von AsterA. LiebertL. SsalagoffH. RickertF. M. Goldner | ||||
Beiträge zur Lehre vom Bewußtsein der Gültigkeit
Ich möchte Beiträge zur Lehre vom Bewußtsein der Gültigkeit geben, einmal anhand von pathologischen Tatbeständen und sodann aufgrund von Experimenten, die ich über einfach Schlußprozesse angestellt habe. Eine zweite Abhängigkeitsbeziehung des Bewußtseins der Gültigkeit lernen wir durch die Untersuchung von Fällen beginnender Paralyse kennen. Dort zeigt sich die Fehlerhaftigkeit der Urteile deutlich abhängig vom Grad der Herabsetzung der Aufmerksamkeit. Die Aufmersamkeit werden wir uns aber als mitwirkend zu denken haben, indem sie sich auf den zu beurteilenden Tatbestand richtet. Beide Feststellungen zusammen führen uns zu folgender Bestimmung über die Abhängigkeit des Bewußtseins der Gültigkeit: Das Bewußtsein der Gültigkeit tritt dann auf, wenn sich uns gewisse psychische Akte aufdrängen, während unsere Aufmerksamkeit sich unter einem bestimmten Gesichtspunkt auf den zu beurteilenden Tatbestand richtet, während wir diesem Tatbestand hingegeben sind. Eine Verifikation dieser anhand von pathologischen Tatbeständen gegebenen Bestimmung liegt darin, daß das Realisiertsein der hier für die Entstehung des Bewußtseins der Gültigkeit angegebenen Bedingungen nicht bloß die Entstehung des Bewußtseins der Gültigkeit, sondern auch die Entstehung wirklich gültiger Akte verständlich macht. Auf eine gegebene Vorstellung Va mag bei mir in einem bestimmten Moment, etwa in Reproduktionsversuchen, eine Vorstellung Vb folgen, in einem anderen Zeitmoment eine Vorstellung Vc, bei einem anderen Individuum etwa eine Vorstellung Vk. Diese sogenannte "Unregelmäßigkeit" ist natürlich durch die differenten Konstellationen des Bewußtseins bedingt. Da frägt man sich dann aber: wie ist es denn überhaupt möglich, daß sich bei mir Vorstellungsverbindungen entwickeln, die Gültigkeit besitzen, die bei einem vorgestellten, zu beurteilenden Tatbestand bei mir zu differenten Zeiten in gleicher Weise auftreten, und in derselben Weise bei anderen Menschen? Darauf ist zu antworten: das wird ermöglicht, wenn die Aufmerksamkeit sich in der oben beschriebenen Weise auf den zu beurteilenden Tatbestand richtet und dadurch Hemmungen für die Mitwirkung wechselnder Faktoren, gesetzt werden; so wird eine Konstanz von Bedingungen geschaffen, unter denen psychische Akte auftreten, welche Konstanz die Entstehung allgemeingültiger psychischer Akte verständlich macht. - Diese Bestimmungen über die Abhängigkeit des Bewußtseins der Gültigkeit stehen im Gegensatz zu der weitverbreiteten Anschauung, daß in allen Urteilsakten Ineinssetzungen zwischen dem im Urteil Gedachten und dem zu beurteilenden Tatbestand vorliegen. Solche Gleichheitssetzungen sind aber tatsächlich nicht bei alen Urteilen konstatierbar. Andererseits versteht man, daß bei einem Realisiertsein der angegebenen Bedingungen eine Gleichheit zwischen dem Behaupteten und dem zu beurteilenden Tatbestand zustande kommen muß, so daß derartige Gleichheitsurteile zur logischen Kontrolle möglich werden. Wir werden später eine Wirkung dieser Gleichheit nachweisen, die in einer Bekanntheitsqualität und in anderen Fällen in einem angedeuteten Gleichheitsbewußtsein besteht. Gleichheitsbewußtsein nenne ich dabei eine reproduzierte Gleichsetzung. Die Abhängigkeit des Bewußtseins der Gültigkeit gestaltet sich etwas komplizierter, wenn kausale Betrachtungen auf das Denkgeschehen angewandt werden. Darauf komme ich bei Gelegenheit der Besprechung der Untersuchung des Bewußtseins der Gültigkeit auf experimentellem Weg zu sprechen. (Die Art der Wirkung des Gesichtspuntes in Denkprozessen ist durch