz der psychischen Zustände, Wahrnehmen, Vorstellen, Gefühl, betrifft. Im Gegensatz zu dem, was ich oben als meine Ansicht über dieselbe dargestellt habe, muß er sie, trotz der offenkundigen abstrakten Allgemeinheit, wie Konkreta denken, welche genügen, um Bewußtsein möglich zu machen. Daß diese psychischen Zustände oder Tätigkeiten wiederum nichts sind, wenn sie ohne die spezielle Bestimmtheit ihrer Objekte gedacht werden sollen, muß ihm entgangen sein; denn sonst könnte er doch unmöglich meinen, daß das Bewußtsein nur von jenen nicht in Gedanken abgetrennt und für sich beobachtet werden könnte, wohl aber von diesen, denen es nur zufällig und äußerlich ist, weshalb sie ja auch ohne eines Bewußtseins Inhalt zu sein, existieren können. Nein, wenn es von jenen auch in Gedanken nicht abgetrennt und für sich betrachtet werden kann, dann gewiß auch eben deshalb nicht von diesen, und wenn es von diesen in Gedanken abgetrennt wird, ist es sicherlich auch bloß noch ein abstrakt begriffliches Moment. Und als eben so ein abstrakt begriffliches Moment kann es wirklich in Gedanken auch von jenen abgetrennt werden, nur ist das Subtraktionsexempel, wie ich schon in der "Erkenntnistheoretischen Logik" sage, unausführbar. Der Unterscheidung der Bewußtseine liegt also der Irrtum über die psychische Realität, welche das Wahrnehmen selbst (abgesehen vom Objekt) ist und die Voraussetzung des probandum, daß die Wahrnehmungs- bzw. Empfindungsinhalte unabhängig vom Bewußtsein existieren können, zugrunde. UPHUES versteht von vornherein heimlich unter einem synthetischen Bewußtsein nur ein solches, welches dem Ding deshalb nur äußerlich ist, weil letzteres sehr wohl existieren kann, ohne im Bewußtsein zu sein, und unter einem analytischen ein solches, ohne welches das Ding (die psychischen Tätigkeiten) nicht existieren kann, sagt in der Untersuchung gar nicht, was eigentlich ein analytisches Bewußtsein ist, oder negativ, daß es keine Beziehung auf einen (von ihm verschiedenen) Inhalt ist, beweist dann, daß den Sinneseindrücken kein analytisches Bewußtsein zukommt (weil sie einen vom Bewußtsein verschiedenen Inhalt desselben bilden, wobei die Verschiedenheit des Inhalts als reale Selbständigkeit gedacht wird) und schließt, daß sie auch ohne in Bewußtsein zu treten, existieren können. Und wenn es nicht so wäre, dann wäre gar nichts erstaunlicher als, wie und woran UPHUES dieses jeder positiven Charakterisierung unfähige analytische Bewußtsein erkannt hat, um seine bei den Sinneseindrücken so folgenschwere Abwesenheit konstatieren zu können. Ganz selbstverständlich ist vom immanenten Bewußtsein "die innere Wahrnehmung" zu unterscheiden (Seite 237). Sie ist etwas den psychischen Akten Äußerliches, Zufälliges, kann fehlen und fehlt meistens. UPHUES versteht also darunter "ein nur zeitweilig die psychischen Akte gleitendes Wissen, dann nämlich, wenn wir sagen, daß uns die psychischen Akte zu Bewußtsein kommen. Das geschieht aber nur in den seltenen Fällen, wo wir uns in ausdrücklicher und besonderer Weise - den psychischen Akten zuwenden. Ich habe sie oben schon mehrfach als einen Akt der Reflexion bezeichnet. Es ist auch ganz selbstverständlich, daß sie nur durch das immanente Bewußtsein zustande kommen kann (Seite 237). Denn nur wenn schon ein Bewußtsein vorhanden ist, kann die Reflexion desselben auf sich selbst, kann ein Bewußtsein vom Bewußtsein eintreten, und ebenso selbstverständlich ist es, daß in diesem Akt das immanente Bewußtsein zugleich ein Gegenstand der inneren Wahrnehmung ist, daß wir also in ihr alle psychischen Akte als bewußt auffassen (Seite 239). Aber ich muß aufs Neue hervorheben, daß UPHUES sich bei dieser zugestandenen Bewußtheit eigentlich, nach seinen Äußerungen zu urteilen, gar nichts denken kann. "Ein Bewußtsein, das wir nicht weiter bestimmen können" meint er ebenda. Es ist seine Schuld, daß er alles Wissen des Subjekts von seinen inneren Regungen