ra-2 FreimaurerBuonarottivon SchmalzB. G. Niebuhrvon Schmalz    
 
FRIEDRICH SCHLEIERMACHER
An den Herrn Geheimrat Schmalz

"Ich bin sehr weit davon entfernt, zu glauben, daß unsere höhere Polizei aus Besorgnissen vor Aufruhr eingesetzt wird. Es ist allemal eine Schwäche einer Regierung, wenn sie Aufruhr fürchtet und glaubt, auf die leisen Spuren desselben aufpassen zu müssen. Diese Schwäche kann die Folge sein von bösem Gewissen, das hat Gott sei Dank unsere Regierung nicht. Sie kann aber auch nach anderen großen Krankheiten oder Unglücksfällen des Staates zurückgeblieben sein. Aber auch das ist nicht denkbar bei uns, deren äußere Unfälle alle geheilt sind durch die herrliche innere Kraft der Natur, durch das Vertrauen, wovon in jedem kritischen Zeitpunkt am meisten König und Volk gegeneinander erfüllt waren. Also unsere höhere Polizei ist dazu gewiß nicht eingerichtet, sie ist als Vormünderin für die Treuherzigkeit des Volkes eingesetzt nur fremdes Spionenwesen und überhaupt ausländischen Einfluß zu bewachen; aber müßte sie nicht dennoch jede Spur von Aufruhr merken, wenn welche da wären? Ist Ihnen gar nicht eingefallen, zu fragen, ob wohl unser Polizeiminister um Ihre Bündeleien weiß? kann es diesem gefallen, daß Sie Sich öffentlich eine Entdeckung anmaßen, die eigentlich ihm gebührt? oder kann es ihm einerlei sein, ob seine Maßregeln gestört werden durch ein lautes Geschrei, das höchstens nur zweckmäßig sein könnte in einem Staat, wo eine solche Anstalt ganz fehlt oder wie sie mit den Feinden der inneren Ruhe in einem sträflichen Bund stände."

Freilich ist es unangenehm von sich selbst öffentlich reden zu müssen, das fühle ich auch, denn auch die Veranlassung dieses Schreibens ist in mancherlei Hinsicht eine persönliche. Doch da fast jeder Schriftsteller dies mehr oder weniger zu tun pflegt in Vorreden: so will ich mich nicht sonderlich darüber grämen; zumal ich auch verhältnismäßig kürzer abzukommen hoffe als Sie, der Sie fast zehn Seiten Ihrer sechzehn Seiten langen Schrift von Sich selbst haben reden müssen, Sie Armer! Wogegen Sie freilich auch die Kunst verstanden haben, auf sechs Seiten das Herz und den Verstand wenn nicht Ihrer Leser überhaupt so doch einiger Rezensenten in Bezug auf das ganze Bundeswesen und auf die Gefahren unserer Fürsten und unseres Vaterlandes mit lakonischer Kunst zu befriedigen. Ich werde mehr Raum und Zeit aufwenden müssen, um Ihnen zu zeigen, daß und warum Sie mich nicht befriedigt haben. Doch zur Sache.

Als ihre Schrift erschien über politische Vereine, wurde mir, der ich leider wenig lese, von so vielen Seiten zugesetzt, ich müsse sie auch lesen, bis ich es endlich tat. Lassen Sie mich es Ihnen gestehen, die Sache ließ mich ziemlich gleichgültig. Ich sagte mir, was für ein wunderbares Gelüst muß doch der gute SCHMALZ gehabt haben, alle Geschichten von sich zu erzählen, daß er sich nun noch gegen jene Chronik verteidigt! BREDOW ist tot, VENTURINI allein ist wohl weniger bedeutend, der ganze Band der Chronik ist gewiß schon ins Bücherbrett gestellt, und von den Wenigen, die ihn nicht vergessen haben, behaupten noch Einige diese, überhaupt nicht feindselig gemeinte, Stelle sei durchgestrichen und Sie durch einen nachgesendeten Karton völlig gerechtfertigt. Ich konnte mir freilich denken, es ist schon etwas, dessen sich ein Mann gern rühmen mag, wenn er, wie Sie, am 10. August noch keinen Gedanken hat an eine neue Universität - denn Sie wollten die Hallische mit Mann und Maus hierher versetzen - und er gibt sich nur dann mit zwei Kollegen, die in demselben Fall sind, (denn nur der Großkanzler BEYME hatte den Gedanken eher) noch dazu an einem alten geliebten Ort, wo Sie Sich gewiß nicht immer eingeschlossen haben am Schreibtisch, den Plan zu besprechen, zu entwerfen und nach wiederholten Beratungen zu redigieren, und ist Anfang October schon wieder in Halle zurück. Aber so schön und ruhmwürdig es auch ist, wie kommt es hierher zu den politischen Vereinen? Und überhaupt begriff ich nicht, warum das soviel Worte machen über den unbedeutenden Vorwurf, Sie wären aus Halle entwichen und hätten in Berlin privatisiert. Mehrere Seiten in dieser dem Besten des Vaterlandes gewidmeten und, wie das Gerücht sagt, vielen Fürsten zugesendeten Schrift, mit solcher noch dazu durch Verspätung abschmeckend gewordenen Kleinigkeit angefüllt, das spannte mich auf eine befremdende Weise. Von mir könnte man mit größeren Recht sagen, ich sei aus Halle