p-3epubmobipdfmp3Kleines ABC der WertlogikWertorientiertes Denken  
 


WERNER |G| PETSCHKO
Wertorientierte Logik
[Remix 2013]

"Wenn das Ideal der Demokratie kein Wahnbegriff sein soll,
brauchen genügend Leute einen funktionierenden Verstand."

Niemand soll glauben, daß in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts mehr sogenannte Wahrheit für die breite Masse zur Verfügung steht, als in den Jahrhunderten zuvor. Es kursieren zwar jede Menge Daten, aber die sind in der Regel für den Sender viel wertvoller, als für die Empfänger. Wissen hat nach wie vor wenig mit so etwas wie  Wahrheit  oder Vernunft zu tun, sondern wie zu allen Zeiten weit mehr mit im Grunde ungerechtfertigter  Macht.  Um Informationen für eine bestimmte Gruppe von Leuten nützlich zu machen, ist es erforderlich, daß dieses Wissen bei einer anderen Gruppe von Menschen Handlungen auslöst, die den Erfolg einer Ansage bestätigen.

Es geht darum, den Willen der großen Masse zu beherrschen, wenn von staatlicher  Ordnung  oder dem  Kreislauf  in der Wirtschaft gesprochen wird. Legitimationsdiskurse, die mit den logischen Konsequenzen von grundsätzlicheren Einsichten verbunden wären, werden dabei als - in einem pragmatischen Sinn -irrelevant ausgeklammert. Wenn der Rechtbegriff und Moralvorstellungen die geistigen Geschwister der Wahrheitsidee sind, dann werden sie, wie Abel vom Kain einer geistlosen Macht erschlagen. Besonders die Vorspiegelung scheinbarer "Tatsachen" trägt ganz besonders dazu bei, die ungebildeten Bevölkerungsschichten in ihrer ethischen Orientierung zu verwirren. Im Informationsmix der etablierten Medien werden unbemerkt sogenannte "Fakten" mit offensichtlichen oder heimlichen Interessen vermengt und Widersprüchlichkeit, Gegensätzlichkeit und Streit nehmen kein Ende, weil es keine andere gemeinsame Basis als das materielle Interesse gibt, auch wenn das nach außen hin nicht gern zugegeben wird.

Die Erwerbsdenker geben sich auch gern den Anschein des Wohltäters, um sich ihr Gewissen zu erleichtern, aber allzu tief schürft so ein Gewissen in der Regel nicht. Letztlich findet im gesellschaftlichen Miteinander in weit größerem Maß ein Rekurs auf primitive animalische Überlebensstrategien statt. Wohlwollen und Zuneigung beschränken sich dabei bestenfalls auf private Beziehungen. Von diesem steinzeitlichen Durcheinander profitieren heute, wie zu allen Zeiten, die Mächtigen dieser Erde, denn wo keine Klarheit und damit Verstand herrscht, suchen die Leute ihre Sicherheit in der Macht, bei der richtig und falsch dann weniger eine Rolle spielen, als der Umstand, daß man sich auf das, was passiert, auch verlassen kann. Zuerst kommt das "Fressen" und dann die Moral, womit sich dann auch problemlos Waffenexporte, irgendwelche "Umweltsünden" oder sonstige kleinere oder größere "Untaten" rechtfertigen lassen.

Eine derartige Tyrannei der Verhältnisse, wie sie eine Politik der Sachzwänge vorgaukelt, hat mit einem demokratischen Gemeinwesen nichts zu tun, denn die Ideale einer moralischen Verfassung sind in einem solchen System nur Fassade und Wolkenkino, in dem der Aberglaube der breiten Bevölkerung an eine im Grunde  rationale  Weltordnung, die für alle Menschen gleichermaßen gültig ist, zugunsten weniger "Bestimmer" ausgenutzt wird. Soll eine demokratische Gesellschaftsordnung nicht nur ein täuschendes Manöver einer verschworenen Pseudo-Elite sein, die auf "Erfolg" geeicht ist, dann muß die große Mehrheit der Staatsbürger über eine Bildung verfügen, die es ihr erlaubt, das für sie  relevante  Geschehen von betrügerischem Informationsmüll zu unterscheiden. Das gelingt nicht ohne die bewußte Aufarbeitung vieler Widersprüche, von denen die Gesellschaften der westlichen Industrieländer durchsetzt sind und von denen der wirkungsvollste in Form einer logisch-formalen Allgemeingültigkeit kursiert, die aus dem Hut gezaubert ist.

