cr-2 RozwandowskiWygotskyD. Slobin    
 
KARL MARBE
(1869-1953)
Die Gleichförmigkeit in der Welt
[2/3]

"Der Ausdruck ähnlich ist vieldeutig. Wir sprechen von Ähnlichkeit in der Geometrie und nennen z. B. zwei Dreiecke ähnlich, die verschieden große Seiten, aber genau gleiche Winkel haben, die aber für das Auge ganz gleich oder nahezu gleich erscheinen. Wir reden auch von ähnlichen Farben und finden z. B. zwei Farbentöne, zwischen denen im Sinne der Psychophysik nur wenige eben merkliche Unterschiede liegen, wie z. B. zwei rote Töne des Spektrums ähnlicher als etwa einen roten und einen grünen Ton."

"Die Gleichförmigkeit der Gegenstände, die eine sehr wesentliche Grundlage für unsere logische Begriffsbildung, die Induktion und das logische Denken überhaupt, darstellt, ist zugleich eine Grundvoraussetzung der Statistik. Alle Gegenstände, die zum Umfang einer statistisch prüfbaren Masse gehören, sind unter sich  ähnliche  Gegenstände. Mag sich die Statistik auf Geburten und Todesfälle, auf Eheschließungen und Ehescheidungen, auf Kaufverträge oder irgendwelche andere Handelsbeziehungen, auf biologische Erscheinungen, auf Krankheiten oder auf Ergebnisse der Glücksspiele oder auf Beobachtungsfehler beziehen, immer sind die Gegenstände der statistischen Untersuchung  gleichförmige  Natur- oder Kulturgegenstände."

Ich ersuchte die Versuchspersonen, sich jeweils eine beliebige Karte zu merken und dann zu Protokoll zu nehmen. Diese Protokolle zeigten eine große Übereinstimmung der gemerkten Karten. Bevorzugt wurde am meisten das As; dann folgten die hohen Zahlen (10, 9, 8), dann die Figuren (König, Bube, Dame), dann die niederen Zahlen (4, 3, 2) und dann die mittleren Zahlen (7, 6, 5). Diese Gleichförmigkeit zeigt sich auch in verwandten Gebieten."



Drittes Kapitel
Die psychologischen Untersuchungen der
Gleichförmigkeit und ihre Beziehungen
zu anderen Disziplinen
(1)

Wir wollen nun eine Reihe von psychologischen Untersuchungen kennen lernen, die überraschende Gleichförmigkeiten auf dem Gebiet der geistigen Vorgänge zutage gefördert haben. Sie zeigen, daß unter genügend gleichförmigen Bedingungen ähnliche psychische Erscheinungen in einem weit größeren Umfang auftreten, als man das im allgemeinen vor diesen Untersuchungen erwartet hätte. Die Ergebnisse dieser psychologischen Forschung gewähren uns auch mancherlei Einsichten, die über den Rahmen der Psychologie hinausgehen und sie lassen auch Schlüsse für die Praxis zu. Demgemäß soll hier auch über die wissenschaftliche und praktische Bedeutung der psychologischen Lehre von der Gleichförmigkeit gehandelt werden.

Man kann einer Versuchsperson die Aufgabe stellen, auf ein zugerufenes oder auf ein optisch dargebotenes Wort hin möglichst schnell ein anderes Wort auszusprechen oder aufzuschreiben. Das dargebotene Wort heißt dann das Reizwort, dasjenige Wort, mit welchem die Versuchsperons mündlich oder schriftlich antwortet, heißt das Reaktionswort oder die Reaktion. Wenn man nun solche Experimente, die in das Gebiet der sogenannten Assoziationsversuche fallen, der Reihe nach unter Benutzung der gleichen Reizwörter mit einer größeren Zahl von Versuchspersonen (oder wie die Psychologen auch sagen, von "Beobachtern") ausführt, so zeigt sich, daß die dem gleichen Reizwort entsprechenden Reaktionsworte im weitesten Umfang miteinander übereinstimmen.

Auf  Vater  reagiert ein großer Prozentsatz von Personen mit  Mutter;  auf  groß  mit  klein;  auf  ich  mit  du;  auf  wo  mit  da;  auf  wann  mit  dann;  auf  zehn  mit  zwanzig;  auf  geben  mit  nehmen. (2)

Solche Experimente lassen sich auch als Massenversuche ausführen. Man braucht nur eine Anzahl von Versuchspersonen gleichzeitig zu bitten, auf die zugerufenen Wörter hin möglichst schnell jeweils ein anderes Wort niederzuschreiben. Solche Massenversuche eignen sich auch als Vorlesungsexperiment. Man frägt einige Zuhörer, welches Wort sie auf das erste Reizwort niedergeschrieben haben und ersucht gleichzeitig die Zuhörer, die jeweils dasselbe Wort schrieben, aufzustehen. Es zeigt sich dann bald eine große Übereinstimmung der Reaktionsworte. Ebenso verfährt man mit dem zweiten, dritten Reizwort usw. Auch andere im folgenden beschriebenen Versuche lassen sich in analogem Sinn als Vorlesungsexperimente verwenden. Solche Vorlesungsversuche sind von mir und anderen oft und mit stets wiederkehrendem Erfolg ausgeführt worden.

Die Reaktionsworte, die sich bei solchen Experimenten am meisten finden, nennen wir bevorzugteste. Es zeigt sich jedoch allenthalben, daß auch die nicht zu den bevorzugtesten Reaktionen gehörigen Reaktionsworte in weitem Umfang übereinstimmen. Außer den bevorzugtesten Reaktionen können wir zweitbevorzugte, drittbevorzugte usw. unterscheiden und schließlich eine solche Gruppe von Reaktionen, die gänzlich voneinander verschieden sind. Auf das Reizwort  Acker  antworteten (3) z. B. von 300 Versuchspersonen 29,7% mit  Feld,  6,2% mit  pflügen,  5,7% mit  Bauer.  Auch viele andere Reaktionsworte kamen mehrfach vor und nur 52, also nur 17,3% Reaktionsworte waren solche, die bei den 300 Experimenten nur ein einziges Mal vorkamen. Außer den bevorzugtesten Reaktionen haben wir also noch zweitbevorzugte, drittbevorzugte usw. zu unterscheiden; alle diese Reaktionen können wir als bevorzugte den nicht bevorzugten oder isolierten gegenüberstellen.

Die Tatsache der bevorzugten Reaktionen gilt nicht nur für einige Wörter, sondern, wenigstens nach unseren bisherigen Erfahrungen, für jedes beliebige Reizwort. (4) Jedes Wort "assoziiert" oder "reproduziert", wie die Psychologen sagen, bei derartigen Versuchen bevorzugte Reaktionsworte.

Zwischen den Reizworten und den Reaktionsworten bestehen nun mancherlei Beziehungen. Verwandtschaftsnamen, Adjektiva, Fürwörter, Ortsadverbien, Zeitadverbien, Zahlen assoziieren vorwiegend Worte derselben Klasse, Verwandtschaftsnamen also vorwiegend Verwandtschaftsnamen, Adjektiva vorwiegend Adjektiva usw. Verba bevorzugen Verba und Substantive mehr als die übrigen Wortklassen.

Auch zwischen dem Grad, in welchem eine Reaktion bevorzugt wird, und der Zeit, die zwischen Reizwort und Reaktionswort verläuft, d. h. der sogenannten Reaktionszeit, bestehen interessante Beziehungen. Diese Reaktionszeit läßt sich mit Hilfe von experimentellen Methoden messen, wenn das Reizwort akustisch oder optisch dargeboten wird und wenn die Versuchsperson mit einem gesprochenen Wort reagiert. Wenn man solche Messungen ausführt, so gelangt man zu folgenden Sätzen:
    1. Je häufiger bei  n  Versuchspersonen, die auf ein bestimmtes Wort reagieren, eine Reaktion auftritt, desto schneller stellt sie sich durchschnittlich ein, desto kürzer ist also die mittlere Reaktionszeit.

