ra-2R. StolzmannJ. SchumpeterW. Lexis    
 
CONRAD SCHMIDT
Vom Begriff des Warenwerts

"Aus der gegensätzlich bestimmten, also qualitativ unterschiedenen Art des Tauschwerts, den die Geldware gegenüber allen anderen Warenarten hat, folgt, daß Exemplare der Geldware hinsichtlich ihres Tauschwerts schlechterdings mit Exemplaren keiner anderen Warenart kommensurabel sind, daß also auch der Warenaustausch als Kauf und Verkauf - welches auch immer die im Marktverkehr bestimmten Austauschsätze seien, nach denen für Geld Exemplare einer Warenart erhältlich und diese gegen Geld veräußerlich sind - wegen dieser Inkommensurabilität des Tauschwerts an Geldware und Bedarfsware nie ein Austausch wertgleicher Waren sein kann."

"Aus jener angeblich notwendigen Wertgleichheit der ausgetauschten Warenmengen, schließt die Marx'sche Beweisführung weiter, daß jene supponierte Wertgleichheit in letzter Linie nur als Gleichheit der in ihnen verkörperten Mengen gesellschaftlich notwendiger Arbeit gedacht werden kann, und daß darum der Wert der Waren als die in ihnen verkörperte Arbeitsmenge zu fassen ist."

Offenbar ist die allerallgemeinste Bestimmung oder das allerallgemeinste Charakteristikum der modernen Volkswirtschaft, von dessen Konstatierung ihre Theorie systematischerweise ihren Ausgang zu nehmen hätte, darin gegeben, daß diese Volkswirtschaft, wie auch immer näher bestimmt, ein wirtschaftlicher Gesamptprozeß ist, in dem die Produktion all der zahllos verschiedenartigen Güter, deren Gesellschaftsglieder für ihren (und ihrer Familien) persönlichen Konsum wie andererseits zur Ausübung ihrer wirtschaftlichen Funktionen im Gesamtprozeß bedürfen, sich durchgängig und allgemein als Warenproduktion, als Produktion von Exemplaren im Warenaustausch der Gesellschaftsglieder nachgefragter und angebotener Warenart vollzieht. Von diesem Ausgangspunkt aber drängen sich der theoretischen Betrachtung zunächst einmal zwei offenbar eng miteinander verschlungene Aufgaben auf. Es ist erstens der Nachweis zu erbringen, daß und warum der Prozeß mit dieser seiner allerallgemeinsten Bestimmung (wie auch immer er in deren Rahmen näher bestimmt wird) unabtrennbar zugleich eben jene Form haben  muß,  die er faktisch hat: nämlich die Form eines Prozesses, in dem die Produktion der Waren sich als Produktion einerseits von Waren für den Verkauf, im Marktverkehr der Verkäufer und Käufer jeweils preisbestimmter Waren, andererseits als Produktion von Geldware vollzieht, mit deren staatlich abgestempelten Einheiten nach im Warenaustausch der Gesellschaftsglieder jeweils bestimmten Austauschsätzen (Preisen) Exemplare jeder anderen Warenart jederzeit in beliebigen Mengen nach Bedarfswahl aneigenbar sind. Die zweite damit verbundene Aufgabe wäre zu untersuchen, ob und inwiefern hinter jener allgemein üblichen Denk- und Sprechweise, die in den Marktverkehr jeweils bestimmten Austauschsätzen oder Preisen eine  Wertbestimmung  der für den Verkauf produzierten Waren sieht (die also die Frage, welches der Wert der Waren sei, mit der Angabe ihres jeweiligen Preises beantwortet), ein theoretisch klar erfaßbarer Begriff des Warenwerts steht.

