ra-2A. CartellieriCarlyleF. AnnekeE. BurkeKropotkinTocqueville    
 
LOOMIS JOSEPH CAMPBELL
Die amerikanische Revolution

"Meistens waren die Engländer mit dem eigentlichen Charakter ihrer amerikanischen Blutsfreunde völlig unbekannt. Sie sahen auf die Kolonisten, wie auf eine niedriger stehende Menschenklasse herab, und nahmen herzlich wenig Anteil an ihrem Wohl und Weh. Diese Tatsachen der Entfremdung gaben jedoch damals für die Amerikaner noch keinen genügenden Grund ab, um ihnen eine Trennung vom Mutterland als wünschenswert erscheinen lassen; im Gegenteil blickten sie mit kindlichem Sinn auf das Land ihrer Väter. Bestand doch in amerikanischen Familien die Sitte, von England als von zu Hause zu reden."


I. Ursachen der Revolution

1. Am Ende des französisch-indianischen Krieges sah sich das britische Volk mit einer schweren Staatsschuld belastet, von der ein großer Teil durch den eben beendeten Krieg entstanden war. Wenngleich die Kolonisten ihren Anteil an den Lasten des Krieges getragen hatten, so beschloß das britische Ministerium dennoch gleich nach dem Friedensschluß, die Abgabenlast des Mutterlandes durch Steuerbeiträge der Amerikaner zu erleichtern.

2. Seit einer langen Reihe von Jahren hatte das Parlament dem Handel und Verkehr der Kolonien durch die Schiffahrtsakte und andere Gesetze eine solche Richtung gegeben, daß dadurch die Kaufleute und Fabrikanten in England auf Kosten der Kolonisten bereichert werden mußten. Und in der Tat hatte das Interesse, welches die englischen Gewalthaber an ihren Untertanen in den Kolonien dargelegt hatten, fast durchaus den Charakter eigennütziger Gewinnsucht. Hatten sie doch während des ganzen letzten Krieges die drückenden  Handelsgesetze  mit rücksichtsloserer Strenge als je geltend zu machen gesucht. und so die Kolonisten das große, ihnen durch eine solche Handelspolitik angetane Unrecht tiefer als je zuvor empfinden lassen.

3. Meistens waren die Engländer mit dem eigentlichen Charakter ihrer amerikanischen Blutsfreunde völlig unbekannt. Sie sahen auf die Kolonisten, wie auf eine niedriger stehende Menschenklasse herab, und nahmen herzlich wenig Anteil an ihrem Wohl und Weh. Diese Tatsachen der Entfremdung gaben jedoch damals für die  Amerikaner  noch keinen genügenden Grund ab, um ihnen eine Trennung vom Mutterland als wünschenswert erscheinen lassen; im Gegenteil blickten sie mit kindlichem Sinn auf das Land ihrer Väter. Bestand doch in amerikanischen Familien die Sitte, von England als von "zu Hause" zu reden.

4. Der von Großbritannien gemachte Versuch, seinen amerikanischen Kolonien ohne deren Zustimmung Abgaben aufzubürden, führte den Revolutionskrieg herbei, der dann die Unabhängigkeit der auf amerikanischem Boden gepflanzten dreizehn Kolonien und die Gründung einer Republik unter dem Namen  "Vereinigte Staaten von Amerika"  zur Folge hatte.

5. Ein Jahr nach der Unterzeichnung des Pariser Friedens machte das britische Parlament seine Absicht, aus den amerikanischen Kolonien eine Staatseinnahme zu erzielen, öffentlich bekannt, und erließ eine Verordnung, wonach gewisse Artikel beim Eingang in die Kolonien mit Zöllen belegt werden sollten. Das Jahr darauf, nämlich im Jahr 1765, ging das berüchtigte Stempelgesetz (Stamp Act) durch, wonach alle Rechnungen, Schuldverschreibungen, Wechsel und andere in den Kolonien vollzogene öffentliche Urkunden, ferner Zeitungen, Flugschriften und andere Drucksachen, mit von der englischen Regierung zu beziehendem Stempelpapier versehen sein mußten.

6. Die  Amerikaner  nahmen die Kunde von der Annahme dieses Gesetzes mit Entrüstung auf. Es kam ihnen im hohen Grad ungerecht vor, daß eine dreitausend Meilen von ihnen entfernte Versammlung von Engländern danach trachtete, ihnen Geld und Gut abzunehmen. Die Kolonisten seien im Parlament nicht vertreten, Besteuerung aber und Vertretung seien unzertrennlich miteinander verbunden.

7. Zuerst schleuderte die Versammlung von Virginien ihren Protest gegen die Stempelakte. Die diesbezüglichen Beschlüsse waren durch PATRICK HENRY eingebracht worden, und deren Annahme konnte bei seiner wunderbaren Beredtsamkeit nicht ausbleiben. Die Versammlung von Massachusetts machte den Vorschlag, einen Kongreß zur Beratschlagung über das allgemeine Wohl abzuhalten. Zu diesem Zweck traten die Abgeordneten von neun Kolonien am 7. Oktober 1765 in New York zusammen. Diese, unter dem Namen Kolonial-Kongreß bekannte, Versammlung gab eine Erklärung (Declaration of Rights) ab, worin der Satz geltend gemacht war, daß das Volk in den Kolonien rechtmäßigerweise nur durch seine eigenen Legislaturen mit Steuern belastet werden kann. Auch wurde der Erlaß einer Adresse an König GEORGE III. und einer Vorstellung an das Parlament genehmigt.

8. Als der Tag, an welchem die  Stempelakte  in Kraft treten sollte, herangekommen war, ergab es sich, daß kein Stempelpapier in den Kolonien vorhanden war. Man hatte die von England gemachten Sendungen vernichtet, versteckt oder wieder zurückgeschickt. Zuerst enthielt man sich der Vornahme von Geschäften, bei denen der Verbrauch von Stempelpapier erforderlich war; aber bald beschloß man, sich an die Akte gar nicht zu halten und die vornehmsten Kaufleute kamen überein, keine Waren von England einzuführen, solange das Gesetz bestehen würde.

9. Da nahm das Parlament im Frühling des nächsten Jahres die Stempelakte zurück. WILLIAM PITT, EDMUND BURKE und andere weniger hervorragende Parlamentsredner hatten sich der Sache der Kolonien mit großer Beredtsamkeit angenommen. In den Kolonien aber hatte das Volk kühne und wackere  Führer  gefunden. Der Name eines PATRICK HENRY aus Virginia, eines JAMES OTIS, SAMUEL und JOHN ADAMS aus Massachusetts und vieler anderer patriotisch gesinnter Männer, und des weisen Sinnes, den diese in jener Zeit durch Wort und Tat bewährten, wird stets mit Ehrfurcht im ganzen Umfang unseres Landes gedacht werden. Niemandes Andenken aber steht höher im Herzen des Volkes, als das von BENJAMIN FRANKLIN, der während seines damaligen Aufenthalts in London mit unermüdlichem Eifer die Rechte seines Vaterlandes zu behaupten strebte.

10. Der Anschlag, Geld aus Amerika zu ziehen, war jedoch keineswegs von den Ministern des Königs ausgegeben worden. Sie ersannen einen anderen Plan, und auf ihren Vorschlag legte das Parlament in den Kolonien zu erhebende  Zölle  auf Tee, Glas, Papier und andere Einfuhrartikel. Hierzu kamen noch andere Bestimmungen, die dem amerikanischen Volk zuwider waren. Dadurch erwachte der nämliche entschiedene Geist des  Widerstandes wie er durch die Stempelakte hervorgerufen wurde, von Neuem im ganzen Gebiet der Kolonien. Wiederum bildeten sich Vereine, die darauf drangen, sich der Einführung und des Gebrauchs nicht bloß der besteuerten Artikel, sondern auch, so weit es möglich war, aller britischen Waren, zu enthalten.

11. Da man in England die Versammlung und das Volk von Massachusetts für am meisten tätig in der Organisierung des Widerstandes hielt, so wurden zwei Regimenter als  Besatzung  nach  Boston  geschickt. Die Truppen langten im Herbst 1768 an, und paradierten nach ihrer Landung auf eine für die Einwohner verletzende Weise durch die Stadt. Das Schauspiel bewaffneter, zur Einschüchterung und Unterjochung des Volkes gesandter Truppen erfüllte die Gemüter mit tiefster Entrüstung.

12. Nicht ganz anderthalb Jahre hatten die britischen Truppen in Boston gestanden, als ein Ereignis vorfiel, das die höchste Aufregung herbeiführte. Diese ganze Zeit hindurch hatte nämlich ein äußerst schlechtes Verhältnis zwischen Soldaten und Volk bestanden, und es war oft zu Streitigkeiten gekommen; am 5. März 1770 aber kam es zu Blutvergießen. Am Abend jenes Tages griff ein Haufen Männer und Knaben eine kleine Abteilung Soldaten an. Durch Worte und Tätlichkeiten empört, schossen die Soldaten in die Menge, wodurch drei Personen getöten und andere verwundet wurden. Die Kunde vom Bostoner  Blutbad  (Boston Massacre), wie man sich ausdrückte, mußte noch mehr dazu beitragen, die Leidenschaften des Volkes zu entflammen.

