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HANS MAIER
Grundwerte und Grundrechte

"Nun ist kein Zweifel, daß der moderne Staat ein religiös und weltanschaulich neutraler Staat ist. Er kann kein geschlossenes Wertsystem, sei es einer Kirche oder einer Weltanschauungsgemeinschaft rechtsverbindlich machen. Denn er ist ein säkularer Staat. Er hat, theologisch gesprochen, keinen Schlüssel zum jenseitigen Heil."

"Wenn klargestellt ist, daß die Entwicklung und Pflege des Wertbewußtseins gemeinsame Aufgabe von Staat, Gesellschaft und Kirche ist - man kann auch sagen: von Politiker, Bürgern und Christen - dann ist die nächste Frage: Wo liegen die Wertkonflikte, die zur gegenwärtigen Diskussion über Grundwerte und Grundrechte geführt haben?"

"Niemand kann bestreiten, daß es einen einschneidenden Wandel des Rechtsbewußtseins durchaus gibt: die Überwindung der Sklaverei als Institution im frühen Christentum; die Herausbildung der Zwei-Gewalten-Lehre im hohen Mittelalter gegenüber der antiken oder germanischen Einheit von Kirche und Politik, religiöser und politischer Ordnung; die Entstehung des modernen Völkerrechts in der frühen Neuzeit, die Entdeckung der Rechtsfähigkeit der Person, unabhängig von ihrem Stand, im modernen Naturrecht; schließlich die Entwicklung des modernen Arbeitsrechts aus dem Dienstvertragsrecht."


I.

Grundwerte und Grundrechte - gehören sie zusammen, oder muß man sie trennen? Das ist die Frage, die uns im ersten Teil der vorliegenden Abhandlung beschäftigen soll, eine Frage, die zugleich einen Einstieg bietet zum Leitthema dieser Salzburger Hochschulwochen "Werte - Rechte - Normen". Sie führt in die gegenwärtige Grundwertdebatte hinein, in der es ja darum geht, wie breit das Fundament der allgemein anerkannten, dem positiven Recht vorausliegenden Grundwerte ist.

Einen Einstieg bietet die Thematik auch deswegen, weil das Problem "Grundwerte und Grundrechte" den Kern der sogenannten  Wertdebatte  enthält. Auf der einen Seite ist der moderne Gesetzgeber in allen Ländern sehr zurückhalten geworden, Grundwerte  unmittelbar  in Verfassungen, Gesetzen, Rechtssätzen zu deklarieren. Unsere Verfassungen sich schweigsamer in Bezug auf Staatszielbestimmungen, moralische Codices, Appelle, Grundwerte, als die Verfassungen des 19. Jahrhunderts.

Wir empfinden gegenüber großen Worten und allgemeinen Begriffen von hohem Abstraktionsgrad eine gewisse Scheu, wir sind dagegen empfindlich oder besser, unempfindlich geworden - Worte dieser Art gehen leicht über die Köpfe hinweg, gehen in ein Ohr hinein und zum anderen hinaus. Dagegen sind die Grund rechte,  so scheint es, unmittelbar erfahrbare Wirklichkeit, auch vorenthaltene Wirklichkeit in totalitär regierten Ländern. In ihnen, den Grundrechten, konkretisiert sich Freiheit, sie bedürfen schmückender Worte nicht, sie sind Besitz oder doch Wunsch, erstrebenswertes Gut oder auch schmerzlich gefühlter Verlust aller oder vieler. Was liegt also näher, als daß man in der Verlegenheit, Grund werte  unserer Gesellschaft hinreichend genau und konkret zu umschreiben, zu den Grund rechten  greift, in ihnen die Substanz der Grundwerte sieht, beide, Grundwerte und Grundrechte identifiziert, da ja in unserer westlichen Gesellschaft zumindest über die Wünschbarkeit umfassend ausgestalteter Freiheitsrechte und Sozialrecht, ein allgemeiner Konsens zu bestehen scheint!

Die Grundwertdebatte ist dann sehr schnell zu Ende geführt; man kann sich zwar über die Werte, über den Inhalt dieser Werte schwer einigen, ist aber doch weithin einig über die Rechte. Und diese Rechte scheinen, wie gesagt, der Inhalt der Grundwerte zu sein. Sie werden zum Wertfundament des Gemeinwesens - eine Lösung, die, wie wir sehen werden, durchaus nicht falsch ist, aber bei genauem Zusehen sich doch als zu einfach erweist und die vor allem sofort in ein Dilemma führt. Dieses Dilemma ist folgends: Freiheit schafft oder gewährt der moderne Staat überwiegend noch immer dadurch - genau wie im liberalen Verfassungsstaat -, daß er Freiheit freigibt, daß er den Bürger selbst frei entscheiden läßt. Freiheit ist also in unserer Rechts- und Verfassungssystematik überwiegend Freigabe. Aber da dies so sist, ist über den konkreten Gebrauch der Freiheit nichts ausgesagt. Der Gebrauch der Freiheit durch den Einzelnen kann die Intention der Werte Freiheit, Gerechtigkeit richtig treffen. Er kann sie aber auch verfehlen. Wer also Grundrechte und Grundwerte gleichsetzt, müßte garantieren können, daß der Freiheits gebrauch,  den der Einzelne macht, grundwertbezogen bleibt. Er dürfte nicht beliebig sein. Freiheit wäre dann nich einfach Freiheit der Wahl, Freiheit der Entscheidung, gar Freiheit des Rückzugs in die Individualität, Freiheit der Abstinenz vom Staat, von der Öffentlichkeit - was auch immer -, sondern Freiheit wäre wertbezogene Freiheit, substanziale Freiheit. Aber eine solche Reglementierung der Freiheit - zumindest soweit sie von außen erfolgt - könnte die Substanz der Freiheit im Vollzug der Freiheit wieder aufheben. Denn zum Freiheitsgebrauch gehört nicht nur die Chance geglückter Freiheit. Dieser Problematik wird in vorliegender Abhandlung gründlich nachgegangen werden. Sie macht deutlich, warum eine einfache Gleichsetzung von Grundwerten und Grundrechten nicht möglich ist, und warum es notwendig ist, beides, Grundwerte und Grundrechte, immer zusammen zu sehen und aufeinander zu beziehen.

Damit ist das Thema angeschlagen, das nun in verschiedenen Richtungen in drei Teilen dieser Abhandlung bedacht und entfaltet werden soll. Der erste Teil stellt eine Einführung dar in die Grundwertdebatte und in die Grundpositionen, die dabei vertreten werden. Daß das Beispiel der Bundesrepublick Deutschland besonders in den Vordergrund gestellt wird, ergibt sich aus meinem speziellen Erfahrungshorizont, wobei meines Erachtens auch Angehörige anderer Natoinen mühelos Parallelen ziehen können. Sodann wird im zweiten Teil die Tradition der Grundrechte, der Menschenrechte auf ihren Wertgehalt befragt: Was ist davon übrig, was kann heute noch vorausgesetzt werden, was ist wieder zu gewinnen? Daraus soll sich im dritten Teil eine genauere und schärfere Bestimmung des Verhältnisses von Grundwerten und Grundrechten ergeben, so daß wir der Lösung der Probleme, so hoffen wir, ein Stück näher kommen.

Zunächst soll also der Horizont der sogenannten  Grundwertdebatte,  die heute in vielen Ländern geführt wird, umrissen werden. In Deutschland hat sie eine Vorgeschichte, die ungefähr bis ins Jahr 1970 zurückreicht. Damals, am 10. Dezember 1970, nahmen der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof DIETZFELBINGER, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal DÖPFNER, in der Schrift "Das Gesetz des Staates und die sittliche Ordnung" Stellung zur Diskusion über die Reform des Eherechts und des Strafrechts. Sie baten die Öffentlichkeit, die von Christen beider Konfessionen geäußerten Sorgen bei den Beratungen gebührend zu berücksichtigen. Der Punkt der Kontroverse ist damals, zu Beginn einer jahrelangen Auseinandersetzung, genau bezeichnet. Es geht nicht darum, sagen die Bischöfe, in der staatlichen Gesetzgebung spezifische Moralvorstellungen von Religionen oder Weltanschauungen rechtlich zu fixieren. Es gelte vielmehr "den sittlichen Wertvorstellungen von allgemeiner Gültigkeit Gehör zu verschaffen". Verzichte man auf diesen Grundbestand von sittlichen Normen, so seien schwerwiegende Folgen zu erwarten. Letztlich, so sagen die Bischöfe, laufe ein Verzicht auf die Selbstzerstörung von Staat und Gesellschaft hinaus.

In den folgenden Jahren hat sich die Diskussion verschärft mit dem Fortschreiten der in Deutschland von der sozial-liberalen Koalition in Gang gebrachten Gesetzesreformen. Ich nenne nur einige neuralgische Punkte: Jugendschutz, Pornographie, Reform des Eherechts, Reform des Familienrechts, zuletzt die Änderung des § 218. Im Jahr 1976 schlugen die Auseinandersetzungen in eine breitere Öffentlichkeit. Die Politiker traten ihrerseits mit Grundsatzerklärungen auf den Plan, so vor allem HELMUT SCHMIDT, HELMUT KOHL und WERNER MAIHOFER. Das Thema schlug Wellen im letzten Wahlkampf, ist aber auch nach der Bundestagswahl von 1976 keineswegs abgeklungen. Inzwischen liegen eine ganze Reihe neuer Äußerungen vor, und wir versuchen im folgenden durch die Fülle der Positionen einige Schneisen zu schlagen.

