ra-2 von SchmalzFreimaurerBuonarottiSchleiermachervon Schmalz    
 
BARTHOLD GEORG NIEBUHR
Über geheime Verbindungen
im preußischen Staat


"Wer nur solche Parteien dulden will, die ohne Fehl auf das Gute, Rechte und Wahre allein gerichtet sind, nur in Nebensachen von einem gemeinschaftlichen, gegen jeden Tadel gesicherten Zweck, untereinander abweichen, und dabei keinen einzigen falschen Bruder zählen, der weiß wenig wie es mit der Partei beschaffen ist, zu der er selbst gehört: denn sobald es eine Partei gibt, so sind deren auch zwei. Wer, weil die Unvollkommenheit menschlicher Dinge eben hier ganz unvermeidlich eintritt, keine Parteien dulden und jede übertreibende, ausschweifende, verwilderte, oder die ihm so erscheint, ausgerottet wissen will, der widerspricht sich selbst, wenn er zugleich Freiheit und Leben im Staate wünscht."

Der Glaube an geheime Verbindungen, deren unsichtbare Häupter das Schicksal der Völker bestimmen, und den entschiedensten Egoismus wie die wildesten Leidenschaften derer die sichtbar handeln, für Zwecke gebrauchen wofür bei ihnen selbst keine denkbaren Beweggründe übrig bleiben, ist dem an Hexerei und Spuk in seiner Natur sehr nahe verwandt und entsteht aus dem Trieb nach dem Geheimnisvollen, wenn sich dieser auf das Fratzenhafte und Aberwitzige wendet. Wer sich als den Besitzer eines solchen Geheimnisses ankündigt, wird, eben wie derjenige der irgendeine traurige und schreckliche Begebenheit durch die Denunziation eines gräßlichen Verbrechens erklärt - eine Niederlage durch Verrat, den Tod eines ausgezeichneten Mannes durch Gift oder anderen Mord - unfehlbar ein Publikum finden, welches den Genuß des interessantesten Grauens gegen jeden der ihn stören will mit Unwillen verteidigt. In dieser Hinsicht sind alle Beispiele, wie in ähnlichen Fällen der Leichtgläubigkeit mitgespielt worden, so gut wie alle Belehrungen der Erfahrung bei anderen Geheimniskrämern, verloren. Es sind noch nicht so sehr viele Jahre verflossen, seitdem man allenthalben Leute antraf, die man sonst ganz verständig nennen konnte, die aber dennoch fähig waren, die ganze französische Revolution als das Werk einer geheimen Verbindung zu betrachten, zwischen deren völlig unbekannten Mitgliedern und den tätigen Besessenen und Verbrechern der französischen Nationalversammlungen SIEYES den sichtbaren Vermittler ausmachte. Wie ganz Verborgene ohne Zauberkünste einen solchen Einfluß ausüben, und für welche Zwecke sie Verbrechen veranstalten sollten deren Früchte sie verschmähten? das schienen ihnen geringe Einwendungen. Einige Adepten dieser Geheimnisse erhoben sich in der Folge noch höher, und behaupteten sehr ernsthaft, BONAPARTE, in der Fülle seiner Allgewalt und Wut, sei nichts weiter als das Werkzeug einer geheimen Gesellschaft von  Gelehrten,  unter denen FICHTE eine sehr wichtige Rolle spielt, wiewohl VANMONS zu Brüssel als ihr eigentliches Haupt, mithin als der wahre Beherrscher von Europa durch seinen unfreiwilligen, und sich des Verhältnisses vielleicht nicht einmal bewußten Diener NAPOLEON, zu betrachten sei.

So ist es dann auch, und zwar unter einer sehr viel zahlreicheren Schar von Gläubigen, die Sage von geheimen Verbindungen, die in unserem Vaterland und durch ganz Deutschland bestehen sollen, umhergetragen worden: bei uns bisher nur noch im mündlichen Geschwätz, im Ausland aber schon eine geraume Zeit in Schriften: an deren Spitze die Billigkeit erforder den Bericht REGNAULDs de SAINT JEAN d'ANGELY an den französischen Senat im März 1813 zu stellen, worin die furchtbaren revolutionären Gesellschaften in Preußen als Urheber des undankbaren und unnatürlichen Krieges gegen Frankreich nach Gebühr geschildert sind, namentlich aber die hiesige  naturforschende Gesellschaft  (oder die Naturphilosophen, - denn darüber ließe sich streiten) als die schlimmste der schlimmen denunziert wird. So bündig und gründlich hatte es noch keiner verstanden, wiewohl der Tugendbund schon seit dem Jahr 1809 weit und breit im Mund der Leute war (1), und französische Gesandte von MARET ausdrücklich hergesandt wurden, um über diese Gespenstergeschichte Erkundigungen einzuziehen, die bei all ihrer Torhaftigkeit wenigstens das Verdienst gehabt hat, BONAPARTE verdrießliche Augenblicke zu machen. Seltsam ist es, daß, obgleich zu jener Zeit keine freie politische Zeile gedruckt wurde, noch gedruckt werden konnte, schon damals von jenen unverdächtigen französischen Zeugen, als die zweite unzertrennliche Seite der von ihnen bezeichneten Sekte, Revolutionsgeist und Jakobinismus angegeben wurden, womit dann jedermann unvermeidlich behaftet war, der den Krieg gegen sie, und unser Königreich in seiner Glorie herzustellen und das Erbe deutscher Art und Sitten zu retten, mit heftiger Sehnsucht wünschte.

Noch seltsamer ist es indessen, daß unter uns selbst, - obgleich der Unterrichtete wußte, und der Unbefangene wahrnehmen mußte, daß von jenem glücklichen Augenblick an, wo der Instinkt für Befreiung und Rache mit der Kraft einer vom König geleiteten und gebotenen Nationalbewegung handeln durfte, alles was man früher Verbindungen nennen konnte in diese verflossen war, - das Gerede von geheimen Gesellschaften, welche gewöhnlich mit dem Namen  Tugendbund  bezeichnet, und denen jene, von den Franzosen bezeugte, empörerische Absichten zugeschrieben werden, sehr allgemein geworden ist. So fürchterlich ernsthaft die Sache sein würde, wenn sie Grund hätte, so ruhig könnte man, wenn die Rede vom Ausland wäre, einem leeren Lärm zusehen, und die Zeit walten lassen; welche den heterogenen Leichtgläubigen freilich wohl selten das Geständnis abgewinnt, daß sie sich ihrer Täuschung schämen, aber doch unwiderstehlich das nicht länger genährte Gerücht zum Erlöschen bringt. Aber der erfundene Ketzername dient zur Verunglimpfung einer großen Zahl  unbescholtener  Männer unter unseren eigenen Mitbürgern, - und von manchen kann man weit mehr als dies sagen -: er macht die Ungeschwärzten zum Gegenstand des Mißtrauens anderer Wohlgesinnter, die sich unglücklicherweise von jenem Aberglauben haben anstecken lassen: und wenn dies so fortgeht, könnte es leicht geschehen, daß dieses Mißtrauchen auf Männer überginge deren Stimme in der Regierung gilt. Ist es ein höchst strafwürdiges Verbrechen das Vertrauen zur Regierung beim Untertanen durch erträumte Beschuldigungen zu schwächen, so ist es kein geringeres, eine ebenso abscheuliche Verleumdung, das Vertrauen auf die Treue des Untertanen bei der Regierung zu untergraben. Wer nun bisher schwieg, weil eine Verteidigung ohne öffentliche Anklage für die gewöhnliche Logik dieser Art Gespenstergläubiger als ein Beweis des Geleugneten hätte behandelt werden mögen, der sah in der Erscheinung der Broschüre des Herrn Geheimrat SCHMALZ das Gute was gewöhnlich dem Bösen beigesellt ist. Jetzt kann und muß die Frage öffentlich erörtert werden; es ist nicht mehr umherlaufendes Geschwätz; ein Kläger ist aufgetreten. Man kann insofern diese Schrift wohltätig nennen, wie eine Eiterbeule, wohin sich die bösen Säfte abgesondert haben und wo sie reifen, die, dem Blut beigemischt, den ganzen Körper mit Krankheit bedrohten.

Den Eindruck, den diese Schrift gemacht hat, ist dem gleich den der vor Zeiten das Gerücht hervorbrachte, die weiße Frau habe sich im Schloß sehen lassen: ja beinahe dem den ein Feuerlärm im gefüllten Schauspielhaus erregt. Das Geheimnis ist nun heraus: es steht gedruckt. Wer da weiß was er liest, dem braucht man freilich nicht zu zeigen, daß diese Schrift keineswegs ein Zeugnis ist, sondern nichts mehr und nichts weniger als eine nur gedruckte Wiederholung der hundertmal ausgesprochenen Klatscherei. Nicht das geringste was einer Tatsache über das Bestehen geheimer Gesellschaften auch nur ähnlich sieht, findet sich darin: wohl aber Fingerzeige gegen einzelne Individuen, die freilich nicht genannt sind, wofür aber die mündliche Erläuterung mit einem Schlüssel dienen kann: und das Vergnügen hier zu deuten, und andere Namen hinzuzufügen, mag wohl am meisten zu der Sensation beitragen, die sie gemacht hat. Diese ist freilich noch vermehrt worden durch Rezensionen, welche, einen ausgemittelten Tatbestand annehmend, schon die Kriminalgerichte aufrufen, und, selbst nach auswärtigen Zeitungen hinfliegend, ein zahlreicheres Publikum zur Teilnahme an den Ängsten der Gläubigen, und an den gewünschten Hexenprozessen einlanden. (2)

