Wissenschaft
Alois Riehl - Wissenschaftliche und unwissenschaftliche Philosophie
  p-2siehe auch Wissen, Methode, Objektivität, Wirklichkeit, Denken, Theorie, Ideologie
 
  001 Die wissenschaftliche Forschung der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts ist das größte Machtinstrument, das die Menschheit je besessen hat.

002 Die Wissenschaft ist wertloser, als sie scheint, weil es keine Realität gibt, sondern nur Diskurse über sie.

003 "Man versuche nur einmal, die Wirklichkeit  genau  zu  beschreiben d.h. sie mit allen ihren Einzelheiten,  so, wie sie ist,  in Begriffe aufzunehmen, um dadurch ein Abbild von ihr zu bekommen, und man wird wohl bald die Sinnlosigkeit eines derartigen Unternehmens einsehen. Die empirischen Wirklichkeit nämlich erweist sich als eine für uns  unübersehbare Mannigfaltigkeit die immer größer zu werden scheint, je mehr wir uns in sie vertiefen und sie in ihre Einzelheiten aufzulösen beginnen, dann auch das  kleinste  Stück enthält mehr, als irgend ein endlicher Mensch zu beschreiben vermag, ja, was er davon in seine Begriffe und damit in seine Erkenntnis aufnahmen kann, ist geradezu verschwindend gering gegen das, was er beiseite lassen muß. Hätten wir also die Wirklichkeit mit Begriffen  abzubilden,  so ständen wir als Erkennende vor einer prinzipiell  unlösbaren  Aufgabe, und so wird es denn, wenn irgend etwas, das bisher geleistet ist, überhaupt den Anspruch machen darf, Erkenntnis zu sein, auch für den immanente Wahrheitsbegriff wohl dabei bleiben müssen, daß Erkennen nicht Abbilden durch Beschreibung der  Phänomene,  sondern  Umbilden,  und zwar, wie wir hinzufügen können, im Vergleich zum Wirklichen selbst, immer  vereinfachen  ist." - Heinrich Rickert, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, Stuttgart 1986, Seite 49f

004 Nach der Heisenbergschen Unschärferelation ist es grundsätzlich nicht möglich Ort und Impuls eines Elementarteilchens genau zu erfassen. Genau bestimmen läßt sich nur das eine oder das andere, abhängig von der jeweiligen Untersuchungsmethode. Subatomare Teilchen zeigen "Tendenzen" zu existieren oder aufzutreten.

005 "Alle Wissenschaft will das Dasein begreiflich und damit gerechtfertigt erscheinen lassen." - Vgl. Friedrich Nietzsche in Colli/Montinari (Hg), KSA Bd. 1, München 1988, Seite 99

006 Die Nationalökonomie ist als ein großangelegter Versuch zu betrachten, das soziale Sollen wissenschaftlich zu konstatieren.

007 Die Aufgabe der Wissenschaften ist es, Gleichförmigkeiten zu finden.

008 "Ich nenne Wissenschaft die Hypothese der konstanten Beziehungen zwischen den Erscheinungen. Die wissenschaftliche Arbeit besteht darin, die Natur nach dieser Hypothese zu befragen. So bildet sich ein Richter eine Vermutung, bevor er den Angeklagten befragt." - Vgl. Emile Boutroux, Wissenschaft und Religion, Leipzig und Berlin 1910, Seite 220

009 Die Allgemeinbegriffe sind nicht, wie es "Rationalismus" und "Realismus" gerne hätten, Abbilder objektiver Wesenheiten, sondern nur allgemeine Namen, die geeignet sind, auf mehrere Gegenstände angewendet zu werden. Deshalb tragen sie auch zur Erkenntnis der Wirklichkeit nichts Wesentliches bei und haben somit eigentlich auch keine erkenntnisrelevante Bedeutung. Die für das wissenschaftliche Arbeiten unerläßliche Begriffsbildung verfolgt daher letztlich keinen Erkenntniszweck, sondern einen Machtzweck.

010 "Nun ist ja in der erlebten Wirklichkeit von einer spezifischen Unberechenbarkeit menschlichen Tuns ganz und gar nichts zu spüren. Jedes militärische Kommando, jedes Strafgesetz, ja jede Äußerung, die wir im Verkehr mit anderen machen, rechnet auf den Eintritt bestimmter Wirkungen in der Psyche derer, an die sie sich wendet, - nicht auf eine absolute Eindeutigkeit in jeder Hinsicht und bei allen, aber auf eine für die Zwecke, denen das Kommando, das Gesetz, die konkrete Äußerung überhaupt dienen wollen, genügende. Sie tut dies, logisch betrachtet, in ganz und gar keinem anderen Sinn, als statische Berechnungen eines Brückenbaumeister agrikulturchemische Berechnungen eines Landwirts und physiologische Erwägungen eines Viehzüchters, und diese wieder sind Berechnungen in demselben Sinn, in dem die ökonomischen Erwägungen eines Arbitrageurs (Börsianer) und Terminmaklers es auch sind; jede von diesen Berechnungen begnügt sich mit dem für sie erforderlichen und bescheidet sich mit dem für sie spezifischen Zwecke nach Lage ihres Quellenmaterials in concreto erreichbaren Maß von Exaktheit. Ein prinzipieller Unterschied gegen Naturvorgänge besteht nicht. Die Berechenbarkeit von Naturvorgängen in der Sphäre von Wetterprophezeiungen etwa ist nicht entfernt so sicher wie die Berechnung des Handelns einer uns bekannten Person, ja, sie ist einer Erhebung zur gleichen Sicherheit auch bei noch so großer Vervollkommnung unseres nomologischen Wissens gar nicht fähig. So steht es aber überall, wo nicht bestimmte, abstrahierte Relationen, sondern die volle Individualität eines künftigen Naturvorgangs in Frage steht." - Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1988, Seite 64f

011 Wissenschaft geht nicht auf. Sie gerät an die Grenzen ihrer Regeln und muß urteilen, wägen und ergänzen, fällt also an die Moral zurück.