    2. Die mittlere Reaktionszeit nimmt mit zunehmender Häufigkeit zuerst sehr schnell, dann immer langsamer und zuletzt fast gar nicht mehr ab.
Unter mittleren Reaktionszeiten werden bei diesen Sätzen arithmetische Mittel der Reaktionszeiten der einzelnen Versuchspersonen verstanden. Um diese Sätze zu verifizieren, müssen wir also die mittleren Reaktionszeiten für die bevorzugtesten, für die zweitbevorzugten, drittbevorzugten Reaktionen usw., sowie für die isolierten Reaktionen bestimmen.

Wenn wir eine Reaktion umso geläufiger nennen, je häufiger sie vorkommt, so können wir den ersten der beiden Sätze auch so formulieren:
    Je geläufiger eine Reaktion ist, desto kürzer ist die mittlere Reaktionszeit.
Dieser Satz wird in der Literatur als Geläufigkeitsgesetz bezeichnet. Wir ziehen indessen hier die obige unter 1. mitgeteilte Form dieses Satzes der zuletzt abgeleiteten vor, da meiner Erfahrung nach der Ausdruck Geläufigkeit leicht zu Mißverständnissen führt. Außer diesem Geläufigkeitsgesetz, das seinerzeit (5) von mir formuliert wurde, hat A. THUMB einen Satz aufgestellt und begründet, der in der Literatur als das THUMBsche Geläufigkeitsgesetz bezeichnet wird. (6) Diesen Satz können wir so formulieren:
    Die Reaktionen, die in eine bestimmte Wortklasse fallen, verlaufen durchschnittlich umso schneller, je mehr Reaktionen diese Wortklasse umfaßt.
Ein Anwendungsgebiet der geschilderten Assoziationsversuche liegt auf dem Grenzgebiet zwischen Psychologie und Kriminalwissenschaft und betrifft die sogenannte Tatbestandsdiagnostik.

Unter Tatbestandsdiagnostik versteht man ein Verfahren, welches die Teilnahme eines Menschen an einem Tatbestand feststellen soll, ohne sich auf die absichtlichen Aussagen desselben oder anderer Menschen über den Tatbestand zu stützen. Unter den Methoden der Tatbestandsdiagnostik (7) kommt hier allein die sogenannte Assoziationsmethode in Betracht. Sie wird im psychologischen Institut in der Regel in der Form angewandt, daß der Experimentator der Versuchsperons eine Reihe von Worten zuruft, wobei diese die Aufgabe hat, auf jedes zugerufene Wort irgendein anderes auszusprechen, das dann vom Experimentator zu Protokoll genommen wird. Vor diesen Assoziationsversuchen wird die Versuchsperson mit irgendeinem sogenannten Komplex, etwa einem Bild, einem Zimmer oder anderem vertraut gemacht. Die zugerufenen Reizworte hängen nun teils ihrem Sinn nach irgendwie mit dem Komplex zusammen, teils sind sie gänzlich irrelevant. Es zeigt sich dann, daß die Versuchspersonen auf solche Reizworte, die inhaltlich mit dem Komplex zusammenhängen, d. h. auf die sogenannten Komplexreize, vielfach mit Worten reagiert, die inhaltlich gleichfalls mit dem Komplex zusammenhängen: es entstehen, wie man sich ausdrückt, sogenannte Komplexreaktionen, durch welche die Versuchsperson ihre Kenntnis des Komplexes verrät. Vermeidet es die Versuchsperson absichtlich, sich durch eine bestimmte Komplexreaktion zu verraten, so reagiert sie öfters unabsichtlich mit einem anderen verräterischen Wort, öfters tritt auch eine sogenannte sinnlose Reaktion ein, d. h. es wird ein Wort ausgesprochen, das inhaltlich mit dem Reizwort in keinem unmittelbaren oder überhaupt in keinem erkennbaren Zusammenhang steht. Auch entsprechen den Komplexreizen vielfach auffallend lange Reaktionszeiten, worauf wir indessen hier nicht näher eingehen können. Solche Versuche können nun, wenn anstelle der Versuchsperons ein Angeschuldigter und anstelle des Experimentators ein Untersuchungsrichter oder psychologischer Sachverständiger tritt, unter günstigen Umständen zur Aufdeckung von Verbrechen benützt werden, wobei natürlich vorausgesetzt werden muß, daß der Komplex, z. B. der Ort der Tat nicht nur dem Angeschuldigten, sondern auch dem die Untersuchung Führenden bekannt ist. Diese Untersuchungsmethode ist auch schon mehrfach praktisch mit Erfolg angewandt worden. (8)

Die tatbestandsdiagnostische Verwendung von Assoziationsversuchen erfordert nun offenbar eine genaue Kenntnis der bevorzugten Reaktionsworte im Sinne unserer obigen Darlegungen. Man bezeichnet in der Tatbestandsdiagnostik alle Reaktionen, durch welche die Versuchsperson oder der Angeschuldigte ihre Kenntnis des Komplexes verraten, als kritische. Offenbar wird man nun aber die qualitative Beschaffenheit einer Reaktion unter keinen Umständen dann als kritisch ansehen dürfen. GERTRUD SALING (9) aber konnte geradezu nachweisen, daß einzelne von anderen Autoren als kritisch betrachtete Reaktionen zu denjenigen gehörten, die sich bei einer großen Anzahl unverdächtiger Personen am meisten finden. Wir ersehen hieraus die Bedeutung unserer Tatsachen für die Assoziationsmethode der Tatbestandsdiagnostik. Eine intime Vertrautheit mit der von uns skizzierten Lehren von der Bevorzugung ist die unerläßliche Voraussetzung einer kritischen Anwendung der Assoziationsmethode der Tatbestandsdiagnostik.

Unsere Assoziationsversuche haben auch für die Psychiatrie und für die Pädagogik einiges Interesse. KENT und ROSANOFF fanden bei 108 Fällen von Dementia praecox weniger bevorzugte Reaktionen als bei normalen Personen und als bei allen übrigen von ihnen untersuchten Geisteskranken (10). ROSANOFF und EASTMAN (11) studierten das Phänomen der Bevorzugung bei minderwertigen und verbrecherischen Kindern. Am meisten isolierte Reaktionen zeigen die Kinder mit angeborenem Schwachsinn, weniger isolierte Reaktionen hatten die verbrecherischen Kinder, während dagegen die normalen am wenigsten isolierte, also am meisten bevorzugte Assoziationen aufwiesen.

RÖMER (12) konnte zeigen, daß geistig zurückgebliebene Kinder zum Teil andere bevorzugteste und überhaupt bevorzugte Reaktionen zeigen als normale Kinder. Die Abweichungen treten am deutlichsten hervor, wenn Adverbien und Pronomina als Reizworte dargeboten werden.

Auch er fand, daß die zurückgebliebenen Kinder im allgemeinen weniger bevorzugteste Reaktionen haben als die normalen Kinder, was sich wiederum besonders bei Pronominen und Adverbien als Reizworten zeigt; dagegen weisen die zurückgebliebenen Kinder im allgemeinen weniger bevorzugteste Reaktionen haben als die normalen Kinder, was sich wiederum besonders bei Pronominen und Adverbien als Reizworten zeigt; dagegen weisen die zurückgebliebenen Kinder bei Numeralien als Reizworten mehr bevorzugteste Assoziationen auf, als die normalen.