Ein schöner neuer Ketzername ist geschaffen und wird ausgerufen. Ist man denn so unwissend oder so unbedachtsam, nicht zu erwägen, daß man damit Öl ins Feuer gießen würde,  wenn  die Gefahr, vor der sich zu fürchten man vorgiebt, wirklich vorhanden  wäre?  Gäbe es in der Tat eine gefährliche in sich verbundene Partei, so würde man ihr keinen so verächtlich lautenden Namen anbieten können, den sie nicht instinktmäßig sich sehr willkommen sein lassen mußte: denn erst durch einen Namen bekommt eine Partei wirklich Einheit, und alle Unterarten der Meinungen und Neigungen werden dadurch zu einem Geschlechtsganzen vereinigt. Negativ, und sich selbst entgegensetzend, faßt der blinde Haß unter einem solchen Namen das verschiedenartigste und unverträglichste zusammen: er verfährt wie in einem Bürgerkrieg, wo ein ganzer Landstrich, ohne daß die Gesinnung der einzelnen Bewohner sie schützt, verheert wird: woraus entstehen kann, daß man den treuesten Freund aus Verzweiflung zum Feind macht. Die Inquisition ist Portugal hat ebensoviel Verfolgte ins Judentum getrieben, als wirkliche Juden auf den Scheiterhaufen gebracht wurden und der Nationalkonvent hat viele Tausende von Anhängern der Vendee geschaffen. So kann man Parteien künstlich hervorbringen, wo kaum einzelne Elemente derselben vorhanden sind, und die Verfolgung durch ehrenschändende Verleumdung ist auch eine Verfolgung so gut wie Feuer und Schwert. Eine jede anscheinende Partei ist ein Aggregat unendlich verschiedener, von denen einige dem ganzen Wesen nach sogar der entgegengesetzten angehören, und nur wegen einer leichten Kleinigkeit der allgemeingetauften beigezählt werden. Wer es wohl mit dem Vaterland meint, der übt aus Pflicht, was auch immer die Klugheit rät, die wirklichen Parteigegner zu teilen, und das wirklich gegenüberstehende Heer aufzulösen: wer aber leichtgläubig Männern, die er gar nicht kennt, Grundsätze zuschreibt die das Gegenteil der ihrigen sind, der ist nicht bloß für sie Ehrenräuber, sondern der wahre Verderber des Vaterlandes; wenn er auch die Sache in seinem Leichtsinn ganz spaßhaft ansehen sollte.

Dem Übel was sich so vor unseren Augen erhebt, darf man nicht stillschweigend zusehen: und doch geschieht es, indem einer auf den andern hinsieht, ob er nicht ihm den Verdruß ersparen will vorzutreten. Also nehme ich in Gottes Namen das Wort, um das Gerede in eine ernste Prüfung zu verwandeln; und kann es wohl mit so vielmehr Befugnis tun, da kein Mensch mich zu denjenigen zählt, die einer Teilnahme an geheimen Verbindungen verdächtigt gehalten werden. (3)



Eine geheime Verbindung oder Gesellschaft ist himmelweit von einer politischen Partei oder Sekte verschieden: und wer diesen Unterschied nicht genau beobachtet, der spielt, für sich selbst oder für andere, aus der Tasche. Die  Whigs  und die  Jakobiner  waren Parteien: die vereinigten Irländer und die Korrespondenz-Societäten waren Verbindungen, und anfänglich nicht einmal geheim.

Eigentlich sollte man auch zwischen einer politischen Sekte und Partei unterscheiden. Jene bezieht sich nur auf eine Beurteilung, Gunst und Vorliebe, ohne davon zu träumen sie  tätig  zu äußern, oder sie äußern zu können, und ist nur durch ihren Gegenstand von den als Gesamtheiten gedachten Anhängern einer Philosophie oder Literatur unterschieden. So hatte König FRIEDRICH der Große eine politische Sekte für sich durch das ganze protestantisch Deutschland. Bei einer Partei setzt man schon ein den Sektengefühlen entsprechendes Handeln und persönliche Beziehungen voraus, und im Grunde kann in einem Staat, wo die Souveränität ungeteilt dem Monarchen gehört, von einer politischen Partei vernünftigerweise die Rede gar nicht sein. Es mag aber damit so genau nicht genommen werden.

Politische Parteien (im eigentlichen und im weiteren Sinn) müssen in jedem Staat entstehen, wo Leben und Freiheit ist; denn es ist unmöglich, daß sich lebendige Teilnahme nicht nach den individuellen Verschiedenheiten in ganz entgegengesetzte Richtungen, auch bei völlig gleicher Wahrheitsliebe und Redlichtkeit, verteilt. In demselben Verhältnis, wie jene Kräfte stärker wirken, wie der Anteil am Allgemeinen durch die Verfassung oder die Umstände einer größeren Zahl näher gebracht wird, umso ausgebreiteter und heftiger äußern sie sich. Dies muß jeder einräumen, dem diese Verhältnisse nicht fremd sind: und wer bei dieser Einsicht nur solche Parteien dulden will, die ohne Fehl auf das Gute, Rechte und Wahre allein gerichtet sind, nur in Nebensachen von einem gemeinschaftlichen, gegen jeden Tadel gesicherten Zweck, untereinander abweichen, und dabei keinen einzigen falschen Bruder zählen, der weiß wenig wie es mit der Partei beschaffen ist, zu der er selbst gehört: denn sobald es  eine  Partei gibt, so sind deren auch  zwei.  Wer, weil die Unvollkommenheit menschlicher Dinge eben hier ganz unvermeidlich eintritt, keine Parteien dulden, und jede übertreibende, ausschweifende, verwilderte, oder  die ihm so erscheint,  ausgerottet wissen will, der widerspricht sich selbst, wenn er zugleich Freiheit und Leben im Staate wünscht; der verwirft auch notwendig die Reformation und unsere protestantische Freiheit; und muß eingestehen, daß die von den Verteidigern des Despotismus und der Universalmonarchie gepriesenen Güter wirklich die höchsten sind. Sträubt er sich gegen dieses Eingeständnis, so ist es wenigstens klar, daß er von der Vielheit noch etwas weit Unmöglicheres fordert als der, welcher im einzelnen Menschen keine andere als harmonierende, der Vernunft stets gehorsame Leidenschaften dulden will, die zu keinem Fehltritt führen können, und doch das Leben, die Wärme und die Kraft schaffen sollen, die der bloßen Vernunft nicht beschert sind.

Parteien, solange sie wirklich nur Parteien bleiben, sind für eine Regierung nie bedenklich: denn daß sie sich keiner hingibt, ist ihre unerläßliche Pflicht. Wie ganz ohnmächtig sie gegen den festen Willen derselben sind, sei er gut oder böse, zeigt die englische Geschichte: und wenn einmal ein törichter allgemein verbreiteter Parteiwille obsiegen und die Regierung fortreißen sollte, so wäre das deren eigene Schuld. Eine wohlgesinnte, lebendige Partei ist für sie eine außerordentliche Kraft; und dies überwiegt allen Nachteil den sie am Widerstreben einer übelwollenden zu bekämpfen hat. Parteien entstehen durch eine Harmonie der Gesinnung: diese zu erleuchten und zu leiten muß der Staat bedacht sein: gebieten kann er ihr nicht.

Die Entstehung einer politischen Gesellschaft oder Verbindung im Schoß einer Partei ist keine Entwicklung, sondern der Anfang von etwas ganz anderem: und mit dem ersten Schritt eine entscheidende Verletzung der Verhältnisse des Untertans zur souveränen Macht. Diese hat ein unbedingtes Recht jede solche Verbindung als Hochverrat zu ahnden: die Anwendung dieses Rechts wird von ihrer Weisheit und ihrem Gewissen abhängen. Sie selbst hat ihre Gewalt nur dadurch, daß ihr die Gesamtheit aller Kräfte zu Gebote und nur ein vereinzelter Wille entgegen steht. Verbindung und Zusammenrottung zerstört das Prinzip ihres Daseins. - Auch wenn eine solche Gesellschaft angeblich zum Zweck hätte, die Regierung zu unterstützen, dürfte sie doch nicht geduldet werden: denn durch ihr Wesen verkennt sie notwendig den Charakter der Souveränität und würde dieser entgegenwirken, sobald sie eine ihr mißfällige Richtung annähme.

Eine politische Verbindung rechtfertigt ihr Dasein nicht durch die Versicherung, daß sie nicht handeln, sondern nur die öffentliche Meinung leiten und berichtigen will. Die öffentliche Meinung ist die, welche in den von den persönlichen Einwirkungen, welche die Machthaber irre leiten können, unangefochtenen Gemütern, von selbst, und bei aller Verschiedenheit der Individualität und der vielfachsten Verhältnisse übereinstimmend entsteht: und  wenn  sie in der Tat ein allgemein ausgesprochenes, und nicht nachgesprochenes Urteil ist, für eine Repräsentation der allgemeinen Vernunft und Wahrheit, für eine Stimme Gottes gelten kann. Aber es gibt ansteckende Meinungen, die sich allgemein verbreiten, und nachgesprochene: beide sind nur die Affen der öffentlichen Meinung: jeder Versuch aber diese durch Einfluß oder Autorität zu bestimmen, kann nicht echte, nur ihr schwächeres Nachbild hervorbringen.

Da ferner jede Verbindung eines Zwecks wegen besteht, so liegt es in ihrem Wesen, daß sie diesen Zweck als ein absolut Gutes zu erreichen trachtet, und die Brauchbarkeit der Mittel, nicht ihre Löblichkeit, über ihre Anwendung entscheiden läßt. Überredung und Täuschung, List und Betrug, Verleumdung und Gewaltsamkeit müssen ihr dienen. Die Ethik des einzelnen Menschen betrachtet sein Leben als einen untergeordneten Zweck; nicht so die der Staaten, und ebensowenig die einer politischen Gesellschaft. Auch diese muß sich gegen alles erhalten, und ihr Ziel erreichen wollen, ohne das ihr ganzes Dasein keinen Wert hat. So können dies und ihre Wirksamkeit unter allen Umständen nach keinen anderen Maximen beurteilt werden, als wie eine Empörung.