012 "Es bleibt also dabei: das Qualitative ist von dem Quantitativen durch eine Kluft getrennt, über die auch die Psychophysik der Zukunft keine Brücke schlagen wird. Der Rationalismus das 17. Jahrhunderts mochte glauben, daß jedem einfachen und bloß ausgedehnten Körper eine ebenso einfache Sinnesempfindung parallel zu setzen sei, und daß man daher die Wirklichkeit more geometrico behandeln könne. Wir sollten heute endlich gelernt haben, daß die rationalen Welten erst Produkte der generalisierenden Abstraktion sind, und daß sie deshalb zwar gewiß nicht aufhören, theoretisch und praktisch wertvoll zu sein, aber niemals mit individuellen Wirklichkeiten zusammenfallen." - Heinrich Rickert, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, Stuttgart 1986, Seite 152

013 "Man muß fragen, wie der wissenschaftliche Begriff Macht über das Wirkliche bekommt, und auch die Antwort hierauf liegt nahe. Nur durch eine begriffliche Trennung von Andersartigkeit und Stetigkeit kann die Wirklichkeit rational werden. Das Kontinuum läßt sich nicht begrifflich beherrschen, sobald es homogen ist." - Vgl. Heinrich Rickert, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, Stuttgart 1986, Seite 51f

014 Ist Wissenschaft aber nicht unparteiisch, sondern subjektiven Interessen unterworfen, ist sie für den Mißbrauch geradezu prädestiniert.

015 "Indem also die Wissenschaft abstrahiert, idealisiert sie auch ihre Objekte." - Ernst Mach, Erkenntnis und Irrtum, Darmstadt 1991, Seite 139

016 "Denn auch wenn wir die Grenzen noch so nah aneinanderlegen, so fließt doch immer die Wirklichkeit selbst mit ihrer kontinuierlichen und daher unerschöpflichen Andersartigkeit zwischen ihnen unbegriffen hindurch. Wir können also mit Begriffen nur Brücken über den Strom der Realität schlagen, mögen die einzelnen Brückenbogen auch noch so klein sein. Daran wird keine Wissenschaft vom realen Sein etwas ändern." - Heinrich Rickert, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, Stuttgart 1986, Seite 53

017 "Wissenschaftliches Denken ist im wesentlichen Machtdenken, d.h. ein Denken, dessen bewußter oder unbewußter Zweck darin besteht, seinem Träger Macht zu geben." - Bertrand Russell, ohne weitere Quelle

018 Unter einem rationalen Gedankensystem sind alle Geister gezwungen, sich wissenschaftlichen Gesetzen zu unterwerfen.

019 Eine politische Theorie, die alle gesellschaftlichen Fragen für wissenschaftlich lösbare Sachfragen hält, ist scheinrational, weil sie an eine objektive Wahrheit jenseits des subjektiven Bewußtseins glaubt.

020 Die Jllusion des Postulats einer wertfreien Wissenschaft.

021 "Die Methode der Naturwissenschaft tötet alles Lebendige, in ihr ist der Wille zur Macht in seiner mächtigsten Gestalt präsent." - Wilhelm Dilthey, ohne weitere Quelle

022 "Die Wirklichkeit in ihrer Besonderheit und Individualität ist die Grenze für jede naturwissenschaftliche Begriffsbildung." - Heinrich Rickert, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, Stuttgart 1986, Seite 65

023 "Die neutrale Sphäre, die der Wissenschaft in ihren Institutionen geschaffen worden ist, ist zugleich ein Kompromiß, den sie gegenüber Kirche, Staat und Wirtschaft eingeht. Die gesellschaftliche Stabilisierung erreichen die Wissenschaftler um den Preis, daß ihre eigene Sicherung zugleich eine Zusicherung zu sein hat, keinen Anlaß zur Gefährdung der öffentlichen Ordnung, der religiösen Orientierung und der Legitimation von Herrschaft zu geben. Es lagen damit die Institutionen fest, welches Forschungsverhalten als ein wissenschaftliches auf Anerkennung und Schutz rechnen kann. ... Die Wissenschaft ist ein begrenztes Erkenntnisunternehmen, dessen Ergebnisse für verschiedene und moralisch unterschiedlich bewertbare Zwecke nutzbar gemacht werden können. Die Bereitstellung von Wissen ist eine neutrale Tätigkeit, die als solche weder herrschaftskonform noch dysfunktional ist. Der Wissenschaftler betreibt im Rahmen seiner wissenschaftlichen Kompetenz keine Veränderung der sozialen und ideologischen Strukturen. Diese Philosophie des guten Gewissens ist zwar niemals völlig durchgeschlagen, sie ist wohl auch nicht sehr konsistent; aber ihre Entstehung und Verbreitung fällt zusammen mit der Institutionalisierung der Wissenschaft im Zeitalter der absolutistischen Restauration im 17. Jahrhundert. Seit dieser Zeit verzichten Politik und Theologie darauf, Wissenschaft zu verfolgen, sofern sie sich in den engen eine Natur- und Technikverständnisses aufhält, das die Problematisierung sozialer Verhältnisse ausschließt. Diese restriktive Definition der Wissenschaft beseitigt die emanzipatorischen Ansprüche, die bis ca. 1650 geradezu selbstverständlich mit ihr verbunden waren." - Edgar Zilsel, Die sozialen Ursprünge der neuzeitlichen Wissenschaft, Ffm 1976, Seite 20f