psychologische Experimente näher bestimmt worden von WATT und anderen bei Urteilen, von mir selbst bei einfachen Schlußprozessen.) Bei experimenteller Untersuchung einfacher Schlußprozesse haben sich mir weitere Bestimmungen über das Bewußtsein der Gültigkeit ergeben Die Versuchsbedingungen waren folgende: die Versuchsperson saß in einem von schwarzem Tuch eingeschlossenen Raum. Das eine Ende eines vierkantigen Tubus [Hohlzylinder - wp] führte in diesen Raum, das andere konnte durch einen Vorhang verdeckt werden. Dem Tubus war eine schräge Lagerung gegeben, so daß die VP durch denselben in der Blickrichtung, wie sie gewöhnlich beim Lesen eines Buches gegeben ist, die Prämissen auf einem exponierten Zettel lesen konnte, welcher horizontal auf einem vor der mit dem Tubus versehenen Fläche des abgedunkelten Raumes stehenden Tischchen so gelagert war, daß die Entfernung vom Auge der VP etwa 30 cm betrug. - Etwa eineinhalb Sekunden nach einem Signal "bald" wurde der Vorhang mit einem "jetzt" entfernt. Der Zettel, auf dem die Prämissen standen, blieb bis zum Ende des Referats über den Versuch exponiert. 1. Zunächst hebt sich für die VP sehr deutlich der Gedanke oder besser die Feststellung der Gültigkeit des Ausgesagten die Feststellung der Gültigkeit und etwas, was ich Zustand der Sicherheit nennen möchte, ein psychisches Etwas, das schwer zu beschreiben, aber jedenfalls so beschaffen ist, daß es aufgrund der Frage nach der Gültigkeit des Ausgesagten die Feststellung der Gültigkeit des Ausgesagten bedingt; die Bestimmung etwa: es ist richtig, es ist gewiß, ich bin sicher - und zwar ohne daß ein Bewußtsein um die Sicherheit in diesem psychischen Etwas gegeben wäre. Diese Feststellung der Gültigkeit wird entweder mit Worten begleitet oder vollzieht sich ohne Worte. Sie tritt bei einfachen Schlußprozessen fast nie anders als am Schluß der Operationen auf und zwar entweder nach einer vorangegangenen Frage nach der Gültigkeit oder auch ohne daß der Gedanke einer solchen Frage nachweisbar wäre. Sie tritt nicht regelmäßig bei Schlußprozessen auf, aber häufig. Diese Feststellung der Gültigkeit nimmt verschiedene Formen an: ich bin sicher, es ist sicher so, es ist gut, es ist gewiß, es ist richtig, es stimmt, jeder muß so denken, es kann nicht anders sein. Wir werden später sehen, daß jedenfalls da, wo die Feststellung der Gültigkeit auf eine entsprechende Fragestellung hin erfolgt, zwischen der Feststellung der Gültigkeit und dem Zustand der Sicherheit noch eine Erscheinung in der Mitte steht. 2. Wir sehen nun zunächst den Zustand der Sicherheit etwas näher an. a. Den Zustand der Sicherheit finde ich von stärkster Intensität und am klarsten ausgeprägt, wo nicht nach der einfachen Anweisung, einen Schluß zu ziehen, sondern nach der Anweisung, die Rechtfertigung eines Schlusses vorzunehmen, operiert wird. Durch diese differenten Anweisungen bei einfachen Schlußprozessen habe ich auf experimentellem Weg interessantes Material gewonnen zur Entscheidung der Frage nach der Beziehung der Psychologie zur Logik. Hier habe ich nur dies hervorzuheben, daß bei der Anweisung, eine Rechtfertigung des Schlusses vorzunehmen, der Zustand der Sicherheit auf Schritt und Tritt in klarer Ausprägung und starker Intensität auftritt und daß bei einer klaren Ausprägung dieses Zustands von den Versuchspersonen die Sicherheit als eine solche von absolutem, nicht mehr steigerungsfähigem Charakter bestimmt wird. Das ist wichtig für die Frage nach den Kriterien der Wahrheit. Man erkennt leicht, daß es nicht angängig ist, nur diejenigen Urteile als wahr anzusetzen, die man verifiziert hat. Denn die Verifikation ist selbst eine Feststellung, die