13. Das Parlament hob nunmehr im selben Jahr alle diese Zölle auf, mit Ausnahme der auf den Tee gelegten. Auf diesen letzteren war eine ganz  leichte Abgabe  beibehalten, um das Besteuerungsrecht zumindest seinem Prinzip nach den Kolonien gegenüber zu wahren. Allein durch diese Nachgiebigkeit wurde der Widerstand der Amerikaner nicht beschwichtigt. Diese bestritten dem Parlament das Recht, sie überhaupt zu besteuern.

14. Da durch die Kolonisten selbst kein Tee eingeführt wurde, so beschloß die ostindische Gesellschaft in England, mehrere Schiffsladungen Tee zu den Haupthäfen der Provinzen zu schicken. Die Gesellschaft sowohl als das Ministerium waren der Ansicht, daß der Tee, wenn er einmal gelandet ist, Käufer finden wird, zumal die Gesellschaft durch eine zu diesem Zweck erlassene Verordnung in den Stand gesetzt war, den Tee billiger in Amerika zu verkaufen, als in England. Allein das Volk war schlau genug, um diesen Plan zu Schanden zu machen. Die  Teeschiffe,  die in New York und Philadelphia anlangten, wurden samt ihren Ladungen sofort nach England zurückgesandt. In Charleston wurde der Tee in feuchten Kellern eingelagert, wo er alsbald verdarb.

15. Die Bostoner Patrioten bestanden darauf, daß die Schiffe, welche dort angekommen waren, nebst ihren Ladungen nach England zurückgehen sollten; allein der Gouverneur und andere Kronbeamte weigerten sich, sie aus dem Hafen passieren zu lassen. Hierauf begab sich eine Anzahl als Indianer verkleideter Leute (seitdem beim Volk unter dem Namen  Boston Tea Party  bekannt) am Abend des 16. Dezember 1773 an Bord der Schiffe, und warf den Tee, 342 Kisten, ins Meer.

16. Zur Bestrafung dieser verwegenen Tat erließ das Parlament im nächsten Jahr die  Boston Hafen-Bill,  wodurch der Hafen von Boston für Handel und Verkehr gesperrt und das Zollamt nach Salem verlegt wurde. Zu gleicher Zeit wurden noch mehrere andere widergesetzliche Maßregeln zur Anwendung gebracht. Die Besatzungstruppen, unter General THOMAS GAGE, dem Oberbefehlshaber der britischen Kriegsmacht in Amerika, wurden verstärkt, und dieser General wurde nun auch zum königlichen Gouverneur von Massachusetts bestellt. Salem aber lehnte es ab, aus dem Schaden der Schwesterstadt Vorteil zu ziehen und stellte seine Werften der Bostoner Kaufmannschaft zur freien Verfügung.

17. Überall in den Kolonien war nunmehr der unerschütterliche Vorsatz zur Reife gekommen, gegen die Unterdrückungsmaßregeln Großbritanniens gemeinschaftliche Sache zu machen. Die große Mehrzahl des Volks kämpfte gegen die Übergriffe Englands an, und diese hießen  Whigs;  diejenigen aber, die auf der Seite der Engländer standen, wurden  Tories  genannt.

18. Im September 1774 trat ein allgemeiner Kongreß zu Philadelphia zusammen. Dieser hat den Namen  "erster Kontinental-Kongreß"  erhalten. Alle Kolonien waren vertreten, mit Ausnahme von Georgien. Dieser Kongreß erließ einen zweiten Protest (Declaration of Rights), und forderte zur Bildung eines amerikanischen Vereins auf, der sich verpflichten sollte, jedem Handelsverkehr mit England völlig zu entsagen. Auch wurden außer einer neuen Vorstellung an den König Ansprachen an das Volk von Großbritannien und Kanada beschlossen.

19. Keine Vorstellungen aber vermochten den unbeugsamen Willen GEORGEs III. zu ändern. Vielmehr waren König, Parlament und Volk von England nunmehr fest entschlossen, die Kolonisten zum Nachgeben zu zwingen. Diese rüsteten sich inzwischen zum bevorstehenden Kampf. In Massachusetts wurde ein  Sicherheits-Komitee  eingesetzt, JOHN HANCOCK an der Spitze, mit der Befugnis, die Miliz der Provinz aufzubieten. Eine bedeutende Anzahl Bürger wurden als "Minute men" organisiert, d. h. solche, die jede Minute die Waffen zu ergreifen bereit waren. Die Sachen standen jetzt so, daß es nur eines einzigen Funkens bedurfte, um die Flamme des Krieges zu entzünden.


II. Der Krieg

1. Von der Eröffnung des Krieges bis zur
Unabhängigkeitserklärung

1.  Ereignisse des Jahres 1775.  - Das erste Blut des Revolutionskrieges floß bei Lexington in Massachusetts, am 19. April 1775. Die Nacht zuvor hatte General GAGE eine Abteilung von 800 Mann von Boston abgeschickt, um einige Kriegsvorräte, welche die Amerikaner in Concord gelagert hatten, zu zerstören. Man gedachte den Feind unversehens zu überfallen. Allein die Patrioten in Boston ließen Warnungen ergehen, sobald die Truppen ausgerückt waren, und die Kunde davon flog durchs Land.

2. Früh am nächsten Morgen erreichten die  Rotröcke,  wie man die englischen Soldaten oft nannte, Lexington, wo sich um die siebzig Mann vor der Kirche versammelt hatten. Major PITCAIRN, einer der britischen Offiziere, ritt zu diesen heran, und rief ihnen zu: "Geht auseinander, ihr Rebellen! Legt eure Waffen nieder und zerstreut euch!" Da diesem Befehl nicht gehorcht wurde, ließ er seine Soldaten Feuer geben, wodurch acht von den "minute-men" getötet und mehrere verwundet wurden. Die Übrigen zerstreuten sich.

3. Die königlichen Truppen marschierten sodann weiter nach Concord, wo sie diejenigen Vorräte, die noch nicht hatten fortgeschafft werden können, zerstörten. Hierbei entspann sich ein Gefecht mit der dort versammelten Miliz, infolgedessen die britischen Truppen schleunigst den Rückzug antraten. Es war die höchste Zeit, denn die empörten Landbewohner strömten von allen Seiten herbei, und feuerten hinter Bäumen, Mauern und Häusern hervor auf den Feind. Auf dem Rückmarsch erhielten die Engländer Verstärkungen, aber die Verfolgung und das Feuern wurden fortgesetzt, bis die Truppen Charleston erreicht hatten. Die Amerikaner verloren etwa neunzig Mann; der Verlust der Engländer an Getöteten, Verwundeten und Vermißten war dreimal so hoch.

4. Die Kunde, daß amerikanisches Blut bei Lexington und Concord durch britische Soldaten vergossen worden war, verbreitete sich mit reißender Schnelligkeit durch das Land, und verursachte allerorten die furchtbarste  Aufregung.  Von allen Teilen Neu-Englands eilten Freiwillige nach Boston, und innerhalb weniger Tage hatten sich Tausende von Miliztruppen zusammengefunden, und hielten den Feind in der Stadt eingeschlossen.

5. Einige Patrioten faßten den Entschluß,  Ticonderoga  und  Crownpoint  einzunehmen, da diese Orte damals nur schwach mit britischen Soldaten besetzt waren. Es nahm dann auch eine kleine Schar Freiwilliger von Vermont und Connecticut unter ETHAN ALLENs und BENEDICT ARNOLDs Anführung diese Forts ein, und erbeutete eine erhebliche Menge an Kriegsvorräten, deren die Amerikaner höchst dringend bedürftig waren.

6. Der zweite Kontinental-Kongreß trat am 10. Mai in Philadelphia zusammen, und zwar, wie der Zufall es fügte, nur wenige Stunden nach der Einnahme von Ticonderoga. Dieser Kongreß legte sich die Machtvollkommenheit einer allgemeinen Kolonialregierung bei. Die in der Nähe von Boston versammelte Armee wurde zur Kontinental-Armee erklärt und GEORGE WASHINGTON zu deren Oberbefehlshaber ernannt.

7. Während sich WASHINGTON auf dem Weg befand, um das Kommando der Armee anzutreten, kam ihm die Kunde zu, daß eine wichtige Schlacht stattgefunden hat. Zur Zeit dieses Gefechts zählte die  britische Armee  in Boston, nachdem sie neuerlich durch Truppen unter den vorzüglichsten Generalen HOWE, CLINTON und BURGOYNE verstärkt wurde, mehr als zehntausend Mann.

8. Die Schlacht bei  Bunkerhill,  wie man sie nennt, ereignete sich am 17. Juni. Die Nacht zuvor war Oberst PRESCOTT mit ungefähr tausend Mann aus dem amerikanischen Lager abgeschickt worden, mit dem Auftrag, den Engländern bei der Besetzung der Höhen um Charlestown zuvorzukommen. Er hatte den Befehl, sich in Besitz von Bunkerhill, des höchsten Punktes der Gegend, zu setzen. Da jedoch Breeds Hill näher an Boston liegt, so hatte man schließlich diesem Punkt, da er eine bessere Position zur Einschließung der Stadt abgab, den Vorzug gegeben. Noch spät in der Nacht begannen die Amerikaner, ein kleines Erdwerk auf dem Gipfel des Berges aufzuwerfen, da wo jetzt das zum Gedächtnis der Schlacht errichtete Denkmal steht.