024 Die Wissenschaft sagt von den Dingen aus, daß sie sind; die Ethik sagt einige sind besser, als andere.

025 Die Wissenschaft will das Restobjekt eliminieren und kann nicht zulassen, daß etwas Unberechenbares existiert.

026 "Der Schritt vom Homogenen ins Heterogene, der uns vor eine prinzipiell unerschöpfliche Mannigfaltigkeit führt, ist stets der Schritt vom Unwirklichen zum Wirklichen, der auch mit dem vom Rationalen zum Irrationalen zusammenfällt. Wir können nur den Schritt von der irrationalen Wirklichkeit zu den rationalen Begriffen machen, indem wir das nicht Quantifizierbare weglassen, die Rückkehr zur qualitativen individuellen Wirklichkeit ist uns für immer versagt. Denn wir werden aus den Begriffen nie mehr herausholen als das, was wir hineingetan haben. Der Schein, als führe ein Komplex von Allgemeinheiten zum Individuellen zurück, entsteht dadurch allein, daß wir uns ein ideales Sein rein quantitativer Art aufbauen, indem jeder beliebige Punkt beherrschbar ist, und daß wir dann diese begriffliche Welt mit der Wirklichkeit verwechseln, in der es keine Punkte gibt." - Heinrich Rickert, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, Stuttgart 1986, Seite 152f

027 "Denn empirische Disziplinen arbeiten, wo immer es sich um die realen Beziehungen zwischen ihren 0bjekten (und nicht um ihre eigenen logischen Voraussetzungen) handelt, unvermeidlich mit dem naiven Realismus, nur je nach der qualitativen Art des Objekts in verschiedenen Formen. Auch die mathematischen und logischen Sätze und Normen sind daher, wo sie Objekt soziologischer Forschung sind, z.B. wenn der Grad ihrer richtigkeitsrationalen Anwendung zum Ziel statistischer Untersuchung wird, für uns gerade logisch gar nichts als: konventionelle Gepflogenheiten eines praktischen Sichverhaltens." - Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1988, Seite 437

028 Der Kern des Denkens und der Wissenschaft sind Symbole und Zeichen.

029 "Es ist die nächste und in gewissem Sinne wichtigste Aufgabe unserer bewußten Naturerkenntnis, daß sie uns befähige, zukünftige Erfahrungen vorauszusehen, um nach dieser Voraussicht unser gegenwärtiges Handeln einrichten zu können ... Das Verfahren aber, dessen wir uns zur Ableitung der erstrebten Voraussicht stets bedienen, ist dieses: wir machen uns innere Scheinbilder oder Symbole der äußeren Gegenstände und zwar machen wir sie von solcher Art, daß die denknotwendigen Folgen der Bilder stets wieder die Bilder seien von den naturnotwendigen Folgen der abgebildeten Gegenstände ... Ist es uns einmal geglückt, aus der angesammelten bisherigen Erfahrung Bilder von der verlangten Beschaffenheit abzuleiten, so können wir an ihnen, wie an Modellen, in kurzer Zeit die Folgen entwickeln, welche in der äußeren Welt erst in längerer Zeit oder als Folgen unseres eigenen Eingreifens auftreten werden ... Die Bilder, von welchen wir reden, sind unsere Vorstellungen von den Dingen; sie haben mit den Dingen die  eine  wesentliche Übereinstimmung, welche in der Erfüllung der genannten Forderung liegt, aber es ist für ihren Zweck nicht notwendig, daß sie irgendeine weitere Übereinstimmung mit den Dingen haben. In der Tat wissen wir auch nicht und haben auch kein Mittel zu erfahren, ob unsere Vorstellungen von den Dingen mit jenen in irgend etwas anderem übereinstimmen, als allein in eben jener  einen  fundamentalen Beziehung." - Heinrich Hertz in Hans-Ludwig Ollig, Materialien zur Neukantianismus-Diskussion, Darmstadt 1987, Seite 266

030 Der Philosoph muß mit seinem Verhalten für seine Wahrheit einstehen; dem Wissenschaftler genügt es, sie auszusprechen.

031 Es ist unmöglich, sich auf jeden Gebrauchsgegenstand theoretisch einzustellen. Benützten wir die Gegenstände erst nach wissenschaftlicher Kenntnis, könnten wir nicht überleben.