als wahr angesprochen wird. In den Verifikationen finden sich Deduktionen und Gleichsetzungen, die doch selbst wieder der Rechtfertigung bedürfen! Das gäbe ja ein Verifizieren ad infinitum! Operiert man mit einfachen Erkenntnisakten, so sieht man, daß dieselben mit einer Sicherheit vollzogen werden können, die keiner Steigerung mehr fähig ist und in dieser Sicherheit von absolutem Charakter liegt ein nicht entbehrliches Kriterium der Wahrheit einer Feststellung. Es wird von den Versuchspersonen häufig hervorgehoben, daß diese Art der Sicherheit einen ganz anderen Grad hat als diejenige, mit der man im gewöhnlichen Leben meist operiert und auch als diejenige, die bei den meisten wissenschaftlichen Betrachtungsweisen auftritt. Ich habe also festgestellt, daß bei der Anweisung, eine Rechtfertigung zu vollziehen, die Schlußprozesse so erfolgen, daß bei jedem Schritt der Zustand der Sicherheit in klarer Ausprägung und relativ starker Intensität auftritt und daß die Sicherheit der VP eine solche von absolutem Charakter ist. Der Charakter des Nichtsteigerungsfähigen hängt offenbar von der klaren Ausprägung ab. Bei Schlüssen mit einfacher Anweisung tritt der Zustand der Sicherheit in sehr verschiedener Intensität und in verschieden klarer Ausprägung bei jedem einzelnen Schritt hervor. Am intensivsten ist derselbe im allgemeinen an solchen Stellen, die eine größere Anstrengung erfordern. So finde ich bei Schlüssen mit räumlichen Beziehungen, mit zeitlichen Beziehungen und den Beziehungen größer-kleiner, also bei Schlüssen, wie
v ist rechts von r, Bevor ich zur näheren Beschreibung des Zustandes der Sicherheit übergehe, will ich noch die Stellen zu bezeichnen suchen, an denen bei den einzelnen Schritten der Zustand der Sicherheit eintritt. Eine meiner Versuchspersonen gibt mit Bestimmtheit an, daß, wenn es sich etwa um die Auffassung der Prämisse handelt: A hat die Eigenschaft α schon bei der Auffassung von A, der Zustand der Sicherheit auftrete, daß dieser Zustand sich dann bei der weiteren Auffassung der Prämisse allmählich auf die ganze Prämisse erstrecke. Damit scheint die Angabe anderer Versuchspersonen übereinzustimmen, welche sagen, daß der Zustand der Sicherheit gleichmäßig verteilt sei über das, was man gewöhnlich ein Urteil nennt. Eine andere Versuchsperson bezeichnet den Moment des Übergangs von einer der im Urteil aufeinander bezogenen Größen zur anderen als Moment des Auftretens des Zustandes der Sicherheit. Diese Angabe würde sich mit den obigen vereinigen lassen, indem man annähme, daß, während sie auch bei der Auffassung der bezogenen Größen vorhanden sei, nur in jenem Moment des Übergangs der Zustand der Sicherheit stärker hervortritt. Eine sichere Bestimmung kann ich in dieser Beziehung nach meinen bisherigen Feststellungen noch nicht machen. Es wird danach aber wahrscheinlich, daß der Zustand der Sicherheit schon bei der Auffassung der ersteren der bezogenen Größen auftritt. Ist das aber der Fall, so dürfte das, was man gewöhnlich als Elementarurteil bezeichnet, als ein komplexes Urteil anzusehen sein (siehe HEINRICH MAIER, Psychologie des emotionalen Denkens, Seite 146f). b. Treten wir nun in das schwierige Geschäft der Beschreibung des Zustandes der Sicherheit ein. Nach den Angaben der VP kommt hier ein emotionaler und intellektueller Faktor in Betracht. Der emotionale Faktor wird von allen Versuchspersonen gelegentlich als Befriedigungsgefühl, in anderen Fällen als Beruhigungsgefühl beschrieben. Über die Rolle dieses Faktors in diesem ganzen Phänomen später Näheres. Unter den intellektuellen Faktoren spielt die Hauptrolle eine Empfindung des Bestimmtwerdens, Gedrängtwerdens, der