Schließlich kann eine solche Verbindung nie ohne Obere bestehen, deren Leitung die Mitglieder sich hingeben müssen, ohne daß es in ihrer Macht steht zurückzutreten, sobald der vielleicht ursprünglich ansich ganz unschuldige Zweck in ihren Händen ausartet oder verändert wird.

Eine Verbindung, deren Zweck Veränderung der Verfassung und Gesetze wäre, würde, außer der allgemeinen Sträflichkeit ihres Wesens, durch ihre Absicht nichts geringeres als aufrührerisch sein.

In keinem Staat dulden die Gesetze politische Gesellschaften: und man tadelt mit großem Unrecht diejenigen Regierungen, welche einen Orden verbannen, der, bei der handgreiflichen Nichtigkeit der Zwecke, die er ahnden läßt, sehr leicht die gefährlichsten  in fugam vacui  [aus Angst vor einem Vakuum - wp] in seine leere Hülle aufnehmen kann, - wie er es zu seiner Zeit mit dem Jlluminatismus getan hat. Es ist eine nicht gleichgültige Untersuchung, die derjenige sich empfohlen sein lassen will, der das glänzende Werk einer Geschichte der Denkart und Ansichten in Deutschland vollführen möchte, wo möglich zu prüfen, ob nicht die deistische Betrachtung der Religion, und die Lehre von der Gleichmachung der Stände, durch die Freimaurer ausgebreitet sind? Ihre Wirksamkeit bei der Begründung der französischen Revolution ist durch unbestreitbare Zeugnisse bewährt: so wie es sich nicht bezweifeln läßt, daß eben diese Gesellschaft als ein Mittel der französischen Kundschafterei lebhaft gebraucht worden ist. Wer die Tätigkeit neuer geheimer Gesellschaften in der Tat fürchtet, und nicht vielmehr die Verbreitung des Gerüchts von denselben nur mit unlauteren Absichten betreibt, der sollte, so weit es an ihm ist, dahin arbeiten, daß sich dieser Orden auflöst, welcher mehr als jedes andere Vehikel geschickt ist, die Unternehmungen zu befördern, die er zu fürchten vorgibt.

Überhaupt ist jede geheime Gesellschaft zweifach verwerflich: denn das sind auserwählte seltene Seelen, die, wo sie versteckt und verborgen handeln, nicht leich dahin geraten, dasjenige zu tun, was aus Furcht vor den Gesetzen nur versteckt und verborgen gewagt werden kann.

Je sträflicher aber und absolut verdammenswert politische geheime Gesellschaften sind, umso weniger ist es erlaubt, das Gerücht von ihrem Dasein leichtsinnig zu verbreiten und irgendeinen Mitbürger in den Verdacht zu bringen, daß er auf diese Weise  Hochverräter  und  Staatsverbrecher  ist. Wer es tut, wo es sichtbar ist, daß er selbst keine unerschütterliche Überzeugung haben kann, von dem muß man glauben, daß er entweder von allem Gefühl über Verleumdung und Ehre entblößt ist: oder daß er in seinem grenzenlosen Leichtsinn die Sache selbst gar nicht für ein schweres Verbrechen ansieht, sondern für einen Spaß, den man sehr Unrecht hat so ernst zu nehmen: indem er es ja selbst gar nicht für unzweifelhaft gewiß ausgibt, daß die Angeschwärzten wirklich so sehr große Verbrecher sind.

Wer ein Gerücht vernimmt, daß die Pest im Lande sei, der, wenn er ein müßiger Schwätzer ist, schreit es auf den Straßen aus, ohne es zu prüfen, ob Wahrheit daran ist; er tut wohl dies zu unterlassen, denn warum sollte er die schöne Gelegenheit fahren lassen, sich wichtig zu machen: und was kümmert es ihn, ob Tausende ohne allen Grund in Ängste versetzt werden, ob das Ausland sein Vaterland als verpestet behandelt? Ihm dient am Ende die Ausrede, er habe es geglaubt, habe es nicht selbst untersuchen können, man könne ja wohl erzählen, was man gehört hat, er habe es so zur Kenntnis derjenigen bringen wollen, welche den Verhalt von Amtswegen prüfen, und sie durch das allgemeine Geschrei antreiben wollen, nicht fahrlässig zu verfahren. Es ist ihm aber nur darum zu tun, sich wichtig zu machen: vielleicht den oder jenen als den Pesteinschwärzer, wäre es auch nur auf einige Tage, ins Gerede zu bringen: auch von einer ganz abgewaschenen Verleumdung bleibt doch immer eine Spur. Der Ehrenmann hingegen wendet sich an die Behörde, schweigt vor dem Publikum, und scheut keine Mühe und Gefahr um jene bei ihrer Untersuchung zu unterstützen, und eben dadurch einer möglichen Lässigkeit vorzubeugen.

Das ist die unerläßliche Pflicht eines jeden der vom Dasein geheimer politischer Gesellschaften und Verbindungen etwas zu wissen glaubt: nicht aber vor der Menge ein Feuergeschrei zu erheben. Die Wahrheit kann  die  nicht ans Licht bringen; will man aber etwa ein Geschrei aus tausend Kehlen erregen, um ebensoviele Zeugnisse zu zählen?

Wer etwas von solchen Geheimnissen  weiß,  wie immer es auch zu seiner Kenntnis gekommen sein mag, - und es nicht an das Ministerium und die Polizei bringt, der ist als Hehler strafwürdig (4); ja auch einen wohlbegründeten  Verdacht  über Tatsachen darf er nicht verschweigen, denn die Behörden müssen ihn zu würdigen wissen, und nun im Stillen beobachten.

Nach diesen Grundsätzen verlange ich selbst beurteilt und gerichtet zu werden, wenn ich mit wohlbegründeter Überzeugung erkläre,
    daß das Ganze von Herrn Geheimrat SCHMALZ ausgerufene Gerücht von geheimen politischen Verbindungen die in unserem Staat bestehen sollen, ein leeres Märchen; und auch keine Spur von dergleichen vorhanden ist; sei es als Tugendbund, sei es in irgendeiner anderen Gestalt.
Ich sage  in unserem preußischen Staat,  denn so fest ich auch überzeugt bind, daß dasselbe vom übrigen Deutschland gilt, so beschränkt sich die wahrhafte Erklärung doch lieber auf das, wovon man absolute Gewißheit haben kann.

Hätte Herr Geheimrat SCHMALZ Tatsachen, sie mochten so falsch und lächerlich sein wie nur die höchste Leichtgläubigkeit fähig war sie zu glauben, ausgesprochen, hätte er Namen genannt, so würde er damit zumindest seine eigene Überzeugung beurkundet, und eine Untersuchung herbeigeführt haben, welche selbst dem fälschlich Angeklagten willkommen gewesen wäre: denn wenn einmal der gute Name nicht gegen böse Nachrede gesichert ist, so ist doch das Nächste, sie vernichten zu können. Ich gewiß werden den der mit seines Namens Unterschrift, weil ich jetzt meine Stimme erhebe, mich als ein Mitglied solcher Verbindungen nennen möchte, für einen ehrlichen Mann halten: aber auch nur den, der so verfährt: denn er wird mir sein Wort vor den Gerichten wahr machen müssen.

Aber Herr Geheimrat SCHMALZ hat sich so gestellt, daß er schon bereit ist mit eigenen Händen, wenn er gedrängt wird, die furchtbare Verschwörung in ein Nichts aufzulösen; und er hat niemanden genannt, nur angedeutet, so daß er jedem antworten kann: Ei, hast du dich getroffen gefühlt? und wenn dieser ihn fassen will, doch immer zu antworten vermag, er habe ihn nicht gemeint, wiewohl er sich getroffen fühlte.

Will er also seine Anklage noch zu Ehren bringen, so tue er jetzt, was er gleich hätte tun sollen. Eine Untersuchung muß jeder für das dringendste Bedürfnis halten: der hintergangene Gläubige, damit eine Verschwörung zerstört wird: wir andern, damit es nicht länger in der Macht eines jeden Leichtgläubigen oder Leichtfertigen steht, die, über welche er träumt, als Verbrecher zu stempeln: denn wenn das absolute Nichtdasein des Verbrechens ausgemittelt ist, so verschwindet auch die Anklage desselben schuldig zu sein.

Einen solchen Verdacht gegen einige seiner Mitbürger zu richten gegen andere unbestimmt zu begünstigen, ohne ahnden zu können, in welchen Fällen und gegen wen sein angebliches  Zeugnis  gebraucht werden möchte, hätte Herr Geheimrat SCHMALZ sich wohl zweifach hüten sollen, da er selbst es für notwendig gehalten hat, den Ruf eines großen verewigten Mannes von der Anschwärzung zu reinigen, er habe diesen geheimen Gesellschaften angehört. Er mußte es sehr wohl wissen, daß gegen  niemand  diese Beschuldigung allgemeiner verbreitet war, als gegen General SCHARNHORST: und wenn  er  nicht zufällig ihre Lügenhaftigkeit gewußt hätte, wer kann zweifeln, daß  er dem Gerücht  auch gegen ihn zu glauben willig gewesen sein würde? So mußte er dann doch wohl, bei nur gewöhnlicher Besonnenheit, schließen, daß andere ebenso sichere Gewißheit über ihre Freunde und Bekannte haben möchten, die ihm fremd sind, und auf die er aus dem Busch zielt: er mußte wissen, wie klein die Zahl derer ist, die mit völliger Gewissenhaftigkeit dem Gebot gehorchen, seinem Nächsten keinen falschen Leumund zu machen.

