p-3ra-3ra-2Max WeberH. HeineCondorcetd'AlembertRousseau    
 
WILLIAM EDWARD HARDPOLE LECKY
Geschichte der Aufklärung
in Europa

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"Auch wenn die Magier gelegentlich verfolgt wurden, so ist daraus nicht zu schließen, daß alles, was unter dem Namen Magie begriffen war, für sittlich schlecht erachtet wurde. Im Gegenteil, viele Systeme der Wahrsagung bildeten einen wesentlichen Bestandteil der Religion. Einige der öffentlicheren Arten die Zukunft zu verkünden, wie die Orakel der Götter, wurden aufrecht und in Ehre gehalten, und ein Gesetz, welches die Wahrsagung bezüglich der Zukunft des Kaisers zum Hochverrat stempelt, läßt deutlich den Geist erkennen, mit welchem die anderen unterdrückt wurden. Die Kaiser wünschten im Alleinbesitz der Kenntnis von der Zukunft zu sein und zogen infolgedessen viele Sterndeuter an ihre Höfe, während sie sie aus anderen Teilen des Reiches verbannten."

"Auf diesem Gebiet der Hexenverfolgung zu diesem Gegenstand, und stritten die Reformatoren nicht mit ihrem Widersacher der römischen Kirche. Die Leichtgläubigkeit, welche  Luther  in allen mit dem Teufelswesen in Verbindung stehenden Dingen an den Tag legte, war selbst für sein Zeitalter erstaunlich, und so oft er über Hexerei redete, war seine Sprache emphatisch und rücksichtslos.  Ich will kein Mitleid mit diesen Hexen haben,  rief er aus,  ich wünsche, daß man sie allesamt verbrennt!  Auch  Calvin  ließ bei der Umgestaltung der Gesetze Genfs die über Hexerei unberührt."


Die Aufklärung in Europa

Erstes Kapitel
Über den abnehmenden Sinn
für das Wunderbare


Magie und Hexerei

Gewiß gibt es in der Geschichte der letzten drei Jahrhunderte keine Umwälzung, welche auffallender und an einer größeren Menge bedeutsamer Forschungen reicher wäre, als jene, welche in der Schätzung des Wunderbaren eingetreten ist. Gegenwärtig nehmen fast alle Gebildeten die Erzählung von einem in ihren Tagen stattgehabten Wunder mit einem vollkommenen und sogar spöttischen Unglauben auf, der sie aller Prüfung der Gewißheit enthebt. Mögen sie auch ganz und gar außerstande sein, eine genügende Erklärung der stattgehabten Erscheinungen zu geben, so fällt es ihnen deswegen doch immer nur im Traum ein, sie einer übernatürlichen Ursache zuzuschreiben, weil eine solche Voraussetzung, nach ihrer Ansicht, ganz und gar außerhalb des Bereiches einer vernünftigen Erörterung liegt. Und doch gab es vor wenigen Jahrhunderten keine Erklärungsweise, der sich das menschliche Gemüt bereitwilliger bei jedem auffallenden Ereignis zugewandt hätte. Eine Wundergeschichte wurde damals als vollkommen glaubhaft, wahrscheinlich und gewöhnlich aufgenommen. Es gab kaum ein Dorf oder eine Kirche, die nicht zu irgendeiner Zeit der Schauplatz einer übernatürlichen Kundgebung gewesen wäre. Man hielt dafür, daß die Mächte des Lichts und die der Finsternis sichtbar umd die Meisterschaft kämpften. Heilige Wundertaten, übernatürliche Heilungen, überraschende Urteilssprüche, Gesichte, Weissagungen und Wunder jeder Art bezeugten die Tätigkeit des einen, während Hexerei und Magie mit all ihren begleitenden Schrecken die augenscheinlichen Kundgebunden der anderen waren.

Ich will im gegenwärtigen Kapitel das große Gebiet der Wunder, welche man unter dem Namen Hexerei, Magie und Zauberei begreift, prüfen. Es ist ein Gegenstand, welcher, nach meinem Dafürhalten, kaum die Stellung erhalten hat, welche er in der Geschichte der Ansichten verdient, da er zu allgemein im Geist der Altertumskunde behandelt wurde, als wenn er ganz und gar der Vergangenheit angehörte und keine Stime und kein Gewicht in den Streitigkeiten der Gegenwart hätte. Indessen, länger als fünfzehn Jahrhunderte glaubte man allgemein, daß die Bibel in der klarsten Weise die Wirklichkeit der Hexerei bestätigt, und daß eine Masse von so mannigfachen und umfangreichen Beweisen, die selbst die Möglichkeit des Zweifels ausschließen, ihre Fortdauer und Übermacht bezeugten. Die Geistlichkeit klagte die Hexerei mit allem Nachdruck der Autorität an, die Gesetzgeber fast jeden Landes erließen Strafgesetze dagegen. Scharfsinnige Richter, die im Prüfen von Beweisen ergraut waren, erörterten die Frage in zahllosen Fällen und verurteilten die Angeklagten. Hunderttausende von Opfern starben durch die peinlichsten und verlängertsten Qualen, ohne das mindeste Mitleid zu erregen; und da sie zum größten Teil äußerst unwissend und überaus arm waren, so hatten Sektengeist und Habsucht nur wenigen Einfluß auf die Sache (1). Nationen durch Stellung, Interessen und Charakter vollständig voneinander getrennt, waren über diese eine Frage einig. In fast jeder Provinz Deutschlands, besonders aber in denen, wo der geistliche Einfluß vorwaltete, wütete die Verfolgung mit fürchterlicher Heftigkeit. Siebentausend Opfer sollen in Trier verbrannt worden sein, sechshundert von einem einzigen Bischof in Bamberg und achthundert in einem einzigen Jahr im Bistum Würzburg (2). Frankreich faßten die Parlamente von Paris, Toulouse, Bordeaux, Rheims, Rouen, Dijon und Rennes Beschlüsse über den Gegenstand, die alle eine Bluternte zur Folge hatten. Zu Toulouse, dem Sitz der Inquisition, starben vierhundert Personen wegen Zauberei bei einer einzigen Hinrichtung und fünfzig in Douay in einem einzigen Jahr. REMY, ein Richter in Nancy, rühmte sich, achthundert Hexen in sechzehn Jahren dem Tod überliefert zu haben. Die Hinrichtungen, welche in wenigen Monaten zu Paris stattfanden, waren, nach den emphatischen Worten eines alten Schriftstellers "fast unzählbar" (3). Die Flüchtlinge, welche nach Spanien entkamen, wurden dort eingefangen und von der Inquisition verbrannt. In diesem Land erstreckte sich die Verfolgung bis auf die kleinsten Städte, und der Glaube hatte so tiefe Wurzeln im Volksgeist geschlagen, daß noch 1780 ein Zauberer verbrannt wurde. TORQUEMADA widmete sich ebenso eifrig der Ausrottung der Hexerei, wie der des Ketzerwesens, und er schrieb ein Buch über die Abscheulichkeit des Verbrechens (4). In Italien wurden in einem einzigen Jahr tausend Personen in der Provinz Como hingerichtet, und in anderen Teilen des Landes rief zuletzt die Strenge der Inquisitoren eine vollkommene Revolution hervor (5). Dieselben Szenen wurden in den wilden Tälern der Schweiz und Savoyen aufgeführt. In Genf, welches damals ein Bischof beherrschte, wurden fünfhundert überführte Hexen in drei Monaten hingerichtet, achtundvierzig wurden in Konstanz oder Ravensburg verbrannt, und achtzig in der kleinen Stadt Valery in Savoyen (6). 1670 wurden siebzig Personen in Schweden verurteilt und ein großer Teil von ihnen wurde verbrannt (7). Und dies sind nur wenige der hervorragenden Fälle in jener langen Reihe der Verfolgungen, welche sich fast über jedes Land erstreckten und Jahrhunderte lang mit ungeschwächter Wut andauerten. Die römische Kirche verkündete in jeder ihr zu Gebote stehenden Weise, die Wirklichkeit und Fortdauer des Verbrechens. Sie spannte jeden Nerv, um die Verfolgung anzustacheln; sie lehrte durch alle ihre Organe, eine Hexe zu schonen, wäre ein unmittelbarer Hohn gegen den Allmächtigen, und ihren unaufhörlichen Anstrengungen ist bei weitem der größere Teil des vergossenen Blutes zuzuschreiben. 1484 erließ Papst INNOZENZ VIII. eine Bulle, welche der Verfolgung einen furchtbaren Anstoß gab, und er war es, welcher den Inquisitor SPRENGER anstellte, dessen Buch lange das Manual über den Gegenstand war, und der Hunderte jedes Jahr zum Tod verurteilt haben soll. Ähnliche Bullen wurden 1504 von JULIUS II. und 1523 von HADRIAN VI. erlassen. Eine lange Reihe von Provinzial-Konzilien bestätigte das Vorhandensein der Zauberei und bannte diejenigen, welche sich ihr ergaben. "Die allgemeine Praxis der Kirche war, Magie und Zauberei zu den vorbehaltenen Fällen zu zählen und bei den Predigten die Magier und Zauberer als exkommuniziert zu erklären" (8). Eine Geisterbannungsformel wurde feierlich in das Ritual eingefügt. Fast alle großen Werke, welche zugunsten der Hinrichtungen geschrieben wurden, waren von Geistlichen verfaßt. Fast alle Laienwerke in derselben Richtung waren den geistlichen Würdenträgern gewidmet und von ihnen sanktioniert. Geistliche Tribunale verdammten Tausende zum Tod und unzählige Bischöfe gebrauchten all ihren Einfluß, die Opfer zu vermehren. Mit einem Wort: viele Jahrhunderte glaubte man allgemein, daß die andauernde Existenz der Hexerei einen wesentlichen Teil der Kirchenlehre bildet, und daß die durch Europa wütende Verfolgung durch die ganze Kraft ihrer Unfehlbarkeit aufrechterhalten würde. (9)

Dies war die Stellung der römischen Kirche zu diesem Gegenstand, und auf diesem Gebiet stritten die Reformatoren nicht mit ihren Widersachern. Die Leichtgläubigkeit, welche LUTHER in allen mit dem Teufelswesen in Verbindung stehenden Dingen an den Tag legte, war selbst für sein Zeitalter erstaunlich, und so oft er über Hexerei redete, war seine Sprache emphatisch und rücksichtslos. "Ich will kein Mitleid mit diesen Hexen haben," rief er aus, "ich wünsche, daß man sie allesamt verbrennt!" (10) In England war die Einführung der Reformation die Losung zum sofortigen Ausbruch des Aberglaubens, und dort wurde, wie anderswo, dessen Abnahme von der Geistlichkeit als die unmittelbare Folge und das genaue Maß des Fortschritts des religiösen Skeptizismus dargestellt. In Schottland, wo die reformierten Geistlichen einen größeren Einfluß als in irgendeinem andern Land übten, und wo die Hexenprozesse fast gänzlich in ihre Hände fielen, war die Verfolgung verhältnismäßig schauderhaft. Wahrscheinlich war GLANVILL, ein Geistlicher der englischen Staatskirche, der geschickteste, und BAXTER, der größte Puritaner, einer der einflußreichsten Verteidiger des Glaubens. Er verbreitete sich mit dem Puritanismus über die neue Welt und die Hinrichtungen in Massachusetts bilden eines der schwärzesten Blätter in der Geschichte Amerikas. Der größte religiöse Parteiführer des letzten Jahrhunderts (11) zählte zu seinen spätesten Verteidigern.

Fragt man, warum die Welt das aufgegeben hat, was einst so allgemein und so fest geglaubt wurde, warum eine Erzählung von einem alten Weib, das man auf einem Besenstiel reiten sah oder das überführt worden war, sich in einen Wolf verwandelt und die Herden ihrer Nachbarn gefressen zu haben, für so ganz unglaublich erachtet wird, so würden wahrscheinlich die meisten Menschen außerstande sein, eine ganz bestimmte Antwort auf diese Frage zu geben. Es ist nicht, weil wir das Zeugnis geprüft und es als ungenügend empfunden haben, - denn der Unglaube geht immer der Prüfung voran, wenn er sie nicht gar hindert, - der eigentliche Grund ist vielmehr, weil der Eindruck des Abgeschmackten so fest an solchen Erzählungen haftet, daß es selbst schwer wird, sie auch nur mit Ernst zu erwägen. Doch, zu einer Zeit hatte man von einer solchen Unwahrscheinlichkeit keine Vorstellung, und Hunderte von Menschen sind einfach aus den zwei angeführten Gründen verbrannt worden.

