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Zu Kants Lehre vom Ding ansich [3/3]
9. Es erübrigt sich nun nur noch zeigen, daß auch die "Widerlegung des Idealismus" in der zweiten Auflage der Kr. d. r. V. (ERDMANN 202, KEHRBACH 208) nur den transzendentalen Standpunkt in der spezifischen, durch die "Erscheinung ansich" charakterisierten Form zum Ausdruck bringt, nicht aber das Dasein von Dingen ansich beweisen will. Da kommt zunächst der Zusammenhang, in dem dieses Einschiebsel mit dem vorhergehenden Text steht, in Betracht. Daß man diesen Zusammenhang nicht genügend beachtet hat, hat die zahlreichen Mißverständnisse verschuldet, denen gerade dieser Teil der Kr. d. r. V. ausgesetzt gewesen ist. Die "Widerlegung des Idealismus" ist angehängt an das zweite Postulat des empirischen Denken überhaupt: der Wirklichkeit. Schon dies läßt erkennen, daß es sich wieder um die alte Sache: die Wirklichkeit der räumlich-zeitlichen Welt "außer uns" handeln wird. Die Wirklichkeit kann nicht durch Begriffe gemacht oder erkannt, sondern muß gegeben werden. "Die Wahrnehmung, die den Stoff zum Begriff hergibt, ist der einzige Charakter der Wirklichkeit." (ERDMANN 201, KEHRBACH, 207) Damit dies aber nicht dahin verstanden wird, als sei die Vernunft nur dann, wenn sie von uns wahrgenommen wird, und in der Wahrnehmung wirklich, wird hinzugefügt, daß die Wirklichkeit eines Dings doch auch indirekt, durch einen gesetzmäßigen Zusammenhang mit einer Wahrnehmung gesichert ist. (1) Nur was in gar keinen gesetzmäßigen Zusammenhang mit unseren Wahrnehmungen zu bringen ist und daher außerhalb aller möglichen Erfahrung (2) steht: das Ding-ansich, ist - für uns - Nichts, hat keine Wirklichkeit. Man erkennt das Eigentümliche dieser Ansicht am besten, wenn man sie mit BERKELEYs Ansicht vergleicht. BERKELEY kommt in den "Principles of Human Knowledge" (§ 45.) selbst auf die von KANT abgewiesene Ansicht zu sprechen:
Es bleibt dann nur die "Verwechslung" oder "Vermengung" der Erscheinungsdinge mit den Dingen-ansich übrig. Diesem Standpunkt haben wir oben einen bedingten Wert beigemessen, weil er der konsequenteste ist und zu unserem Standpunkt überleitet. Aus letzterem ergibt sich, daß die Ausdrücke "Anschauung in mir", "Vorstellungen", "bloße Vorstellung eines Dings" auf das empirische Subjekt der inneren Erfahrung, das selbst in der Zeit ist und vom transzendentalen Subjekt in der Zeit angeschaut wird, sich beziehen, nicht aber auf das transzendentale Subjekt (die Vorstellung "Ich bin", die alles Denken begleiten kann), in welchem die Zeit selbst eine Anschauung ist. Die beiden Subjekte werden in der Anmerkung 1 begrifflich, aber nicht sachlich deutlich geschieden. Ebensowenig wie die "Widerlegung" enthält aber auch die Anmerkung in der Vorrede zur zweiten Auflage der Kr. d. r. V. (ERDMANN 22, KEHRBACH 33) einen Hinweis auf Dinge ansich. Noch entschiedener als dort erscheint hier das Hineingeborenwerden des (empirischen) Subjekts selbst in die zeitliche Welt als der Grund, warum die Existenz dieser Welt nicht von der Wahrnehmung (Vorstellung) dieses Individuum abhängen kann. Ebenso gewiß aber bleibt es, daß diese Welt kein Ding-ansich ist, sondern ihre Realität nur in ihrer Verbindung mit der empirischen Realität der Seele, die dem Zeitpunkt ihres Erscheinens nach von ihr abhängt, besteht.
So ist dann in allen Widerlegungen des empirischen Idealismus der Standpunkt der "Erscheinung ansich" der zur Widerlegung benutzte Gesichtspunkt. Er erlaubt es dem Philosophen, den empirischen Idealismus zu widerlegen, ohne doch den entgegengesetzten des Realismus einzuräumen. Die Unterscheidung von empirischem und transzendentalem Ich ermöglicht eine Auffassung der äußeren Wirklichkeit, wonach sie einerseits Vorstellung, andererseits reale Wirklichkeit ist: Erscheinung ansich. Es liegt nahe, das transzendentale Ich als ein überindividuelles Ich zu fassen und das "Bewußtsein überhaupt" von dem LAAS in "Idealismus und Positivismus" so häufig spricht und ihm die empirischen Subjekte als Individualsubjekte gegenüber zu stellen. Allein daß KANT diese Ansicht, die ihn zu FICHTE und BERKELEY (insofern bei ihm die Perzeptionen unabhängig von den Individualseelen in Gott existieren) in ein sehr nahes Verhältnis gebracht hätte, wirklich gehabt habt, muß doch in Abrede gestellt werden. Die Konsequenz seines Standpunktes wäre sie ja gewesen, da doch das Subjekt, das die Welt setzt, nur eins sein kann. Denn es ist nur eine Welt für alle, nicht aber sind unzählige Welten, jede von einem besonderen transzendentalen Subjekt für sein empirisches Ich gesetzt. Aber schon der Umstand, daß auch der Standpunkt des radikalen Idealismus sich, wie FALCKENBERG selbst zugibt, in der Kr. d. r. V. findet, spricht dagegen. Das Charakteristische des kantischen Standpunkts scheint mir eben darin zu liegen, daß er das Verhältnis zwischen transzendentalem und empirischem Ich unbestimmt gelassen hat, sie unterschieden und doch nicht in zwei Subjekte geschieden hat. (7) Die Unbestimmtheit des Verhältnisses verdeckte KANT die Widersprüche seines Standpunktes, welche eine bestimmtere Ausgestaltung desselben offenbart hätte. Unbestimmt aber bleibt das Verhältnis der beiden Ich, weil KANT nie die inneren Erscheinungen in derselben Weise, wie die äußeren, transzendental verarbeitet hat. Ihm ist es nur um die Metaphysik der Natur zu tun; die Erscheinungen des inneren Sinnes tut er mit gelegentlichen weder sehr klaren noch sehr zusammenhängenden Bemerkungen ab und läßt sie im übrigen links liegen. (8) Eine systematische Bearbeitung der Erscheinungen des inneren Sinnes hätte aber notwendig entweder zur völligen Durchführung des transzendentalen Standpunkts und des Parallelismus äußerer und innerer Erscheinungen, damit aber zur Vernichtung des empirischen Ich als für-sich-seienden Subjekts, oder zur völligen Verselbständigung des Ich und der Gegenüberstellung eines überindividuellen Ich, damit aber zum Aufgeben der Lehre von der Idealität der Zeit (9) und des transzendentalen Idealismus geführt. In beiden Fällen stand aber das Subjekt (S oder s) der Außenwelt genau so gegenüber wie BERKELEYs denkendes Wesen, und KANT hätte dann nicht in der Weise gegen ihn polemisieren können, wie er es getan hat. Dann wäre nur noch das Ding-ansich als Unterscheidungsmerkmal übrig geblieben, auf welches KANT, wie die Dinge tatsächlich lagen, nicht zurückzugehen brauchte. Über das Verhältnis KANTs zu BERKELEY können wir daher abschließend sagen, daß (abgesehen von den anderen Seite 172 bemerkten Unterschieden) KANT von seinem Standpunkt aus allerdings ein Recht hatte, seinen Begriffder Phänomenalität von dem BERKELEYs zu unterscheiden, daß derselbe aber, in seine Konsequenzen entwickelt, mit letzterem zusammenfällt. - Der Standpunkt der "Erscheinung an sich" hängt aber aufs Engste zusammen mit den Grundpfeilern der kantischen Lehre, der Unterscheidung von Stoff und Form, der Lehre vom a priori und der Idealität der Zeit, deren widerstreitende, in der Empfindung aufeinander platzende Ansprüche er vergleicht. Es sei mir gestattet, diesen Zusammenhag kurz zu charakterisieren. a) In der transzendentalen Ästhetik wird (§ 1) Stoff und Form der Erscheinung unterschieden und der Stoff als dasjenige bezeichnet, was der Gegenstand, die Form dagegen als dasjenige, was der Geist aus sich zu ihr hinzubringt, mit der Begründung, daß das, worin sich die Empfindungen ordnen, nicht wieder Empfindung sein kann. Daß aber, wie es hiernach scheinen könnte, die Gegenstände die Empfindungen als etwas Fertiges in den Geist hineintragen ("teils von selbst Vorstellungen bewirken", Einleitung I, 1. Auflage), kann KANT doch nicht ernsthaft meinen, da er schon in der Inauguraldissertation (§ 4) behauptet hatte, daß die Empfindungen von der Natur des Subjekts abhängen, und diesen Standpunkt in der ganzen Kritik aufrecht erhält. Sie entstehen im Geist, indem derselbe durch eine Affektion in Tätigkeit versetzt wird. Dann aber ist ihre Entstehungsweise von der der Anschauungen, die ja auch nicht als fertige Formen in uns liegen, nicht verschieden. Somit entsteht der Konflik, daß die Empfindungen einerseits einfach durch Erfahrung in uns hineinkommen, andererseits sowohl ein allgemeines apriorisches Vermögen der Empfindung im Geist liegen (ZELLER, Geschichte der Philosophie, Seite 345; LOTZE, Geschichte der Philosophie [Diktat] § 17; Logik, 2. Auflage, § 326) als auch der Grund für die Besonderheit jeder Empfindung im Geist gesucht werden muß. b) In der Einleitung gibt KANT aber eine andere