Notwendigkeit, der Verkettung. Dieses Erleben des Bestimmtwerdens, der Verkettung ist zu scheiden von der Auffassung der Verkettnung, des Bestimmtwerdens, der Notwendigkeit als einer solchen. Die Versuchspersonen geben häufig mit Bestimmtheit an, daß die Verkettung, das Aufgedrängtwerden erlebt, aber nicht als Aufgedrängtwerden, als Verkettung aufgefaßt wurde, während in anderen Fällen außer dem Erleben des Aufgedrängtwerdens, des Verkettetseins die Auffassung desselben als solchen hinzukommt. In den letzteren Fällen ist mehr gegeben als der bloße Zustand der Sicherheit, es liegt ein Bewußtsein um die Sicherheit vor, ein Bewußtsein der Notwendigkeit, der Verkettung. Dieses Bewußtsein der Notwendigkeit nimmt bei einfachen Schlüssen selten den Gedanken an: ich muß so denken und auch nicht den Gedanken: jeder muß so denken, sondern es ist meist nur der Gedanke der Notwendigkeit, ohne daß eine erkennbare Beziehung zum "Ich" auftritt. Bei Rechtfertigungsprozessen dagegen modifiziert sich dieses Bewußtsein der Notwendigkeit häufig: es klingt in ihm häufig der Gedanke der Allgemeingültigkeit an. das wird dadurch begreiflich, daß man bei der logischen Rechtfertigung an die Beurteilung des Tatbestandes mit der Absicht herantritt, allgemeingültige Bestimmungen zu machen. In diesen Fällen kann man deshalb von einem Bewußtsein der Gültigkeit ohne vorangegangene Frage sprechen. Das Bewußtsein der Notwendigkeit wird neben dem bloßen Zustand der Sicherheit sehr häufig bei Rechtfertigungsprozessen angegeben, aber durchaus nicht nur bei solchen. An die Stelle des Bewußtseins der Notwendigkeit tritt in manchen Fällen noch eine zweite Nuancierung desselben, das Bewußtsein der Eindeutigkeit der Prozesse. Dieses Bewußtsein der Eindeutigkeit habe ich fast nur bei logischer Rechtfertigung, außerordentlich selten bei einfachen Schlüssen auftreten sehen. Man beachtet die negative Wendung des Gedankens im Bewußtsein der Eindeutigkeit. Dieses Bewußtsein der Notwendigkeit mit seinen Modifikationen ist diejenige Erscheinung, von der ich oben sagte, daß sie in der Mitte steht zwischen dem bloßen Zustand der Sicherheit und der Feststellung der Gültigkeit auf eine entsprechende Frage hin. Nachdem wir das Erleben des Aufgedrängtwerdens, der Notwendigkeit unterschieden haben von der Auffassung des Aufgedrängtwerdens, der Notwendigkeit und die Nuancierungen des Bewußtseins der Notwendigkeit angegeben haben, suchen wir eine nähere Bestimmung jenes Erlebens des Aufgedrängtseins, Verkettetseins zu geben. Die Versuchspersonen heben hervor, daß sich diese in Schlußprozessen klar erlebte Notwendigkeit deutlich unterscheide von einem assoziativen Zwangsgefühl. Aber hier besteht eine Beziehung, die man bei psychischen Tatbeständen, die für den Logiker von Interessen sind, häufig findet: die eindeutige Erkennung eines bestimmten psychischen Phänomens und seine Unterscheidung von anderen ähnlichen Phänomenen kann stattfinden, ohne daß deshalb das Individuum in der Lage zu sein braucht, eine psychologische Beschreibung des Phänomens und seines Unterschieds von ähnlichen Phänomenen zu vollziehen. Mit anderen Worten, daß es sich in einem gegebenen Fall um das und das Phänomen handelt, wird erkannt, und es wird deutlich von ähnlichen Phänomenen unterschieden, aber worin der Unterschied besteht, kann nicht im einzelnen angegeben werden. Einige Versuchspersonen charakterisieren diese Notwendigkeit im Gegensatz zum assoziativen Zwang als ein Hervorgehen, ein Geborenwerden der einzelnen Gedanken auseinander, sie glauben hier die Entstehung einer Wirkung aus der Ursache zu erleben, hier im Denkgeschehen. Bei eindringenderer Analyse wird dann angegeben, daß neben