Bis zum heutigen Tage wird nach dem  Wesen  der Dinge geforscht und dabei werden die vielen kritischen Stimmen, die das  Ding-ansich die  Natur  oder das  Wesen  einer Sache, ihre objektive Allgemeingültigkeit, als intellektuellen Popanz erkannt haben, mit provinzieller Schlaumeierei ignoriert. Immer noch stellen scheinbar gebildete Leute sinnlose Fragen nach dem  Wesen  der Freiheit, der Liebe, der Politik oder faseln über die "Natur des Menschen" und dgl. und man kann schon froh sein, wenn dies aus einer dümmlichen Naivität heraus geschieht und nicht aus perfider Boshaftigkeit.

Auf welche logischen Voraussetzungen gehen diese Fragen zurück: Wer sich vom Wesen der Dinge irgendeine wichtige Erkenntnis verspricht, geht von der Annahme aus, daß die Dinge über Eigenschaften verfügen, die sie unabhängig vom Betrachter, also  objektiv  haben. Die ganze Rationalität dieser Leute besteht im Grund aus nichts anderem. Sie sind der Ansicht, daß man diese Eigenschaften nur gründlich genug erforschen muß, um daraus eine zwingende Logik und entsprechende Rechte ableiten zu können. Wer so vorgeht, geht davon aus, daß sich Gegenstände mit ihren Eigenschaften identifizieren lassen. Daß dieser Methode ein gültiger Maßstab fehlt, der als allgemeines Kriterium dienen könnte, wird dabei bewußt oder unbewußt übersehen. Die Eigenschaften von Gegenständen lassen sich nicht messen, ohne daß eine logische Einheit, irgendein ein Grundwert, vereinbart wird, der zum Maßstab genommen werden kann.

Es genügt in der Regel schon, daß etwas  funktioniert,  so daß man glaubt, es mit der Begründung nicht mehr so genau nehmen zu müssen. Und als Beweise reicht nach gut behavioristischer Manier schon allein das Verhalten vieler Menschen. Empirische Untersuchungen zielen auf einen Ist-Zustand ab und so reicht es, zu erfahren und zu erforschen,  wie  die Leute denken. Es geht nicht darum, ob das absoluter Stuß ist oder nicht. Es zählt allein die Tatsache. Ein Soll-Zustand spielt überhaupt keine Rolle mehr. Man hat es im Grunde aufgegeben, von der breiten Masse eine gewisse Bildung zu erwarten. Und so wird in vielen Bereichen scheinbaren Wissens die  Vereinbarung  zwischen Menschen, das  Bewerten  durch dieselben und ihre zweckbedingte  Entscheidung  und damit die mindere Qualität ihrer logischen und moralischen Urteilskraft unterschlagen und als in einem relativistischen Sinn  gleichberechtigtes  Interesse toleriert. Solange diese Meinungen nicht den öffentlichen Frieden und damit das herrschende System gefährden, läuft das alles unter der Freiheitsflagge. Diese Freiheit ist aber weit mehr die Freiheit zu verblöden oder sonstwie ausgebeutet zu werden, als daß es sich um die berühmte Chancengleichheit handeln würde [bei der dann 1000 Bewerber die gleiche Chance auf eine befristete Teilzeitstelle haben]. Der Gleichheitsgrundsatz im Gesetz läuft darauf hinaus, daß es Reichen wie Armen gleichermaßen verboten ist, Holz zu stehlen, wie das bekannte Beispiel heißt.

Die scheinbare Sicherheit eines allgemeingültigen Wissens wurde in der Geschichte des menschlichen Denkens schon des öfteren von aufrichtigen Denkern hinterfragt, die sich mit halbseidenen Problemlösungen nicht zufrieden geben wollten. Im Mittelalter wurde die Kritik einer allgemeingültigen Rationalität  Nominalismus  genannt und viele Begriffe, die heute noch zur logischen Unterscheidung verwendet werden, stammen aus dieser Zeit. Die Nominalisten behaupteten, Gattungsnamen wie "Mensch" seien nichts weiter als bloße Namen, so daß wirkliche "Existenz" nur individuellen Menschen, nicht aber der Menschheit als ganzer zugeschrieben werden kann. Im Gegensatz zu dieser Denkrichtung stand der sogenannte Realismus, der auch heute noch unter diesem Namen kursiert und der Weltanschauung kleiner Kinder entspricht, die keinen Unterschied zwischen Wort und Sache machen. Realisten schreiben den Universalbegriffen wie  Menschheit  eine reale Existenz zu.