Die Häufigkeit der bevorzugtesten Reaktionen nimmt bei normalen Kindern mit zunehmendem Lebensalter zu. Bei zurückgebliebenen Kindern ist dies nicht in gleichem Maß der Fall, dagegen nimmt hier deutlich die Häufigkeit der bevorzugtesten Reaktionen mit zunehmendem Intelligenzalter zu.

BINET und SIMON haben aufgrund vielfacher Erfahrungen für jedes kindliche Lebensalter vom dritten Lebensjahr an eine Reihe von Normaltests aufgestellt. Unter Test versteht man einen einfachen Versuch, welcher die individuelle psychische Beschaffenheit einer Persönlichkeit oder eine psychische Eigenschaft derselben feststellen soll. Die BINET-SIMONschen Tests sind Aufgaben, welche den Kindern vorgelegt werden; BINET und SIMON haben aufgrund früherer Untersuchungen über die durchschnittlichen Leistungen der Kinder für jedes Lebensalter bestimmte Aufgaben zusammengestellt, welche die normalen Kinder des betreffenden Lebensalters lösen können und die man daher als Normaltests bezeichnet.

Für Kinder von drei Jahren verlangten BINET und SIMON die Lösung folgender Normaltests:
    1. Zeige die Nase, die Augen, den Mund!

    2. Wiederholung von kurzen Sätzen. - Ein dreijähriges Kind muß ein Sätzchen von sechs Silben wiederholen können. Es kann Sätze von zehn und mehr Silben in der Regel nicht wiederholen.

    3. Wiederholung von Ziffern. - Dreijährige Kinder behalten in der Regel nur zwei Ziffern.

    4. Beschreibung eines Bildes. - BINET und SIMON stellen an die Beschreibung bestimmter von ihnen ausgewählter Bilder gewisse Anforderungen, welche die Dreijährigen erfüllen müssen, während anderen Anforderungen erst die älteren Kinder entsprechen.

    5. Angabe des Vor- und Zunamens. - Dreijährige Kinder müssen ihren Vornamen kennen, während nur die intelligenteren den Familiennamen behalten.
Mit zunehmendem Alter der zu prüfenden Kinder werden nun die BINET-SIMONschen Normaltests immer schwieriger. Unter den Tests für zwölfjährige Kinder befinden sich folgende:
    1. Einen Satz bilden, in dem drei gegebene Worte vorkommen.

    2. Mehr als sechzig Worte in drei Minuten aufsagen.

    3. Definitionen von drei abstrakten Begriffen. Es wird gefragt: Was ist Barmherzigkeit? Was ist Gerechtigkeit? Was ist Güte? BINET begnügt sich jedoch auch mit Definitionen von barmherzigen, gerechten oder guten Handlungen. So gilt ihm z. B. als gute Antwort der Satz: Barmherzigkeit ist eine Handlung, durch die man Menschen im Unglück hilft.

    4. Aus ungeordneten Wörtern einen Satz bilden, in dem nur diese Wörter vorkommen. Ich gebe ein Beispiel. Geboten werden die Worte:  un, defend, chien, bon, son, maitre, courageusement.  Verlangt wird der Satz: un bon chien defend son maitre courageusement. Man darf für die Lösung einer solchen Aufgabe nicht mehr als eine Minute Zeit lassen. Zwei von drei solchen Aufgaben müssen von den Zwölfjährigen richtig gelöst werden.
Das geschilderte BINET-SIMONsche Verfahren der abgestuften Testskala gestattet nicht nur eine Unterscheidung der Kinder in Normale, Unternormale und übernormal Begabte. Es führt auch zu einer weiteren Gliederung innerhalb der Normalen. Auch gestattet es geradezu das Intelligenzalter von Personen festzustellen und es dem Lebensalter gegenüberzustellen. So ist z. B. ein Kind von sieben Jahren, welches nur die Aufgaben für die Fünfjährigen lösen kann oder ein Kind von neun Jahren, das nur die der Siebenjährigen lösen kann, in seinem Intelligenzalter um zwei Jahre hinter dem Lebensalter zurück, wobei allerdings zu beachten ist, daß die Rückständigkeit in beiden Fällen nicht gleichwertig ist. Die BINET-SIMONsche Methode, die freilich immer noch verbesserungsbedürftig ist und fortgesetzt verbessert und erweitert wird, ist bei vielen Tausenden von Kindern der verschiedensten Länder angewandt worden. Sie dient zur Bestimmung des Intelligenzalters der Kinder und ist besonders wichtig für die Entscheidung der Frage, ob ein Kind in die Hilfsschule oder vielleicht auch in eine Schule für übernormal Begabte eingereiht werden soll oder nicht. Auch läßt sich mit Hilfe von Erweiterungen der skizzierten Methoden feststellen, in welchen psychischen Gebieten die Rückständigkeit der fraglichen Kinder liegt, wodurch Ergebnisse zutage gefördert werden, auf die sich eine geeignete individuelle Behandlung der Kinder von seiten des Lehrers stützen kann. In meinem Würzburger Psychologischen Institut werden alle für die Hilfsschule in Aussicht genommenen Würzburger Kinder nach erweiterten BINET-SIMONschen Methoden untersucht und die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden dann der Schulverwaltung mitgeteilt. Auch in forensischer Hinsicht ist die Methode bedeutsam. (13)

Wir sahen nun, daß bei den geistig zurückgebliebenen Kinder die Häufigkeit der bevorzugtesten Reaktionen mit dem Intelligenzalter zunimmt. Berechnet man aufgrund von Versuchen an normalen Kindern eine Normalmindestleistung an bevorzugtesten Reaktionen für die einzelnen Altersstufen, so zeigt sich, daß die überwiegende Mehrheit der geistig zurückgebliebenen Kinder unter der Normalmindestleistung ihres Lebensalters zurückbleibt. Vergleicht man aber die nach ihrem Intelligenzalter gruppierten Zurückgebliebenen mit der Normalmindestleistung des entsprehenden Intelligenzalters der normalen Kinder, so zeigt sich, daß die überwiegende Mehrheit der Zurückgeblieben diese Normalmindestleistung erreicht oder überschreitet. Die Häufigkeit oder vielmehr die Seltenheit der bevorzugtesten Assoziationen im Assoziationsversuch kann demnach als Symptom geistiger Zurückgebliebenheit und als Maß der Größe der Retardation [Verzögerung - wp] in einer abgestuften Testserie nach Art der BINET-SIMONschen verwendet werden. In ähnlicher Weise sucht R. W. RAUDNITZ das Gleichförmigkeitsphänomen als Symptom für den kindlichen Negativismus zu verwenden. (14)

Wenn wir einer großen Anzahl von Versuchspersonen die Aufgabe stellen, auf ein dargebotenes Wort hin mit einem anderen Wort möglichst schnell zu reagieren, so arbeiten wir mit diesen Versuchspersonen unter gleichförmigen Bedingungen. Wir stellen allen Versuchspersonen die gleiche Aufgabe, wir bieten allen dasselbe Reizwort dar, die psychische Konstitution, in welcher sich die Personen befinden, ist bei aller individuellen Verschiedenheit doch in vielen Beziehungen übereinstimmend. So entsteht eine große Gleichförmigkeit der mittelbaren und unmittelbaren Bedingungen der Reaktionen, die dann zu den gleichförmigen Reaktionen führt, die wir kennen gelernt haben. Nicht nur bei Assoziationsversuchen zeigt sich nun eine große Gleichförmigkeit der Reaktionen infolge gleichförmiger Bedingungen, sondern auch auf anderen Gebieten.