9. Am Morgen eröffneten die Engländer von ihren im Hafen liegenden Schiffen und von einer in Boston errichteten Batterie Feuer auf das Erdwerk; die Amerikaner jedoch blieben ununterbrochen bei ihrer Arbeit. Noch vor dem Anfang der Schlacht hatten sie Verstärkungen erhalten. Des Nachmittags rückten dreitausend englische Truppen unter General HOWE vor, um die Amerikaner aus ihrer Stellung zu werfen. Zweimal wurden die heranstürmenden Feinde nahe bei den Verschanzungen mit einem Feuer empfangen, welches ganze Glieder derselben niederstreckte. Nachdem sie Verstärkungen erhalten hatten und zum dritten Mal zum Angriff geführt waren, zogen sich die amerikanischen Truppen, die ihre Munition verbraucht hatten, langsam und mit Widerwillen zurück. Während die Schlacht wütete, wurde Charlestown vom Feind in Flammen gesetzt.

10. Der Verlust der Engländer belief sich auf mehr als tausend Mann, der auf amerikanischer Seite war nicht halb so groß; aber unter den Gefallenen befand sich General JOSEPH WARREN, einer der tätigsten und hervorragendsten Patrioten von Boston. Der Ausgang der Schlacht belebte den Mut der Amerikaner, während die Stimmung der Engländer, die so oft geprahlt hatten, daß ein Paar ihrer Regimenter das ganze Land erobern könnten, mißmutig und gedrückt war.

11. WASHINGTON langte ungefähr vierzehnt Tage nach der Schlacht bei Bunkerhill in Cambridge, dem Hauptquartier der amerikanischen Armee, an. Er fand hier eine große Anzahl von Provinzbewohnern vor, aber sie waren unbekannt mit regelmäßiger Kriegsführung, und litten Mangel an Waffen, Munition und anderen Kriegsvorräten. Er schritt sofort zur Organisierung und Disziplinierung seiner Soldaten, und hielt mittlerweile, während er alle seine Kräfte anspannte, sich Vorräte zu verschaffen, den Feind in Boston und Charleston fest eingeschlossen.

12. Zugleich gingen zwei  Expeditionen  nach  Kanada  ab, deren Zweck es war, ohne Behelligung der Bewohner, die Provinz den Engländern zu entreißen. Die eine Armee rückte über den Champlainsee vor. Der Oberbefehl über diese Expedition war dem General PHILIPP SCHUYLER (sprich: Skeiler) übertragen worden; doch mußte dieser, bei seiner Krankheit, bald dem General RICHARD MONTGOMERY Platz machen, einem braven und fähigen Offizier, der unter WOLFE bei der Einnahme von Quebec gefochten hatte. Nachdem MONTGOMERY mehrere britische Forts erobert hatte, bemächtigte er sich der Stadt Montreal und marschierte den Sankt Lorenzstrom hinunter.

13. Inzwischen war die andere durch Oberst BENEDICT ARNOLD befehligte Heeresabteilung den Kennebecfluß hinaufmarschiert, und hatte sich, unter großen Entbehrungen und Strapazen, die sie in der Wildnis erleiden mußte, Quebec genähert. Nachdem sich MONTGOMERYs und ARNOLDs Armeen vereinigt hatten, wurde am letzten Tag des alten Jahres ein erfolgloser Angriff auch Quebec gemacht, wobei MONTGOMERY fiel und ARNOLD verwundet wurde. Nach diesem fehlgeschlagenen Angriff bezogen die Amerikaner für den Rest des Winters ein Lager. Zu Anfang des nächsten Sommers (1766) sahen sie sich zur Räumung der Provinz genötigt.

14. Während des ersten Kriegsjahres wurde die Herrschaft des Königs in den Kolonien zu Grabe getragen, und die meisten der königlichen Gouverneure flüchteten sich auf königliche Kriegsschiffe. So hatte sich auch der hauptsächlich im Dienst seines Königs tätig gewesene Gouverneur Lord DUNMORE von Virginia, aus Furcht vor PATRICK HENRY und anderen Whigs, endlich genötigt gesehen, auf einem britischen Kriegsschiff Schutz zu suchen. Doch bald, am Neujahrstag 1776, machte er einen Angriff auf  Norfolk,  die größte und reichste Stadt von Virginia, und übergab dieselbe den Flammen. Dasselbe Schicksal hatte bereits FALMOUTH in Maine ereilt, das heutige  Portland,  welches ruchloserweise durch einen jener britischen Flottenbefehlshaber bombardiert und niedergebrannt wurde, welche die Küste von Neuengland bedrohten.

15.  Ereignisse des Jahres 1776.  - Bis zum Frühjahr 1776 war WASHINGTON durch den Zustand seiner Armee abgehalten worden, tätig gegen den in Boston eingeschlossenen Feind vorzugehen. Zuvörderst ließ er in der Nacht vom 4. März die Höhen um Dorchester (jetzt Süd-Boston) durch eine Abteilung Truppen besetzen. Als der Morgen anbrach, waren Verschanzungen aufgeworfen worden, durch welche Hafen und Stadt bedroht wurden.

16. Da endlich entschloß sich Sir WILLIAM HOWE, General GAGEs Nachfolger, der es auf die bei Bunkerhill gemachte Erfahrung nicht zum zweiten Mal ankommen lassen wollte,  Boston  den Amerikanern zu überlassen. Dem gemäß ließ er die Stadt am 17. März räumen, und schiffte sich mit seiner Armee und über tausend Tories nach Halifax ein. Man hatte sich dahin verständigt, daß der Rückzug der Engländer ungestört vor sich gehen sollte, wogegen diese letzteren nicht Hand an die Stadt legen wollten.

17. Besorgt, daß die britische Flotte, nachdem sie Boston verlassen, nach  New York  segeln möchte, legte WASHINGTON den größten Teil seiner Armee nach gedachter Stadt. Mit einem Teil seiner Truppen besetzte er Brooklyn auf Long Island, um einem von jener Seite herkommendem Angriff vorzubeugen; den übrigen Teil des Heeres ließ er in New York. Man nahm nämlich an, daß der Feind sich dieses Platzes, der einen guten Mittelpunkt zu künftigen Operationen gegen die Kolonien abgab, zu bemeistern suchen würde.

18. Im Laufe des Winters war Sir HENRY CLINTON mit britischen Truppen von Boston aus südwärts gesegelt. Verstärkt durch ein bedeutendes, unter Sir PETER PARKER von England abgegangenes Geschwader, erschien er Anfangs Juni vor  Charleston  in Süd-Carolina. Der Hafen wurde durch ein auf Sullivans Island kunstlos angelegtes Fort verteidigt, welches Oberst MOULTRIE mit einigen hundert Mann besetzt hielt.

9. Am 28. Juni machten die Engländer von der See und vom Land aus einen Angriff auf das Fort, wurden aber mit großem Verlust an Menschenleben und bedeutendem Schaden an ihren Schiffen zurückgeschlagen. Das Fort wurde dauraufhin zu Ehren seines wackeren Verteidigers  Fort Moultrie  genannt. Nach einigen Tagen segelten die Engländer nach New York, und die südlichen Kolonien blieben nunmehr eineinhalb Jahre lang vom Kriegselend verschont.


2. Von der Unabhängigkeitserklärung bis zum Einfall in
Georgia. Der Krieg hauptsächlich im Norden geführt.

20.  Ereignisse des Jahres 1776  (Fortsetzung). - England hatte die Kolonisten zu Rebellen erklärt und zu deren Unterwerfung beschlossen, die amerikanische Armee zu verstärken, und zwar nicht bloß durch britische Truppen, sondern durch deutsche, von deutschen Fürsten gemietete (1) Soldaten. Es wurden 17 000 dieser, meistens aus Kurhessen bestehenden Mietlinge über See gesandt. Von Seiten der Kolonisten aber wurde der Krieg, dessen Zweck bisher die bloße Abstellung von Beschwerden gewesen ist, fortan zur Erringung staatlicher Unabhängigkeit geführt.

21. Anfangs Juni dieses Jahres brachte RICHARD HENRY LEE aus Virginia beim Kongreß, der damals seine Sitzungen im Staatshaus zu Philadelphia abhielt, den Vorschlag eines Beschlusses des Inhalts ein: daß  "diese Vereinigten Kolonien freie und unabhängige Staaten sind und es von Rechtswegen sein müssen."  Nach langer Beratung erhob der Kongreß diesen Antrag zum Beschluß, und nahm am 4. Juli 1776 die von THOMAS JEFFERSON entworfene  Unabhängigkeitserklärung  an. Das Datum dieser Annahme wird mit Recht als der Geburtstag der Nation angesehen. Die Erklärung selbst aber wurde im ganzen Land, das nunmehr zum ersten Mal den Namen "Vereinigte Staaten von Amerika" erhielt, mit lautem Jubel begrüßt.

22. Es war damals General HOWE eben mit der Bostoner Besatzung und anderen Truppen von Halifax aus im Hafen von New York angekommen. Bald stießen noch sein Bruder, der Admiral Lord HOWE und CLINTON u ihm; ersterer führte ihm bedeutende Verstärkungen von England zu; letzterer hatte die vor kurzem auf Sullivans Island geschlagenen Truppen unter sich. Der britische Befehlshaber hatte nunmehr eine Armee von beinahe 30 000 gedienten Soldaten, während WASHINGTONs Armee nicht bloß schwächer, sondern überdies nur dürftig mit Waffen versehen und schlecht diszipliniert war.

23. General HOWE wandte sich zuerst einmal gegen die amerikanischen Truppen auf  Long Island,  welche erst seit vier Tagen unter den Befehlt des Generals ISRAEL PUTNAM, eines wackeren Veteranen aus der Zeit des französisch-indianischen Kriegs, gestellt worden waren. Die Schlacht ereignete sich am 27. August, und fiel siegreich für die Engländer aus. In der zweiten Nacht nach dieser Niederlage zog WASHINGTON unbemerkt vom Feind und mit Geschick seine Truppen von Long Island nach New York zurück.