Einer der hervorragendsten Vertreter des Nominalismus, WILHELM von OCKHAM, warnte ganz besonders vor hemmungslosen philosophischen Spekulationen, bei denen frischfröhlich neue Begriffe eingeführt werden, die den Eindruck tiefer Wahrheiten erwecken sollen, aber nichts weiter als Begriffsdichtungen darstellen. Verfolgt man etwas genauer, mit welcher Impertinenz z. B. der Wissenschaftsbetrieb der Nachkriegszeit des letzten Jahrhunderts die eigentlich wichtigen Erkenntnisse der Vergangenheit mit irrwitzigen Aufarbeitungen verhunzt hat, dann möchte ich fast meinen Glauben an genau diese "Menschheit" verlieren, [wobei es sich in diesem Fall um  meine  Vorstellung einer Möglichkeit Gutes und Vernünftiges, d. h. Grundbedingungen an Moral und Recht auf diesem Planeten, über alle Parteigrenzen hinweg einzurichten, handelt].

Viele Begriffe, die den meisten Leuten so selbstverständlich erscheinen, beruhen auf einer ganzen Ansammlung von Annahmen, die in keinster Weise bewiesen oder beweisbar sind. Die gewöhnliche Alltagssprache ist von Theorien nur so durchsetzt, ohne daß sich der einfache, mehr oder weniger "natürliche" Mensch, über die möglichen Zusammenhänge seiner Ansichten im Klaren ist. Wer kritisch denken will, muß seine Aufmerksamkeit auf den Akt der Begriffsbildung und die jeweiligen Interessen bei der Formulierung eines Geschehens lenken und die gewöhnliche Annahme eines automatischen, meist schon im frühen Kindesalter eingeübten Denkens, hinterfragen. Das ist nicht einfach, denn in der Regel verbindet sich das logische Denken im Laufe der Erziehung zusehends mit der Persönlichkeit eines Menschen, so daß jede spätere Korrektur einem psychologischen Angriff auf das Ich desselben gleichkommt und gewöhnlich unkritisch zurückgewiesen wird.

Der Glaube an eine prinzipielle Rationalität der Welt ist ein Kinderglaube und wird durch jede Erklärung, die Erwachsene an Heranwachsende geben, genährt. Es kommt dann ganz darauf an, inwieweit irgendwelche Schicksalsschläge oder andere Unvorhergesehenheiten die geplante Lebensordnung eines Menschen durcheinanderbringen, um die eher irrationalen Momente einer Existenz zum Tragen zu bringen. Sobald das Interesse jedoch mehr den Unsicherheiten im Leben zugewendet und die eigene Machtlosigkeit zum Thema wird, ist allen möglichen Verführungskünsten Tür und Tor geöffnet und der Einfluß von Drogen, Depressionen, Aberglauben und aller möglichen Ablenkungen nimmt zu. Die Leute reagieren viel mehr animalisch als vernünftig und heulen wie die Hunde den Mond an. Das und noch viel mehr kann sich aus der tiefgreifenden Enttäuschung ergeben, daß "die Welt" doch nicht so logisch, rational, vernünftig, gerecht und in Ordnung ist, wie man immer geglaubt hat, daß das "offizielle" Weltbild, in dem man als Normalität aufgewachsen ist, tiefe Risse hat. Die gemeinsamen Interessen sind weit weniger gemeinsam, als es den Anschein hat. Es gibt viel mehr Lüge als Wahrheit.

Man muß nur den nächtlichen Sternenhimmel betrachten, um sich über die möglichen Zusammenhänge Klarheit zu verschaffen, die ein und dieselbe Gegebenheit, den verschiedensten Menschen eröffnet. "Wer ganz unvorbelastet zu ihm aufblickt, was allerdings fast unmöglich ist, wird viele blinkende, glitzernde, strahlende Dinge sehen. Wer das Firmament in romantischer Stimmung betrachtet, begreift es poetisierend als Himmelszelt und benutzt das Schauspiel vor seinen Augen als Projektionsfläche seiner Wünsche, Hoffnungen und Sehnsüchte. Ein Kapitän auf hoher See dagegen, geschult in Astronomie und Nautik, liest den Himmel als Karte. Der Astronom schließlich, der sich jahrelang mit Kosmologie und Astrophysik beschäftigt hat, sieht auf Grund seines Wissens Sternbilder, Planeten, Fixsterne, etc." [S. I. Hayakawa] Mit anderen Worten: das jeweilige Interesse läßt den Betrachter einen jeweils anderen nächtlichen Sternenhimmel sehen. Das  Interesse  schafft also eigene, andere Welten, mit denen zugleich die jeweilige Perspektive des Betrachters zum Ausdruck gebracht ist. Je nach Interesse und Perspektive gegenüber Gegenständen und Sachverhalten wird unterschiedlich gefühlt, gedacht und gehandelt.