entwichen, weil ich meine Ämter nie anders niedergelegt habe, als durch eine Erklärung in den Hamburger Zeitungen. Wahrlich, ich würde mir nichts daraus machen; denn jedermann weiß, wie es war, und wer jene Regierung nicht anerkennen wollte, der brauchte auch nicht seinen Abschied zu nehmen. Und Bester, daß  Sie hier  in Berlin privatisiert haben, können Sie doch nicht leugnen! Es ist nicht das allerwünschenswürdigste, ein privatisierender Gelehrter zu sein; aber wir beide müssen es doch nun einmal gewesen sein. Auch ich wurde im November 1807 offziell befragt, ob ich der hier zu stiftenden Universität beitreten wollte, ging bald darauf hierher, hielt Vorlesungen und wurde durch ein Wartegeld unterstützt, was sich als reine Güte der Regierung anerkannte. Aber ich wüßte nicht, wie ich mich anders ausdrücken sollte, als daß ich während dieser Zeit privatisiert habe. Wollte ich sagen, ich wäre schon damal an der Universität angestellt gewesen, die noch nicht existierte, so müßte ich eigentlich behaupten, die ganze übrige Universität sei hernach bei mir angestellt worden. - Wie mich das alles aber auch nahm, näher betrachtet fand ich die ganze Zusammenstellung künstlich genug. Sie wollten, warum, weiß ich noch nicht, über die politischen Vereine Lärm schlagen und wußten nicht mehr als einige Seiten zusammenzubringen. Das war zu wenig für eine Schrift, also füllten Sie den nötigen Raum mit alten Geschichten! Dadurch gewannen Sie einen zweifachen Vorteil. Diejenigen, die an der Deklamation über die politischen Vereine ein großes Interesse fanden, vergaßen bald die alten Geschichten, und wenn sie auf die Seitenzahl sahen, meinten sie, sie hätten doch einen Bogen voll Anklagen oder erwiesener Beschuldigungen gelesen. Wir wissen es ja, wie die meisten Leser lesen. Gab es aber gutmütige Seelen, die sich an diesem Hauptteil nicht erquicken konnten, denen war es sehr nahe gelegt, dies nur für eine gelegentliche Ergießung zu halten, und die Verteidigung gegen eine verrostete Anklage für die Hauptsache. Zu diesen letzten gehörte auch ich lange genug und begriff nicht, warum viele Leute soviel von diesem Bogen sprachen. Ja auch jetzt noch bin ich überzeugt, daß außer der ausländischen Zierde Ihrer Person und einem bunteren Schriftwechsel, der einige Wochen der lesenden Welt die Zeit vertreibt und die Wirkung auf die Gemütsstimmung, die sonst hätte entstehen können, wieder aufhebt, nichts daraus hervorgehen wird.

Wie ich nun dies bei mir festgestellt hatte, fing ich an mir Ihre Schrift auf das schriftstellerische Verdienst anzusehen, und da nun das Aussehen immer wächst, und der Erfolg immer glänzender wird, so eile ich, Ihnen meine in dieser Hinsicht gemachten Bemerkungen mitzuteilen, zum Zweck der nächsten Auflage nach Empfang derselben; und wenn ich diese Blätter zugleich auch unserem gemeinschaftlichen Freund, dem Publikum, sende, so geschieht es, damit ich mich ausweisen kann, daß ich für meinen Teil nichts versäumt habe, um Ihre gekrönte Preisschrift der Vollkommenheit noch näher zu bringen. Und nun erlauben Sie mir, ohne weiteres mit dem Tadel anzufangen, damit der bessere Geschmack des Lobes der letzte bleibt.

Sie wissen vielleicht nicht, daß ich bisweilen Vorlesungen halte über die allgemeinen Grundsätze der Auslegungskunst. Diese Kunst aber hängt in ihrer Anwendung nur gar zu sehr von der Art ab, wie die Kunst zu reden und zu schreiben ausgeübt wird. Daher bin ich sehr darauf aus, zu zeigen, wie bei guten Schriftstellern auch das schwierige sich mit Sicherheit löst, die Fehler der schlechten aber die Auslegung erschweren, und wie man deshalb bei Zeiten darauf bedacht sein muß, Hilfsmittel und Ergänzungen von allen Seiten zusammenzusuchen. Lassen Sie sich nun gefallen zu hören, was ich in dieser Hinsicht in Ihrer Schrift gefunden habe.

