ra-2ra-1A. FeuerbachG. RadbruchG. HeymansC. Sigwartvon Buri    
 
KARL BIRKMEYER
Über Ursachenbegriff und
Kausalzusammenhang im Strafrecht

[Rektoratsrede]

"Wenn die Philosophie als die Wissenschaft von den letzten Gründen aller Dinge das schöne Vorrecht hat, ihre Begriffe bis über die Grenzen des Erkennbaren und Endlichen hinaus zu vertiefen, so hat dagegen jede andere Wissenschaft, welche wie die Jurisprudenz mit dem Leben zu rechnen und für die praktische Anwendung arbeitet, die Pflicht, ihre Begriffe der Praxis, dem Leben und der Endlichkeit anzupassen."

"Die Strafgesetze müssen die Tatbestände, an welche sie ihre Strafandrohungen anknüpfen, aus dem täglichen Leben schöpfen, dem der vulgäre Ursachenbegriff angehört. Die Imperative, die Gebote und Verbote, welche das Strafgesetz in jenen Tatbeständen ausspricht, müssen ihrem Zweck entsprechend eine Sprache reden müssen, die für alle, an die sie sich wenden, gemeinverständlich ist: die Sprache des täglichen Lebens.  Wer das Vermögen eines anderen beschädigt, wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wer einen Menschen tötet:  in all diesen Wendungen redet es mit der Sprache des gewöhnlichen Lebens, mit der Sprache, welche als möglich voraussetzt, daß man eine bestimmte Tätigkeit eines einzelnen Menschen als  die  Ursache des Erfolges des Todes, der Körperverletzung, der Beschädigung usw. bezeichnen kann."


I.

Eine doppelte Frage ist zu lösen, wenn eine rechtswidrige Begangenschaft kriminell geahndet werden soll:
    Ist der verbrecherischer Erfolg auf eine menschliche Tätigkeit als auf seine Ursache zurückzuführen?
und:
    Trifft den Täter wegen der Hervorbringung dieses Erfolges auch eine Schuld? kann ihm mit anderen Worten wegen des Geschehenen der Vorwurf vorsätzlichen oder fahrlässigen Verhaltens gemacht werden?
Dementsprechend bilden die Lehren von der Verursachung und von der Verschuldung die beiden Grundpfeiler der Strafrechtswissenschaft.

Mit der Frage der Verursachung und des Kausalzusammenhangs im Strafrecht und mit den Problemen, welche sie der Strafrechtswissenschaft bieten, sollen sich die folgenden Erörterungen beschäftigen.


I.

Die erste Bedingung eines richtigen Verständnisses und einer eventuellen Lösung dieser Probleme ist die scharfe Scheidung der Kausalitäts- und der Schuldfrage voneinander. Beide gehören von Haus aus verschiedenen Sphären an. Es handelt sich bei der Kausalität um Begriffe, die durchaus nicht bloß und nicht in erster Linie das Rechtsleben und die Jurisprudenz, sondern zunächst das allgemeine Welt- und Naturleben und damit die Philosophie und die Naturwissenschaft und die tägliche Erfahrung angehen; es fragt sich um die Verkettung von Erscheinungen der Sinneswelt, um das Ineinandergreifen von Naturkräften ohne alle Rücksicht darauf, ob diese von einem wollenden und denkenden Wesen ausgehen oder nicht. Es handelt sich dagegen bei der Schuld um das Verhalten des freien, also menschlichen, Willens zum menschlichen Tun und dessen Wirkungen, um Fragen mithin, welche der Religion, der Moral und hinsichtlich der Schuldarten des  dolus  [Vorsatz - wp] und der  culpa  [Schuld - wp], des bösen Vorsatzes und der Fahrlässigkeit, wie wir sie hier voraussetzen, wenn auch nicht dem Strafrecht allein, so doch em Recht ausschließlich angehören. Die Begriffe des  dolus  und der  culpa  sind vom Recht geschaffen und durch eine streng juristische Untersuchung festzustellen; der Begriff der Verursachung ist vom Recht übernommen und daher zunächst auf dem Gebiet aufzusuchen und als fertig entgegenzunehmen, aus dem er in das Rechtsgebiet rezipiert worden ist.

Von selbst ergibt sich hieraus, daß diejenigen Untersuchungen über den Kausalzusammenhang im Strafrecht zu unrichtigen Resultaten führen mußten, welche die Fragen der Verschuldung und der Verursachung miteinander vermengten. Es ist dies aber bereits in doppelter Weise geschehen.

Man hat behauptet, die Verschuldung reiche so weit wie die Verursachung reicht. Wer also in der Absicht einen Erfolg herbeizuführen tätig wird, der hat den von ihm herbeigeführten Erfolg auch stets verschuldet, wie immer die Kausalität verlaufen sein mag. Es war von BURI, ein Schriftsteller, dessen Kausalitätstheorie wir später noch näher zu betrachten haben, der jene Behauptung ursprünglich verteidigte. Da er aber zu gleicher Zeit jeden Umstand als Ursache des eingetretenen Erfolges erklärte, ohne welchen der Erfolg, so wie er eingetreten ist, nicht eingetreten wäre, so war es nicht schwer, ihn  ad absurdum  zu führen.  A  hat dem  B,  der eben auf dem Weg war, um ein nach Amerika segelndes Schiff zu besteigen, in der Absicht, ihn zu töten, eine ungefährliche Wunde beigebracht, welche jedoch den Verletzten das Schiff versäumen ließ und ihn nötigte, noch einige eit in der Hafenstadt auf die Abfahrt des nächsten Schiffes zu warten. In der Zwischenzeit wrd er durch einen vom Dach fallenden Ziegel erschlagen. Ohne die Verwundung wäre  B  bereits auf der Fahr nach Amerika gewesen, also nicht vom Ziegel getroffen worden; daher hat  A  nach BURI den Tod des  B  verursacht. Da er aber im Augenblick der Verwundung diesen Erfolg auch wollte, so mußte er, wenn die Verschuldung so weit reichen soll, wie die Verursachung, nach BURI wegen Ermordung des  B  mit dem Tod bestraft werden. Durch dieses und ähnliche Beispiele ist es GEYER gelungen, BURI von der Unhaltbarkeit seiner Ansicht und von der Notwendigkeit zu überzeugen, daß, unabhängig vom Kausalzusammenhang, auch ein von der Tat bis zum Erfolg sich fortsetzender Schuldzusammenhang konstatiert werden muß, um wegen des Erfolges strafen zu können.

Dagegen wird in entgegengesetzter Richtung an der Vermengung der Kausalitäts- und der Schuldfrage von einem der namhaftesten deutschen Rechtslehrer noch heute festgehalten. Während von BURI die Verschuldung so weit reichen ließ wie die Verursachung, nimmt nach dem Voranschreiten anderer, wie LUDEN und KRUG, von BAR an, daß die Verursachung nur so weit reicht wie die Verschuldung. Denn Ursache eines verbrecherischen Erfolges sei die menschliche Tätigkeit dann, wenn sie in die sonst regelmäßig verlaufende Kausalität in einer gegen die Regel des Lebens verstoßenden Weise eingegriffen und so den Kausalverlauf verändert hat. Die Regel des Lebens aber ist das Gesetz. Regelwidrig handeln ist daher identisch mit gesetzwidrig handeln. Und da gegen das Gesetz nur entweder  dolo  oder  culpa  gehandelt werden kann, so kann auch nur der  dolos  oder  kulpos  Handelnde verursachen; der Dolus sei direkte, die Kulpa indirekte Kausalität.