Vor einigen Jahren führte ich mit einer Dame folgende Versuche aus. Ich nahm ein Spiel franösischer Karten und zwar 32 Blatt Skatkarten. Ich mischte das Spiel und entfernte dann die drei obersten Karten aus demselben, die ich auf den Tisch legte, an welchem wir saßen. Darauf ersuchte ich die Versuchsperson, sich eine dieser drei Karten zu merken. Nachdem das geschehen war, bezeichnete ich die Karte, die sie sich meiner Ansicht nach gemerkt haben mußte. Die Versuchsperson hatte dann festzustellen, ob ich die richtige Karte bezeichnet hatte. Dann mischte ich die Karten von neuem und wiederholte denselben Versuch. Im ganzen führte ich das Experiment sechsmal aus und in allen Fällen behauptete die Versuchsperson, daß ich tatsächlich die Karte bezeichnet hätte, die sie sich gemerkt hatte. Ich wiederholte dann die Versuche mit einigen technischen Veränderungen noch 18 mal, wobei ich 13 mal die gemerkte Karte richtig bezeichnete.

Experimente wie die geschilderten können als Versuche des Gedankenlesens bezeichnet werden. Wenn man von Gedankenlesen spricht, so denkt man dabei an verschiedene, seien es nun brauchbare oder unbrauchbare Methoden des Gedankenlesens. Man versucht vielfach die Gedanken anderer aus deren unwillkürlichen Bewegungen zu erschließen, wobei der Gedankenleser die Bewegungen teils auf taktilem, teils auf optischem, teils auf akustischem Weg zu ermitteln sucht. So hat zuerst der Amerikaner BROWN im Jahre 1876 Vorführungen mittels taktilen Gedankenlesens veranstaltet. Er ließ z. B. einen Gegenstand im Zuschauerraum verstecken, faßte die Person, die ihn versteckt hatte, bei der Hand und führte sie herum. Aus gewissen unwillkürlichen Bewegungen dieser Person erriet er dann die Stelle, wo der Gegenstand versteckt war. Ähnliche Experimente haben dann CORLY, SNAP, IRVING BISHOP und dessen vormaliger Geschäftsführer CHARLES STUART GARNER ausgeführt. Letzterer bereiste unter dem Namen STUART CUMBERLAND den europäischen Kontinent, wobei er auch die bekannten Experimente ausführte, in denen er gedachte Zahlen erriet. Die Versuchsperson mußte bei diesen Vorführungen intensiv an eine bestimmte Ziffer denken und mit einem Stück Kreide eine Tafel berrühren, während er die Hand der Versuchsperson anfaßte. Aus den Bewegungen der Hand schloß CUMBERLAND dann auf die gedachte Zahl. (15) Seitdem werden ähnliche Experimente häufig in öffentlichen Schaustellungen vorgeführt. Daß man auch auf optischer Grundlage, d. h. aus gesehenen Bewegungen mit ihnen verbundene Gedanken ablesen kann, hat neuerdings OSKAR PFUNGST (16) gezeigt. HANSEN und LEHMANN (17) haben aus unwillkürlichem Flüstern, das sie mittels großer Konkavspiegel hörbar machten, Gedanken zu lesen versucht. Andere (18) behaupten, daß es möglich sei, Gedanken unmittelbar auf große räumliche Entfernungen hin zu erkennen. Endlich sei noch das sogenannte Gedankenlesen durch Tricks (19) erwähnt, wo das "Medium" aus verabredeten Zeichen, die dem Zuschauer unbekannt bleiben sollen, die Gedanken des Experimentators errät. Letzteres findet z. B. statt in den bekannten Vorführungen, wo der Experimentator durch spezielle Fragewendungen dem "Medium" den von ihm gedachten Gegenstand mitteilt.

Wenn man von Gedankenlesen spricht, so denkt man dabei wohl in der Regel an die eben skizzierten Methoden, aber nicht an ein Verfahren, das im gewöhnlichen Leben sehr üblich ist und darin besteht, daß man, um die Gedanken anderer zu erraten, erwägt, was man selbst unter den gegebenen Verhältnissen denken würde. Diese Form des Gedankenlesens bezeichne ich als die  egomorphe,  weil man dabei die Gedanken anderer im Anschluß an die des eigenen Ich zu erraten sucht. Dieses egomorphe Gedankenlesen liegt z. B. vor, wenn wir uns fragen, welchen Eindruck etwa ein Brief auf jemanden macht, und wenn wir den fraglichen Eindruck nach demjenigen bestimmen, den der Brief auf uns selbst machen würde. Es liegt auch vor, wenn wir die Schwere einer Beleidigung, die einem Dritten zugefügt wurde, an dem Eindruck ermessen wollen, den die Beleidigung gegebenenfalls auf uns selbst machen würde, und in tausend anderen Fällen.

Des egomorphen Lesens von Gedanken bediente ich mich auch bei den oben mitgeteilten Kartenversuchen. Ich stellte einfach fest, welche Karte ich selbst wählen würde, wenn mir die Aufgabe gestellt würde, mir eine Karte zu merken. Es ist klar, daß das egomorphe Gedankenlesen nicht immer zum Ziel führen kann. Wenn wir die Gedanken anderer aus unseren eigenen ableiten, so können wir auch zu falschen Resultaten gelangen. Ich würde unter gleichen gegebenen Verhältnissen nur dann genau dasselbe denken, was ein anderer denkt, wenn ich selbst genau derselbe wäre wie dieser andere. Denn das Denken ist nicht nur von den gegebenen objektiven Verhältnissen abhängig, sondern auch von dem Subjekt, das denkt. Und so müssen wir im Leben das egomorphe Gedankenlesen stets ergänzen durch unsere Kenntnis der Individuen, deren Gedanken wir erraten wollen. Wenn ich etwa beim Kartenspiel feststellen will, was für Konsequenzen mein Gegner aus meinem Spielen zieht, so darf ich nicht nur die Konsequenzen erwägen, die ich aus meinem Spiel zöge, wenn ich mein Gegner wäre, sondern ich muß auch die Gepflogenheiten, die Spielkenntnis meines Gegners und anderes in Erwägung ziehen. Und so kann auch das Erraten gemerkter Karten nach der egomorphen Methode nicht immer gelingen.

Daß dies überhaupt möglich ist, ergibt sich aus Massenversuchen, die ich wiederum mit Spielkarten anstellte. Ich projizierte mittels eines Epidiaskops [Durchlichtprojektor - wp] je drei, in einer anderen Versuchsreihe je zwei Spielkarten auf den Projektionsschirm und ersuchte die 14 bzw. 26 Versuchspersonen, jeweils eine beliebige Karte zu merken und dann zu Protokoll zu nehmen. Diese Protokolle zeigten eine große Übereinstimmung der gemerkten Karten. Bevorzugt wurde am meisten das As; dann folgten die hohen Zahlen (10, 9, 8), dann die Figuren (König, Bube, Dame), dann die niederen Zahlen (4, 3, 2) und dann die mittleren Zahlen (7, 6, 5). Diese Versuche zeigen deutlich, daß ein Gedankenlesen in dem oben angegebenen Sinn innerhalb gewisser Grenzen möglich ist. Sie bilden aber auch einen neuen Beleg für die Gleichförmigkeit psychischer Vorgänge unter gleichförmigen Bedingungen.