Bei Kleinigkeiten, den unrichtigen Gebrauch einzelner Wörter betreffend, will ich mich nicht aufhalten. Das Beste hat mir ohnehin schon NIEBUHR vorweggenommen, das von der Begeisterung. Sie werden ihm freilich einwenden, Sie hätten hier ironisch gesprochen, und hielten natürlich die geizigen despotischen steifen Pedanten, die Sie Seite 12 und 14 schildern, nicht für wirklich begeistert, sondern die hätten sich nur begeistert angestellt, eigentlich aber andere Bewegungsgründe gehabt. Wobei hatten doch jene Leute etwas zu befehlen, um alle die genannten Eigenschaften entwickeln zu können? Man sollte aus den angeführten Zügen schließen, bei der Landwehr und beim Landsturm! Nun Zeit genug hat ihnen das gekostet, und zu verdienen war nichts dabei, weder Geld noch Ehre noch Orden, und vermeiden konnte leicht jeder, etwas mit der Sache zu tun zu haben, der irgendwie in der Gesellschaft so stand, daß man ihm etwas müßte zu befehlen geben. Man findet also hier nicht leicht versteckte Beweggründe und Absichten heraus; und wenn Sie nun einen Gegensatz annehmen zwischen Begeisterung und Pflichtgefühl, eines von den beiden muß es doch fast gewesen sein bei diesen Leuten! doch diese entgehen nun ihrem Schicksal nicht. Aber ich wollte nur, Sie hätten etwas deutlicher ausgesprochen, wie Sie die wahre Begeisterung - denn an diese müssen Sie doch glauben, außer Sie würden überhaupt an nichts mehr glauben - wie Sie doch diese unterscheiden von der falschen, zuerst damit wir wüßten, wie wir uns in rechter Ehrfurcht verhalten sollen gegen Ihre unbegeisternden Männer, Seite 15, "die es am Ende ausgerichtet haben." Wie leutselig müssen diese gewesen sein gegen den gemeinen Mann und wie streng gegen die Vornehmen! wie großartig in ihren Ansichten und Anordnungen! wieviel müssen sie getan haben, ohne zu tun als täten sie etwas! wenn doch auch das zur falschen Begeisterung gehört, daß man bei jeder Kleinigkeit, jedem patriotischen Scherflein tut, als täte man etwas besonderes! - Nächstdem aber ist auch sehr wichtig zu wissen, ob es Ihrer Meinung nach eine wahre lobenswerte Begeisterung gibt, um Sie in der Abfassung Ihrer Schrift recht zu verstehen. Ob es eine Begeisterung für das Gute gibt, und ob diese das Höchste bleibt, dessen der Mensch fähig ist, oder ob sie doch zu unruhig ist? ob sie einerlei ist mit dem ruhigen kräftigen Pflichtgefühl oder doch noch verschieden davon? Doch dies könnte uns in tiefsinnige Untersuchungen verwickeln, für welche die Anwendung, die ich machen will, zu geringfügig ist. Es ist nämlich ganz einfach nur diese. Die Hauptsache in Ihrer Schrift ist doch, darüber sind nun alle Stimmen einig, jene schöne Tirade gegen die politischen Vereine, welche Seite 11 beginnt. Wenn Ihnen nun die ganze Sache gewiß nicht aus müßiger Vielgeschäftigkeit hergenommen ist, noch aus prunkender Eitelkeit, sondern aus einem guten Motiv, was ist nun dieses Pathos, diese Beredtsamkeit?t sie Begeisterung oder Pflichtgefühl? Wir andern möchten es nicht gern als Begeisterung gelten lassen, denn es scheint uns eher steif, pedantisch und tuend als täte es etwas besonderes. Und Sie werden es doch schwerlich keinem für ruhiges und kräftiges Pflichtgefühl losschlagen, denn ruhig ist diese Empfindlichkeit nicht, und wäre die Tirade recht kräftig, so hätte sie nicht etwas verlegen und verwirrt die zehn Seiten voll Geschichten, die größtenteils nicht zur Sache gehören, mitgehen heißen, als ob sie imt denen zusammen mehr ausrichten würde! Sagen Sie, haben Sie nicht mit Ihrer etwas übel zusammenhängenden Rede von der Begeisterung und dem Pflichtgefühl es dem Leser sehr leicht gemacht, daß er, bedenkend, ruhig und kräftig sei das Gefühl für die Bürgerpflicht auch nicht immer, womit man zum Löschen eilt, sich den pathetischen beredten Kern Ihrer ganzen Schrift aus diesem Ihrem höchsten Symbol aller wahrhaft sittlichen Anstrengungen so erklärt, daß er, bei Ihrem eigenen Beispiel bleibend, wenn man von dieser Beredtsamkeit redet und ihn frage, was ist sie doch? dann antwortet: Wasser ist sie, was Herr SCHMALZ in die Luft spritzt, aber nur beim blinden Feuerlärm, wie ihn die Polizei anstellt, um die Spritzen und die Spritzenleute zu versuchen, und wo man lacht, wenn ein Vorübergehender scherzweise naß wird. Ein solches Spritzen ist auch Bürgerpflicht, wenn einer dazu kommandiert wird.

Soll ich bei einem noch einzelnen Wort einen Augenblick verweilen: so ist mir die Rarität aufgefallen, mit der Sie von Ihrer Ernennung zum Direktor des Tugenbundes für die Mark reden, als ob das eine wichtige Bedienung wäre, wozu eine hohe Behörde Sie befördert hätte. Denn von solchen Winkelsachen pflegt man sonst das Wort  Ernennung  und überhaupt diese genaue breite Förmlichkeit nicht zu gebrauchen. Oder, fragt man sich, das ist wohl Freimaurersprache? und der Maurer, für den der Orden die höchste Idee ist, kann auch dem sonst verachteten Tugendbund (verachtet schon deswegen, weil er sich ehrlich hat auflösen lassen!) weil er doch eben als geheime Gesellschaft ein Stiefbruder des Ordens ist, den Respekt nicht versagen, den diese Familien-Uniform von Titeln einflößt!