So viel ist ja klar, daß Exemplare all jener nach Bedarfswahl, sei es als Konsummittelwaren zum eigenen Konsum oder als Produktionsmittelwaren für den eigenen Betrieb, nachgefragten Warenarten für die so nachfragenden Subjekte in dem Umfang, wie diese sie zeitweilig zum Zweck ihrer Bedarfsdeckung nachfragen, unmittelbar subjektiven Gebrauchswert oder, wie man abkürzend auch sagt, Wert besitzen. Es ist das eine bloße Tautologie. Wäre das nicht der Fall, so entfiele damit jedes Motiv, warum sie Exemplare der betreffenden Warenart jeweils für ihren Bedarf im Austausch nachfragen sollten. Andererseits aber: Diese unmittelbar zum Zweck der Bedarfsdeckung nachgefragten und in ihrer Eigenschaft als konkrete Bedarfsgegenstände für die so Nachfragenden subjektiven Gebrauchswert besitzenden Waren haben für ihre respektiven Produzenten (wie wir die Betriebseigentümer abkürzend nennen wollen)  nicht  diese Art von subjektivem Gebrauchswert. Weder können sie die in ihren Betrieben erzeugten Produktionsmittelwaren in ihrem eigenen Betrieb als Produktionsmittel, noch, falls sie Konsummittelwaren erzeugen, die in ihrem Betrieb erzeugten Konsummittelwaren in irgendeinem erheblichen Umfang für ihren eigenen Konsum verwenden. Will man überhaupt von einem Gebrauchswert sprechen, den die im Betrieb erzeugten Waren für ihre respektiven Produzenten haben, so kann dieser sich ausschließlich darauf gründen, daß die für den eigenen Bedarf ihrer respektiven Produzenten unbrauchbaren im Betrieb erzeugten Waren für deren Produzenten, die ihren eigenen Bedarf an Konsum- und Produktionsmittelwaren nur durch deren Aneignung nach Bedarfswahl im Marktverkehr decken können, im Hinblick auf diesen ihren Zweck im Warenaustausch zweckmäßig veräußerbar sind. Womit zugleich gesagt ist, daß der subjektige Gebrauchswert, den die von ihnen produzierten Waren für sie haben, ein vom subjektiven Gebrauchswert, den Exemplare der nach Bedarfswahl nachgefragten Warenarten für die so Nachfragenden besitzen, toto genere [überhaupt - wp] verschieden ist. Weiter aber: die einfachste Überlegung zeigt, daß ein wirtschaftlicher Gesamtprozeß, in dem die Produktion als Warenproduktion erfolgt, unmöglich ein Prozeß sein kann, in dem die respektiven Produzenten von Exemplaren nach Bedarfswahl nachgefragter Warenart mit diesen als Gegengabe im Warenaustausch Exemplare von ihnen selber nach Bedarfswahl nachgefragter Warenart unmittelbar sich aneignen können. Wie sollten beispielsweise etwa Spinnereifabrikanten, deren im Betrieb erzeugte Garnware als Produktionsmittel (Rohstoff) ausschließlich von Webereifabrikanten jeweils nach Bedarfswahl nachgefragt ist, die sich aber ihrerseits vom Produkt der Weberfabrikanten unmittelbar nichts für ihren Haushalt brauchen, mit ihrem Garn die von ihnen benötigten Konsum- und Produktionsmittelwaren aneignen können?