Diese Gleichförmigkeit zeigt sich auch in verwandten Gebieten. Wenn wir eine große Anzahl von Versuchspersonen auffordern, eine beliebige Zahl von 1 bis 10, 11 bis 20, 21 bis 30, 31 bis 40, 41 bis 50 aufzuschreiben, so werden meinen Versuchen zufolge am meisten Zahlen mit der Endziffer 5 notiert und jede andere Zahl wird umso seltener notiert, je mehr ihre Endziffer hinter Größe  5  zurückbleibt oder sie überragt (20).

Fordern wir eine große Anzahl von Versuchspersonen auf, einen beliebigen Farbennamen aufzuschreiben, so schreiben die meisten "rot", dann folgt "blau", dann "grün", dann "gelb", "schwarz" usw.

Ja selbst wenn wir eine große Anzahl von Personen bitten, ein ganz beliebiges Wort zu notieren, so stimmen die Reaktionen im weitesten Umfang überein. Von 350 Schülerinnen, mit denen solche Versuche angestellt wurden, schrieben 18 das Wort  Schule,  je 8 die Worte  Baum, Blume, Haus, Tafel  und je 199 von den 350 Versuchspersonen schrieben je ein Wort auf, das mindestens auch bei einer anderen Versuchsperson vorkam, so daß also 57% aller notierten Wörter mehr als einmal notiert wurden.

Auch beim Raten zeigen sich interessante Gleichförmigkeiten, F. B. DRESSLAR (21) und E. C. SANFORD (22) haben von vielen Versuchspersonen größere Mengen von Körnern und Bohnen schätzen lassen, wobei gewisse Zahlen deutlich bevorzugt wurden. Ein Kleidergeschäft in Los Angeles schrieb auf Veranlassung DRESSLARs einen Preis von 100 Dollar aus für diejenigen, welche die Zahl der Samenkörner errieten, die ein im Schaufenster aufgestellter Kürbis enthält. Gegen 7000 Personen beteiligten sich an diesem Experiment. Einen ähnlichen Versuch stellte SANFORD in einer anderen Stadt an, wo er eine wertvolle photographische Kamera demjenigen in Aussicht stellte, der die Anzahl weißer Bohnen in einer geschlossenen Flasche richtig errät. Beide Autoren gelangten zu Ergebnissen, die zeigten, daß Zahlen mit der Endziffer  O  am beliebtesen waren, daß dann meistens Zahlen mit ungeraden und erst an dritter Stelle Zahlen mit geraden Endziffern gewählt wurden. Am unbeliebtesten waren bei beiden Versuchen Zahlen mit der Endziffer  4. 

Bei all diesen Versuchen zeigt sich genau wie bei den Assoziationsversuchen das Phänomen der bevorzugtesten, zweitbevorzugten, drittbevorzugten und der minderbevorzugten Reaktionen.

Die durch diese Versuche erwiesene Vorliebe der Menschen für gewisse Zahlen zeigt sich auch im Strafmaß, mit dem die Richter die Taten der Verurteilten vergelten. Im Jahre 1888 befanden sich nach HAVELOCK ELLIS (23) 6970 Personen in englischen Zuchthäusern. Unter diesen waren 3034 zu 5 Jahren, d. h. der niedrigsten durch das Gesetz zugelassenen Zahl von Jahren verurteilt, während nur ein einziges Individuum eine Strafe von 6 ½ Jahren zu verbüßen hatte. 1022 Personen waren zu 10 Jahren, aber nur eine zu 11 und nur sechs zu 9 Jahren Zuchthaus verurteilt. 240 Personen hatten 20, aber nur drei 21 Jahre zu verbüßen. Später hat GALTON (24) mit einem anderen und viel größeren Material ähnliche Liebhabereien der englischen Richter festgestellt. Schon vor ELLIS hatte WINES (25) analoge Tatsachen an amerikanischen Urteilen nachgewiesen. Und wir dürfen wohl annehmen, daß eine deutsche Statistik nicht zu prinzipiell anderen Tatsachen führen würde. Die Gleichförmigkeit des psychischen Geschehens führt demnach auch zu Ergebnissen, die ein bemerkenswertes und zugleich humorvolles Argument für diejenigen abgeben, welche die Einrictung des bestimmten Strafmaßes bekämpfen.

Sehr interessant ist, daß sich die psychische Gleichförmigkeit und das Bevorzugungsphänomen auch auf dem Gebiet der Schreibfehler nachweisen lassen. STOLL hat zum erstenmal die Fehler, welche wir beim Abschreiben von Texten machen, einer gründlichen Untersuchung unterzogen (26). Aus dieser großen Arbeit wollen wir hier nur hervorheben, daß auch die Schreibfehler verschiedener Personen im weitesten Umfang übereinstimmen. Ein und derselbe Fehler wird oft von 33 bis 70% der Versuchspersonen gemacht. Auch diese Gleichförmigkeit hängt natürlich mit der Gleichförmigkeit der Bedingungen zusammen und ein und derselbe Fehler wiederholt sich offenbar umso mehr, je günstiger Die Bedingungen seines Eintretens sind. STOLL hat diese Bedingungen im einzelnen experimentell und statistisch geprüft. Nach dem Vorgang von STOLL gelingt es leicht, ein und denselben Fehler bei einer großen Anzahl von Personen hervorzurufen, wofern man nur von einer entsprechend großen Anzahl von Personen einen geeigneten Text abschreiben läßt. Solche Untersuchungen sind natürlich für die Pädagogik und die philologische Textkritik von Interesse. Wer Orthographie-Unterricht geben will, wird am meisten diejenigen Fehler zu bekämpfen haben, zu denen nach dem Ergebnis solcher Untersuchungen die meiste Neigung besteht, und wer textkritische Untersuchungen macht, der wird sich in einem bestimmten Fall nicht leicht entschließen, einen Abschreibfehler anzunehmen, wenn ihm aufgrund solcher Untersuchungen bekannt ist, daß ein derartiger Abschreibfehler sehr unwahrscheinlich ist (27).

Um die Untersuchungen der Schreibfehler und die Probleme der Textkritik in einen Zusammenhang zu bringen, ließ ich einen Teil des Lukasvangeliums (28) in der Übersetzung der  Vulgata  mittels Schreibmaschine vervielfältigen und von 138 Versuchspersonen im Alter von 11 bis 14½ Jahren abschreiben, welche der lateinischen Sprache unkundig waren. Dieser Text enthält 76 Eigennamen (darunter 70 verschiedene), deren Varianten in der von mir benützten Ausgabe in den Anmerkungen mitgeteilt sind. 16 von den 76 Eigennamen, also 21% zeigten unter den fehlerhaften Abschriften solche, die mit Textvarianten identisch sind. Obgleich ich diese Versuche selbst nur als Vorversuche betrachte (29), so dürften sie doch zeigen, daß die Hoffnungen (30), die ich für die Psychologie der Schreibfehler und ihre Bedeutung für die Textkritik hege, nicht ganz unbegründet sind.

Das Phänomen der Gleichförmigkeit und der bevorzugten Reaktionen zeigt sich auch im Gebiet der Psychologie der Aussage (31), wodurch es wiederum (ebenso wie durch das Gebiet der Tatbestandsdiagnostik) forensisch wichtig wird. Wenn man einer größeren Anzahl von Personen einer Stadt Fragen vorlegt wie die folgenden:
    Welches ist die größte Kirche unserer Stadt?
    Welche Farbe haben die Briefkasten?
    Wann war das große Hochwasser in Franken?
    Welche Farbe haben die Haare des Herrn X?,
so stellen sich natürlich neben richtigen Antworten auch falsche ein. Diese aber stimmen im weitesten Umfang miteinander überein. Von 30 Volksschülern einer 7. Klasse antworteten z. B. auf die Frage, "Welches ist die größte Kirche in Würzburg?" 16 Personen falsch. Diese falschen Antworten zerfielen in eine Gruppe zu 9 gleichen Antworten, in eine zweite Gruppe zu 5 gleichen Antworten und in eine dritte Gruppe mit nur zwei isolierten Antworten. Ja, es gibt Fälle, wo die richtige Antwort seltener ist, als irgendeine falsche von mehreren Versuchspersonen abgegebene Antwort. Von 15 Seminaristinnen beantworteten nur 3 die Frage "Wann war das große Hochwasser in Franken?" richtig; die falschen Antworten zerfielen in eine Gruppe zu 6 vollständig übereinstimmenden und in eine Gruppe zu 4 gleichfalls übereinstimmenden Antworten.