Dabei wollen wir zuerst die Frage stellen:  Werte - wessen Sache?  Woher kommen Werte, worauf gründen sie sich, wer legitimiert sie? Gehören Werte zum Staat, oder bilden sie sich in der Gesellschaft? Ist der demokratische und soziale Rechtsstaat, zu dem sich nahezu alle westlichen Länder bekennen, selbst wertbezogen? Oder ist er nur ein formales Gehäuse, um Werte, die sich draußen, in der Gesellschaft, vielleicht auch in der Familie, in der Kirche gebildet haben, aufzunehmen? Ist der Staat Wert gestalter  oder zumindest Mitgestalter von Werten, oder ist er nur Wert notar?  Kaum jemand bestreitet, daß eine Gemeinsacht von Menschen verbindender und verbindlicher Grundüberzeugungen bedarf. Das ist ein erfreuliches Ergebnis der ansonsten recht kontrovers geführten Diskussion. Strittig ist aber, wo die Werte herkommen, wo sie ihren Legitimationsgrund haben. In der gegenwärtigen Diskussion wird nun die Zuständigkeit für die Werte zwischen Staat und Gesellschaft hin und her geschoben. Manchmal gleich das einem Schwarze-Peter-Spiel. Wenn die einen sagen, der Staat habe die Grundwerte zu schützen und sei für ihren Bestand verantwortlich, dann erwidern die andern, der Staat könne ja nur schützen, was sich in der Gesellschaft an konkreten Wertvorstellungen gebildet hat. Gegen ein Absinken des moralischen Pegels sei er machtlos, ja er dürfe gar nicht eingreifen, weil er sonst Gefahr laufe, seinen freiheitlichen Charakter zu verlieren. Beharren die einen auf einer Wertordnung, die dem Staat vorgegeben oder zumindest aufgegeben sei, so sagen die andern, wer Werte verteidigen will, soll doch in der Gesellschaft erst durchsetzen, was er vom Staat beansprucht. Der Staat soll kein Büttel sein, er soll nicht erzwingen wollen, was die Gesellschaft in eigener Instanz, in eigener Selbstregulierung nicht zuwege bringt. Das ist ein breiter Meinungsstrom der gegenwärtigen Diskussion. Zugrunde liegt, wie wir hier schon festhalten wollen, die Vorstellung eines Staates, der nur subsidiär eingreift, wenn die inneren Steuerungen der Gesellschaft versagen, der sich aber in Fragen der Werte, der Weltanschauung, des Lebenssinnes zurückhält.

Nun ist kein Zweifel, daß der moderne Staat ein religiös und weltanschaulich neutraler Staat ist. Er kann kein geschlossenes Wertsystem, sei es einer Kirche oder einer Weltanschauungsgemeinschaft rechtsverbindlich machen. Denn er ist ein säkularer Staat. Er hat, theologisch gesprochen, keinen Schlüssel zum jenseitigen Heil. Diese Position hat das kirchliche Lehramt im 19. Jahrhundert gerade gegenüber den ersten historischen Totalitarismen, vor allem gegenüber dem Jakobinismus der Französischen Revolution, scharf herausgearbeitet. "Civitas non est dux ad caelestia" [Der Staat ist kein Leitfaden für den Himmel. - wp], so lautet die Formulierung eines Papstes, LEO XIII. Der Staat, die staatliche Gemeinschaft, ist kein Führer zum Himmel. Ebenso ist klar, daß dieser moderne säkuläre Staat, eben weil er kein moralischer Zwingherr ist, auf das sittliche Bewußtsein seiner Bürger angewiesen ist, ja von ihm ganz abhängt. Ist es zerstört, so können Gesetze es kaum neu erschaffen. Daß in einem Staat Werte gelten, setzt einen freien Konsens in einer offenen Gesellschaft voraus. Ohne Wertengagement des Einzelnen gibt es auch keine objektivierte öffentliche Moral.

Heißt das aber nun - und das ist die entscheidene Frage -, daß zwischen dem Ethos der Gesellschaft und dem Recht des Staates nur eine äußere Beziehung waltet: hier die frei sich bildenden Werte, dort, beim Staat, ihre rechtliche Rezeption und Absicherung? Ist der Staat, anders gefragt, nur eine Hohlform, in die sich je nach den Zeitumständen unterschiedliche, im Zweifel kontroverse Werte der Gesellschaft gewissermaßen einlagern? Das könnte man denken, wenn man in HELMUT SCHMIDTs Rede vor der Hamburger Katholischen Akademie im Jahre 1976 den Satz liest: "Nur das, was in der Gesellschaft an ethischen Grundhaltungen tatsächlich vorhanden ist, kann in den Rechtssetzungsprozeß eingehen, kann als Recht ausgeformt werden." Aber dieser Satz ruft soroft die Gegenfrage hervor: "Ist nicht auf das ausgeformte Recht seinerseits, ist nicht vor allem die  Verfassung  als Grundwille einer Gesellschaft ein orientierendes Datum für den Prozeß der Wertbildung in der Gesellschaft?

Wir lassen diese Frage einmal beiseite und versuchen zunächst das Modell zu charakterisieren - das Modell des Gegenübers von Staat und Gesellschaft -, das dieser ganzen Fragestellung zugrunde liegt. Uns scheint, daß schon hier die Proportionen des Problems verzerrt werden. Der Staat erscheint in dieser Perspektive nur als bescheidener Signatar einer wertschaffenden Gesellschaft. Die schöpferische Seite der Wertbildung wird ganz auf die Gesellschaft verlegt. Dem Staat kommt nur die Rezeption zu. Der Staat nimmt zur Kenntnis, formt aus, sichert ab, was ihm von draußen, aus Familien, Gesellschaften, Verbänden, Gruppen, Parteien, Kirchen zugereicht wird. Und das alles, diese ganze Spirale von den Familien bis zu den Verbänden, Parteien und Kirchen ist in dieser Vorstellung ein autonomer Raum der Diskussion, ein Testfeld, in dem Werte entwickelt werden, eine schöpferische Werkstatt von Ideen und Lebenshaltungen. Kein Wunder, daß die Gesellschaft bezüglich der Normen, die im öffentlichen Leben Gültigkeit haben, gegenüber dem Staat ganz in der Vorhand ist.

Soweit das Modell. Wie sieht aber nun die Wirklichkeit aus? Wir möchten drei Einwände, die erstens den Staat betreffen, zweitens die Gesellschaft, drittens einen wesentlichen Bereich der Gesellschaft, nämlich die Kirche.

Was zunächst den Staat betrifft, so wird hier ein Bild beschworen, das der modernen Realität in nichts oder fast nichts mehr entspricht, nämlich das Staatsbild des frühliberalen Staates, des Nicht-Interventions-Staates. Dieser Staat beschränkte sich, zumindest wenn man den Lehrbüchern des Staatsrechts glaubt, auf öffentliche Sicherheit, auf gute Münze, solide Verkehrsverbindungen und ließ im übrigen den Bürger in seinen für privat erklärten religiösen und auch anderen Meinungen ungeschoren. Jeder soll nach seiner Facon selig werden - das ist die Maxime dieses Staates. Es genügt dazu, daß der Staat in den als autonom erklärten Freiraum des Bürgers und der Gesellschaft nicht eingreift, oder doch nur unter ganz genau fixierten, berechenbaren Bedingungen eingreift. So ist staatliches Handeln an enge Rechtsschranken gebunden. Und Initiative und Aktivität verlagern sich ganz auf die Gesellschaft, im Sinn jener Kaufleute, die zum Landesfürsten sagten: "Sire, schlagen Sie gutes Geld, sorgen Sie für Sicherheit auf den Straßen und im übrigen lassen Sie uns machen" - laissez faire! Oder, um einen führenden Staatslehre des Liberalismus, JOHANN CASPAR BLUNTSCHLI zu zitieren, der die Konsequenz dieses Staatsgedankens für den geistigen Bereich so formuliert hat:
    "Die beiden entscheidenden Mächte, welche das sittliche Leben bestimmen und bedingen, der göttliche Geist und der individuelle Menschengeist sind außerhalb des Staatsbereichs. Das Reich der Sittlichkeit ist viel umfassender als das Reich des Staates. Wenn der Staat dasselbe beherrschen will, so überschreitet er die Schranken, die ihm gesetzt sind und wirkt schädlich für die Sittlichkeit."
Nun, dieser frühliberale Nicht-Interventions-Staat ist nicht mehr der unsere, darüber muß kein Wort verloren werden. Oder will man den heutigen Staat, einen Staat der noch immer wachsenden Aufgaben mit jener vergleichsweise freundlichen Frühform des modernen  Leviathan  gleichsetzen - den heutigen Staat, der in einem früher unvorstellbaren Maß als Lenker, Schlichter, Umverteiler des sozialen Lebens auftritt, einen Staat, der erzieht, fördert, subventioniert, stabilisiert, ausgleicht, und der mit dem Bürger ganz außerhalb altmodisch berechenbarer Eingriffe in einer Unzahl subtiler Formen des Planens und Vorsorgens, der Angebote und Abrufe, der Wenn-dann- und do-ut-des [Ich gebe, damit du gibst. - wp]-Geschäfte Umgang pflegt? Kann man sich wirklich vorstellen, daß dieser Staat keine andere Schranke kennt als die der  Freiheit  des Bürgers, dort, wo er eingreift, oder die  Gleichheit,  dort, wo er fördert und subventioniert? Gibt es tatsächlich für ihn keine Wertbindung in den weiten Bereichen, wo er diffusen Einfluß ausübt und wo heute seine eigentlichen, schwer berechenbaren Wirkungen liegen? Tappt er da wirklich wertblind einher, gewissermaßen ein riesiger Golem mit töneren Füßen und ohne Augenlicht?