Ich beschränke meine Behauptung nicht darauf, daß es keine solche Gesellschaft oder Verbindung gibt, wie Geheimrat SCHMALZ sie schildert: "deren fluchwürdige Absicht es ist, Zwecke im Innern ohne des Königs Willen durchzusetzen," oder "die deutschen Regierungen mit Mißtrauen gegeneinander zu erfüllen, oder allgemeine oder besondere Konstitutioinen gegen den Willen der Fürsten durchzusetzen": "ein Treiben wie dasjenige, wodurch Frankreich zugrunde ging": sondern ich behaupte, daß  schlechterdings gar keine vorhanden sind:  nicht einmal eine solche, die, wie es allen geheimen Gesellschaften anderer Art wohl mit Recht immer vorgeworfen ist, "den Zweck hat die Ihrigen in verwaltende Ämter zu bringen."

Zu einer politischen Verbindung die nur auf irgendeine Weise den Namen tragen kann, gehören, wie zu jedem Orden und zu jeder Gesellschaft, ein Zweck (bedeutend oder läppisch,  wohlgemeint  oder von Grund aus böse), bestimmte Vereinigung und Verpflichtung, Leitung, Versammlungen, Korrespondenz. - Es ist zwar wahr, daß es Leute gibt, deren Logik es verträgt, alle Merkmale eines Begriffes aufzuheben und ihn doch zu behaupten, aber mit denen redet man nicht, sondern über sie, wenn zufällige Umstände es unvermeidlich machen sie nicht zu ignorieren. - Wer nun von allen jenen Umständen in unserem Staat die geringste Spur wahrgenommen hat, der gebe sie an. Weil weder mir, noch irgendeinem meiner Bekannten auch nur ein Schatten davon vorgekommen ist, vielmehr das Gegenteil für mich mit der höchsten Evidenz gewiß ist, so leugne ich ihr Dasein schlechthin. Und nicht zu vergessen, daß unsere Polizei doch gewiß so wenig den Vorwurf der Achtlosigkeit für solche verdammenswerte Unternehmeungen als den der Ungeschicktheit sie zu entdecken verdient (5): daß es die größte Beleidigung gegen die Regierung wäre zu insinuieren [unterstellen - wp], sie übersehe was ihr unmöglich ganz unbekannt sein kann: so liegt in einer Grundschwäche der meisten Deutschen - zumindest Norddeutschen, - eine Bürgschaft, daß dergleichen nicht einige Wochen lang bestehen könnte, ohne wirklich ausgeplaudert, und auf ganz andere Weise als durch ein ganz unverbürgtes Gerede bekannt zu werden. Diese Grundschwäche ist, bei besseren Menschen das Bedürfnis ihr Herz auszuschütten, und unbedachtsames Vertrauen; bei anderen die Unfähigkeit zu schweigen, wo es möglich ist, sich mit Winken oder ausplaudern bedeutend zu machen: welches sich bei den Versuchen im sogenannten Westfalen-Aufstand einzuleiten sehr deutlich gezeigt hat.

Ferner kann eine solche Verbindung nicht bestehen ohne Proselyten [Anhänger - wp] zu suchen: und so fordere ich hiermit allgemein auf, daß der auftrete, dem ein solcher Antrag gemacht worden ist. Bleibt meine Aufforderung fruchtlos, so ist schon dadurch das Nicht-Dasein dieser Gesellschaften außer Zweifel gesetzt: denn es ist doch schlechterdings undenkbar, daß man bei solchen Anträgen nicht oft falsch zutappt und den Zweck verfehlt, und daß sich unter denen, die einen solchen Antrag zurückweisen, nicht ein Mann von gesundem Sinn finden würde, der falsche Rücksichten beseitigt um der Wahrheit zu dienen.

Mir, der ich mit vielen Männern, die das Geklatsche als Mitglieder geheimer Gesellschaften nennt, in Verhältnissen freundschaftlicher Offenheit gelebt habe, ist  nie  ein solcher Antrag, oder auch nur die entfernteste einem Antrag ähnliche Eröffnung gemacht worden: und anstaat irgendetwas wahrzunehmen, wonach es, nur ohne Unsinn, angenommen werden könnte, daß irgendeiner jener Freunde und Bekannten in solchen Verhältnissen steht, kann ich über alle ohne Ausnahme einen Glaubenseid für das Gegenteil schwören. Wollen wirklich wahrheitsliebende Männer auf gleiche Weise den Kreis prüfen, welchen sie selbst übersehen können, so wird das gefabelte Ungeheuer sehr bald in die Region der unbekannten Länger verwiesen werden.

Allein der Tugendbund hat doch wirklich bestanden: auch hat es sowohl diesseits wie jenseits der Elbe viele Verbindungen gegeben um bei der ersten Gelegenheit die Waffen gegen die Franzosen zu ergreifen.

Das hat Herr Geheimrat SCHMALZ zur Sprache gebract: und bei der Diskretion und Delikatesse die in seiner ganzen Schrift herrschen, ist es kein Wunder, daß er nicht bedacht hat, daß dies zu den Gegenständen gehört, welche in Vergessenheit gehüllt werden sollten, damit ihr Andenken nicht unter ganz anderen Verhältnissen mißbraucht wird. Nun ist es indessen unvermeidlich ihm zu antworten.

So gewiß der Tugendbund eine Zeitlang auf eine gewisse Art existiert hat, - zu wirklichem Leben ist die wohlgemeinte Mißgeburt nie gekommen - ebso gewiß ist es, daß er durch seine Auflösung schon im Jahre 1810 völlig, und ohne in irgendeiner Form fortzuleben, erloschen ist. Dies war natürlich: denn ernsthafte Männer waren, durch die Erfahrung belehrt, des Tands ekel und überdrüssig geworden: und auch die, welche sich anfänglich eben bei den wichtig scheinenden Formen wohl befinden mochten, hatten Zeit genug gehabt ihrer satt zu werden.

Der Tugendbund war im Hinblick auf seine Verhältnisse zur Regierung, der er offen und wohlbekannt war, von der Art, daß ein rechtlicher Mann ohne seine Untertanenpflicht zu verletzen hineintreten  konnte,  wenn er sich überredete Heil davon zu erwarten. Er war wohlgemeint entworfen; nach dunklen Gefühlen, die, halb und schief aufgefaßt, zu einem widersinnigen Machwerk verarbeitet waren, welches, weil unsere Nation treu und nicht phantastisch ist, in sich vergehen mußte; wohl aber, wenn es in dieser Hinsicht anders beschaffen gewesen wäre, zu sehr gefährlichen Dingen hätte führen können. Deswegen würde ich selbst, wenn ich auch nicht bei seiner Errichtung außerhalb des Landes gewesen wäre, auf keinen Fall Mitglied desselben geworden sein: indem die Statuten, ohne daß die Urheber etwas böses gedacht haben, entweder zum Ärgsten oder zum Erbärmlichsten führen mußten. Es war ein Staat im Staat entworfen, der, wenn er zum Leben gekommen wäre, die Regierung, sobald er wollte, hätte abstreifen können: und daß eine so gefährliche Konstitution so schlechterdings harmlos blieb, wie es notorisch der Fall war, das sollte unsere Alarmisten etwas beruhigen (6).

Ich glaube mit ziemlicher Gewißheit sagen zu können, daß der Tugendbund den von einer ehrlichen Leidenschaft eingegebenen, und, wie Herr Geheimrat SCHMALZ Seite 16 selbst zu verstehen gibt, dem General SCHARNHORST keineswegs unbekannten Verbindungen, welche die Abschaffung der französischen Tyrannei vorbereiten wollten, als Gesellschaft ganz fremd gewesen ist: obgleich der Zweck jener aberwitzigen Maschinerie gewiß auch nicht auf die entfernteste Art revolutionär, sondern die Belebung der Nation war um das fremde Joch mit der Allgemwalt moralischer Kraft zu brechen. Man irrte sich zweifach, indem man das Dasein dieser Kraft verkannte, und glaubte sie bedürfe es, geschaffen zu werden: und dann indem man den vermeintlich toten Körper mit solchen Blasebälgen zu beleben wähnte. Darauf kommt es aber hier nicht an, sondern nur darauf, ob denn die Gesellschaft welche war und nicht mehr ist, der Schilderung entspricht, welche Herr Geheimrat SCHMALZ von ihren Gespenstern macht die jetzt vorhanden sein sollen, und nicht vorhanden sind?

Die durch gemeinschaftliche Indignation über die Herabwürdigung und das Elend des Vaterlandes, durch gemeinschaftlichen Haß gegen die fremde Tyrannei, durch gemeinschaftliches Gefühl, daß nicht der Staat, nicht die Nation, nicht der einzelne selbst, dem ein solches Leben viel ärger wie der Tod war, berufen ist in der Sklaverei zu streben, veranlaßten Verbindungen, hatten hingegen schlechthin und durchaus keine politische Beziehung auf das Innere. Sie waren höchst loyal: und selbst eine Begebenheit, die mit Billigkeit nicht anders beurteilt werden kann als wie jede Leidenschaft die in Wahnsinn übergeht, war ehrlich für den König gemeint. Die so gesinnten schickten sich an auf den ersten Wink des Königs bereit zu sein: sie haben sich ganz ruhig gehalten, wenn dieser nicht erfolgte; und wenn sie ihn mit Ungeduld erwarteten, wird irgendeiner auftreten und ihnen dies zum Vorwurf machen? Sie hatten keinen anderen Zweck als die Herstellung und Verherrlichung ihres Königs und seiner Monarchie: und es sei ein für allemal gesagt, wenn in irgendeinem Land die Wort  Volk  und  Nation  unzertrennlich vom Gedanken an die Monarchie und an den König begleitet sind, so ist es bei uns. Das wollen wir nicht dulden, daß irgendein Hirngespinst uns hierüber beunruhigt. Denn nirgends ist es so handgreiflich für den gemeinsten, ja für den verkehrtesten Verstand, wie durch die Eigentümlichkeit unseres Staates bei uns, daß wir als Staat nur durch den König leben, weben und sind: und, wenn diese Seele entwiche oder gelähmt würde, das Ganze zerfallen müßte.