Erste Voraussetzung für die Möglichkeit eines wirtschaftlichen Gesamtprozesses, in dem die Produktion Warenproduktion ist, ist demzufolge, da die für den unmittelbaren Bedarf jeweils nach Bedarfswahl nachgefragten Waren von ihren respektiven Produzenten nicht vice versa selber nach Bedarfswahl veräußert werden können: daß er von vornherein die Form eines Prozesses habe, in dem die Produktion der im Warenaustausch nachgefragten und angebotenen Waren sich als Produktion in  gegensätzlich  bestimmter Weise im Warenaustausch veräußerbarer Waren vollzieht. Er hat die Form eines solchen Prozesses als Prozeß, in dem Exemplare  einer  der zahllosen im Warenaustausch nachgefragten Warenarten als Waren fixiert sind, gegen die die Produzenten aller anderen im Warenaustausch nachgefragten und angebotenen Waren die in ihrem Betrieb erzeugten Waren jederzeit übereinstimmend und ausschließlich (also ihrerseits unter Ausschluß von Bedarfswahl) als Gegengabe veräußern wollen, und in dem darum vice versa die Exemplare dieser einen Warenart (unter Ausschluß aller anderen) im Austauschverkehr mit den Produzenten jeder anderen Warenart gegen Exemplare jeder anderen Warenart nach im Austauschverkehr mit deren respektiven Produzenten jeweils bestimmten Austauschsätzen als Gegengabe veräußerbar sind. Die Exemplare dieser einen Warenart haben unter diesen Bedingungen also die Veräußerlichkeit oder den  Tauschwert  von Waren, mit denen nach diesen Austauschsätzen jederzeit Exemplare jeder anderen Warenart jeweils nach Bedarfswahl im Warenaustausch aneigenbar sind, und damit Geldcharakter. Was dann natürlich impliziert, daß sich die Produktion aller anderen Waren, die ihre respektiven Produzenten jederzeit übereinstimmend und ausschließlich gegen Geldware veräußern wollen, aber gegen Geld im Warenaustausch nur an, mit Geld als Gegengabe, Exemplare der von ihnen selber jeweils produzierten Warenart nach Bedarfswahl Nachfragende veräußern können, von vornherein nur als Produktion mit Geld nach Bedarfswahl nachgefragter, zu im Marktverkehr jeweils bestimmten Austauschsätzen (Preisen) an die so Nachfragenden veräußerlicher Waren vollziehen kann. Im Gegensatz zu den Exemplaren der Geldware, die so den Tauschwert jederzeit nach Bedarfswahl zu den gegebenen Preisen gegen Exemplare jeder anderen Warenart als Gegengabe veräußerbarer Waren haben, besitzen dann alle anderen samt und sonders den Tauschwert von Waren, die nicht nach Bedarfswahl, sondern ausschließlich gegen Geld an mit Geld als Gegengabe nach Bedarfswahl Nachfragende zu den im Marktverkehr jeweils bestimmten Austauschsätzen oder Preisen veräußerbar sind.

So und so allein durch den Nachweis, daß und warum in jeder entwickelten warenproduzierenden Gesellschaft die Produktion der im Warenaustausch nachgefragten und angebotenen Waren nur als Produktion in dieser gegensätzlich bestimmten Art und Weise nachgefragter und angebotener und darum hinsichtlich der Art ihrer Veräußerbarkeit oder ihres Tauschwerts im Warenaustausch von vornherein gegensätzlich bestimmter Waren möglich ist, ist dann aber auch zugleich der grundlegende Begriff des Warenwerts zu bestimmen, auf dessen Basis sich jene Denk- und Sprachmanier, die die Preise der für den Verkauf produzierten Waren als deren Wert bezeichnet (und damit also die Frage, was ihr Wert sei, durch die Angabe des jeweiligen Preises beantwortet), allein in rationeller Weise verstehen läßt. Unter dem Wert all der zahllos verschiedenartigen, für den Verkauf produzierten Bedarfswaren, der nach dem Sprachgebrauch im Preis seinen Index hat, ist eben der spezifische Tauschwert zu verstehen, den sie samt und sonders als Waren haben, die im Gegensatz zur Geldware nicht nach Bedarfswahl, sondern ausschließlich gegen Geld an nach Bedarfswahl Nachfragende zu jeweils bestimmten Austauschsätzen veräußerbar sind. Also ein Tauschwert, hinsichtlich dessen die Exemplare all dieser zahllos verschiedenen Warenarten jederzeit nur quantitativ, was die größeren oder geringeren Geldquanten (Preise) betrifft, gegen die sie veräußerbar sind, sich jeweils unterscheiden können, hinsichtlich dessen sie also in der Tat durch eine Angabe ihrer jeweiligen Preise jederzeit erschöpfend bestimmt sind. Wohingegen der jeweilige Tauschwert der Geldware, da diese gegen Exemplare all der zahllos verschiedenen Warenarten jederzeit als Gegengabe veräußerbar ist, natürlich niemals durch das im Marktverkehr bestimmte Austauschverhältnis, nach dem Geld gegen Exemplare einer einzelnen dieser verschiedenen Warenarten veräußerbar ist, erschöpfend charakterisiert werden kann.