Mit Recht haben sich fast alle neueren Schriftsteller gegen diese allerdings mit großer Feinheit ausgeführt und auf das Scharfsinnigste verteidigte Kausaltheorie erklärt.

Man hat auch sie  ad absurdum  geführt durch den Hinweis darauf, daß nach ihr überhaupt nur Widerrechtlichkeiten und nie gesetzmäßige Erscheinungen verursacht weden können. Man hat ihr vorgeworfen, daß sie auf falschen Grundlagen ruht, sowohl wenn sie die Regel des Lebens mit der Gesetzmäßigkeit identifiziert: den Statistik und Soziologie lehren, daß eine gewisse Zahl von Verbrechen zum regelmäßigen Verlauf des Lebens gehört; als auch wenn sie regelwidrig als gleichbedeutend mit  dolos  und  kulpos  behandelt: denn auch das lediglich Unvernünftige und Unmoralische kann als regelwidrig bezeichnet werden. Man hat behauptet, daß sie mit viel zu vagen und elastischen Begriffsmerkmalen operiert, um für die Praxis brauchbar zu sein. Man hat sie aber meines Erachtens schon mit der einfachen Bemerkung tödlich getroffen, daß man einen Kausalzusammenhang, d. h. die Verkettung von Tatsachen, nie juristisch oder moralisch untersuchen kann.

Auch das deutsche Reichsgericht hat gegen die BAR'sche Kausaltheorie mit Entschiedenheit Stellung genommen, einmal insofern, als es in der Begründung seiner eigenen Strafurteile stets scharf und sauber die Fragen der Verursachung und der Verschuldung voneinander trennt; dann aber auch insofern, als es bei der Entscheidung praktischer Fälle des öfteren schon zu Resultaten gelangt ist, welche mit BARs Theorie in Widerspruch stehen.

Endlich aber läßt sich für unser positives Gesetzesrecht der stringente Nachweis führen, daß es der BAR'schen Kausaltheorie ablehnend gegenübersteht. Denn wie dasselbe bisweilen von Verschuldung freispircht in Fällen, wo die Verursachung entschieden vorliegt, wie z. B. bei einer im Notstand geschehenen Tötung, so kennt es umgekehrt, wie nicht bestritten werden kann, Fälle, in welchen die bloße Verursachung eines rechtswidrigen Erfolges ohne Verschuldung hinsichtlich desselben gestraft wird, wie z. B. bei der sogenannten schweren Körperverletzung. Eine solche Verursachung ohne Verschuldung ist mit BARs Ansicht einfach unvereinbar.


II.

Haben wir uns so von der Anschauung frei gemacht, nach welcher der Begriff der Ursache im Strafrecht ein vom Recht selbst erzeugter, ein originärer Rechtsbegriff wäre, so fragen wir nun weiter: woher hat das Strafrecht seinen Ursachenbegriff übernommen?

Zunächst denken wir billig an die Philosophie, die sich mit dem Ursachenbegriff  ex professo  [professionell - wp] zu beschäftigen hat und der das Strafrecht so manchen seiner Begriffe entlehnte. Diese aber belehrt uns: Das Verhältnis zwischen Wirkung und Ursache ist ein notwendiges. Ursache können wir nur nennen, was den Erfolg mit Notwendigkeit erzeugt. Nun geht aber kein Erfolg aus  einem Antezedens  [Vorausgehenden - wp] allein hervor; es müssen sich stets eine Reihe anderer Antezedenzien hinzugesellen, ehe der Erfolg notwendig eintritt. Und als Ursache eines Erfolges können wir daher einzig und allein die Gesamtheit aller Antezedenzien oder Bedingungen desselben bezeichnen.

Die logische Richtigkeit und Unanfechtbarkeit dieses philosophischen Ursachenbegriffs ist so einleuchtend, daß es niemand im Ernst einfallen kann, daran zu rütteln. Und rückhaltlos haben dann auch so viel ich sehe sämtliche juristische Schriftsteller zum Thema "Kausalzusammenhang" dies anerkannt.

Allein ebenso unbezweifelbar ist es, daß dieser philosophische Kausalbegriff für das Strafrecht absolut unbrauchbar ist.

Der Kausalzusammenhang im philosophischen Sinne ist mit dem Weltzusammenhang identisch. Glied für Glied führt die Kette, welche die Ereignisse miteinander verbindet, zurück bis zum Anfang der Welt und über diesen hinaus ins Unendliche. Der Staatsanwalt, wenn er fragt, wer den verbrecherischen Erfolg wohl verursacht haben könnte, bekommt von der Philosophie die Antwort: die Summe aller der menschlichen Tätigkeiten und Naturkräfte, welche in der Gegenwart und in der Vergangenheit irgendeine Bedingung des Erfolges gesetzt haben; der Strafrichter, wenn er fragt, ob der Angeklagte den verbrecherischen Erfolg verursachte, muß sich die Antwort gefallen lassen: auf keinen Fall; denn eine menschliche Tätigkeit kann nie für sich allein irgendeinen Erfolg verursachen.

Das einzig Greifbare, was der philosophische Ursachenbegriff dem Strafrecht bieten kann, das ist der Satz, daß derjenige wegen eines verbrecherischen Erfolges auf keinen Fall zur Strafe gezogen werden kann, der nicht einmal eine Bedingung desselben geliefert hat. Fürwahr, ein gar armseliges Resultat! so dürftig, daß man denken sollte, niemand kann es dem Strafrecht verargen, wenn es sich nach einem anderen Ursachenbegriff umsieht. Und doch hat man ihm zugemutet, sich mit dem philosophischen zu begnügen. Kaum konnte schärfer und überzeugender nachgewiesen werden, wie wenig der philosophische Ursachenbegriff für das Strafrecht zu leisten vermag, als dies vor zwei Jahren von einem der hervorragendsten österreichischen Kriminalisten, HEINRICH LAMMASCH, geschehen ist. Aber statt nun, wie man erwarten durfte, daraus den Schluß zu ziehen, daß dieser Begriff nicht der des Strafrechts sein kann, gelangt LAMMASCH vielmehr dazu, dem Ursachenbegriff überhaupt nur eine untergeordnete Bedeutung für das Strafrecht zuzuerkennen und den Kriminalisten vorzuwerfen, daß sie ihm bisher eine überragende Wichtigkeit beigemessen haben!

Und doch operiert unser positives Strafrecht in ungezählten Gesetzesparagraphen mit den Begriffen "Ursache", "verursachen", "bewirken", "einen Erfolg hervorbringen" und dgl. mehr. Und doch hat wohl die Strafrechtspraxis, welche diese Paragraphen anwenden soll, ein gegründetes Recht darauf, daß die Strafrechtswissenschaft ihr dabei mit einem für das Rechtsleben verwertbaren Ursachenbegriff unter die Arme greift und sie nicht auf einen solchen verweist, von dem sie selbst bekennen muß, daß er für das Strafrecht nichts weiter zu leisten vermag, als den trivialen Satz: was nicht Bedingung eines Erfolges ist, kann auch nicht Ursache desselben sein.