Wenn eine so vollständige Umwandlung in der öffentlichen Meinung Platz greift, so kann sie sich aus der ein oder anderen von zwei Ursachen herschreiben. Sie kann nämlich das Ergebnis einer Untersuchung sein, welches die Frage völlig entschieden und zur Befriedigung aller Parteien ein klares Übergewicht des Beweises oder der Tatsache zugunsten einer Ansicht festgestellt und diese Ansicht zu einer festen Wahrheit gemacht hat, welche von allen Aufgeklärten angenommen wird, sogar wenn sie nicht selbst den Grund geprüft hat, auf dem sie ruht. So würde man, wenn jemand in Gesellschaft von gewöhnlich gebildeten Personen die Bewegung der Erde, oder den Kreislauf des Blutes leugnen sollte, seine Bemerkung mit Spott aufnehmen, obgleich es wahrscheinlich ist, daß einige der Zuhörer nicht imstande sein würden, die erste Wahrheit zu beweisen, und daß sehr wenige von ihnen genügende Gründe für die zweite würden angeben können. Sie mögen selbst außerstande sein, ihre Behauptung zu verteidigen; aber sie sind überzeugt, daß in gewissen bekannten Zeitabschnitten der Geschichte Streitigkeiten über diese Gegenstände stattfanden, und daß damals bekannte Schriftsteller Gründe oder Versuche vorbrachten, welche schließlich von der ganzen gelehrten Welt als scharfe und abschließende Beweise angenommen wurden. Es ist aber auch möglich, daß eine ebenso vollständige Umwandlung durch den sogenannten Geist der Zeit bewirkt wird. Die allgemeinen geistigen Strömungen, welche durch die Literatur eines Jahrhunderts gehen, verwandeln wesentlich den Charakter der öffentlichen Sinnesart, sie erneuern Ton und Haltung des Gedankens, sie ändern das Maß der Wahrscheinlichkeit, sie erzeugen neue Neigungen und neue Abneigungen, und sie bewirken schließlich eine ebenso völlige Verwerfung gewisser alter Ansichten, als wenn sie von den zwingendsten und ausgemachtesten Beweisgründen ausgingen.

Daß die Verwerfung der Hexerei dieser zweiten Klasse von Einflüssen zuzuschreiben ist, daß sie das Ergebnis nicht irgendeiner Reihe von bestimmten Beweisgründen oder neuen Entdeckungen, sondern einer allmählichen, unmerklichen, doch tiefen Umgestaltung der in Europa vorwaltenden Geistesrichtung ist; daß sie also eine unmittelbare Folge des Fortschritts der Zivilisation und ihres Einflusses auf die Ansichten ist, muß jedem in die Augen fallen, der die Frage unparteiisch untersucht. Wenn wir fragen, welche neue Beweise sind während des Verfalls des Glaubens entdeckt worden, müssen wir zugeben, daß sie ganz unzulänglich waren, um daraus die Veränderung zu erklären. Alles, was wir über die ungenügende Natur der Geständnisse auf der Folter, über die gelegentlich zutage gekommenen Beispiele von Betrug, über die boshaften Beweggründe einiger Ankläger sagen können, hätte auch während der finsteren Zeiten des Mittelalters gesagt werden können. Die Vermehrung der Bücher und die Erweiterung des Wissens können in nichts diese klaren Beweise vergrößert haben. Diejenigen, welche lebten, als die Fälle von Hexerei in Überfülle vorkamen und die Aufmerksamkeit aller Stände und aller Geistesstufen auf sich zogen, müssen sicherlich ebenso befugte Richter gewesen sein, wie wir selbst, wenn die Frage bloß eine Frage der Einsicht wäre. Das allmähliche Aufhören der Anklagen war die  Folge  und nicht die  Ursache  des Skeptizismus. Der Fortschritt der medizinischen Wissenschaft mag beträchtlichen Einfluß auf die Privatansichten einiger Schriftsteller über diesen Gegenstand gehabt haben, aber er war niemals von großem Einfluß auf die öffentliche Meinung, noch war er der Kampfplatz des Streites. Wirklich ist die Philosophie des Irrsinns hauptsächlich das Werk PINELs, welcher schrieb, lange nachdem der Aberglaube geschwunden war; und selbst wenn die Hexerei als eine Krankheit behandelt worden wäre, so würde dies doch nicht den Glauben an ihren satanischen Ursprung zerstört haben, in einem Zeitalter, in welchem alle schrecklicheren Krankheiten als übernatürlich galten und wo die Theologen behaupteten, daß der Satan häufig mittels der Naturgesetze sein Wesen treibt. Es ist wahr,  eine  Entdeckung war während des Streites gemacht worden, welche große Aufmerksamkeit auf sich zog und worauf sich die Gegner der Gesetze gegen die Zauberei vielfach beriefen. Man behauptete, daß das im levitischen Strafgesetz mit "Hexe" übersetzte Wort müßte mit "Giftmischerin" übertragen werden (12). Diese Entdeckung  allein  ist aber offenbar unzulänglich, die Veränderung zu erklären. Sie schwächt nicht die ungeheure Masse der vorgekommenen Fälle von Hexentaten, die, nach der damaligen Ansicht, den Glauben daran über die Möglichkeit des Zweifels erhob. Sie trifft nicht solche Bibelstellen, wie die Geschichte der Hexe von Endor, oder der Besessenen im neuen Testament, auf die sich die Hexerei-Gläubigen triumphierend beriefen. Gibt man die Existenz der Hexen zu, - gibt man zu, daß es in der Tat gewisse Personen gab, die sich beständig damit abgaben, ihren Nebenmenschen jede Art von Übel durch teuflische Vermittlung zuzufügen und deren Arglist Unzähligen das Leben kostete -, so kann kein Zweifel sein, daß diese Personen ganz und gar ohne Rücksicht auf irgendeine klare Gesetzbestimmung mit dem Tod bestraft werden mußten. Die Wahrheit ist, daß man so lange an die Existenz der Hexerei glaubte, bis der biblische Beweis davon in Frage gestellt wurde. Der Unglaube an Geister und Hexen war eines der hervorspringendsten Merkmale des Skeptizismus im 17. Jahrhundert. Zuerst war er beinahe nur auf die unverhohlenen Freidenker beschränkt, allmählich aber verbreitete er sich über einen weiteren Kreis und umfaßte fast alle Gebildeten, mit Ausnahme eines großen Teils der Geistlichkeit. Dieser Fortschritt wurde jedoch nicht durch irgendeine ins Leben gerufene Propaganda bewirkt. Er ging nicht von irgendeinem bedeutenden Buch oder irgendeinem Berühmten Schriftsteller aus. Er war nicht der Sieg einer Folgenreihe von Beweisgründen über die andere. Im Gegenteil, keine Tatsachen sind klarer in der Literatur der Hexerei begründet, als daß die Bewegung ungemein still, ohne Beweiskraft und unmerklich war; daß die Menschen allmählich zum Unglauben an die Hexerei kamen, weil sie allmählich dahin kamen, sie als abgeschmackt anzusehen; daß diese neue Gedankenrichtung ganz zuerst bei denen hervortrat, welche am wenigsten den theologischen Einflüssen ausgesetzt waren, sich bald über die gebildeten Laien verbreitete und zu allerletzt sich auch der Geistlichkeit bemächtigte.

Ich glaube, man kann es als eine unwandelbare Wahrheit hinstellen, daß, sobald eine Religion die in hohem Grad auf einem Schreckenssystem beruth und in schwarzen, schauerlichen Farben das Elend der Menschen und die Gewalt der bösen Geister ausmalt, mit Nachdruck zur Geltung kommt, sie den Glauben an Hexerei und Magie erzeugt. Die Bestürzung, welche ihre Lehren hervorrufen, erdrücken die Geistesregungen der Massen. Die furchterregenden Bilden von bösen Geistern, übermenschlicher Kraft und unablässiger Bosheit verfolgen stets die Einbildungskraft. Sie mischen sich mit den Truggestalten des Alters, des Kummers oder der Krankheit und treten mit besonderer Lebhaftigkeit bei Gelegenheit von erschütternderen und unerklärlicheren Naturerscheinungen hervor.

Diese Erwägung erklärt die Entstehung des Begriffs der Magie in jenen Zeitaltern, in welchen der Glaube fast das ausschließliche Werk der Einbildung ist. In einer viel späteren Zeit wirkt dieselbe lebhafte Vorstellung von der teuflischen Gegenwart mächtig auf die Schlüsse der Vernunft. Wir sind so vollständig den Denkungsarten, welche im 16. und 17. Jahrhundert vorwalteten, entrückt, und wir sind so fest von der Unwirklichkeit der Hexerei überzeugt, daß wir nur mittels einer starken Anstrengung der Einbildungskraft den Standpunkt der Verteidiger des Glaubens begreifen können. Doch, ich halte es für schwer, daß man den Gegenstand mit Unparteilichkeit prüft, ohne zu dem Schluß zu gelangen, der geschichtliche für die Wirklichkeit der Hexerei sprechende Beweis sei so groß und mannigfach, daß es unmöglich wird, ihm nicht zu glauben, ohne sich der außerordentlichen Übereilung schuldig zu machen. Die Verteidiger des Glaubens, welche oft Männer von großem und hervorragenden Talent waren, behaupteten, daß keine Tatsache im Gesamtgebiet der Geschichte vollkommener bezeugt ist, und daß, sie verwerfen, allem geschichtlichen Beweis für das Wunderbare die Wurzel abschneiden heißt. Der Glaube hing mit dem fortgesetzten Vorkommen von Tatsachen des alleraußerordentlichsten und eindringlichsten Charakters und solcher Natur zusammen, die genau innerhalb der menschlichen Erkenntnis fielen. Der Gegenstand wurde, wie wir gesehen haben, in hunderttausend Fällen in fast jedem Land Europas von Gerichtshöfen geprüft, welche die scharfsinnigsten Rechtsgelehrten und Geistlichen der Zeit umfaßten, auf dem Schauplatz und zur Zeit, wann die beanstandeten Handlungen stattgefunden haben und unter dem Beistand von unzähligen beschworenen Zeugen. Die Richter hatten nicht den geringsten Beweggrund, die Verurteilung der Angeklagten zu wünschen, und da eine Schulderklärung einen schrecklichen Tod nach sich zog, so hatten sie die stärksten Beweggründe, ihre Macht mit Vorsicht und Überlegung zu gebrauchen. Die ganze Kraft der öffentlichen Meinung war viele Jahrhunderte lang stets und ernst auf diese Frage gerichtet, und obgleich es einige Streitigkeit betreffs der Einzelheiten der Hexerei gab, die Tatsache ihrer Existenz wurde lange als unzweifelhaft erachtet. Der Beweis dafür ist in der Tat mannigfach. Wohl mögen einige Fälle durch Monomanie [Zwangsvorstellung - wp], andere durch Betrug, manche durch ein zufälliges Zusammentreffen von Ereignissen und wieder andere durch optische Täuschungen zu erklären sein; allein, wenn wir die große Anzahl der sonderbaren, beschworenen und in gesetzliche Akten eingetragenen Aussagen in Betracht ziehen, so wird es sehr schwer, eine allgemeine rationalistische Erklärung aufzustellen, die nicht einen hohen Grad von Unwahrscheinlichkeit hat. Heutzutage kann man zuversichtlich sagen, daß es ganz und gar unmöglich sein würde, eine solche Masse von Beweisen für eine Vorstellung aufzubringen, die in der Tat keine feste Grundlage hatte. Die Zeiten, in welchen die Hexerei blühte, waren, es ist wahr, höchst leichtgläubig, und wir schreiben dieser Tatsache den Hexenglauben zu; und doch verwerfen wir nicht ihr Zeugnis in allen Vorfällen der nichtkirchlichen Geschichte. Hielten wir die Hexerei für wahrscheinlich, so würde der hundertste Teil der Zeugnisse, welche wir besitzen, sie außer Zweifel stellen. Wäre sie eine natürliche, aber unwahrscheinliche Tatsache, so würde unser Widerstand an sie zu glauben durch die Vielfältigkeit der Beweise gebrochen werden.