24. Bald darauf begab er sich mit seinem Heer zu den  Harlemer Höhen  (Harlem Heights), im nördlichen Teil der Insel New York, und die Engländer nahmen Besitz von der Stadt New York (15. September). Um nicht vom Feind im Rücken angefallen zu werden, mußte sich der amerikanische Oberfeldherr daraufhin weiter nach  White Plains  zurückziehen. Hier kam es zwischen einigen Truppenteilen zum Gefecht, welches sich zum Vorteil der Engländer entschied. WASHINGTON fiel sodann noch weiter nach Norden zurück, und nahm eine feste Stellung auf den Höhen um Northcastle ein.

25. Nunmehr wandte sich auch der britische General rückwärts, und machte am 16. November einen Angriff auf  Fort Washington,  einen Waffenplatz am Hudson im nördlichen Teil der Insel New York. Nach einer tapferen Verteidigung mußte sich die Besatzung von beinahe 3000 Mann ergeben. Da WASHINGTON jetzt erfuhr, daß die Engländer vorhatten, einen Einfall in New Jersey zu machen, so überschritt er mit dem größten Teil seines Heeres die Grenze des Staates. Lord CORNWALLIS folgte ihm mit einem bedeutenden Heerhaufen und, das Patriotenheer auf dem Fuß verfolgend, zwang er dieses zum  Rückzug durch New Jersey  bis nach Trenton, wo dasselbe gegen Ende des Jahres den Delaware überschritt.

26. Das war die traurigste Zeit des Krieges. Seit der Landung des Feindes auf Long Island hatten die Amerikaner beinahe nichts als  Unfälle  und  Rückzüge  erfahren. Die Stadt New York war in britischen Händen, und britische Heere durchzogen New Jersey. WASHINGTONs Truppen, jetzt auf ein schwaches Häuflein zusammengeschmolzen, waren dürftig bekleidet, schlecht bewaffnet und verzagten Mutes. Soeben hatte sich eine Flotte von New York aus Newports bemächtigt, der zweitbedeutendsten Stadt von Neuengland. Zu diesen und anderen Entmutigungsgründen kam noch der Umstand, daß manche reiche und angesehene Männer, in dem Glauben, daß es um unsere Sache geschehen ist, zum Feind überliefen.

27. Da wußte WASHINGTON, der inzwischen Verstärkungen erhalten hatte, durch einen kühnen Streich, den Mut seiner Landsleute wieder zu beleben. An der Spitze von 2400 Mann ging er in der stürmischen Christnacht über den mit Eis treibenden Delaware zurück, überfiel am Morgen des 26. Dezember plötzlich ein hessisches, bei  Trenton  lagerndes Korps, und machte an die tausend Gefangene. Der Verlust der Amerikaner betrug nur 4 Mann, von denen zwei durch den Frost getötet wurden.

28.  Die Ereignisse des Kriegsjahres 1777.  - Eine Woche nachher, eines späten Nachmittags, erreichte Lord CORNWALLIS Trenton mit einem starken Heer. Von der gegenüberstehenden feindlichen Armee durch einen unbedeutenden Fluß getrennt, bezog der britische General ein Nachtlager, um am nächsten Morgen seine Gegner zu erdrücken. Doch WASHINGTON, der sich zu schwach fühlte, um dem Feind die Spitz zu bieten, brach während der Nacht auf und gelangte auf Umwegen mittels eines Eilmarsches nach Princeton, wo er ein auf dem Marsch zu CORNWALLIS begriffenes feindliches Korps am Morgen des 3. Januars überraschte, dasselbe in die Flucht schlug und ihm an die 300 Gefangene abnahm.

29. Sobald CORNWALLIS den Kanonendonner bei Princeton vernahm und das verlassene Lager gewahrte, machte er sich zur Verfolgung auf; allein er vermochte das Patriotenheer nicht einzuholen. WASHINGTON nahm eine Stellung in einem für Feinde sehr schwer zugänglichen Terrain und schlug sein Hauptquartier in  Morristown  auf. Indem er Streifkorps aussandte, die der britischen Armee fortwährend zu schaffen machten, gelang es ihm bald, New Jersey, mit Ausnahme von New Brunswick und Amboy, von feindlichen Truppen zu säubern. Die glänzenden Taten WASHINGTONs bei Trenton und Princeton erwarben ihm hier und in Europa den Ruhm eines umsichtigen, unternehmenden und geschickten Feldherrn.

30. Während der nächsten sechs Monate wurde von keiner der beiden Armeen etwas Erhebliches unternommen. Diese Zeit benutzte WASHINGTON zur Reorganisierung und Einübung seiner Streitmacht. Das Bedeutendst, was in dieser Zeit vom britischen Feldherrn ausgeführt wurde, war der Zug des Generals TRYON, des ehemaligen königlichen Gouverneurs von New York. Dieser segelte Ende April mit 2000 Mann durch den Long Island Sund und landete in Connecticut. Er marschierte in das Land hinein, zerstörte das Magazin zu  Danbury,  und übergab die Stadt selbst den Flammen. Da eilten die Miliztruppen herbei, und machten mit Hilfe einiger regulärer Truppen einen tapferen Angriff auf den Feind, den sie in seine Schiffe zurücktrieben.

31. Im Frühling dieses Jahres rüstete der Marquis von LAFAYETTE, ein reicher französischer Edelmann von noch nicht zwanzig Jahren, ein Schiff aus und segelte über den Ozean, um für Amerikas Freiheit zu kämpfen. Während viele europäische Offiziere, die in unseren Reihen kämpften, nach Rang oder Reichtum strebten, bot dieser edle Franzose seine Dienste als gewöhnlicher Freiwilliger und ohne Entgelt an. Der Kongreß jedoch machte ihn bald zum Generalmajor. Er erwies sich als ein fähiger Offizier, und wurde WASHINGTONs vertrauter und erprobter Freund. Die Liebe des Volkes, für welches er kämpfte, hatte er sich ganz zu eigen gemacht, und kein im Ausland Geborener ist je so hoch von den Amerikanern verehrt worden, wie er. Zugleich mit LAFAYETTE kamen der Freiherr von KALB, ein alter deutscher Kriegsmann, und mehrere andere Offiziere.

32. Auch dienten zwei tapfere und berühmte Polen, THADDÄUS KOSCIUSZKO und Graf PULASKI im Patriotenheer und hinterließen einen ehrenvollen Namen in der amerikanischen Geschichte. Sowohl der Deutsche von KALB, wie auch der Pole PULASKI ließen ihr Leben für die Sache, der sie sich geweiht hatten. Vielleicht jedoch hat von allen Ausländern, die zu uns kamen, um für unsere Unabhängigkeit mitzukämpfen, keiner, mit alleiniger Ausnahme LAFAYETTEs, unserer Sache so wichtige Dienste geleistet, wie der preußische Freiherr von STEUBEN. Nachdem dieser am Schluß des Jahres an Land gestiegen und zum Generalinspektor der Armee ernannt worden war, bildete er das amerikanische Heer auf das Gründlichste aus, und infolge seiner ausgezeichneten Fähigkeit und unermüdlichen Tätigkeit konnten sich unsere Truppen bald mit alten, gedienten Soldaten messen.

33. Gegen Ende Mai wies WASHINGTON seiner Hauptarmee eine starke Stellung an, die ihn in Stand setzte, sich den Engländern entgegenzuwerfen, falls diese Miene machen sollten, auf Philadelphia zu marschiern. General HOWE, der durch verschiedene Schwenkungen vergeblich versucht hatte, die Amerikaner aus dieser festen Stellung zu locken, setzte plötzlich nach Staten Island über und schiffte sich mit 18 000 Mann auf seines Bruders Flotte ein.

34. Man harrte mit gespannter Erwartung, bis endlich die Kunde anlangte, daß die britische Flotte zur Chesapeakebay hinauf segelt und es konnte nunmehr keinem Zweifel unterliegen, daß das Ziel der Expedition Philadelphia ist. WASHINGTON hatte nur über 11 000 Mann brauchbare Truppen zu gebieten; aber dennoch trug er kein Bedenken, mit diesen dem Feind entgegenzutreten. Die beiden Heere trafen bei Chads Ford am Brandwynefluß aufeinander, und nach einer beinahe den ganzen Tag über dauernden Schlacht, mußten sich die Amerikaner auf den Rückzug begeben. Der Kongreß vertagte sich sofort und zwar zuerst nach Lancaster und daraufhin nach York in Pennsylvanien, wo er so lange blieb, wie die Engländer Philadelphia innehatten.

35. Gegen Ende September zogen die Engländer in Philadelphia ein. Ihre Flotte verließ nunmehr die Chesapeakebay und lief in den Delaware ein. HOWE sandte ein Hilfskorps ab, um bei der Wegnahme zweier Forts, die den Strom unterhalb der Stadt beherrschten, mitzuwirken. Währenddessen stand der Hauptkörper der königlichen Armee im Lager bei  Germantown.  Hier machte WASHINGTON am Morgen des 4. Oktober einen unversehenen Angriff, der auch anfänglich Erfolg versprach, aber bald nach einem hartnäckigen Kampf in eine Flucht ausschlug, wobei die Amerikaner über tausend Mann, doppelt so viel wie die Engländer, einbüßten.