Wenn aber die Exemplare jeder Bedarfswarenart hinsichtlich ihres jeweiligen Tauschwerts jederzeit aus diesem Grund kommensurabel, in den Mengenverhältnissen, in denen Exemplare verschiedener Warenart bei ihren gegebenen Preissätzen einen gleich großen Gelderlös erzielen, wertgleiche Waren sind, folgt aus der gegensätzlich bestimmten, also  qualitativ  unterschiedenen Art des Tauschwerts, den die Geldware gegenüber allen anderen Warenarten hat, daß Exemplare der Geldware hinsichtlich ihres Tauschwerts schlechterdings mit Exemplaren keiner anderen Warenart kommensurabel sind, daß also auch der Warenaustausch als Kauf und Verkauf - welches auch immer die im Marktverkehr bestimmten Austauschsätze seien, nach denen für Geld Exemplare einer Warenart erhältlich und diese gegen Geld veräußerbar sind - wegen dieser Inkommensurabilität des Tauschwerts an Geldware und Bedarfsware nie ein Austausch wertgleicher Waren sein kann."

Eine Folgerung, deren prinzipielle Bedeutung darin liegt, daß sie dem MARXschen Versuch aus der Analyse des Begriffs des Warenwerts ein Argument dafür zu gewinnen, daß sich der Warenaustausch in jeder entwickelten warenproduzierende Gesellschaft tendenziell notwendig als Warenaustausch arbeitsgleicher Waren oder einen Austausch von Arbeitsäquivalenten vollzieht, von vornherein den Boden unter den Füßen wegzieht. Denn das Argument, mit dem MARX diese Folgerung gewinnt, ist jener im Wortklang so einleuchtend erscheinende, aber, wie die Analyse zeigte, in sich widerspruchsvolle und falsche Satz: daß der Warenaustausch (der immer Austausch von Bedarfs- gegen Geldware sein muß) zugleich ein Austausch wertgleicher Waren ist. Hat man sich klargemacht, daß und warum diese These falsch ist, daß vielmehr der Begriff des Warenwerts in der warenproduzierenden Gesellschaft (und damit die Möglichkeit den Wert der anderen Waren durch ihr Austauschverhältnis mit der Geldware zu bestimmen) eine Artgleichheit des Tauschwerts der Geldware mit dem der anderen Waren, gegen die sie im Warenaustausch umgesetzt wird, damit also auch die Möglichkeit der Kommensurabilität von Exemplaren der Geldwarenart mit Exemplaren irgendeiner anderen Warenart hinsichtlich ihres Tauschwerts ausschließt, so fällt die MARXsche Beweisführung von vornherein in sich zusammen. Denn eben nur mit Hilfe dieser falschen These: aus jener angeblich notwendigen Wertgleichheit der ausgetauschten Warenmengen, schließt sie weiter, daß jene supponierte Wertgleichheit in letzter Linie nur als Gleichheit der in ihnen verkörperten Mengen gesellschaftlich notwendiger Arbeit gedacht werden kann, und daß darum der Wert der Waren als die in ihnen verkörperte Arbeitsmenge zu fassen ist. Die als Prämisse dienende These ist falsch; damit ist die aus ihr gezogene Folgerung, daß der Warenaustausch logischerweise nur als ein Austausch arbeitsäquivalenter Waren zu denken ist, von vornherein unbeweisbar.