Wenn LAMMASCH ein solches Entgegenkommen verweigert und unverrückt am philosophischen Ursachenbegriff für das Strafrecht festhalten will, so erklärt sich dies nur aus einer ungerechtfertigten Überschätzung der Philosopie, deren Ursachenbegriff er als "wissenschaftliches"  kat exochen  [Ansich - wp] bezeichnet und verlangt, daß mit ihm allein in wissenschaftlichen Untersuchungen operiert wird. Allein wenn auch die Philosophie die Mutter aller übrigen Wissenschaften ist, so ist sie doch nicht die einzige Wissenschaft, ihre Töchter sind längst erwachsen und selbständig geworden und sorgen für ihre Lebensbedürfnisse selbst. Und wenn die Philosophie als die Wissenschaft von den letzten Gründen aller Dinge das schöne Vorrecht hat, ihre Begriffe bis über die Grenzen des Erkennbaren und Endlichen hinaus zu vertiefen, so hat dagegen jede andere Wissenschaft, welche wie die Jurisprudenz mit dem Leben zu rechnen und für die praktische Anwendung arbeitet, die Pflicht, ihre Begriffe der Praxis, dem Leben und der Endlichkeit anzupassen. RUDOLF von JHERING in seiner Weihnachtsgabe für das juristische Publikum spendet dem Kriminalrecht das Lob, daß es sich von der Verirrung der römisch-rechtlichen Wissenschaft fern gehalten hat, "welche, den praktischen Endzweck und die Bedingungen der Anwendbarkeit des Rechts außer Acht lassend, in demselben nur einen Gegenstand erblickt, an dem das sich selber überlassene, seinen Reiz und Zweck in sich selbst tragende logische Denken sich erproben kann." Hüten wir uns, daß wir dieses Lob nicht verscherzen, indem wir durch einseitiges Festhalten an philosophischen für das Rechtsleben nicht verwertbaren Begriffen hineingeraten in die von JHERING mit so vielem Recht und so geistvollem Humor bekämpfte "Begriffsjurisprudenz"!


III.

Das Strafrecht verlangt einen Ursachenbegriff, der es möglich macht, in einzelnen menschlichen Tätigkeit die Ursache eines verbrecherischen Erfolges zu erblicken. Denn nur eine derartige Verursachung ist für menschliche Sinne wahrnehmbar und damit beweisbar; die Anwendung der Strafe aber setzt voraus, daß wir dem Verbrecher die beiden Regel-Bedingungen jeder Bestrafung: Verursachung und Verschuldung eines strafrechtswidrigen Erfolges  beweisen  können.

Man hat einen solche Ursachenbegriff, welcher statt der Gesamtheit der Antezedentien einzelne Bedingungen des Erfolges als Ursache bezeichnet, den "vulgären" genannt, weil es der Begriff ist, mit welchem die Sprache des täglichen Lebens zu operieren pflegt.

Daß nun dieser vulgäre Ursachenbegriff auch der eines jeden Strafgesetzbuches sein muß, das glauben wir nach all dem Vorausgegangenen ohne weiteres postulieren zu dürfen. Wir werden in dieser Überzeugung nur bestärkt durch die Erwägung, daß die Strafgesetze die Tatbestände, an welche sie ihre Strafandrohungen anknüpfen, aus eben diesem täglichen Leben schöpfen, dem der vulgäre Ursachenbegriff angehört; und daß wiederum die Imperative, die Gebote und Verbote, welche das Strafgesetz in jenen Tatbeständen ausspricht, ihrem Zweck entsprechend eine Sprache reden müssen, die für alle, an die sie sich wenden, gemeinverständlich ist: die Sprache des täglichen Lebens.

Daß aber in der Tat der vulgäre Ursachenbegriff derjenige unseres positiven Strafrechts ist, das beweist ein Blick auf die Terminologie desselben. Ob es nun für strafbar erklärt "wer eine Überschwemmung herbeiführt", "wer die Strandung eines Schiffes bewirkt", "wer durch seine Handlung eine Tötung, eine Körperverletzung, eine Eigentumsbeschädigung verursacht"; oder ob es denjenigen mit Strafe bedroht "wer einen anderen körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt", "wer das Vermögen eines anderen beschädigt", "wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört", "wer einen Menschen tötet": in all diesen Wendungen redet es mit der Sprache des gewöhnlichen Lebens, mit der Sprache, welche als möglich voraussetzt, daß man eine bestimmte Tätigkeit eines einzelnen Menschen als  die  Ursache des Erfolges des Todes, der Körperverletzung, der Beschädigung usw. bezeichnen kann.

Wenn nun aber das positive Strafrecht den vulgären Ursachenbegriff zu dem seinigen gemacht hat, wie es ja noch so viele andere Begriffe, wie  Gefahr, Waffe, Versuch, Eid, Ärgernis, Drohung  und dgl. aus der Sprache des gewöhnlichen Lebens herübergenommen hat; wenn es dies, wie vorhin gezeigt, tat im Einklang mit den Zwecken, die es verfolgt, mit den Bedürfnissen, denen es dient; und wenn es diesem Ursachenbegriff durch rechtliche Konsequenzen, die es an ihn geknüpft, juristischen Gehalt verliehen hat: welcher Jurist könnte dann im Ernst leugnen, daß der vulgäre Ursachenbegriff zum kriminalrechts wissenschaftlichen  geworden ist? es leugnen nur deswegen, weil er dem philosophischen Ursachenbegriff zuwiderläuft? Wer dies täte, dem würden wir, wiederum mit JHERING, entgegenhalten:
    "Doktrinäre Formulierungen und Abstraktionen, welche zu praktisch widersinnigen Resultaten oder zu einem Widerspruch mit dem erklärten Willen des Gesetzes führen, sprechen sich damit selber ihr Urteil, es muß bei der Aufstellung derselben ein Fehler begangen worden sein."
In Wahrheit waren auch von jeher die strafrechtswissenschaftlichen Untersuchungen des Ursachenbegriffs in richtiger Erkenntnis ihrer Aufgabe direkt darauf gerichtet, welche  einzelnen  Bedingungen eines Erfolges man als Ursache desselben bezeichnen kann? Dies war stets das eigentliche Problem der Kausalität für das Strafrecht, eines der schwierigsten freilich und bestrittendsten unserer Wissenschaft.

Wie außerordentlich die Ansichten über den strafrechtlichen Ursachenbegriff innerhalb des letzten Jahrhunderts gewechselt haben, das werden zwei der Praxis entnommene Beispiele am besten illustrieren.

Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts kam in Sachsen ein Giftmord zur Untersuchung. Die Angeklagte gestand, daß sie der  X  eine Schokolade mit Arsen zugeschickt habe. Letztere hatte die Schokolade erhalten und einen Teil davon getrunken. Sie war sogleich darauf krank geworden und noch am selben Tag gestorben. Man sezierte den Leichnam und fand im Mgen nicht nur Spuren von Arsen, sondern auch eine davon herrührende Entzündung. Sowohl die Ärzte, welche die Obduktion gemacht hatten, wie auch zwei medizinische Kollegen, deren Gutachten darüber eingeholt worden war, bekundeten, daß mit einer Gewißheit, wie sie nur immer in medizinischen Fragen möglich ist, angenommen werden kann, daß  X  an dem erhaltenen Gift gestorben ist. Gleichwohl glaubte das Gericht in der Handlung der Giftmischerin die Ursache des Todes der  X nicht  erblicken zu dürfen. Denn bei der Obduktion war der Kopf der  X  nicht geöffnet worden und das Gericht nahm an, es bleibe möglich, daß bei der Eröffnung des Kopfes noch eine andere mitwirkende Ursache des Todes aufgefunden worden wäre; es kann daher nicht mit absoluter Gewißheit angenommen werden, daß das von der Angeklagten beigebrachte Gift den Tod bewirkt hat.

Den anderen Fall entnehme ich einem Urteil des Deutschen Reichsgerichts vom 3. Dezember 1881. Der Angeklagte  K  hatte fahrlässigerweise den Brand eines Schuppens herbeigeführt, in welchem die Fabrikation von Lack betrieben wurde. Der 14-jährige  B,  der sich im Schuppen befand, hatte sich bereits aus demselben gerettet, war aber dann, um ein Paar ihm gehörige Stiefel noch herauszuholen, noch einmal in denselben zurückgekehrt und ist auf diesem Weg erstickt. Er wurde am Türausgang tot aufgefunden. Das Reichsgericht bejahte die Frage des Kausalzusammenhangs und damit die Strafbarkeit des  K  wegen der Verursachung des Todes eines Menschen durch fahrlässige Herbeiführung eines Brandes. Es habe allerdings eine Zwischenursache, die Rückkehr des  B  in den Schuppen, mitgewirkt, damit der Tod eintreten konnte. Aber wenn auch ohne die Rückkehr der Tod des  B  nicht eingetreten wäre, so wäre doch andererseits auch die Rückkehr nicht ohne den von  K  verursachten Brand erfolgt, welchem  B  seine Stiefel entreißen wollte. Die Brandstiftung des  K  ist also die Ursache des Todes von  B  gewesen.

Die beiden Kausaltheorien, welche diesen diametral entgegengesetzten Entscheidungen zugrunde liegen, lassen sich in folgende zwei Sätze zusammenfassen:
    Ursache ist  nur  diejenige Bedingung eines Erfolges, welche denselben mit Notwendigkeit nach sich zieht;
und
    Ursache ist jede Mitwirksamkeit, welche zur Hervorbringung eines Erfolges beigetragen hat, also jede Bedingung eines Erfolges.
Die erste dieser beiden Theorien ist seit ihrer glücklichen Bekämpfung durch STÜBEL in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts von Wissenschaft und Gesetzgebung aufgegeben worden.

Ihre Unrichtigkeit liegt ja auch nach dem oben schon Erörterten auf der Hand:  Mit Notwendigkeit  ergibt sich der Erfolg immer nur aus der Gesamtheit der Bedingungen; eine einzelne Bedingung kann ihn nie notwendig produzieren.

In der Praxis lebt zwar heute noch diese alte Kausaltheorie bei manchen deutschen Gerichten fort; mit Entschiedenheit jedoch hat sich wiederholt bereits das  Deutsche Reichsgericht  gegen sie erklärt.

Dagegen beherrscht die zweite der eben präzisierten Theorien, wonach jede Bedingung eines Erfolgs Ursache derselben ist, gegenwärtig Theorie und Praxis. Sie wird nicht nur von einer Anzahl unserer hervorragendsten Kriminalisten, wie von BURI, GEYER, GLASER, HÄLSCHNER und von LISZT verteidigt, sondern auch das Reichsgericht hat sie in einer großen Zahl von Urteilen der verschiedenen Strafsenate als die allein richtige verwertet.

Der erste Schriftsteller, der sie energisch geltend gemacht, derjenige, der sie am konsequentesten verfolgt und am erfolgreichsten verteidigt, höchst wahrscheinlich zugleich derjenige, der ihr zur Anerkennung im Schoß des Reichsgerichts direkt verholfen hat, ist der frühere Großherzoglich Hessische Staatsanwalt und jetzige Reichsgerichtsrat MAXIMILIAM von BURI. Seine Theorie verdient unsere besondere Aufmerksamkeit auch deswegen, weil sie nach seiner Behauptung in völligem Einklang steht mit dem philosophischen Kausalitätsbegriff, den wir soeben als praktisch unbrauchbar glaubten verwerfen zu müssen, und diesem nur eine andere für die Strafrechtszweck nötige Wendung gibt. Wir lassen ihn dies mit seinen eigenen Worten auseinandersetzen:
    "Will man den Kausalzusammenhang einer konketen Erscheinung ermitteln, so muß man in geordneter Reihenfolge sämtliche Kräfte feststellen, welche für die Entstehung der Erscheinung irgendeine Wirksamkeit geäußert haben. Die ganze Summe dieser Kräfte ist dann als die Ursache der Erscheinung anzusehen.

    Mit demselben Recht läßt sich aber auch jede einzelne dieser Kräfte für sich allein schon als die Ursache der Erscheinung betrachten, denn die Existenz derselben hängt so sehr von jeder einzelnen Kraft ab, daß, wenn man aus dem Kausalzusammenhang auch nur eine einzige Einzelkraft ausscheidet, die Erscheinung selbst zusammenfällt. Es verleiht daher jede Einzelkraft der, wenn man von ihr absieht, toten Masse aller übrigen Einzelkräfte erst die Lebenskraft, es macht jede einzelne Kraft alle übrigen kausal."
Diese angebliche Identität der beiden Sätze
    Ursache ist die Gesamtheit der Bedingungen eines Erfolgs
und:
    Ursache ist jede einzelne Bedingung eines Erfolgs
ist offensichtlich nichts als eine dialektische Selbsttäuschung. Die beiden Sätze schließen einander aus; wer es mit dem ersten Ernst nimmt, muß den zweiten verdammen; denn wenn Ursache die Gesamtheit der Bedingungen ist, so folgt daraus mit unerbittlicher logischer Konsequenz, daß keine einzige Einzelbedingung Ursache sein kann. Wenn  m + n + o = p  ist, so ist weder  m  noch  n  noch  o = p.  Und wenn BURI gerade umgekehrt den Satz aufstellt, daß  jede  Einzelbedingung Ursache ist, so gibt er damit den philosophischen Ursachenbegriff ebenso preis, ja er entfernt sich von demselben genau betrachtet sogar noch weiter, als die meisten der noch zu nennenden Theorien der Einzelursachen, zu welchen auch die seinige in Wahrheit zählt.

Jedoch auch losgelöst vom philosophischen Kausalitätsbegriff, wie sie insbesondere bei von LISZT erscheint, erweist sich die Identifizierung der Bedingungen und der Ursachen als unhaltbar.