36.  Die Forts Mercer und Mifflin  am Delaware wiesen den durch die Landtruppen und die Schiffe gemachten Angriff mit Tapferkeit zurück. Ein Sturm, der im Oktober versucht wurde, wurde mit großem Verlust für die Feinde zurückgeschlagen; aber noch vor Ende des Herbstes sahen sich beide Besatzungen genötigt, auf eine weitere Verteidigung zu verzichten, und so wurde der Delaware der britischen Flotte geöffnet.

37. Im Dezember gingen die Truppen unter WASHINGTON ins Winterquartier bei  Valley Forge.  Während die Engländer es sich in ihren guten Quartieren in Philadelphia bequem sein ließen, schlichen die Patrioten bei Valley Forge unter unsäglichen Leiden in ihren Blockhütten umher und hatten mit Kälte, Krankheit, Hunger und Kleidungsmangel zu kämpfen.

38. Die diesjährigen Erfolge der britischen Waffen in Pennsylvanien wurden mehr als aufgewogen durch die Unfälle, von denen sie infolge der  Invasion  BURGOYNEs im Norden ereilt wurden. Man hatte nämlich einen Plan entworfen, wonach Neuengland durch eine von Kanada aus den Champlainsee hinauf und den Hudson River hinab marschierende Armee von den übrigen Staaten abgeschnitten werden sollte. Zur Ausführung dieses Entwurfs stand dem General BURGOYNE im Ganzen ein Heer von zehntausen Mann, aus regulären Truppen, Tories, Kanadier und Indianern zusammengesetzt, zu Gebote.

39. Auf seinem Marsch den See entlang bemächtigte er sich am 1. Juli des  Forts Ticonderoga.  Der General SAINT CLAIR räumte diesen von ihm mit 3000 Mann besetzten Platz, und vereinigte sich, nachdem er einen empfindlichen Verlust auf dem Rückweg erlitten hatte, mit General SCHUYLER, dem Befehlshaber der nördlichen Armee, die sich damals im Fort Edward befand.

40. Beim Herannahen BURGOYNEs zog sich SCHUYLER zurück und nahm schließlich eine Stellung bei der Mündung des Mohawk ein. Er hatte durch die Fällung von Bäumen und die Zerstörung von Brücken dem vordringenden Feind den Weg zu versperren gesucht, und der Vormarsch des letzteren wurde dadurch äußerst langsam und schwierig. Bis BURGOYNE Fort Edward erreicht hatte, war das Ende des Monats herangekommen. Nachdem er sich dort einige Tage ausgeruht hatte, setzte er seinen Marsch auf dem östlichen Ufer des Hudson River fort. Die sich um ihn häufenden Schwierigkeiten wurden nun immer größer.

41. BURGOYNE hatte noch vor seinem Abmarsch von Fort Edward den Oberst BAUM an der Spitze von 500 Mann nach  Bemington  in Vermont dirigiert, um dort einige daselbst angehäufte Kriegsvorräte aufzuheben. Dieses Korps und ein anderes, welches zu dessen Verstärkung nachgeschickt worden war, wurden am 16. August von neuenglischer Miliz unter Oberst JOHN STARK total geschlagen. "Sieg oder Tod!" war STARKs Losungswort, als er seine Truppen zum Angriff führte. "Da sind sie!" rief er aus; "heute siegen wir, oder MOLLY STARK ist Witwe!"

42. Dieser Schlag war jedoch nicht der einzige, welcher der Invasionsarmee versetzt wurde. Dem Oberst SAINT LEGER war der Auftrag erteilt worden, mit einer anderen Truppenabteilung über das Mohawktal vom Westen her vorzudringen und sich mit der Hauptarmee bei Albany zu vereinigen. Mit einer bedeutenden, aus regulären Truppen, Kanadiern, Tories und Indianern bestehenden Streitmacht schritt er zur Belagerung des an der Stelle des heutigen Rome befindlichen Forts Schuyler. Da eilte General HERKIMER mit einer Miliz-Abteilung zum Entsatz des Platzes; er fiel aber bei Oriskany in einen Hinterhalt und erhielt in dem blutigen Gefecht eine tödliche Wunde. Nun führte General ARNOLD die Truppen zum Entsatz der Belagerten herbei. Als hier die Indianer erfuhren, daß ARNOLD im Anmarsch ist, ergriffen sie die Flucht und SAINT LEGER hob die Belagerung auf.

43. Es strömten nunmehr bedeutende Verstärkungen in das amerikanische Lager. Da wurde General SCHUYLER durch General GATES im Kommando abgelöst, gerade als er in der Lage war, mit Aussicht auf Erfolg dem Feind entgegentreten zu können. BURGOYNE aber überschritt den Hudson und marschierte schließlich den Strom hinab. Die beiderseitigen Heere trafen am 19. September bei Bemis Heights in der Nähe von  Saratoga  zusammen, und es erfolgte eine unentschiedene Schlacht. Am 7. des nächsten Monats fand beinahe auf derselben Stelle eine zweite Schlacht statt, die entschieden zum Vorteil der Amerikaner ausfiel. In beiden Schlachten erwarb sich Oberst DANIEL MORGAN durch eine höchst geschickte Benutzung seiner Scharfschützen große Anerkennung. In der zweiten Schlacht zeichnete sich besonders General ARNOLD aus, der, ohne ein eigenes Kommando zu haben, die Seele des Kampfes war und eine kaltblütige Verwegenheit an den Tag legte.

44. Die Lage der königlichen Armee war nunmehr eine verzweifelte. Die Truppen waren durch Strapazen und einen Mangel an Ruhe erschöpft. Sie versuchten den Rückzug, fanden aber jeden Ausweg verschlossen. Ihre Mundvorräte waren beinahe aufgezehrt. Da  streckte  BURGOYNE am 17. Oktober bei Saratoga mit seiner ganzen, aus 6000 bestehenden Armee die Waffen.

45. CLINTON war mit einer starken Streitmacht am Hudson hinaufmarschiert, um der Armee von Kanada aus zu Hilfe zu eilen. Es war aber zur Unterstützung BURGOYNEs zu spät, und nach dessen Kapitulation kehrten die Truppen nach New York zurück. Auf dem Weg hatten sie zwei Forts in den Highlands genommen, Häuser niedergebrannt und Plünderungen verübt.

46. Im November 1777 kam der Kongreß über gewisse  Bundesartikel  (Articles of Confederation) überein, welche nach erfolgter Annahme von Seiten sämtlicher Staaten die neue Nationalverfassung bilden sollten. Im Frühjahr 1871 hatten alle Staaten diese Mittel angenommen.

47.  Ereignisse des Jahres 1778.  - Der Verlust von BURGOYNEs Armee und die Besorgnis, daß Frankreich an dem Kampf teilnehmen möchte, veranlaßte die britische Regierung Anfangs 1778, sich zur Bewilligung all derjenigen Forderungen zu verstehen, welche die Kolonien beim Beginnen des Zwistes gestellt hatten, und es wurden Unterhändlicher von England herübergesandt, die eine Versöhnung vermitteln sollten. Diese Zugeständnisse kamen jedoch zu spät. Der Kongreß lehnte es ab, sich Verhandlungen einzulassen, es sei denn, daß zuvörderst die Unabhängigkeit der Staaten anerkannt oder die britische Streitmacht zurückgezogen werde.

48. Als eine weitere Folge von BURGOYNEs Kapitulation trat nunmehr ein Ereignis ein, welches den höchsten Jubel in Amerika hervorrief. Anfangs Februar erkannte nämliche  Frankreich  die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten an, und schloß einen Freundschafts-, einen Handels- und einen Allianzvertrag mit der jungen Republik ab. Schon vorher hatte die französische Regierung die Amerikaner insgeheim mit Waffen und anderen Lieferungen unterstützt. Der gefeierte FRANKLIN, damals über siebzig Jahre alt, war der Hauptunterhändler der Vereinigten Staaten am französischen Hof. Er leitete die Geschäfte mit solcher Umsicht und stand in der französischen Hauptstadt in so hoher Verehrung, daß man dreist behaupten kann, es habe damals keinen Zweiten in Amerika gegeben, der solche Erfolge für sein Vaterland zu erringen vermocht hätte.

49. Schon im Anfang des Sommers war eine französische Flotte auf dem Weg nach Amerika, um uns Hilfe zu bringen. Da es nach Ankunft dieser Flotte unmöglich war, Philadelphia mit Aussicht auf Erfolg zu verteidigen, so räumte Sir HENRY CLINTON, der seit Kurzen an General HOWEs Stelle getreten war, am 18. Juni die Stadt und führte die Armee nach New Jersey, in der Absicht, die königlichen Streitkräfte in New York zusammezuziehen.

50. WASHINGTON folgte ihm auf dem Fuße nach und erreichte den Feind am Morgen des 28. Juni bei  Monmouth Court House,  wo eine Schlacht erfolgte. Es fehlte nicht viel, so hätten die Amerikaner infolge der Mißgriffe des den Vortrab leitenden Generals LEE eine schwere Niederlage erlitten. Doch WASHINGTON erschien im entscheidenden Augenblick auf dem Schlachtfeld, tat der Flucht von LEEs Truppen Einhalt und stellte die Schlacht wieder her. Die Nacht machte dem Kampf ein Ende, und CLINTON benutzte die Dunkelheit, um in aller Stille mit seinen Truppen aufzubrechen und seinen Marsch nach New York fortzusetzen.