032 Sehen, um vorherzusehen ist Wesensmerkmal von Wissenschaft.

033 "Man hat es zu einem Problem erklärt, bzw. die weitgehendsten Folgerungen daraus gezogen, daß unser seelischer Prozeß, der rein naturhaft verläuft, doch in seinem Inhalt so gut wie immer zugleich den logischen Normen gemäß wäre; es ist in der Tat höchst merkwürdig, daß ein bloß von Naturursachen hervorgebrachtes Geschehen so vor sich geht, als ob es von den idealen Gesetzen der Logik regiert würde; denn es ist nicht anders, als ob ein Baumzweig, mit einem Telegraphenapparat so verbunden, daß seine Bewegungen im Wind diesen in Tätigkeit setzen, ihn damit zu Zeichen veranlaßte, die für uns einen vernünftigen Sinn ergeben." - Georg Simmel, Soziologie, Leipzig 1908, Seite 340

034 Unser ganzer Erkenntnisapparat ist auf Bemächtigung der Dinge gerichtet.

035 Das Problem der Weltbeschaffenheit ist ohne Rücksichtnahme auf unseren seelischen Apparat eine leere Abstraktion.

036 "Nach Duhem beschreibt kein Satz der Physik etwas, was Inhalt der unmittelbaren Beobachtung ist, kein Urteil der Physik bezieht sich auf jene Elemente, die in der  phänomenologischen Physik  Machs den Kern und den Inhalt alles Wirklichen darstellen. Nicht erst die allgemeinen, sondern schon die besonderen physikalischen Aussagen können von Machs System nicht zureichend erklärt werden. Ein Urteil über Tatsachen läßt sich - wie Duhem immer wieder zeigt - von dem über Prinzipien nicht trennen. Denn es gibt keine faktische Feststellung, die nicht bereits eine prinzipielle Behauptung einschließt. Jedes Urteil über einen Einzelfall schließt schon ein ganzes System der Physik ein. Es gibt keine Beobachtung und Messung vor aller Theorie und unabhängig von ihren Voraussetzungen. Kein noch so einfacher physikalischer Satz läßt sich als eine Summe von Wahrnehmungstatsachen betrachten - wie es Mach wollte -, läßt sich als ein Aggregat von Beobachtungen verstehen. So wird uns vom Physiker nicht mitgeteilt, daß beim Ablesen der Meßinstrumente dieser oder jener Sinneseindruck im Beobachter aufgetaucht ist, sondern daß ein elektrischer Strom bestimmter Intensität durch ein Magnetfeld hindurchgegangen ist, daß der Druck, das Volumen, die Temperatur eines Gases sich unter gewissen Versuchsbedingungen in dieser oder jener Weise verändert haben. Um aber den Sinn solcher Aussagen über Strom, Druck, Volumen usw. zu verstehen, dazu gehört nicht der Hinweis auf Wahrnehmungsdaten. Denn schon der Gebrauch dieser Begriffe schließt höchst komplizierte theoretische Voraussetzungen ein, so daß in ihm ein ganzes System physikalischer Urteile eingeschlossen ist. Was der Physiker als Resultat eines Experimentes anspricht, ist nicht ein Bericht über einzelne Tatsachen, die er konstruiert hat; es ist vielmehr die Interpretation dieser Tatsachen, d. h. die Versetzung derselben in eine ideale, abstrakte, symbolische Welt. So könnten wir also, resümiert Cassirer, niemals die Wahrheit oder Unwahrheit einer Theorie dadurch bestimmen, daß wir sie an der Welt der Fakten als einer  für sich  gegebenen, von allen Voraussetzungen der Theorie unabhängigen Wirklichkeit messen. Eine physikalische Theorie lasse sich nur an anderen Theorien messen, ein physikalisches System lasse sich, wenn wir seinen Wahrheitswert bestimmen sollen, immer nur mit einem anderen System, mit einem ganzen Inbegriff theoretischer Grundsätze und Lehrsätze vergleichen." - Kurt Hübner, Cassirers Beitrag zur Philosophie der Physik in Hans-Ludwig Ollig, Materialien zur Neukantianismus-Diskussion, Darmstadt 1987, Seite 267f

037 Es gibt keine Trennung von Wissenschaft und Ideologie.

038 Die wissenschaftliche Versuchsanordnung braucht Bedingungen, die sich einer absoluten Kontrolle unterwerfen lassen. Die sich ergebende Objektivität wirkt umso rationaler, je mehr Momente der Wirklichkeit eliminiert werden, die sich nach diesem Verfahren nicht erfassen lassen.

039 Die Wissenschaft erniedrigt, wenn sie nicht humanisiert. Sie verfeinert nur die Verbrechen an der Menschheit.

040 Die Denkweisen der Spezialwissenschaften lassen sich nicht mehr in ein öffentliches Bewußtsein übersetzen.

041 Das Wesen der Religion beginnt da, wo keine Wissenschaft hinführt und das Unerforschliche und Unbegreifliche in unser Leben einbricht, wo sich Geheimnis und Mysterium als solches offenbaren.

042 "Die Welt passt nicht in die Mauselöcher, die unsere Sprache für sie bereithält." - Anatol Rapoport, Bedeutungslehre, Darmstadt 1972

043 Die Auswahl der Tatsachen, die ermittelt werden sollen, werden von Wertvorstellungen bestimmt. Wissenschaftliche Erkenntnis und die Bindung an Werte kann nicht getrennt werden. Die Feststellung von Tatsachen kann nicht von den Werturteilen getrennt werden.