Nun ist es aber offenbar, daß der Grad der Unwahrscheinlichkeit, welchen wir den Hexengeschichten beimessen, von unserer religiösen Lehre über die bösen Geister und vom Grad abhängt, in welchem man diese Lehre glaubt. Wenn die Menschen glauben, daß unsichtbare Wesen von übermenschlicher Kraft, rastloser Geschäftigkeit und starker Bosheit beständig die Welt heimsuchen und ihre ganze Tatkraft der Versuchung und der Verfolgung der Menschheit zuwenden; wenn sie glauben, daß in früheren Zeiten diese bösen Geister wirklich die körperlichen Funktionen der Menschen beherrscht, Wunder bewirkt und zukünftige Begebenheiten vorher verkündet, - wenn alles dies geglaubt wird, nicht mit der dumpfen, schlaffen Beistimmung der Gewohnheit, sondern mit einer festen, wirklichen, lebendigen und tätigen Überzeugung; wenn sich dieses dem Geist und der Einbildungskraft als eine lebendige Wahrheit darstellt, und  den  Einfluß auf die Vernunft übt und  den  Vorrang in den Gedanken der Menschen einnimmt, den seine Wichtigkeit erfordert, dann würde die früher behauptete Unwahrscheinlichkeit der Hexerei bei weitem geringer erscheinen, als wenn diese Lehre verworfen oder nicht zur Überzeugung gekommen wäre. Finden wir daher eine wachsende Neigung, jede Geschichte, welche die Mitwirkung eines Teufels enthält, zu verwerfen, ganz abgesehen von den Beweisen, auf denen sie ruht, so können wir von dieser Tatsache die Abnahme des Glaubens an die Lehre von den bösen Geistern folgern.

Diese beiden Betrachtungen werden dazu dienen, die Geschichte der Hexerei zu erklären, und zugleich ihre große Bedeutsamkeit und Wichtigkeit als Maßstab für den Gang der Zivilisation zu zeigen. Den Gegenstand ins Einzelne zu verfolgen, würde einen größeren Raum erfordern, als ich ihm widmen kann; doch ich hoffe hinlänglich zeigen zu können, welches die Hauptveränderungen waren, die der Glaube durchgemacht hat.

In den roheren Gestaltungen des naturzuständlichen Lebens findet man den Glauben an Hexerei allgemein (13) und in den meisten Fällen von sonderbar gräßlichen Formen begleitet. Der Grund davon ist klar. Der Schrecken ist überall der Anfang der Religion. Die Erscheinungen, welche sich am gewaltigsten dem Geist des Wilden einprägen, sind nicht diejenigen, welche offenbar als die Folge von Naturgesetzen eintreten und die allerwohltätigsten Wirkungen haben, sondern diejenigen, welche unheilvoll und offenbar abnorm sind. Die Dankbarkeit ist minder lebhaft, als die Furcht, und der kleinste scheinbare Bruch eines Naturgesetzes macht einen tieferen Eindruck, als die vorzüglichste seiner gewöhnlichen Wirkungen. Wenn daher die erregenderen und schrecklicheren Naturerscheinungen dem Geist nahe treten, wenn die tödlicheren Formen von Krankheit oder Naturerschütterungen das Land verwüsten, so schließt der Wilde hieraus auf die kräftig beglaubigte Wahrnehmung der Gegenwart des Teufels. Im Dunkel der Nacht, inmitten der gähnenden Klüfte und des wilden Widerhalls der Bergschlucht, unter dem Leuchten des Kometen, oder der feierlichen Düsterheit der Sonnenfinsternis, wenn Hunger das Land verheert, wenn das Erdbeben und die Pest Tausende hingerafft haben, in jeder Art Krankheit, welche den Geist lähmt und stört, in allem, was befremdend, schauderhaft und tödlich ist, fühlt er sich überwältigt vom Übernatürlichen. Ganz und gar allen Einflüssen der Natur ausgesetzt, vollständig unbekannt mit der Folgenkette, welche ihre mannigfaltigen Teile vereinigt, lebt er in beständiger Furcht dessen, was er für die unmittelbaren und eigentümlichen Taten der bösen Geister hält. Da er sie fortwährend in seiner Nähe fühlt, sucht er natürlich mit ihnen in Verbindung zu treten. Er strebt, sie durch Geschenke zu gewinnen. Wird er von einem großen Unglück heimgesucht, oder bemeistert sich irgendeine Racheleidenschaft seiner Vernunft, so versucht er sich mit ihrer Macht zu wappnen und seine aufgeregte Einbildung überredet ihn bald, er habe seinen Wunsch erreicht. Wenn Fähigkeiten und Ehrgeiz ihn über die gewöhnliche Höhe stellen, so wird ihm dieser Glaube der bequemste Pfad zur Macht. Durch das Vorgeben, mit übernatürlichen Wesen in Verbindung zu stehen und ihre Macht in Händen zu haben, kann er einen fast unbegrenzten Einfluß auf seine Umgebung üben, und unter Menschen, welche eine starke Neigung zum Glauben an das Übernatürliche haben, reicht eine geringe Fertigkeit oder Bekanntschaft mit den Naturgesetzen aus, seine Absichten zu unterstützen. Wenn er nun den Schrecken, welchen ein großes Unglück erzeugt hat, in einen Zornesausbruch gegen den angeschuldigten Zauberer verwandelt, so kann er zu gleicher Zeit eine scharfe Rache an seinen Beleidigern nehmen und die Bedeutung seiner eigenen Wichtigkeit steigern. Diejenigen, deren Sitten oder äußeres Wesen oder Kenntnis sie von der Menge absondert, werden natürlich dem Verdacht verfallen, mit bösen Geistern in Verbindung zu stehen, und dieser Verdacht wird bald zur Gewißheit, wenn irgendeine Geisteskrankheit ihre Eigentümlichkeiten vergrößert. In dieser Weise mischen sich die Einflüsse der Unwissenheit, der Einbildung und des Betrugs und erzeugen gemeinsam die Entstehung des Glaubens an die Hexerei und einen Hass gegen diejenigen, welche ihrer Ausübung verdächtigt werden, der dem Schrecken entspricht, welchen sie einflößen.

Auf einer fortgeschritteneren Stufe der Zivilisation erblaßt natürlich die Hexenfurch, da die Zustände des gebildeten Lebens die Menschen von den Einflüssen, welche auf die Einbildungskraft wirken, entfernen und weil das zunehmende Wissen einige der erschreckenden Naturerscheinungen in ein klares Licht stellt. Der Glaube jedoch, daß es möglich ist, durch übernatürliche Vermittlung Böses den Menschen zuzufügen, war im alten Griechenland und Rom allgemein, und der heilige AUGUSTINUS versichert, daß alle Philosophenschulen, mit Ausnahme der Epikuräer, welche die Existenz der bösen Geister leugneten, ihn zugaben. Die Decemvrin [10 gewählte Richter im alten Rom - wp] erließen ein Gesetz, welches die Magier zum Tod verurteilte. Ein gleiches Gesetz wurde früher in Griechenland erlassen, und in den Tagen des DEMOSTHENES wurde wirklich eine Zauberin, namens LEMIA, hingerichtet (14). Die Philosophie des PLATO beförderte diesen Glauben sehr durch die übergroße Erweiterung der Sphäre des Geistigen, und wir finden, daß so oft, vor oder nach der christlichen Zeitrechnung, diese Philosophie auf der Höhe stand, sie auch von einer Hinneigung zur Magie begleitet war. Außerdem waren die alten Zivilisationen niemals ernsthaft auf die Erforschung der Naturerscheinungen gerichtet, und der in dieser Beziehung gemachte Fortschritt war folglich klein. Im Ganzen jedoch scheint die Verfolgung in jenen Ländern fast gänzlich von religiösem Fanatismus frei gewesen zu sein. Der Magier wurde bestraft, weil er dem Menschen ein Leid angetan und nicht weil er Gott beleidigte.

In einer Beziehung scheinen während des späteren Zeitraumes des heidnischen Roms die Gesetze gegen die Magie wieder aufgelebt zu sein, ohne jedoch irgendeine Spur eines religiösen Beweggrundes zu verraten, sondern einfach als politisches Erfordernis. Unter dem Titel  Magie  wurden einige astrologische und andere Arten, die Zukunft zu ermitteln, inbegriffen und man fand, daß diese Künste eine starke Richtung hatten, die Verschwörungen gegen die Kaiser zu nähren. Der Weissager versicherte oft Personen, daß sie zum Anlegen des Purpurs bestimmt wären und reizte sich in dieser Weise zur Rebellion an. Durch das Horoskopstellen über den herrschenden Kaiser hatte er, nach dem Volksglauben, den Zeitpunkt ermittelt, in welchem die Regierung mit der meisten Aussicht auf Erfolg könnte angegriffen werden, und auf diese Weise hatte er sich als die ständige Ursache der Wühlerei erwiesen. Einige Formen der Magie waren auch in letzter Zeit aus Griechenland ins Kaiserreich herübergebracht worden, und waren daher dem vorwaltend konservativen Geist zuwider. Mehrere Kaiser erließen infolgedessen Gesetze gegen die Magier, welche mit bedeutender, obgleich etwas krampfhafter Tatkraft vollzogen wurden (15). Allein, wenngleich die Magier gelegentlich verfolgt wurden, so ist daraus nicht zu schließen, daß alles, was unter dem Namen Magie begriffen war, für sittlich schlecht erachtet wurde. Im Gegenteil, viele Systeme der Wahrsagung bildeten einen wesentlichen Bestandteil der Religion. Einige der öffentlicheren Arten die Zukunft zu verkünden, wie die Orakel der Götter, wurden aufrecht und in Ehre gehalten, und ein Gesetz, welches die Wahrsagung bezüglich der Zukunft des Kaisers zum Hochverrat stempelt, läßt deutlich den Geist erkennen, mit welchem die anderen unterdrückt wurden. Die Kaiser wünschten im Alleinbesitz der Kenntnis von der Zukunft zu sein und zogen infolgedessen viele Sterndeuter an ihre Höfe, während sie sie aus anderen Teilen des Reiches verbannten. (16) Sie waren so weit davon entfernt, den Gedanken der Entweihung an Handlungen zu knüpfen, welche sie befähigten, kommende Ereignisse vorherzusehen, daß MARC AUREL und JULIAN, die beide ihrer Religion eifrig anhingen und die zu den bestene Menschen gehörten, die je auf einem Thron saßen, zu den eifrigsten Beschützern der Magier gehörten.

Das war die etwas anomale Stellung der Magier in den letzten Tagen des heidnischen Roms und sie gewinnt großes Interesse wegen ihres Einflusses auf die Politik der christlichen Kaiser.

Als die Christen anfänglich über das römische Reich zerstreut waren, sahen sie diese Frage natürlich aus einem vom heidnischen sehr unterschiedenen Gesichtspunkt aus an. Begeistert von einer starken religiösen Schwärmerei, die sie edel mit ihrem Blut besiegelten, hatten sie weniger die bürgerlichen, als die religiösen Folgen der Magie im Auge und das Sakrilegium kam ihnen viel schrecklicher vor, als die Anarchie. Ihre Lage, welche einige ihrer Hauptreligionslehren beeinflußte, hatte sich mit der Empfindung der Allgegenwart des Satans erfüllt, die jeden Teil ihres Glaubens verdunkeln und sie geneigt machen mußte, in jeder heidnischen Lebensregung eine teuflische Beeinflussung zu entdecken. Die grauenhafte Vorstellung einer ewigen Strafe in der materiellsten Gestalt hatte sich mit voller Kraft ihrer Geister bemächtigt. Sie glaubten, dies wäre das Schicksal all derer, welche außerhalb des engen Kreises der Kirche ständen, und die Christenverfolger seien zu Qualen besonderer Schärfe verdammt. Die ganze Welt wurde in das Reich Gottes und in das des Satans geteilt. Die verfolgte Kirche repräsentierte das erste, und die verfolgende Welt das zweite. In jedem gegen ihren Glauben gerichteten Spott, in jedem ihre Person bedrohenden Erlaß, in jedem ihrem Fortschritt entgegenstehenden Interesse, sahen sie die offene, unmittelbare Tat des Teufels. Sie fanden um sich her eine große und alte Religion bestehen. Die prächtigen Bräuche, die Überlieferungen, die Priester und die Wunderwerke dieser Religion hatten den öffentlichen Geist für sich eingenommen und schienen den Christen anfänglich als ein unüberwindliches Hindernis ihrer Mission. In dieser Religion sahen sie das besondere Kunstwerk des Teufels und ihre starke Neigung, jedes Ereignis durch einen wundertätigen Grund zu erklären, überzeugtes sie, daß all die gerühmten heidnischen Wunder wirklich sind. Auch machte es ihnen nicht die geringste Schwierigkeit, sie zu erklären. Die Welt war, nach ihrem Glauben, voll von boshaften Dämonen, die zu allen Zeiten die Menschen verfolgen und verführen. Von den Magiern Ägyptens bis zu den Besessenen des neuen Testaments war ihre Macht ständig offenbar geworden. Im gelobten Land könnten sie nur verfolgen und plagen, aber unter den Heiden besäßen sie die höchste Macht und würden allgemein als Götter verehrt.