Der zweite Einwand bezieht sich auf die Gesellschaft. Die Gesellschaft wird in der gegenwärtigen Wertdiskussion ebenso in einer frühliberalen Perspektive gesehen und mißverstanden wie der heutige Staat. Unterschätzt man auf der einen Seite den Staat als Werteträger, Wertstabilisator, so überschätzt man auf der anderen Seite die Gesellschaft, so als sei die Gesellschaft noch immer jener stabile Binnenraum, in dem sich Anschauungen, Lebensweisen, Sitten im älteren Sinn des Wortes zu festen, das öffentliche Leben leitenden Werten kondensieren. In der Tat war  dies  die Leistung der älteren Gesellschaft, die ja noch nicht ein System der Bedürfnisse im hegelschen Sinn war, sondern eine konkrete Lebensordnung, eine  societas civilis  in der Sprache der älteren Politik. Daher konnte ja auch der Rechtsstaat des 19. Jahrhunderts in einem hohen Maß noch auf einheitliche sittliche Auffassungen in dieser Gesellschaft zurückgreifen. Die meisten inneren Direktiven der öffentlichen Gewalt, die meisten in Generalklauseln verwahrten sittlichen Indizes stammen noch aus dieser Überlieferung einer intakten Gesellschaft. Der im Rechtsstaat gewonnenen Freiheit des Bürgers entsprach im übrigen, das ist nicht zu vergessen, ein strenges inneres und verpflichtendes Erziehungsethos. Wer die großen Denker der liberalen Tradition von KANT, HUMBOLDT und BLUNTSCHLI bis heute liest, entdeckt staunend, wie weit sie vom Geist einer  permissive society  [freizügigen Gesellschaft - wp] entfernt waren. Sie muten dem Einzelnen oft mehr zu als Prediger heutiger Kirchen. Aber diese pflichtgebundene ältere Gesellschaft können wir heute so wenig voraussetzen wie den liberalen Staat. Längst sind auch die Voraussetzungen ihrer früheren Homogenität entfallen. Nicht nur, daß Konfessionen und Weltanschauungen in einer auf Dauer bestellten Pluralität zusammenleben. Auch die Mobilität im Ganzen der Gesellschaft hat zugenommen. Aufstieg in weit höherem Maß möglich als früher. Lebensformen, Berufe, Tätigkeiten sind austauschbar. Dazu kommt die Verstärkung der Kommunikation, die raschere Abnützung von Lebensweisen und Gewohnheiten, die Mühe, Beständiges zu entwickeln unter den Bedingungen von Fortschritt, Wachstum und rascherem Lebenstempo in allen Bereichen. Kurzum, wenn die Last des Staates,  Werte zu bewahren,  nicht gering ist, so ist die Schwierigkeit der Gesellschaft,  Werte zu entwickeln,  nicht geringer. Und es wäre eine Selbsttäuschung zu glauben, die relativ flüchtigen Signale, die von Meinungen, Moden, Strömungen in der Gesellschaft ausgehen, könnten das Wertbewußtsein der Öffentlichkeit dauerhafter orientieren als die staatliche Rechtsordnung.

Und so zieht man sich dann drittens vom weiten und vagen Begriff der Gesellschaft auf den konkreteren der Kirche zurück, in der Hoffnung, damit innerhalb der Gesellschaft eine institutionelle Größe zu finden, die der Sinnstiftung, der Wertbegründung fähig ist. Hierin herrscht unter den Diskutierenden eine erstaunliche und schon fast beunruhigende Übereinstimmung. So spricht HELMUT SCHMIDT den Kirchen eine "tragende Funktion" für die Vermittlung und das Lebendigerhalten der Grundwerte und sittlichen Grundhaltungen zu. Für WERNER MAIHOFER waren sie gar "Garanten der Moralität und der Solidarität einer Gesellschaft", während HELMUT KOHL vorsichtiger von "Ordnungsmächten" spricht, die in einer säkularisierten Welt die Frage nach einer die Gesellschaft übersteigenden Wirklichkeit offenhalten. Es soll nicht bestritten werden, daß die Kirchen und die Christen in der angeblichen Diskussion um die Grundwerte in besonderem Maß gefordert sind. Aber sind sie es allein? Es ist auch richtig, daß man von ihnen berechtigterweise über den eigenen Verantwortungsbereich hinaus eine Anwaltschaft für den Menschen und nicht nur für den Christen, Katholiken oder Protestanten erwartet. Aber ist das Alibi für andere gesellschaftliche Gruppen oder für den Staat? Unmöglich kann von den Kirchen erwartet werden, aß sie religiöse Normen in der Gesamtgesellschaft durchzusetzen in der Lage wären. Wer das meint, traut ihnen Dinge zu, für die die Macht mittelalterlicher Theokratie kaum ausgereicht hätte. Noch weniger aber sollte von ihnen erwartet werden, daß sie zu funktionalen Dienstleistungsbetrieben der Sinnvermittlung, der Wertbegründung in einer sinnarmen Zeit und Gesellschaft werden. Denn damit würde ihre Aufgabe, wie schon einmal in der Aufklärungstheologie, rationalistisch eingeschränkt, ihre Stellung gegenüber Staat und Gesellschaft verkannt.

Vorläufiges Fazit zu diesem Punkt der Überlegung: Es geht nicht an, die Aufgabe der Wertbegründung des Zusammenlebens abwechselnd dem Staat, der Gesellschaft, der Kirche zuzuschieben, mit der stillschweigenden oder laut geäußerten Unterstellung, man selbst sei nicht zuständig, die anderen täten aber leider zu wenig. Wertbegründung, oder schlichter ausgedrückt: die Sorge für ein vernünftiges, sinnvolles Leben ist eine Aufgabe  aller  Bürger. Sie kann nur durch  gemeinsame  Anstrengungen gemeistert werden, nicht durch Spezialzuweisungen, Inkompetenzerklärungen oder Alibis. Mag der Bürger, der Politiker, der Christ in den pragmatischen Geschäften des Alltags zu Recht verschiedene Wege gehen - in den hier gestellten Grundfragen stehen alle gemeinsam vor den gleichen Aufgaben. Daher kann die Antwort auf die Frage: "Werte - wessen Sache?" nur lauten: "Unser aller Sache." Und es gilt als erste Antwort auf diese Frage nicht nur und nicht allein ein "tua res agitur" [Es ist deine Sache. - wp], sondern ein "nostra res agitur" [Es ist unsere Sache. - wp]

Wir kommen damit zum zweiten Problem, das wir kennzeichnen wollen als die  Lokalisierung der Wertkonflikte.  Wenn klargestellt ist, daß die Entwicklung und Pflege des Wertbewußtseins gemeinsame Aufgabe von Staat, Gesellschaft und Kirche ist - man kann auch sagen: von Politiker, Bürgern und Christen - dann ist die nächste Frage: Wo liegen die Wertkonflikte, die zur gegenwärtigen Diskussion über Grundwerte und Grundrechte geführt haben?

Auch hier gibt es eine gängige Antwort, die lautet: Diese Konflikte liegen zwischen dem Recht des  Staates  und dem Ethos (oder auch Unethos, mangelnden Ethos, schrumpfenden Ethos) der  Gesellschaft.  Oder auch, sie liegen zwischen dem Recht des Staates und dem Sonderethos der Kirchen. Recht bedeutet Erzwingbarkeit. Für den säkularen Staat gilt, daß diese Erzwingbarkeit abnimmt, je mehr die staatliche Entscheidung an den Bereich moralischer Normen heranrückt. Fehlen für den staatlichen Rechtsappell die entsprechenden Adressaten der Gesellschaft, so läuft er leer, die Faktizität entzieht sich der Norm. Wändeln sich die moralischen Auffassungen in der Gesellschaft besonders rasch, so wird fas darauf bezügliche Recht zur Fassade. Neues Recht für neue Gegebenheiten muß entwickelt werden, und in einem solchen Prozeß kann dann der Grenzfall eintreten, daß nicht mehr die Frage ist, ob die Norm gilt, sondern ob sie durch ständige Anpassungen an die Wirklichkeit gültig erhalten oder wieder gültig gemacht werden kann.

Niemand kann bestreiten, daß es einen solchen einschneidenden Wandel des Rechtsbewußtseins durchaus gibt; wir wollen einige geschichtliche Beispiele nur andeuten: Etwa die Überwindung der Sklaverei als Institution im frühen Christentum; die Herausbildung der Zwei-Gewalten-Lehre im hohen Mittelalter gegenüber der antiken oder germanischen Einheit von Kirche und Politik, religiöser und politischer Ordnung; die Entstehung des modernen Völkerrechts in der frühen Neuzeit, die Entdeckung der Rechtsfähigkeit der Person, unabhängig von ihrem Stand, im modernen Naturrecht; schließlich die Entwicklung des modernen Arbeitsrechts aus dem Dienstvertragsrecht und vieles andere mehr. Aber es wäre eine Augentäuschung und wiederum eine Verzerrung der Proportionen, wollte man sagen, daß die Wertkonflikte in den westlichen Ländern seit den sechziger Jahren Ausfluß eines solchen säkulären Wandels der Rechtsanschauungen wären. Allenfalls wird man das noch für das Sexualstrafrecht in einem gewissen Grad behaupten können. In den meisten Fällen aber handelt es sich nicht um einen Konflikt zwischen einer in die Vereinzelung gedrängten Gruppenmoral, etwa der Kirchen, einerseits und dem gegen Gruppenmoral resistenten, weil der Neutralität verpflichteten Staat andererseits - einem Staat, der die Durchsetzungschance des Rechts nicht überstrapazieren darf -, sondern es handelt sich vielmehr um Konflikte  innerhalb  des Staates,  innerhalb  seiner Verfassung,  innerhalb  seiner Gesetzgebung, Exekutive und Rechtsprechung selbst, und zwar Konflikte innerhalb jener Binnenzone, in der Recht und Ethik zusammentreffen, in der ethische Postulate durch die Aufnahme in Verfassung und Gesetz in Recht umgesetzt sind.

