cr-3 
 
WALTER EISEN
Kritik der Sprachkritik Mauthners

"Mauthners Sprachkritik in allem einzelnen erschöpfend zu kritisieren, wäre ein unlohnendes, nichtiges Werk und ein Werk, das den Raum eines Konversationslexikons erforderte."

MAUTHNER ist der Sohn seiner Zeit und verstärkt ihre vorwaltende Richtung. Der ideengeschichtliche Hintergrund, auf dem sich die philosophischen Gedanken MAUTHNERs erheben, ist einmal die Epoche des  Materialismus.  Materialistisch ist MAUTHNERs ganze Geistesart: materialistisch seine Auffassung des Denkens und Gedächtnisses, mechanistisch- atomistisch seine Psychologie überhaupt. Den materialistischen Entwicklungsfaktoren des Hungers und der Liebe fügt er den der Eitelkeit hinzu. -

Die Sprachkritik ist nicht denkbar ohne die Darwinsche Entwicklungstheorie. Die Sinne und das Denken und das Sprechen sind Anpassungserscheinungen.

Hand in Hand damit, mit der Epoche des Materialismus geht, speziell inder Literatur, die Epoche des  Naturalismus,  Kritik und scharfe Erfassung des Tatsächlichen, Ablehnung alles "Idealismus" (ZOLA u.a.), metaphysischer Gefühle, des "metaphysischen Bedürfnisses" überhaupt, charakterisieren ihn. MAUTHNER nennt sich selbst einen Nachkömmling von STIRNER und IBSEN - ob des letzteren mit Recht, steht dahin. MAUTHNER steht hier seiner Geistesrichtung nach an der Wende des Naturalismus zur Romantik - wie etwa STRINDBERG; wie bei diesem, so auch bei ihm zeigt sich die Hinwendung zum Mystizismus.

Wichtig ist drittens die politische Situation. Die beginnende Welle des Nationalismus reißt Abgründe auf zwischen freier (humanistischer) Geistigkeit und stumpfem Mittrommeln neuer Schlagworte. Läßt Hochstehende wie FRITZ MAUTHNER immer mehr verbittert abseits stehen. Legt ihnen die Zerfaserung und Zertrümmerung solcher Schlagworte nahe - auf der einen Seite. Auf der anderen können auch die MAUTHNER, die Liberalen sich nicht dem magischen Banne entziehen, laufen mit.

Auch sie können sich nicht entziehen, BISMARCK zu bewundern, das praktisch- realistische Tatmenschentum gegenüber politischer und juristischer Wortgläubigkeit - propagieren es; sind Gegner des Historismus (Anlehnung an NIETZSCHE), und doch ist ein MAUTHNER selbst nicht denkbar ohne Historismus, Evolutionismus; seine sogenannte sprachkritische Methode ist fast rein historistisch.

Verworfen wird mit der historistischen Unterwürfigkeit den Worten gegenüber zugleich die Wort- Gläubigkeit, der Wort-Realismus überhaupt, der gerade vorher Orgien gefeiert hatte. Man kann MAUTHNER hier im guten Sinne zur "Aufklärung" rechnen, womit er auch selbst einverstanden ist: "Die Zerstörung von Scheinbegriffen, die Aufdeckung ihrer Falschheit ist also nicht nur ein theoretisches Bedürfnis für die menschliche Erkenntnis, sondern in sehr vielen Fällen auch ein praktischer Vorteil, weshalb der Sprachkritiker es sich gefallen lassen muß und mag, zu den Aufklärern gerechnet zu werden."