Begründung des a priori. Allgemeinheit und Notwendigkeit sind zwei Eigenschaften, welche die bloße Erfahrung nicht liefern kann. Was daher allgemein und notwendig ist, ist deshalb auch a priori. Aber diese absolute Gültigkeit einer Erkenntnis im Sinne einer Denknotwendigkeit und Selbstverständlichkeit als Grund der Apriorität (LOTZE, Logik, § 329) hat KANT nicht festgehalten. Zwar die Beispiele, die er zum Beleg, daß es allgemeingültige Urteile in Mathematik und Naturwissenschaft gibt, anführt, lassen noch die denknotwendige Evidenz als eine genügende Garantie der Gültigkeit gelten, wie dann auch die Kritik "vom Rechtstitel der Gültigkeit in der Mathematik sich einigermaßen imponieren läßt" (10). Aber im Übrigen will sich KANT bei dieser "bloß subjektiven Denknotwendigkeit" nicht beruhigen. Die transzendentale Untersuchung geht auf die Möglichkeit der Erfahrung. Sie will, von der vorliegenden Erfahrung (als Wissenschaft) ausgehend, auf die Bedingungen zurückschließen, welche zur Erzeugung derselben notwendig sind, welche, indem sie selbst Erfahrung erzeugen, sie eben dadurch möglich machen. Aus dieser Notwendigkeit geht ihre Gültigkeit allererst hervor: Weil sie die notwendigen Bedingungen für die Möglichkeit der Erfahrung sind, darum sind sie (für alle Erfahrung) gültig (11). In diesem Sinne ist dann aber auch der Stoff a priori, da er zur Möglichkeit der Erfahrung ebensowohl erforderlich ist, wie die Form (12). Was Objekt für uns werden will, muß nicht nur Form, sondern auch Stoff haben; es ist ebenso allgemeingültig, daß jede Erscheinung Stoff, als daß sie Form hat. Von dieser Stofflichkeit im Allgemeinen müssen aber die besonderen Empfindungen unterschieden werden. Es ist nicht notwendig, daß jede Erscheinung blau oder grün ist. Die Empfindungen haben keine Allgemeingültigkeit und können daher nicht a priori sein. (13) Trotzdem sind sie, insofern sie von der Natur des Subjekts abhängen, doch auch in gewisser Weise a priori. Aus der Kombination von a) und b) ergibt sich ein Dreifaches, das innerhalb der Sinnlichkeit des Subjekts zu unterscheiden ist:
2. Ein apriorisches Vermögen oder eine apriorische Bedingung des Stoffs, welches den Erscheinungen ihre Materie, ihre Stofflichkeit, das Reale in ihnen im Gegensatz zur idealen Form liefert. 3. Die Empfindungen, welche im transzendentalen Sinn nicht a priori sind, aber doch, indem sie von der besonderen Natur des Subjekts abhängen, eine gewisse Apriorität (an a)) besitzen, eine Apriorität des Sinnes, die als eine besondere und sekundäre Apriorität neben der allgemeinen und primäre Apriorität von 1. und 2. im Subjekt vorhanden ist. (14) Daß aber dieses Reale der Erscheinungen in der Tat vom transzendentalen Subjekt apriorisch gesetzt wird, möge noch in einer weiteren Betrachtung über das Prinzip der Antizipationen der Wahrnehmung kurz ausgeführt werden. Die Frage, wie die Dinge Erkenntnisobjekte für uns werden können, ist in der transzendentalen Ästhetik mit: dadurch, daß sie von uns in der Anschauung erzeugt werden, und weiter in der Deduktion der Kategorien mit: dadurch daß wir sie in der Synthesis des Denkens erzeugen, beantwortet worden. Wie das Denken mit der Anschauung zur Erzeugung des Objekts zusammenarbeiten kann, ist eine Frage, deren Beantwortung nicht absolut notwendig erscheint, da der Nachweis, daß ohne die Kategorien die Objekte nicht entstehen können, zusammen mit der Tatsache ihres Vorhandenseins, die Möglichkeit des Zusammenarbeitens von Kategorie und Anschauung sowohl voraussetzt als auch beweist (BÖHRINGER, a. a. O., Seite 48, 49). Somit wäre aber eine Art Präformationssystem oder prästabilierte Harmonie von Kategorie und Anschauung vorausgesetzt, (15) und die Besorgnis, sich diesen Vorwurf, den er selbst gegen die Dogmatiker in Bezug auf Denken und Dinge ausgesprochen hat, zuzuziehen, mag KANT bewogen haben, im Schematismus noch ausführlich zu zeigen, wie die Kategorie an die Anschauung herankommen kann. Zweck des Schematismus ist es also, die Anwendbarkeit der Kategorie auf die Anschauung zu zeigen (16). Zu diesem Zweck wird in der Einbildungskraft und ihrem Produkt ein Vermittler zwischen Verstand und Sinnlichkeit, Kategorie und Anschauung angenommen. Daß zu dieser Vermittlerrolle die Zeit bestimmt wird, die selbst Anschauung ist, ist allerdings bedenklich; ihre Vermittlung setzt ja die Möglichkeit der Verbindung von Anschauung und Kategorie schon voraus. (17) Tatsächlich sind nun die Schemata nichts als künstliche Produkte aus Zeitanschauung und Kategorie; eben dadurch scheinen sie die Verbindung beider zu ermöglichen. Anschauung und Kategorie kommen gleichsam im Schematismus zusammen, um ein Tor zu bauen, durch das sie zusammenkommen können. So ist im Schema der Zahl die Sukzession aus der Zeit, die Einheit (Vielheit, Totalität) aus der Kategorie entlehnt und aus beiden das Schema zusammengezimmert. Durch das Schema der Zahl wird nun die Größe auf die Anschauung übertragen. Es folgt, daß von allem, was in Raum und Zeit erscheint, gilt, daß es als räumlich-zeitlich auch extensive Größe hat; auch die empirische Anschauung, die Wahrnehmung. Somit wäre schon der erste synthetische Grundsatz eine Antizipation der Wahrnehmung, indem er bestimmt, daß alle Wahrnehmungen ihrer Form nach extensive Größen sind. In der ersten Auflage hatte KANT dann auch das Prinzip der Axiome der Anschauung so formuliert: Alle Erscheinungen sind ihrer Anschauung nach extensive Größen. In der 2. Auflage hat er aber stattdessen gesagt: Alle Anschauungen sind extensive Größen. Diese Änderung hängt damit zusammen, daß in dem in der zweiten Auflage dem Prinzip der Antizipation hinzugefügten Beweise gesagt ist, in den Empfindungen werde weder die Anschauung des Raums noch die der Zeit angetroffen. Hat somit die Empfindung keine räumlich-zeitliche Form, so kann auch das Schema sie nicht erreichen, und das Prinzip der Axiome der Anschauung muß auf die Anschauung eingeschränkt werden. - Hat aber die Empfindung keine räumlich-zeitliche Form, so kann auch das Prinzip der Antizipationen der Wahrnehmung nichts über sie aussagen. Dennoch behauptet das Prinzip: In allen Erscheinungen hat das Reale, was ein Gegenstand der Empfindung ist, intensive Größe, d. h. einen Grad. Die erste Auflage hatte noch direkter behauptet: In allen Erscheinungen hat die Empfindung und das Reale, welches ihr am Gegenstand entspricht (realitas phaenomenon), eine intensive Größe, d. h. einen Grad. Die zweite Fassung lenkt vorsichtig von der Empfindung auf das Reale ab. (18) Aber auch so behauptet der Satz vom Realen etwas, das nicht seine räumlich-zeitliche Form, sondern seinen Inhalt, die Natur seiner Substanz angeht: daß es einen Grad hat. Hier scheint eine Entlehnung aus der Erfahrung, bzw. ein unberechtigter Übergriff des a priori auf das Gebiet der Erfahrung vorzuliegen. Denn es ist nicht einzusehen, wie die Kategorie oder die Zeit, wenn sie doch nur die Form der Erscheinungen bestimmen, imstande sein sollen, das Reale zu konstituieren und es dem Grundsatz gemäß zu bestimmen. Der Beweis läßt auch nicht erkennen, wie der Grundsatz von der Empfindung und damit von der Erfahrung loskommen kann (19). Näher betrachtet liegt aber die Schuld nicht eigentlich am Grundsatz, sondern am Schema. Das Schema der Realität, die erfüllte Zeit, ist nicht nur aus Kategorie und Anschauung, sondern sogar aus drei Bestandteilen, aus Stoff (Empfindung), Zeit und Kategorie der Realität, zusammengezimmert (20) und nur deshalb vermag die Kategorie in diesem Fall sogar den "Stoff", der uns in der Empfindung gegeben ist, zu erreichen. Somit ist aber im Schema ein auf die Empfindung bezügliches Materiales, Stoffliches vorhanden, es gibt ein a priori auch des Stoffes. Wollen wir nicht KANT eine ganz unberechtigte Anleihe aus der Erfahrung in einem synthetischen, die Erfahrung konstituierenden Grundsatz vorwerfen, so müssen wir anerkennen, daß in diesem Grundsatz auch für das Reale, den Stoff der Erscheinungen eine apriorische Grundlage - eingestandener- oder uneingestandenermaßen - angenommen wird. Da nun dieses Reale, welches das Subjekt setzt, nicht die Empfindung selbst sein kann, weil diese wegen ihrer Zufälligkeit und Abhängigkeit von der besonderen Organisation des Sinnes nicht a priori sein kann, so kann es eben nur jener allgemeine Wirklichkeitsstoff, die allgemeine Materie der Erscheinungen sein, von der wir oben mehrfach sprachen. Gesetzt aber wird es, so scheint es, durch die Kategorie der Realität, die für diese Mission deshalb sehr geeignet scheint, weil sie als