Das Interesse und der Zweck, den wir mit einer Sache verbinden, schaffen eine ganz bestimmte eigene Wirklichkeit. Davon abgesehen ist es auch unmöglich, die verschiedenen Aspekte, die eine Sache haben kann, alle gleichzeitig zu registrieren oder im selben Moment darauf zu reagieren. Es müssen immer  Prioritäten  gesetzt werden und die erfordern eine  Entscheidung,  die nicht von der sogenannten Wirklichkeit geliefert wird, sondern das hoffentlich profunde Urteil eines menschlichen Verstandes zum Grund hat. Niemand hat es mit einer "Wirklichkeit" zu tun, sondern dieses letztlich unbegreifliche Etwas, von dem ich als Individuum umgeben bin, "existiert" nur in Bezug auf mein eigenes Dasein, in Bezug auf meinen eigenen Willen so, wie ich es "sehe", nur als Widerstand, bzw. Unterstützung des eigenen Strebens. Darin liegt seine Bedeutung. Von den Objektivitätsaposteln wird ein solches Interesse gern als Egoismus denunziert und mit Solipsismus abgetan. Diese Gefahr ist aber weitaus die geringere. Vielmehr Schaden wird durch eine Einstellung angerichtet, durch die sich jemand im großen Stil eine Allgemeingültigkeit erschleicht, die das Resultat einer Phantasievorstellung ist, die sich bestenfalls unbewußt und unbemerkt in das Denken so vieler Menschen [aus Gewohnheit?] eingeschlichen hat.

Für meine Begriffe ist eine solche Ignoranz aber nicht hinzunehmen, denn es hat in der Vergangenheit genügend Stimmen gegeben, die auf die logische Fehlerhaftigkeit des Ansich-Begriffs hingewiesen haben, so daß zumindest alle diejenigen, die sich so etwas wie Wissenschaft und Forschung verpflichtet haben und den Universitätsbetrieb nicht nur als Erwerbsmöglichkeit ansehen, erhebliche Versäumnisse haben zuschulden kommen lassen. Dann wäre nicht nur in der Politik oder der medialen Öffentlichkeit "das System" zum Selbstläufer geworden, sondern auch in der Wissenschaft, so daß es nur noch um die vielen vorhandenen Verdienstmöglichkeiten geht und nicht mehr um die eigentliche Substanz und Qualität. Dann beherrscht  das Machbare  und damit vor allem die Technik das Geschehen und jeder Widerstand dagegen kann nur noch mit physischer Gewalt bekämpft werden.

Wenn man die Leute, die heutzutage den Ton angeben in ihren Talkshows und Politmagazinen hört, dann möchte man glauben, an den harten Fakten der Zahlen und Statistiken ist überhaupt kein Zweifel möglich. Wenn daran überhaupt eine Kritik möglich ist, dann wieder nur durch noch härtere Fakten und Zahlen. Mit dieser oberflächlichen Herangehensweise läßt sich das breite Publikum auch durchaus übertölpeln, denn bei den meisten Menschen genügt es, sich möglichst glaubhaft einen glaubwürdigen Anschein zu geben, um einem sophistischen und dialektischen Ränkespiel, das viel mehr von Rhetorik und Eloquenz zehrt als von Verstand, den gewünschten Erfolg zu verschaffen. Über allem schwebt der Traum einer Kommunikation die auf ein wahres Verständnis abzielt, ohne daß dabei letztlich ein anderes Interesse als das Gemeinwohl zur Debatte steht. Die Zwecke stehen im Grunde fest [allgemeiner Wohlstand], auch wenn sich niemand wirklich bewußt ist, um was es sich dabei eigentlich handelt. Es werden nur noch die Mittel diskutiert und in der argumentativen Auseinandersetzung problematisiert. Die Zwecke selbst werden mehr oder weniger von der  Realität,  d. h. als Sachzwang vorgegeben, wobei alles so kompliziert ist, daß man vor lauter Nachdenken nicht mehr zum Handeln kommt. Das Zeitalter der Pragmatiker.