Dies bringt mich nun auf einen wichtigeren und allgemeineren Fehler, den Sie begangen haben. Ein ordentlicher Leser nämlich bringt zur Lesung alles mit und behält es immer vor Augen, was er anderwärts her schon vom Verfasser wissen kann; dann aber muß er auch hübsch darauf achten, was für Züge sich ihm aus der Schrift selbst offenbaren, damit beides zusammengeht, und mit dem Verständnis der Schrift zugleich ein möglichst lebendiges Bild des im Schreiben begriffenen Mannes sich gestalte, wodurch allein das Lesen anschaulich wird und der Mühe lohnt. In beider Hinsicht nun finde ich, daß Sie Ihrem Leser große Blößen gegeben haben. Sie sind nämlich ein eifriger Freimaurer. Ich plaudere das nicht aus, denn Sie selbst haben keinen Hehl daraus gemacht, daß anderwärts zwar vielleicht einem bei Ihrem Namen zuerst einfällt, Herr SCHMALZ ist ein Naturrechtslehrer, ein Jurist, ein Kameralist, da aber, wo sie leben, jedem vor allen diesen Verdiensten zuerst dieses einfällt, Herr SCHMALZ ist ein Freimaurer - ob ein begeisterter oder ein ruhiger, aber desto kräfterer, das freilich liegt schon über die Kenntnis des Profanen hinaus. Da nun ihre Schrift doch auch und vielleicht vorzüglich für Berlin berechnet ist, denn von hier aus muß doch gelöscht werden, was hier und in Koblenz und Köln brennen soll - so ist auch dieses fast die erste und gewisseste Kenntnis, die Ihr Leser von Ihnen mitbringt. Und sehen Sie nur, mir ist bange, der hochwürdige Orden wird es Ihnen schlecht danken, daß Sie Veranlassung geben, das auf ihn anzuwenden, was Sie von den Bünden sagen. Und dessen können doch wir durchaus profane Leser, die wir zu keiner geheimen Gesellschaft gehören, uns Ihnen gegenüber unmöglich enthalten. Denn wenn wir von geheimen Geselschaften reden hören, inwiefern sie etwas anrüchig sind, und man nicht wissen kann, was sicher immer gerade dahintersteckt, und man Ursache hat zu glauben, die großmütigen und edlen auch unter den besseren Köpfen gingen darin etwas eng geschnürt: so ist uns der hochwürdige Freimaurerorden von allen Observanzen auch eine solche: und weder seine Geschichte erhebt ihn darüber, noch geben Sie für die Vereine, von denen Sie dieses sagen, besondere Kennzeichen an, die den Freimaurerorden nicht träfen. Ei, ei, das haben Sie schlecht bedacht! Stellen Sie uns das hübsch in der nächsten Auflage so - und wenn Sie auch ein paar Seiten mehr schreiben müßten, aber stellen Sie es uns so, daß die Glorie Ihres verehrten Ordnes und Ihre eigene nicht darunter leidet. Denn warum nötigen Sie doch den Leser fast sich zu wundern, nicht eben wie Sie als rechtlicher und verständiger Mann jene Verbindung haben eingehen können - das ist er einmal gewohnt, und denkt, es steckt manchmal so ein Freimaurerschnupfen in der Luft, der den einen anfällt und den andern verschont; aber darüber muß er sich wundern, daß sie als ein eifriger Maurer und besonnener Mann eine so naive Beichte ablegen konnten, in geheimen Gesellschaften würden gar leicht die Großen und Besseren von den Schlechten und Kleineren geleitet und die Starken wären in den Händen der Schwachen. Also darum erfolgt immer so wenig daraus, wenn ein großer Mann ein Maurer wird! Aber warum nötigen Sie fast den guten Leser zu fragen, wie steht es nun mit unserem Freund, dem Verfasser? und was sollen wir zu seiner Ehre glauben? daß er ein großer und guter ist, der geleitet wird leider, oder ein kleiner und geringer, der dafür aber leitet? daß er also die Pläne anderer modifiziert oder daß seine modifiziert werden? Und wenn Sie hernach gar davon reden, was für Schriften von den Bünden ausgehen, und was für ein Betragen die Bündler beobachten gegen Gelehrte und Staatsmänner: so ist das freilich eine Stelle, die Sie auf jeden Fall noch einmal bearbeiten müssen; Sie müssen den zu großen Fleiß und den gereizten Ton etwas verschmelzen, denn dies erregt einen Verdacht, den Sie gewiß nicht erregen wollen, als ob Sie selbst oder ein Paar gute Freunde wären mit Achselzucken und Lächeln behandelt worden, und dieser falsche Verdacht schadet doch notwendig dem Glauben an die reine Wahrheit ihrer Tirade. Jetzt aber meine ich vorzüglich nur dieses: wenn nun der Leser bedenkt, diese Schriften sind doch geschrieben und dieses Lächeln ist doch gelächelt worden von einzelnen Personen, und er sagt woher weiß den nur Herr SCHMALZ, daß die Schriften ausgegangen sind vom Bund, und daß das Lächeln die Personen als Bündler charakterisiert? Wenn er nun auf die eine Vermutung kommt, daß Sie bestimmte Nachrichten darüber haben, das Schreiben und das Lächeln sei im Bund beschlossen gewesen: so wird er sehr zudringlich werden. Neigt er sich aber auf die andere Seite, und glaubt, Sie haben das nur geschlossen: so wird er fragen, woraus? Wissen Sie etwa, wird er fragen, daß wer geschrieben hat, gerade der vom Bund ernannte Bruder  Schreiber,  und wer gelächelt hat, gerade der vom Bund ernannte Bruder  Lächler  gewesen? Oder können Sie nachweisen, wird er fragen, daß dieses Lächeln und dieses Achselzucken mit den Zwecken des Bundes zusammenhängt, sei es nun mit den Konstitutionsentwürfen, oder mit der gemeinschaftlich verspürten und gepflegten Lust zu einer guten Versorgung, welche Sie Seite 12 und 15 dem Bund zuschreiben? Sie werden dann aber gestehen müssen, daß bis jetzt, Gott sei Dank, die stumme, mimische Verleumdung noch nicht hinreicht, sich zu Ämtern und Ehren zu verhelfen oder anderen heraus. Also wird er Sie doch zuletzt in dem Loch fangen, Sie hätten es dem Bund zugeschrieben, weil die Bündler es getan hatten. Und dann wird er Sie fragen: wie nun? sollen wir auch dem hochwürdigen Orden alles zuschreiben? und zur Zugabe alle Großtaten der Freimaurer aus BONAPARTEs Familie? Gewiß, Sie werden nicht glauben, und unser Freund, das Publikum, auch nicht, daß ich diese Folgerung mache. Denn ich habe gewiß auch viele Freunde und Bekannte, die Freimaurer sind, wiewohl ich lieber wollte, sie wären es nicht. Aber Sie haben die Folgerung gemacht, und da ich der Verfahrensart in Ihrer Schrift gern recht viel Menschen aufsässig machen möchte, so mögen nun Ihre Brüdern, die Freimaurer, die ersten gewesen sein, und mögen es Ihnen mit mir vorwerfen, daß Sie nicht besser in Gedanken gehabt, jedermann weiß, daß sie ein Freimaurer sind und daher auch an die Maurerei denken wird bei Ihren Worten.