Dies möchten wir zum Schluß noch ein wenig ausführen. JOSEF ISENSEE hat kürzlich darauf hingewiesen, daß sich das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland eine ganze Reihe ethischer Ziele zu eigen macht und damit den Grundkonsens der Nation stiftet:
    "Die Grundrechte und die mit ihnen auszubalanzierenden Staatsziele enthalten einen Kanon ethischer Werte. Sie sind Derivat heterogener politischer Ideale. Mögen sie im einzelnen dem liberalen, dem konservativen, dem sozialistischen Gedankenkreis entstammen, so lassen sie gleichwohl alle den - zumindest mittelbaren - Zusammenhang mit dem Christentum erkennen. An keiner anderen Stelle allerdings gewinnt dieser solche Leuchtkraft wie im Satz von der unantastbaren Menschenwürde. Ethische Impulse wirken in den rechtsstaatlichen Vorkehrungen der Freiheitssicerung und der Machtkontrolle, in der Sorge des Sozialstaats für die innergesellschaftliche Gerechtigkeit, in der demokratischen Teilhabe des Bürgers an der politischen Herrschaft, in der föderalen Gliederung des Gemeinwesens."
Gewiß geht die Ethik in der Rechtsordnung nicht auf. Aber sie reicht in die Rechtsordnung hinein. Die Kreise der ethischen und der rechtlichen Ordnung decken sich nicht, aber sie überschneiden sich.
    "Soweit sich das Grundgesetzt ethische Ziele zu eigen macht, erhalten diese einen zusätzlichen, selbständigen Geltungsgrund. Die Frage, wieweit das Grundrecht auf Leben den Gesetzgeber zwingt, die Abtreibung unter Strafe zu stellen, oder wieweit die grundgesetzliche Institutsgarantie der Ehe die Erleichterung des Scheidungsrechts hindert, ist nunmehr Rechtsfrage und als solche nur mit juristischen und nicht mit moraltheologischen Maßstäben zu beantworten. Verfassungsinkorporierte ethische Programme (so weit und unscharf sie auch formuliert sein mögen) unterliegen der juristischen Auslegung." (1)
Mit anderen Worten - und damit kommen wir unserem Thema "Grundwerte und Grundrechte" wiederumg ein Stück näher - im Überschneidungsbereich von Recht und Ethik stehen Wertauffassungen und juristische Normen, wir können auch sagen Grundwerte und Grundrechte, einander nicht wie heteronome Größen gegenüber. Konflikte zwischen beiden sind vielmehr intrakonstitutionell. Sie werden  im  Staat,  in  seiner Verfassung selbst ausgetragen. Es ist schwer verständlich, daß diese Einsicht aus der allgemeinen Diskussion fast ganz verdrängt werden konnte, lehrt uns doch ein Blick auf die Konflikte der letzten Jahre, daß die meisten Streitigkeiten an der Grenzzone von Recht und Ethik schließlich und ganz konsequenterweise in Verfahren vor dem Verfassungsgericht anhängig waren. Dort, wo in anderen Ländern die Diskussion auf politischem oder wissenschaftlichen Feld enden oder in einen Kulturkampf zwischen Gruppen mit verschiedenen Wertvorstellungen münden muß, eröffnet sich bei uns, in der Bundesrepublik Deutschland, aufgrund einer besonderen Verfassungslage, die mit jener gewollten Überschneidung von Recht und Ethik zusammenhängt, der Weg vor eine weitere Appellationsinstanz. Diese, die Verfassungsgerichtsbarkeit, ist zwar gewiß kein juristisches Tribunal, kein Wertgerichtshof, aber wenn sich ihre Urteile auf Strecken hin mit ethischen Abwägungen beschäftigen, so ist das nicht zufällig. Es hängt damit zusammen, daß das Grundgesetz ein Stück allgemeiner Ethik, und zwar genau jene Wahrheiten und Maximen vernünftigen Zusammenlebens, die die amerikanische Verfassung als "self-evident" bezeichnet hat, auch in Rechtsformen gegossen, verrechtlicht hat. Und von hier aus stellt sich dann die weitere Frage, inwieweit die Grundrechte heute noch begriffen werden können oder  allein  begriffen werden können von ihrer Freigabe durch den Staat her, wieweit ein anderes, ein institutionelles Moment bei der Auslegung mit heranzuziehen ist. Die konkrete Wertordnung dieses Staates spiegelt sich gerade auch in dem, was er freigibt, was er aber nicht der Beliebigkeit überläßt, sondern wozu er eine innere, eine wertoffene Beziehung begründet. Dies im einzelnen auszuführen ist Gegenstand des zweiten Teils.


II.

Im ersten Teil wurde die gegenwärtige Auseinandersetzung über die Grundwerte bis zu dem Punkt verfolgt, wo im Innern der Verfassung die Frage nach dem Verhältnis von Recht und Ethik kein äußeres ist, sondern eines, das ins Innere der Verfassung und staatlichen Organisation hineinreicht. Ethische Impulse wirken in Vorkehrungen der Freiheitssicherung und der Machtkontrolle, ethische Impulse wirken in der Gerechtigkeitssorge des Sozialstaats, in der demokratischen Teilhabe des Bürgers an der politischen Herrschaft und in der föderalen Gliederung des Gemeinwesens. Ganz vorläufig wurde dabei das Verhältnis von Ethos und Recht, von Grundwerten und Grundrechten so bestimmt, daß die Ethik in der Rechtsordnung zwar nicht aufgeht, daß sie aber in die Rechtsordnung hineinreicht. Die Kreise der rechtlichen und der ethischen Ordnung decken sich nicht, aber sie überschneiden sich. Auf diesem Hintergrund wollen wir uns im zweiten Teil eingehender den Grundrechten zuwenden, ihrer Herkunft, ihrer Geschichte und ihren möglichen Wertaspekten, immer eingedenk der Frage, ob nicht die Substanz der Grundwerte, nach der heute gefragt und gesucht wird, in den Grundrechten selbst liegt.

Dabei möge im Auge behalten werden, was am Anfang dieser Abhandlung als Grundproblem und Grunddilemma des Verhältnisses von Grundwerten und Grundrechten herausgestellt wurde: daß Freiheit sich zwar in Grundrechten konkretisiert, daß aber der Freiheitsgebrauch des Einzelnen die Wertintention der Freiheit auch verfehlen kann, daß also zum Freiheitsgebrauch nicht nur die Chance geglückter Freiheit gehört, sondern auch das Risiko verfehlter Freiheit. Vorgreifend sei jetzt schon darauf hingewiesen, daß der Wertaspekt der Grundrechte unablösbar mit ihrem Freiheitsgehalt, mit ihrem Freiheitsverständnis zusammenhängt, so daß alle Erörterungen zuletzt auf die Frage zulaufen müssen,  wie  Freiheit verstanden wird, ob es ein wertbezogenes Freiheitsverständnis, eine wertbezogene Freiheitspraxis gibt und wie sie aussieht. Dies im einzelnen zu erörtern ist jedoch die Aufgabe des dritten Teils.

Es fällt nicht schwer, diesen Zusammenhang von Grundrechten und Freiheit im Auge zu behalten, denn die Geschichte der Grundrechte ist ihrem innersten Verständnis nach Freiheitsgeschichte und kann nur als solche erkannt und dargestellt werden - dies in einem präzisen Sinn, der gleich näher zu entwickeln ist. Freiheiten, Privilegien, Sonderrechte für einzelne Menschen oder Menschengruppen hat es ja auch in der älteren europäischen Gesellschaft, in der vorrevolutionären Gesellschaft gegeben. Aber die Menschen- und Bürgerrechte, die Grundrechte als Bestandteil von Verfassungen sind erst in den modernen Revolutionen erkämpft und durchgesetzt worden. Von ihnen sprechen wir erst dann und erst dort, wo die überlieferten konkreten Freiheiten der Ständegesellschaft in eine allgemeine Freiheit des Menschen umgedacht und umgesetzt werden, und genau das ist es, was in den Menschenrechtserklärungen des 18. Jahrhunderts und in der zugehörigen aufklärerischen Naturrechtslehre vor sicht geht. Freiheiten, Privilegien - im Mittelalter  libertas  und  privilegium  fast der gleiche Name - hat es auch in der älteren Zeit gegeben, entscheidend war jedoch, daß sie fast nur im Plural auftreten. Es sind konkrete Freiheiten einzelner Gruppen, einzelner Schichten, daneben stehen andere Gruppen, die diese Freiheiten nicht haben und beanspruchen. Im 18. Jahrhundert - in den modernen Revolutionen, zuerst in Amerika, später in ganz anderer Weise in Frankreich - werden diese konkreten einzelnen Freiheiten in eine  allgemeine Freiheit des Menschen,  die an der Person haftet, umgedacht, und es tritt damit zuerst geschichtlich die Rechtsfähigkeit der Person in Erscheinung, unabhängig von ihrem Stand.