044 "Eine  Wissenschaft,  die gestern den Primat der nordischen Rasse, heute die Verankerung des privaten Kapitalbesitzes im Naturrecht und morgen vielleicht den unausbleiblichen Sieg der proletarischen Revolution  beweist,  verliert schließlich ihre Glaubwürdigkeit, und ihre Vertreter fallen der Geringschätzung anheim." - Ernst Topitsch in Hans Albert / Ernst Topitsch, Werturteilsstreit, Darmstadt 1979, Seite 367

045 Wissenschaft sucht allgemeine Begriffe und Sätze, die als Grundlage für Grundsätze dienen können.

046 Das herrschende Erkenntnisziel der Naturwissenschaft ist Gleichförmigkeit.

047 Die Wissenschaft soll nicht den Aberglauben nähren, ihre Bilder und Modelle seien schon die Wirklichkeit.

048 Die Erforschung der Welt wird von zwei verschiedenen Enden aus versucht: einmal von der Materie aus, ein anderes Mal von der menschlichen Seele her.

049 "In allem Wandel des Fortschreitens der Wissenschaft bleibt eine Kontinuität erhalten. Darum möge man auch mit dem heute so verbreiteten Schlagwort vom  Umsturz in der Physik  vorsichtig umgehen: Einen  Zusammenbruch des Kausalprinzips  oder gar eine  Rettung der Willensfreiheit  kann man aus der Entwicklung dieser Wissenschaft in unserem Jahrhundert gewiß nicht folgern." - Ernst Topitsch in Hans Albert / Ernst Topitsch, Werturteilsstreit, Darmstadt 1979, Seite 370

050 "Der aus einer intellektualistischen Metaphysik stammende Glaube der Aufklärung, daß die Erkenntnis etwas Gutes sei und daher aus ihr immer nur Gutes folgen könne, etwas Gutes sei und daher aus ihr immer nur Gutes folgen könne, ist auf dem heutigen Niveau der Selbstkritik der Wissenschaft unhaltbar geworden. Vielmehr bildet die Erkenntnis nur  einen  möglichen Gegenstand der Wertschätzung unter vielen, und es ist unbestreitbar, daß wissenschaftliche Einsichten mitunter zu bedenkenlich, ja gefährlichen Folgen führen." - Ernst Topitsch in Hans Albert / Ernst Topitsch, Werturteilsstreit, Darmstadt 1979, Seite 367

051 Wissenschaft sucht nach Macht im Sinne der Herrschaft des Menschen über die Natur.

052 "De singularibus non est scientia" (Singuläre Aussagen kann es in der Wissenschaft nicht geben).

053 Wissenschaftler liefern einheitliche Erklärungen für scheinbar unabhängige Tatsachen.

054 "Wir fühlen, daß selbst, wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind." - Ludwig Wittgenstein, ohne weitere Quelle

055 Die wissenschaftlichen Sätze befassen sich nicht mit Dingen, sondern mit Begriffen.

056 Jede Zusammenarbeit bringt Unterordnung.

057 Grundpfeiler der wissenschaftlichen Methode ist das Postulat der Objektivität der Natur.

058 "Die moderne Gesellschaft ist von der Wissenschaft durchwoben, sie lebt von ihren Produkten und ist davon so abhängig, wie ein Süchtiger von der Droge." - Jaques Monod, ohne weitere Quelle

059 "Diese eindrucksvolle und weltumspannende Entwicklung ist nur dadurch möglich, daß die wissenschaftliche Forschung auf allgemein gültige - und das heißt zugleich: allgemein prüfbare - Aussagen über Tatsachen gerichtet ist. Jeder, der über eine ausreichende Intelligenz und fachliche Ausbildung verfügt, ist grundsätzlich imstande, derartige Behauptungen zu kontrollieren. Die Methoden der Kontrolle - und damit die Geltung der Aussagen - sind von den besonderen kulturellen Verhältnissen in den verschiedenen Ländern unabhängig. Das ist die Voraussetzung für das internationale Zusammenwirken in der arbeitsteiligen Erwerbung und Verbreitung objektiven Wissens. Viele Disziplinen, besonders die naturwissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen, sind ferner dadurch von besonderer praktischer Bedeutung, daß sie aufgrund festgestellter Regelmäßigkeiten die Voraussage künftigen Geschehens und vor allem der möglichen Folgen menschlicher Entscheidungen gestatten: das Wissen um die kausalen Verknüpfungen ist die Voraussetzung jedes exakt zweckmäßigen Handelns. Da deshalb jede Mißachtung der objektiv festgestellten Sachverhalte zu praktischen Mißerfolgen führen kann, sind diese Fächer gegen Eingriffe außerwissenschaftliche Instanzen verhältismäßig gut geschützt, aber selbst die Naturwissenschaften sind durchaus nicht völlig gefeit; seinerzeit hat man versucht, eine sogenannte  deutsche Physik  zu schaffen und ähnliche Bemühungen sind aus der Sowjetunion bekannt. Noch stärker sind die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, obwohl sie zum Teil bereits brauchbare Methoden wissenschaftlicher Vorhersage entwickelt haben, den ideologischen Einflüssen ausgesetzt. Dies ist allerdings nicht nur die Folge ihrer geringeren theoretischen Durchgestaltung, sondern auch der Tatsache, daß die soziologischen Theorien im Gegensatz zu den naturwissenschaftlichen das Geschehen, welches sie beschreiben, in vielen Fällen auch beeinflussen. Im ganzen ist aber die Kenntnis der durch objektive Forschung erschlossenen und erschließbaren Mittelanordnungen zur Erreichung der verschiedensten Zwecke für alle Menschen so wichtig, daß die wissenschaftlichen Methoden unter den verschiedensten ideologischen Systemen wesentlich in gleicher Weise wenigstens de facto anerkannt und angewandt werden. Praktisch bedeutsame Erkenntnisse und Verfahrensweisen werden in der Regel auch aus den von gegnerischen Ideologien kontrollierten Ländern übernommen und oft bloß sprachlich umformuliert oder einfach umbenannt." - Ernst Topitsch in Hans Albert / Ernst Topitsch, Werturteilsstreit, Darmstadt 1979, Seite 368f