Dies sind also die schlimmen Gedanken, die Sie dem Leser erregen durch das, was er notwendig zu Ihrer Schrift hinzubringt; was für Züge von Ihnen er sich aber aus Ihrer Schrift sammelt, das geht mir noch härter an, Ihnen zu sagen. Wir sehen nämlich zuerst selbst Sie erstaunlich viele schlechte Leute kennen, solche, die Sie dafür halten, und solche, die es wirklich sind, und daß Sie von deren Verhältnissen und deren geheimen Treiben genau Bescheid wissen. Erst kennen Sie die Tugendbündler, die halten Sie für nicht sonderliche Leute, weil sie sich in dieser jämmerlichen Verfassung gefallen; dann kennen Sie jene andere Gesellschaft von Offizieren, Seite 6 und 7, die sich zanken und törichte Streiche machen, und denen Sie, Guter, Zank und Unvorsichtigkeit wieder in Ordnung bringen müssen, und denen noch dazu gar nicht zu trauen ist, ob sie nicht auch gegen den Willen des Königs handeln wollen. Die späteren Bündler, von denen sie so viel sagen und noch mehr andeuten, kennen Sie doch auch, das müssen wir zumindest hoffen, und die sind nun gar verrufen und schlecht, entweder Hochverräter oder Amtsschleicher. Aber die allerschlimmsten unter den schlimmen sind jene übelwollenden Staatsmänner, Seite 8, die Sie auch kennen, welche, absichtlich offenbar, Mißverständnisse königlicher Verordnungen nähren. Und leider für diesen schlechtesten Teil der schlechten Gesellschaft scheinen Sie eher noch einige Vorliebe zu haben. Wenn es Leute gibt, die sich auf irgendeine Weise vereinigen, um sich für Maßregeln zu interessieren, welche der König noch nicht genommen hat, und von denen man also zumindest glauben kann, sie wären jetzt noch nicht in des Königs Willen: so kann das freilich unter gewissen Umständen schlimm sein, und die Leute gefährlich. Aber königliche Verfügungen, welche wirklich schon ergangen sind, und welche also die angesehenen Staatsdiener des Königs in seinem Geist und Sinn sollen ausführen helfen, oder ihre Entlassung suchen, wenn sie jenes mit gutem Gewissen nicht können, diese zu mißdeuten oder Mißdeutungen derselben zu nähren, die noch dazu von der Art sind, daß sehr leicht aufrührerische Bewegungen daraus entstehen können, wie Sie dann solche ausdrücklich anführen, das ist für Staatsdiener, je angesehener desto schlimmer, ein Staatsverbrechen, und ein Vergehen viel ärger als alles, was Sie den Bünden nachsagen, insofern Sie diesen nicht etwa den offenbaren Aufruhr Schuld geben. Damals, als der Feind noch im Lande war, konnte man vielleicht gegen diese Leute nicht anders wirken als durch Schreiben, und das war Ihre gute Absicht. Aber sobald der König zurückkam, mußten Sie gegen diese übelwollenden auftreten und sie anklagen. Und sollten diese Leute noch jetzt etwa angesehene Staatsdiener sein: so wird die Anklage doppelt Ihre Pflicht zu einer Zeit, wo, wie wir hören, neue Einrichtungen und Verfassungen von manchen Seiten bevorstehen, die nicht immer, wie wir sehen, so schnell können ausgeführt werden, als man aus mancherlei Gründen eilen muß, sie bekannt zu machen, wo daher diese gefährlichen Menschen ihr böses Spiel zum größten Nachteil des gemeinen Wesens vielfältig treiben können. Gewiß, mein Lieber, wenn Sie uns hierüber nicht vollständig beruhigen, daß diese Leute im Staatsdienst oder sonst in gesellschaftlichem Einfluß gar nicht mehr vorhanden sind, weder einzeln noch in einem geheimen Treiben zusammenhaltend, denn solche halten gewiß zusammen, weil sie ein gemeinsames Interesse haben, oder wenn Sie im entgegengesetzten Fall sie nicht angeben: so dürfen wir nicht glauben, daß ihre Vaterlandsliebe das rechte, ruhige und kräftige Pflichtgefühl ist, sondern wir müssen es für die schlechte Begeisterung halten, welche tut, als tue sie etwas Besonderes, und dann doch das rechte Scherflein, das sie darbringen sollte, zurückbehält! Und so begreife ich auch Ihre Rezensenten gar nicht, die den Mund voll nehmen von Ihren wichtigen Entdeckungen, dieser allerwichtigsten aber mit keiner Silbe erwähnen! die dies Gesetze aufrufen gegen Ihre Bündler, von denen Sie doch noch nicht nachgewiesen haben, daß sie etwas schlechtes getan hätten, sondern nur angedeutet, was sie etwa tun wollten oder könnten, nicht aber die Gesetze aufrufen gegen diese, die schon wirklich schändliche Verbrecher sind. Aber das scheint jetzt Gebrauch zu werden: man ficht mit erschrecklichem Aufheben gegen Phantome, und bei den wirklichen klar ausgesprochenen Übeln geht man vorbei. Der ehrliche  Don Quichotte  ist zu gut, um hiermit verglichen zu werden. Er ficht freilich auch gegen Windmühlen, in der Meinung, es seien Riesen: aber obgleich solche Irrtümer selten ohne alle Unredlichkeit sind, wie sich die dann bei ihm auch nachweisen läßt: so ist doch alles zu wetten, hätte sich neben der Windmühle ein wirklicher Riese sehen lassen, so würden der tapferen Seele die Augen aufgegangen sein, er hätte dann gewiß die Windmühle als das erkannt, was sie ist, und seine leider gar gebrechliche Lanze dennoch eingelegt gegen den wirklichen Riesen.