Kategorie eine bloß formale Bedingung, aber doch zugleich die Form der Realität ist, wodurch den beiden Bedingungen, daß der Stoff ein apriorisches Element haben muß, aber doch nur die Form a priori sein kann, genügt zu sein scheint. (21) Dieses unbestimmte Reale ist es aber, welches den Wirklichkeitsgehalt der empirischen Außenwelt ausmacht und das empirische Subjekt in der Empfindung affiziert. Auf dieses wurde schon im 4. Paralogismus in der ersten Auflage der Kr. d. r. V. hingedeutet (22). Der Standpunkt der "Erscheinung ansich" erweist sich aber auch für die Analogien der Erfahrung von geradezu erlösender Wirkung. Der Raum gestattet mir nicht, dies hier näher auszuführen; nur auf die 2. Analogie sei ein kurzer Hinweis gestattet. In derselben stellt KANT eine objektiv bestimmte Ordnung und Reihenfolge der "Erscheinungen selbst" der bloße subjektiven Apprehension [Zusammenfassung - wp] derselben in der Vorstellung gegenüber. Erstere ist von der subjektiven Vorstellung unabhängig, trotzdem ihre Ordnung aber bestimmt durch - die Kategorie der Kausalität! (23) Also wiederum der Widerspruch, daß das Subjekt durch seine eigenen Kategorien die Erscheinungen bestimmt und von ihnen wieder in seiner Vorstellung bestimmt wird. Im Schematismus machte die Sukzession dieselbe Anwendung der Kausalität erst möglich; hier macht die Kausalität die Reihenfolge. Der Versuch, den RIEHL macht, die bestimmte Ordnung und Folge der Erscheinungen den Dingen-ansich zuzuschreiben (Kritizismus I, Seite 382, 391-392, 400, 411, 415f), wofür er die von mir angeführten Stellen anzeigt, kann nicht gelingen. RIEHLs realistische Deutung stimmt weder mit der Unerkennbarkeit des Dings-ansich nocht mit der bestimmten Erklärung KANTs in der transzendentalen Ästhetik (ERDMANN 52, KEHRBACH 49) überein:
Auf dem Boden des Standpunktes der "Erscheinung ansich" stellt die schöpferische Kausalität des transzendentalen Subjekts die Reihenfolge der Erscheinungen fest (produktive Einbildungskraft), die nun dem empirischen Subjekt als eine objektive entgegentritt. Ähnlich verhält es sich mit den bestimmten Raumfiguren und ihrer Lokalisation, sowie den empirischen Naturgesetzen. Auch sie treten dem empirischen Subjekt in der Erfahrung als ein Gegebenes gegenüber. Daß die besonderen Gesetze der Natur nicht aus den Grundsätzen des reinen Verstandes deduziert werden können, sondern aus der Erfahrung abstrahiert werden müssen, sagt KANT selbst in der Kr. d. r. V. (ERDMANN 135, KEHRBACH 681) "Auf mehrere Gesetze aber ... Besondere Gesetze ..." (ERDMANN 611, KEHRBACH 135, 136) "Zwar können empirische Gesetze ...", womit die Stellen aus der "Einleitung in die Kritik der Urteilskraft" (BECKs Auszug etc.) Ausgabe ERDMANN Kap. IV., 16, 17; V. 18-23; VI. 23 u. a. m. zu vergleichen sind. (24) Über die bestimmten Raumformen hat er sich nicht näher ausgesprochen. Daß sie aus der allgemeinen Raumanschauung nicht deduziert werden können, haben neuerdings insbesondere LOTZE und DROBISCH, auch BERGMANN behauptet (25). RIEHLs Einspruch dagegen ist schon kurz berührt worden. So wenig wie ihm ist es KOPPELMANN (Lotzes Stellung zu Kants Kritizismus, Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, Bd. 88, Seite 22, 23) und KNAUER (Die Dinge ansich, das Außer uns, das für unsere Erkenntnis Gegebene und unsere Erfahrung, Philosophische Monatshefte, Bd. 21, Seite 479f) gelungen, dagegen etwas Stichhaltiges vorzubringen. Wenn COHEN (a. a. O., Seite 418; vgl. 302, 303, 332) zur Verteidigung KANTs anführt, daß die Bestimmung der einzelnen Räume aus der reinen Anschauung auf dem Begriff der extensiven Größe beruth, daß die Vorstellungen eines bestimmten Raums erst durch die Synthesis des Gleichartigen, ermöglicht werden (417), so ist allerdings zuzugeben, daß der Grundsatz der Größe nach KANT konsequenterweise erst die Erzeugung bestimmter Raumgestalten ermöglicht, indem diese ohne ihn nicht möglich ist. Aber mehr als Bedingung der Möglichkeit ist doch auch so der Raum und die Synthesis des Mannigfaltigen zum Gleichartigen nicht. Denn wie daraus die bestimmten Einzelheiten in der ganzen konkreten Besonderheit ihrer Form (und ihr Verhältnis zueinander im Raum) hervorgehen, bleibt unklar. Um eine Linie vorzustellen, muß ich sie allerdings nach KANTs Voraussetzung ziehen, d. h. nach und nach von Punkt zu Punkt erzeugen: aber diese Erzeugungsmethode sagt mir nicht, wann ich die Erzeugung als vollendet betrachen, d. h. wie lang ich die Linie ziehen, noch wo ich sie ziehen soll. (LAAS, Idealismus und Positivismus III, Seite 427, 483, 489) Wir müssen annehmen, daß all dies im transzendentalen Subjekt seinen Grund hat, obwohl wir auch so noch nicht einsehen, wie es mit den Hilfsmitteln seiner apriorischen Anschauungs- und Denkformen eine produktive Einbildungskraft leisten soll. (26) Weitere Anwendungen vom Standpunkt der "Erscheinung ansich" zu machen, verbietet der Raum. Nur dies sei noch bemerkt, daß er, ehe er von VAIHINGER entdeckt wurde, schon lange gleichsam in der Luft gelegen hat. Namentlich von den Engländern kommen ihm manche recht nahe. Alle diejenigen, welche die "Vermengung" der Dinge-ansich und der Erscheinungen in der Widerlegung des Idealismus behaupten, kann man eigentlich als Vorläufer desselben ansehen. CAIRD spricht (a. a. O., Seite 262) vom Doppelsinn der Wörter "objektiv" und "subjektiv" und unterscheidet bei KANT ein Dreifaches:
2. Das absolut oder nur Subjektive: die Empfindung 3. Ein anderes Objektives, das zwischen beiden steht: das wahrgenommene Objekt.
Im Punkt der Kausalität verwirft unser Autor ERDMANNs und KUNO FISCHERs Vermittlungsversuch, die Kausalität durch Freiheit, akzeptiert dagegen RIEHLs Unterscheidung der Kausalität als Prinzip und Begriff (Seite 45-50). Gegen ERDMANN bemerkt er, daß KANT die Kausalität durch Freiheit auf den Menschen beschränkt. Letzteres haben auch VOLKELT (a. a. O., Seite 97f) und DROBISCH (a. a. O. Seite 19-29, bes. Seite 23) mit Recht gegen ERDMANN eingewandt. Denn wenn auch die allgemeine Erörterung über die Möglichkeit einer intelligiblen Kausalität in dem Abschnitt "Auflösung der kosmologischen Idee" und der "Möglichkeit der Kausalität durch Freiheit" zunächst ganz kosmologisch gehalten ist (FISCHER, a. a. O. III, 3. Auflage, Seite 496), so ist doch die Absicht KANTs nur, durch den allgemeinen Nachweis einer solchen Möglichkeit die Möglichkeit der menschlichen Freiheit nachzuweisen. Nur deshalb schickt er den kosmologisch gehaltenen "Schattenriß" (28) der Auflösung des Problems, dessen provisorischen Charakter ERDMANN verkennt, voraus. Die bestimmte Erklärung KANTs (ERDMANN 390, KEHRBACH 437):
Die Frage ist aber eben: Kann ich die Kausalität durch Freiheit denken, ohne einen transzendenten Gebrauch von der Kategorie der Kausalität (31) zu machen? Um nun nachzuweisen, daß in der Anwendung der Kausalität durch Freiheit auf Dinge-ansich kein Mißbrauch der Kategorie der Kausalität liegt, müßte man zunächst zeigen, daß Kausalität durch Freiheit etwas ganz anderes bedeutet, als die Kategorie. Aber diese Ansicht, die ERDMANN auf Seite 44, 45 des Kritizismus vertritt (siehe Anm. 30), ist nicht haltbar. Was nach KANT die Kausalität durch Freiheit von sonstiger Kausalität unterscheidet, ist nur dies, daß die Ursache nicht selbst wieder Wirkung einer anderen Ursache ist. Deshalb hört sie nicht auf, Ursache zu sein, deshalb hört das Verhältnis zwischen dem intelligiblen Ding und der Erscheinung nicht auf das Verhältnis von Ursache und Wirkung, d. h. das der Kausalität zu sein. Damit bleibt es aber innerhalb der Bedeutung der Kategorie der Kausalität, die nur das Kausal verhältnis betrifft, ohne aber über die Natur der Ursache selbst (ob frei oder nicht) oder der Wirkung etwas auszusagen. (32) Das Kausalverhältnis zwischen dem intelligiblen Ding und der Erscheinung ist genau so notwendig und unveränderlich als das zwischen zwei Erscheinungen. Die Willkür liegt nur in der Ursache; sobald letztere aber handelt, ist nur eine Wirkung der Handlung möglich; hier hört alle Willkür auf. Man kann also nicht sagen, daß man, indem man den Begriff der intelligiblen Kausalität einführt, die Anwendung der Kategorie der Kausalität auf Dinge-ansich vermeidet. Wollte man aber auch selbst zugeben, daß das Kausalverhältnis zwischen Erscheinung und Ding-ansich etwas von der Kategorie der Kausalität durchaus Verschiedenes wäre, so wäre auch dann noch ein verbotener Gebrauch von der Kategorie der Kausalität gemacht. Denn die intelligible Kausalität kann nur eingeführt werden, wenn Dinge-ansich sind. Zu