MAUTHNER ist aufgewachsen in der Epoche des ausgehenden HEGELianismus und der KANT-Renaissance, des Neo-Kritizismus. Der eigentliche Positivismus ist als Zeiterscheinung in Deutschland vielleicht überhaupt nicht aufgetreten. MAUTHNER ist von einzelnen Positivisten berührt, besonders von MACH, den er dankbar erwähnt, - hat auch von solchen entscheidenden Anregungen empfangen, aber nicht  mehr.  -

Im übrigen haben auf ihn stark gewirkt KANT und SCHOPENHAUER. Das Ding an sich finden wir bei MAUTHNER, besonders in der Lehre von den "Zufallssinnen" wieder; mit SCHOPENHAUER hat er besonders gemeinsam die Schätzung des gemeinen Menschenverstandes und, in Zusammenhang damit, Betonung des Tatwillens. Der Grimm gegen Tatloses, gegen das Wort, die Sprache, erwuchs ihm erst dämmernd, dann klar, bewußtseinsvoll: außer BISMARCK und NIETZSCHE gehört noch OTTO LUDWIG mit seiner Kritik der "schönen Sprache" des Dichters, der Sprache als Kunstmittel, zu den "wichtigsten Erweckern seines Werkes"

Man hat von den "Romantikern der Vernunft" gesprochen, - man könnte wohl von MAUTHNER so sprechen. Ausgesprochen romantisch ist seine Vorliebe für das sogenannt Volkstümliche, Ungekünstelte, "Natürliche", sein instinktiver Abscheu gegen "lebensfremdes" Denken, und er ist doch zutiefst Kind seiner Zeit, auch materialistischer Rationalist, Rationalist bis zur Verstiegenheit.

Wenn Rationalismus und Naturalismus sich überschlagen, wenn "Skepsis und Sehnsucht sich begatten, entsteht die Mystik" (NIETZSCHE). Als eine Mischung, ja, antithetisch, stellt sich die Geistesart MAUTHNERs dar, überall: auf der einen Seite der revolutionäre Kritiker, auf der anderen der träumerische Mystiker.

Es sollen noch einige Faktoren angedeutet werden, die von größter Bedeutung für sein persönliches Leben, auch für die Entstehung seines Gedankenwerkes sind. Er wächst in Böhmen, einem Zwei-Sprachen-Lande, auf und erlebt an sich selbst die trennende Macht der Sprachen: seine Aufmerksamkeit richtet sich auf das Phänomen der Sprache. Von noch tieferer Bedeutung für den Frühreifen ist der unverschuldete Verlust eines Schuljahres. Wütender Haß gegen ein engstirniges Schulsystem begleitet ihn ein Leben lang, legt Keime zu scharfer Gesellschaftskritik und schafft wohl auch, dies dem Manne natürlich unbewußt, tiefes Ressentiment.


Die Sprache im Verhältnis
zum Denken und Erkennen


Nicht erkenntniskritische Reflexion also, sondern der persönlich-geistige Konflikt zwischen dem theoretischen Idealismus KANTischer Observanz und dem praktischen Realismus des Politikers BISMARCK treibt MAUTHNER, etwa seit 1873, zur Kritik der großen und kleinen Worte.

Etwa im Jahre 1875/76 treibt eine ähnliche geistige Auseinandersetzung den Gedanken des idealistischen Positivismus hervor.

MAUTHNERs Werk hat als Grundtendenz: Kampf gegen den Glauben an Worte und Befreiung von diesem, dem "Wortaberglauben". Es will sein: ein letzter Versuch einer absoluten Tötung der Metaphysik, auch der "materialistischen".

Die Aufgabe, die MAUTHNER der Sprachkritik setzt, läßt sich derart umreißen: zu erweisen, daß Wissenschaft als Wirklichkeitserkenntnis nicht möglich sei, weil sie - an das Wort gebunden - von ihm abhängig sei; Worte aber keine Wirklichkeitserkenntnis liefern, weil sie nur Zeichen seien, Gedächtniszeichen für die normalerweise täuschenden Eindrücke unserer Sinne, "Zufallssinne", Zeichen von Zeichen ...

MAUTHNER will über den älteren Nominalismus, über die englischen Empiristen und KANT hinausführen: Das Denken sei nicht mehr und nicht weniger als das Gedächtnis des Einzelnen und der Menschheit, gleichbedeutend mit Vernunft, gleichbedeutend mit Sprache. Die Sprachkritik - die er gleichsetzt mit Erkenntnistheorie - will arbeiten "an dem befreienden Gedanken, daß die Menschen mit den Wörtern ihrer Sprachen und mit den Worten ihrer Philosophien niemals über eine bildliche Darstellung der Welt hinausgelangen können."