Jede Art der Begriffsbildung muß aber als eine Frage der Zweckmäßigkeit aufgefasst werden und nicht als Resultat objektiver Erkenntnis. Es gibt keine objektive Sprache, weil es keine objektive Bedeutung der Wörter gibt und geben kann, auch wenn die Jllusion eines lexikalischen Wissens, in dem alle vorhandene Wissenschaft aufgeführt wird, für die kindlich unterentwickelte Urteilskraft sehr verführerisch erscheint. Sprache ist ebensowenig neutral, wie Logik. Neutral und damit objektiv sind die Dinge immer nur  ansich,  d. h.  für sich  ohne die Beteiligung irgendeines menschlichen Bewußtseins. Aber wie soll das gehen? Das war auch KANT klar als er das Ding-ansich für unerkennbar erklärte [Was ihn allerdings nicht hinderte, diese Klarheit an anderer Stelle wieder aufzuweichen, weil sie sein "System" störte.]

Es gibt immer ein Abgrenzungsproblem, das sich nicht von selbst löst. Es sind die "Randbedingungen", die ein Leben unvorhersehbar machen. Und deshalb braucht es immer jemanden, der bestimmt, wie weit die Definition eines Begriffs gefasst werden soll, wenn noch von so etwas wie Rationalität die Rede sein soll. Die Gründe für eine "Festlegung" für eine "Bestimmung" sind vielmehr eine Zustimmung und Anerkennung von Werten, als das Ergebnis logischer Rechenkünste, sie sind letzlich zweckbedingt und damit moralischer Natur, weil nach Maßstäben gewertet werden muß, die auf Grundsätzen beruhen, die als solche verbindlich  anerkannt  und nicht bloß  gewußt  werden. Wer pragmatisch denkt, nimmt es mit der Verpflichtung nicht so genau und sieht dieselbe eher als etwas, das dem eigenen Wohlbefinden und Glück untergeordnet werden kann, ohne daß dabei eine höhere Idee als der eigene Egoismus anerkannt zu werden braucht.

Es kann keine Ordnung ohne Allgemeinheit, d. h. ohne allgemeingültige Verbindlichkeit geben. Soll nicht das Recht des Stärkeren herrschen, dem allein die Möglichkeit etwas zu tun, also die bloße Machbarkeit das Recht verleiht, dann muß dem ein Gesetz gegenüberstehen, das sich auf moralische Grundsätze, also auf Ideen des Guten und des Richtigen und Vernünftigen gründet, wobei das Problem des Gegensatzes von Freiheit und Gerechtigkeit eine optimale Berücksichtigung findet. Die Lösung des Problems der allgemeingültigen Verbindlichkeit fängt beim Miteinandersprechen an. Jeder, der spricht, konstruiert seine eigene Wirklichkeit. Wer verstehen will, muß begreifen, daß es vielmehr darum geht, was jemand  meint  und nicht, was jemand wortwörtlich  sagt.  In diesem Sinne kann Freundlichkeit oder Höflichkeit als Methode der Zurückweisung verstanden werden. Es geht deshalb um das  eigentliche  Interesse, das dahinter steht, um die Intention, die jemand hat, wenn man die Glaubwürdigkeit einer Person beurteilen will.