060 Die Grenze von Wissenschaft und Nicht-Wissenschaft existiert nicht objektiv, sondern läßt sich nur von Zwecken und Zielen her rechtfertigen.

061 Wissenschaft versucht aus den unendlichen Verschiedenheiten Regelmäßigkeiten zu machen.

062 "Wir sind uns dessen bewußt, daß es keinen sicheren Ausgangspunkt gibt, von dem aus Wege in alle Gebiete das Wißbaren führen, sondern daß alle Erkenntnis gewißermaßen über einer grundlosen Tiefe schweben muß, daß wir stets irgendwo in der Mitte anfangen müssen, über die Wirklichkeit zu sprechen mit Begriffen, die erst durch ihre Anwendung einen tieferen Sinn enthalten, und daß selbst die schärfsten, allen Anforderungen an logischer und mathematischer Präzision genügenden Begriffssysteme nur tastende Versuche sind, uns in begrenzten Bereichen der Wirklichkeit zurechtzufinden." - Werner Heisenberg, Wandlungen in den Grundlagen der Naturwissenschaft

063 Die Wissenschaft hat keine Alleinvertretungsanspruch in Sachen Wirklichkeit.

064 "Der Verstand schöpft seine Gesetze nicht aus der Natur, sondern er schreibt sie dieser vor." - Immanuel Kant, ohne weitere Quelle

065 Der wissenschaftliche Beweis fordert das Recht, an erwiesene Tatsachen glauben zu müssen.

066 Kritik an der Wissenschaft ist nur noch als moralischer Einspruch möglich.

067 Naturwissenschaftlichkeit ist der Irrtum, Vorgänge und Prozesse zu personifizieren, aber auch zu verbalisieren.

068 Die Wissenschaft ist die Sprache der zeitlichen Welt.

069 "Was die jeweilige Funktion eines Wortes ist, was mit ihm eigentlich gemeint und gewollt wird, kann oft nur aus den Zusammenhängen erschlossen werden, in denen man es verwendet. So wird etwa der Wissenschaftler auf die Frage, ob er  absolut  wisse, daß zwei mal zwei vier sei, daß Säuren blaues Lackmuspapier rot färben oder daß Julius Cäsar an den Iden des März ermordet wurde, etwa mit dem Hinweis auf die Axiome der Mathematik, auf beliebig wiederholbare Experimente oder auf eine eindeutige historische Überlieferung antworten; wenn aber solche Antworten als unbefriedigend abgelehnt werden, so dürfte er sagen, er wisse nicht, was man eigentlich von ihm wolle. Die Untersuchung der Situationen, in welchen das Wort  absolut  gebraucht wird, zeigt nämlich ganz deutlich, daß es nur selten im Rahmen wissenschaftlicher Begründungszusammenhänge auftaucht und daß sich das Pathos, welches jenem Wort eigentümlich ist, fast nie an den bestgesicherten Erkenntnissen entzündet. Vielmehr treten die oft mit größter Leidenschaft verfochtenen Absolutheitsansprüche meist in Verbindung mit Thesen auf, die alles andere als wissenschaftlich gesichert sind, aber eine besondere emotionale bzw. lebenspraktische Bedeutung besitzen und durch eine möglichst nachdrückliche Betonung ihrer Wahrheit oder Gerechtigkeit gegen Zweifel geschützt werden sollen. So kommt es, daß dieses Wort aus dem Vokabular der Ideologien - nicht aus jenen der Wissenschaft - kaum wegzudenken ist. In ähnlicher Weise läßt sich von vielen Ausdrücken der weltanschaulichen Diskussion zeigen, daß sie keine oder wenigstens keine vorwiegend wissenschaftlich-darstellende Funktion ausüben, sondern etwa wie Standarten den Willen sozialer Gruppen zur Durchsetzung ihrer besonderen Lebens- und Herrschaftsansprüche manifestieren bzw. wie lyrische oder musikalische Kunstwerke gewisse Stimmung erwecken sollen." - Ernst Topitsch in Hans Albert / Ernst Topitsch, Werturteilsstreit, Darmstadt 1979, Seite 371f

070 "Wissenschaftlich" und "kritisch" waren einmal Synonyme.

071 Wirtschaft gibt es nicht ohne Technik, Technik nicht ohne Wissenschaft.

072 Wenn die Wissenschaft ihre Überzeugungen nicht in der logischen Form der Allgemeinheit vortragen würde, hätte sie keine prognostische Kraft und keinen praktischen Nutzen.