Viele von denen die damals, manchmal wohl mit viel zu stürmischer Leidenschaftlichkeit und Ungeduld, die Minuten zählten bis Preußen sich gegen die Franzosen erheben würde; welche - noch nicht vom Vertrauen auf die unmittelbar über unserer Monarchie waltenden Vorsehung beruhigt, welche uns jetzt zuversichtlich macht wenn es nicht nach unseren Wünschen geht, - jede ihrer Meinung nach versäumte Gelegenheit als unersetzlich bejammerten; und die Last eines Daseins, wie das welches an unser aller Herzen nagte, verwünschend, lieber auch hoffnungslos nur nicht ungerochen untergehen als so fortleben mochten: - viele von ihnen ruhen, für unsere Freiheit gefallen, im Grab: und nur von  diesen  wollen wir hier reden, und schweigend auf die deuten, welche der Himmel uns erhalten hat. Wehe über die, welche ihnen ins Grab Ketzernamen nachrufen, uneingedenk wie weit sie ihnen ihre, durch kein eigenes Opfer, durch keine eigene Tat, gewährte Behaglichkeit und Sicherheit ihrer bürgerlichen Verhältnisse verdanken! - Wehe denen, die die hinterlassenen Witwen und Waisen so trösten!

Daß sich an die Besten mancher falsche Bruder, mancher Abenteurer angedrängt haben mag, wollen wir wahrhaftig nicht bestreiten; aber ihnen kann es nur dann zur Verkleinerung dienen, wenn jemand aufsteht und beweist, daß es von Anbeginn der Geschichte her, in irgendeiner politischen Partei oder Kirche, anders gewesen ist, und solange die Welt steht anders sein kann und wird. Ich komme aber wieder zurück auf das vorher Gesagte: es frommt so wenig als es recht und billig ist, jetzt an die Leidenschaftlichkeit jener Zeit tadelnd zu erinnern, wenn es auch hin und wieder mit einem Schein von Grund geschehen könnte. Jene gräßliche Zeit ist, Gottlob, auf immer vorüber, und es ist eine nutzlose und elende Arbeit jetzt für sie zu dozieren. Wir haben erlebt, und so erfahren, daß darüber nicht widersprochen werden kann, daß, was damals als furchtbares Übermaß der Leidenschaft den Ängstlichen schrecken konnte, nichts als eine Kraft war, die für den Dienst des Königs alles erfüllte wozu sie sich, ohne den Glauben jener Ängstlichen damals zu erwerben, verpflichtete. Alle Verhältnisse der Staaten waren zu jener Zeit verrenkt: konnten sich denn die Einzelnen in den gewöhnlichen Bewegungen halten? Die Staaten selbst erkannten die Friedensschlüsse und den Friedensstand mit BONAPARTE nicht als rechtliches Verhältnis an, sondern als eine Nothilfe, um ihr Dasein vor dem Tyrannen zu fristen. Damals galt es in Wahrheit daß  ein gezwungener Eid Gott leid ist. 

Sobald die Rüstungen für die Befreiung des Vaterlandes beginnen konnten, hörte durch die ganze Nation augenblicklich jede eigenwillige Regung auf. Die Regierung tat alles, was die Nation wünschen konnte, indem sie die allgemeine Bewaffnung verordnete: und die Nation tat mehr als die Regierung verordnete: und die Nation tat mehr als die Regierung erwarten konnte. Und woher? Weil alles Volk wachte, ungewiß der Stunde wann der Herr kommen wird, aber fest gläubig, daß er kommen wird: weil jedermann bereit, jeder ungeduldig war; und auf das erste Wort rüstig aufsprang, um den Gegenstand seiner heißen Sehnsucht zu ergreifen. Nun flossen alle schon lebendigen Kräfte dem Strom zu dessen Lauf der König leitete. Es war etwas ganz anderes als der Gehorsam, welcher nur empfangene Befehle, die nicht auch das eigene Herz ihm gaben, ausführt: wäre man "nicht anders zu den Waffen geeilt, als man aus ganz gewöhnlicher Bürgerpflicht zum Löschen bei einem Feuerlärm eilt," so würden Unterjochung und Vernichtung das schnelle Ende des  als dann  unsinnig gewagten Kampfes geworden sein. Wenn die Kraft welche damals jeden belebte  nicht Begeisterung war  so muß das Wort aus der Sprache getilgt werden. Wenn Herr Geheimrat SCHMALZ meint, daß die, in deren Mitte er doch zumindest lebte, nicht anders als wie die Bürgergarde zum Feuerlärm eilten, so wird, nach seinem Urteil, auch die Armee bei Großgörschen gleich Spritzenleuten gearbeitet haben: und wer so fühlt und meint, dem sei es gegönnt. Nach seinem Gleichnis kann er nicht vorgeben, daß er nur von der Begeisterung durch Schriften habe reden wollen. Wie mächtig auch das lebendige Wort, so ist das geschriebene gewöhnlich sehr kraftlos da alles sich stumpf gelesen hat: und damals war es ganz überflüssig: denn mehr als Worte sagen konnten, war in allen Herzen. Indessen machten die Proklamationen des Königs an  sein Volk  und  sein Heer  bei denen die nicht bloß das Wächterhorn zum Feuerlärm vernahmen, einen unbeschreiblich tiefen Eindruck: der gewiß bei jedem der daran erinnert wird, ganz frisch erwacht: und die Schrift  über Landwehr und Landsturm  hat unzählig vielen zur erhebendsten Erbauung gedient.

Woher also nun das Gerede, woher die gehässige Bezeichnung, wenn sich keine Spur entdecken läßt die den Verdacht rechtfertigt? "O Verbindungen sind wohl vorhanden, den  A.  und  B.  sind Tugendbündner." (Noch besser ist es das schöne neue Wort  Bündler  zu gebrauchen). - Woher wissen Sie denn das? Es ist ganz gewiß, daß sie nie zum Tugendbund gehörten, als er vorhanden war. - "Ei, man sagt es doch allgemein, Herr Geheimrat SCHMALZ zeigt ja unverkennbar mit Fingern auf sie: und dann sind sie ja auch Freunde von  X.  und  Y.  Ist doch  A.  sogar mit SCHARNHORST in einem Briefwechsel gewesen." - Wie? noch jetzt nennen Sie SCHARNHORST bei dieser Veranlassung? Ich dächte den hätte Ihr SCHMALZ gerechtfertigt? - "Nun, das muß man so genau nicht nehmen. Das konnte er nicht anders: wahr bleibt wahr. Man muß nur jetzt nicht viel davon reden." - Immerhin, wem kein Andenken heilig ist! Aber gehören denn  X.  und  Y.  zu einer geheimen Verbindung? - "Freilich, die sind Hauptpersonen." - Aber woher wissen Sie denn das? - "O das weiß man, und die, und der sagen es immer. Es ist ja bekannt. Sie können ja alle nicht leiden, die nicht zum Tugendbund gehören: das sieht man wohl." - Wenn nun aber der Tugendbund längst nicht mehr existiert? - "Der Tugendbund existiert gewiß, denn  A.  und  B., X.  und  Y.  sind ja Tugendbündler. Am Ende sind Sie auch einer, weil Sie nichts davon wissen wollen. Denn das eben will man uns einbilden. Das sind schlaue Gäste. Lesen Sie nur die Schrift von Geheimrat SCHMALZ, der hat das Geheimnis ausgefunden."

- Der muß freilich viel darüber wissen, aber er ist ein sehr vorsichtiger Mann, und gewohnt den Profanen nur Winke zu geben.  Sie  (die Bündler)  sagen, sie rühmen sich,  SCHARNHORST hat sich  ihre Korrespondenz  verbeten, sie haben  Verfolgungen und kleine Kabalen  gegen Herrn SCHMALZ gerichtet. Das müssen doch bestimmte Individuen sein, deren Eigennamen man jenem Pronomen unterschieben könnte. Etwas mehr Mut, und die Folgen eines Mißgriffs nicht gescheut, und wir wären im Besitz dieser Namen. - Aber im Grunde scheint Herr SCHMALZ sie auch nicht genauer zu kennen als daß er weiß, wen  das Gerücht zu ihnen zählt.  Das Gerücht! Hat denn nicht das Gerücht alle Hexenverfolgungen, die oft viele Hunderte vor Gericht und auf die Folter gebracht haben, veranlaßt? Das Gerücht! Ein Rechtslehrer deutet nach einem Gerücht auf Mitbürger als Staatsverbrecher! Doch so arg meint er es am Ende nicht. Er wird zweifelhaft wie weit seine geheimen Verbindungen mit ihren Zwecken gehen: ob die Mitglieder sich nicht vielleicht nur darauf beschränken, sich und die übrigen in die Verwaltung zu bringen. Das ist nun doch ein ungeheures Dilemma: entweder wolen sie das, oder alles umkehren und zerstören. O welch besonnener und gewissenhafter Zeuge!