Wenn man versucht, das Neue und Zukunfsweisende dieses Vorgangs zu kennzeichnen, so kann man vier Züge als Charakteristika des neuen Menschenrechts, aus dem später die Grundrechte werden, hervorheben.  Erstens  ist dieses Recht allumfassend, universal. Es betrifft nicht diesen oder jenen Menschen, sondern alle, nicht Franzosen, Engländer, Spanier, sondern den Menschen schlechthin. Alles, was menschliches Antlitz trägt, so verkünden es die Naturrechtslehrer jener Zeit, ist Träger solcher Rechte. Es gibt keine Differenzierungen nach Nationen, Ständen, Klassen, ja selbst die Scheidung von Unfreien und Freien, Beherrschten und Herrschenden fällt vor dem Anspruch dieses Rechts, das ja aus der menschlichen Natur begründet wird, dahin.  Zweitens  ist dieses neue Menschenrecht ein individuelles Recht. Der einzelne freie Mensch ist sein Träger, nicht mehr die Gruppen, die Assoziationen und Korporationen der ständischen Gesellschaft. Nicht durch Teilhabe an seinem Stand gelangt der Einzelne ins Recht (dies ist die Struktur der mittelalterlichen, der vorrevolutionären Gesellschaft), sondern unmittelbar als Individuum, als Person besitzt er Rechte, und er besitzt sie selbst dann, wenn er keinem privilegierten Stand angehört und nur ein ganz unbekannter Niemand in der menschlichen Gesellschaft ist. Daß diese Unbekannten dann in die volle Rechtsfähigkeit hineinwachsen, das geschieht in der Rechtsfigur der Emanzipation - und hier hat das vielgequälte Wort einmal seinen historische legitimen Platz: Emanzipation der Juden im theresianischen Österreicht, Emanzipation der Katholiken im England des frühen 19. Jahrhunderts und dgl. mehr.  Drittens  ist das Menschenrecht ein angeborenes vorstaatliches Recht, unmittelbar erfließend aus der menschlichen Natur, der Staat kann es nur anerkennen, nicht verleihen oder gar schaffen, die Verfassung deklariert es nur, sie erzeugt es nicht. Die Deutschen aus der Bundesrepublik erinnern sich, daß die unantastbare Menschenwürde des Grundgesetzes ja auch eine solche vorstaatliche menschenrechtliche Figur ist: Sie wird nicht durch die Verfassung geschaffen, erzeugt, sie wird höchstens festgestellt als bestehend und dem Staat vorausliegend. Denn sowenig der Mensch seine Urrechte von Stand und Klasse empfängt, sowenig empfäng er sie durch staatliche Sanktion oder durch den Stempel einer Verfassung. Er hat sie, sie sind mit ihm geboren, "native right", wie die amerikanischen Revolutionäre sagen. Weit entfernt davon, Produkte der Vergesellschaftung zu sein, sind sie vielmehr Baumaterial jeder politischen Gesellschaft, kein Staat hat Bestand, der sie übergeht und unterdrückt.  Viertens  ist das Menschenrecht kraft seines Ursprungs und seines Individualcharakters ein Anspruchsrecht gegenüber dem Staat. Es verlang vom Staat die Respektierung einer ihm vorausliegenden vorgegebenen persönlichen Freiheitssphäre. Der Staat soll nicht tun dürfen, was ihm beliebt, er soll in substanzielle Bezirke der Freiheit nicht eingreifen dürfen oder doch nur unter streng berechenbaren gesetzlichen Bedingungen, kurz, der Bürger macht gegenüber der staatlichen Gewalt einen Unterlassungsanspruch geltend, der begründet wird mit seinem älteren Naturrecht persönlicher Freiheit und Autarkie. Das ist das klassische liberale Modell, darauf beruth die Gesetzlichkeit der Verwaltung, die sogenannte Eingriffsschranke. Das Menschenrecht ist strenggenommen nicht an den Nebenmenschen, die Gesellschaft addressiert, sondern im strengsten Sinne an den Staat, so daß der Rechtsanspruch des Menschen eine Enthaltungspflicht des Staates bedeutet. Dahinter steckt - um das in Klammer anzumerken - die Vorstellung eines Staates, der alle Rechte virtuell umfaßt und in der Hand hat und nun auf dieses Recht teilweise zugunsten des Bürgers verzichtet - eine nicht unproblematische Rechtsfigur, wie überhaupt historisch der klassische Liberalismus den Absolutismus als Gegenbild voraussetzt, aber auch von seinem Denken zehrt.

Nun, es braucht nur in wenigen Sätzen angedeutet werden, wie demgegenüber die ältere, die vorrevolutionäre Welt, die uns kaum mehr gegenwärtig ist, ausgesehen hat. Sie war - vereinfacht gesagt - eine ständische Welt, in ihr tritt uns der Einzelmensch noch nicht als Individuum entgegen, sondern er steht innerhalb größerer und kleinerer Ordnungen als Glied im Verband von Haus und Sippe, im Umkreis adeliger, geistlicher, bäuerlicher, bürgerlicher Lebensformen. Und nicht jeder kann in dieser Gesellschaft jeden Platz einnehmen, wie es in der nachrevolutionären Gesellschaft prinzipiell möglich ist, vielmehr binden Geburt, Gewohnheit, Umwelt den Einzelnen an seinen Stand, und diese Bindung bestimmt zugleich den Aufbau der Sozialordnung. Der Einzelne kann nicht nach Belieben aus seinem Stand heraustreten, er kann nicht als Bauer auch Krieg und Politik betreiben, er kann nicht als Ritter sich dem Handel und Erwerb zuwenden. Diese Vorstellung vom Heraustreten aus dem Stand ist dem Menschen in der älteren europäischen Gesellschaft so fremd, wie uns die Vorstellung fremd ist, daß unsere Lebensrolle ausschließlich von Geburt und Tradition bestimmt ist. Auch hier wieder die historische Anmerkung, daß sich am frühesten ein demokratisches oder quasi-demokratisches Aufstiegsmodell im Bereich des geistlichen Standes herausgebildet hat, der ja in gewissem Sinne unabhängig war von jenen Zwängen der ständischen Gesellschaft.

Ähnlich wie mit der Freiheit steht es übrigens in der vorrevolutionären Gesellschaft auch mit der Gleichheit, dem anderen wesentlichen Bauelement der Menschenrechte. Auch sie existiert noch nicht in der Form einer uns vertrauten allgemeinen Rechtsgleichheit der Person, sondern in der Form differenzierterer Gleichheiten spezifischer Personengruppen, Stände und Korporationen. Es ist schon sprachlich schwer auszudrücken: differenzierte Gleichheiten anstelle einer allgemeinen Gleichheit. Es gibt etwas, was noch bis in unsere Tage solche differenzierten vorrevolutionären Gleichheiten von Ständen erkennen läßt: Das sind die Standesrechte und die Rechtskreise, die sich in Deutschland bis ins 19., ja bis ins 20. Jahrhundert hinein erhalten haben. Ein letzter Reflex sind noch die Anwaltskammern und die Ärztekammern und ein Stück Privatfürstenrecht, das Recht der Standesherren, das bis 1919 in Deutschland bestand. Die hierarchische Gliederung der Gesellschaft läßt jedenfalls eine alle Bereiche gleichmäßig durch dringende Egalität nicht zu, aber sie fördert den Gedanken einer Gleichheit innerhalb der einzelnen Stufen. Eine solche Gleichheit als Vorbild moderner Grundrechte gibt es in der Tat schon vor dem 18. Jahrhundert im älteren Europa. Die Gleichheit der Barone in der  Magna Charta,  die Gleichheit unter den Feudalherrn, die Ebenbürtigkeit der Könige des Abendlandes, das sind Beispiele einer solchen Gleichheit innerhalb eines stufenförmig, also ungleich organisierten politischen Ganzen.

Wie kam es nun - das ist die entscheidende Frage - zu jener großen Revolution des Denkens, die sich im Begriff der Menschen- und Bürgerrechte manifestiert? Warum konnte die ältere ständische Ordnung nicht dauern, warum gab man sich nicht zufrieden mit konkreten Freiheiten, konkreten Gleichheiten, abgestuft nach Geburt, Herkunft, Indigenat [Staatsangehörigkeit, Heimatrecht - wp], Rang, Leistung? Was steht hinter dem unwiderstehlichen Drang nach Freiheit und Gleichheit, der die politisch entwickelten Völker im 18. Jahrhundert gegen ihre bisherige politische und soziale Ordnung revoltieren läßt?