51. WASHINGTON überschritt nunmehr den Hudson und schlug ein Lager bei White Plains auf. Die Hauptarmee blieb sodann mehrere Monate lang auf dem linken Ufer der Flusses in der Nähe von New York stehen; während des Winters aber kantonierten die Truppen auf beiden Ufern des Hudson, und das Hauptquartier befand sie zu Middlebrook in New Jersey.

52. Im Sommer dieses Jahres wurde das liebliche  Wyoming Valley  in Pennsylvanien zum Schauplatz entsetzlicher Greueltaten. Ein mächtiger Haufen, aus Tories und Indianern bestehend, brach unter der Führung des Obersten JOHN BUTLER von West-New-York aus in das Tal ein, erwürgte die Bewohner und verwüstete die Ansiedlungen. Im Herbst wurde den Ansiedlungen in  Cherry Valley  in New York durch Tories und Indianer ein fast gleiches Geschick bereitet.

53. Anfangs Juli erschien die unter dem Grafen d'ESTAING den Amerikanern zu Hilfe geschickte Flotte in Der Delawarebay. Bald darauf segelte d'ESTAING nach Newport, welches von 6000 britischen Truppen besetzt gehalten wurde. Da man übereingekommen war, hier einen Angriff auf die Feinde zu unternehmen, so landete General SULLIVAN mit Miliz und Kontinentaltruppen auf der Insel Rhode Island, um mit den französischen Schiffen vor Newport gemeinschaftlich zu verfahren. Da zeigte sich, noch ehe die Landtruppen und die Schiffe vollständig zum Angriff gerüstet waren, die von Lord HOWE befehligte britische Flotte, der Stadt zum Beistand herbeieilend.

54. d'ESTAING segelte zwar aus dem Hafen zur Schlacht, allein ein furchtbarer Sturm untersagte den Kamp, und seine Schiffe wurden so übel mitgenommen, daß er zunächst im Hafen von Boston vor Anker gehen mußte, um die erforderliche Reparaturen vorzunehmen. Das Unternehmen mußte deshalb aufgegeben werden. War gleich SULLIVAN nun zum Rückzug genötigt, so gelang es ihm doch, der Verfolgung von Seiten des Feindes durch ein lebhaftes Gefecht auf der Nordseite der Insel Einhalt zu gebieten.

3. Vom Einfall in Georgia bis zum Ende des Krieges.
Der Krieg hauptsächlich im Süden geführt.

55.  Die Ereignisse des Jahres 1778. Fortsetzung.  - Seit dem Ende des Jahres 1778 wurde der Süden zum Hauptschauplatz des Krieges, und es sollte zunächst Georgia, als der schwächste der Südstaaten, angegriffen werden. Zu diesem Zweck landete Oberst CAMPBELL mit 3500 Mann gegen Ende Dezember in der Nähe von  Savannah.  Es befanden sich dort nicht mehr als tausend Mann unter General ROBERT HOWE, um ihnen die Landung streitig zu machen. Diese wurden, ehe sie sich dessen versahen, angegriffen und in Stücke gehauen. Die Stadt fiel daraufhin noch im Dezember in die Hände der Engländer.

56.  Ereignisse des Jahres 1779.  - Im Jahre 1779 fielen keine Ereignisse vor, die auf den Gang des Krieges einen entscheidenden Einfluß gehabt hätten. Einige Tage nach dem Fall von Savannah langte General PREVOST mit königlichen Truppen an, die bisher in Florida gestanden hatten, und übernahm den Oberbefehl. Eine von ihm abgeschickte Truppenabteilung nahm Augusta ein, und trotz aller Anstrengungen von General LINCOLN, des amerikanischen Befehlshabers im Süden, wurde die vollständige  Unterwerfung von Georgia  bald zustande gebracht.

57. Es verdienen hier zwei Treffen Erwähnung. In dem einen besiegte ein Milizkorps unter Oberst PICKENS 700 Tories, die sich auf dem Marsch nach dem britischen Lager befanden; im anderen wurde ein amerikanisches Korps unter General ASHE bei Brier Creek aufs Haupt geschlagen. Nach der Unterwerfung von Georgia rückte PREVOST gegen  Charleston  in Südcaroline vor; allein, da die Stadt zu einem hartnäckigen Widerstand gerüstet war, und General LINCOLN mit seiner Armee zu ihrem Entsatz herannahte, so gab der britische General seinen Plan sehr bald auf, und die Armee kehrte nach einigen Gefechten nach Georgia zurück.

58. Nachdem d'ESTAING seine Schiffe in Boston hatte ausbessern lassen, segelte er nach Westindien, um dort gegen die Engländer zu kreuzen. Daraufhin erschien er im September dieses Jahres mit einer starken Flotte vor SAVANNAH, und belagterte die Stadt unter Mitwirkung von General LINCOLN. Am 9. Oktober unternahmen die vereinigten Streitkräfte einen Sturm auf die feindlichen Werke, wurden aber mit starkem Verlust zurückgeschlagen, wobei der wackere Graf PULASKI eine tödliche Wunde empfing. Die Franzosen schifften sich daraufhin wieder ein, und die Amerikaner gingen nach Charleston zurück.

59. Im NOrden inzwischen beschränkte sich CLINTON im Allgemeinen darauf, New York nach wie vor besetzt zu halten und Expeditionen zur Zerstörung von Küstenstädten und eine Plünderung des platten Landes abgehen zu lassen. Die eine dieser Banden unternahm einen Raubzug nach Virginia; eine andere, deren Haupt der verruchte TRYON war, sengte und plünderte in Connecticut.

60. Anfangs Sommer marschierte CLINTON am Hudson hinauf und nahm Stony Point und Berplancks Point ein, wo er starke Besatzungen zurückließ. Die  amerikanische Streitmacht  war so schwach, daß WASHINGTON sich auf die Defensive beschränken mußte. Seine Wachsamkeit aber machte es den Engländern unmöglich, sich des Hudsons über diese Punkte hinaus zu bemächtigen und dadurch Neuengland von den übrigen Staaten abzuschneiden.

61. Eine der glänzendsten Tagen des Revolutionskrieges war die Erstürmung von  Stony Point  und dessen Wiedereroberung von den Engländern durch General ANTHONY WAYNE mit Truppen von WASHINGTONs Armee. Der Angriff erfolgte am 15. Juli gegen Mitternacht durch das Bayonett und nötigte die Besatzung zur Kapitulation. Ungefähr einen Monat später überwältigte Major HENRY LEE mit gleicher Kühnheit die Besatzung von  Paulus Hook,  dem gegenwärtigen Jersey City, und machte dieselbe zu Gefangenen.

62. Im Spätsommer dieses Jahres unternahm General SULLIVAN an der Spitze von 5000 Mann einen Zug gegen die Indianer im westlichen New York, um dieselben für ihre in Wyoming, Cherry Valley und anderswo verübten Schandtaten zu züchtigen. SULLIVAN schlug eine Indianer- und Torybande da, wo das heutige Elmira liegt, aufs Haupt und wandte sich dann in nördlicher und westlicher Richtung, wobei er Indianerdörfer in Asche legte, Kornfelder und Obstpflanzungen zerstörte und das ganze Land bis zum Genesee River in eine Wüste verwandelte.

63. Der Krieg wurde jetzt seitens der Amerikaner nicht bloß zu Lande, sondern auch zur  See  geführt. Schon im ersten Jahr des Kampfes (1775) hatte der Kongreß Maßregeln ergriffen, um eine kleine Seemacht zu gründen. Später wurde eine große Anzahl von Kapern ausgerüstet, und diese brachten viele hunderte von englischen Kauffahrern auf.

64. Von allen im Seedienst der Vereinigten Staaten befindlichen Befehlshaber war JOHN PAUL JONES der ausgezeichnetste. Während dieser im September 1779 in der Nähe der englischen Küste mit dem  Bonhomme Richard  und anderen in Frankreich ausgerüsteten Schiffen kreuzte, eroberte er, nach einem der hartnäckigsten der Geschichte bekannten Seegefechte, zwei britische Kriegsschiffe. Im Sommer dieses Jahres verbündete sich Spanien mit Frankreich zum Krieg gegen England.

65. Im Herbst zog CLINTON seine Truppen aus Newport zurück, welches die Engländer beinahe drei Jahre besetzt gehalten hatten. Auch zog derselbe die vorgeschobenen Posten am Hudson River ein, und beorderte deren Besatzungen nach New York. Er segelte demnächst, nachdem er ein starkes Korps zur Verteidigung von New York zurückgelassen, an der Spitze einer großen Flotte, mit 7000 Mann Landungstruppen nach dem Süden.

66.  Ereignisse des Jahres 1780.  - Nach der Unterwerfung von Georgia sollte der Krieg nunmehr in beide Carolinas hinübergespielt werden. Im Frühjahr schritt CLINTON, unter Mitwirkung der Flotte, zur Belagerung von Charleston, und nach einer tapferen Verteidigung von mehreren Wochen sah sich General LINCOLN, der damals noch den Oberbefehl im Süden hatte, genötigt, Stadt und Besatzung dem Feind auszuliefern.

67. Demnächst sandte CLINTON verschiedene Expeditionen in das Innere. Ein berittenes Korps unter Oberst TARLETON verfolgte eine Abteilung amerikanischer Truppen und schlug sie bei  Waxhaw Creek.  TARLETON führte hier eine seiner Blutszenen auf. Die meisten Amerikaner wurden niedergemacht oder verstümmelt, nachdem sie sich bereits der Gnade des Siegers unterworfen hatten. Nachdem CLINTON South Carolina durchstreift, Besatzungen in verschiedenen Gegenden des Staates zurückgelassen und Lord CORNWALLIS zum Oberbefehlshaber des Südens bestellt hatte, kehrte er mit einem großen Teil seiner Truppen nach New York zurück.