Indessen gibt er auch Kriterien an, die eine vortreffliche weite Anwendung leiden, und, unter anderen, jedem der sich den Gelehrten zählt, und dem ein Anderer die Gültigkeit seiner Ansprüche nicht einräumt, die Befriedigung verschaffen können, diesen Unhöflichen zum  Bündler  zu erklären. Denn wie wenig es auf die politischen Grundsätze ankommt, das zeigt sich, wenn man über das erste halbe Dutzend Namen nachdenkt, welche  das Gerücht  nennen wird. Es schont ja selbst die leidenschaftlichsten Verteidiger aller ererbten Einrichtungen und geschworensten Widersacher aller sogenannten neuen Schöpfungen nicht. Aber das macht nichts: es ist von Alters her bekannt, daß, "wer Cotin nicht achtet, seinen König nicht achtet, und, nach Cotins Urteil, ohne Gott, ohne Glauben und ohne Gesetz ist."

Sind indessen die angegebenen Kriterien wahr, so verdanken wir ihnen die namentliche Kenntnis  eines  Bündlers: er mag sich sträuben wie er will! Und das ist der Herr Geheimrat SCHMALZ. Denn was zeichnet seine Schrift mehr aus als "einzelne nur halb angedeutete Insinuationen, "die den zweifachen Vorteil gewähren, daß sie desto tiefer verwunden, und den Verleumder zugleich in Sicherheit stellen?"

Ernsthaft geredet, so mißbraucht derselbe in der angeführten Stelle, um das Märchen aufzustutzen, das zutage liegende Faktum der Lizens einer partiellen Pressefreiheit, nach der nämlichen Logik welche Kometen und Kriegsverläufe in Zusammenhang setzt.

Über das, was anzündenden Schriften sind, ist der Urteil der einzelnen, auch der befugtesten und redlichsten Leser, unendlich verschieden: ja jeder wird nach Zeiten und Umständen verschieden urteilen. Es gibt glühende Reden, die es nicht verdienen so gescholten zu werden. So wurde Fürst CHRISTIAN von Anhalt vor dem großen deutschen Krieg am kursächsischen Hof gefragt: ob er derjenige Fürst wäre, welcher ganz Deutschland anzünden will? Und er erwiderte: Ich wollte daß ich ein solcher Anzünder wäre, ich wollte der deutschen Fürsten Herzen und Gemüter so in Lieb und Einigkeit gegeneinander entzünden, daß sie gewiß so ein einheimisches Mißtrauen und ausländischer Gewalt nicht lange mehr unter ihnen regieren sollte.

Man soll und darf es nicht verkennen, daß auch jetzt das meiste sogar von dem was unglücklicherweise beleidigt, reizt und die Zwietracht vermehrt, durch den Haß gegen die ausländische Gewalt, und durch den Unwillen über unglückliche Verhältnisse hervorgerufen wird, wodurch ihr die Mittel sich und somit das grenzenlose Elend, woraus wir wie durch ein Wunder gerettet wurden, wieder herzustellen, immer erhalten bleiben. Der Kummer und der Unwille über die immer mehr befestigte Zerteilung Deutschlands; bei der die Staaten für die eine Verbündung mit dem Erbfeind unmöglich ist, sich nur auf ihre eigenen Kräfte verlassen dürfen, und sich erschöpfen müssen; ist wohl gerecht, und gar nichts neumodisches, sondern eine alte Klage. Wieviel heftiger würde FRIEDRICH KARL von MOSER jetzt murren, als vor vierzig Jahren! Und wenn der Unmut über die Versagung dessen, wovon unser aller Deutschen Sicherheit, Wohlstand und die Abwehr der Barbarei abhängt, in heftigen Gemütern zu verkehrten und beleidigenden Äußerungen steigt; muß man denn nicht bei aller Leidenschaft die Quelle und den Anreiz viel mehr als ihre  Äußerungen  beurteilen? Die Zeit beruhigt: aber so lange das Gefühl frisch ist, wie unendlich viel von dem verloren ging, was die Gelegenheit darbot, muß man den Schmerz darüber milde richten.

Es kann wohl keinen natürlicheren Nationalhaß geben, als den, welchen gesunde deutsche Gemüter gegen ein Volk empfinden, welches uns seit zwei Jahrhunderten mißhandelt, unsere Grenzen an sich gerissen, unsere Landschaften barbarisch verheert, unsere Fürsten und uns verhöhnt hat (7), uns nie Treue und Glauben gehalten hat: gegen ein Volk, welches offen erklärt, die Natur habe ihm unsere rheinischen Länder angewiesen, und es müsse sie nehmen: welches seit mehr als hundert Jahren die Gemüter in Deutschland vergiftet: welches seit der Revolution seine Verbrechen gegen uns, zwar nicht mit böserem Sinn als in früheren Zeiten, ab, vom Glück begünstigt, dem Umfang nach aufs höchste getrieben hat. Diesen Haß zu predigen, soll auch ein Kriterium geheimer Verbrüderung sein. Nun ist es freilich bei uns, und wohl auch in Österreicht, ein ebenso überflüssiges Unterfangen wie dem Schäfer Haß gegen die Wölfe zu predigen: aber ist es allenthalben ebenso überflüssig? Ist nicht der Deutsche so vergeßlich, daß nicht einer unter Hunderten noch jetzt an den Rastädter Kongress denkt? - von den Zeiten LUDWIGs XIV. ganz zu schweigen! Wieviele lassen es sich nicht gefallen, daß BONAPARTE zum Sündenbock gemacht wird, der doch nur der Mann nach dem Herzen seiner Nation war? Wieviele prunkten nicht noch mit französischen Orden? Hat nicht überhaupt das unselige Bundes- und Untertanenverhältnis so vieler deutscher Länder bei einer großen Zahl Gewohnheiten und Gesinnungen eingeimpft, die man mit Jammer wahrnimmt? Tut es nicht Not diese durch den Zwang einer sogar auf eine Zeitlang über die Mäßigung hinaus getriebenen öffentlichen Meinung zu zügeln? Die sehr verdienstvolle Schrift von RÜHS erinnert - was bei der großen Unwissenheit der Deutschen in ihrer eigenen Geschichte wohl Not tat - daran, daß nichts Neues der Art nach vorgefallen ist, und daß es dann auch immer so bleiben wird: - und sie zieht die Zeugnisse aus der Vergessenheit hervor, wie unsere tüchtigen Vorfahren diese Mißhandlungen empfanden und mit heißem Haß lohnten: aber auch, wie dieses Gefühl allmählich abstarb, als man anfing den Franzosen nachzuäffen, und ihnen huldigte. Die Übertreibung wird hier wenig schaden: was dem Deutschen fehlt, ist Charakter, und was er zuviel hat, ist seine Vielwisserei und sogar seine Vielseitigkeit, wenn sie nicht großartig ist. Die Lobpreisungen für uns möchte man vielmehr wegwünschen, als die Strafreden gegen die Welschen. Was war im 16. und 17. Jahrhundert gewöhnlicher als diese, wie die Türken, den Erbfeind zu nennen? Und jetzt soll dergleichen den Deutschen seinem eigenen Landesherrn, der von diesem Erbfeind ins Verderben gebracht wurde, verdächtig machen? - Friede zwischen den Staaten und Nationalhaß zwischen den Völkern sind gar nicht unverträglich. Dort hassen sie uns weit grimmiger als wir sie. Mit den Türken sind immerfort Frieden geschlossen und gehalten worden, wenn auch Christ und Muselmann sich nie versöhnten. Auch unsere Vorfahren hatten Frieden mit den Römern; und das war nicht schlimm, daß beide Völker nur an der Grenze miteinander verkehrten.

Ein weit bedeutenderer Gegenstand, den aber Herr SCHMALZ kaum berührt, ist die vielfach geäußerte Meinung von der nahen und unentbehrlichen Einführung repräsentativer Verfassungen. Diese gehört den Schriftstellern weniger an, und ihr Einfluß in dieser Hinsicht ist unbedeutend. Hier ist aber etwas, was, ohne im geringsten den Träumereien von geheimen Verbindungen nachzuhängen, die Regierungen und wohlgesinnte Patrioten ernst stimmen kann: zumindest ihre Aufmerksamkeit fordert. Das ist gewiß, daß es unseren Schriftstellern an aller Anschauung des Staates und der Geschichte fehlt, sobald sie über diesen Gegenstand reden wollen; ja, man kann ohne Übertreibung sagen, daß die Ideen unserer Politiker hierüber noch ungleich roher, oberflächlicher und erträumter sind, als die der Häupter der ersten französischen Nationalversammlung, unter denen viele Geschäftsmänner, und doch auch manche sehr redliche Männer waren. Wer sich nicht mit Worten befriedigen läßt, sieht mit Wehmut die Vermischung despotischer Ideen der Administration (von der die Freiheit weit mehr als von der Form der Gesetzgebung abhängt) mit der Panacee [Wundermittel - wp] von Volksrepräsentation ohne Basis in der Gesellschaft und ohne Vorschule für die Berufenen: er sieht mit Wehmut auf die Zertrümmerung aller alten Einrichtungen, die nur deswegen unbrauchbar geworden waren, weil man sie so wenig begriff als vor vierzig Jahren die Schönheit unserer alten Kunst, und die Größe unserer alten Zeiten: hätte man sie begriffen, so bedurfte es nur sie zu reinigen und nach ihrem Grundbegriff herzustellen. Es ist eine traurige Notwendigkeit neue Schöpfungen vornehmen zu müssen: das Zeitalter hat sich im Krieg rüstig gezeigt, aber zum Bilden ist es unfruchtbar und träge: und je dringender das Bedürfnis, umso schwerer ist die Abhilfe. Der Name der Freiheit ist vielen lieb geworden, aber wenige denken es sich, daß die Freiheit kein Stand des Genusses, sondern einer Mühseligkeit und Gefahr ist, wovon sie bisher nichts gewußt haben. Erst dann, wenn viele dies erkennen, und dennoch getrost sagen: auch so, und eben deswegen wollen wir dem König danken, der sie uns verleihen will: erst dann, wenn nur nicht wenige einsehen, daß alles theatralische einer Verfassung Nebensache, und der unsichtbare Grund das Wesen ist: - erst dann können wir unseren Nachkommen ihren Genuß verheißen. Inzwischen geht es auch hier nicht die Zeit zurückzuschieben: und über ihre Schwierigkeiten wehklagen, heißt sie verderben. Was zerstört ist, ist zerstört: und das hat eine höhere Gewalt, und die unwiderstehliche Gesamtmacht einer entsetzlichen Zeit getan. Treue, Vaterlandsliebe, Sitten müssen und können das Neue, - wenn es sich auch nicht gleich aus dem Bedürfnis, und ihm entsprechend, gestaltet, - durchdringen und begeistern. Und hier ist es Pflicht, nicht über Gefahren zu seufzen, - sondern zu lehren was wesentlich ist, und was Schein, - die Wohlgesinnten zu unterrichten, - den Toren zeitig entgegen zu arbeiten.