Sprechen heißt Kategorisieren und Klassifizieren. Die Kategorie bestimmt nicht nur die Wahrnehmung von Gegenständen und Sachverhalten, sondern strukturiert auch die Art und Weise, wie "die Welt" denkend begriffen wird. Jede wissenschaftliche Messung stützt sich auf theoretische Voraussetzungen, Prinzipien und Hypothesen, die einem Ergebnis immer diese oder jene Bedeutung geben können. Alles Messen ist bloße Abstraktion und alles Maß ein Produkt des Denkens. "Schon der Wahrnehmungsprozess ist ein Akt der logischen Typisierung. Masse, Kraft, Äther, Atom, magnetisches oder elektrisches Potential etc. sind theoretische Setzungen und Konstruktionen, darauf gerichtet, das Wahrnehmbare in ein Meßbares und damit in einen Gegenstand der Physik zu verwandeln", so ERNST CASSIRER. Eine Meßmethode ist in keinem Fall die Basis für weiteren intellektuellen Fortschritt. Es ist immer nur mehr vom Selben und damit werden im Prinzip keine Probleme gelöst. Aber an diese Voraussetzung traut sich niemand mehr heran. Die sind zu weit weg und es ist zu kompliziert, daran rückwirkend noch etwas zu ändern, wie das bei allen Selbstläufern der Fall ist. Und selbst wenn man sich zu einer solchen Kehrtwende entscheiden würde, dann wird eine solche Reform mit einem derart langfristigen Zeitfenster veranschlagt, daß es wieder nicht für die praktischen Erfordernisse der Gegenwart als Entscheidungshilfe reicht. Das Ergebnis ist, daß niemand mehr eine Kontrolle ausübt und alles bloß noch so vor sich hin passiert. Ich vergleiche dieses Treiben gern mit dem aktuellen Geschehen in der Computerwelt. Da gibt es zwei große Player, die das Ganze in Gang gebracht haben und jetzt wird munter drauf gesattelt und alles wird kompliziert bis zum geht nicht. Megabyte, Gigabyte, Terrabyte und alle müssen mitmachen, weil es nicht mehr anders geht. Ein Schnitt auf normale Verhältnisse ist nicht mehr drin. Jemand, der den ganzen Schnickschnack eigentlich nicht braucht und auch nicht will, ist dennoch von der Industrie abhängig, weil es irgendwann einmal keine Ersatzteile mehr gibt.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die eigentliche Bedeutung der Identifizierungsmethoden bei der Formulierung eines Geschehens immer deutlicher, so daß schließlich von einer linguistischen Wende in der Philosophie gesprochen wurde. Die damit verbundenen Einsichten haben im Bewußtsein der großen Masse aber immer noch so gut wie keine Wirkung entfaltet. Nach wie vor glauben die Leute, daß sie mit ihren Worten eine Realität abbilden, wo sie bestenfalls ihren eigenen Begriff von einer Sache verdeutlichen. Auf diese Weise läßt sich ohne weiteres Macht ausüben. Der Nachfrage wird in Form von Tatsachen ein Riegel vorgeschoben, den kein "normaler" Mensch in seiner Bedeutung bezweifelt, weil sich Realität ja  wahrnehmen  läßt, wie Kausalität auch. Der Grundgedanke einer interessengeleiteten Wertlogik dagegen liegt in dem Umstand, daß eine objektive Wahrheit wie auch eine absolute Notwendigkeit  unmöglich  sind, weil das eigene Leben, die leibliche Existenz, nicht zwingend der höchste Maßstab für eine Überzeugung sein muß. "Tatsachen" festzustellen ist entweder ein Akt der Dummheit oder der Boshaftigkeit. Daß auf dieser Welt so wenig Ordnung herrscht, liegt zum Großteil daran, daß eine solche mit Mitteln versucht wird, die schon im Ansatz verkehrt sind und niemals zu dem gewünschten Ergebnis führen können, weil dabei ein Grundwiderspruch menschlichen Denkens und Handelns nicht erkannt und schon gar nicht gelöst wird. Der bleibende Gegensatz heißt, bzw. die ständige Dynamik spielt sich zwischen einer Vorstellung von Freiheit und einer solchen von Notwendigkeit, bzw. Zwang ab, die sich nicht ignorieren läßt, solange man es mit so etwas wie einem Menschen, einem Denken und einem Handeln [das immer bewußt ist], also mit einem Ja oder Nein zu tun hat.

Um diese Dynamik zu regulieren muß entweder auf Freiheit zugunsten von Notwendigkeit verzichtet werden oder umgekehrt. Auf "Notwendigkeit", als der Idee dessen, was von Realisten als Realität bezeichnet wird, zu verzichten, würde bedeuten, die Widerstände, die dem eigenen Interesse entgegenstehen zu ignorieren und sich damit einem Wahn zu ergeben. Gelöst wird dieses Problem allein durch  Einsicht,  d. h. eine bewußte Einstellung sich selbst und dem Rest der Welt gegenüber, die dazu führt, das eigene Denken und Handeln permanent zu optimieren. Es geht darum widerstrebende "Kräfte" in Einklang zu bringen, um die Dynamik auf einer höheren Ebene weiterzuverfolgen.  Einsicht  heißt für die heutige Zeit in erster Linie, daß absolutes Wissen, d. h. objektiv-allgemeingültiges Wissen, passé ist und jemand der die "Naturgesetze" für unumstößliche Wahrheiten hält, zu kurz denkt und keinen Überblick hat. Mit einer solchen Einsicht tun sich ganz andere Probleme auf und das, was jetzt als besonders  dringlich  erscheint, ist nichts weiter als Zeitverschwendung.