Diese Anschauung, die natürliche Folge des geistigen Zustandes des Zeitalters, welcher seinen Einfluß auf den Glauben an die bösen Geister und auf die biblischen Geschichten von teuflischem Einfluß übte, ist noch weiter durch jene platonischen Theorien gekräftigt worden, welche in ihrer alexandrinischen Form so tief die ältesten Kirchenlehren beeinflußt haben (17). Nach diesen Theorien waren die von der Heidenwelt verehrten Dinge untergeordnete Geister von beschränkter Macht und unvollkommener Sittlichkeit, - Engel, oder, wie man sie damals nannte, Dämonen, welche die Rolle der Vermittler spielten und welche mit Erlaubnis der höchsten und unzugänglichen Gottheit die religiöse Leitung der Menschen ordneten. In dieser Weise wurde ein gütlicher Vergleich zwischen dem Monotheismus und dem Polytheismus abgeschlossen. Die Staatsreligion war wahr und gesetzlich und nicht unvereinbar mit dem reinen Theismus. Die Christen hatten die Ansicht von den dienenden Geistern angenommen, aber sie hielten sie nicht für die willfährigen Vermittler, sondern für die Widersacher Gottes, und das Wort  Dämon,  welches bei den Heiden nur einen der Gottheit untergeordneten Geist bedeutete, wurde bei den Christen zu einem Teufel.

Diese Ansicht scheint schon in der frühesten Zeit des Christentums entstanden zu sein, denn im zweiten Jahrhundert finden wir sie in der kleinlichsten und sorgfältigsten Weise ausgearbeitet. TERTULLIAN, welcher in jenem Jahrhundert schrieb, versichert uns, die Welt wäre voll von diesen bösen Geistern, deren Einfluß man an jedem Teil des Heidenglaubens entdecken kann. Einige von ihnen gehörten zu jener Empörerrotte, welche mit Satan in den Abgrund geschleudert wurden. Andere wären die Engel, welche sich in der vorsintflutlichen Welt in die Menschentöchter verliebt, und die, weil sie sie das Färben der Wolle und das noch furchtbarere Verbrechen ihre Gesichter zu schminken gelehrt, mit Recht zur ewigen Qual verdammt worden sind (18). Diese suchten nun in jeder Weise die Ziele des Allmächtigen zu durchkreuzen, und fänden eine besondere Freude darin, die ihm allein gebührende Verehrung auf sich selbst zu leiten. Nicht nur die unsterblicheren Götter des Heidentums, nicht nur solche Gottheiten, wie  Venus, Mars, Merkur,  oder  Pluto,  sondern auch jene, welche als höchst sittlich galten, waren buchstäblich und zweifellos teuflisch.  Minerva,  die Personifikation der Weisheit,  Diana,  der Typus der Keuschheit, und  Jupiter,  die heidnische Idee des Allerhöchsten, waren alle Teufel. Die unter den Namen verstorbener Heroen verehrten Geister, welche viele glänzende und menschenfreundliche Heldentaten vollbrachten, waren wieder allesamt Teufel, welche sich die Namen der Verstorbenen anmaßen. Dasselbe Verdammungsurteil traf jene lichten Schöpfungen der dichterischen Phantasie, die Ahnen der mittelalterlichen Feen, die Nymphen und Dryaden, welche jeden Hain bevölkert und jeden Fluß geweiht haben (19). Die Luft war mit unheiligen Scharen gefüllt, und die Traditionen jedes Landes wren von ihren Streichen voll (20). Die, mit ungeschwächtem Glanz im Venustempel brennende ewige Lampe, die von unsichtbaren Händen durch die Luft getragenen Hausgötter, die so zahlreich die Vestalinnen [jungfräuliche römische Priesterin - wp] umgebenden Wundererscheinungen, die Orakelaltäre, und die Sitze der römischen Macht, waren Beweise von ihrer Gegenwart. Nicht nur waren sie unter dem Namen von Sylvanen [nachtaktive Dämonen - wp], Faunen [Naturgott der Bauern und Hirten - wp] und Dusii [gallische Hausgeister mit erotischen Absichten - wp] häufig unter den Menschen erschienen, sondern sie hatten unzählige Frauen zu Gegenständen ihrer Leidenschaft gemacht. Diese Tatsache wurde so vielfach bezeugt, daß es unverschämt sein würde, sie zu leugnen (21). Die Besessenen wurden stets durch Christen vom Teufel befreit und in den Katakomben hat man Gräber der Geisterbanner entdeckt (22). Wich ein Christ in irgendeiner Hinsicht vom Pfad der Pflicht ab, so erschien zuweilen eine sichtbare Kundgebung des Teufels, um ihn zu erschrecken. Eine Christin ging in einem Anfall von gedankenloser Zerstreuung ins Theater und wurde dort von einem Teufel besessen. Der Exorzist stritt sich mit dem bösen Geist über die Vermessenheit seines Verfahrens. Der Teufel machte dagegen geltend, er hätte die Frau in seinem Haus gefunden (23). Die Bräuche des Heidentums hatten in gewissem Grad alle Lebenskreise durchdrungen, alle waren darum von teuflischem Einfluß gefärbt. Im Theater, im Zirkus, auf dem Marktplatz, bei allen öffentlichen Festen gab sich ihre Gegenwart durch irgendetwas kund. Bei einer Gelegenheit weigerte sich ein christlicher Soldat, einen Festkranz zu tragen, weil der Lorbeer ursprünglich dem  Bacchus  und der  Venus  geweiht war, und er erduldete lieber eine harte Strafe, als daß er sich der Sitte fügte. Die Sache rief einen großen Streit hervor; aber TERTULLIAN schrieb eine Abhandlung (24), die nachwies, daß der Märtyrer nur nach strenger Pflicht gehandelt hat.

Man kann sich nun leicht den Schrecken denken, welchen eine solche Doktrin unter die ersten Christen verbreitet haben muß. Sie glaubten in einem Luftkreis von Wundern zu atmen. Wohin sie sich wendeten, waren sie von boshaften Geistern umgeben und belagert, die fortdauernd ihre Gegenwart durch übernatürliche Handlungen bekundeten. Wachsame Teufel standen neben jedem Altar, sie mischten sich in jedes Lebensgeschäft und die Christen waren die besonderen Gegenstände ihres Hasses. An all das glaubte man allgemein, und diesen Glauben betätigte man mit solchem Nachdruck, wie wir ihn uns in unserer nichtkirchlichen Zeit kaum vorstellen können. Man betätigte ihn, wie Menschen ihre Religionslehren zur Geltung bringen, wenn sie ihnen die ungeteilte Tatkraft ihres Lebens gewidmet haben, und wenn ihr Glauben im Feuer der Verfolgung gestählt worden ist.

Der Eindruck dieser Anschauung auf den Begriff der Magie ist augenfällig. Wie wir gesehen haben, war die Magie bei den gebildeteren Heiden hauptsächlich ein bürgerliches und in der späteren Kaiserzeit hauptsächlich ein politisches Verbrechen. In Zeiten großer politischer Gefahr gewann sie an Wichtigkeit, trat aber zu anderen Zeiten völlig in den Hintergrund. Ihr Verhältnis zur herrschenden Religion war äußerst unbestimmt und sie umfaßte viele Bräuche, die nicht im mindesten für unsittlich angesehen wurden. In der frühesten Kirche hingegen wurde sie als die schrecklichste, durch die direkte Vermittlung böser Geister bewirkte Form des Sakrilegs erachtet. Sie schloß in sich das ganze Sytem des Heidentums, erklärte alle seine Wunder, und gab allen seinen Legenden eine furchtbare Bedeutung. Infolgedessen erlangte sie eine außerordentliche Wichtigkeit in der Lehre der Kirchenväter und wirkte nachdrücklich und andauern auf die Einbildung des Volkes.

Als die Kirche die Leitung der weltlichen Macht erhielt, änderte, oder verließ sie bald die früher von ihr selbst eingeschärften toleranten Grundsätze, und im Verlauf von wenigen Jahren wurden sowohl gegen die Juden, als auch gegen die Ketzer beschränkende Gesetze erlassen. Es scheint jedoch, daß zu KONSTANTINs Zeit die Menge der Heiden noch so groß und der Eifer des Kaisers so schlaff war, daß er anfänglich davor zurückschreckte, seine Gesetze offen und eingestandenermaßen gegen den alten Glauben zu richten; es wurde daher ein geschickter Ausweg ermittelt, ihn unter dem Schein der alten Gesetze an der Wurzel zu untergraben. Die Magie umfaßte bei den Römern, wie bemerkt, nicht bloß jene Geisterbeschwörungen und jene Arten anderen Leid anzutun, welche immer als Sakrileg verschrien waren, sondern auch gewisse Arten die Zukunft zu verkünden, welche nicht für moralisch schlecht, sondern bloß für politisch gefährlich angesehen wurden. Diese letzte Vorstellung war ein Auswuchs der anerkannten Staatsreligion und wurde nie mit Bestimmtheit von ihr beseitigt. Die Gesetze waren zu dem Zweck gemacht, Aufstände und Betrug zu verhüten und in diesem Geist auch angewandt worden. Die christlichen Kaiser revidierten diese Gesetze, verschärften sie mit der größten Strenge, richteten sie aber gegen die Religion der Heiden (25). Anfangs wurde nur die geheime, von den Decemvirn verbotene, später in allgemeinen Gebrauch gekommene Magie verurteilt; aber im Verlauf weniger Regierungen erweiterte sich der Kreis der Gesetzgebung, bis er das ganze System des Heidentums umfaßte.

Fast unmittelbar nach seiner Bekehrung erließ KONSTANTIN ein überaus strenges Gesetz gegen die geheime Magie. Er dekretierte, daß jeder Wahrsager, welcher in das Haus eines Bürgers geht, um seine Riten zu zelebrieren, lebendig verbrannt, das Eigentum seiner Befrager vom Staat eingezogen und seine Angeber belohnt werden sollten (26). Aber zwei Jahre später wurde eine die Strenge dieses Gesetzes beträchtlich mildernde Proklamation erlassen, welche erklärte, es war nicht die Absicht des Kaisers, die magischen Bräuche, welche die Auffindung von Krankheitsmittteln oder die Beschützung der Ernte vor Hagel, Schnee und Unwetter zum Ziel haben, zu verbieten (27).

Diese teilweise Toleranz dauerte bis zum Tod KONSTANTINs, schwand aber ganz und gar unter seinem Nachfolger. KONSTANTIN war von weit strengeren Überzeugungen als sein Vater beherrscht; als gläubiger Arianer wurde er stark von seinen Priestern beeinflußt, und er richtete mit scharfem und fast leidenschaftlichem Eifer seine Gesetze gegen die an die heidnische Gottesverehrung am nächstn grenzenden Formen der Magie. Im Eingang eines dieser Gesetze klagt er, daß Viele Stürme erregt und das Leben ihrer Feinde mit Hilfe von Dämonen zerstört hätten, und infolgedessen verbietet er in der schärfsten Weise, unter Androhung der härtesten Strafen, jede Art Magie. Alle Zukunftsverkündiger, die Auguren sowohl, wie die minder anerkannten Wahrsager, wurden nachdrücklich verdammt. Die in Rom eingefangenen Magier sollten den wilden Tieren vorgeworfen, und die in den Provinzen aufgegriffenen den folterndsten Qualen ausgesetzt und schließlich gekreuzigt werden. Beharrten sie in der Leugnung ihres Verbrechens, so sollte ihnen mit eisernen Haken das Fleisch von den Knochen gerissen werden (28). Diese furchtbaren Strafen waren gegen die gerichtet, welche Bräuche vollzogen, die lange allgemein gewesen waren, und die, wenn sie auch nicht zu den Obliegenheiten, so doch mindestens zu den höchsten Privilegien des Heidentums gehörten. Eine bezeichnende, längst bermerkte Tatsache ist es, daß unter dieser Regierung die in den alten heidnischen Gesetzen den Christen beigelegte und zur Erbitterung des Volksgeistes als so wirksam bewährte Bezeichnung "Feinde des Menschengeschlechts" auf die Magier übertragen wurde. (29)