Die Sprache bildet selten oder nie zwei selbständige Worte für ganz den nämlichen Begriff aus: die Existenz der beiden Worte "Bedingung" und "Ursache" läßt von vornherein vermuten, daß ihnen auch zwei verschiedene Begriffe entsprechen, wie dann auch im gewöhnlichen Leben wirklich verschiedene Begriffe damit verbunden werden. Die Gegner trifft also die Beweislast für die Synonymität. Sie haben den Beweis angetreten durch die Behauptung der Gleichwertigkeit aller einzelnen Bedingungen für den Erfolg. Wäre diese Behauptung richtig, so würde freilich, wenn wir uns überhaupt für berechtigt hielten, eine einzelne Bedingung Ursache zu nennen, kein Grund sich anführen lassen, warum wir diesen Namen irgendeiner Bedingung verweigern wollten. Allein die behauptete Gleichwertigkeit selbst muß geleugnet werden. Sie ist nur in einem negativen Sinn vorhanden, in dem sie allein auch meist verstanden wird, daß keines des Antezedenzien eines konkreten Erfolges  fehlen  darf, ohne daß der Erfolg selbst hinwegfällt. Damit ist aber eben nur das Wort "Bedingung" definiert. Nicht ausgeschlossen ist damit ein verschiedenes Maß  positiver  Wirksamkeit der einzelnen Bedingungen für die Hervorbringung des Erfolges. Die Unmöglichkeit einer derart verschiedenen Wirksamkeit der Einzelbedingungen für den Erfolg ist von den Anhängern von BURIs Kausaltheorie noch nicht nachgewiesen worden. Bis dahin behalten sie die Vermutung der Richtigkeit einer Unterscheidung zwischen Bedingung und Ursache gegen sich.

Sie haben den Beweis für die Identität von Ursache und Bedingung ferner zu erbringen gesucht durch die Behauptung der Unteilbarkeit, der objektiven Einheit des Erfolges. Der Erfolg lasse sich nicht in Teile zerlegen, so daß man sagen könnte, er sei zu diesem Teil von der einen Bedingung, zu jenem Teil von der anderen erzeugt. Kann man aber nicht sagen, die einzelne Bedingung hat einen Teil des Erfolgs hervorgebracht, und muß man doch sagen, jede hat zur Hervorbringung des Erfolgs beigetragen, so bleibt nur anzunehmen, daß jede Einzelbedingung den ganzen Erfolg hervorgebracht hat. Folglich ist jede Bedingung zugleich Ursache des Erfolgs.

Eine bedenkliche Logik, wie mir scheint. Ich sollte denken, wenn zur Hervorbringung eines jeden Erfolgs eine größere oder kleinere Anzahl von Bedingungen gehört, Bedingung des Erfolges aber immer nur genannt werden kann, was zu seiner Erzeugung mitwirkt, so ergibt sich daraus von selbst das Resultat, daß jede Bedingung irgendeinen Teil des Erfolges produzieren muß, wenn wir auch vielleicht meist nicht imstande sind, diesen Teil bestimmt auszuscheiden und ziffernmäßig zu benennen. Häufig genug werden wir selbst dazu imstande sein, wie z. B. wenn drei Diebe gemeinschaftlich eine Kasse ausplündern, in der sich 3000 Mark befinden, es vollkommen berechenbar ist, welcher Teil des Erfolges der Vermögensbeschädigung auf die Tätigkeit eines jeden fällt.

Erweist sich demnach die Behauptung der Unteilbarkeit des Erfolges als hinfällig, so fällt mit dieser ihrer Prämisse auch die darauf gebaute Folgerung der Identität von Ursache und Bedingung. Ein Beweis für diese Identität ist also überhaupt nicht erbracht.

Dazu kommt, daß der BURIsche Ursachenbegriff für das Strafrecht nicht minder unbrauchbar ist, wie der philosophische; denn wie dieser so führt auch er ins Unendlich: Alle  Bedingungen,  aus welchen sich nach der Philosophie die Ursache eines Erfolges zusammensetzt, bilden für die Theorie der Identifizierung von Bedingung und Ursache ebenso viele  Ursachen  des Erfolges.

Ihre Vertreter geben dies auch selbst zu und verweisen als auf das Korrektiv für ihren weiten Ursachenbegriff auf die engen Grenzen des Schuldbegriffs: mit der Bejahung des Kausalzusammenhangs zwischen Handlung und Erfolg sei ja noch nicht die Schuld des Handelnden in Bezug auf diesen Erfolg bejaht; die Anwendung des Schuldbegriffs schäle aus der zahllosen Menge menschlicher Handlungen, durch welche der Erfolg möglicherweise verursacht worden ist, die wenigen zu bestrafenden heraus.

Allein einmal vermag selbst die Anwendung dieses Korrektivs nicht, eine absurde Bestrafung als Folge jenes weiten Ursachenbegrifs gänzlich zu verhüten.

Sodann aber versagt dieses Korrektiv von vornherein in unserem positiven Strafrecht für alle die oben bereits berührten zahlreichen Fälle, wo letzteres schon die bloße Verursachung ohne Rücksicht auf Verschuldung straft. Hier für die Identifizierung von Bedingung und Ursache zu geradezu unsinnigen Resultaten, daß darin ein unumstößlicher Beweis dafür liegen dürfte, daß das Gesetz etwas anderes unter Verursachung verstehen muß, als BURI und das Reichsgericht. Zwei Beispiele mögen das Gesagte illustrieren.

Wer fahrlässig den Brand eines Wohngebäudes herbeiführt, wird mit einer verhältnismäß leichten Strafe bestraft. Dieselbe kann jedoch bis zu 3 Jahren Gefängnis gesteigert werden, wenn durch den Brand der Tod eines Menschen verursacht worden ist, sollte der Brandstifter diesen Erfolg auch nicht im Entferntesten voraussehen haben können. Gesetzt also, A hat in seinem Haus durch Unvorsichtigkeit einen Brand herbeigeführt, der  B  aber habe irrtümlich der ihm unterwegs begegnenden Frau  C  zugerufen, daß es bei ihr brennt, und die  C  ist vor Schreck gestorben, so müßte nach der Theorie von BURIs und des Reichsgerichts der Brandstifter  A  wegen Verursachung des Todes der  C  bestraft werden. Denn er hat durch seine Brandstiftung jedenfalls eine  Bedingung  dieses Erfolges gesetzt, also nach jener Theorie den Erfolg selbst  verursacht. 

In ganz ähnlicher Weise schärft das Reichsstrafgesetzbuch auch bei der vorsätzlichen Körperverletzung die Strafen je nach dem Erfolg, ohne mit Bezug auf letzteren irgeneine Verschuldung des Verletzenden vorauszusetzen. Gesetzt also,  A  hat  B  eine Verletzung absichtlich zugefügt, welche ansich als einfache Körperverletzung strafbar wäre, nun unternimmt aber  B  als Rekonvaleszent, um sich von den Folgen des überstandenen Siechtums zu erholen, eine Reise und kommt unterwegs beim Zusammenstoß zweier Eisenbahnzüge ums Leben. Nach der Kausaltheorie von BURIs und seiner Anhänger müßte A mit Zuchthaus nicht unter drei bis zu 15 Jahren, oder doch mit Gefängnis von mindestens 3 bis 5 Jahren bestraft werden. Denn so bedroht das StGB die vorsätzliche Körperverletzung, welche den Tod des Verletzten verursacht, und  A  hat durch seine Handlung eine Bedingung des Todes von  B  gesetzt, also den Tod nach jener Theorie verursacht.