Wer sich einem solchen Grundsatz verpflichtet fühlt, sieht seine Aufgabe darin, das jeweilige Für und Wider in den sogenannten Tatsachen [die keine sind] bewußt zu erfassen, so daß sich jemand der Beziehungen bewußt wird, die er zu sich selbst und anderem pflegt was schließlich [selbstverständlich über einige Umwege, was aber hier zu weit führen würde] zur Ausbildung einer Persönlichkeit führt, deren Identität immer weniger von grundlegenden Widersprüchen paralysiert wird. Ein solches "Individuum" wird nicht ihr ganzes Leben lang der Befriedigung von infantilen Bedürfnissen hinterherjagen, sondern sein Lebenswerk Stück für Stück instand setzen und mit anderen gemeinsam Kräfte freisetzen, die zu ganz anderen Taten befähigen, als das unter den gegenwärtigen polit-ökonomischen Verhältnissen möglich ist, wo der Großteil menschlichen Potentials, das ich als ein geistiges und psychologisches sehe, brach liegt oder zerstörerisch wirkt.

Das Problem der Sprache ist, wie das Problem der Logik, ein Problem der Verallgemeinerung und deshalb erhebt dieser Text auch nicht den Anspruch einer einzig und allein möglichen Interpretation, die der Autor verfolgt. Er soll als Anregung verstanden werden, sich eigene Gedanken zu machen, wobei die Betonung auf dem Umstand liegt, sich die Bedeutung von Wörtern zueigen zu machen, sich Begriffe anzueignen und ihnen gegenüber Verantwortung zu zeigen, sie als  verbindlich  zu erachten und sich verpflichtet zu fühlen. Wer sich bewußt ist und einsieht, daß Wörter immer für eine größere Gruppe von Dingen zugleich stehen, die unter dem Kriterium von gemeinsamen, d. h. allgemeinen Merkmale definiert werden, erwartet von seinem Gesprächspartner nicht, daß bloß eine  Sache  verstanden wird, sondern daß jemand  begreift  und  versteht,  was ein anderer  meint  und  will.  Und dann wird auch schnell klar, ob es lediglich um bloße Machtausübung, bzw. Vorteilsnahme geht oder auch so etwas wie eine Idee von Gerechtigkeit, bzw. Recht und Ordnung eine Rolle spielt.

Sprache wird immer zweckbedingt konstruiert und ist auf Wertvorstellungen bezogen. Wo Wörter kursieren, wird interpretiert und zwar aus den verschiedensten Gründen und mit den verschiedensten Folgen. Eine hunderprozentige objektive Definition ist eine Jllusion, ein Wahn. Was selbstverständlich nicht bedeutet, daß unter gewissen Umständen etwas mit ziemlicher Sicherheit "funktioniert". Da dürfen zwei verschiedene "Sachen" nicht miteinander verwechselt werden. Im einen Fall handelt es sich um quasi "gottgebene" Wahrheit, im anderen schlicht und ergreifend um menschliches Machtstreben des eigenen Nutzens wegen.

Jede Logik beruht auf ihren Voraussetzungen und das sind immer Werte [also Wahrheiten, wenn man so will, die jemand für sich als solche anerkennt] und keine Tatsachen, die im Grunde ohne "irdisches" Zutun zustande kommen. Das Axiom ist immer ein Wert und diese Bedeutung hat der Begriff im Griechischen unter anderem auch. (1) Objektiv definiert werden die Dinge  an sich.  Es gibt aber kein konkretes Ding-an-sich. Man kann sich zwar ein  bestimmtes  Tier vorstellen, einen Hund oder eine Katze, aber kein  Tier.  Und so ist es mit Staat oder Mensch oder Herrschaft, Stuhl oder Käse oder Hammer. Dinge-ansich täuschen nur - den einen zum Vorteil, den andern zum Nachteil. Irrtümer, Mißverständnisse, aber auch Lug und Betrug sind das Ergebnis der bewußten oder unbewußten Verwechslung von Wirklichkeit und zweckhafter Konstruktion, zwischen neutralen Tatsachen und persönlichen Interessen. Das Wort  Dummheit  könnte auch zur Beschreibung der Unfähigkeit benützt werden, ein solche Unterscheidung zu treffen.

Ohne der Meinungsbildung des geneigten Lesers allzusehr vorweggreifen zu wollen, sollen noch einmal gewisse logische Konsequenzen angedeutet werden, die eine Entobjektivierung des immer noch herrschenden Wissensbegriffs meiner Meinung nach nahelegt. Zu den wesentlichen "Erkenntnissen" eines wertorientierten Denkens gehört die Einsicht, daß
    - keine allgemeingültige und damit logisch zwingende Wirklichkeit möglich ist. Die  eine  Welt ist eine moralische Forderung, keine beweisbare Feststellung. Keine Wissenschaft liefert Tatsachen oder Fakten, die sich nicht auf Interessen gründen. Es ist keine Objektivität und damit auch keine Neutralität möglich.