Der Kampf der christlichen Kaiser gegen die Magie war allerdings eine der schwierigsten Arbeiten, die man sich denken kann, und alle Strafen, welche die römische Barbarei ersann, vermochten nicht Gewohnheiten zu zerstören, welche die natürliche Folge der herrschenden Leichtgläubigkeit waren. So lange die Menschen glauben, sie könnten sich leicht der Zukunft versichern, so war es ganz gewiß, daß die Neugier schließlich die Furcht überwältigt. Solange sie glauben, daß einige einfache Bräuche ihre Feinde zugrunde richten und sie selbst in den Stand setzen könnten, ihre liebsten Wünsche auszuführen, setzen sie ganz unzweifelhaft deren Übung fort, obgleich Priester ihre Bannstrahlen schleuderten und Kaiser ihre Strafen vervielfältigten. Der Skeptizismus, und nicht der Terrorismus, was das einzige Korrektiv für das Übel. Dieser Skeptizismus war nirgendwo zu finden. Der große Haufen stellte niemals, auch nur einen Augenblick, die Wirksamkeit der Magie in Frage. Die heidnischen Philosophen waren alle von den Träumen des Neuplatonismus geblendet und schrieben lange Bücher über die Mysterien Ägyptens, die Hierarchie der Geister und deren Verkehr mit den Menschen. Wahr ist es, daß die Kirchenväter die Magie heftig anklagten; aber sie scheinen niemals den geringsten Argwohn gehabt zu haben, daß sie eine Täuschung ist. Hätte das Christentum dem Zauber dieser verbotenen Bräuche nichts entgegenstellen können, so würde es unmöglich gewesen sein, die große Mehrzahl des Volkes vom Rückfall in dieselben abzuhalten; aber durch einen sehr natürlichen Vorgang wurde rasch eine Reihe von Begriffen in die Theologie eingeführt, welche das bildeten, was man ein Rivalsystem der Magie nennen kann, in welchem die talismanischen Wirkungen des Weihwassers und der christlichen Zeremonien eine Art von Gegengewicht gegen die Wirkung der ungesetzlichen Zaubereien wurden. Es ist aber sehr merkwürdig, daß, während die christliche Geistlichkeit diese heiligen Talismane ins Unendliche vermehrte, sie den anderen großen Reiz der Magie, die Kraft die Zukunft zu verkünden, niemals für sich in Anspruch nahm. Dies würde höchst wahrscheinlich nicht der Fall gewesen sein, wäre die Theorie der Schriftsteller des 18. Jahrhunderts richtig, und der Aberglaube, welcher seinen Gipfelpunkt im Mittelalter erreichte, einfach das Ergebnis der Schurkerei der Geistlichkeit gewesen. Die christlichen Priester würden dann, wie alle anderen Priester, sich dieser allgemein verbreiteten Neugier verkuppelt, und etwas den alten Orakeln oder Augurien Gleichartiges der Kirche einverleibt haben. Nichts der Art fand statt, weil die Veränderung, welche über die Theologie hereinbrach, die Folge, nicht des Betruges, sondern einer normalen Entwicklung war. Kein Teil des Christentums hat eine Tendenz sich zu einem Orakelsystem zu entwickeln; und wäre ein solches System entstanden, so würde es das Ergebnis eines wohlüberlegten Betruges gewesen sein. Andererseits gab es wieder viele mit diesem Glauben eng verbundene Vorstellungen, besonders betreffs der Wirksamkeit des Taufwassers, welche unter dem Druck eines materialistischen Zeitalters, durch eine leichte und natürliche, wo nicht gesetzliche Umwandlung, in eine Art von Fetischismus überging, und der sich den so allgemein verbreiteten magischen Vorstellungen anpaßte.

Der heilige HIERONYMUS erzählt im Leben des heiligen Hilarion ein Wunder dieses Heiligen aus der Zeit von wenigen Jahren nach dem Tod des KONSTATIUS, das klar die Stellung zeigt, welche die christlichen Gebräuche mit Bezug auf die Magie einzunehmen begannen. Ein Christ namens Italicus, pflegt ein Pferdewettrennen gegen den heidnischen DUUMVIR von GAZA zu halten, letzterer gewann aber jedesmal den Sieg mittels magischer Künste, welche sein eigenen Pferde anspornten und die seines Gegners lähmten. Der Christ nahm in Verzweiflung seine Zuflucht zum heilien Hilarion. Dieser scheint anfänglich über die Bitte etwas stutzig gewesen zu sein, oder schrak vielmehr zurück sich durch irgendeine Handlung bei Pferderennen zu beteiligen; aber ITALICUS überzeugte ihn zuletzt, daß die Sache seiner Vermittlung wert wäre und erhielt einen Krug voll Wasser, das von HILARION selbst geweiht worden war und das daher mit einer besonderen Kraft begabt war. Endlich rückte der Tag des Rennens heran. Die Wagen wurden dicht nebeneinander aufgestellt und die Zuschauer drängten sich in den Zirkus. Als das Zeichen zur Abfahrt gegeben wurde, besprengte ITALICUS seine Pferde mit dem heiligen Wasser. Sofort flog der Wagen des Christen mit einer übernatürlichen Schnelligkeit bis zu dem Pfahl, während die Pferde seines Gegners wankten und schwankten, als ob sie eine unsichtbare Hand geschlagen hätte. Der Zirkus erklang von wilden Rufen der Verwunderung, der Freude oder des Zornes. Einige forderten den Tod des christlichen Magiers, aber viele Andere entsagten dem Heidentum infolge des Wunders.

Die von KONSTANTIUS gegen die Magier gerichtete Verfolgung wurde selbstverständlich unter JULIAN suspendiert, dessen Geist der Duldung, wenn wir das Zeitalter, in welchem er lebte, die Herausforderungen, welche er erfuhr, und den starken religiösen Eifer erwägen, welchen er an den Tag legte, eine der merkwürdigsten Erscheinungen in der Geschichte war. Er war leidenschaftlich jenen Formen der Magie ergeben, welche die heidnische Religion erlaubte, und sein Palast war immer mit Magiern gefüllt. Die von KONSTANTIUS verbotene Befragung der Eingeweide wurde bei der Krönung JULIANs erneut, und bei den Christen ging die Sage, sie hätten bei der Gelegenheit die Form eines Kreuzes mit einer Krone darüber dargestellt. Während der kurzen Regierung JOVIANs scheint dieselbe Duldung angedauert zu haben, aber VALENTINIAN erneuerte die Verfolgung und verbot in einem neuen Gesetz die gottlosen Gebete und nächtlichen Opfer, welche noch verrichtet wurden. Dieses Gesetz erregte so viel Unzufriedenheit in Griechenland, wo es der Staatsreligion geradezu entgegenstand, daß VALENTINIAN einwilligte, es solle in dieser Provinz unausgeführt bleiben; aber in anderen Teilen des Reiches waren furchtbare Szenen des Leidens und der Verfolgung überall seine Zeugen. Im Osten verfolgte VALENS mit unparteiischem Eifer Alle, welche nicht die Lehren der Arianer annahmen. Der bloße Name "Philosoph" war, wie man gesagt hat, "ein Rechtstitel zur Ächtung", und die allerunbedeutendsten Vergehenungen wurden mit dem Tod bestraft. Ein Philosoph wurde hingerichtet, weil er seine Frau in einem Privatbrief ermahnt hatte, sie möchte das Portal der Tür nicht zu bekränzen vergessen. Ein junger Mann, welcher glaubte, er könne einen Diarrhoeanfall heilen, wenn er abwechselnd eine Marmorsäule und seinen Körper berührte, während er die Selbstlaute öfters hersagte, büßte diesen nicht eben gefährlichen Aberglauben durch Folter und Tod.

Überblickt man diese Verfolgungen, welche von den Orthodoxen und den Arianern gegen die Magier ausgingen, so müssen wir uns sorgfältig vor natürlichen Übertreibungen hüten. Es würde sehr unbillig sein, geradezu den Leitern der Kirche die Edikte zuzuschreiben, welche sie erzeugten. Es würde noch unbilliger sein, ihl;ten. Es würde sehr unbillig sein, geradezu den Leitern der Kirche die Edikte zuzuschreiben, welche sie erzeugten. Es würde noch unbilliger sein, ihnen den Geist zuzuschreiben, in welchem die Edikte ausgeführt wurden. Viel kommt auf Rechnung der persönlichen Barbarei gewisser Kaiser und Statthalter, auf die Habsucht, welche sie nach Vorwänden suchen ließ, wodurch sie das Eigentum der Reichen einziehen konnten, und auf die Aufregung, welche durch jeden Versuch hervorgerufen wurde, den Thronfolger zu entdecken. Wir haben bestimmte Beweise, daß die eine oder andere dieser drei Ursachen meistens mit den schlimmsten Ausbrüchen der Verfolgung in Verbindung stand, und wir wissen aus der älteren Geschichte, daß die Verfolgungen wegen Magie aus politischen wie auch aus religiösen Gründen stattfanden, lange bevor das Christentum triumphierte. Man muß ferner nicht die Strenge der Verfolgung nach dem genauen Wortlaut der Gesetze bemessen. Sähen wir einfach auf die geschriebenen Gesetzesbestimmungen, so würden wir schließen, daß ein beträchtlicher Teil der heidnischen Gottesverehrung, in einer früheren Zeit schlechterdings und allgemein wären unterdrückt worden. In der Praxis aber wurde das Gesetz stets gebrochen. Die allgemeine Schlaffheit der Verwaltung hatte alle Teile des Reiches bis zu einer Ausdehnung durchdrungen, welche die schwächste der neueren Regierungen selten gezeigt hat. Das Volksvorurteil stemmte sich gegen viele Verfügungen und die Herrscher übersahen häufig deren Übertretung. Daher finden wir, daß die Anwendung der verfügten Strafen unregelmäßig, unterbrochen und ungewiß war. Bald wurden sie mit der äußersten Strenge vollzogen; bald wurden die verbotenen Bräuche unverhohlen ausgeübt. Sehr häufig wütete die Verfolgung in einem Teil des Reiches, während sie in einem anderen unbekannt war. Gibt man aber alle diese mildernden Umstände zu, so bleibt klar, daß eine Reihe von Gesetzen gegen Gebräuche gerichtet wurde, die ganz und gar unschädlich und lange allgemein als Teile des heidnischen Gottesdienstes geübt worden waren, um die Religion, aus der sie entsprangen, zu untergraben. Es ist auch klar, daß die kirchlichen Führer gesamt an die Wirklichkeit der Magie glaubten, und daß sie sehr beträchtlich dadurch den Sinn des Volkes gegen ihre Bedeutsamkeit steigerten, indem sie allen heidnischen Bräuchen einen magischen Charakter zuschrieben. Unter Theodosius kam diese Phasae der Geschichte der Magie zum Abschluß. Zu Anfang seiner Regierung begnügte sich dieser Kaiser mit der Wiederholung der Erlasse seiner Vorgänger; aber bald warf er alle Verstellung ab, und verbot unter den schwersten Strafen jeden Teil der heidnischen Gottesverehrung.