den Dingen-ansich gelangen wir aber, wie KANT in dutzendfacher Variation lehrt, indem wir zu den Erscheinungen einen transzendentalen Gegenstand als Grund oder Ursache derselben hinzudenken, - also durch die Kategorie der Kausalität! (33) Wenn also nach dieser Lehre die intelligible Kausalität, um überhaupt denkbar zu sein, das Hinausgehen der Kategorie der Kausalität über die Erscheinungen voraussetzt (34), so kann sie auch nicht dazu benutzt werden, KANT gegen den Vorwurf eines transzendenten Gebrauchs der Kategorie zu verteidigen. Das Hinzudenken der Ursache zu den Erscheinungen geschieht jedenfalls nach der Kategorie der Ursache und nicht selbst wieder nach einer vom Begriff der Kausalität verschiedenen Idee der Kausalität (ERDMANN, Kritizismus 70). Idee ist nur die Freiheit. Eine Benutzung der Kausalität durch Freiheit als eines Erkenntnisprinzips, um mittels desselben allererst über die Erscheinungen hinweg zu Dingen ansich zu gelangen, sie zu "setzen", muß nach dem, was KANT zum Schluß der "Erläuterung der kosmologischen Idee etc." sagt, durchaus abgelehnt werden. (DROBISCH, 22, 23; K. FISCHER III, 494) Die intelligible Kausalität hat keine andere Aufgabe, als zu zeigen, wie, unter der Voraussetung, daß Dinge ansich sind, Freiheit mit Naturnotwendigkeit vereinbar ist. Überdies würde auch bei der Kausalität durch Freiheit als heuristischem Prinzip erstens nicht einzusehen sein, wie es überhaupt zu einer Antinomie im Denken kommen kann, und zweitens wieder nicht anzugeben sein, worin sich eigentlich das durch sie gesetzte Kausal verhältnis von dem der Kategorie unterscheidet. Einen anderen, und zwar aussichtsvolleren Weg, KANT von dem Widerspruch zu befreien, machen RIEHL (Kritizismus I, Seite 431, 432) und BERGMANN (Monatshefte, a. a. O.; Vorlesungen über Metaphysik, Seite 152) mit der Benutzung der kantischen Unterscheidung von Denken und Erkennen. Sie lassen KANT die zeitliche, d. h. die durch das Schema hindurchgegangene, die schematisierte Kausalität auf Erscheinungen beschränken, die Anwendung der ansich zeitlosen Kategorie der Kausalität auf Dinge-ansich dagegen gestatten. Demnach unterscheidet RIEHL den Grundsatz der Kausalität vom Begriff. Letzterer ermöglicht zwar keine Erkenntnis, wohl aber ein Denken der Dinge ansich. (35) Dieser Unterscheidung, der auch KUNO FISCHER nach dem, was er Bd. V, Seite 78 gegen SCHOPENHAUER bemerkt beipflichtet, schließt sich unser Autor an (Seite 53f). Mit ihr wird nun allerdings der Widerspruch beseitigt. Ob eine zeitlose Kausalität denkbar ist, ist eine andere Frage; jedenfalls verschwindet mit ihrer Annahme der grobe Widerspruch im kantischen System. KANT würde dann nur in der Zeitlichkeit den Grund sehen, warum die Kategorien, wenn sie durch das Schema realisiert sind, zugleich auf Erscheinungen restringiert werden, nicht aber lehren, daß sie nur durch das Schema allererst überhaupt eine Bedeutung erlangen. Es fragt sich nur, ob sich die Annahme, daß die Kategorien ohne das Schema überhaupt noch irgendwie verwendbar sind, als kantisch erweisen läßt. Die Auslassungen KANTs über diesen Punkt weichen voneinander in widersprechendster Weise ab. Zuweilen scheint es, als sei mit den Kategorien nach Abzug der Schemata gar nichts mehr zu machen - (ERDMANN 225, KEHRBACH 685): "Beim Noumenon, da hört der ganze Gebrauch, ja selbst alle Bedeutung der Kategorien völlig auf." (ERDMANN 153, KEHRBACH 154): Ohne den Gegenstand (in der sinnlichen Anschauung) "sind die Begriffe leer" und man hat "bloß mit Vorstellungen gespielt". Andere Stellen dagegen scheinen den Kategorien noch eine über die Sinnlichkeit hinausgehende Gültigkeit zuzuschreiben. (ERDMANN 126, KEHRBACH 234): "Daher erstrecken sich die Kategorien insofern weiter als die sinnliche Anschauung, weil sie Objekte überhaupt denken." Ähnliche Stellen findet man durch die ganze Kritik verstreut. Man wird den anscheinenden Widerspruch durch die Unterscheidung von Denken und Erkennen, auf die schon der erste Kommentator KANTs, der Hofprediger SCHULTZ hinwies, die außer RIEHL und BERGMANN unter den Neueren namentlich DROBISCH (auch RIBBECK, diese Zeitschrift Bd. 89, Seite 268) betont, und die KANT selbst, besonders in der Vorrede zur zweiten Auflage der Kr. d. r. V. hervorhebt (36), beheben müssen. Erkennen, d. h. als Objekt bestimmen kann ich nur durch die schematisierte Kategorie (COHEN, Seite 388); die reine Kategorie bleibt zwar als Gedanke gültig; ich kann aber durch sie kein Objekt bestimmen, d. h. erkennen. An all den Stellen, an denen KANT behauptet, daß wir von den Dingen-ansich gar nichts wissen können, meint er dann nur, daß wir von den Kategorien keinen Gebrauch zu ihrer Bestimmung machen können, sie also unbestimmt = X lassen müssen (ERDMANN 216, 220, 225; KEHRBACH 223, 229, 685). Die Kategorie verliert ohne Anschauung nicht ihre Gültigkeit, wohl aber ihre objektive Gültigkeit. (ERDMANN 148, 216, 221, 226, 227; KEHRBACH 148, 224, 230, 234, 235) (37) So werden wir dann in den Kategorien allgemeine Formen, durch die wir jenseits der Erscheinungen allerhand über die Dinge denken, besitzen, ohne doch dieselben plastisch machen und zu anschaulichen Objekten (wie es in den Vernunftideen problematisch geschieht) verdichten zu können. (38) Aber gerade in Bezug auf die Kategorie der Kausalität ebenso wie die des Daseins, scheint sich die Unterscheidung zwischen Denken und Erkennen nicht durchführen zu lassen. Eine plastische, anschauliche Vorstellung der Kausalität als eines Objekts ist überhaupt nicht möglich; die Anschauung zeigt nur die beiden kausalverbundenen Objekte a und b und ihre zeitliche Aufeinanderfolge, das Kausalverhältnis dagegen wird, wie schon HUME lehrte, nicht angeschaut, sondern von uns hinzugedacht (39). Das Kausalverhältnis ist daher nach KANTs Unterscheidung immer ein Denken, nie ein Erkennen. Wenn wir mithin durch die Kausalitätskategorie die Dinge ansich als Ursachen denken, so erhalten wir zwar dadurch keine Erkenntnis der Natur derselben; sie bleiben = X; daß sie aber Ursachen sind, das erkennen wir bei ihnen ebensogut wie bei den Erscheinungen. Hier genügt also die Gültigkeit der Kategorie vollständig, um ein transzendentes Wissen (Erkennen) zu erzielen. Ähnlich scheint es sich mit der Kategorie des Daseins zu verhalten. Wenn wir die Dinge ansich als seiend denken, erhalten wir zwar kein Wissen von ihnen; sie bleiben = X. Daß sie aber sind, wissen wir, wenn die Kategorie überhaupt gültig ist, und es ist nicht anzugeben, wie sich ein solches Wissen um das Sein aufgrund einer denkgültigen Kategorie noch vom Erkennen der Existenz der Dinge unterscheiden sollte. So scheint also zwischen der Behauptung, daß die Kategorien nur in Verbindung mit einem Schema eine Erkenntnis geben und der anderen, daß sie ohne dieselben nur ein Denken, das kein Erkennen wäre, liefern, zumindest in Bezug auf die Kategorien des Daseins und der Kausalität - ich untersuche nicht, ob auch noch in Bezug auf andere - ein Widerspruch zu bestehen. Für die Kategorie des Daseins kann man nun versuchen, den Widerspruch dadurch fortzuschaffen, daß man die Kategorie des Daseins von der Existenz, die wir den Dingen-ansich zuschreiben, unterscheidet. Hierzu nötigt aber Verschiedenes. Kategorien sind Prädikate zu möglichen Urteilen; wollte man demgemäß auch das Sein der Dinge mit dem Inhalt der Kategorie des Daseins gleichsetzen, so würde das Sein ein Prädikat sein, durch welches das Ding näher bestimmt wird, was KANT in der Polemik gegen den ontologischen Beweis so scharf tadelt. Wollen wir dies nicht, so müssen wir annehmen, daß die Kategorie des Daseins etwas ganz anderes bedeutet, als die Existenz der Dinge. Der Unterschied kann dann nur der sein, daß die Kategorie des Daseins die wahrnehmbare Wirklichkeit, eine bestimmte Art von Wirklichkeit, durch welche die Erscheinungen objektiviert werden, bedeutet, nicht aber das Ursein, dessen die Dinge sich selbst erfreuen. Letzteres wird - so wenig wie mein eigenes Sein - nicht durch die Kategorie des Daseins, sondern durch etwas anderes gedacht und erkannt. Im Fall meines eigenen Seins ist es die Apperzeption (40) die das leistet; für das Sein der Dinge muß, wenn nicht die Apperzeption, so doch ein Korrelat derselben das Organ sein, durch das es gedacht - und erkannt wird. So würde ein Erkennen durch die Kategorie des Seins vermieden werden. Aber eine ähnliche Unterscheidung, die ich - mit ERDMANN (41) - bei der Kategorie des Seins für möglich halte, ist nach meiner hierin von ERDMANN abweichenden Meinung bei der Kategorie der Kausalität