Wie wir nun aus dieser eingemischten Notiz soviel abnehmen müssen, daß Ihr patriotischer Eifer nicht gegen das am stärksten ausbricht, was ihn am tiefsten aufregen sollte, und daß Sie also hier bei Ihrem viel stärkeren Ausfall gegen die viel weniger sträflichen Bündler noch ein anderer Antrieb angespornt haben muß, oder daß ein anderer Sie zurückgehalten hat: so fehlt auch in dieser Schrift Ihrem Eifer für das gemeine Wohl offenbar der rechte Grund, nämlich Ehrfurcht und Vertrauen gegen die Regierung. Denn höchst bedenklich sind Ihre Besorgnisse darüber, daß Ihre Bündler, Seite 11, Zwecke im Innern ohne den Willen des Königs durchsetzen wollen, wovon ich doch wohl wissen möchte, wie sie es anfangen sollten, oder wie Sie Sich hernach, Seite 15 bestimmter ausdrücken, Konstitutionen gegen den Willen der Fürsten. Lassen Sie uns einmal diese Ausdrücke etwas näher betrachten, ob sie nicht, auf den preußischen Staat angewendet - und diese Anwendung können Sie nicht ableugnen, da in der ersten Stelle zumindest ausdrücklich vom Willen des Königs und so von hiesigen Vereinen die Rede ist - ob sie nicht die gröbste Beleidigung gegen den König und seine obersten Räte enthalten! Der König hat mehr als einmal das Wort aussprechen lassen, er wolle seinen gesamten Staaten eine angemessene Verfassung geben. Wollen Sie nun etwa sinuieren, dies sei niemals des Königs Wille gewesen, sondern solche Worte seien ihm gegen seinen Willen durch Überredung abgerungen worden von den Bündlern? Und der Fürst Staatskanzler, und mit wem sonst von seinen höchsten Staatsbeamten der König dies beraten hat, sind die selbst auch Bündler? oder sind eben sie von den Bündlern gefangen und überlistet, und Sie, mein Teurer, hätten nur eher den Mund öffnen sollen, um diese Schmach abzwenden? Sie fühlen, wie beleidigen beide Voraussetzungen sind. Aber so meinen Sie es vielleicht nicht, sondern so. Jene Worte sind allerdings der Wille des Königs gewesen, aber die Bündler wollten nun  einen  bestimmten Konstitutionsentwurf durchsetzen ohne oder gegen den Willen des Königs. Überlegen Sie doch! die politischen Deutschheitsschreier, die Lächler, die Achselzucker, die steifen despotischen Pedanten, die Menschen, die keinen dauernden Zustand wollen, sondern nur die neue Umwälzung, ja die im Grunde nur jeder sich selbst wollen, die sollen je zahlreicher, desto einiger und desto gefährlicher einig sein über ein und denselben Konstitutionsentwurf? Würden Sie das wohl einem anderen glauben, und Sie wollen damit der Regierung und dem Volk bange machen? Aber woher wissen Sie denn nun, daß dieser Konstitutionsentwurf der Bündler dem Willen des Königs entgegen ist? Hat der König schon einen Entwurf bei sich festgestellt, und die Kommission, welche über die Prinzipien beraten soll, ist nur zum Schein? Und wenn Sie nun diesen Plan kennen, woher kennen Sie denn den der Bündler? Sind Sie auch hier zu Rate gezogen worden? Und wenn Sie ihn kennen, warum denn statt all dieses unbestimmten Geschreis zeigen Sie nicht recht gründlich seine Schlechtigkeit und machen so Sie allein die ganze Clique zuschanden? Oder werden nicht auch andere Männer diese Weisheit haben, das Schlechte für schlecht zu erkennen, sobald es ihnen wirklich vor Augen kommt, und vorzüglich auch die Räte des Königs? Ist es also nicht beleidigend für diese, daß Sie einen solchen Lärm vor der Zeit machen von dieser Gefahr, wenn Sie nämlich glauben, die Bündler wollen ihren Plan einschwärzen durch Überredung und Intrigen? Meinen Sie nicht, die Häupter der Staatsverwaltung müssen Ihnen böse werden darüber? Wahrlich sie müssen wohl umso mehr, da Sie nun nicht mehr lächeln und mit den Achseln zucken dürfen! Ich für meinen Teil glaube viel ehrerbietiger zu sein, wenn ich ganz ruhig bin, in der Überzeugung, diese Waidmänner werden den Fuchs schon bergen, wenn er herauskommt aus dem Loch. Und auch Sie, können Sie doch hernach noch genung und viel wirksamer tun, um die Wahrheit ans Licht zu bringen, als jetzt! Aber das ist vielleicht alles nichts, und Sie werden mich fragen, ob Sie Sich denn nicht deutlich genug hätten merken lassen, daß hier von Überredung und Intrige nicht die Rede ist, sondern von blankem, baren Aufruhr, der geschmiedet wird? Nun, so recht deutlich steht es in Ihrer Schrift nicht, und ich hätte auch nicht geglaubt, daß dieser alberne, sinnlose Wahn, der sich in Deutschland andernwärts finden soll, wo die Leute, wenn einer ehrlicher Preuße eingewandert kommt, neugierig fragen, ob denn die Revolution nicht bald ausbrechen wird, ich hätte nicht geglaubt, daß dieser hier bei uns vor- oder nachgesprochen würde. Aber Sie werden wohl zuletzt dies angeben müssen als den Sinn Ihrer Worte, denn ich sehe nicht, was Sie für einen vierten hineinerklären könnten. Also