Derlei Untersuchungen führen auch zu dem Resultat, daß gewisse allgemeine Neigungen bestehen, in dieser oder jener Richtung falsche Antworten zu geben. So treten auf die Frage, wie weit ein Ereignis zurückliegt, bei den kürzeren Zeitstrecken die Überschätzungen stärker hervor als bei den längeren Zeitstrecken. Alle diese Untersuchungen lehren aber auch, daß die Übereinstimmung von Aussagen an und für sich mit der Richtigkeit dieser Aussagen nichts zu tun hat, eine Tatsache, die für die Bewertung von gerichtlichen Zeugenaussagen, bei denen das Phänomen der Gleichförmigkeit und Bevorzugung ebenfalls besteht (32), äußerst wichtig ist (33). Die peinliche Gerichtsordnung KARLs V. verlangt (34), daß ein Verbrechen durch zwei oder drei klassische Zeugen bezeugt sein muß. Unsere Ausführungen zeigen, daß eine so generelle Forderung schon infolge der psychischen Gleichförmigkeit unhaltbar ist und in einem Sittlichkeitsprozeß, in dem ich als psychologischer Sachverständiger fungierte, durfte ich trotz übereinstimmender belastender Kinderaussagen diese Aussagen als irrelevant zurückweisen, da die Gleichförmigkeit der Bedingungen, unter denen die Kinder aussagten, die Übereinstimmung ihrer Aussagen genügend erklärte. (35)

Ein anderes Gebiet, in welchem das psychologische Gleichförmigkeitsproblem untersucht wurde, ist das der Beobachtungsfehler. In den messenden Naturwissenschaften sind wir oft genötigt, bei der Abmessung einer Strecke mittels einer Millimeterskala noch Zehntelmillimeter zu schätzen. Hierbei machen wir vielfach Fehler. Schon lange hat man nun erkannt, daß diese Fehler nicht ganz regellos verlaufen. MICHAEL BAUCH (36) hat dann systematische Untersuchungen in großer Zahl mit vielen Versuchspersonen über solche Fehler angestellt. Er benützte Apparate, durch welche man mit Hilfe eines  Nonius  [Schublehre - wp] einen Zeiger auf willkürlich gewählte Zehntel genau einstellen konnte, und er ließ dann die Zehntel von Beobachtern abschätzen. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Untersuchungen sollen hier kurz mitgeteilt werden.
    1. Beim Schätzen von Zehntelmillimetern werden die Randzehntel (1, 2, 8, 9, 0) bevorzugt, die Mittelzehnte (3, 4, 5, 6, 7) vernachlässigt.

    2. Die Randzehntel werden häufiger als die anderen richtig, die Mittelzehntel häufiger als die anderen falsch geschätzt.

    3. Die Über- und Unterschätzungen weisen den eingestellten Zehnteln gegenüber eine Verschiebung nach den Rändern des Intervalls hin auf, und zwar jeweils nach dem dem eingestellten Zehntel zunächst liegenden Rand.

    4. Am häufigsten richtig geschätzt wird das Zehntel  0;  am häufigsten überschätzt wird das Zehntel  7  und am häufigsten unterschätzt das Zehntel  3. 
Solche Untersuchungen müssen schließlich zu Korrektionsformeln führen, mit deren Hilfe man die arithmetischen Mittelwerte aus den Beobachtungen einer großen Anzahl von Personen den tatsächlich gesuchten Werten mehr annähern kann, als dies ohne solche Untersuchungen möglich ist, was besonders auf dem Gebiet der Astronomie von Interesse sein dürfte. Solche Untersuchungen zeigen, wie übrigens andere auch (37), daß die mathematische Fehlertheorie durch eine empirisch-psychologische ergänzt werden muß. Zu den elementarsten Voraussetzungen der GAUSS'schen Fehlertheorie gehört der Satz, daß die in Betracht kommenden variablen Fehler gleicher absoluter Größe gleiche Wahrscheinlichkeit besitzen (38). Die erwähnten Tatsachen zeigen, daß diese Annahme nicht zutrifft, sofern man unter variablen Fehlern diejenigen Fehler versteht, die man bisher allgemein als solche behandelt hat. (39)

Die von BAUCH experimentell ermittelten Gesetzmäßigkeiten zeigen sich auch bei älteren Untersuchungen von Astronomen, die ohne eine regulierte Einstellung stattfanden, d. h. bei Untersuchungen, wo im Gegensatz zur BAUCHschen Arbeit der zu schätzende Tatbestand nicht genau bekannt war (40). Sie finden sich auch in der meteorologischen Praxis (41) und sind auch für die Geodäsie wichtig. G. KUMMER hat im geodätischen Interesse ganz ähnliche Untersuchungen wie BAUCH ausgeführt und ist auch zu ähnlichen Resultaten gelangt (42). Neuerdings hat CURTIUS MÜLLER (43) in sehr dankenswerter Weise alle einschlägigen Untersuchungen der Geodäten zusammengestellt und sie durch eigene Versuche erweitert.

Unsere Phänomene treten auch bei willkürlichen Bewegungen der Extremitäten auf. Wenn man einer größeren Anzahl von Versuchspersonen die Aufgabe stellt, auf ein gegebenes Signal hin von einem bestimmten Ausgangspunkt aus eine beliebige Armbewegung unter  n  möglichen Bewegungen möglichst schnell auszuführen, so stimmen die von den Versuchspersonen gemachten Bewegungen in großem Umfang überein. Auch hier zeigen sich bevorzugteste und minder bevorzugte Reaktionen. Versuche, das von mir aufgestellte Geläufigkeitsgesetz auf diesem Gebiet nachzuweisen, sind bisher nicht gelungen. Dies rührt aber lediglich daher, daß die Reaktionszeiten bei solchen Versuchen durchschnittlich kürzer und viel weniger voneinander abweichend sind als bei Assoziationsversuchen, weshalb hier der Nachweis des Wachstums der Reaktionszeiten mit der Abnahme der Bevorzugung schwieriger und daher nur mittels einer sehr großen Anzahl von Einzelversuchen möglich ist. Aus der Analogie mit den Assoziationsversuchen müssen wir auch hier die Gültigkeit des Geläufigkeitsgesetzes durchaus in Anspruch nehmen.

Unzweifelhaft experimentell erwiesen ist auf dem Gebiet der Körperbewegungen die Tatsache, daß die bevorzugteren Armbewegungen eine größere Geschwindigkeit haben als die minder bevorzugten. Bevorzugter ist auch die Bewegung nach solchen Punkte, die dem Ausgangspunkt benachbarter sind gegenüber der Bewegung nach Punkten, die vom Ausgangspunkt mehr entfernt sind.

Läßt man eine größere Anzahl von Personen durch Probieren feststellen, welche unter  n  möglichen Bewegungen die bequemsten sind, und vergleicht man die als bequem bezeichneten Bewegungen mit den bevorzugten Bewegungen, so ergibt sich der Satz: Bequemere Bewegungen werden vor unbequemen bevorzugt.