nicht zulässig. In Bezug auf diese bleibt also der Widerspruch: daß KANT die Kategorie der Phänomene beschränkt, selbst aber durch sie etwas über das Transzendente aussagt, in voller Schärfe bestehen. Daß er KANT entgehen konnte, wird, außer dadurch, daß ihm die Dinge-ansich die, man möchte fast sagen, instinktive Voraussetzung seines ganzen Philosophierens waren und er sie nicht selbst erst zu erschließen brauchte, noch durch den Umstand erklärlich, daß auf die Kategorien im Allgemeinen jene Unterscheidung von Denken und Erkennen ganz wohl anwendbar schien. Die Kategorien in ihrer Gesamtheit betrachtet sind leere Formen, in die sich das gänzlich unbekannte Ding-ansich nicht fassen läßt; deshalb ist es aber doch vorhanden, und deshalb haben die Formen doch ihre logische Bedeutung. Daß die Unterscheidung bei der einen Kategorie nicht zutraf, konnte KANT, da er den Blick auf das Allgemeine der Kategorien als prädikativer Bestimmungen gerichtet hielt, übersehen. (42) Wir wollen zum Schluß versuchen, eine Einsicht in die Gründe, weshalb KANT den Kategorien einen bedingten transsinnlichen Gebrauch zugestand und sie doch für unbrauchbar zur Erkenntnis der Dinge-ansich erklärte, durch eine vergleichende Betrachtung seiner (in Bezug auf die Dinge-ansich) skeptischen Motive zu erlangen. 1. Die transzendentale Ästhetik weist nach, daß die (der Natur des Subjekts angehörenden) sinnlichen Anschauungen von Raum und Zeit die Bedingungen sind, unter denen allein Gegenstände für uns Objekte werden können. Daraus folgt, daß alles, was in diesen Formen erscheint, Erscheinung ist, und daß mithin auch die Kategorien, sofern sie mit diesen Anschauungsformen zusammen funktionieren (schematisiert sind), nur auf Erscheinungen gehen. Da aber hier unsere sinnliche Anschauung der Grund der Phänomenalität ist, so werden die reinen Kategorien durch dieses Argument nicht mit betroffen. Sie können hiernach mithin entweder a) mit einer anderen sinnlichen Anschauung auf Dinge-ansich gehen, oder b), wenn jede sinnliche Anschauung eo ipso [schlechthin - wp] bloß Erscheinungen liefert, allein Dinge-ansich erkennen, oder c), wenn Erkenntnis ohne Anschauung nicht möglich ist, sie im Verein mit einer intellektuellen Anschauung erkennen. 2. In der transzendentalen Analytik wird nun aber das transzendentale Argument auch auf die Kategorien ausgedehnt: Gegenstände können Objekte für uns nur dadurch werden, daß sie in die Formen der der Natur unseres Verstandes einwohnenden Kategorien eingehen. Dadurch aber werden sie zu Erscheinungen. Dies könnte heißen: Weil sie Dinge nur sind, indem sie von uns gedacht werden, sind sie - als gedachte - nicht Dinge-ansich. Aber diesen Standpunkt streift KANT wohl; ernsthaft an ihn gedacht hat er nicht. Es ist der nachkantischen Erkenntnistheorie unserer Tage vorbehalten geblieben, die Lehre, daß das vurch Vernunft erkannte Sein kein Sein ist - wobei denn doch inkonsequenterweise im Gegensatz zum gedachten Sein ein vom Denken unabhängiges Sein ansich - gedacht wird -, aufzustellen. Bei KANT ist das durch Denken erkannte Objekt deshalb Erscheinung, weil es durch Kategorien erkannt wird. Aus diesem zweiten Grund der Phänomenalität folgt nun, daß durch 1. a), b) und c) kein Ding-ansich erkannt werden kann. Das Denken, das auf Dinge-ansich geht, darf weder sinnliche Anschauung noch auch Kategorie sein, sondern muß kategorieloses Denken und nichtsinnliche Anschauung sein, also ein anschauender Verstand, dessen Anschauung intellektuell (Verstand), dessen Verstand aber anschauende ist. Sowohl 1. a), b) und c) als auch 2. finden sich nun bei KANT, und daher müssen seine Äußerungen über die Erkennbarkeit des Dings-ansich und das Organ, wodurch sie erkannt werden, je nach Überwiegen des Grundes 1. oder 2. schwanken (43). Vor hier aus fällt nun auch ein weiteres Licht auf das Verhältnis der Termini Noumenon in positiver und negativer Hinsicht, transzendentales Objekt und Ding-ansich. Für das Objekt von 1. a) hat KANT keinen besonderen Terminus ausgeprägt. Nach der strengeren Fassung von 2. kann 1. b) nur die Sinnlichkeit begrenzen, ohne sie durch Dinge-ansich zu erweitern. Es wird dadurch also nur eine leere Sphäre geschaffen, ohne daß das Erkenntnisorgan (die Kategorien) imstande wären, sie mit plastisch-wirklichen Gestalten zu erfüllen. Das Objekt von 1. b) ist das Noumenon in negativer Bedeutung = transzendentales Objekt. Das Objekt von 1. c) ist das Noumenon in positiver Bedeutung. Nach der strengeren Regel von 2. sind beide nicht das Ding-ansich. Das Objekt von 2., des anschauenden Verstandes, schließlich ist das Ding-ansich, und der anschauende Verstand ist die Apperzeption. Aber wie gemäß dem Überwiegen von Argument 1., das immer das Hauptargument bleibt, die intellektuelle Anschauung mit dem anschauenden Verstand zusammenfällt, so fällt auch das Ding-ansich mit dem Noumenon im positiven Verstand zusammen. Weiter aber muß es auch mit dem Noumenon im negativen Verstand zusammenfallen, weil ja die reinen Kategorien auf das Ding-ansich abzielen, es nur mangels Anschauung nicht erreichen können und daher unerkannt = X lassen müssen. Es ist dasselbe Ding, nur nicht sichtbar. Auf Seiten des Subjekts entsprechen mithin
2) dem Ding-ansich, soweit es unerkennbar ist, die reinen Kategorien, 3) dem erkennbaren Ding-ansich, soweit sein Sein in Frage kommt, die transzendentale Apperzeption.
2) als unbekanntes Etwas durch die reinen Kategorien, 3) als existierendes Noumenon durch die Apperzeption. Ich muß aus Mangel an Raum darauf verzichten, durch Zitate zu zeigen, daß für alle diese Gesichtspunkte sich Hinweise oder zumindest Andeutungen bei KANT finden. - Vom Widerspruch im Gebrauch der Kategorie der Kausalität habe ich KANT nicht freisprechen können. Ich bestimme dieses Urteil jetzt näher dahin, daß ich den Grund des Widerspruchs nicht im Setzen des Dings-ansich, sondern in der Behauptung, daß wir von ihm nichts wissen können, erblicke. Es ist eine Inkonsequenz, das Ding erst zu setzen, dann aber seine Unerkennbarkeit zu behaupten. Können und müssen wir das Ding-ansich als seiend denken, und hat dieser Gedanke, weil er notwendig ist, Gültigkeit, so ist nicht einzusehen, warum die weiteren, nach unserer Vernunft auch notwendigen Gedanken, durch welche wir die Natur des Dings-ansich näher bestimmen, keine Gültigkeit haben sollten. Sofern sie nur denknotwendig sind, müssen sie auch gültig sein. Man sieht aber, daß damit eine Ontologie (44) als möglich eingeführt wird. Durch die Ideen der Vernunft als regulativer Prinzipien ist KANT dieser Forderung in etwas zumindest nachgekommen. Daß KANT eine große Inkonsequenz begangen hat, steht für mich fest. Daß er deshalb - für mich zumindest - dennoch ein Denker ersten Rangs bleibt, erwähne ich nur deswegen, weil es neuderings Mode geworden ist, die Nachweise von Widersprüchen bei KANT mit dem tiefsinnigen Argument zu bekämpfen, daß "der große Denker" solche Widersprüche nicht begangen haben kann. Solche Abgeschmacktheiten sollten doch aus der Diskussion fortbleiben! Was würde ein Kantianer dazu sagen, wenn man angesichts der Irrtümer und Widersprüche, die KANT seinen Vorgängern vorwirft, sagen wollte: "Das würde der große LEIBNIZ, der große HUME, oder der große BERKELEY doch wohl selbst gemerkt haben!" Und das waren doch auch gerade keine Dummköpfe. (45) - Psychologisch erkläre ich mir nun die Nichtentdeckung des Widerspruchs durch KANT so: Es geht ihm das - theoretische - Verstaändnis für das Unmittelbare ab; er geht nicht unbefangen von den Tatsachen des Bewußtseins und den denknotwendigen Forderungen der Vernufnt aus, sondern konstruiert sich nach seiner transzendentalen Methode ein erkennendes Subjekt, dem er einen Erkenntnisapparat von ganz bestimmter Konstruktion gibt, (46) und dem er das Ding-ansich gegenüber stellt. Er betrachtet nun beide gewissesrmaßen aus der Vogelperspektive und findet von seinem Beobachtungssatz aus, daß dieses Subjekt mit seinem Erkenntnisapparat nicht an die Dinge-ansich herankommt. KANT der Beobachter hat die Dinge-ansich als notwendig erkannt; KANT als konstruiertes Subjekt kann sie nicht erkennen. Wollte KANT sich ernsthaft mit dem konstruierten Subjekt identifizieren, so würde er entweder gar nicht von Dingen-ansich - dann aber auch nicht von Erscheinungen, also eigentlich überhaupt von gar nichts reden können, oder er müßte, wenn seine Vernunft das Sein der Dinge ansich notwendig fordert, diese Forderung sowohl als auch was die Vernunft weiteres über die Dinge-ansich aussagt, anerkennen. Die