vor dem bevorstehenden Aufruhr hätten Sie warnen müssen, und das wird doch keine Beleidigung sein gegen die Regierung? Ich muß doch antworten: ja und das eine recht arge. Ich bin sehr weit davon entfernt, zu glauben, daß unsere höhere Polizei aus Besorgnissen vor Aufruhr eingesetzt wird. Es ist allemal eine Schwäche einer Regierung, wenn sie Aufruhr fürchtet und glaubt, auf die leisen Spuren desselben aufpassen zu müssen. Diese Schwäche kann die Folge sein von bösem Gewissen, das hat Gott sei Dank unsere Regierung nicht. Sie kann aber auch nach anderen großen Krankheiten oder Unglücksfällen des Staates zurückgeblieben sein. Aber auch das ist nicht denkbar bei uns, deren äußere Unfälle alle geheilt sind durch die herrliche innere Kraft der Natur, durch das Vertrauen, wovon in jedem kritischen Zeitpunkt am meisten König und Volk gegeneinander erfüllt waren. Also unsere höhere Polizei ist  dazu  gewiß nicht eingerichtet, sie ist als Vormünderin für die Treuherzigkeit des Volkes eingesetzt nur fremdes Spionenwesen und überhaupt ausländischen Einfluß zu bewachen; aber müßte sie nicht dennoch jede Spur von Aufruhr merken, wenn welche da wären? Ist Ihnen gar nicht eingefallen, zu fragen, ob wohl unser Polizeiminister um Ihre Bündeleien weiß? kann es dem gefallen, daß Sie Sich öffentlich eine Entdeckung anmaßen, die eigentlich ihm gebührt? oder kann es ihm einerlei sein, ob seine Maßregeln gestört werden durch ein lautes Geschrei, das höchstens nur zweckmäßig sein könnte in einem Staat, wo eine solche Anstalt ganz fehlt oder wie sie mit den Feinden der inneren Ruhe in einem sträflichen Bund stände. Ich finde also nicht, daß Sie die gehörige Ehrerbietung gegen diesen Regierungszweig bewiesen haben durch die Herausgabe Ihrer Schrift, die völlig zwecklos erscheint außer unter der Voraussetzung, daß jene Behörde nicht ihre Schuldigkeit tut. Und was soll nun gar die bewaffnete Macht sagen zu Ihrem Rotgeschrei, wenn der Sinn ist, es sollte etwas auf dem Weg des Aufruhrs gegen des Königs Willen ausgerichtet werden, durch eine handvoll Bündler, denn eine kleine Handvoll können es nur sein nach den Kennzeichen, die Sie angeben? Was soll dazu die Leibwache des Königs sagen, das ganze stehende Heer, die gesamte Landwehr? O weh! nun wachsen mir die Bündler auf eine furchtbare Art an! Denn wenn Sie es so gemeint haben: so weiß ich nicht, was diese alle und das gesamte Volk anders tun können, als lächeln und die Achseln zucken über Sie, den Gelehrten, den Staatsmann!

Ein drittes aber, was ich aus Ihrer Schrift entnommen habe, tut mir auf der einen Seite fast am meisten leid, Ihnen zu sagen, und ist mir auf der andern am tröstlichsten, so daß ich es auch lediglich in dieser Hinsicht sage, um unseren Freund, das Publikum zu beruhigen. Nämlich, man sieht klar, daß Sie davon, worauf eigentlich Ihre Beschuldigungen gehen, auch nicht das mindeste wirklich wissen. Ja, wundern Sie Sich nicht, ich behaupte, ob es Bündler gibt, oder nicht, davon wissen Sie keine Silbe mehr als ich, oder - damit Sie nicht glauben, ich will einen schlechten Scherz machen, weil ich eben besonders viel davon wüßte - nicht mehr als alle diejenigen, die, ehe sie Ihre Schrift lasen, noch kein Wort von der Sache gehört hatte; und dies behaupte ich aus Ihrer Schrift erfahren zu haben. Denn vorher gestehe ich Ihnen gern, glaube ich, Sie wüßten mehr davon. Sie reden doch von zwei Generationen politischer Vereine, zur ältesten gehören, Seite 6, der Tugendbund - wie Sie ihn auch nennen, Sie sollten aber hübsch sagen  sittlich wissenschaftlicher Verein,  zumal in jener Stelle, wo Sie von Ihrer Ernennung reden, wenn man so ernsthaft spricht sollte man eigentlich keinen Spitznamen brauchen - und jene andere gleichzeitige Gesellschaft, welche Sie nicht benennen. Die zweite Generation, Seite 11, besteht aus den späteren Verbindungen, welche sich nach der Auflösung des Tugendbundes gebildet haben sollen. Von der ersten Generation wissen Sie offenbar etwas, und dieses Wissen gibt sich deutlicht zutage; von denen aber droht keine Gefahr. Denn der Tugendbund ist aufgelöst, und Sie geben ihm selbst nicht die Schuld, daß er gegen das ergangene Verbot noch fortbestanden hat. Und die andere Gesellschaft muß wohl auch aufgelöst sein, weil Sie von ihren Trümmern reden. Die Gefahr kann nur von dem drohen, was noch besteht, also von der zweiten Generation, und von der wissen Sie nichts. Dies geht aus der verschiedenen Art, wie Sie von beiden reden, ganz deutlich hervor. In Ihren Erzählungen vom Tugendbund kommen Zeit und Ort vor; in Königsberg ist er gestiftet, Herr  B.  bringt Ihnen die Nachricht davon, noch eine Herr von  A.  und Herr  J.  werden genannt, der erstere ganz ausgeschrieben, Sie kennen die Statuten des Bundes, hier hat alles