Alle diese von BAUCH (44) experimentell erwiesenen Tatsachen haben offenbar nicht nur für Armbewegungen eine Bedeutung. Sie sind nach meiner Ansicht Spezialfälle ganz allgemeiner physiologischer Gesetzmäßigkeiten, die wir folgendermaßen formulieren können:
    1. Wenn bei einer großen Anzahl von Individuen unter bestimmten physikalischen (d. h. außerhalb der Individuen liegenden) Bedingungen  n  Bewegungen möglich sind, so stimmen die tatsächlich erfolgenden Bewegungen in weitem Umfang miteinander überein; es gibt bevorzugteste, zweitbevorzugte und minder bevorzugte Bewegungen.

    2. Die bevorzugteren Bewegungen können durchschnittlich schneller ausgeführt werden als die minder bevorzugten.

    3. Die bevorzugteren Bewegungen sind durchschnittlich subjektiv bequemer als die minder bevorzugten.

    4. Bevorzugter ist die Bewegung nach solchen Punkten, die dem Ausgangspunkt benachbarter sind, gegenüber der Bewegung nach Punkten, die vom Ausgangspunkt mehr entfernt sind.
Die Gleichförmigkeit des psychischen Geschehens wird wesentlich gefördert durch die Suggestion, wenn diese bei mehreren Individuen in ein und derselben Richtung wirksam ist. KOSOG (45) zeigte z. B. den Kindern einer Schulklasse zunächst aus der Nähe einen Zettel, in dessen Mittel mit schwarzer Tinte ein kleiner Punkt angebracht war. Dann mußten die Schüler zurücktreten und darauf wieder so weit an KOSOG herankommen, bis sie den Punkt deutlich sahen. Nachdem dies dreimal geschehen ist, vertauschte KOSOG den Zettel unvermerkt mit einem anderen, auf welchem sich kein Punkt befand. Diese und andere Suggestionsversuche ergaben im Ganzen 65% Fälle, in denen die Kinder der Suggestion unterlegen waren, also ein suggestiv bedingtes gleichförmiges Verhalten aufwiesen.

DÜCK (46) ließ in einer Klasse mit 48 Schülern zwischen 14 und 17 Jahren ein Geldstück (einen Gulden österreichischer Währung) herumgehen und forderte die Schüler auf, das Geldstück zu betrachten. Am Schluß der Stunde sagte er zu seinen Schülern:
    "Sie haben ja zweifellos alle bemerkt, daß das Guldenstück ein Loch hat; ich möchte nun Ihre Beobachtungsgabe prüfen und Sie sollen mir deshalb angeben, wo das Loch ist; zeichnen Sie einfach einen Kreis und die Umrisse eines Kopfes auf ein Blatt Papier und bezeichnen Sie die Stelle des Loches durch ein Kreuz."
Das Geldstück hatte aber gar kein Loch. Trotzdem setzten 44 Schüler ein Kreuz, einige sogar zwei Kreuze auf die Zeichnung und von den vier anderen bemerkte nur einer ausdrücklich: "Der Gulden hat kein Loch gehabt." Die drei andern gaben nur an, sie hätten das Loch nicht gesehen. Das Interessanteste an den Versuchen ist aber, daß mehrere jüngere Schüler sogar noch auf dem suggerierten Glauben beharrten, als ihnen DÜCK den Sachverhalt mitgeteilt hatte. Da, wie wir sahen, unter 48 Schülern 44 der Suggestion unterlagen, so hatten sich 92 Prozent der Schüler in gleicher Richtung suggestiv beeinflussen lassen.

Wir können die Suggestion einteilen in Autosuggestion und Fremdsuggestion. Bei der Autosuggestion täuscht sich der Mensch selbst einen faktisch nicht bestehenden Sachverhalt vor. Um Autosuggestion handelt es sich z. B. beim Hypochonder insofern, als er sich bei ihm nicht vorhandene Krankheiten vortäuscht. Bei der Fremdsuggestion ist dagegen das suggerierende und das suggestiv beeinflußte Individuum nicht wie bei der Autosuggestion identisch. Die Versuche von KOSOG und DÜCK waren Fremdsuggestionen. Ein spezieller Fall der Fremdsuggestion ist nun die wechselseitige Suggestion. Bei dieser wirken die suggestiv beeinflußten Individuen wechselseitig suggestiv aufeinander ein. Bei den Versuchen von DÜCK handelt es sich nur um Fremdsuggestion im gewöhnlichen Sinne des Wortes oder um eine einseitige Fremdsuggestion, nicht auch um eine wechselseitige Suggestion, während hingegen die Schüler KOSOGs nicht nur durch ihn suggestiv beeinflußt wurden, sondern auch wechselseitig einander beeinflußten. Hier lag also auch eine wechselseitige Suggestion vor: Die Schüler hatten hier so weit vorzutreten, bis sie den Punkt sahen; jeder von ihnen bemerkte daher auch, ob und inwieweit die anderen Schüler vortraten; seine Tätigkeit und seine Aussage über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein des Punktes wurde daher auch von den anderen Schülern beeinflußt.

Die wechselseitige Suggestion war in diesem Beispiel eine unbeabsichtigte. Überhaupt wird die wechselseitige Suggestion fast immer unbeabsichtigt sein.

Zusammenfassen können wir sagen: Sowohl durch die einseitige Fremdsuggestion als auch durch die wechselseitige Suggestion wird die Gleichförmigkeit des psychischen Geschehens erhöht, wenn die Suggestion bei mehreren Individuen in einer bestimmten Richtung wirkt.