Inkosequenz, die KANT hier begeht, begeht aber mit ihm die ganze nachkantische kritische Erkenntnistheorie. Auch unsere kritischen Erkenntnistheoretiker konstruieren sich ein Subjekt und finden nun, daß dieses Subjekt - einige sogar aus dem Grund, weil es denkt - nichts ansich Wirkliches erkennen kann, obwohl es aufgrund seiner Vernunft - oder wie man vorzieht, zu sagen, seiner "physisch-psychischen Organisation" - notwendig Dinge-ansich denken muß. Sie finden von ihrem Beobachtungsplatz aus, daß, obwohl der Gedanke der Dinge-ansich ein für das Subjekt denknotwendiger ist, dieser Gedanke deshalb doch nicht ansich gültig zu sein braucht. Würden sie sich klar machen, daß sie selbst ja jenes Subjekt sind, so würden sie auch der Konsequenz nicht ausweichen können, daß, wenn es wirklich denknotwendig ist, Dinge-ansich anzunehmen, auch sie selbst dieselben und ebenso auch alle weiteren denknotwendigen Annahmen der Vernunft über die Dinge als wahr anerkennen müssen und das Dasein derselben gar nicht in Zweifel ziehen können, daß sie aber, wenn sie letzteres tun, durch ihr tatsächliches Verhalten zeigen, daß der Gedanke der Dinge-ansich gar kein absolut denknotwendiger ist: daß mithin ihre Ansicht mit dem Begriff des Denknotwendigen ein unerlaubtes Spiel treibt. Die weiteren Bemerkungen, die ich diesem Punkt im Manuskript gewidmet hatte, unterdrücke ich, weil ich ihn in einem Werk, an dem ich arbeit, näher auszuführen Gelegenheit haben werde. Ich gedenke darin mich mit dem Kritizismus, Skeptizismus und Positivismus kritisch auseinanderzusetzen und namentlich zu untersuchen, wieweit eine kritisch-erkenntnistheoretische Bestimmung des Umfangs möglicher Erkenntnis selbst möglich ist, und inwieweit die Lehren der führenden Erkenntnistheoretiker der Gegenwart selbst auf (verschwiegenen) metaphysischen Annahmen beruhen. - Auch NAKASHIMA gesteht den Fehler, der in der Beschränkung der Erkenntnis auf Erscheinungen liegt, zu und bemerkt sehr richtig, daß wenn ein Wissen vom Transzendenten nicht möglich ist, dann die ganze Kr. d. r. V., die ja die - nicht phänomenalen - Bedingungen der Erscheinungen erforscht, kein eigentliches Wissen ist (Seite 98-99) (47). Nur kurz seien noch einige Punkte in NAKASHIMAs Schrift zumindest gestreift. - Eine wesentliche Veränderung des kantischen Standpunktes will NAKASHIMA in der zweiten Auflage der Kr. d. r. V. nicht erblicken; es trete aber (infolge des Bestrebens, sich von BERKELEY zu unterscheiden) die realistische Seite von KANTs Lehre mehr hervor. Dies kann ich nach dem, was ich oben über KANT und BERKELEY bemerkt habe, nicht zugeben. Dagegen tritt meiner Meinung nach das positive Ziel der Kritik: die Begründung einer rationalen Metaphysik der Erscheinungen, in der zweiten Auflage deutlicher noch als in der ersten in den Vordergrund. Aus dem zweiten Hauptteil ist der Abriß über die historische Entwicklung KANTs, der nichts wesentlich Neues bringt, und des Verfassers Ansicht über Ziel und Absicht der Kr. d. r. V. zu erwähnen. Sie ist: Vermittlung 1) zwischen Dogmatismus und Skeptizismus, 2) zwischen Rationalismus und Empirismus, 3) zwischen Idealismus und Realismus. Die Lehre vom Ding-ansich ist das jedesmal zur Vermittlung benutzte Prinzip. - Die Absicht der Kritik bezeichnet man am besten, weil umfassendsten, immer noch mit VAIHINGER (Kommentar I, Seite 409 und öfter) als eine ungleichmäßige Vermittlung zwischen Dogmatismus und Skeptizismus, wobei aber innerhalb dieser Vermittlung das Hauptgewicht auf die Begründung bzw. Rettung des Rationalismus, und die Tatsache, daß der Idealismus "nur als das einige Mittel, jene Aufgabe aufzulösen, in den Lehrbegriff aufgenommen worden ist", zu legen sein wird; (48) was nicht hindert, daß in der Kr. d. r. V. das skeptisch-phänomenalistische Element gelegentlich eine selbständige Bedeutung erlangt. Meine Ausführungen, die ja einen zum großen Teil selbständigen Charakter hatten, haben vielleicht von der Anlage und Inhalt in NAKASHIMAs Schrift kein hinlänglich klares Bild gegeben. Doch werden sie gezeigt haben, daß wir es in ihm mit einem begabten und unterrichteten Kantforscher zu tun haben, der wohl imstande wäre, die Kantforschung auch durch ein größeres Werk zu fördern. Mit dem Wunsch, daß dies geschehen möge, schließe ich meine Abhandlung.
1) Vgl. die Ausführungen COHENs über die Wirklichkeit als das mit der Empfindung nach Gesetzen Zusammenhängende. (Kants Begründung der Erfahrung, 2. Auflage, Seite 490-493) 2) Der Ausdruck "Gegenstände möglicher Erfahrung" erhält im Licht dieses Standpunktes noch eine ganz spezifische Färbung. 3) Die Cartesianische Außenwelt (VAIHINGER, Kants Widerlegung a. a. O., Seite 130). Auf sie wurde übrigens auch schon in der ersten Auflage (Seite 185 und 187, Nr. 6) rekurriert. Siehe die folgende Note. Vgl. auch "Schriften gegen Eberhard", B, Seite 24, Ausgabe KIRCHMANN. 4) Nicht beweist mehr das fundamentale Mißverstehen von Ziel und Absicht der "Widerlegung", als daß man das Wort mittelbar, das Wort, worauf alles ankommt, für einen Druckfehler hat halten wollen!! (FREDERICHS, Der phänomenale Idealismus Berkeleys und Kants). VAIHINGER hat diese Ansicht in der Note zu Seite 130 a. a. O. mit Recht zurückgewiesen. Er gibt dort die richtige Erklärung der Bedeutung des "mittelbar". Daß aber die Regeln für den Beweis in "der Reduktion der zweifelhaften Gegenstände auf die der wirklichen Wahrnehmung" bestehen, ist, wenn man die Grundüberzeugung KANTs berücksichtigt, nicht zutreffend. Man könnte eher sagen, daß die wirklichen Wahrnehmungen auf die "zweifelhaften" Gegenstände zurückgeführt werden. Das will sagen: Das Dasein der nicht direkt, sondern nur durch den gesetzmäßigen Zusammenhang der Natur erkannten Dinge ist KANT nicht im mindesten zweifelhaft; es ist ja notwendig! Und die vorausgesetzte Wirklichkeit der Natur ist ja doch - hier wie oben in der ersten Auflage (Nr. 5, Seite 185) - letzten Endes das, was schließlich die Bürgschaft dafür liefert, daß in der unmittelbaren Wahrnehmung ein Wirkliches, nicht bloß Eingebildetes, unmittelbar "gegeben" wird. Die Wirklichkeit der Natur wird aber hier bestimmter ausgesprochen als oben. 5) Verzweifelte Anstrengungen, das Unmögliche dennoch möglich zu machen, machen MAHAFFY (Kant's critical philosophy I, Seite 347, 348, Note) und WATSON (Kant and his English critics, Seite 58; gegen BALFOUR und SIDGWICK). Aber selbst COHENs scharfsinnige Verteidigung KANTs muß hier versagen. 6) VAIHINGER findet (a. a. O., Seite 132) in dieser Anmerkung eine verwirrende Beziehung auf die Dinge-ansich und hat diese Annahme auch in die Thesen (Seite 163, 164) aufgenommen. Zur Begründung seiner Ansicht weist er auf die eingeklammerte Stelle der Anmerkung hin: "von denen (d. h. den Dingen außer uns) wir doch den ganzen Stoff zu Erkenntnissen selbst für unseren inneren Sinn her haben." So würden immer die Dinge-ansich definiert. Auf Seite 152 Anm. 1 bekennt er aber selbst, daß mit den "Dingen außer uns" die Dinge im Raum und die empirische Affektion, nicht die Dinge-ansich gemeint sein könnten. Daß erstere aber allein gemeint sind, zeigt der Vergleich mit der Stelle der Anmerkung zur transzendentalen Ästhetik (ERDMANN 74, KEHRBACH 72): "Nicht allein, daß darin (in der inneren Anschauung) die Vorstellungen äußerer Sinne den eigentlichen Stoff ausmachen, womit wir unser Gemüt besetzen." Die Vorstellungen äußerer Sinne aber sind, wie VAIHINGER selbst (Kommentar, Seite 477, 478 - zweite Hälfte: innerer Sinn) voraussetzt, Erscheinungen. Vgl. ferner ERDMANN 64, KEHRBACH 61) "Dagegen, weil alle Vorstellungen ..." 7) Charakteristisch ist hierfür eine Stelle, die ich nach VAIHINGER, Kommentar 480, Anm. zitiere (Lose Blätter I. 124): "Doppeltes Ich. Es ist nicht ein doppeltes Subjekt des Bewußtseins, sondern ein und dasselbe Subjekt, welches sich selbst modifiziert und sich verändert, da dann der, welcher die Veränderung macht, doch von dem, was verändert wird, unterschieden sein muß." Mit dem überindividuellen Ich würde auch das Ding-ansich gänzlich zwecklos werden. 8) BERGMANN, Vorlesungen über Metaphysik, Seite 215, 216; Geschichte der Philosophie II 1, Seite 40, 66. 9) Vgl. die Kritik BERGMANNs, "Sein und Erkennen", Seite 72-79; Vorlesungen über Metaphysik, Seite 218f; Geschichte der Philosophie, Seite 44f über den äußeren und inneren Sinn. Diese kritischen Einwürfe hätte KANT sich dann selbst machen müssen. 