073 Ein Verfahren, das nicht dem Widerspruchsprinzip gehorcht ist nicht Wissenschaft, sondern Chaos.

074 Wenn wir versuchen, menschlich-subjektive Erfahrung in den engen Rahmen wissenschaftlicher Beziehungen zu zwängen, geht bei dem Versuch große Genauigkeit zu erzielen, viel an Reichtum und Komplexität verloren.

075 Die wissenschaftliche Methode die Wirklichkeit zu untersuchen, besteht darin, einen Gegenstand möglichst vom objektiven Standpunkt zu betrachten.

076 "Mystiker verstehen die Wurzeln des Tao, nicht aber seine Zweige. Wissenschaftler verstehen seine Zweige, aber nicht seine Wurzeln." - chinesische Weisheit

077 Die meisten Wissenschaftler wissen immer mehr über immer weniger.

078 "Im Bereich der Wirklichkeitsgestaltung verhält es sich zunächst so, daß die Wissenschaft einen ansich neutralen Apparat von Kenntnissen und Mitteln bereitstellt, der zur Erreichung der verschiedensten Zwecke eingesetzt werden kann. Das Werturteil bezieht sich dann in erster Linie auf die jeweiligen Zwecke. Man wird etwa eine ärztliche Behandlung, welche die Gesundheit wiederherstellt oder das Leben rettet, positiv bewerten und zwar auch dann, wenn sie schmerzhaft ist. Doch nicht immer läßt sich über die Zwecke und Nebenfolgen ein einmütiges Werturteil erreichen - wie anders bewertet doch etwa ein General die Kriegstechnik als ein überzeugter Pazifist!" - Ernst Topitsch in Hans Albert / Ernst Topitsch, Werturteilsstreit, Darmstadt 1979, Seite 374f

079 In jedem Denken spiegelt sich das Interesse wider, auch im wissenschaftlichen.

080 Die Wissenschaft besteht aus Gesetzen nicht aus Tatsachen.

081 Die Wissenschaft soll zum Nutzen der gesamten Menschheit sein und nicht den Interessen einiger weniger dienen.

082 Im Problem und nicht in der Lösung stecken Herz und Kern der Wissenschaft.

083 Es kann kein wissenschaftlich neutrales System der Sprache oder der Begriffe geben.

084 Wissenschaft entwickelt sich vom Wissen zur Kontrolle hin, d.h. sie schafft ihr eigenes Wissen.

085 "Es läßt sich ohne große Mühe zeigen, daß viele der sogenannten Prinzipien der Philosophie - und speziell der überkommenen Sozialphilosophie - in Wirklichkeit leere Formeln sind, welche nichts über kontrollierbare Sachverhalte oder konkrete Handlungsanweisungen besagen und darum mit jedem beliebigen Sach- bzw. Normgehalt vereinbar sind. Man hat längst nachgewiesen, daß Ausdrück wie  das Sein , die  Vernunft , die (universelle oder menschliche)  Natur  oder ähnliche Wesenheiten zur Rechtfertigung jeder erwünschten (bestehenden oder erst zu schaffenden) Gesellschaftsordnung oder Einzelmaßnahme verwendet werden können." - Ernst Topitsch in Hans Albert / Ernst Topitsch, Werturteilsstreit, Darmstadt 1979, Seite 377

086 Einzigartiges können wir nur verstehen, indem man es in Elemente zerlegt, die selbst nicht mehr einzigartig sind.

087 Der wissenschaftliche Fortschritt besteht hauptsächlich in der Beseitigung von Widersprüchen.

088 "Eine Philosophie der Identität der Gegensätze dient der Rechtfertigung der bestehenden Ordnung, ist die Lehre, daß Macht gleich Recht ist." - Karl Popper, ohne weitere Quelle

089 Es gibt nichts unter der Sonne, das nicht mißbraucht werden könnte und nicht mißbraucht worden ist.

090 "Die Wissenschaft will vom Objektiven sprechen, alles jedoch, was nicht zur Struktur, sondern zum Materialen gehört, alles, was konkret aufgewiesen wird, ist letzten Endes subjektiv." - Rudolf Carnap, ohne weitere Quelle

091 Die Wissenschaft ist das System begrifflicher Erkenntnis.

092 Das Material der individuellen Erlebnisströme ist völlig verschieden und unvergleichbar.

093 "Die Quantifizierung der Natur löste die Wirklichkeit von allen immanenten Zwecken ab und trennte folglich das Wahre vom Guten, die Wissenschaft von der Ethik." - Herbert Marcuse, Der eindimensionale Mensch, Neuwied/Berlin 1978

094 "Die Wissenschaftler als Wissenschaftler haben weder Sinn noch Herz für individuelle, lebende Wesen. Sie verstehen sich nur auf das Allgemeine. Wissenschaftler bilden eine besondere Kaste, die viel Ähnlichkeit hat mit der Priesterkaste. Die wissenschaftliche Abstraktion ist ihr Gott, die lebendigen und wirklichen Individuen sind ihr Opfer. Wissenschaft bedeutet ständige Opferung des Lebens auf dem Altar der Abstraktionen. Das Leben ist ein unaufhörliches Übergehen vom Individuellen zum Abstrakten und vom Abstrakten zum Individuellen. Das zweite Moment aber fehlt der Wissenschaft. Ist sie einmal im Abstrakten, so kann sie sich von ihm nicht mehr losmachen." - Michail Bakunin in Wolfgang Dreßen, Antiautoritäres Lager und Anarchismus, Berlin 1971, Seite 55

095 Die wissenschaftliche Unterwerfung der Natur wurde zu einer wissenschaftlichen Unterwerfung des Menschen.

096 Jeder Begriff ist gleichbedeutend mit einer ganzen Reihe entsprechender Operationen.

097 Wissenschaftlich rational ist nur die Form des Allgemeinen.

098 Außerhalb der Rationalität lebt man in einer Welt von subjektiven Werten. In einer Welt von subjektiven Werten lebt man außerhalb der Rationalität.