Auf eine vieljährige, zuletzt auf das Äußerste getriebene Unterdrückung der Literatur, folgte in einer Zeit die aller Aufmerksamkeit auf die Politik allein heftete, an einigen Orten, eine unbeschränkte Pressefreiheit. Diese fand eine Zeit ohne Gegenwart, und auf eine höchst bedenkliche Zukunft hingewiesen. Wo die Pressefreiheit sich zwischen bestehenden, geheiligten Einrichtungen bewegt, kann sie verhältnismäßig nur wenig ausschweifen: sie mag es versuchen sie zu untergraben, aber sie muß vor ihnen zurückweichen, wo sie gegen sie anläuft. Wo es anders ist (und war nicht im wiedereroberten Deutschland ganz das Gegenteil?) da schweift sie auf ödem Brachfeld. In jenem Fall ist es wie der Zustand des Wachenden, den die objektive Wahrheit vernünftig erhält; in diesem der des Traums. TACITUS selbst hat empfunden, wie fünfzehnjähriges Schweigen unter der Tyrannei das Gemüt auch dann gelähmt läßt, wenn die Freiheit wiederkehrt. Mißbrauch der Pressefreiheit war nie unfehlbarer zu erwarten als gerade unter jenen Umständen. Dazu kam, daß die Schriften sich mit dem faktischen und nahe liegenden nicht beschäftigten, sondern mit den großen Massen, worüber man am leichtesten ins Geratewohl hinein redet und schreibt.

So sind dann allerdings Beleidigungen, leichtsinnige, erbitternde, unziemliche Angriffe gegen Staaten und Individuen erschienen, die umso gewaltiger auffielen, je länger wir von aller Keckheit und Petulanz [Ausgelassenheit - wp], den Moniteur [Ratgeber - wp] ausgenommen, entwöhnt waren. Denn manches was nun unerhört scheint, wäre vor zwanzig und mehreren Jahren gar nicht ungewöhnlich gewesen. Indessen ist es auch im Hinblick auf die Folgen nicht gleich zu achten, was damals geschah und jetzt geschieht: denn die Gemüter sind jetzt viel gereizter, und wie damals der Friedensstand der gewöhnliche war, aus dem man nicht leicht trat, so ist es jetzt der Kriegsstand geworden.

Mit verschwiegenem Namen seinem Groll genügen, herunterreißen, was man haßt, an den Pranger stellen, wen man seiner Ehre berauben will, das ist ein grundböses Unwesen, welches zur Verwilderung führt. Könnte es nicht geahndet werden, so wäre es gerade als ob der Staat keinen Schutz gegen die Ausübung persönlichen Unwillens anderer gewähren wollte. Aber so wenig er, um diesen zu verhüten, verordnet, daß Leute, die miteinander zu verhandeln haben, sich einer von ihm ernannten Mittelsperson bedienen sollen, welche die gegenseitigen Wort abwägt, mildert, und so allen Verstoß hindert, ebensowenig täte er wohl hier vorzubeugen. Die Pressefreiheit erzeugt eben notwendig Libellgesetze [Verleumdungsgesetze - wp], und wenn diese durch wohlgewählte Schöffengerichte angewandt werden, so werden sehr bald die überlauten Stimmen leise genug werden. Es bedarf in dieser Hinsicht keiner neuen Erfindung: das Forische Libellgesetz, welches hinreichend gewesen ist, sogar den seditiösen [aufrührerischen - wp] Schriften in England ein Ende zu machen, würde in Deutschland, ohne daß über eine Beeinträchtigung der Freiheit geklagt werden könnte, alle Unziemlichkeiten schnell abstellen. Immer aber gälte dabei die altdeutsche Regel: Wo kein Kläger, da ist auch kein Richter, - und die Warnung, daß übertriebene Strafgesetze nicht angewandt werden.

Es mag sein, daß der, dem es darum zu tun wäre, eine politische Sekte aus Schriften und mündlich vernommenen Meinungen darstellen könnte. Deswegen habe ich Anfangs von einem Unterschied einer solchen und einer politischen Verbindung geredet, weil hier der schnöde Mißbrauch getrieben wird. Verabredung, Planmäßigkeit in den Arbeiten der politischen Schriftsteller vorzugeben, ist eine vollkommene Absurdität. Wer weiß es denn auch nicht, wie in unserer Literatur immer eine Manier, und eine Schule, eine Zeitlang geherrscht hat, und von einer anderen verdrängt worden ist? So bestand und verschwand die wolffische Periode, die klopstockische, die der sogenannten Kraftgenies, die pädagogische, die der kantischen Philosophie, die der französischen Revolution, die der romantischen Poesie. Leser und Schriftsteller bestimmen sich gegenseitig, und eine literarische Epidemie ist keine Konspiration.

Wie man aber übrigens unsere Tagesschriften auch beurteilen mag, so sollte man doch zumindest aus ihren unschuldigen Worten keine namenlose Schändlichkeit herausfälschen.

Ob Herr Geheimrat SCHMALZ dies getan hat oder nicht, wird sich ergeben, wenn er über folgendes Rede steht.

Er sagt Seite 13: "diese Menschen" (seine Bündler) "wollen - durch  Mord, Plünderung und Notzucht (letztere gar ganz klar gepredigt)  altdeutsche Redlichkeit und Zucht vermehren."

Mord, wenn man das Erschlagen des Feindes so nennen will, pflegt nun von allen Kriegen unzertrennlich zu sein: und unter Plünderung kann leicht, mit einiger rhetorischer Freiheit, die Wiederforderung desjenigen verstanden werden, was uns geraubt wurde. Aber  Notzucht!  Gibt es etwas, worauf man einen Glaubenseid schwören kann, so ist es, daß niemand so  infam  ist, die gräßlichste aller Handlungen menschlicher Verwilderung, sei es nun  ganz klar  oder  unverblümt,  zu predigen. Ich bin wohl fähig, von den französischen Jakobinern jede Schändlichkeit für möglich zu halten: aber wer mir sagen wollte, MARAT oder HEBERT habe dergleichen gepredigt, dem glaube ich nicht, ehe er den Beweis vorlegt.

Da nun Herr Geheimrat SCHMALZ auch hier den Verbrecher nicht nennt, (als Bündler, nach seinem oben angeführten Kriterium), sondern aus dem Versteck in den hellen Haufen der politischen Schriftsteller hineinschießt, so glaubte ich anfänglich, es sei nichts zu machen, als ihn aufzufordern, die Stelle genau anzuzeigen, welche den größten Schandfleck enthält mit dem unsere Literatur seit ihrem Anbeginn behaftet gewesen ist: womit ich nicht gesagt haben will, ich hätte erwartet, daß er es werde tun können. Indessen ist auch mir  das Gerücht  zu Hilfe gekommen, dem er die Namen derjenigen verdankt, nach denen er seine geheimen Gesellschaften schildert.

Das Gerücht  sagt nämlich: in ARNDTs  Worten von 1814 und 1815  steht dieser ungeheure Greuel im Entwurf einer Proklamation geschrieben: und  eine  Stimme des Gerüchts macht die Sache sogar noch  tückischer. 

Wer ARNDT kennt, dem muß dies ebenso unmöglich vorkommen, als wenn ihm ein Wechsel mit seinem eigenen angeblichen Akzept [Annahmeerklärung - wp] vorgehalten wird, von dem er gewiß ist ihn nie vorher gesehen zu haben. Mit diesem persönlichen Glauben war ich freilich überzeugt, daß ein beispielloses Mißverständnis von irgendeinem der zwischen Wachen und Schlaf lesen gehört hat, durch die zehnte Wiederholung an Herrn SCHMALZ gelangt sein muß, der bei einer so  geringfügigen,  aber doch brauchbaren Sache (er nannte ja niemanden: das weitere blieb einer mündlichen Erklärung vorbehalten, wo man dann gerade nicht die ARNDTs Schrift zur Hand hatte), es auch nicht der Mühe wert geachtet mit eigenen Augen zu sehen.

Das habe ich dann aber nun getan, und die einzige Stelle, welche gemeint sein kann, lautet folgendermaßen: Seite 103. Züchtigt sie im Namen der ewigen Gerechtigkeit und im Namen Gottes: schwingt das furchtbare Schwert der Rache gegen die Verruchten, die Euch mit dem Eisen begegnen: aber  der Waffenlosen schonet und der Weiber und Kinder brauchet christlich und menschlich: denn ihr seid Christen und sollt milde und barmherzig sein. 