MAUTHNER befindet sich seiner Denkrichtung nach in der Linie der Nominalisten des Mittelalters. Er geht nicht wie der Nominalismus der englischen Empiristen (BACON bis HUME) und wie der neuere Nominalismus (VAIHINGER, CORNELIUS von ASTER) von Erkenntnisproblemen als solchen aus, nicht vom  logischen  Problem der Begriffsbildung, - verschieden auch von den Nominalisten des Mittelalters. Warum er hier trotzdem in eine Linie mit diesen gebracht wird, wird sich noch zeigen.

Sie gehen aus von den Gegenständen und finden, daß es gewisse Gegenstände nur in der Sprache gibt, nur als "flatus vocis", nicht dinglich - eben die  universalia;  nur die  individua  sind real. Er geht aus vom Verhältnis von Sprechen und Denken zueinander und findet, daß Denken  gleich  Sprechen ist: es gibt nicht nur die  universalia,  sondern auch die  individua,  also  alle  Gegenstände nur in der Sprache. Das ist der fundamentale Satz seiner Lehre.

Von  diesem  nominalistischen Ausgangspunkt aus durchschreitet MAUTHNER nahezu alle menschlichen Wissensgebiete, sein Augenmerk stets kritisch auf die Begriffe bzw. Gegenstände derselben richtend. Mit der sprachkritischen Methode durchleuchtet er die Genese der in den Wissenschaften gebildeten und angewandten Begriffe, erkennt er, daß stets an die Stelle des einen ein anderes, ein neues "Wort" trete, ein bloßer Name für eine nach wie vor unerkannte  Sache. 

Oder, mit anderen Worten, er erkennt, wie ein vorhandener Begriff durch bloße Übertragung auf einen neuen Tatbestand seinen Umfang erweitert, und sieht darin nichts anderes als die Erweiterung bloß der Bedeutung eines  Wortes. 

Das Erkenntnisprinzip MAUTHNERs ist das positivistische, es wandelt sich dann zum skeptischen. Immer vom Sprachlichen ausgehend, übersetzt er den sensualistischen Satz: nihil est in intellectu quod non prius fuerit in sensu, in: "nichts ist in den Begriffen unserer Sprache, was nicht zuvor in unseren Sinnen war". Damit ist bei ihm verbunden die materialistische Auffassung: Sprache gleich Muskelbewegung der Sprachorgane, Denken gleich Bewegung der Gehirnzellen.

Und es wird für MAUTHNER das Wichtigste, die behauptete Identität von Denken und Sprechen zu erklären, Zunächst, sei das Wort Erinnerungszeichen für einen Sinneseindruck bzw. für die Ähnlichkeit einer Reihe von solchen. Das Denken - von ihm natürlich im empiristischen Sinne aufgefaßt - sei an das Wort als das einzige Merkzeichen aller Erinnerungen unlöslich gebunden, das Wort wird bei Mauthner zur  conditio sine qua non  (unerläßliche Bedingung) aller Gedankenverbindungen.

Wie es keine abstrakte Sprache geben kann, wie letztendlich "nur die momentane Bewegung des Sprachorgans und eigentlich nur der letzte mikroskopische Bestandteil dieser Bewegung wirklich ist, - so ist auch wiederum das menschliche Denken nur ein Unwirkliches ...; wirklich ist nur die momentane Erinnerung, der momentane Gedächtnisakt". Das heißt für ihn, es gibt kein Denken ohne Worte. Der einzig reale konkrete Denkakt fällt mit ihm zusammen mit dem Sprechakt.

Und ein "Denken" über den einzelnen Denkakten bzw. ein "Sprechen" über dem einzelnen Sprechakt kann es so wenig geben wie "Ideen" über die Dinge hinaus, wie eine Lebenskraft über dem Lebendigen, eine Wärme über der Wärmeempfindung. Es gibt keine Vernunft vor der Sprache, als Schöpfer der Sprache, sondern beide sind selbst Schöpfung des Zusammenleben der Menschen, ein soziales Instrument, gebildet im Kampf ums Dasein, zum Zwecke der Ersparung von Erfahrungen bzw. dem der Mitteilung, und geeignet zur Befriedigung solchen Bedürfnisses.