Die mitgeteilten psychologischen Untersuchungen des Gleichförmigkeitsproblems haben auch für manche Fragen der Sprachwissenschaft, Geschichtswissenschaft, Soziologie und Rechtsphilosophie ein gewisses Interesse. Hiervon soll später die Rede sein. Zunächst wollen wir der Theorie der psychischen Gleichförmigkeit nähertreten, wobei das Tatsachenmaterial selbst noch etwas erweitert werden wird.
LITERATUR - Karl Marbe, Die Gleichförmigkeit in der Welt - Untersuchungen zur Philosophie und positiven Wissenschaft, München 1916
    Anmerkungen
    1) In dieses und das folgende Kapitel wurden Versuchsergebnisse und Ausführungen aus meinem Aufsatz in der Zeitschrift für Psychologie, Bd. 56, 1910, Seite 241f und aus meinen Grundzügen der forensischen Psychologie, München 1913 aufgenommen.
    2) Alle diese Beispiele sind entnommen aus A. THUMB und K. MARBE, Experimentelle Untersuchungen über die psychologischen Grundlagen der sprachlichen Analogiebildung, Leipzig 1901, Seite 19f
    3) F. REINHOLD, Zeitschrift für Psychologie, Bd. 54, 1900, Seite 187
    4) Vgl. besonders F. REINHOLD, a. a. O., Seite 185f
    5) A. THUMB und K. MARBE, Experimentelle Untersuchungen über die Grundlagen der sprachlichen Analogiebildung, Leipzig 1901, Seite 49
    6) Vgl. A. THUMB und K. MARBE, a. a. O., Seite 69, sowie F. SCHMIDT, Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, Bd. 28, 1902, Seite 84 und A. THUMB, Indogermanische Forschungen, Bd. 22, 1907/8, Seite 39f
    7) Vgl. K. MARBE, Grundzüge der forensischen Psychologie, München 1913, Seite 61f. Über ein an dieser Stelle nicht erwähntes Verfahren siehe A. WRESCHNER, Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht, Jahrgang 27, Heft 1, 1914, Seite 92f
    8) Vgl. KARL MARBE, Grundzüge der forensischen Psychologie, München 1913, Seite 64f
    9) GERTRUD SALING, Zeitschrift für Psychologie, Bd. 49, 1908, Seite 241f
    10) G. H. KENT und A. J. ROSANOFF, A Study of Association in Insanity. Reprint from American Journal of Insanity, Bd. 67, 1910
    11) F. C. EASTMAN und A. J. ROSANOFF, American Journal of Insanity, Bd. 69, 1912, Seite 125f. J. R. und A. J. ROSANOFF (Psychological Review, Bd. 20, 1913, Seite 43f) untersuchten bei Kindern die Abhängigkeit des Bevorzugungsphänomens vom Alter. In keiner der drei Arbeiten, an denen A. J. ROSANOFF beteiligt ist, werden die älteren deutschen Arbeiten, in denen das Bevorzugungsphänomen näher untersucht wurde, genügend berücksichtigt.
    12) F. RÖMER, Fortschritte der Psychologie und ihrer Anwendungen Bd. 3, 1915, Seite 43f
    13) Vgl. KARL MARBE, Grundzüge der forensischen Psychologie, München 1913, Seite 73f
    14) R. W. RAUDNITZ, Die Umschau, 13. Dezember 1913, Seite 1064f und Verhandlungen der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte; 85. Versammlung, Wien 1913, Zweiter Teil, 2. Hälfte, Leipzig 1914, Seite 622f
    15) Vgl. STADTHAGEN, Das Gedankenlesen, 3. Auflage, Leipzig o. J., Seite 1f
    16) OSKAR PFUNGST, Das Pferd des Herrn von Osten, Leipzig 1907, Seite 77f
    17) F. C. C. HANSEN und A. LEHMANN, Philosophische Studien, Bd. 11, 1895, Seite 471f
    18) Vgl. J. H. HYSLOP, Probleme der Seelenforschung, Stuttgart 1909, Seite 84f
    19) Vgl. STADTHAGEN, Die Mysterien des Hellsehens, 3. Auflage, Leipzig o. J., Seite 1f
    20) In der größten Häufigkeit der mittleren Zahlen stimmen mit diesen Versuchen die Resultate von CHARLES SEDGWICK MINOT (Proceedings of the American Society for Psychical Research, Bd. 1, 1885-1889, Seite 86f) überein.
    21) FLETCHER BASCOM DRESSLAR, Popular Science monthly, Bd. 54, 1898/99, Seite 781f
    22) EDMUND CLARKE SANFORD, American Journal of Psychology, Bd. 14, 1903, Seite 383f. Über die Arbeiten von MINOT, DRESSLAR und SANFORD siehe MICHAEL BAUCH, Psychologische Untersuchungen über Beobachtungsfehler, in "Fortschritte der Psychologie und ihrer Anwendungen", Bd. 1, Leipzig 1913, Seite 213f und 217.
    23) HAVELOCK ELLIS, The Criminal, (The Contemporary Science Series, hg. von HAVELOCK ELLIS) 4. Auflage, London und New York 1910, Seite 317f
    24) FRANCIS GALTON, Nature, Bd. 52, 1895, Seite 174f.
    25) F. H. WINES, American Prisons in the Tenth United States Census, New York und London, 1888, Seite 24f (Zitiert bei H. ELLIS a. a. O., Seite 317)
    26) JAKOB STOLL, Zur Psychologie der Schreibfehler, in "Fortschritte der Psychologie und ihrer Anwendungen", Bd. 2, Leipzig 1914, Seite 1f.
    27) Über die Bedeutung der Untersuchung der Schreibfehler für die Textkritik vgl. JAKOB STOLL, a. a. O., Seite 120f
    28) Novum testamentum domini nostri Jesu Christi latine, hg. von J. WORDSWORTH und H. J. WHITE, Teil 1, Bd. 3. Evangelium secundum Lucam. Oxford 1893, Seite 326f.
    29) Vgl. über diese Untersuchungen STOLL, a. a. O.
    30) KARL MARBE, Die Bedeutung der Psychologie für die übrigen Wissenschaften und ihre Praxis, "Fortschritte der Psychologie und ihrer Anwendungen", Bd. 1, 1913, Seite 35f.
    31) JOHANN DAUBER, Psychophysische Untersuchungen zur Photometrie, in "Fortschritte der Psychologie und ihrer Anwendungen", Bd. 1, Leipzig 1914/15, Seite 83f
    32) DAUBER, a. a. O., Bd. 1, 1913, Seite 103f
    33) MARBE, Grundzüge der forensischen Psychologie, München 1913, Seite 50f.
    34) Constitutio Criminalis Carolina, Artikel 67
    35) vgl. MARBE, Kinderaussagen in einem Sittlichkeitsprozeß, in "Fortschritte der Psychologie und ihrer Anwendungen", Bd. 1, Leipzig 1913, Seite 375f.
    36) MICHAEL BAUCH, a. a. O. Seite 169f
    37) vgl. DAUBER, a. a. O., Seite 102f
    38) Daß die GAUSSsche Fehlertheorie auch Fehler annimmt, die praktisch nicht vorkommen, habe ich in der "Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie und Soziologie", Jhg. 34, 1910, Seite 37f, ausgeführt.
    39) Vgl. MARBE, Anmerkung zu einer Arbeit von BAUCH, a. a. O., Seite 341f. - Es wäre wünschenswert, daß auch die mehrfach von Mathematikern angestellten Versuche über Fehler bei der Ausführung einfacher geometrischer Zeichnungen mit der Psychologie der Gleichförmigkeit in Verbindung gebracht würden. Vgl. hierzu: K. NITZ, Anwendungen der Theorie der Fehler in der Ebene auf Konstruktionen mit Zirkel und Lineal, Königsberger philosophische Dissertation (1905) und die dort angegebene Literatur. Unter den neuesten Arbeiten von Astronomen, die mit unserem Gegenstand zusammenhängen, sei genannt: P. LABITZKE, Experimentelle Untersuchungen über die Fehler bei Mitteleinstellungen, "Astronomische Mitteilungen der königlichen Sternwarte zu Göttingen, Bd. 18, 1914, Seite 1f (auch Göttingische Dissertation). Über andere Untersuchungen astronomisch wichtiger Beobachtungsfehler handeln Referate im "Astronomischen Jahresbericht", Bd. 1f, 1900f. Die Bände 1 bis 11 bringen diese Referate in § 33: Visuelle, photographische und sonstige Beobachtungsmethoden (persönliche Gleichung); von Band 12 (1912) ab finden sie sich in § 16: Systematische Beobachtungsfehler und Methoden zu ihrer Untersuchung.
    40) BAUCH, a. a. O., Seite 200f
    41) BAUCH, a. a. O., Seite 246f
    42) G. KUMMER, Zeitschrift für Vermessungswesen, Bd. 36, 1907, Seite 531f.
    43) CURTIUS MÜLLER, Einiges über Beobachtungsfehler beim Abschätzen an Teilungen geodätischer Instrumente, in "Fortschritte der Psychologie und ihrer Anwendungen", Bd. 4, Leipzig 1916/17, Seite 1f.
    44) BAUCH, Zur Gleichförmigkeit der Willenshandlungen, in "Fortschritte der Psychologie und ihrer Anwendungen", Bd. 2, Leipzig 1913/14
    45) O. KOSOG, Beiträge zur Psychologie der Aussage, 2. Folge, Heft 3, 1905, Seite 99f.
    46) J. DÜCK, Zeitschrift für Pädagogische Psychologie und experimentelle Pädagogik, Jahrgang 13, 1912, Seite 214f.