entweder leugnet oder nur in dem beschriebenen Akt der Reflexion für möglich hält, und das einfache Wissen von ihnen (Haben im Bewußtsein) nicht von der Konzentration der Aufmerksamkeit auf dieses eine Moment unterscheidet. Im psychischen Akt sind tatsächlich die beiden Momente als ein ursprüngliches Ganzes vorhanden: Das Bewußtsein (Wissen im weitesten, allgemeinsten Sinne, nicht begriffliches) und sein Inhalt (hier ein psychisches Phänomen). Und wenn das nicht so wäre, so könnte auch die "innere Wahrnehmung", da sie, - ich gebrauche UPHUES' eigene Worte: - die psychischen Akte vermutlich so auffaßt, wie sie sind, besser gesagt, da sie als bloßer Akt der Reflexion nichts Neues hinzutun kann - nur wahrnehmen kann, was das ist, unmöglich ein solches Wissen hervortreten lassen. Sie würde das "immanente Bewußtsein" in den psychischen Akten wahrnehmen, aber nur als das, was es ist, und da es kein Wissen von den psychischen Akten ist, auch sicherlich kein Wissen von ihnen daraus machen. Denn daß sie selbst, "die innere Wahrnehmung" eben als Wahrnehmung derselben von ihnen wüßte, wird wohl niemand behaupten, da sie doch nicht wie ein neues Subjekt auftritt, sondern nur den Akt der Reflexion bedeutet, in welcher das Subjekt der gedachten psychischen Akte diese selbst als die seinigen wahrnimmt, in welchen um das UPHUES'sche Beispiel Seite 328 zu gebrauchen, das Subjekt des Hörens sich als Hörenden innerlich wahrnimmt. Die innere Wahrnehmung bringt das Hören zum Bewußtsein, aber doch nur indem sie wahrnimmt, bzw. indem das Subjekt wahrnimmt, daß es (das Hören) darin ist. Daß das immenante Bewußtsein kein Wissen von etwas, das des Denkens und Fühlens kein Wissen von diesen Gedanken und Gefühlen als eigener, kein im Bewußtsein Haben derselben ist, wird Seite 239, mit den Worten bewiesen:
Nun ist die Möglichkeit der Existenz der Sinneseindrücke ohne wahrgenommen, empfunden oder vorgestellt zu werden, bewiesen (Seite 345, 346). Eine andere Frage ist die, ob sie tatsächlich getrennt vom Bewußtsein vorkommen. Nach dem Sinn der Frage hält UPHUES selbst zu forschen für nötig. Aber dieses Resultat ist kein befriedigendes. Die gedachten Sinneseindrücke sollen natürliche keine Bewußtseinsvorkommnisse sein, aber auch keine transzendenten Dinge, keine Dinge-ansich. Was sind sie dann? Das Bewußtsein erzeugt sie nicht, sondern faßt sie nur auf, wodurch eine Existenz derselben unabhängig vom Bewußtsein gesetzt erscheint. Doch sollen sie in ihrem Entstehen von den Sinnesreizen abhängig und bei ihrem Wiederauftreten durch die Reproduktionsgesetze bedingt sein (Seite 247). Wir sehen: die Hauptfrage, die nach dem Begriff dieser Existenz, von welcher natürlich auch die Möglichkeit abhängt, ist noch nicht gelöst. Statt sich gründlicher um ihre Lösung zu bemühen, erwähnt UPHUES lieber gleich einen Fall ihrer Tatsächlichkeit. Seite 249:
Begnügen wir uns also mit der Einsicht, daß die Notwendigkeit nicht von außen zum Sein hinzukommt, sondern mit ihm zusammenfällt, demnach also die Notwendigkeit im Wechsel der Vorstellungen zum psychischen Sein, d. h. zum Bewußtsein gehört, daß die Gesetze, sei es der äußeren Natur, sei es des Seelenlebens, doch eben nur solche Notwendigkeiten feststellen, und daß somit der "Besitz" des Geistes nur in der absoluten Gesetzlichkeit besteht, nach welcher Vorstellungen bestimmten Inhaltes je nach Umständen ganz sicher bzw. mehr oder weniger sicher im Bewußtsein auftreten. Soviel über die Erklärung der Erinnerung durch die Annahme von Sinneseindrücken, welche existieren, ohne im Bewußtsein zu sein. UPHUES weiß aber noch mehr. Seite 250 heißt es:
Seite 251 wird als positiver Beweis angeführt, daß wir beim Lesen und Vom-Blatt-spielen keine Wahrnehmung und kein Bewußtsein von den einzelnen Wörtern und Noten haben. Wir erinnerun uns nicht (Seite 254) sie wahrgenommen zu haben, was ja freilich unter Umständen auch nach meiner Meinung, nämlich wenn wir uns sonst dessen erinnern müßten, ein Beweis dafür ist, daß wir sie nicht wahrgenommen haben. Ich übergehe UPHUES Widerlegung derjenigen Erklärungen, welche ohne seine Annahme der Existenz unbewußter Sinneseindrücke auskommen wollen, und referiere das Resultat (Seite 268), daß zwar psychische Akte nicht unbewußt sein können, wohl aber Sinneseindrücke, die ihren Inhalt bilden, oft genug als unbewußte in unserem Inneren auftreten. Wie der psychische Akt bewußt, sein Inhalt aber unbewußt sein kann, wie im Bewußtsein ein psychischer Akt auftreten kann, der doch im Bewußtsein keinen Inhalt hat, und ferner, was nun "das Innere" sein mag, sind Schwierigkeiten, die UPHUES nicht genieren. Seite 269:
Der psychologischen Tatsachen gleicher und ähnlicher Art hätte UPHUES noch viele anführen können. Die Zahl der unbewußten Seelenvorgänge hätte sich dann vervielfacht. Mir ist das ganzen unbewußte Geschehen nur ein terminus technicus, um den Tatbestand auszudrücken, daß die psychischen Vorgänge von welchen nach sonstiger Erfahrung ein Erfolg bedingt ist, im bestimmten Fall uns nicht bewußt geworden sind - eine gewiß erklärungsbedürftige Tatsache. Daß neue Vorgänge dennoch stattgefunden haben, ist eins an den vielen Worten, welche sich zur rechten Zeit einstellen, wenn Begriffe fehlen. Zum Schluß beschäftigt sich UPHUES noch mit Fragen, die nicht eigentlich zu seinem Thema gehören. Ganz richtig lehrt er uns Seite 285, daß die Dinge im Sinne eines Beharrlichen vor und nach der Wahrnehmung Bestehenden Objekte eines mannigfach vermittelten Wissens sind. Daß ein Ding dasselbe ist, wie in einer früheren Wahrnehmung, erschließen wir unter anderem daraus, daß die Zeit zu kurz ist, als daß so ein Ding, z. B. ein Turm, durch ein anderes völlig gleiches hätte ersetzt werden können. Ich meine nur: die Sache ist mit so einem vereinzelten Grund nicht abgetan, sondern drängt zu einer allgemeinen Lösung des Problems, wie Bewegung und Veränderung, bzw. das Gegenteil zu behaupten möglich ist, so wie ich sie in der "Erkenntnistheoretischen Logik" versucht habe. Man kann unter Ding auch einen Komplex von festassoziierten Sinneseindrücken und unter Eigenschaft ein einzelnes Glied dieses Komplexes, welches den ganzen Komplex ins Gedächtnis zurückruft, verstehen. UPHUES irrt, wenn er meint, daß die Behauptungen, die wir aufgrund dieser Reproduktion aufstellen, z. B. das ist die Stimme der Person, die ich früher einmal gesehen habe, und die ich wieder sehen kann, wenn ich z. B. das Fenster öffne, über das durch die Reproduktionen wirklich Gegebene nicht hinausgehen. Die Behauptung ginge dann darüber nicht hinaus, wenn sie sich auf den Bericht beschränkt, daß diese Stimme den ganzen Eindruck der früher gesehenen Person "ins Gedächtnis" zurückruft. Aber die sichere Erwartung, daß dieser Eindruck sinnlich wiederkehren wird, geht bedeutend darüber hinaus.
2) Ich war vor 10 Jahren hocherfreut die Unterscheidung des Psychischen vom Physischen gefunden zu haben, was in "Erkenntnistheoretische Logik", Seite 524-526 zu lesen ist, und glaubte der Erste zu sein, der diese Ansicht äußerte. Die psychischen Tätigkeiten, Denken, Fühlen und Wollen charakterisieren sich als eine Vermittlung, welcher die physischen Erscheinungen bedürfen um den Inhalt des Bewußtseins ausmachen zu können. Jene müssen demnach ein Objekt haben und sind ohne ein solches undenkbar, während die physischen Erscheinungen, was ich als selbstverständlich nicht weiter betont habe, ein solches Objekt nicht haben können. Daß sie überhaupt gar kein Objekt haben können, was ja an den Beispielen "rot" und "sauer", "ein Haus", evident zu sein scheint, habe ich nicht erwähnt. Die Evidenz dieser Beispiele genügt nicht, wenn nicht die Unterscheidung der Arten der Objekte und der Tätigkeiten hinzukommt. 3) Denn bloß zu beweisen, daß und warum sie kein Objekt haben können, hätte ja mit dem eigentlichen Thema des Buches nichts zu tun. |