Keine der modernen europäischen Sprachen bietet schon in rein grammatischer und syntaktischer Hinsicht eine so wertvolle Schule des Verstandes, wie die lateinische. Der Bau eines jeden Satzes wird hier eine Lektion der Logik; die verschiedenen Regeln der Sytnax nötigen, zwischen dem Subjekt und dem Prädikat eines Satzes, zwischen dem Handelnden, der Handlung und dem Gegenstand der Handlung zu unterscheiden, zu bemerken, wenn ein Gedanke den anderen einschränken oder näher bestimmen oder sich nur mit ihm verbinden will; welche Behauptungen kategorisch, welche nur bedingungsweise sind; ob es die Absicht ist, Ähnlichkeit oder Gegensatz auszudrücken, einer Mehrheit von Behauptungen einen sich verbindenden oder sich ausschließenden Sinn geben; welche Teile eines Satzes, wenn auch grammatikalisch in sich selbst vollständig, doch nur Glieder oder untergeordnete Teile der Behauptung sind, welche durch den ganzen Satz ausgesprochen wird. Solche Dinge machen den Stoff der allgemeinen Grammatik aus; und diejenigen Sprachen, welche diese Dinge am besten lehren, sind diejenigen, welche die bestimmtesten Regeln haben und für die größte Zahl von Unterscheidungen des Denkens besondere Formen bieten, sodaß wir bei Ermangelung scharfer und genauer Aufmerksamkeit auf eine jede derselben nicht vermeiden können, uns eines Sprachfehlers schuldig zu machen. Hinsichtlich dieser Eigenschaften besitzen die klassischen Sprachen eine unstreitige Überlegenheit über alle modernen mit Einschluß der logisch vorzüglich klaren französischen. Besonders das Latein kann daher als vortreffliche Vorschule des juristischen Denkens gelten, ganz abgesehen davon, daß ein Jurist, der nicht einmal die Pandekten im Urtext zu lesen verstände, immerhin eine bedenklich Erscheinung bilden dürfte.