Mit anderen Worten: Aus den allgemeinsten Bestimmungen, die sich über die Art des Warenwerts, den die Waren in einer warenproduzierenden Gesellschaft haben müssen, deduktiv ergeben, läßt sich der Satz, daß der Warenaustausch zugleich notwendig ein Austausch von Arbeitsäquivalenten sein muß, unmöglich ableiten. Es bleibt also für die Untersuchung der modernen Volkswirtschaft (deren Warenproduktion dadurch spezifisch näher charakterisiert ist, daß die in den Betrieben Waren als Eigentum der respektiven Betriebseigentümer produzierende menschliche Arbeit sich als Arbeit einer Vielheit von im Taglohn von den Betriebseigentümern gemieteter, unter ihrer Leitung im Betrieb kooperierender Arbeitskräfte darstellt) ein Prozeß sei, in dem bei freier Konkurrenz die Preisregulierung der Waren tendenziell notwendig derart erfolgt, daß die Betriebseigentümer (wie es der a priori unbeweisbaren MARXschen Wertgesetzhypothese entsprechen würde) beim Verkauf der Waren in deren durchschnittlichen Marktpreis annähernd ein Arbeitsäquivalent der in ihren Waren enthaltenen Arbeitsmenge empfangen, oder etwa in einer Weise, die in solches Verhältnis der Arbeitsäquivalenz von Waren- und Geldmenge von vornherein ausschließt. Die unlösbaren Widersprüche, in die sich die MARXsche, so gewaltig alle früheren theoretischen Versuche übergipfelnde Theorie im 3. Band des "Kapitals" verwickelt, haben ihre letzte Wurzel darin, daß MARX, anstatt die Frage: ob und warum in der modernen Volkswirtschaft der Warenaustausch bei freier Konkurrenz tendenziell notwendig entweder ein Austausch von Arbeitsäquivalenten sein müsse, oder ob und warum er es umgekehrt tendenziell notwendig unmöglich sein könne, der weiteren Untersuchung vorzubehalten, dieser Entscheidung durch die Aufstellung jenes zu Unrecht a priori für jede warenproduzierende Gesellschaft Gültigkeit beanspruchenden Wertgesetzes vorgegriffen hat; daß er diese unbewiesene Voraussetzung zum Ausgangspunkt all seiner weiteren Deduktionen machte.