Nun, eine einfache, eine einlinige Antwort wird man kaum geben, man kann nur einzelne Faktoren nennen. Zunächst einmal muß beachtet werden, daß die Ständegesellschaft schon im 18. Jahrhundert durch den Aufstieg des Königtums und die Entstehung einer zentralisierten Staatsmacht aus ihrer sozialen Balance geraten war. Alte Selbstordnungsfunktionen der Sitten, der Städte, der Grundherrschaften, der Kirchen, die seit langem brüchig waren, waren bereits an überörtliche Zentralgewalten abgewandert. Der Adel verlor seine alten Schutzaufgaben, die Kirche mußte sich in ihre erzieherischen und sozialen Aufgaben mit der Staatsverwaltung teilen. Übrigens nimmt ja die ganze Sozialpolitik und Erziehungspolitik des Abendlandes seit dem frühen 19. Jahrhundert im Grunde das auf, was früher die soziale Gestalt und Tätigkeit der Kirche im Abendland war. Darüber muß man sich gerade bei der Grundwertediskussion klar sein. Wird dieses Fundament christlicher Überlieferung einmal abgetragen, dann, in der Tat, stellt sich die Überlebensfrage für das Abendland. Denn noch der liberale Staat des 19. Jahrhunderts hat kirchliche Aufgaben in hohem Maße verrechtlicht und in seine bürgerliche Ordnung hineingenommen. Daß bei uns niemand mehr im Prinzip verhungern und erfrieren kann, daß bei uns jeder, gleich welcher Herkunft, Möglichkeiten der Bildung hat, das verdankt der moderne Staat im Grunde dem Voranschreiten, dem Vorbild der Kirche.

Da nun den ständischen Rechten keine echte Gegenleistung mehr entsprach, wurden sie von den bisherigen Schutzbefohlenen immer mehr als drückende Bürde, eben wirklich als Privileg, jetzt in einem verhaßten Sinn, empfunden. Umgekehrt rückten die bisherigen Dienststände, vor allem der dritte Stand, mit dem Vordringen des modernen Staates und seiner zentralisierten Gerichts- und Polizeiorganisation aus ihrer alten Abhängigkeit heraus und traten mit neuen Forderungen an die Gesellschaft heran. Die Schubkräfte, die diesen Prozeß sozialer Wandlung steuerten, waren vielfältig: Zivilisatorische Höherentwicklung auf der einen Seite - Herrschaftsrechte formen sich in Arbeitsverhältnisse um -, die lange Kette der Bürgerkriege und Religionskriege in der frühen Neuzeit, in deren Verlauf der Staat zum Zwangsschlichter der streitenden Parteien aufstieg, die Bildung nationaler Gesellschaften, die die übernationalen ständischen Gemengelagen des Mittelalters ablösten und die vereinheitlichende Wirkung des vom Staat gesetzten und gesprochenen Rechts. Der Prozeß verlief nicht einheitlich, Rückschläge waren an der Tagesordnung, an vielen Orten behauptete sich zäh die alte Ordnung. Aber in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde das Gefühl eines säkulären Umschlags allgemein. Ein neues Freiheitspathos begann sich zu verbreiten, man drängte heraus aus den alten sozialen und politischen Bindungen, die Ständeodnung schien überlebt. "Der Mensch ist frei geboren und überall liegt er in Ketten!" Dieser Ruf des Genfer Handwerkersohns JEAN JAQUES ROUSSEAU gab der erwartungsvoll gespannten Zeit das chiliastische Stichwort. Plötzlich erschienen alle überlieferten Ordnungen als dumpfe Beschränkungen einer ursprünglichen Freiheit und Gleichheit des Menschen. Sie zurückzuholen, notfalls mit Gewalt, erhoben sich die Freiheitsbewegungen und Revolutionen des 18. Jahrhunderts in England, den USA und Frankreich; sie für alle Zeit festzuhalten und verfassungsmäßig zu verankern, waren die Erklärungen der Menschen- und Bürgerrechte bestimmt, wie sie von jetzt an bis zu unseren heutigen Verfassungen üblich zu werden beginnen.

Hier stellt sich die Frage, welchen Anteil christliche Überlieferungen an jenen ersten Formulierungen des Rechts der Menschen gehabt haben. Liegt der Ursprung der Menschenrechte im christlichen Gedanken der Gleichheit aller Menschen vor Gott? Gibt es hier einen unmittelbar greifbaren Zusammenhang von Grundwerten und Grundrechten? War insbesondere die Religions- und Gewissensfreiheit, wie GEORG JELLINEK und ERNST TROELTSCH es gesehen haben, das Ursprungsrecht aller Rechteerklärungen, das die anderen Rechte, Leben, Freiheit, Eigentum erst "durchgerissen" haben? Gewiß, der Gedanke eines universalen Rechts derMenschen, unabhängig von Geburt, Stand und Nation ist ohne die jahrhundertelange Wirkung christlicher Erziehung nicht zu denken. Und die Berufung vieler Rechteerklärungen auf Gott, den Schöpfer der Natur, ist mehr als eine rhetorische Verbeugung vor der Tradition. Aber man muß doch zweierlei bedenken. Einmal war der christliche Gedanke der Gleichheit in der Ständegesellschaft allenfalls als pädagogisches, als theologisches Korrektiv faktischer Ungleichheiten wirksam. Er beeinflußte kaum die realen, sozialen Verhältnisse. Nicht anders ist es zu erklären, daß selbst christliche Denker vom Rang eines THOMAS von AQUIN das Sklavenaxiom des ARISTOTELES, wenn auch mit einigem Zögern und einigen Korrekturen, übernahmen. Zum anderen aber ruht der Gleichheitsgedanke des modernen Naturrechts, der bis heute in den Grundrechten wirkt, nicht mehr auf der Gleichheit der Menschen vor Gott, sondern wesentlich auf seiner biologischen, seiner kreatürlichen Artgleichheit. Niemand hat das eindrucksvoller formuliert als THOMAS HOBBES. Er hat als erster die aristotelische Lehre von der natürlichen Ungleichheit der Menschen, die das christliche Mittelalter unter dem Zeichen der Erbsünde übernommen hatte, grundsätzlich angefochten, und zwar mit dem Hinweis auf die kreatürliche Schwäche und Abhängigkeit, die allen Menschen eigen ist.
    "Denn betrachtet man die erwachsenen Menschen und sieht man, wie gebrechlich der Bau des menschlichen Körpers ist, mit dessen Verfall auch alle Kraft, Stärke und Weisheit des Menschen vergeht, wie leicht es selbst dem Schwächsten ist, den Stärksten zu töten, dann versteht man nicht, daß irgendjemand im Vertrauen auf seine Kraft sich anderen von Natur aus für überlegen halten kann. Die einander gleiches tun, sind gleich, und die, die das Größte vermögen, nämlich zu töten, können auch gleiches tun. Deshalb sind alle Menschen von Natur einander gleich; die jetzt bestehende Ungleichheit ist durch die bürgerlichen Gesetze eingeführt worden." (2)
Auch die Religionsfreiheit, so wichtig sie im Rahmen der Menschenrechte war, hatte in den ersten Grundrechtserklärungen keineswegs eine zentrale Stelle inne, hier hat die neuere Forschung die Thesen von TROELTSCH und JELLINEK klar widerlegt.  Leben, Freiheit, Eigentum, Rechtssicherheit, Freizügigkeit  und  freie  Meinungsäußerung standen an erster Stelle, erst sekundär kam die Religionsfreiheit hinzu. Man darf ja nicht vergessen, daß die meisten Neuengland-Staaten konfessionell geschlossene Gebilde von leidenschaftlicher Intoleranz gewesen sind. Auch ROGER WILLIAMS, der schon 1636 in Providence in Rhode-Island eine allgemeinen Religionsfreiheit proklamierte, blieb in der amerikanischen Geschichte zunächst ein Ereignis ohne Folgen. Man muß aus diesem Sachverhalt nicht hochmütig oder triumphierend auf das Vorwiegen materieller Faktoren vor den geistigen in der Entstehung der Menschenrechte-Erklärungen schließen. Viel eher wäre zu fragen, inwieweit JELLINEKs Theorie nicht in einer sehr typischen deutsch-idealistischen Spiritualisierung die Einbettung des Religiösen in die konkreten Lebensverhältnisse übersehen hat. Wenn die Staatsmacht in den europäischen Religionskriegen vor allem das Eigentum der Dissidenten verfolgte, schließlich auch die Freiheit und schließlich das Leben, so war es nur begreiflich, daß sich die Flüchtlinge der europäischen Bürgerkriege in der neuen Welt zuerst gegen Bedrohungen von Leben, Freiheit und Eigentum zu sichern versuchten, nicht zuletzt in der Absicht, dadurch auch ihre religiöse und geistige Freiheit zu bewahren. So bedeutet das sekundäre Auftreten der Religionsfreiheit in den Rechtskatalogen weder einen Beweis für die Thesen des historischen Materialismus, noch das Gegenteil. Freilich zeigt es, daß man von einem unmittelbaren christlichen Ursprung der Menschenrechte nicht sprechen kann, wenn auch der christliche Glaube von Anfang an zu den schutzwürdigen Gütern gerechnet wurde.