Solcher Art war die von der ältesten Kirche gegen die Magier befolgte Politik. Sie übte in manchen Beziehungen einen sehr wichtigen Einfluß auf die spätere Geschichte. Erstens bildete sich eine feste Tradition, welche in späteren Jahrhunderten den Tatbestand des Verbrechens über die Möglichkeit des Zweifels stellte. Zweitens vergrößerte sich der Tatkern, um welchen die Fabeln der Inquisitoren sich häuften, beträchtlich. Durch eine sonderbare, aber sehr natürliche Umwandlung ging ein großer Teil der alten heidnischen Gottesverehrung aus der Sphäre der Religion in die der Magie hinüber. Das Landvolk fuhr fort, im Geheimen und in Gefahr die Bräuche ihrer Vorfahren zu üben. Man sagte ihnen, daß sie durch diese Bräuche sich an mächtige und bösartige Geister wenden; und nach mehreren Generationen kamen sie dahin, zu erlauben, was man ihnen sagte, ohne jedoch die Handlungen aufzugeben, welche verdammt wurden. Es ist für abergläubige Menschen in einem abergläubischen Zeitalter leichter, all die Vorstellungen, welche mit ihren Gebräuchen verbunden sind, zu wechseln, als ihren Geist von deren Einfluß zu befreien. Religionen gehen nie wirklich unter, es sei denn durch natürlichen Verfall. In den Städten war das Heidentum auf die Stufe der Hinfälligkeit angekommen, als das Christentum sich erhob, und daher war in den Städten der Sieg des Christentums rasch und entschieden; aber auf dem Land bewahrte das Heidentum noch seine Kraft und spottete aller Anstrengungen der Priester und Magistrate, es auszurotten. Der Einfall der Barbaren kräftigte noch mehr das heidnische Element, und schließlich wurde eine Art von friedlicher Übereinkunft geschlossen. Das Heidentum, als besonderes System, wurde vernichtet, aber seine verschiedenen Grundbestandteile blieben in umgewandelter Form und unter neuen Namen stehen. Viele Teile des Systems wurden vom neuen Glauben aufgenommen. Sie verschmolzen innigst mit den Lehren, mit welchen sie am meisten Ähnlichkeit hatten, gaben ihnen einen außerordentlichen Vorrang im christlichen System und machten sie besonders beliebt und einflußreich. Altertumsforscher haben schon längst nachgewiesen, daß man die Spuren dieser Vermischung in fast jedem Teil des römisch-katholischen Glaubens entdecken kann. Ein anderer Teil des Heidentums wurde eine Art Auswuchs des anerkannten Christentums. In der Form von unzähligen abergläubischen Gebräuchen nahm er eine schwankende Stellung ein, bald günstig, bald verdammt, am Rande des Glaubens schwebend verband und durchflocht er sich mit den autorisierten religiösen Handlungen, die gelegentlich von Konzilen getadelt, gewöhnlich von den unwissenden Geistlichen befördert wurden, und häufig eine stärkere Verehrung fanden, als die regelmäßigen Zermonien, mit welchen sie verbunden waren. Ein dritter Teil behielt dauernd die Form der magischen Bräuche, welche trotz Verfolgung und Bannstrahl geübt wurden, und nach der nominellen Unterdrückung des Heidentums beinahe acht Jahrhunderte lang sich behaupteten. Diese Bräuche bilden natürlich nur ein, und vielleicht ein nicht sehr hervorragendes Element im System der Hexerei; aber jede Erörterung, welche es unterlassen würde, davon Notiz zu nehmen, würde unvollständig sein. All jene fratzenhaften Zeremonien, welche SHAKESPEARE in Macbeth schildert, sind dem alten Heidentum entlehnt. In der Beschreibung des Hexensabbaths kommen Diana und Herodias zusammen als die zwei hervorragendsten Gestalten vor, und unter den gegen die Hexen vorgebrachten Anklagepunkten finden wir viele alte Gebräuche der Auguren aufgeführt.

Im sechsten Jahrhundert waren beide, der Sieg des Christentums über das Heidentum, als äußeres System betrachtet, und die Korruption des Christentums selbst, vollendet, und man kann sagen, was man mit Recht die finsteren Jahrhunderte genannt hat, begann. Auf den ersten Blick scheint es eine etwas sonderbare und anomale Tatsache, daß während des Zeitabschnitts, welcher zwischen dem sechsten und dreizehnten Jahrundert verfloß, wo der Aberglaube sehr groß und die Leichtgläubigkeit sehr allgemein war, die Hinrichtungen wegen Hexerei verhältnismäßig selten waren. Es hat nie eine Zeit gegeben, in welcher das menschliche Gemüt vollständiger von übernatürlichen Vorstellungen erfüllt und verrottet, oder in welcher die Vorstellung von der Gewalt und Gegenwart des Satans tiefer und allgemeiner war. Viele Tausende von Fällen des Besessenseins, der Austreibung, der Wunder und Erscheinungen des Teufels waren in Umlauf. Sie wurden ohne den geringsten Zweifel geglaubt und waren das gewöhnliche Gebiet geworden, auf welchem sich die Einbildungskraft erging. Es gab kaum einen großen Heiligen, dem nicht bei irgendeiner Gelegenheit eine sichtbare Kundgebung eines bösen Geistes begegnet wäre. Zuweilen erschien der Teufel als fratzenhaftes, schreckliches Tier, zuweilen als schwarzer Mann, manchmal als schönes Weib, manchmal als von der Kanzel herab predigender Priester, bald als Engel des Lichts, und bald in noch heiligerer Gestalt. Doch, so sonderbar es uns jetzt erscheinen mag, diese, obgleich fest geglaubten und überaus bewiesenen Vorstellungen, riefen doch nicht den geringsten Grad an Terrorismus hervor. Gerade die Vermehrung des Aberglaubens hat sich als ihr Korrektiv erwiesen. Man glaubte allgemein, daß der Erzfeind stets den Christen umschwebt; aber ebenso glaubte man, daß das Zeichen des Kreuzes, oder wenige Tropfen Weihwasser, oder der Name Maria ihn in eine sofortige schimpfliche Flucht versetzen könnte. Die Lebensgeschichten der Heiligen waren von seinen Listanschlägen voll; aber sie schilderten ihn als regelmäßig besiegt, erniedrigt und verachtet. Der Satan selbst hatte auf Geheiß ZYPRIANs wiederhot ein wehrloses, unwissendes Mädchen, das sich der christlichen Religion geweiht hatte, überfallen. Er hatte die ganze Kraft der Sophisterei zur Verdunkelung ihrer Jungfräulichkeit und alle Künste der erzengelhaften Beredtsamkeit zugunsten eins jungen und edlen Heiden erschöpft, welcher nach des Mädchens Hand strebte; aber das einfache Zeichen des Kreuzes machte jeden Sophismus zu Schanden, dämpfte jede Erregung der irdischen Liebe und trieb den Teufel geäfft und verzagt zu dem Magier zurück, welcher ihn gesandt hatte. Legionen von Teufeln, in gespensterhafter Ordnung aufgestellt, umringten die Kirche, wohin der heilige Maure einzog und behinderten mit drohenden Gebärden den Zug des Heiligen; aber wenige Worte des Exorzismus zerstreuten sie im Nu durch die Luft. In der Kirche der heiligen Sabina zu Rom zeigte man lange einen schweren Stein, welchen der Teufel in einem Augenblick verzweifelter Leidenschaft auf den heiligen Dominikus geschleudert hatte, in der eitlen Hoffnung, das vom Schutzengel geschirmte Haupt zu zerschmettern. Das Evangelium des Johannes um den Hals gehängt, ein Rosenkranz, eine Reliquie Christi oder eines Heiligen, irgendeinen der tausend Talismane, welche unter die Gläubigen verteilt wurden, genügte, um die höchsten Anstrengungen der teuflischen Bosheit zugrunde zu richten. Die Folge dieser Lehre war eine Gedankenrichtung, welche so weit entfernt war von der, welche heutigen Tages gilt, daß wir sie nur durch eine starke Anstrengung der Einbildungskraft begreifen können. Die sogenannte intellektuelle Basis der Hexerei existierte in der vollsten Ausdehnung. All jene Vorstellungen von teuflischer Gegenwart, alle Empfänglichkeit für das Wunderbare, welche so furchtbar auf die Einbildung des 15. und 16. Jahrhunderts wirkten, waren vorhanden, aber der unbedingte Glaube, die grenzenlose und triumphierende Leichtigkeit, mit welcher die Kraft der kirchlichen Gebräuche angenommen wurde, machte sie verhältnismäßig unschädlich. Wären die Menschen etwas weniger abergläubisch gewesen, so würden die Wirkungen ihres Aberglaubens schrecklicher gewesen sein. Man glaubte fest, jeder, der von der starren Linie der Orthodoxie abwich, müsse bald der Gewalt des Satans erliegen; aber da kein Geist des Widerstandes oder des Zweifels vorhanden war, so erzeugte diese Überzeugung keinen sonderlichen Terrorismus.

Durch diese ganz sonderbare Lehre zog sich jedoch eine Ader von finsterem Charakter. Die schrecklichen Naturerscheinungen blieben von den Besprechungen und den Besprengungen völlig unberührt, und sie wurden ohne Unterschied einer übernatürlichen Einwirkung zugeschrieben. In jeder Nation hat man in einer früheren Zeit geglaubt, daß Pest, Hungersnot, Kometen, Regenbogen, Sonnenfinsternisse und andere seltene und erschreckende Erscheinungen nicht durch die gewöhnliche Reihenfolge der Naturgesetze, sondern durch die unmittelbare Dazwischenkunft der Geister bewirkt werden. In dieser Weise hat sich die Empfänglichkeit für das Wunderbare, welche das Merkmal aller halbgebildeten Nationen ist, fortgesetzt und die Geistlichkeit hat auch häufig diese Erscheinungen als Folgen eines gegen sie geübten Widerstandes bezeichnet. Die alten katholischen Priester waren vollendete Meister dieser Künste, und jedes seltene Naturereignis wurde im Mittelalter eine Gelegenheit zum allerheftigsten Terrorismus. So wurde eine schreckliche Hungersnot, von welcher Frankreich im 8. Jahrhundert heimgesucht worden war, allgemein als Folge des Widerstandes dargestellt, welchen die Franzosen gegen die Bezahlung der Zehnten an den Tag legten. Im 9. Jahrhundert verbreitete eine totale Sonnenfinsternis Schrecken durch Europa, und sie sollte eine der Ursachen vom Tod des französischen Königs gewesen sein. Im 10. Jahrhundert bewirkte eine ähnliche Naturerscheinung die Flucht einer ganzen Armee. Mehr als einmal erfüllt die Erscheinung eines Kometen Europa mit fast bis zum Wahnsinn sich steigernden Schrecken, und so oft ein bedeutender Mann durch plötzliche Krankheit hingerafft wurde, galt der Tod als Wirkung der Zauberei.

Das natürliche Ergebnis solcher Anschauungen mußte, nach meinem Dafürhalten, sein, daß die Vorstellung von der Zauberei sich sehr verallgemeinerte, daß aber die Furcht davor nicht in eine absolute Manie überzugehen brauchte. Die Leichtgläubigkeit war gewöhnlich und allgemein, aber der religiöse Terrorismus unbeständig und vorübergehend. Es muß uns daher nicht überraschen, daß die Zauberei, obgleich den Menschen sehr geläufig, doch in der Zeit, von der ich spreche, nicht jene hervorragende Stellung einnahm, welche sie später erlangte. Der Gedanke eines förmlichen Vertrages mit dem Teufel hatte sich noch nicht ausgebildet; aber die meisten Verbrechen der Hexerei wurden anerkannt, verdammt und bestraft. So geschah es, daß, als gegen Ende des 6. Jahrhunderts ein Sohn der Fredegunde nach kurzer Krankheit verstarb, eine Anzahl Weiber den verlängertsten und peinlichsten Qualen ausgesetzt und schließlich verbrannt oder gerädert wurden, weil sie durch Zaubersprüche den Tod des Prinzen verursacht haben. In Deutschland blieb der Codex des Mathematicis et Maleficiis lange in Kraft, wie das alte Salische Gesetz über diesen Gegenstand in Frankreich. KARL der Große erließ neue und sehr nachdrückliche Gesetze, welche die Zauberer zum Tod verdammten, und sehr große Massen scheinen unter seiner Regierung umgekommen zu sein. Hagel und Gewitterstürme wurden fast allgemein ihrer Bosheit zugeschrieben. Ein großer Kirchenmann des 9. Jahrhunderts - AGOBARD, Erzbischof von Lyon - hatte freilich das seltene Verdienst, dem Volksglauben entgegenzutreten.

Durch das ganze Mittelalter und sogar bis spät in das 17. Jahrhundert existierte auch die Sekte der Kabbalisten, welche besonders als Magier verfolgt wurde. Es ist nicht leicht, eine sehr klare Anschauung von ihren mystischen Lehren zu bekommen, welche lange einen außerordentlichen Zauber auf viele Geister geübt und welche den starken und kühnen Verstand eines CARDAN, AGRIPPA und PARACELSUS bestrickt haben. Sie scheinen viele Traditionen umfaßt zu haben, die lange bei den Juden im Umlauf waren, gemischt mit Vielerlei aus der alten platonischen Dämonenlehre und einen großen Zusatz von reinem Naturalismus. Mit ein Grad an Leichtgläubigkeit, welche in unserer Zeit dürftig mit einem gesunden Verstand vereinbar erachtet wurde, die aber damals vollkommen natürlich war, verband sich ein seltsam kühner Skeptizismus, und wahrscheinlich war noch ein größerer Teil, als der wirklich eingestandene, unter der Form von Allegorien verhüllt. Die Kabbalisten glaubten an die Existenz der Naturgeister, Verkörperungen, oder Repräsentanten der vier Elemente, an Sylphen [Luftgeister - wp], Salamander [Feuergeister - wp], Gnome [Erdgeister - wp] und Undinen [Wassergeister - wp], Wesen von bei weitem mehr, als menschlicher Herrlichkeit, aber sterblich und nicht ungefärbt von menschlicher Schwäche. Zum Verkehr mit diesen Elementargeistern der Natur zu gelangen, war das höchste Ziel des Philosophen. Wer es erreichen wollte, mußte sich von der gewöhnlichen Lebensweise lossagen. Er mußte seine Seele durch Fasten und Ehelosigkeit, durch andauerndes und unermüdetes Studium, durch eine innige Verbindung mit der Natur und den Naturgesetzen läutern. Er mußte vor allem lernen, mit Verachtung auf die heftigsten Streitigkeiten der entgegengesetzten Bekenntnisse herabzusehen, in jeder Religion eine Seite des ewigen Gesetzes, eine neue Form und Kundgebung des Wirkens der Naturgeister auf die Menschheit, zu erblicken.