10) PAULSEN, a. a. O., Seite 173-175. Vgl. auch VOLKELT, a. a. O., Seite 198; HÖLDER, Darstellung der kantischen Erkenntnistheorie, Seite 14; WINDELBAND, Über die vier Phasen der kantischen Lehre von Ding-ansich, Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie, Bd. 1, Seite 239 11) PAULSEN, a. a. O., Seite 173f; LAAS, Idealismus und Positivismus III, Seite 322f, 349; COHEN, Kants Begründung der Erfahrung (2. Auflage), dessen ganzes Buch in erster Linie der Ausführung dieses transzendentalen Gedankens gewidmet ist. - Daß die so begründete Gültigkeit doch schließlich die perrhorreszierte [abgelehnte - wp] "subjektive Denknotwendigkeit" wieder voraussetzt, indem die Beweiskraft des Arguments, daß, was die Erfahrung selbst möglich macht, deshalb für alle Erfahrung gültig ist, selbst auf ihr beruth, mag hier gelegentlich erwähnt werden. Diese Betrachtung, welche die Grundlage des ganzen Kritizismus betrifft, weiter auszuführen ist hier nicht der Ort. 12) Als materiale Bedingung der Erfahrung hat KANT in den Postulaten des empirischen Denkens überhaupt die Empfindung bezeichnet. 13) Die Parallele, daß auch die bestimmten Einzelanschauungen a posteriori sein müssen, hat KANT bekanntlich nicht gezogen, hat sie aber auch nicht aus der allgemeinen Anschauung a priori deduziert. Ebenso unbestimmt ist die Stellung der besonderen empirischen Naturgesetze. 14) In dem nachgelassenen Werk "Von den Übergängen von den metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft zur Physik" (Hg. von KRAUSE, 1888) bestimmt KANT genauer dieses (vom komparativen a priori zu unterscheidende) a priori der Sinne oder physiologische a priori. Siehe die Nachweise bei VAIHINGER, a. a. O., Seite 154-159. In diesem Werk kommt überhaupt der Standpunkt der "Erscheinung ansich" und der "doppelten Affektion", damit auch Natur und Tendenz der Polemik gegen den Idealismus (VAIHINGER 155) am deutlichsten zum Ausdruck. In ihm spricht KANT auch von dem vollen, materialen Raum, den er als den "spürbaren" vom bloß denkbaren leeren Raum der reinen Anschauung unterscheidet (Seite 111, 292 KRAUSE). Ersterer ist der allgemeine Stoff der Gegenstände. Noch deutlicher heißt es Seite 110 (290 B): "Es muß eine synthetisch allgemeine (allverbreitete) Basis der bewegenden Kräfte der Materie sein, die bloß den Grund der Möglichkeit der Erfahrung von einem Dasein im Raum enthält (spatium sensibile [wahrnehmbarer Raum - wp])" - was meine Behauptung, daß erst die Voraussetzung der Existenz eines Realen im Raum die Garantie dafür, daß die Empfindung etwas Wirkliches, nicht etwas Eingebildetes enthält, bestätigt. 15) Sie gibt KANT in der Schrift gegen EBERHARD (2. III. Seite 76, KIRCHMANN-Ausgabe) auch zu. 16) Nicht auf die in der Anschauung enthaltenen Gegenstände. Daß, wenn die Kategorie auf Anschauung geht, sie auch auf alles in der Anschauung Enthaltene, soweit seine bloße Form in Betracht kommt, geht, versteht sich von selbst und ist von KANT ausdrücklich betont (vgl. ERDMANN 109, KEHRBACH 107). "Denn daß Gegenstände ..." und ERDMANN 160, KEHRBACH 161: "Die empirische Anschauung ist nur..." 17) BÖHRINGER, a. a. O. Seite 49. 18) Vgl. COHENs Bemerkungen über diese Abänderung in a. a. O., Seite 433, 434 19) Nach LAAS, Idealismus und Positivismus III, Seite 485, ist daher dieser Grundsatz einfach aus der Erfahrung entlehnt. Daß durch das Ausgehen von der Empfindung sich der transzendentale Schwerpunkt verschiebt, bemerkt auch COHEN (a. a. O., Seite 423). Erst durch die Einführung des Prinzips der kontinuierlichen und gleichförmigen Erzeugung werde die Antizipation von der Empfindung nicht vermieden (Seite 434). 20) LAAS bemerkt a. a. O. treffend, daß das Empfindungsmaterial sich in die Form eindrängt. 21) Die Kategorie des Daseins scheint sich allerdings noch besser dazu eignen zu müssen. Ich will auch die Frage, wie sich beider Funktion zur Wirklichkeit verhält, nicht entscheiden; es kommt mir nur darauf an, daß ein Wirkliches, welches das empirische Subjekt in der Empfindung affiziert, vom transzendentalen Subjekt gesetzt wird. - Meine Ansicht, daß die Kategorie des Realen das Reale für die Empfindung setzt, stößt mit COHENs Darlegung, daß das Schema der Realität das Reale für die Empfindung erzeugt (a. a. O., Seite 426, 429 und bes. 430) sehr nahe zusammen. 22) So hat schon BECK die Sache aufgefaßt. Siehe DILTHEY, Aus den Rostocker Kanthandschriften, Archiv für Geschichte der Philosophie, Bd. II, Seite 646. 23) ERDMANN 178, 179; KEHRBACH 182. "Obgleich nun die Erscheinungen ..." ebd. "Was verstehe ich also ..." ERDMANN 180, KEHRBACH 184. "Ich werde also ..." (Beispiel von Haus und Schiff auf dem Fluß). 24) DROBISCH, Kants Dinge ansich und sein Erfahrungsbegriff", Seite 48. HÖLDER, Darstellung der kantischen Erkenntnistheorie, Seite 106. COHEN, a. a. O., zweite Auflage, Seite 309, 314. Er fügt aber hinzu, daß nach KANT alle empirischen Gesetze nur besondere Bestimmungen der reinen Gesetze des Verstandes sind. Aber wie kommen sie in unsere Welt hinein, wenn wir doch nichts von den Dingen erkennen, als was wir selbst in sie hineinlegen und sie andererseits nicht aus dem reinen Verstand abgeleitet werden? KANT gesteht die Unmöglichkeit einer Erklärung in den Schriften gegen EBERHARD, 2. III. Seite 77, Ausgabe-KIRCHMANN, ein. 25) So auch KANT selbst in der oben zitierten Stelle ERDMANN 611, KEHRBACH 135, 136. 26) Daß KANT an die Durchführung des Gedanken, auch das Detail der Erfahrung aus den allgemeinen apriorischen Bedingungen abzuleiten, gedacht hat, zeigen die "Losen Blätter" aus KANTs Nachlaß. COHEN, Zur Orientierung in den Losen Blättern aus Kants Nachlaß, Philosophische Monatshefte, Bd. 26, Seite 319, 320 322, 323. Auf den Standpunkt der Erscheinung ansich bleibt jedoch das Ding-ansich als letzter objektiver Grund, insofern es das transzendentale Subjekt affiziert, bestehen. 27) Die folgenden Erörterungen gelten natürlich nur für diejenigen, denen die Existenz der Dinge-ansich "die beständige Behauptung der Kritik" ist. (Schriften gegen Eberhard, Seite 35, KIRCHMANN-Ausgabe) 28) Erläuterung der kosmologischen Idee durch Freiheit etc. ERDMANN 387, KEHRBACH 434. 29) BERGMANN, Geschichte der Philosophie II, Seite 87 30) So setze ich der Einfachheit halber. Es ist aber zu bemerken, daß bei KANT die Frage eigentlich die ist, ob die Kausalität durch Freiheit mit der universellen Gültigkeit des Gesetzes der Kausalität d. h. der durch das Zeitschema hindurchgegangenen Kategorie der Kausalität vereinbar ist. Die Frage wird mit Ja entschieden, indem gezeigt wird, daß die Dinge-ansich gar nicht zeitlich sind. Hier kommt also die Verträglichkeit der Kausalität durch Freiheit mit der zeitlosen Kategorie der Kausalität noch gar nicht in Frage. Wird diese Frage aufgeworfen, so kann die Verträglichkeit beider nur auf zweierlei Art bewirkt werden: entweder durch das Zugeständnis, daß die Kategorie auf Dinge-ansich geht, oder durch den Nachweis, daß die Kategorie der Kausalität auf Erscheinungen eingeschränkt ist und daher die Kausalität durch Freiheit in der intelligiblen Welt möglich ist. Im ersteren Fall findet die Anwendung der Kategorie auf Dinge-ansich ohne Widerspruch statt, im zweiten Fall findet sie nicht statt und daher kein Widerspruch. Ob letzteres aber richtig ist, ist eben die Frage. ERDMANNs Ansicht bezieht sich nach dem, was er Kr. d. r. V. Seite 44, 45 sagt (die Kausalität der Dinge-ansich nicht durch die Kategorie, sondern durch ein transzendentes Korrelat der Kausalität gedacht) auf den zweiten Fall. Seite 68 spricht er aber vom Gegensatz des Ursachseins der Dinge zur empirischen (zeitlichen?) Kausalität und Seite 73 sagt er, daß die Idee der Freiheit im Grunde nichts als die zeitlose Kategorie der Kausalität ist. Ist das ERDMANNs ANsicht, so müßte KANT die Anwendung einer zeitlosen Kausalität auf Dinge-ansich erlaubt und nur die Anwendung zeitlicher Kausalität verboten haben (KUNO FISCHER, a. a. O., Bd. V, zweite Auflage, Seite 78). Dann könnte er die Kausalität der Dinge-ansich durch die Kategorie denken, und ERDMANNs Bemühung zu zeigen, daß sie nicht durch die Kategorie gedacht wird, ist dann zwecklos. - Ob das aber KANTs Ansicht ist, darüber weiteres unten. 31) Man beachte die durch die Druckweise angedeutete Verschiebung der Gedanken! 