Das gilt in noch erhöhtem Maß für das klassische europäische Ursprungsland der Menschenrechte, für Frankreich. Hier ist der Graben zwischen der älteren Gesellschaft und der Welt der Menschenrechte ungleich breiter als im angelsächsischen Bereich: Auf der einen Seite die alte Welt der korporativen Freiheiten der Kirche, der Städte, des Adels, auf der anderen der ungestüme Wille zu völliger persönlicher Emanzipation, zuerst im geistig-religiösen, dann im sozialen-politischen Bereich. Hier werden die vermittelnden, an England angelehnten Lösungen eines MONTESQUIEU schon vor der Revolution verworfen, am heftigsten durch ROUSSEAU. Alles treibt auf die unmittelbare Konfrontation von Staat und Individuum hin. Und hier nimmt auch die Formulierung der Menschen- und Bürgerrechte, der Grundrechte einen neuen programmatischen Charakter an. Nicht ein versunkenes Rechtsgut gilt es aus der Tradition heraufzuholen und wieder lebendig zu machen, wie in der amerikanischen Revolution, die sich ja immer als Ausfluß des mittelalterlichen Widerstandsrechts verstanden und damit traditionalistisch interpretiert hat, sondern jenseits der für tot erklärten Tradition erscheinen die Menschenrechte als neue Schöpfung eines selbstmächtig gestalteten Gemeinwillens. Und diese individualistische emanzipative Stoßrichtung der Menschenrechte - bezüglich der Freiheit auf ein Sich-Befreien reduziert - gewinnt hier die erste weltgeschichtliche Wirkung, die theoretisch an Radikalität nur noch einmal in der Philosophie des deutschen Idealismus erreicht wurde. Zugleich treten aber auch die sozialen Triebkräfte der Bewegung mit Deutlichkeit hervor, das Ungenügen an den alten festgefügten Lebensordnungen, aus denen man heraus will, ob es sich nun um Zünfte handelt, um politische Verfassungen oder um kirchliche Bindungen. In die Theorie der Menschenrechte beginnt damit ein neuer Geist einzuströmen, der Geist des modernen Naturrechts, das man vom klassischen scharf unterscheiden muß. Es steht nicht mehr in der pflichtenethischen Tradition der älteren Politik, es hat nicht mehr die Doppelheit von Recht und Pflicht im Auge und nicht mehr die konkrete soziale Lebensordnung, in der der Mensch lebt; es denkt ganz und gar vom Individuum her, einem vorgesellschaftlichen, mit natürlichen Rechten ausgestatteten Individuum, das von Aufgaben und Pflichten freigesetzt ist und dem Staat in einer reinen Haltung des Anspruchs gegenübertritt.

Aus konkreten, historisch entstandenen Freiheitsverbürgungen werden die Menschenrechte jetzt zu  Spezialisierungen einer allgemeinen Freiheit,  die als Prinzip vorausgesetzt wird und die von den konkreten Lebensordnungen weitgehend unabhängig ist. Kein Zweifel, daß mit dieser Schilderhebung der abstrakten Freiheit ungeheure Kräfte eines individuellen Aufstiegswillens entbunden werden. Jeder ist jetzt seines Glückes Schmied, jeder kann seine Kräfte regen und entwickeln, jeder trägt seinen Marschallstab im Tornister. Die alten Standesunterschiede fallen dahin. Eine rechtlich egalisierte Gesellschaft beginnt sich zu entwickeln. Das Individuum wird zum Rechtsträger gegenüber dem Staat, die alte Statuslehre wird überwunden: so im  Preußischen Allgemeinen Landrecht,  im  Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch  in Österreich und im  Codex Maximilianaeus Bavaricus;  d. h. die individuelle Existenz wird jetzt unmittelbar rechtlich anerkannt, die alte Statuslehre, in der die Rechtsfähigkeit noch an die Stände gebunden war, überwunden. CHRISTIAN WOLFF entdeckt zum erstenmal hinter dem einzelnen Status die allgemeine Rechtsfähigkeit, die den Menschen zur Rechtsperson macht, den allgemeinen  status moralis,  der den Menschen nach bürgerlichem Recht in der Gesellschaft kennzeichnet, und von hier aus dringt dann der Rechtsbegriff der Person in die modernen Privatrechtskodifikationen und Verfassungen vor.

In diesen Menschenrechten des 18. Jahrhhunderts gipftel eine Bewegung, die den Menschen als Menschen, geprägt durch seine Vernunftnatur, zum Subjekt und Herrn der Geschichte zu machen strebt. Das war nur möglich um den Preis einer ungeheuren Reduktion. Man abstrahierte von der konkreten Sozialität und Lebenslage, man sah nicht mehr den situierten Menschen, den  homme situé,  wie BURDEAU gesagt hat, den Menschen als Kind, als Mann, als Frau, als Armen, Reichen, Schwarzen oder Weißen, Abhängigen oder Mächtigen, Franzosen oder Engländer. Man sah durch alle Rassen, Stände, Lebensformen wie durch zufällige Masken hindurch auf seine unveräußerliche Menschennatur und ihr Recht. Eben in dieser Abstraktion aber, so gewaltsam sie war, wurde eine neue Dimension menschlicher Geschichte sichtbar - in einer industriellen Gesellschaft, die nicht mehr auf Stände und Geburt, sondern auf Arbeit und eine demokratische Herrschaftsbestellung gegründet war.

Wer einmal vom Empire-State-Building in New York auf die groteske Häuserwucherung von Manhattan herabgesehen hat und die Flut von Menschen aller Rassen und sozialen Schichten ihren Geschäften nachgehen sah, der wird die integrierende Kraft der Menschenrechte in einem Land ohne staatliche Überlieferung unmittelbar gefühlt haben. Gerade das Abstrakte wird hier zum Konkreten, gerade das Emanzipative wird hier zum Bindenden, die Freiheit von staatlicher Bevormundung wird zum Magneten, der Millionen veranlaßt hat, ihre herrischen und beengenden Vaterländer zugunsten der neuen Heimat des Rechts und der Freiheit zu verlassen.

Und so ist die Zeit zwischen der Amerikanischen Revolution und dem Ersten und Zweiten Weltkrieg zur Epoche der ersten großen Entfaltung der Menschen- und Bürgerrechte geworden. Von der amerikanischen Rechteerklärung und der französischen Deklaration von 1789 verzweigt sich ihr Weg in unzähligen Grundrechtskatalogen in den Verfassungen des 19. und 20. Jahrhunderts. Auf diesem Weg sind die Menschenrechte aus moralischen Postulaten zu konkreten einlösbaren Schutzvorkehrungen für den Bürger geworden. Als Grundrechte wurden sie zum festen Bestandteil von Verfassungen. Zugleich aber entstanden neue Probleme, von denen ihre Urheber noch nicht ahnen konnten und die im 20. Jahrhundert ihre ganze soziale Sprengkraft entfalteten.

Wir machen an dieser Stelle einen Sprung in unsere Gegenwart. Die Verfassungsentwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland hat mit Entschiedenheit an den naturrechtlichen Ausgangspunkt der Menschen- und Bürgerrechte angeknüpft. Während anderswo in der Welt im 20. Jahrhundert die liberalen Freiheitsrechte hinter sozialstaatlichen Formulierungen zurücktraten, ja fast unerkennbar wurden, sind sie hier noch einmal mit aller Schärfe als Grundrechte des Menschen verkündet und positiviert worden. So kam es zu einer radikalen Wiederherstellung des naturrechtlichen, wie des freiheitlich-individualistischen Gehalts der Grundrechte, ein Experiment, das in der Verfassungsentwicklung der heutigen Welt nahezu einzigartig dasteht. Nicht nur der naturrechtliche, vorstaatliche Charakter der Menschenrechte wurde in einer fast an die frühen Menschenrechtserklärungen gemahnenden Weise eingeschärft - wir verweisen schon auf Artikel 1, Grundgesetzt, nach dem die Würde des Menschen unantastbar ist, also aller staatlichen Rechtsschöpfung vorausliegt -, der Gesetzgeber hat auch Sorge getragen, daß die Grundrechte die Staatsgewalt wirksam begrenzen. Mit Recht hat man von einer kopernikanischen Wende gegenüber der Zeit des Rechtspositivismus gesprochen. Während noch in der Weimarer Zeit die Grundrechte zur Disposition des Gesetzgebers standen und praktisch nur den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung umschrieben, sind sie heute ein Datum für alles staatliche Handeln.

Theorie und Rechtssprechung haben die faktische Geltung der Grundrechte, besonders der Persönlichkeitsrechte, in die Breite und Tiefe hinein so weit ausgedehnt, wie es unter den Bedingungen unserer enger zusammenrückenden Gesellschaft überhaupt denkbar und möglich war. Zumal die Rechtssprechung der obersten Bundesgerichte über die Würde des Menschen, die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die Freiheit der Meinungsäußerung und den Schutz des Eigentums bemüht war, dem Bürger einen letzten unantastbaren Bereich menschlicher Freiheit zu sichern und zu erhalten, einen Bereich, der der Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen ist. Die formalen Sicherungen der Freiheit wurden verstärkt, um der Freiheit willen wurde der Freiheitsspielraum des Einzelnen bewußt weitgezogen und auch die Möglichkeit des Mißbrauchs in Kauf genommen. Das lag in der Linie der vom Grundgesetzt gewollten Ordnung, besagt doch die Garantie eines unantastbaren Wesensgehalts des Grundrechts nichts anderes, als daß es immanente Grenzen der Grundrechte gibt, die vom Staat nicht willkürlich bestimmbar sind und innerhalb deren der Mensch von seiner Autonomie einen freien, d. h. aber auch unter Umständen einen das Rechte verfehlenden Gebrauch machen kann.