68. Der Kongreß stellte nunmehr das Departement des Südens unter den Oberbefehl des Generals GATES. Dieser rückte sofort in Carolina gegen den Feind vor und es kam am 16. August zwischen ihm und CORNWALLIS bei Sanders Creek, in der Nähe von Camden, zur Schlacht, in welcher die Amerikaner eine vollständige Niederlage erlitten. Die Miliz hatte schon beim ersten Angriff die Waffen weggeworfen und sich auf die Flucht begeben. Zwar kämpften die regulären Truppen, die WASHINGTON von seiner Armee abgegeben hatte, mit Tapferkeit; aber auch sie wandten sich schließlich zur Flucht. Der tapfere Freiherr von KALB erhielt eine tödliche Wunde. Zwei Tage nach dieser Niederlage wurde eine amerikanische Truppenabteilung unter Oberst SUMTER von TARLETONs Reitern überfallen und zerstreut.

69. CORNWALLIS war nun Herr von South Carolina und behandelte die Whigs mit großer Härte. Doch konnten es alle seine rücksichtslosen und grausamen Maßregeln nicht zur völligen Erstickung des Widerstandes bringen. Die verwegenen Parteigänger FRANCIS MARION und THOMAS SUMTER nahmen jede Gelegenheit war, um mit irregulären Truppen, so viel sie ihrer gerade habhaft werden konnten, dem Feind Schaden zuzufügen. Sie versetzten dem eingedrungenen Feind und den Tories manchen empfindlichen, unvermuteten Schlag.

70. Nicht lange nach seinem Sieg über GATES führte CORNWALLIS die Armee nach North Carolina, um zur Eroberung auch dieses Staates zu schreiten. Er hatte Major FERGUSON mit Truppen ausgeschickt, um den Widerstand im Westen von Carolina zu brechen, und die dortigen Tories zur Tätigkeit zu ermuntern. Aber die regulären Truppen und Tories unter FERGUSON erlitten am 7. Oktober bei Kings Mountain durch tausend berittene Hinterwäldler eine totale Niederlage. Durch diesen Unfall in Besorgnis gesetzt, marschierte CORNWALLIS nach South Carolina zurück. Im Dezember übernahm General NATHANAEL GREENE, einer von WASHINGTONs tüchtigsten Generalen, den Oberbefehl im Süden als GATES' Nachfolger.

71. In den nördlichen Staaten kam es in diesem Jahr zu keinem erheblichen Unternehmen. WASHINGTONs Truppen, die bei Morristown in Hütten lagen, litten aufs Äußerste an der strengen Kälte des "harten Winters" 1779-80 und an einem Mangel an Mundvorräten. Bei der traurigen Finanzlage fiel es schwer, Vorräte für die Armee zu beschaffen. Der Kongreß war zur Kriegsführung fast ganz auf das  Papiergeld  angewiesen, welches in so ungeheurer Menge ausgegeben wurde, daß im Frühling dieses Jahres vierzig Dollar Papiergeld nur einen Dollar in Metallwährung galten. Das Volk fürchtete, daß die Scheine niemals eingelöst werden würden. In späteren Jahren wurde dieses sogenannte Nationalgeld beinahe wertlos.

72. LAFAYETTE hatte den Winter in Frankreich zugebracht und namentlich durch seine Bemühungen wurde König LUDWIG XVI. veranlaßt, den Amerikanern eine zweite französische Flotte und Armee zu Hilfe zu senden. Im Juli langte diese Flotte unter Admiral de TERNAY bei Newport an, und setzte mehr als 5000 Mann unter dem Befehl des Grafen von ROCHAMBEAU an Land. Diese Truppen mußten zur Bedeckung der Schiffe mehrere Monate lang in Newport liegen bleiben, da man den Angriff einer überlegenen britischen Flotte erwarten mußte.

73. Es war im September dieses Jahres, als ARNOLDs  Verrat  ans Licht kam. ARNOLD war einer der wackersten und tätigsten Offiziere des Patriotenheers gewesen. Jetzt jedoch hatte sich seiner ein bitteres Gefühl gegen die Regierung bemächtigt, und überdies quälten ihn seine Schulden. Um nun seinem persönlichen Rachegefühl zu fröhnen und sich zugleich in Besitz von Geldmitteln zu setzen, entschloß sich dieser selbstsüchtige und verschrobene Mensch, zum Verräter an seinem Vaterland zu werden. Er war zum Kommandanten der wichtigen Festung West Point, welche den Hudson beschirmte, ernannt worden, und erbot sich jetzt, dieselbe in die Hände des Feindes zu liefern.

75. Major ANDRÉ, ein junger gebildeter Offizier der englischen Armee, wurde beauftragt, persönlich mit ARNOLD an einer Stelle unterhalb West Point die erforderlichen Verabredungen zu treffen. Die Zusammenkunft fand statt, und ANDRÉ begab sich zu Pferd und verkleidet auf den Heimweg nach New York. Er wurde jedoch unterwegs durch drei bewaffnete Milizsoldaten angehalten. Man untersuchte ihn und fand in seinen Stiefeln Schriftstücke, die das Komplott enthüllten. Als ARNOLD ANDRÉs Verhaftung erfahren hatte, entwich er zu den Engländern, von denen er den Preis seiner Schmach, eine bedeutende Geldsumme und den Rang eines Brigadegenerals, empfing. ANDRÉ wurde vor Gericht gestellt und als Spion gehängt.

75.  Ereignisse des Jahres 1781.  - Den ersten Tag des für den Krieg entscheidenden Jahres 1781 bezeichnet ein Ereignis, welches der Sache Amerikas die höchste Gefahr drohte. Es war dies die Empörung der  pennsylvanischen Truppen,  die 1300 an der Zahl, von ihrem Lager in Morristown mit der Erklärung ausmarschierten, daß sie persönlich vor dem Kongreß erscheinen und daselbst einen Antrag auf Abstellung verschiedener Beschwerden anzubringen gesonnen seien. Nicht nur, daß die Soldaten im Allgemeinen seit Monaten keinen Sold empfangen und den größten Mangel an Lebensmitteln und Kleidung gelitten hatten, so fühlten sich die Truppen von Pennsylvanien noch besonders dadurch beschwert, daß sie ungeachtet des Ablaufs ihrer Dienstzeit noch im Heer zurückgehalten würden.

76. Als die Empörer bis Princeton marschiert waren, wurden ihnen durch ein Senatskomitee Vorschläge zu ihrer Zufriedenstellung gemacht, und da sie dieselben annahmen, hatte die Meuterei ein Ende. Bald darauf kam eine neue Empörung bei den Truppen von New Jersey zum Ausbruch; doch diese unterdrückte WASHINGTON sofort durch die Anwendung militärischer Zwangsmaßregeln. Im Laufe des Jahres wurde ROBERT MORRIS vom Kongreß zum Chef des Finanzwesens ernannt. Durch ihn wurde das Finanzsystem der Vereinigten Staaten von Grund auf verbessert und die Finanzverwaltung auf das Tüchtigste geführt. Seine energischen Maßregeln kamen auch der Armee zugute, und hatten eine wesentlich Verminderung ihrer Leiden zur Folge.

77. Da General GREENE den Oberbefehl im Süden antrat, fand er eine Armee von nur zweitausend Mann abgerissener, halbverhungerte Truppen vor. So klein aber auch diese Zahl war, so hielt er es dennoch für das Beste, sie noch zu teilen. Er versetzte die Hauptabteilung in eine Lager am großen Pedee River, unweit der nördlichen Grenzen von North Carolina, während ein Detachement unter General MORGAN in die westliche Gegend des Staates marschierte, um dort dem Feind zu schaffen zu machen.

78. Der englische General CORNWALLIS beauftragte seinen Günstlich TARLETON, MORGAN nachzusetzen und ihn zu vernichten; dieser machte jedoch am 11. Januar bei den sogenannten  Kuhställen  (Cowpens) seinen Verfolgern gegenüber Front, und bereitete denselben eine vollständige Niederlage. TARLETON flüchtete zurück zu CORNWALLIS, der sofort zur schleunigen Verfolgung der Sieger aufbrach, nicht bloß um Rache an ihnen zu nehmen, sondern zugleich die von ihnen gemachten 500 Gefangenen zu befreien. MORGAN aber war zu rasch für seine Gegner. Er zog sich eiligst nach North Carolina zurück und setzte unmittelbar vor der Ankunft der Engländer über den Catawba River. Glücklicherweise fiel gerade ein heftiger Regen, von dem der Fluß anschwoll, so daß die verfolgenden Feinde am anderen Ufer aufgehalten wurden.

79. Hier erreichte GREENE MORGANs Lager und trat an die Spitze der siegreichen Truppen. Vom überlegenen Heer von General CORNWALLIS auf dem Fuß verfolgt, führte nunmehr der amerikanische Feldherr einen meisterhaften Rückzug durch North Carolina aus. Nachdem er die beiden Abteilungen seiner Armee auf dem Marsch vereinigt hatte, führte er dieselben unversehrt auf das nördliche Ufer des Dan River in Virginia.