der Empfindung des Zwangs, der Notwendigkeit hier noch eine Bekanntheitsqualität vorliege. Die Genesis dieser Bekanntheitsqualität ist sehr durchsichtig, wenn man die Gleichheit der in den Denkprozessen aufgestellten Behauptungen mit der Gesamtheit des zu beurteilenden Tatbestandes berücksichtigt. Diese Gleichheit bedingt hier die Bekanntheitsqualität. Gewonnen ist diese Gleichheit durch die von uns beschriebene Einstellung zum Denken. Zu Gleichheitsurteilen braucht sie, wie wir oben entwickelten, nicht zu führen. Neben dem Erleben des Bestimmtwerdens, des Verkettetseins, sagen wir kurz der objektiven Notwendigkeit, wird im Zustand der Sicherheit bei näherer Untersuchung häufig ein Nachlassen der Spannung, die Empfindung der Erleichterung, die Erfahrung der Förderung der Prozesse angegeben. Dieses Nachlassen der Spannung, die Empfindung der Erleichterung folgt auf die Empfindung des Bestimmtwerdens. Diese Empfindung des Nachlassens der Spannung, der Erleichterung verbindet sich häufig mit dem Gedanken des Erledigtseins und dieser wird von mehreren Versuchspersonen in übereinstimmender Weise als innig verbunden mit dem Gefühl des Befriedigtseins bezeichnet. Dabei ist zu bemerken, daß das Befriedigungsgefühl da, wo die Notwendigkeit klar erlebt wird, häufig als bloße Nebenerscheinung, die unwesentlich sei, bezeichnet wird. - Aber die Notwendigkeit wird nicht immer klar erlebt. Das führt uns auf die Besprechung eines zweiten Typus des Zustands der Sicherheit. Wobei Schlüssen mit räumlichen und zeitlichen Beziehungen die Schlüsse ohne Mitwirkung des Gedankens der Gleichheit oder des Gegensatzes der in den Prämissen gesetzten Beziehungen gebildet werden, also durch einfach Synthesis sich anschließendes "Ablesen" des Schlußsatzes aus dem Gesamttatbestand (wie das Ablesen bedingt ist, habe ich an anderer Stelle auseinandergesetzt), da sagen die Versuchspersonen, daß im Zustand der Sicherheit von erlebter Notwendigkeit wenig zu entdecken sei, die Sicherheit sei ähnlich der Sicherheit, mit der eine Beschreibng von Anschauungen gemacht wird, die Sicherheit wird, die Sicherheit wird deshalb als Anschauungsunterricht bezeichnet. Eine nähere Beschreibung dieser Sicherheit ist schwer zu erzielen. Ich sagte oben, daß in der erlebten objektiven Notwendigkeit zwei Momente zu stecken scheinen: die Empfindung des Bestimmtwerdens und einer Art von Bekanntheitsqualität. Bei dieser von mehreren Versuchspersonen mit der Sicherheit der unmittelbaren Anschauung verglichenen Sicherheit liegt offenbar ein Prävalieren des zweiten Faktors, der Bekanntheitsqualität oder eines ähnlichen Phänomens vor, ich will sie deshalb im Gegensatz zur Sicherheit der objektiven Notwendigkeit als Sicherheit des angedeuteten Gleichheitsbewußtseins bezeichnen. Diesen beiden Typen des Zustands der Sicherheit habe ich aber noch einen dritten Typus gegenüberzustellen. Der Zustand der Sicherheit, auf den sich bei entsprechender Fragestellung die Feststellung der Gültigkeit gründet, kann 1. bestehen in einer bestimmten Eigentümlichkeit der ablaufenden Prozesse (Typus I und II), sodann kann sie 2. im Erleben des Realisiertseins gewisser Bedingungen bestehen, unter denen logisch richtige Prozesse ablaufen (Typus III). Dieser Typus tritt in klarer Ausprägung bur bei einer meiner Versuchspersonen auf, bei anderen Versuchspersonen ist er nur angedeutet. Dieser dritte Typus stellt sich so dar, daß die VP die auf eine entsprechende Frage auftretende Feststellung der Gültigkeit des Ausgesagten darauf gründet, daß sie den Bewußtseinszustand voller Aufmerksamkeit erlebt habe, welche unter einem bestimmten Gesichtspunt auf den Tatbestand gerichtet war, so daß