32) KANT gebraucht den Begriff der Kausalität in zweifacher Bedeutung. Er bezeichnet damit einmal das Kausalverhältnis, die Verknüpfung von Ursache und Wirkung, dann aber auch das Verursachen, d. h. die Wirkung oder Aktion des verursachenden Dings, das Vermögen der Ursache. Im ersteren Sinn ist das Wort in der Formulierung des Gesetzes der Kausalität in der zweiten Auflage genommen: "Alle Veränderungen geschehen nach dem Gesetz der Verknüpfung der Ursache und Wirkung, ebenso ERDMANN, Prol. § 26, Seite 63: "die letztere Bedeutung überwiegt naturgemäß in den Abschnitten über die Freiheit, da ja hier die Freiheit der Ursache erklärt werden soll. So ERDMANN 382 (Vermögen) 383, 384, 385, 388 (Handlung), 389, 390, 391, 392 (Vermögen), 393, 395, 396 (wozu noch Prol. § 54, 102, 103, Anm. verglichen werden können). KEHRBACH 428 (Vermögen), 430 (Willkür). Beide Bedeutungen finden sich zusammen in dem Satz ERDMANN 388, KEHRBACH 435: "Das Naturgesetz: daß alles, was geschieht, eine Ursache hat, daß die Kausalität dieser d. h. die Handlung ... auch ihre Ursache hat." In der obigen Frage handelt es sich nur um das Verhältnis, das die Kategorie allein bezeichnet. Es ist beachtenswert, daß in der Formulierung der zweiten Analogie KANT den Wortlaut der ersten Auflage, der mehr die Natur der Ursache betrifft, durch einen anderen, der ausdrücklich das Kausal verhältnis bezeichnet, ersetzt hat. 33) Hiermit soll nicht gesagt sein, daß KANT selbst seine Dinge-ansich durch einen Schluß von den Erscheinungen auf ihre Ursache erst erschlossen hat. Sie sind bei ihm einfach die Voraussetzung, von der er ausgeht, und von der er erst zum Begriff der Erscheinung kommt. Aber er lehrt doch, daß der Verstand im Kausalitätsbegriff einen Fühler besitzt, der ihn an die Dinge-ansich, soweit ihr Dasein in Frage kommt, heranbringt. Und dieser Lehre widerspricht die andere, daß er in den Erscheinungen zu bleiben hat. Der "Grenzbegriff", den LANGE aufstellt, kann daran nichts ändern, daß das Ding-ansich selbst erreicht wird. Zwischen Erscheinung und Ding-ansich ist nicht noch eine Schicht von "Grenzbegriffen", die das eine nicht mehr, das andere noch nicht wären; die Grenze ist eine geometrische Linie; berührt man sie, so berührt man auch das Ding-ansich. - Die apriorischen Konstituentien der Erfahrung findet KANT übrigens wirklich durch einen erkenntniskritischen Rückschluß von der vorliegenden Erfahrung auf ihre Bedingungen, sodaß die ganze Transzendentalphilosophie ein forwährendes Übertreten des durch sie selbst erlassenen Verbotes ist. Denn das a priori ist nicht Erscheinung, sondern intelligibel (obwohl doch andererseits seine Tätigkeit selbst in die Zeit fällt). 34) BERGMANN, Philosophische Monatshefte, Bd. 19, Seite 41. - Daß Dinge-ansich sind, hätte KUNO FISCHER zu den 3 Bedingungen der Freiheit, die er a. a. O. III, Seite 494, dritte Auflage aufzählt, als vierte hinzufügen müssen. Daß die Setzung der Existenz des Dings-ansich durch Kausalität von der Bestimmung seiner Ursächlichkeit als intelligibler Kausalität durch Freiheit verwendbar ist, will ich noch an einer instruktiven Stelle von K. FISCHERs "Geschichte der Philosophie", Bd. III, Seite 498 wirft er die Frage auf: Wie ist es möglich, daß unter dem kritischen Gesichtspunkt die Ursache einer Erscheinung überhaupt als Ding-ansich gedacht wird? Aber diese Frage verkehrt sich ihm sogleich in die andere: Wie kann ein Ding-ansich als Ursache gedacht werden? Die beiden Fragen sind aber durchaus nicht gleichbedeutend. Auf die letztere allein paßt die Kausalität durch Freiheit als Antwort; auf die erstere aber, welche bedeutet: wie können wir durch den Begriff der Ursache, der doch nur für Erscheinungen gilt, Dinge-ansich denken? paßt die Antwort nicht in gleicher Weise. Vgl. Seite 499 und 500. "KANT mußte den Begriff einer intelligiblen Ursache fassen, denn er mußte nach dem Grund fragen, der die Vorstellung macht" - hier Anwendung der Kausalität zwecks Aufstellung des Dings ansich. "So mußte der Grund, welcher die Erscheinungen macht, als intelligible Ursache bestimmt werden" - hier Anwendung der Kausalität durch Freiheit zur Bestimmung der Art der Ursächlichkeit des Dings ansich. 35) BERGMANNs Fassung des Unterschieds in schematisierte Kategorie und reine Kategorie verdient aber den Vorzug. RIEHL muß Grundsatz wiederum als = durch das Schema vermittelter Grundsatz auffassen. Denn wenn wir durch die reine Kategorie alle Dinge ansich als Ursachen, als Substanzen etc. denken, so sind diese Urteile auch Grundsätze. Solche Grundsätze verbietet KANT aber (ERDMANN 216, KEHRBACH 223). "Der transzendentale Gebrauch eines Begriffes in irgendeinem Grundsatz ist dieser, daß er auf Dinge überhaupt und ansich, der empirische aber, wenn er bloß auf Erscheinungen ... bezogen wird." 36) Auch in den übrigen Werken. Auch in den von DILTHEY im "Archiv für Geschichte der Philosophie", Bd. 2 mitgeteilten Briefen KANTs an BECK begegnet man ihr wieder (Seite 623, 624). 37) Vielleicht am deutlichsten drückt diesen Sinn die Anmerkung ERDMANN 135, KEHRBACH 681 aus, in der es heißt: "... will ich nur in Erinnerung bringen, daß die Kategorien im Denken durch die Bedingungen unserer sinnlichen Anschauung nicht eingeschränkt sind, sondern ein unbegrenztes Feld haben, und nur das Erkennen dessen, was wir uns denken, das Bestimmen des Objekts, einer Anschauung bedarf, wo beim Mangel der letzteren der Gedanke vom Objekt übrigens noch immer seine wahren und nützlichen Folgen auf den Vernunftgebrauch des Subjekts haben kann, der sich aber, weil er nicht immer auf die Bestimmung des Objekts, mithin auf die Erkenntnis ... gerichtet ist, hier noch nicht vortragen läßt". Vgl. ferner ERDMANN 15 Anm., 219, 220 Anm., 221, 230, 247; KEHRBACH 23 Anm., 228, 229 Anm., 230, 238, 258. Die Gültigkeit des Satzes vom Widerspruch z. B. auch für die Dinge-ansich hat KANT nie in Zweifel gezogen. (Schriften gegen EBERHARD, Erster Abschnitt, Schluß) 38) Es soll hier erwähnt werden, daß BERGMANN in der Note 5, Seite 162 der "Vorlesungen" und dann in der "Geschichte der Philosophie" seinen Standpunkt in Bezug auf die Kategorien modifiziert hat. Er nimmt hier (Seite 67-69) an, daß KANT den reinen Kategorien keinerlei Anwendung auf Dinge-ansich zugesteht. Sie würden zwar auch für eine andere sinnliche Anschauung gelten; eine Erkenntnis von Dingen-ansich durch Kategorien ist aber ausgeschlossen. Doch hat KANT andererseits, daran nicht festhaltend, ihnen auch eine Bedeutung für Gegenstände einer nichtsinnlichen Anschauung (Dinge-ansich) zugeschrieben. Er selbst schließlich wendet die Kategorien des Daseins, der Substanz und der Kausalität auf Dinge-ansich an. 39) COHEN bemerkt Seite 452, daß der Grundsatz der Kausalität erst den Gegenstand konstituiert. Das heißt nicht, daß er erst die Elemente schafft, die er kausal verbindet, vielmehr ist eben das Verhältnis zwischen ihnen hier der vom Grundsatz konstituierte Gegenstand (Seite 453); diesen Gegenstand zu konstituieren scheint aber auch das Denken fähig zu sein. Es mag auch durch den Grundsatz das Element allererst zum Gegenstand vollendet werden, wie es nach Seite 452 scheint; dieser Erfolg bleibt dann allerdings beim Denken aus, in der Konstituierung des Verhältnisses wird aber dadurch nichts geändert. 40) Daß das Erkennen des Seins eine ganz andere Art von Denken ist, als die Kategorie, zeigt am besten die Tatsache, daß KANT in einer Anmerkung der Prolegomena (§ 46) die Apperzeption ein Gefühl eines Daseins im Unterschied zum Begriff nennt. Vgl. ERDMANN, Einleitung C und LAAS, Idealismus und Positivismus III, Seite 481. 41) ERDMANN, Kants Kritizismus, Seite 145 42) ERDMANN 247, 248; KEHRBACH 257, 258 sagt KANT: "Der Verstand ... denkt sich einen Gegenstand ansich, ... der die Ursache der Erscheinung (mithin nicht selbst Erscheinung) ist und weder als Größe noch als Realität noch als Substanz usw. gedacht werden kann. Die anderen Kategorien werden nicht einzeln weitergeprüft; das usw. stellt sie in ihrer Gesamtheit vor. 43) Vgl. die Ausführungen bei BERGMANN, Geschichte der Philosophie II, Seite 67, 68, mit denen obige Erörterung in den wesentlichen Punkten zusammentrifft. 44) GERARD HEYMANS im "Archiv für Geschichte der Philosophie", Bd. 2, Seite 573, 575; HÖLDER, Darstellung der kantischen Erkenntnistheorie, Seite 89f, 103f. 45) Vgl. KANTs eigene Bemerkung über diesen Abschnitt und die Schrift gegen EBERHARD, Abschnitt C, die fünfte Note, Seite 39 (Ausgabe KIRCHMANN) 46) In dessen Adern gewissermaßen statt des wirklichen Blutes des wahren Subjekts nur ein verdünnter Saft aus Surrogat rinnt. (DILTHEY, Einleitung in die Geisteswissenschaften, Vorrede Seite XVII). 47) KUNO FISCHER, a. a. O., Bd. V, Seite 82-84; BERGMANN, Vorlesungen, a. a. O., Seite 45, 46, 49, 54, 55. 48) Prolegomena, Anhang von dem was geschehen kann (ERDMANN 138). Vgl. PAULSEN, Versuch einer Entwicklungsgeschichte der kantischen Erkenntnistheorie, Seite 184 bis 187, 203, 208, 210 und öfter. |