80. Nunmehr entsagte CORNWALLIS der Verfolgung, und wandte sich zurück nach Süden. Aber GREENE, der inzwischen durch eine Abteilung Miliz verstärkt worden war, folgte nun seinerseits dem Feind nach. Er traf mit demselben am 15. März bei  Guilford Court House  zusammen, wo eine Schlacht stattfand, in welcher zwar die Engländer das Schlachtfeld behaupteten, aber mit so schwerem Verlust, daß CORNWALLIS sich nach Wilmington unweit der Seeküste zurückzog.

81. GREENE verfolgte ihn eine Zeit lang, und griff dann zu dem kühnen Plan, unmittelbar auf die britischen Besatzungen in South Carolina loszurücken. Unweit Camden, dem stärksten dieser Plätze, fand am 25. April die Schlacht bei  Hobkirks Hill  statt. Lord RAWDON, der die britischen Truppen in diesem Treffen kommandierte, nötigte zwar GREENE, ihm das Schlachtfeld zu überlassen; der Sieg blieb jedoch ein unfruchtbarer.

82. So wachsam war der amerikanische General, so trefflich legte er seine Pläne an, so wirksam wurde er durch seine Unterbefehlshaber HENRY LEE, MARION, SUMTER und andere unterstützt, daß vor Mitte des Sommers nahezu alle britischen Plätze im Innern sich in den Händen der Amerikaner befanden. Entweder waren dieselben erobert, oder deren Besatzungen sonst genötigt worden, sie zu räumen.

83. In der heißen und ungesunden Jahreszeit gönnte GREENE seinen Truppen eine kurze Rast auf den bergigen Höhen von Santee. Schon nach wenigen Wochen marschierte er wiederum gegen die Engländer, die jetzt unter dem Befehl von Oberst STEWART standen, und am 8. September lieferten die feindlichen Heere die blutige Schlacht bei  Eutaw Springs,  wo beide Teile den Sieg beanspruchten. Dem Feind war jedoch so mitgespielt worden, daß er in möglichster Eile den Rückzug nach Charleston antrat. Die Schlacht bei Eutaw Springs war die letzte bedeutendere Schlacht des Krieges südlich von Virginia.

84. Im Januar dieses Jahres wurde der Verräter ARNOLD mit 1600 Mann, hauptsächlich Tories, beordert, in Virginia einzudringen. Hier zerstörte oder raubte derselbe die Habe der Bewohner von Richmond und anderen Orten. Zwar rückte LAFAYETTE an der Spitze eines Detachments von WASHINGTONs Armee aus, um dem eingedrungenen Feind entgegenzutreten; dieser war jedoch zu stark, um ihm die Spitze bieten zu können, da 2000 Mann unter General PHILIPPS, der nunmehr das Kommando übernahm, zu ihm gestoßen waren. So blieb es mit den Plünderungen und Verwüstungen beim Alten.

85. CORNWALLIS, den wir in Wilmington zurückließen, führte seine Armee alsbald nach Virginia, wo er im Mai seine Vereinigung mit den bereits daselbst befindlichen Truppen des Königs zustande brachte. Da CORNWALLIS' Streitmacht derjenigen LAFAYETTEs nunmehr sehr erheblich überlegen war, so hielt es der Letztere verständigerweise für geraten, einem Zusammentreffen aus dem Weg zu gehen. Der britische General aber zog, nachdem er öffentliches und Privateigentum in großer Menge zerstört hatte, seine Truppen in Yorktown zusammen, welchen Platz er stark befestigte. Ihm gegenüber hielt TARLETON Gloster Point mit einer schwächeren Abteilung besetzt.

86. Inzwischen hatte WASHINGTON einen Angriffsplan gegen das in New York stehende britische Korps entworfen. Er näherte sich mit seinen Truppen dieser Stadt, und hatte das französische Korps unter ROCHAMBEAU von Newport herbeigerufen, um ihm bei diesem Unternehmen eine hilfreiche Hand zu leisten. Dieser Plan wurde jedoch plötzlich abgeändert, als die Kunde anlangte, daß der Graf von GRASSE mit einer zahlreichen Flotte bald die Chesapeakebay erreichen wird. Nunmehr wurde CORNWALLIS' Vernichtung das Hauptaugenmerk des amerikanischen Oberbefehlshabers. Indem sich WASHINGTON den Schein zu geben wußte, als gelte es nach wie vor der Stadt New York, trat er ander Spitze der  verbündeten Heere  den Marsch nach Süden an, und ehe CLINTON sein Vorhaben ahnte, war er schon weit auf dem Weg nach Virginia.

87. In der Hoffnung, einen Teil von WASHINGTONs Armee zum Rückzug zu bewegen, ließ CLINTON durch den Verräter ARNOLD, an der Spitze von Tories und Hessen, einen Einfall in Connecticut machen. Von diesen wurden  New London  geplündert und niedergebrannt; Fort Griswold, an der gegenüberliegenden Seite des Flusses, wurde erstürmt. Durch die tapfere Verteidigung des Forts in Wut versetzt, machte der Feind den Befehlshaber, Oberst LEDYARD und den größten Teil der Besatzung nach der Übergabe nieder.

88. Am 28. September erschienen die französischen und amerikanischen Truppen vor Yorktown. de GRASSEs Flotte und die Flotte von Newport waren bereits angelangt und blockierten den James- und den York River. Die Belagerung wurde durch die verbündeten, 16 000 Mann zählenden Heere mit Eifer und Nachdruck betrieben. Dem General CORNWALLIS und seinem nicht ganz 8000 Mann starken Heer stand weder zur See noch zu Lande ein Ausweg offen. Er hielt sich jedoch drei Wochen lang und übergab dann am 19. Oktober sich und seine Armee mittels Kapitulation an General WASHINGTON, und seine Schiffe mit deren Besatzung an de GRASSE.

89. Lauter Jubel erscholl, als die Kunde von CORNWALLIS' Kapitulation durchs Land getragen wurde. Das Volk glaubte, daß nunmehr das Ende des langen Kampfes nahe ist. In der Tat daraf man die  Kapitulation des General Cornwallis  als das eigentliche Ende des Krieges ansehen, der nunmehr siebeneinhalb Jahre gedauert hatte. New York, Charleston und Savannah waren die einzigen bedeutenden Plätze, die sich noch in der Gewalt des Feindes befanden.

90.  Ereignisse der Jahre 1782 und 1783.  - Das englische Volk war des Krieges überdrüssig geworden. Nicht genug, daß es keinen Ruhm dadurch erobert hatte, und die Staatsschulden erheblich vermehrt sehen mußte, war es jetzt auch zu der Überzeugung gelangt, daß es die Amerikaner nimmermehr unterjochen kann. Das Parlament entschloß sich deshalb, dem Kampf ein Ende zu machen, und es wurden von beiden Regierungen zur Festsetzung der Friedensbedingungen  Unterhändler  ernannt, die in Paris zusammentreten sollten. Die Vereinigten Staaten wurden nach BENJAMIN FRANKLIN durch JOHN ADAMS, JOHN JAY und HENRY LAURENS vertreten.

91. Die Priliminarartikel [Vorvertrag - wp] wurden am 30. November 1782 gezeichnet. Der definitive Friedensvertrag wurde am 31. September 1783 vollzogen und zu gleicher Zeit schloß Großbritannien mit Frankreich und Spanien Verträge ab. Im Osten und Norden wurde damals fast dieselbe Grenzlinie gezogen, wie sie noch heute besteht. Zur westlichen Grenze machte man den Mississippi und zur südlichen, Florida. Letzteres Land, welches sich damals bis zum Mississippi erstreckte, wurde an Spanien abgetreten.

92. Die förmliche Friedensproklamation wurde der Armee gerade acht Jahre nachdem erste Blut bei Lexington geflossen war, verkündet. Jetzt endlich war unsere Freiheit errungen, aber durch Opfer, die man nie nach Geld wird berechnen können. Die Gefallenen und Krüppel waren nicht die einzigen  Märtyrer  der Revolution. Die Geschichte muß auch die empörende Grausamkeit verzeichnen, mit der die Engländer ihre amerikanischen Gefangenen behandelt haben. Sie sperrten dieselben in schmutzige, scheußliche Kerker oder Gefangenenschiffe, wo Tausende infolge ungesunder Nahrung, verpesteter Luft oder sonstiger grausamer Behandlung ihren Tod fanden.

93.  New York,  welches die Engländer so lange Zeit hindurch zum Mittelpunkt ihrer Operationen gemacht hatten, wurde am 25. November 1783 geräumt, und der Jahrestag dieses Ereignisses wird noch heutzutage als  Evacuation Day  (Räumungstag) gefeiert. Savannah und Charleston waren das Jahr zuvor geräumt worden.

94. Im Laufe des Sommers und Herbstes wurde die amerikanische Armee friedlich in die Heimat entlassen, und als die Engländer von New York abzogen, war die Zahl der im Dienst befindlichen Truppen nur höchst unbedeutend. Am 23. Dezember erschien WASHINGTON im Sitzungssaal des Kongresses zu Annapolis, und legte sei Amt als Oberbefehlshaber nieder. Sodann eilte er nach Mount Vernon, seiner Heimat, zurück, die Dankbarkeit und Liebe seiner Mitbürger mit sich ins Privatleben nehmend.
LITERATUR Loomis Joseph Campbell, Kurzer Abriß der Geschichte der Vereinigten Staaten, Boston 1872
    Anmerkungen
    1) Dem Treiben der das außerpreußische Deutschland durchziehenden englischen Werber wurde durch FRIEDRICH den Großen ein Ende gemacht.