Freilich ist auch das Grundgesetzt den mit den Grundrechten seit jeher verbundenen Antinomien der Freiheit nicht entgangen. Darauf wird zum Schluß noch eingegangen. Das gilt zunächst für die Berührung mit jenem Bereich, den man heute mit der umfassenden Formel des Sozialstaats umschreibt. Auf der einen Seite ist zwar der Katalog klassischer Freiheitsverbürgungen bei uns wieder hergestellt worden, im Hinblick auf die Erfahrungen mit dem nationalsozialistischen Unrechtsstaat sogar in einer besonders nachdrücklichen, Gesetzgebung und Rechtsprechung bindenden Form. Auf der anderen Seite aber standen die Verfassungsschöpfer nach dem Zweiten Weltkrieg vor der Realität einer Leistungsverwaltung, die sich durch Kriegsfolgen und neue Erfordernisse technisch industrieller Planung weit ausgedehnt hatte und die den Bereich der grundrechtlich verbürgten Freiheiten faktisch einschränkte. So begegnen wir bei näherem Zusehen im Grundgesetz einem ähnlichen Nebeneinander rechts- und sozialstaatlicher Bestimmungen wie in der Weimarer Verfassung. Beide Momente stoßen am schärfsten im Punkt der Eigentumsgarantei zusammen. Eigentum und Erbrecht wurdem vom Grundgesetz gerantiert, zugleich aber unter eine soziale Pflichtbindung gestellt, dem Staat ein Recht auf Enteignung, wo es zum Wohl der Allgemeinheit dient, und ein noch weitergehendes Sozialisierungsrecht, freilich unter Gesetzesvorbehalt und mit der Pflicht zur Entschädigung, eingeräumt. Eine ähnliche Spannung zeigt sich in der einzigen sozial-programmatischen Normierung, die das Grundgesetz aufweist, nämlich der Kennzeichnung der Bundesrepublik Deutschland als eines sozialen Rechtsstaates oder sozialen Bundesstaats. Auch hier stoßen freiheitsverbürgende und sozial gewährende Programmatik zusammen.

Es wird seit einigen Jahren nicht mehr bezweifelt, daß auch der Staat des Bonner Grundgesetzes im Besitz wesentlicher Ordnungsfunktionen des sozialen Lebens ist. Wie weit diese Gestaltungsmacht in die private Sphäre hineinreicht, in welchem Verhältnis sie zu dem in der Verfassung geschützten Freiheitsbereich steht, das ist bis zur Stunde umstritten. Während die einen versuchen, den materialen Gehalt der Rechtsstaatlichkeit in enger Bindung an den Begriff des Sozialen neu zu bestimmen und damit Raum für ein Ineinander rechts- und sozialstaatlicher Bemühungen auf der Verfassungsebene zu schaffen, sehen die anderen eben hierin eine Auflösung der rechtsstaatlichen Formtypik, weil diese, wie im frühen Naturrecht, von einem Gegenüber von individueller Freiheitssphäre und staatlicher Hoheitsmacht ausgeht. Auch die Rechtsprechung war in diesen Fragen zu vielfältigen Kompromissen genötigt, ihre Linie ist nicht einheitlich. Was im Zeichen der Entfaltung der Persönlichkeit dem Einzelnen zugestanden wurde, mußte vielfach im Zeichen von Gleichheit und Sozialstaatlichkeit wieder zurückgeholt werden.

Der tiefere Grund für diese Problematik liegt nicht in einem äußeren Gegeneinander von Rechts- und Sozialstaat, von liberaler Freiheisverbürgung und sozialer Gewährung von Leistungen an den Bürger. Er liegt in einer generellen Unsicherheit darüber, welcher Freiheitsbegrif, welches Freiheitsverständnis den neu errungenen Rechten der Person, den Grundrechten, zugrunde liegt. Unmittelbar nach dem Krieg schien diese Frage ganz überflüssig zu sein. Nach dem Erlebnis des nationalsozialistischen Unrechtsstaates und seiner freiheitszerstörenden Wirkung bedurfte die Wiederherstellung der Grundrechte keiner Rechtfertigung. Heute dagegen besteht die Gefahr, daß die politische Substanz der Grundrechte sich verflüchtigt, daß das Freiheitsrecht emanzipativ mißdeutet und überdehnt wird, während die formale staatliche Organisation für gleichgültig erklärt und erbittert bekämpft wird. Tatsächlich trifft dieses Vorgehen unseren Staat und überhaupt die westlichen Staaten an einer schwachen Stelle. Denn es handelt sich um Radikalisierungen von Tendenzen zur Freiheit, die in unseren Verfassungen selbst angelegt sind, um die Überdehnung jener grundrechtlichen Freiheiten, die die politische Substanz der westlichen Gesellschaften ausmachen.

Blickt man auf die anderen europäischen Länder und besonders auf die außereuropäische Welt, so stellt man fest, daß es dort ähnliche Probleme gibt. Aber im Ganzen ist das Bild doch anders. Hier hat man sich der Problematik weit gefaßter Freiheitsrechte vielfach dadurch zu entziehen versucht, daß man die sozialen Grundrechtselemente stärker betonte. Der verbleibende individuelle Freiheitsbereich wurde nicht selten auf das Radikal-Private eingeschränkt. Das gilt vor allem für die Länder, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg selbständig wurden und die sich eine moderne Verwaltung erst schaffen mußten. Hier hat sich aus der Hülle des verwalteten Untertanen der Bürger noch nicht herausentwickeln können, und Freiheit wird allenfalls als Residuum des Stammes oder Standes, mithin als korporative Freiheit greifbar, oder sie wird vom erstarkenden Staat, der das Monopol öffentlicher Gewalt in Anspruch nimmt, nach ökonmischen Gesichtspunkten rationiert und zugeteilt. Unter vergleichbaren Gesichtspunkten befinden sich diese Staaten in der Lage des europäischen Verwaltungsstaates der frühen Neuzeit, der eben die ständische Vielfalt in sein Gewaltmonopol absorbiert hat, ohne noch eine bürgerliche Gesellschaft von Gleichen aus sich entlassen zu können. Sicher ist, daß erst eine gewisse ökonomische Sättigung Freiheitsimpulse individueller Art entbinden könnte; gerade sie aber ist in den heutigen Entwicklungsländern noch kaum abzusehen.

Wieder anders ist die Lage im kommunistischen Machtbereich. Hier wird die liberale Freiheit des Bürgers und das ihr zugehörige Grundrecht aus ideologischen Gründen negiert; zugleich aber beansprucht der Staat, erstmals die sozialen Voraussetzungen für eine Freiheit aller realisiert zu haben. Der individuelle Freiheitsbegriff wird als bourgeoise Erfindung, als Interessenkostüm einer Minderheit abgetan. Materiale (soziale) Freiheit wird gegen die "formale" Freiheit ausgespielt. In der Tat haben die kommunistischen Regierungen eine Reihe sozialer Grundrechte, so das Recht auf Arbeit, auf fachliche Bildung, auf Aufstieg durch Leistung usw. mit Hilfe einer lückenlosen Planung ganzer Lebensbereiche durchgesetzt und gesichert. Der indirekte Freiheitsgewinn des Einzelnen, verglichen mit früheren Gesellschaftsordnungen (etwa der zaristischen in Rußland), soll nicht unterschätzt werden. Aber diese Freiheit ist nicht gewonnen aus dem spontanen Verlangen des Individuums, sondern aus der Einsicht in gesellschaftliche Notwendigkeiten; sie ist staatlich vermittelt. Die heutige Lage der kommunistischen Welt zeigt mit Deutlichkeit, daß gerade die vielgeschmähten und vorenthaltenen "formalen" Freiheiten - der Rede, Presse, Religion, des freien Zugs - für diese Staaten eine ungeheure innere Sprengkraft besitzen; sie werden von der Intelligenz, zunehmend auch von den Volkskräften selbst, mit gleichem Enthusiasmus gefordert wie von der Obrigkeit mit Erbitterung verweigert.

So bietet der Ausbau der Menschenrechte zu Grundrechten und Grundfreiheiten im innerstaatlichen und internationalen Bereich ein mannigfaltiges und zwiespältiges Bild. Auf der einen Seite haben die Rechte, indem sie aus Appellen und Ansprüchen zu konkreten Rechtsbestimmungen wurden, an Bedeutung für den Bürger gewonnen und sind zu einem Element politischer Integration geworden. Auf der anderen Seite aber hat die Positivierung, zumal im Bereich persönlicher, individueller Freiheit, auch die Grenze der Grundrechte als Rechtsinstitute ans Licht gebracht. Diese leben als geschichtliche Erscheinung vom Freiheitsanspruch des Einzelnen gegenüber dem Staat, als ethisches Prinzip vom Willen zur verantwortlichen Gestaltung des eigenen Lebens. Beides ist in der industriellen Gesellschaft mit ihrem Trend zum Kollektiven nicht mehr selbstverständlich, so daß den Grundrechten, selbst wenn sie als positives Recht vorhanden sind, häufig der spontane Antrieb, die dynamische Fähigkeit zur Erneuerung und Weiterbildung fehlt. In den Ursprungsländern der Menschenrechte, in Europa und den USA, ist das Ideal persönlicher Autarkie und Selbstverfügung längst durch Prinzipien der Gleichheit und des Sozialen eingeschränkt worden. Die Entwicklungsländer liegen mit ihrer halbentfalteten Staatlichkeit und ihrer erst beginnenden Industrialisierung noch in einem vor-grundrechtlichen Zeitalter. Nur der archaische Obrigkeitsstaat des Kommunismus provoziert heute durch seine Verfügung über das individuelle Leben ähnliche Reaktionen des persönlichen Freiheits- und Glücksverlangens regen sich wie der absolute Staat des 18. Jahrhunderts - und es ist noch nicht abzusehen, ob sich in künftigen Wandlungen sozialistischer Gesellschaften eine Renaissance des Natur- und Menschenrechts vollziehen wird.
LITERATUR - Ansgar Paus (Hg), Werte - Rechte - Normen, Graz/Wien/Köln 1979
    Anmerkungen
    1) JOSEF ISENSEE, Demokratischer Rechtsstaat und staatsfreie Ethik, Essener Gespräche 1976
    2) THOMAS HOBBES, Leviathan.