Die dieser Lehre zugrunde liegende Anschauung ist nicht schwer zu entdecken. Da jedoch keine religiöse Lehre den Zeitverhältnissen widerstehen kann, so wurden diese einfachen Begriffe bald von so vielen jener fratzenhaften und materiellen Einzelheiten überladen und entstellt, welche unwandelbar aus der mittelalterlichen Denkweise folgten, daß nur eine sorgsame Untersuchung ihre Umrisse erforschen kann. Man glaubte, es wäre diesen Philosophen möglich, eine buchstäbliche Ehe mit diesen Geistern zu schließen und eine solche Verbindung wäre das leidenschaftlichste Verlangen der Geisterwelt; sie wäre nicht nur höchst beglückend für beide Parteien in dieser Welt, sondern beförderte höchlich [sehr - wp] ihre Aussichten in die zukünftige. Die Sylphe wäre, trotz ihres mehrhundertjährigen Lebens, sterblich und hätte für sich selbst keine Hoffnung auf ein zukünftiges Leben, aber ihr menschlicher Gatte teilt ihr seine Unsterblichkeit mit, es sei denn, er wäre einer der Abtrünnigen, in welchem Fall er von den Qualen der Hölle durch eine Teilnahme an der Sterblichkeit seiner Braut gerettet wird. Diese allgemeine Vorstellung wurde sehr ins Einzelne verarbeitet, und auf die Geschichte des Sündenfalls und auf die Mythologie des Heidentums angewandt, zwei Gegenstände, auf welche die orthodoxen Lehrsätze mit besonderer Wut gespornt waren. Kaum scheint irgendeiner die Wirklichkeit dieser Geister, oder ihre Gewohnheit, sich den Menschen zu offenbaren, bezweifelt zu haben, und soll dem Blitzen ihrer Flügel das Schimmern der Aurora zugeschrieben worden sein. Die einzige Frage war die über ihre Natur. Den Kabbalisten gemäß waren sie rein und tugendhaft, nach den Orthodoxen die Incubi, von denen der heilige AUGUSTINUS spricht; aber Alle, welche Verkehr mit ihnen hatten, wurden verdientermaßen verbrannt.

Die Geschichte der Kabbalisten liefert, wie ich glaube, einen schlagenden Beweis für die Verirrungen des Freidenkens in einem Zeitalter, welches für dessen Auffassung noch nicht reif ist. Wenn die eigentlichen Gegner der Kirche sich so vollständig von der Flut hinreissen lassen und sich einem mythologischen System ergaben, so absurd, wie die wildesten Legenden der Hagiologie [Heiligenwissenschaft - wp], so ist es nicht im Geringsten überraschend, daß die in den Reihen der Orthodoxie erstandenen Philosophen außerordentlich leichtgläubig waren, und daß sich ihre Begriffe durch den gröbsten Materialismus kennzeichneten. Unter den sehr wenigen Männern, die in einem geringen Grad die profane Literatur während des beregten Zeitabschnittes pflegten, gebührt MICHAEL PSELLUS eine hervorragende Stelle. Dieser bändereiche Schriftsteller, obgleich jetzt sehr wenig gelesen, nimmt, nach meinem Dafürhalten, doch eine gewisse Stelle in der Literaturgeschichte ein, als fast der einzige byzantinische Schriftsteller von Ruf, der seit Jahrhunderten auftrat. Gegen Schluß des 11. Jahrhunderts schrieb er sein "Gespräch über die Operationen der Dämonen", welches in großem Maßstab eine Auseinandersetzung der alten neuplatonischen Lehre von der Hierarchie der Geister ist, welches aber auch ein scharfes Licht auf die zu seiner Zeit vorherrschende Denkungsart wirft. Er versichert, die Welt wäre von Dämonen voll, die häufig unter seinen Landsleuten wären, und ihre Gegenwart in sehr verschiedenen Weisen kundgetan hätten. Er selbst hätte nie einen gesehen, aber er wäre mit Personen wohl bekannt, die im wirklichen Verkehr mit ihnen standen. Seine Hauptautorität war ein Grieche namens MARCUS, der zu einer Zeit keinen Glauben an die Erscheinungen gehabt hatte, der aber, nachdem er ein vollkommenes Einsiedlerleben angenommen, von Geistern umgeben wurde, deren Tracht und Äußeres er bis ins Kleinste beschrieb. Nachdem PSELLUS auf solche Weise eine umfangreiche Belehrung über die Sache angesammelt hatte, ging er daran, sie in ein philosophisches System zu verarbeiten, indem er es mit den Lehren der Vergangenheit in Verbindung brachte, und die Gesetze und Operationen der Geisterwelt erklärte. Er stellt es als einen Fundamentallehrsatz hin, daß alle Dämonen Körper haben. Dies, sagt er, ist die notwendige Schlußfolge aus der orthodoxen Lehre, daß sie die Feuerqual erdulden. Ihre Körper sind aber nicht, wie die der Menschen und Tiere, in eine bestimmte Form gestaltet, sie sind vielmehr verfeinerter dünner Stoff, wie die Wolken, fähig jede Gestaltung anzunehmen und in jede Öffnung einzudringen. Die schrecklichen Qualen, welche sie an ihrer Strafstätte erdulden, haben sie für den Schmerz äußerst empfindlich gemacht, und sie suchen beständig eine gemäßigte und etwas feuchte Wärme, um ihre Schmerzen zu lindern. Aus diesem Grund dringen sie so häufig in Menschen und Tiere ein. Besessenheit scheint ganz häufig gewesen zu sein und der Wahnsinn wurde gewöhnlich für eine ihrer Folgen angesehen. Indessen erwähnt PSELLUS, daß einige Ärzte eine Ausnahme von den vorherrschenden Ansichten bildeten, da das, was der Haufen geisten, sie physischen Ursachen zuschrieben, eine Verirrung, welche er nur auf Rechnung des Materialismus bringen konnte, der in ihrer Kunst so allgemein war. Er erwähnt nebenher die Taten der Incubi als nicht unbekannt, und geht in eine längere Erörterung über einen Teufel ein, welcher in Armenien bekannt gewesen sein soll.