Ohne den Möglichkeiten nachzugehen, die für eine solche das MARXsche Wertgesetz als Voraussetzung ausschaltende systematische Untersuchung der modernen Volkswirtschaft bestehen, sei zum Schluß nur noch von dem oben entwickelten Standpunkt aus mit ein paar Worten auf den Kardinalirrtum der heute in weitem Umfang herrschenden sogenannten  Grenznutzentheorie  hingewiesen, jener Theorie, die sich in psychologischen Räsonnements darüber ergeht, wie der Besitzer eines ihm zur unmittelbaren Bedarfsdeckung zur Verfügung stehenden Gütervorrats von Gütern verschiedener Art bei einer eventuellen Abschätzung des subjektiven Wertes, den diese für ihn haben, verfahren wird, und die sich allen Ernstes einbildet aus so gewonnenen Resultaten Folgerungen für die Regulierung der Austauschsätze im Warenaustausch ableiten zu können. Als ob nicht der absolute Widersinn eines solches Versuchs von vornherein schon darin offenkundig hervortritt, daß weder die in den Betrieben der Betriebseigentümer produzierten Waren noch das dafür im Austausch als Gegengabe bezahlte Geld für die Betriebseigentümer Elemente eines ihrer unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung dienenden Gütervorrats bilden, daß also schon aus diesem Grund allein für die ihre Waren zum Verkauf anbietenden Betriebseigentümer die Anstellung jener Art vergleichender Grenznutzenerwägungen, auf deren Entdeckung die Schule so stolz ist, von vornherein prinzipiell ausscheidet. Die psychologischen Zwecksetzungen, durch die das Verhalten der Funktionäre dieses Prozesses und damit der Selbsterhaltungsmodus des Prozesses selbst geregelt wird, sind nicht nach ROBINSON-Analogien, sondern in ganz anderer Art und Weise, nämlich dadurch charakterisiert: daß in diesm Prozeß, in dem mit Geld und nur mit Geld Waren jeder Art jederzeit nach Bedarfswahl aneigenbar sind, die Ausübung aller in diesem wirtschaftlichen Prozeß erforderlichen Funktionen von die sie Ausübenden unmittelbar zu dem Zweck geschieht, um dadurch ein für ihre privaten Zwecke beliebig verwendbares Geldeinkommen (natürlich relativ zur Zeiteiheit eines Jahres möglichst große Geldeinkommen) zu gewinnen. Ein Zweck, der von den respektiven Betriebseigentümern beim Verkauf der in ihren Betrieben erzeugten Waren natürlich nur in der Form realisiert werden kann, daß sie, welches auch immer die absoluten Preisgrößen der in ihrem Betrieb erzeugten Waren seien, das Verhältnis dieser Preisgrößen zu den Geldmengen, die sie die im Eigenbetrieb erzeugten Waren selber kosten (in erster Linie zusammengesetzt aus dem Kostenpreis der Produktionsmittelwaren und dem Kostenpreis der Lohnarbeit pro Stück), so regulieren, daß sie aus der Differenz der beiden Geldbeträge einen Differenzgewinn beziehen. Wobei die  conditio sine qua non  [Grundvoraussetzung - wp] eines solchen Differenzgewinns (ohne den die Eigentümer überhaupt ihre Funktion auf die Dauer weder ausüben wollen noch können) den Preisherabsetzungstendenzen der Käufer, die, was auch immer sie kaufen, natürlich überall zu einem möglichst niedrigem Preis kaufen wollen, im Gesamtzusammenhang des Prozesses überall Schranken setzt. Der Einfluß, den das von den Grenznutzlern als letzthin ausschlaggebendes Moment proklamierte, auf den subjektiven Gebrauchswert der Waren fundierte  subjektive Werturteil  im Rahmen dieses Prozesses auszuüben imstande ist, reduziert sich im wesentlichen auf einen allgemein bekannten Umstand, der aber, statt, wie die Grenznutzler wollen, die im Marktverkehr jeweils bestimmten Preise zu erklären, sie vielmehr voraussetzt. Das Einkommen (Jahreseinkommen) der Funktionäre des Prozesses gibt ihnen im Verein mit dem letztlich naturnotwendig bedingten, aber überall elastisch weiter entwickelbaren System ihrer privaten Konsumbedürfnisse und im Verein mit den im Marktverkehr jeweils bestimmten Preisen der verschiedenen Konsumwaren die Maximalgrenze an, in deren Rahmen sie das System ihrer Bedürnisse ja nach der Größe ihres Geldeinkommens befriedigen können. Ein Arbeiter, der 1500 Mark im Jahr verdient, und, sagen wir einmal, bibliophile Neigungen haben würde, ein Liebhaber kostspieliger Buchausgaben wäre, wird bei der Erwägung seines Geldeinkommens und der damit zu befriedigenden notwendigen Bedürfnisse voraussichtlich zu dem subjektiven Werturteil gelangen, daß die feinen Bücher, die er gern haben möchte, die Entbehrungen, die er, um sie zu kaufen, sich auferlegen müßte, nicht lohnen, daß jene Luxussachen ihm das dafür abverlangte Geld nicht wert sind. Wohingegen sein Arbeitgeber bei gleicher Liebhaberei und einem um ein paar Nullen größeren Einkommen, da er derlei Dinge, ohne irgendwie merkliche Opfer an seiner sonstigen Bedarfsdeckung, beliebig kaufen kann, das Urteil fällt, daß jene Dinge das Geld, das sie kosten, ihm sehr wohl wert sind und dementsprechend danach eine kaufkräftige Bedarfsnachfrage erhebt. Woraus sich dann weiter die freilich ganz und gar nicht funkelnagelneue Einsicht ergibt, daß aufgrund dieser, durch die Einkommensverschiedenheit bedingten Verschiedenheit der subjektiven Werturteile, die sich in Kaufen- und Nichtkaufenwollen umsetzen, der Absatz und die Produktion der notwendigen Lebensmittelwaren in jeder Volkswirtschaft stets unvergleichlich größeren Spielraum haben müssen als den, der der Produktion kostspieliger Luxuswaren gezogen ist, wie auch, daß die Verbilligung von Luxuswaren den Umkreis ihrer Nachfrage zu erweitern, ihre Verteuerung ihn einzuschränken tendiert.

Die Berufung auf das subjektive Werturteil ist schließlich nichts als eine besonders zugespitzte Manier diesen auf der flachen Hand liegenden regulierenden Einfluß, den der Wille: mit dem (begrenzten) Einkommen das mannigfaltig abgestufte System der respektiven individuellen Bedürfnisse so gut wie möglich mit dem relativ höchsten individuellen Lusteffekt für das Subjekt im Warenankauf zu decken, auf den  Umfang  der Nachfrage nach jeweils preisbestimmten Waren persönlichen Konsumbedarfs ausübt, psychologisch zu umschreiben. Keine neue Erkenntnis eines Sachverhalts, im besten Fall ein im Ausdruck subtiler formuliertes Etikett.
LITERATUR Conrad Schmidt, Vom Begriff des Warenwerts, Sozialistische Monatshefte, Bd. 2, Berlin 1916