Die Existenz zahlreicher Fälle, in welchen die bloße Verursachung ohne Verschuldung als strafbar erklärt ist, ist übrigens nicht die einzige Erscheinung in unserem positiven Strafrecht, welche gegen die Identifizierung von Ursache und Bedingung spricht. Es gehört hierher noch die Bestimmung über den Raufhandel, welche es als möglich anerkennt, daß die Tötung oder schwere Körperverletzung eines Menschen mehreren Tätigkeiten zusammen zuzuschreiben ist, welche diese Folgen nicht einzeln, sondern nur durch ihr Zusammentreffen verursacht haben, während nach BURI jede mitwirksame Tätigkeit doch  eo ipso  [schlechthin - wp] den ganzen Erfolg verursacht haben muß; es gehört hierher die Behandlung der Teilnahme als einer besonderen Schuldform und zwar als einer der Hauptschuld gegenüber akzessorischen Schuld, während doch nach von BURI jeder am Verbrechen Teilnehmende, weil er durch seine Mitwirkung den ganzen Erfolg verursacht und weil er letzteren auch verschuldet hat, als selbständiger Täter des Verbrechens zu betrachten wäre. Auf andere zweifelhafte Argumente brauche ich nicht zu rekurrieren; es genügen schon die bis jetzt hervorgehobenen Erscheinungen, um die Identifizierung von Bedingung und Ursache als gesetzwidrig bezeichnen zu dürfen.



IV.

Ist es also auf der einen Seite ausgemacht, daß wir die Ursache nur im Kreis der Bedingungen suchen dürfen, indem was nicht Bedingung ist, noch weniger Ursache sein kann; steht es auf der anderen Seite fest, daß die Definition der Ursache als Gesamtheit der Bedingungen für das Strafrecht unbrauchbar, und daß die Definition: Ursache ist jede Bedingung des Erfolges nicht minder unbrauchbar und unrichtig und gesetzwidrig ist, so bleibt nur noch Eines übrig:

Ursache im Sinn des Strafrechts muß diejenige unter den Bedingungen des Erfolges sein, welche mehr als die übrigen Bedingungen zur Hervorbringung des Erfolges beigetragen hat. Es braucht dabei nicht verkannt zu werden, und kann nicht verkannt werden, daß auch die übrigen Bedingungen zum Erfolg beitrugen; aber das praktische Bedürfnis verlangt, eine von ihnen vor den übrigen, als die Ursache vor den Bedingungen, auszuzeichnen, und die Natur der Sache verbietet, diese Auszeichnung einer anderen zuzuerkennen, als der für den Erfolg wirksamsten.

Und daß die vor den übrigen hervorragende Wirksamkeit einer Bedingung für den Erfolg uns wissenschaftlich durchaus berechtigen würde, diese Bedingung als die Ursache  kat exochen  [schlechthin - wp] zu bezeichnen, das ist auch von den Gegnern dieser Formulierung zugegeben. Was sie bestreiten, das ist die Tatsache, daß eine Bedingung wirksamer als die andere bei der Hervorbringung des Erfolges ist. Allein soweit diese Bestreitung gestützt wird durch den Hinweis auf die gleiche Unentbehrlichkeit jeder Bedingung für den Erfolg, trifft sie die Sache nicht. Es handelt sich hier um die  positive,  nicht um die  negative  Bedeutung der einzelnen Bedingung für den Erfolg. Und wer könnte da im Ernst bestreiten wollen, daß z. B. von zwei Vorspiegelungen, die zum Zweck eines Betruges geschehen, die eine wirksamer als die andere sein konnte in der Hervorbringung des Irrtums, welchen der Betrug voraussetzt und welchen sie beide vereint erzeugten? daß die eine Dosis Gift mehr als die andere zum Erfolg des Todes beitragen konnte, der gleichwohl auf keine von beiden hin allein eingetreten sein würde? daß zu einer von Mehreren herbeigeführten gemeingefährlichen Überschwemmung der eine mehr beitragen kann als der anderen? Oder läßt sich denn vollends gar wirklich leugnen, daß  A  mehr als  B  zur Herbeiführung des Brandes positiv beigetragen hat, wenn  B  dem  A  den Brennstoff lieferte, welchen dann  A  zu dem in Brand zu setzenden Gegenstand brachte und entzündete, so richtig es auch ist, daß beide Tätigkeiten zur Herbeiführung des konkreten Erfolges unentbehrlich waren? Wohl kann es unter Umständen außerordentlich schwierig und wird meist für die schwachen menschlichen Kräfte ganz unmöglich sein, mit absoluter Bestimmtheit das verschiedene Maß der Wirksamkeit der einzelnen Bedingungen für den Erfolg zu erkennen. Aber das alteriert nicht die Richtigkeit des Begriffs, sondern betrifft nur die Subsumtion einzelner Fälle unter den Begriff. Es führt zu dem Postulat, daß der Richter bei der Feststellung der Ursachenqualität eines konkreten Geschehnisses nach völlig freiem Ermessen entscheiden darf: und diesem Postulat sind auch unsere deutschen Prozeßordnungen voll gerecht geworden. In der Hand aber eines mit gesundem Verstand und praktischem Takt begabten Richters wird dieser Ursachenbegriff dem Bedürfnis des Rechtslebens vollauf genügen und wird vor ähnlichen unserem Rechtsgefühl widersprechenden Entscheidungen bewahren, wie sie BURIs Theorie vernotwendigt.

Zu diesem Begriff der Ursache bekennt sich dann auch die Mehrzahl der noch übrigen Schriftsteller über den Kausalzusammenhang, wenn sie auch in der Formulierung schwanken, als Ursache bald die "tätigste", bald die "vorzügliche", bald die "überwiegende" Bedingung bezeichnend. Insbesondere trifft diese Auffassung wohl mit derjenigen BINDINGs zusammen. BINDING stellt die Entstehung der Ursache plastisch so dar, als ob um die Hervorbringung eines jeden Erfolges eine Anzahl zum Erfolg hindrängender Kräfte mit einer Reihe dem Erfolg entgegenstrebender Kräfte im Kampf läge. Diejenige Kraft sei dann die Ursache des Erfolgs, welche das Gleichgewicht zugunsten der zum Erfolg drängenden Kräfte verschoben habe durch eine Stärkung dieser oder durch die Schwächung der entgegenwirkenden. Man hat dieser Theorie zum Vorwurf gemacht, daß ein solcher Zustand des Gleichgewichts, wie ihn BINDINGs Ursachenbegriff voraussetzt, auch keinen Augenblick existieren kann, und daß damit seine Definition der Ursache selbst unmöglich wird. Allein mit Unrecht wie ich glaube. BINDING wollte in jener Ausführung wohl nichts anderes geben als eine Versinnbildlichung des einfachen Gedankens, daß die Ursache die überwiegende unter den Bedingungen ist; er wollte es dem Richter anschaulich machen, wie er zur Bildung seines freien Ermessens hinsichtlich der Verursachung im einzelnen Fall gelangen kann, ohne daß er ihm die Unmöglichkeit zugemutet hätte, zu diesem Zweck wirklich in jedem konkreten Kausalitätsverlauf den Moment zu fixieren, wo die zum Erfolg hinwirkenden und sich die dem Erfolg widerstrebenden Bedingungen im Gleichgewicht befanden.