den Charakter eines wirklichen historischen Wissens und man täte gewiß sehr unreht, hier Ihre Zuverlässigkeit im Mindesten zu bezweifeln. Aber ebenso gewiß ist auch, daß Ihnen nichts Tadelnswertes zur Kunde gekommen ist, was der Tugendbund begangen hätte; denn Sie halten ihm die Leichenrede nur über das Böse, was er hätte tun können. Eine andere gleichzeitige Gesellschaft hier in Berlin, kennen Sie auch; sie nennen zwar niemanden, aber Sie sagen doch, daß Sie dazu gehörige Personen gekannt und mit ihnen in einem Verhältnis gestanden haben; Sie erwähnen auch keine Statuten, aber Sie führen doch ihre edlen Zwecke an, und wer wird Ihnen nicht gern glauben. Aber hier ist auch die Grenze Ihres historischen Wissens, und das Reich der Vermutung, dieses verführerische Labyrinth, geht an. Sie geben dieser Gesellschaft etwas nachteiliges Schuld, Seite 7, und dies schon wissen Sie nicht mehr, sondern vermuten es nur. Man sieht das ganz deutlich an der völlig veränderten Weise des Ausdrucks. Vorher lautet alles ganz bestimmt ich und er, ich und die, und nun auf einmal ganz lose "hernach (bei SCHILLs Auszug)  zeigte sich wohl,  daß  man sich nicht scheute.  Es zeigte sich, woran denn? wer scheute sich nicht? man! das liebe man! Was wollen Sie uns eigentlich sagen? Hat SCHILL mit zu dieser Gesellschaft gehört, und ist also auf ihren Impuls oder in ihrem Geist ausgezogen? oder sind Mitglieder der Gesellschaft einer oder mehrere mit SCHILL gezogen? wenn Sie eines von beiden bestimmt wissen, warum bleiben Sie nicht in Ihrem einfachen erzählenden Ton? Es ist ja kein Geheimnis mehr, wer mit SCHILL gewesen ist! und Sie brauchen ja auch nicht einmal jemanden zu nennen, nur das Faktum bestimmt anzugeben. Allein, man kann recht deutlich sehen, wie Ihnen dies gekommen ist durch die Vermutung, die schon vorangeht. Oder ist das mehr als Vermutung, haben es Ihnen die Leute selbst gesagt, lieber SCHMALZ, Du hättest wohl Lust, in unsere Versammlungen zu kommen, aber sieh nur, es ist in der besten Meinung, daß wir Dich nicht einladen. Dich kennen wir als einen redlichen, getreuen Untertan. Du siehst nun wohl aus dem, was wir Dir im Vertrauen erzählen, daß wir es jetzt aber auch recht gut mit dem König meinen; aber wir sind doch gar nicht sicher, ob wir es nicht auch einmal schlimm mit ihm meinen könnten, und wir haben viel zu viel Respekt vor Deinem Gewissen, als daß wir es sollten in irgendeine Gefahr bringen wollen! Hat Ihnen diese Rede jemand geradezu gehalten, oder Ihnen ähnliches auch nur zu verstehen gegeben? Wohl schwerlich. Also gestehen Sie nur, ob es nicht so zusammenhängt mit dieser Stelle: Lust hatten Sie in die Versammlungen dieser Gesellschaft zu kommen; denn in der Hoffnung, daß Sie zu ähnlichen Zwecken mitwirken können würden, empfingen Sie die Nachricht von Ihrer Ernennung zum kurmärkischen Tugendbunddirektor mit lebhafter Teilnahme. Wer wir Sie auch deshalb tadeln? Nun teilten Ihnen diese Männer mancherlei mit, und luden Sie doch niemals ein. Das fällt Ihnen auf, nicht eben angenehm; allein Sie sind diskret und fragen nicht warum, gesonnen aber haben Sie wohl allerlei, ob die Männer nicht doch noch manches haben möchten, was sie  Ihnen  nicht vertrauten. Nun zieht SCHILL aus; gewiß kannten manche von diesen Männern den SCHILL, vielleicht ist einer mit ihm gegangen oder ihm nach, und nun geht Ihnen das große Licht auf, daß die Männer halb treu waren und halb untreu, aber dennoch soviel Ehrfurcht hatten vor Ihrer ganzen Treue, daß sie Sie nicht in unmittelbare Berührung mit sich setzen wollten. Aber ich möchte wohl behaupten, daß Sie unrecht haben, und daß SCHILLs Auszug mit dieser Gesellschaft nichts zu tun gehabt hat. Ich glaube, ich kann das behaupten, denn mir will träumen, Sie meinen dieselbe Gesellschaft, unter der ich mich auch öfter befunden habe. Ich wollte mich freuen, wenn es mehrere gegeben hätte; und Sie vielleicht eine andere meinten. Auch habe ich freilich nie von Uneinigkeiten gehört, die Sie in dieser beigelegt hätten, aber ich glaube doch, daß Sie dieselbe meinen, weil ich weiß, daß manche Ihnen mancherlei erzählt haben, um wieder mancherlei von Ihnen zu erfahren, eine Unvorsichtigkeit, die Sie nicht sonderlich gut gemacht haben durch die Art, wie Sie dieselbe erwähnen!

Also dieser Zusammenhang, den Sie sich träumen zwischen SCHILL und jener Gesellschaft ist nur eine Vermutung, und Sie können es mir immer glauben, eine falsche Vermutung. Ich konnte ja darüber weggegangen sein, wenn die Sache nicht rein wäre, und habe hierüber wirklich nur Sie und unseren Freund eines Besseren belehren gewollt. Und nicht wahr, ich habe nicht uneben erklärt, wie diese Vermutung in Ihnen entstanden ist.

LITERATUR: Friedrich Schleiermacher, An den Herrn Geheimrat Schmalz, Berlin 1815