Wir finden daher, daß durch das ganze Mittelalter die meisten der später von den Inquisitoren in ihren Abhandlungen über die Hexerei gesammelten Verbrechen bekannt waren, und daß viele davon häufig bestraft wurden. Doch waren die Hinrichtungen während sechs Jahrhunderte wahrscheinlich nicht so zahlreich als die, welche oft während eines einzigen Jahres des 15. und 16. Jahrhunderts stattfanden. Allein im 12. Jahrhundert trat die Sache in eine ganz neue Phase. Damals kam zuerst der Begriff von einer Hexe auf, wie wir ihn jetzt fassen, - das heißt von einer Frau, welche in eine überlegte Verbindung mit dem Satan getreten, die mit der Macht, nach Belieben Wunder zu tun, ausgerüstet war, und die immer durch die Luft fuhr zum Sabbath, wo sie ihre Huldigung dem Bösen darbrachte. Die durch diesen Glauben hervorgerufene Bestürzung verbreitete sich anfangs langsam, nach kurzer Zeit aber mit einer furchtbar wachsenden Schnelligkeit. Tausende von Opfern wurden zuweilen in wenigen Jahren lebendig verbrannt. Jedes Land in Europa war von der wildesten Bestürzung erfüllt. Hunderte der geschicktesten Richter wurden zur Ausrottung des Verbrechens erwählt. Eine ungeheure Literatur wurde über den Gegenstand geschaffen, und erst nach Verlauf eines beträchtlichen Teils des 18. Jahrhunderts hörten die Hinrichtungen schließlich auf.
LITERATUR William Edward Hardpole Lecky, Geschichte des Ursprungs und Einflusses der Aufklärung in Europa, Leipzig und Heidelberg 1868
    Anmerkungen
    1) Die allgemeine Wahrheit dieser Behauptung kann, glaube ich, kaum in Frage gestellt werden, obgleich unzweifelhaft einige wenige merkwürdige Ausnahmen vorhanden sind. So wurden die Tempelherren der Zauberei angeklagt, als PHILIPP der Schöne ihr Eigentum einzuziehen wünschte, und die ketzerischen Ansichten der Waldenser (Vaudois) mögen möglicherweise bei den gerichtlichen Verhandlungen zu Arras im Jahre 1459 etwas mitzusprechen gehabt haben; und wirklich war zu einer Zeit  Vauderie  der Name für Zauberei. Es gab überdies einige Fälle, daß übelberufene Politiker und Edelleute aufgrund einer solchen Beschuldigung hingerichtet wurden, und während der Republik gab es in England einen oder zwei beamtete Hexenfinder. Man muß auch einige Fälle der Konventsskandale, wie die von GAUFFRIDE, GRANDIER und La CADIERE, in Rechnung ziehen; aber nach Abzug all derselben werden sich die Verfolgungen der Hexerei als die Tat des ungeschwächten Aberglaubens deutlicher erweisen, als irgendwelche andere, die man nennen könnte. Die überwiegende Mehrheit der Hexen war äußerst arm - sie wurden von den höchsten und lautersten Gerichtshöfen (geistlichen und weltlichen) der Zeit verurteilt, und da damals die Ketzer ohne Umstände, ihrer Ansichten wegen, verbrannt wurden, so lag wenig Versuchung vor, sie der Hexerei anzuklagen, zumal alle Parteien sich aufrichtig in der Verfolgung die Hand boten. Wir werden später sehen, daß Hexerei und Sektiererei das Wirken derselben Geistesrichtung bei verschiedenen Klassen darstellen und daß sie daher gewöhnlich einander begleiten.
    2) WRIGHTs  Sorcery,  vol. 1, Seite 186; MICHELET, La Sorciere, Seite 10
    3) Über die französische Hexerei siehe THIERS'  Traite des Superstitions,  tom. I., Seiten 134-136f; MADDENs "History of Phantasmata", vol. 1, Seiten 306-310; GARINET, "Histoire de la Magie en France" besonders über den Einspruch des Parlaments von Rouen im Jahr 1670, gegen die Begnadigung der Hexen, Seite 337; BODINs  Demonomanie des Sorciers.  Die Verfolgung wütete mit äußerster Heftigkeit im ganzen Süden von Frankreich. Es war ein herrlicher Einfall von De LANCRE, daß die Hexerei zu Bordeaux mit den vielen Obstgärten zusammenhängt, - da wohl bekanntermaßen der Teufel eine besondere Macht über Äpfel hat (siehe die angeführte Stelle bei GARINET, Seite 176). Eine schauderhafte Jllustration von Zähigkeit des Hexenglaubens haben wir in der Tatsache, daß der Aberglaube noch andauert, und das Blut infolgedessen im gegenwärtigen Jahrhundert in den an die Pyrenäen grenzenden Provinzen vergossen worden ist. 1807 wurde ein Bettler von den Einwohnern von Mayenne wegen Zauberei verhaftet, gemartert und lebendig verbrannt. 1850 klagte das Ziviltribunal von Tarbes das Ehepaar SOUBERVIE an, daß es den Tod einer Frau BEDOURET veranlaßt hat. Die Ehegatten hatten geglaubt, daß sie eine Hexe ist und erklärten, der Priester hätte ihnen gesagt, sie wäre die Veranlasserin der schweren Krankheit der SOUBERVIE; darum schleppten sie die BEDOURET in ein Privatzimmer, hielten sie über brennendes Stroh und legten ein rotglühendes Eisen über ihren Mund. Das unglückliche Weib starb bald im qualvollsten Schmerz. Die SOUBERVIEs gestanden die Tat und frohlockten darüber. Im Prozeß erhielten sie die bestmöglichsten Zeugnisse. Es wurde dargetan, daß sie lediglich aus Aberglauben die Tat begingen und geltend gemacht, daß sie nur den höchsten geistlichen Vorgängern gefolgt sind. Von den Geschworenen der Gnade empfohlen, wurden sie nur zur Zahlung von fünfundzwanzig Franken jährlich an den Mann der Hingeopferten und zu Gefängnis von vier Monaten verurteilt. (CORDIER, Légendes des Hautes Pyrénées, Lourdes 1855, Seiten 79-88.)
    4) LLORENTE, History of the Inquisition, Seite 129-142. Unter anderen Fälen wurden in Calhahorra 1507 mehr als dreißig Frauen verbrannt. Ein spanischer Mönch, CASTANAGA, scheint es schon 1529 versucht zu haben, die Rechtmäßigkeit der Hinrichtungen in Frage zu stellen (Seite 131). Siehe auch GARINET, Seite 176; MADDEN, vol. I, Seiten 311-315. Toledo hielt man für den Hauptsitz der Magier, wahrscheinlich weil im zwölften und dreizehnten Jahrhundert dort mehr als in irgendeinem andern Teil Europas die Mathematik blühte, welche stets mit der Magie verwechselt wurde. NAUDÈ, Apologie pour les Grands Hommes soupconnez de Magie (Paris), Seite 81 und 82. Siehe auch BUCKLEs "Geschichte der Zivilisation", dt. von A. RUGE, 2. Ausgabe, Band 1, Seite 314, Anm. und SIMANCAS, De Catholicis Institutionibus, Seiten 463-468.
    5) SPINA, De Strigibus, 1522, Kap. XII; THIERS, vol. 1, Seite 138; MADDEN, vol. 1, Seite 305. Der Märtyrer PETRUS, welcher durch den Pinsel TIZIANs unsterblich wurde, scheint einer der heftigsten Verfolger gewesen zu sein. SPINA, Apol. C. IX.
    6) MADDEN, vol. 1, Seiten 303 und 304; MICHELET, La Sorciere, Seite 206: SPRENGER schreibt den Tellschuß dem Beistand des Teufels zu. Mall. Mal. (Pars II. C. XVI). Savoyen wurde immer ganz besonders von jenen epidemischen Krankheiten des Wahnsinns heimgesucht, die vormals den Hexen beigemessen wurden, und BOGUET bemerkt, daß die von ihm verbrannten Haupthexenmeister dorther stammten. Einen äußerst genauen Bericht über eine neuliche Epidemie dieser Art findet man in der  Relation sur une Epidémic d'Hystero-Demonopathie en 1861,  par le docteur A. CONSTANS (Paris 1863). Zwei französische Schriftsteller, ALLAN KARDEC und MIRVILLE, haben behauptet, diese Epidemie sei übernatürlich.
    7) Vgl. PLANCEY, Dict. Infernale, Art.  Blokula;  HUTCHINSON, On Witchcraft, Seite 55; MADDEN, vol. 1, Seite 354.
    8) THIERS, Superstition, vol. 1, Seite 142
    9) Die Lehre des Katholizismus über diesen Gegenstand findet man in reichen Belegen angeführt in MADDENs "History of Phant.", Vol. 1, Seiten 234-248; DES MOUSSEAUX, Pratiques des Démons, Paris 1854, Seiten 174-177; THIERS, Superst. tom I., Seiten 138-163. Die zwei letzterwähnten Schriftsteller waren eifrige Katholiken.
    10)  Colloquia de fascinationibus.  Über MELANCHTHONs Ansichten über diese Gegenstände, sieh BAXTER, World of Spirits, Seiten 126 und 127. Auch CALVIN ließ bei der Umgestaltung der Gesetze Genfs die über Hexerei unberührt.
    11) WESLEY.
    12) Ich glaube WEIER war der erste, der diese Behauptung aufstellte. In England wurde sie während der Regierung KARLs II. sehr verfochten. Die andere Seite der Frage wurde auf dem Kontinent von BODIN und in England von GLANVILL, MORE, CASAUBON etc. verteidigt.
    13) Über die Allgemeinheit des Glaubens siehe HERDER, Philosophie der Geschichte Buch 8, Kap. 2; MAURY, Histoire de Magie.
    14) GARINET, a. a. O., Seite 13 und 14
    15) Höchst gelungen ist dieser sehr dunkle Punkt behandelt von MAURY, Histoire de la Magie, Paris 1860, Seite 78-85. Aus diesem äußerst gelehrten und trefflichen Werk habe ich sehr viel geschöpft.
    16) MAURY, a. a. O., Kap. IV.
    17) Die alexandrinische oder neuplatonische Schule verdankt wahrscheinlich einen großen Teil ihres Einflusses auf das Urchristentum ihrer Lehre von der göttlichen Dreiheit, der Einheit, dem Logos und dem wirkenden Geist -, welche von einigen für übereinstimmend mit der christlichen Lehre gehalten wurde. Viele haben geglaubt, im JOHANNES-Evangelium spiegle sich der Neuplatonismus in Gedanken und Ausdruck wieder. Der Einfluß, welchen diese Schule auf das Christentum geübt hat, bildet die merkwürdigsten Blätter in der Kirchengeschichte. Ihr entlehnten die Orthodoxen einen großen Teil ihrer Metaphysik, und in beträchtlichem Maße ihre Lehre von der Anbetung der Dämonen, worauf, wie man lange meinte, PAULUS hindeutete. Von ihr erhielten die Gnostiker, die erste bedeutende Sekte der christlichen Ketzer, die Hauptlehre von den Aeonen, welche JULIAN in ein Rivalsystem zu konsolidieren suchte. Über die Dämonenlehre in ihrer Beziehung zum heidnischen Gottesdienst sehe man MAURY im Kapitel "Neuplatonismus" und die sorgfältige, auf der platonischen Theorie begründete Beweisführung, welche den größeren Teil des achten Buches seines "Gottesstaates" umfaßt.
    18)  De Cultu Foeminarum,  lib. L. § 2. Diese Ansicht wurde auf die Autorität der Weissagung HENOCHs aufgestellt, die von einigen - zu denen auch TERTULLIAN gehörte - für echt biblisch gehalten wurde. Der heilige AUGUSTINUS meint, daß die "Engel", welche sich in die Vorsintflutlichen verliebt, möglicherweise Teufel - die sogenannten  incubi  gewesen wären - und daß das Wort  Engel  im Buch HENOCH und in der Bibel, da es nur Bote bedeutet, für einen guten und bösen Geist gebraucht werden kann (Gottesstaat, Buch 15, Kap. 23) Diese Interpretationsregel hatte, wie wir sehen werden, einen wichtigen Einfluß auf die spätere Theologie der Hexerei.
    19) Ganz dieselben Ansichten waren lange über die Feen im Schwange. Ein moderner französischer Schriftsteller führt an, daß bis um die Mitte des 18. Jahrhunderts jährlich in der Abtei von Poissy eine Messe zum Schutz der Nonnen vor der Gewalt der Feen gefeiert wurde. ("Des Mousseaux Pratiques des Démons", Seite 81)
    20) Die Messalianer, eine häretische Sekte des 4. Jahrhunderts, gingen so weit, daß sie das Ausspucken zu einer religiösen Handlung machten, in der Hoffnung, sich auf diese Weise der Teufel zu entledigen, welche sie einatmeten (MAURY, a. a. O., Seite 317).
    21) "Hoc negare impudentiae videatur" [Es scheint, daß hier die Torheit geleugnet wird. - wp] (AUGUSTINUS, Gottesstaat, Buch XV, Kap. 23). Der Heilige fügt aber dann hinzu: "Non hic aliquid audeo temere definire." [Ich wage hier nicht vorschnell zu definieren. - wp] - Siehe auch JUSTIN, Martyr. Ap. c. V. Dieselbe Ansicht erhielt sich durch die folgenden Jahrhunderte, und Teufelsbuhlschaften waren lange die gewöhnlichsten Anklagen in den Hexenprozessen. Die Teufel in Frauengestalt nannte man gewöhnlich  succubi,  die in Männergestalt  incubi,  (obgleich dieser Unterschied nicht immer festgehalten wurde). Erstere waren verhältnismäßig selten, aber BODIN nennt einen Priester, der länger als dreißig Jahre Umgang mit einer hatte, und einen andern, der über ein halbes Jahrhundert in einer Teufelin eine treue Geliebte fand, beide wurden lebendig verbrannt (Démonomanie des Sorciers, Seite 107). LUTHER glaubte fest an einen solchen Umgang (a. a. O.). Die  incubi  waren bei weitem häufiger, und Hunderte, vielleicht Tausende von Frauen wurden wegen des Glaubens an sie verbrannt. Man wollte bemerkt haben, daß sie eine besondere Neigung zu Frauen mit schönem Haar hätten; und es war ein alter katholischer Glaube, daß PAULUS darauf in der etwas dunklen Stelle anspielt, wo er die Frauen ermahnt, das Haupt der "Engel" wegen zu bedecken (SPRENGER, Mall. Mal. Pars I, Quaest, 4; und Pars. II, Quaest. 2). Die  incubi  waren gewöhnlich kinderlos, aber diese Regel hatte ihre Ausnahmen; denn der Inquisitor NIDER versichert, die Insel Zypern wäre ganz und gar von ihren Söhnen bevölkert (Mall. Malefi. Seite 522). Auch die Erscheinung des Alpdrückens wurde mit diesem Glauben in Verbindung gebracht (siehe BODIN, Seite 109). Die Dusii, deren Streiche AUGUSTINUS erwähnt, waren keltische Geister, und von ihrem Namen stammt das englische Wort "Deuce" (MAURY, Seite 189). Über die noch viel lustigeren Ansichten der Kabbalisten und anderer mittelalterlicher, geheimer Gesellschaften betreffs des Verkehrs der Philosophen mit Sylphen, Salamander usw. sehe man das hübsche und amüsante Buch "Le Comte de Gabalis ou Entretiens sur les Sciences Secretes", Paris 1672.  Lilith,  nach rabbinischen Traditionen, die erste Frau  Adams  und Blutsäugerin der Wiegenkinder - Manche wollten von ihrem Namen das Wort "Lullaby" (Lili Abi) ableiten - wurde für die Königin der Succubi angesehen (PLANCEY, Dict. Inf., art.  Lilith).  Die Griechen glaubten, das Alpdrücken werde durch Anwesenheit eines Dämons  Ephialtes  bewirkt.
    22) Eine dieser Inschriften findet man im Museum des Lateran und eine andere in der Katakombe von Sankt Calista. Über diese Geisterbanner siehe: BINGHAM, Antiquities of the Christian Church, Oxford 1855, Vol. I, Seite 316-324 und NEANDERs History, Vol. II, Seite 370.
    23) TERTULLIAN, De Spectaculis, Kap. XXVI. Derselbe Schriftsteller versichert, daß, als eine andere Frau einen Schauspieler sehen ging, sie die ganze folgende Nacht von einem Totenhemd geträumt und des Schauspielers Namen unter schrecklichen Gewissensbissen in den Ohren klingen gehört hätte. Im 6. Jahrhundert erwähnt GREGOR der Große einer Nonne, die im Garten spazierte und ohne das Zeichen des Kreuzes zu machen einen Imbiß nahm. Sie hatte bittere Ursache die übereilte Tat zu bereuen, denn unmittelbar darauf verschluckte sie mit einem Stück Lattich einen Teufel ("Dialogi", lib. I. c. 4). Die ganze höchst lustige Stelle anzuführen, gestattet der Raum nicht.
    24) De Corona.
    25) Die Geschichte dieser Bewegung ist mit meisterhafter Geschicklichkeit von MAURY, "Sur la Magie", und auch von BEUGNOT, "Destruction du Paganisme dans l Occident",  behandelt worden.
    26)  Codex Theodosianus,  lib. IX, tit. XVI. c. 1, 2. Der heidnische Geschichtsschreiber ZOSIMUS bemerkt, daß, als KONSTANTIN seine einheimischen Götter verließ, "begann er seine Ruchlosigkeit damit, daß er mit Verachtung die Kunst des Wahrsagens ansah" (lib. II. c. 29); und EUSEBIUS zählt seine Untersagung der Wahrsagerei zu den offenbar gegen das Heidentum gerichteten Maßnahmen (Vita Const. lib. I. c. 16)
    27)  Codex Theodosianus,  lib. IX, tit. XVI. c. 3
    28)  Codex Theodosianus,  lib. IX, tit. XVI. c. 4, 5, 6. Die Sprache ist sehr bestimmt.
    29) BEUGNOT, tom. I. Seite 148.