Zur Unterscheidung zwischen Ursache und Bedingung je nach dem Maß der Wirksamkeit für den Erfolg bekennt sich schließlich auch unser positives Recht, indem die §§ 47 und 49 des StGB, falls man nicht hineinträgt, was nicht in ihnen steht, den Unterschied zwischen den Mittätern bei einem Verbrechen einerseits und den Gehilfen zu einem solchen andererseits in die Verschiedenheit nicht des Willens, sondern der Wirksamkeit für das Zustandekommen des verbrecherischen Erfolges verlegen.


V.

Das Problem, welches wir bis jetzt besprochen haben, nämlich unter den zahlreichen Bedingungen, aus welchen ein konkreter Erfolg hervorgewachsen ist, die Ursache auszuzeichnen, ist das hauptsächlichste, aber nicht das einzige in der kriminalistischen Kausalitätslehre. Eine zweite, nicht minder wichtige Aufgabe besteht darin, diejenigen Momente zu fixieren, welche den Kausalzusammenhang zwischen einem konkreten Erfolg und einem zunächst als Bedingung desselben erscheinenden Ereignis zu unterbrechen geeignet sind; mit anderen Worten nur scheinbare und wirkliche Bedingungen eines Erfolges voneinander zu sondern.

Die Schwierigkeit dieses Problems ist eine ganz andere wie die des bisher besprochenen.

Bei der Sonderung der Ursache von den Bedingungen handelte es sich um die Berechtigung dieser Sonderung selbst und um das Prinzip, nach welchem die Sonderung zu geschehen hat. Dagegen ist die Notwendigkeit einer Sonderung der scheinbaren und wirklichen Bedingungen eines Erfolges ebenso selbstverständlich, als man, heutzutage zumindest, über das der Sonderung zugrunde zu legende Prinzip einverstanden ist; die Schwierigkeiten entstehen hier bei der Subsumtion einzelner Fälle unter das Prinzip.

Das Prinzip selbst lautet einfach dahin: Unterbrochen wird der Kausalzusammenhang nur durch solche Ereignisse, welche einer neuen selbständig zum Erfolg hinführenden Kausalkette angehören. Durch solche Ereignisse verlieren die bisher als Bedingungen dieses Erfolges betrachteten Antezedentien jene Eigenschaft, wonach ohne sie der Erfolg nicht eingetreten wäre, und erweisen sich somit als nur scheinbare Bedingungen desselben. Die ansich tödliche Wunde, welche der  A  dem  B  beigebracht hat, hört auf eine Bedingung und damit natürlich zugleich die Ursache des Todes von  B  zu sein, wenn  B,  bevor er an der Wunde starb, vom Blitz erschlagen wurde. Denn dieses Naturereignis gehört einer neuen Kausalitätskette an, welche selbständig und unabhängig von der Tätigkeit des  A  zum Erfolg des Todes des  B  hingeführt hat. Die Tätigkeit des  A  ist zwar die Bedingung der  Verwundung,  aber nicht des  Todes  von  B  geworden.

Bei der Anwendung des Prinzips hat nun von jeher der Fall die größte Zweifel erregt, wenn zwischen das auf den Erfolg zustrebende Ereignis und den Erfolg selbst die Handlung eines zurechnungsfähigen Menschen in die Mitte getreten ist.

Man hat geglaubt, wegen der Willensfreiheit, ohne deren Annahme das Strafrecht undenkbar ist und die Strafrechtswissenschaft sich selbst preisgibt, den Satz aufstellen zu müssen, daß jede frei gewollte menschliche Tätigkeit den Kausalzusammenhang, in den sie eingreift, unterbricht, weil sie stets eine neue, den bisherigen Kausalitätsansätzen gegenüber selbständige und unabhängige Kausalitätskette eröffnet.

Allein mit Unrecht. Die Freiheit des Willens bedeutet, daß der Mensch imstande ist, die Willensreize, welche die Außenwelt in ihm erzeugt, nach freier Willkür zu Willensmotiven werden zu lassen oder nicht. Seine Handlungen sind also dem Kern nach stets Produkte eigener Entschlüsse und nie fremder Kräfte. Dadurch ist aber nicht ausgeschlossen, daß sie nicht mit fremden Kräften zusammenwirken können und unter Umständen zusammenwirken müssen, um einen bestimmten Erfolg zu produzieren.

Die aus freiem Willen hervorgegangene menschliche Tätigkeit ist zwar stets der Anfang einer  neuen  Kausalkette, aber nicht notwendig einer in der Erzeugung des Erfolges  selbständigen  und von der früher begonnenen Kausalität  unabhängigen  Kausalkette. Sie duldet allerdings  keine Ursache hinter sich,  aus der sie selbst als Erfolg hervorgegangen wäre; aber sie duldet  Bedingungen hinter sich,  ohne deren Existenz sie selbst nicht eingetreten wäre; sie duldet zeitlich voraufgegangene oder nachfolgende  Bedingungen neben sich,  ohne welche sie den Erfolg nicht erzeugen könnte; ja sie duldet selbst zeitlich voraufgegangene oder nachfolgende  Ursachen neben sich,  mit denen zusammen sie den Erfolg erzeugt.

Das Einzige also, was die Freiheit des Willens für die Lehre vom Kausalzusammenhang im Strafrecht bedeutet, das ist, daß sie eine Verursachung des Erfolges durch das Mittel frei gewollter Tätigkeit eines andern ausschließt. Und dies anerkennt auch unser positives Strafrecht, indem es die vorsätzliche Bestimmung eines andern zu einer strafbaren Handlung nicht als Verursachung des hierdurch herbeigeführten Erfolges, sondern als Anstiftung zur verbrecherischen Tätigkeit bestraft; oder doch eine Verursachung durch eine freie Willenstätigkeit anderer nur da annimmt, wo die Beeinflussung des Willens eine so mächtige ist, daß sie denselben, wenn sie auch seine Freiheit nicht aufhebt, doch dem Beeinflussenden dienstbar macht. Wenn  A  den  B  durch Geld bewogen hat, den ihm, dem  A,  verfeindeten  C  zu töten, so wird nur  B  als Verursacher des Todes des  C, A  aber als Anstifter der Tötung bestraft. Wenn dagegen  A  den  B  auffordert, ihm seine Geschicklichkeit im Schießen zu zeigen und dem  C  die Pfeife aus dem Mund zu schießen, in der Hoffnung, daß  B  den  C  treffen und töten wird, was dann auch, wider Willen des  B,  wirklich geschieht: so können sowohl  B  als auch  A,  ersterer wegen fahrlässiger, letzterer wegen #doloser Tötung des  C  bestraft werden.