nur das in den Prämissen Gegebene mitwirken konnte. Hier ist also die Feststellung der Gültigkeit durch die Anwendung einer kausalen Betrachtung auf die gegebene Operationsweise vermittelt. Kausale Auffassung und Denkgeschehen stehen in Wechselwirkung zueinander. Die im Denkgeschehen unter bestimmten Bedingungen erlebte Notwendigkeit, vo allem die Notwendigkeit, mit der sich der Schlußsatz aus den Prämissen ergibt, wirkt bestimmend auf unsere kausale Auffassung, stellt eine der Abhängigkeitsbeziehungen derselben dar (siehe die Erkenntnistheorei von TETENS, Seite 38f) und andererseits bestimmt die kausale Auffassung, wie wir hier sehen, die Entwicklung des Bewußtseins der Gültigkeit. Wenn ich hier im Weitergehen eine Entwicklung des Bewußtseins der Gültigkeit, des Denkens behaupte, so glaube man nicht, daß ich die Gültigkeit unserer Denkoperationen durch Erfahrung darzutun unternehme. Nach dem, was ich über den Zustand der Sicherheit entwickelt habe, begreift man, daß der Behauptung, jedes Urteil verbinde sich mit dem Bewußtsein der Denknotwendigkeit oder der Gültigkeit, widersprochen werden könnte. Wenn man es etwa mit der Prämisse eines Schlusses zu tun hatte, so sagte der eine: dieser Denkakt verbindet sich mit dem Bewußtsein der Notwendigkeit oder der Gültigkeit, der andere sagte: ich kann tatsächlich nicht immer bei der Beurteilung der Prämissen in einem Schlußsatz so etwas wie Bewußtsein der Notwendigkeit oder Gültigkeit nachweisen. Es ist nach unseren Entwicklungen so, daß auch wirklich mit dem Denken einer Prämisse in einem Schlußsatz sich nicht immer das Bewußtsein der Notwendigkeit oder Gleichgültigkeit oder der Feststellung der Gültigkeit verbindet, aber es ist doch etwas Ähnliches beim Denken einer Prämisse vorhanden: ein Zustand der Sicherheit. Es ist mit dem Denken jeder Prämisse in einem Schlußsatz ein Etwas gegeben, das so beschaffen ist, daß aufgrund der Fragestellung, ob die Sache stimmt, eine Bejahung stattfindet. Diese Feststellung nun knnen wir zur Charakteristik des Urteils benutzen, nicht zur Definition, aber zum eindeutigen Hinweis auf das Urteil. Ich spreche da von einem Urteil im psychologischen Sinn, wo mit einem psychischen Vorgang ein Etwas gegeben ist, das so beschaffen ist, daß aufgrund der Fragestellung, ob die Sache stimmt, eine Bejahung eintritt. Ob man bei dem, was man gewöhnlich als Urteil bezeichnet, also etwa bei der Feststellung: A hat die Eigenschaft B, von einem komplexen oder elementaren Urteil zu sprechen hat, würde von der Entscheidung der oben bezüglich des Auftretens des Zustands der Sicherheit in einer Prämisse aufgeworfenen Frage abhängen. ERNST MALLY frägt nach den Beziehungen zwischen dem "Zustand der Sicherheit" und dem Moment der Überzeugung bei Vermutungen, zwischen dem "Bewußtsein der Gültigkeit" und dem, was man sonst Evidenz nennt. GUSTAV STÖRRING (Zürich): Was ich "Zustand der Sicherheit" nenne, kann ich nicht mit dem identifizieren, was man "Überzeugung" nennt. Der Begriff der Überzeugung ist mir zu unbestimmt. Was ich als "Zustand der Sicherheit" bezeichne, ist jedenfalls ein Phänomen, welches unter den von mir angegebenen Bedingungen (bei experimenteller Untersuchung einfacher Schlußprozesse) bei allen meinen Versuchspersonen in gleicher Weise aufgetreten ist. Es läßt sich eindeutig so charakterisieren, daß man sagt: Der "Zustand der Sicherheit" ist ein bei gewissen psychischen Vorgängen auftretendes Etwas, das, ohne Bewußtsein der Sicherheit oder Gültigkeit zu sein, so beschaffen ist, daß aufgrund desselben bei einer Fragestellung nach der Richtigkeit des Gedachten Bejahung eintritt.
1) Archiv für die gesamte Psychologie, Band XI, 1. Heft |