Die Gleichsetzung von Denken und Sprechen wird allerdings von MAUTHNER nicht immer mit der Apodikzität behauptet. Manchmal sieht er beides nur als  parallele  Vorgänge an oder derart, daß beide Begriffe sich nicht vollständig decken, daß sie die gleiche Sache von zwei nicht ganz gleichen Standpunkten aus darstellen, daß Denken als die am Faden der Sprache aufgereihte Erinnerung der engere Begriff erscheint, Sprache dagegen als Denken mit Hinzutritt der Lautzeichen den umfassenderen Begriff bildet.

Aus der Gleichsetzung von Denken und Sprechen ergibt sich für MAUTHNER die resignierte Einsicht, daß wir nur denken können, was die Sprache gestattet. Die Welt unserer Gedanken, ererbt nur wie sie in den Zeichen der Sprache besteht, ist nur das bißchen Erinnerung an das bißchen Wahrnehmung der Menschheit und kann somit keine Erkenntnis bringen oder zur Förderung derselben beitragen. Hier schiebt sich als wichtigstes Glied im Gedankengang MAUTHNERs der Gedanke der Zufälligkeit unserer Sinneswahrnehmung ein.

Unsere Wahrnehmung und Erinnerung ist von Urzeiten bis heute von unserem Interesse gelenkt, im DARWINistischen Sinn ein Instrument des Organismus im Lebenskampf. Die unendliche Menge der "Wirklichkeitsbewegungen" gelangt nur durch die schmalen Tore unserer Zufallssinne zu uns, alles, was keinen Weg zu diesen Toren hat, muß draußen bleiben; nur einen winzigen Ausschnitt besitzen wir, den wir unsere Welt nennen.

Mit Hilfe unserer wenigen Sinne haben wir uns in unserer Umgebung orientiert. Die praktische Orientierung, als Waffe im Lebenskampf, bestimmt das Interesse, die Aufmerksamkeit. "Für den Menschen existiert natürlich nur die Welt, die er wahrnimmt, das, worauf er durch seine Sinne die Aufmerksamkeit zu richten sich gewöhnt hat: die Zufallsausschnitt seiner Zufallssinne." Als Zufall erscheint es, daß bestimmte Schwingungen gerade als sichtbare, hörbare oder fühlbare Wirkungen empfunden werden, daß wir die makroskopischen und mikroskopischen Bewegungen der Wirklichkeitswelt gerade als Farben und Töne und nicht als Elektrizitätsgrade und Chemismen empfinden.

Wenn aber in der Wirklichkeitswelt Kräfte wirken, die niemals Sinneseindrücke bei uns hervorrufen können, so kann auch unser Denken niemals zu einem vollständigen Bild der Wirklichkeitswelt gelangen, und unsere aus den Erinnerungen dieser Zufallssinne entstandene Sprache, durch metaphorische Anwendung auf alles Erkennbare ausdehnt, vermag dann so niemals Anschauung der Wirklichkeit zu geben. Unser Weltbild muß als ein Ereignis der Zufallssinne immer subjektiv bleiben, subjektiv aber auch deshalb, weil die anerkannt subjektiven Gefühlstöne der Empfindungen bei allen Assoziationen mitschwingen, aus denen sich unser Denken und Sprechen zusammensetzt.

Die Erkenntnis kann ferner niemals ein geschlossenes System werden darum, weil die Sprache der Entwicklung der in steter Veränderung begriffenen Welt immer nachhinkt, weil sie, die Macht und Ohnmacht der fertigen Worte, das bannende und verwirrende Scheinleben aller Begriffe, der Schleier der Maja ist, der jeden, der über das Weltbild nachdenkt, umhüllt, - und nur der jeweilige Sprachgebrauch ist es, was wir für Wissenschaft halten.