Wie schwierig aber auch eine  Verursachung  des  A  im letzteren Fall zu konstruieren sein mag, so viel ist sicher, daß eine Unterbrechung des  Kausalzusammenhangs  durch das Dazwischentreten einer freien menschlichen Tätigkeit nicht notwendig einzutreten braucht; und daß  in dieser Hinsicht  also keine Veranlassung vorliegt, diese Fälle von den übrigen Fällen der "Zwischenbedingungen" zu trennen. Diese übrigen Fälle werden gebildet durch das Eingreifen in die begonnene Kausalität seitens unzurechnungsfähiger Menschen, wie Geisteskranker oder Kinder; seitens tierischer Tätigkeiten, wie wenn der von  A  verwundet liegen gelassene  B  von Ameisen getötet wird; oder schließlich seitens anderer Naturkräfte, wie wenn der von  C  entzündete aber bereits wieder im Erlöschen begriffene Brennstoff durch einen Luftzug zur verheerenden Flamme entfacht wird.

In allen diesen Fällen macht die Beantwortung der Frage, ob durch das Eingreifen der genannten Kräfte der Kausalzusammenhang unterbrochen wird, anhand unseres Prinzips höchstens  faktische  Schwierigkeiten.

Ob aber diese Frage im einzelnen Fall bejaht oder verneint werden muß, über die andere Frage nach der Ursache des Erfolgs ist für unseren Kausalbegriff damit noch nichts entschieden.

Sie muß gelöst werden, indem nun erst innerhalb derjenigen Kausalkette, welche als die ohne Unterbrechung zum Erfolg führende erkannt wurde, nach Maßgabe unserer obigen Untersuchungen die überwiegende unter den die Kette bildenden Bedingungen aufgesucht wird.


VI.

Anders nach BURIs Ursachenbegriff. Die Anhänger desselben müssen sämtliche Glieder der nicht unterbrochenen bzw. der unterbrechenden Kausalkette, nachdem sie durch die eben besprochene Untersuchung als Bedingungen des Erfolges erkannt sind, auch als Ursachen desselben gelten lassen.

Und dies führt mich noch einmal auf die Praxis des Reichsgerichts zurück, welches BURIs Kausalbegriff gleichfalls huldigt. Durch seine hohe Autorität sieht sich die Rechtsprechung in ganz Deutschland mehr und mehr in eine Bahn gedrängt, die dem positiven Recht, wie wir glauben gezeigt zu haben, direkt zuwiderläuft. Es ist zu hoffen, daß bei wiederholter Prüfung das Reichsgericht, dessen Aufgabe es ist, über der richtigen Auslegung und Anwendung des deutschen Reichsrechts zu wachen, die Identifizierung von Ursache und Bedingung als dem Reichsrecht fremd erkenen und aufgeben wird.

Zu so einer wiederholten Prüfung wird es sich wohl bald genötigt sehen durch die auffälligen Widersprüche, welche die Judikatur einzelner Strafsenate zu den übrigen in unserer Lehre bereits zutage gefördert hat.

In einem Urteil des III. Strafsenats vom 23. Februar 1881 wird im Gegensatz zu anderen Entscheidungen dieses und der übrigen Strafsenate, unter den Bedingungen eines Erfolges zwischen Ursache und Bedingung unterschieden.

Es wird direkt gesagt, wenn auch  A  dem  B  etwas vorgespiegelt hat, was für den vermögensschädigenden Irrtum des letzteren  mitbestimmend  war, so ist deswegen diese Vorspiegelung doch noch nicht  Ursache  des Irrtums gewesen, falls  B,  wie im vorliegenden Fall geschehen, erklärt hat, daß er  wesentlich  durch einen anderen Umstand zu diesem Irrtum veranlaßt worden ist. Nach von BURIs Theorie müßte die Konstatierung, daß die Vorspiegelung für den Irrtum mitwirkend war, genügen, um sie als Ursache des Irrtums erscheinen zu lassen, während das Reichsgericht hier offenbar lediglich die wirksamere unter den Bedingungen als Ursache gelten läßt.

Noch auffallender tritt der Abfall von der eigenen Theorie zutage in einem Urteil des I. Strafsenats vom 17. Januar 1884.  M  war angeklagt, ihr im Dezember 1882 verstorbenes Pflegekind in den Jahren 1881 und 1882 wiederholt mißhandelt zu haben. Die Frage war, ob  M  wegen wiederholter einfacher Körperverletzung aus § 223, oder wegen Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung aus § 223a des StGB zu strafen ist? Das Reichsgericht entschied sich für Letzteres und anerkannte dabei ausdrücklich die Möglichkeit einer solchen Beschaffenheit mehrerer Mißhandlungen, daß sie zwar in ihrem Zusammenwirken, aber nicht einzeln betrachtet, den Erfolg einer Lebensgefährdung oder Tötung herbeiführen könnten. Damit aber ist die Teilbarkeit des Erfolges ausgesprochen, während doch die Unteilbarkeit des Erfolges einen Grundpfeiler der vom Reichsgericht sonst vertretenen BURI'schen Kausaltheorie bildet.

Derartigen Widersprüchen in der Rechtsprechung des Reichsgerichtes selbst sucht das Reichsgerichtsverfassungsgesetz zu begegnen, indem es bestimmt, daß, wenn in einer Rechtsfrage ein Strafsenat von einer früheren Entscheidung eines anderen Strafsenats oder der vereinigten Strafsenate abweichen will, die vereinigten Strafsenate des Reichsgerichts die Rechtsfrage zu erledigen hätten.

Eine einheitliche Entscheidung der vereinigten Strafsenate über den Ursachenbegriff im Strafrecht werden wir also wohl demnächst noch zu gewärtigen haben.

Freilich wird damit einem anderen viel klaffenderen Zwiespalt in der Rechtsprechung des höchsten Deutschen Gerichtshofes kaum abgeholfen werden. Zur Zeit nämlich sehen wir das die Autorität des Rechts tief schädigende Schauspiel vor Augen, daß die Zivilsenate des Reichsgerichts bei den Entscheidungen in Zivilsachen die  Unterscheidung  von Ursache und Bedingung, die Strafsenate in Strafsachen die  Identität  dieser beiden Begriffe zugrunde legen, während doch der Begriff der Ursache auf dem ganzen Gebiet des Rechts selbstverständlich derselbe sein muß. Daß die vereinigten Strafsenate, wenn sie die Identität von Ursache und Bedingung aufgeben, den Ursachenbegriff der Zivilsenate adoptieren werden, ist kaum zu erwarten, da die letzteren den von der Strafrechtswissenschaft und von den Strafsenaten selbst so energisch reprobierten [mißbilligten - wp] BAR'schen Kausalitätsbegriff zu vertreten scheinen.

Für solche Fälle nun, wo in der Auffassung eines dem Zivil- wie dem Strafrecht angehörigen Rechtsbegriffs Zivil- und Strafsenat des Reichsgerichts voneinander abweichende Entscheidungen treffen, fehlt in unseren Gesetzen jedes direkte Mittel zur Abhilfe. Es ist eine Lücke im Gesetz, die wir der zur Zeit noch so mangelhaften Entwicklung der allgemeinen Rechtslehre zu verdanken haben. Der Fürsorge für die Rechtseinheit in Deutschland, welcher die Errichtung des Reichsgerichts entsprungen ist, fehlt die letzte Spitze, solange nicht für die Fälle, wie wir sie eben berührten, Plenarentscheidungen der Zivil-  und  Strafsenate des Reichsgerichts ermöglicht und vorgeschrieben werden.
LITERATUR Karl Birkmeyer, Über Ursachenbegriff und Kausalzusammenhang im Strafrecht, Rostock 1885