Es hieße des gemeinen Menschenverstandes spotten, diese Stelle einer Erklärung bedürftig zu halten: denn wenn gleich der veraltete Ausdruck  sich gebrauchen  anstatt  sich beweisen  hier unpassend angewandt ist, so gibt es doch wohl unter allen Stellen, wo der Sinn den Sinn außer Zweifel setzt, keine unzweideutigere. Wem hier der gemeine Ausdruck  ein Weibsbild gebrauchen  einfällt, und wer deshalb eine Ermahnung, Weiber und Kinder, nicht bloß wie den waffenlosen, vielleicht bald nachher auf Meuchelmord ausgehenden Mann, zu schonen, sondern christlich und menschlich zu behandeln, in eine Ermunterung verwandelt sie zu notzüchtigen (womöglich auch die Kinder!), der mag erbauliche Gedanken haben, wenn er ein frommes Gemüt davon reden hört,  den Leib des Herrn zu genießen. 

Möge es nun Herrn SCHMALZ gefallen zu erklären, ob diese Stelle gemeint ist, oder welche andere? Sein Stillschweigen wird jenes bejahen. Ist dies so, so bedarf ein so redliches Verfahren keiner weiteren Worte. Wehe den armen Gesetzteren die in die Hände dieses Interpreten geraten! (8)

Unter vielen Beispielen erdichteter Verschwörungen, welche Arglist und Torheit der Leichtgläubigkeit eingebildet haben, ist die sogenannte  papistische  unter KARL II. von England besonders gräßlich merkwürdig: wie es dann auch schon die Erwähnung wert ist, daß die ganz erlogene Beschuldigung, daß die Katholiken den großen Brand zu London angezündet hätten, so fest geglaubt wurde, wie die in Stein verewigte Lüge noch heute die strafwürdige Leichtgläubigekeit und ihre Schande im Andenken erhält.

Daß die Katholiken unter der Regierung KARLs II. sich mit der unsinnigen Hoffnung schmeichelten, die Religion in England verändern zu können, und daß die Jesuiten dabei sehr tätig waren, konnte keinem Zeitgenossen zweifelhaft sein: aber wie ein nicht völlig Blödsinniger den aberwitzigen Angaben über jene ganz erdichtete Verschwörung ein Ohr leihen konnte, erscheint uns jetzt so unbegreiflich, daß man alle anscheinend Gläubigen für arglistige Schelme halten müßte, wenn nicht der Charakter sehr vieler unter ihnen ihre Rechtschaffenheit bewähren würde. So wie es ihnen erging, muß es jedem ergehen, der die Glaubwürdigkeit einer Sache nicht nach ihren Umständen richtet, sondern sich den Glauben an die Sache im Allgemeinen in den Kopf setzt, ungeachtet dessen, daß er den Unsinn aller Umstände und die Lügenhaftigkeit der Zeugen einräumen muß. War ein Unglücklicher durch die, in der allgemeinen Verrücktheit befangenen, Geschworenen und Richter zum Tod verurteilt, so galt seine Verurteilung im nächsten Prozeß als Beweis - die handgreiflichen Meineide wurden als vollgültige Zeugnisse zugelassen. Dieser Wahnsinn dauerte drei Jahre lang, bis schließlich, nach der Hinrichtung eines ehrwürdigen und makellosen Greises, des Lord STAFFORD, die Gemüter sich plötzlich in Reue ergingen. Sobald die Besonnenheit wieder erwacht war, erkannte jeder die Lüge und den Meineid, und die verworfenen Angeber wurden, freilich zu spät für ihre Schlachtopfer und die Ehre der Nation, sie wurden aber doch mit den verdienten Züchtigungen gestraft, und ließen ihre Ohren an der Pillory [Pranger - wp].

Wer erinnert sich nicht des jakobinischen Geschreis von einem  Comité Autrichien  in den Tuillerien, unter dem Vorsitz der unglücklichen Königin? Als FOUQUIER TINVILLE hierüber - seiner Lüge wohl bewußt, - Geständnisse von ihr forderte, antwortete sie mit der Würde, die sie während ihrer Verfolgung nie verließ:
    "Man nenne mir Namen, und ich werde direkt antworten."
Mehr begehren dann auch wir nicht von Herrn SCHMALZ!
     La calomnie, Docteur Bartolo, la calomnie! 
    [Eine Verleumdung, Doktor Bartolo, eine Verleumdung! - Barbier von Sevilla]

LITERATUR: Barthold Georg Niebuhr, Über geheime Verbindungen im preußischen Staat und deren Denunziation, Berlin 1815
    Anmerkungen
    1) Vor dem Anfang des Zugs gegen Rußland waren verständigere Franzosen vom Glauben an die Fortdauer und Wichtigkeit des Tugendbundes ziemlich zurückgekommen: sie nannten damals die, welche einen Verzweiflungskrieg gegen sie wünschten, nicht mehr nach diesem Namen, sondern  les amis de Blücher  [Freunde Blüchers - wp] - welches ihrem Takt Ehre macht, und als eine merkwürdige Ahnung gelten kann.
    2) Auch französische Zeitungen haben die Tugend des Herrn Verfassers mit einer Bürgerkrone belohnt.
    3) Selbst der Verfasser jenes bis auf den letzten Buchstaben ohne alle Veranlassung erlogenen Schreibens des Ministers von HUMBOLDT an mich, in den sogenannten  sächsischen Aktenstücken,  glaubt zuverlässig so wenig an den Inhalt seiner Fabrikation, derzufolge der Freiherr von HUMBOLDT und ich die Schriften leiten, welche zunächst gegen die andern deutschen Staaten, nachher aber auch um eine Revolution bei uns hervorzubringen; bestimmt sein sollen - als er an die Echtheit seines eigenen Machwerks glaubt. Es läßt sich ihm keine angemessenere Strafe wünschen, als daß er in einen Gemütszustand gerät, worin er seine angeblichen Dokumente wirklich für echt halten kann. Er hat es zu verantworten, wenn künftig mit  sächsischen Aktenstücken  ein Begriff verbunden werden sollte, der dem von  punischer Treue  analog ist: denn  alle  preußischen Generälen und Staatsdienern zugeschriebenen Aufsätze, sowie die angebliche Antwort des königlich-sächsischen Oberkonsistorialrates, sind, genau wie das Schreiben des Freiherrn von HUMBOLDT, ohne den allergeringsten Grund von Wahrheit ganz und gar erdichtet.
    4) Es versteht sich, daß hier von der Regierung eines legitimen Fürsten die Rede ist. Die eines Usurpators, wie JEROME, oder BONAPARTE selbst, hatte zwar auch das formelle Recht Verschwörungen und ihre Hehler zu strafen: aber die erste Pflicht des Unterjochten (nicht Untertanen) war, ihr den Hals zu brechen, auf die Gefahr, den eigenen in höchster Form Rechtens zu verlieren. Hier war nur Klugheit Pflicht, sich und andere nicht nutzlos unglücklich zu machen und keine Kräfte zu vergeuden.
    5) Als in einem anderen deutschen land eine geheime politische, gegen uns gerichtete Verbindung, wirklich entstand, dauerte es nur ganz kurze Zeit, ehe die Tatsache, mit allen wirklichen Umständen, außer Zweifel war.
    6) Die unbefugten Antworten Schlechtunterrichteter, welche neue Unwahrheiten stiften, oder schon verbreitete zu bestätigen scheinen, gehören zu den geborenen Nachteilen welche eine Schrift wie die SCHMALZische begleiten. Während des Abdrucks kommt mir ein solcher Artikel der Allgemeinen Zeitung zur Ansicht, worin das Gute gepriesen wird, welches vom Tugendbund ausgegangen ist! namentlich die Städteordnung ihm zugeschrieben wird!! Dies ist ebenso vollkommen sinnlos, wie die Angabe ebendaselbst unwahr, daß der Freiherr von STEIN ihn gestiftet haben soll. Es ist vielmehr unzweifelhaft gewiß, daß dieser das leere Unternehmen ganz nach Verdienst beurteilte und die Torheit mit Unwillen sah. Dies konnte Geheimrat SCHMALZ durch General SCHARNHORST wissen und wenn er es wußte, so mußte er die hierauf sich beziehende Angabe der von ihm gerügten  Venturinischen Diatribe  nicht hingehen lassen, ohne sie Lügen zu strafen.
    7) Verhöhnen und verspotten, verachten und verlachen - schrieb KARL LEOPOLD 1683
    8) Zum historischen Wichtigen in dieser Schrift gehört auch die Notiz, daß der Verfasser als eigentlicher Stifter der Universität Berlin zu betrachten ist. Er erscheint völlig als ihr  Thomasius,  und meldet, wie er während sechs Semestern vor ihrer Eröffnung Vorlesungen gehalten und zuletzt bereits 22 Studierende um sich gesammelt hatte: ja sogar habe er "die ersten Einrichtungen besorgt." Hier wußten wir bisher nur, daß er der erste Rektor gewesen ist und, weben wie andere Professoren, aber auch nicht anders, zu den Konferenzen des Departements des öffentlichen Unterrichts hinzugezogen wurde - und standen in dem Wahn, es sei der Freiherr von HUMBOLDT, und, nach seiner Abreise, das genannte Departement geesen, welche "die Universität eingerichtet" hat. Auch glauben wir uns zu erinnern, daß zu gleicher Zeit mit Herrn SCHMALZ auch andere der nachmaligen Professoren, namentlich FICHTE und SCHLEIERMACHER, vor der Eröffnung der Universtität Vorlesungen hielten, die  nicht ganz unbesucht  waren.