Als das Gesellschaftsprodukt, ihrem Wesen nach praktisches Verständigungsmittel, wird die menschliche Sprache sich niemals über diesen ihren Ursprung erheben können. Als Erkenntnismittel muß sie stets unfruchtbar sein, immer nur bereit, das Wirkliche "gesellig zu beschwatzen". Sie ist gut genug, Hunger, Liebe und Eitelkeit zu dienen. Sie leistet ihr Höchstes, wenn sie die Wirklichkeitswelt klassifiziert, statt sie zu begreifen.

Logik (gleich Grammatik) führt uns nicht über bereits Bekanntes hinaus. Wir lesen aus den Denk- gleich Sprachformen immer nur den Sinn heraus, den wir nach dem Maß unserer Erfahrung hineingelegt haben. Um es hier mit den Worten LOTZEs zu sagen: Man glaubt "über diese Natur der Dinge eine  sachliche Erkenntnis  schon zu haben ..., wenn man bloß die Struktur  unserer Begriffe von ihnen  analysiert und die verschiedenen Beziehungen zwischen den Teilen dieser Begriffe auseinandergesetzt hat".

Urteilsformen sind Redeformen, Satzformen sind innerhalb von Menschengruppen ererbte Gewohnheiten, die mit dem Schein der Objektivität nur Subjektives auszudrücken gestatten. Die logische, grammatikalische Form leistet für die Welterkenntnis nicht das Mindeste. Die grammatischen oder logischen Kategorien sind nur das Register des Weltkatalogs, den die Sprache zu erreichen strebt. Die grammatischen Kategorien aber sind geworden, zweckdienlich, zufällig; in den verschiedenen Sprachen verschieden.

Das Verhältnis von Subjekt und Prädikat, das wir für die Grundform des Denkens halten, ist nur ein Produkt der Sprache. Es ist irrig, den durch die beschränkteste Sprachbetrachtung gewonnenen Kategorien logische Notwendigkeit zuzuschreiben. MAUTHNER bestreitet das Vorhandensein einer alle Sprachen und Menschengehirne bindenden Logik. Jede Sprache hat ihre eigene Logik. Von einer Gemeinsamkeit der Logik ist nur da die Rede, wo die Worte verschiedener Sprachen Zeichen für die gleichen Vorstellungen sind. Die von der Sprachentwicklung in Stoff und Form hineingetragenen Gleichmäßigkeiten werden hinterher zur Norm des bewußten Denkens erhoben. So erscheinen ihm Begriffe, Urteile, Schlüsse, da Sprachformen, nur unfruchtbare Tautologien.

Die Begriffsverknüpfung im Urteil ist bloße Tautologie, eine Folge von Worten, und eine Übereinstimmung von Begriff, Wort mit der Wirklichkeit ist unmöglich. Das Wort ist ohnmächtig, Wirkliches überhaupt zu fassen. Die Wahrheit ist nur ein sinnleeres Wort.

In Wirklichkeit nur Fortschritt der  Sprache  ist der sogenannte Fortschritt der Erkenntnis. Die Erkenntnis wächst, heißt immer nur: ein Wort wächst - es wird metaphorisch angewendet, es wird durch metaphorische Anwendung wachsen gelassen. So gibt es denkendes Erkennen immer nur als Benennen, und ist als solches wertlos. Der "Wahrheitsgehalt des in der Spache erreichten Erkennens ist gleich Null. "Worte in Worte gefaßt, das ist Anfang und Ende aller Philosophie."

Im Hinblick auf Ewigkeitswert ist alle menschliche Erkenntnis Spielerei, unnütz, unfruchtbar, sinnlos. Aus der absolut resignierende Skepsis flüchtet sich MAUTHNER persönlich in Mystik. "Nach rückwärts blickend ist Sprachkritik alles zermalmende Skepsis, nach vorwärts blickend, mit Illusionen spielend, ist sie eine Sehnsucht nach Einheit, ist sie Mystik". Dem wortlosen Schauen, dem sprachlosen Denken, das nicht die Welt in die drei Kategorien Adjektivum, Substantivum, Verbum spaltet, erschließt sich die ganze,  eine,  wahre Welt.
LITERATUR - Walter Eisen, Fritz Mauthners Kritik der Sprache, Wien-Leipzig 1929