    - es keine allgemeingültige und damit logisch zwingende Wahrheit geben kann. Wahrheit ist lediglich als logische Widerspruchslosigkeit zu den eigenen prinzipiellen Voraussetzungen möglich, als Wissen nach bestem Gewissen und nur so kritisierbar. Der Glaube an das Ideal moralischer Werte bestimmt letztlich die Prioritäten einer sinnvollen Ordnung und je klarer diese Prioritäten begründet sind, um so eher ist es möglich, unbegründete Rechtfertigungen auf einem gewaltlosem Weg zu entmachten. Die Betrachtung der Dinge ansich führt nicht weiter, denn die Freiheit  ansich  ist genausowenig gut, wie die Natur des Menschen gut ist. Derart allgemeingültige Fragestellungen sind sinnlos.
Das Bewußtsein von semantischen Ebenen und den Wertvorstellungen, die dahinterstehen, bedeutet eine wesentliche Erleichterung bei der Beurteilung der ungeheuren Menge von Informationen, die pausenlos im öffentlichen Raum kursieren. Je mehr diese Wertvorstellung widerspruchsfrei und damit hierarchisch geordnet ist, umso mehr können geistige Vorgänge automatisiert werden, d. h. das immer wieder erneute Durchdenken der ewig gleichen Probleme fällt weg, weil man ein einziges Mal mit der erforderlichen Qualität zu der einen oder anderen Entscheidung gelangt ist, die im Laufe der Zeit immer weniger revidiert werden muß. Eine solche Einsicht darf selbstverständlich nicht mit der Denkfaulheit gewisser Zeitgenossen verwechselt werden, die vor der eigenen geistigen Verwirrung kapituliert haben und nur noch mit Scheuklappen durch die Welt gehen.

Die Fähigkeit selbständig zu denken und sich eine eigene Meinung zu bilden gehören untrennbar zusammen. Wenn das Ideal der Demokratie kein Wahnbegriff sein soll, brauchen genügend Leute einen funktionierenden Verstand. Grundlegende und dauerhafte Veränderungen zum Besseren sind ohne eine tragfähige Basis undenkbar und die muß in den vielen Zusammenhängen der Menschen untereinander verankert sein. Von der Frage, ob ein Zusammenhang [eine Bezugnahme] sinnvoll ist oder nicht, hängt das Wohl von Gesellschaften und Staaten ab. Nur das eigene konstruktive Nachdenken und der kreative Gedankenaustausch von Menschen, die auf so etwas wie den guten alten "Charakter", bzw. auf eine eigene Persönlichkeit Wert legen und dabei ihr Gewissen höher stellen, als den bloßen Willen zur Macht, kann es auf Dauer verhindern, daß immer mehr Leute wie vollautomatisierte Tomaten dem Mechanismus einer rotierenden Wirtschaftsmaschine unterworfen werden, die sich gegen jede vernünftige und moralische Kritik mit Macht immunisiert hat.

Wenn erst einmal die Autorität einer objektiv zwingenden Logik unreflektierter Allgemeinheiten von ihrem unverdienten Sockel gestürzt ist, wird den Leuten hoffentlich klar sein, daß es kein Gesetz gibt, das nicht von Menschen gemacht ist. Wer mit objektiven Wahrheiten, irgendwelchen Klischees, unzulässigen Verallgemeinerungen, Pauschalisierungen etc. argumentiert, verdient kritisches Mißtrauen und sollte mit äußerster Vorsicht behandelt werden oder belächelt, je nach seinem Gefährlichkeitsgrad. "Allgemeines Interesse" ist nur auf der Basis einer wertbezogenen, moralischen Überzeugung möglich. Wem am Weltfrieden wirklich etwas liegt, tut gut daran, sich für die tiefer liegenden logischen Voraussetzungen vieler unnötiger und sinnloser Auseinandersetzungen zu interessieren und diese Gründe haben etwas damit zu tun, zu welchem Zweck Wort und Sache mit einander identifiziert werden. Das schafft Klarheit, auch darüber, daß es manchmal  sinnlos  ist jemanden überzeugen zu wollen und man besser dran ist, sich vor diesen Leuten so gut es geht zu schützen.
LITERATUR - Werner |G| Petschko, Wertlogik für Anfänger, Penzberg 2008
    Anmerkungen
    1) In diesem Sinne ließe sich auch das griechische  an-arche  als  ohne Ursprung, ohne Anfang,  ohne gegebenes Prinzip, d. h. ohne Objektivität, ohne Wissen und damit ohne geistige "Herrschaft" übersetzen.