099 Tatsachen sind der wissenschaftliche Ersatz für Erlebnisse.

100 Wissenschaft fungiert immer noch als angesehene Autorität in den Köpfen der Leute.

101 "Menschen, die in ernsten Lebensfragen ihre Überzeugungen leicht und häufig ändern, sind  unverläßlich  und den Unverläßlichen trifft Geringachtung - nicht wegen dessen, was er  tut  (indem er seiner neuen Überzeugung folgt), vielmehr wegen dessen, was er  ist  (da er in solcher Sache seine alte Überzeugungen aufzugeben fähig war). Der Wissenschaftler als solcher kennt die Treue nicht. Genauer: er ist weder Personen noch Überzeugungen treu; seine Treue gilt allein der Wahrheit: amicus Plato, sed magis amica veritas. Im übrigen werden einmalige, plötzlich oder nach langem Kampf eintretende, aber auch wiederum langsam und unmerklich sich vollziehende Änderungen der Grundsätze und Überzeugungen, ja sogar auch des Glaubens, von jener Geringachtung bekanntlich nicht betroffen: ein Recht auf  Bekehrung,  auf  Durchringen zu einer neuen Überzeugung,  auf  Milderung  oder  Versteifung  von Grundsätzen wird dem Einzelnen ziemlich allgemein zuerkannt. Dies alles bedeutet eben kein  Leben im Zickzack.  Die Wissenschaft aber gehen alle solchen Unterscheidungen nichts an: da folgt jeder seiner jeweiligen Einsicht; seit wann er sie besitzt, ob er sie sich rasch oder langsam erworben hat, ist belanglos. - Allein sprechen wir nicht auch in der Wissenschaft von Überzeugungen, von Richtungen, von Schulen? Stehen einander da nicht Empiristen und Aprioristen, Mechanisten und Vitalisten,  konservative  und  radikale  Textkritiker gegenüber? Und nehmen nicht diese alle und noch zahllose andere den Mund voll und sprechen in tiefem Brustton von ihrer  wissenschaftlichen Überzeugung?  Gerade hier wird vielleicht das am klarsten werden, worum es mir zu tun ist. Vom Gesichtspunkt der reinen Wissenschaft aus beurteilt ist alle solche Rede eitel Geflunkter. Der wahre Wissenschaftler hat keine  Überzeugungen:  er hat Vermutungen, die bisher noch nicht widerlegt worden sind, allein er muß jeden Augenblick darauf gefaßt sein, daß sie es werden und sollte sich darüber ebenso freuen, wie wenn sie der Widerlegung noch einmal entgingen." - Heinrich Gomperz in Hans Albert / Ernst Topitsch, Werturteilsstreit, Darmstadt 1979, Seite 401f

102 Die Wissenschaft hat die Aufgabe zu erkennen, was  ist  und nicht Vorschriften zu machen, was sein  soll

103 Im Leben verkehren wir mit Individuen, in der Wissenschaft mit Gattungen.

104 Gewißheit ist für den Menschen die höchste Macht.

105 Der Erfolg der Wissenschaften beruth auf der Reduktion der Wirklichkeit auf den einen oder anderen Aspekt, wie z.B. der Reduktion der Qualität auf die Quantität.

106 "Vollständigkeit ist der Tod der Wissenschaft." - Ulrich Wilamowitz-Möllendorf, ohne weitere Quelle

107 Der Einheitsgedanke ist das Wesensmerkmal der Wissenschaften.

108 Das Wesen aller Wissenschaft besteht darin, daß wir das endlos Mannigfaltige der Erscheinungen unter wenige abstrakte Begriffe zusammenzufassen, um aus ihnen ein System zu ordnen.

109 Die Institutionen der Wissenschaft verlangen Zäune und Namensschilder.

110 Alle wissenschaftlichen Beschreibungen von Tatbeständen sind hochgradig selektiv.

111 "Just as one might say the whole aim of science is the formulation of empirical laws, so it is only putting the same thing in another way to say that the aim of science is the formulation of prognoses." - T. W. Hutchinson in Ernst Topitsch (Hg), Logik der Sozialwissenschaften, Königstein/Taunus 1984, Seite 126

112 Die Einheit der Wissenschaft besteht in einem einheitlichen Aussagensystem.

113 Was man nicht messen oder quantifizieren kann, ist nicht wissenschaftlich.

114 "Nach buddhistischer Auffassung kann es ohne Mitgefühl keine Weisheit geben, was für mich bedeutet, daß Wissenschaft, die nicht von sozialem Empfinden begleitet ist, keinen Wert besitzt." - Fritjof Capra, Das neue Denken, Bern/München/Wien 1987, Seite 36

115 "Was nicht quantifiziert werden kann, ist nicht wissenschaftlich." - Galileo Galilei in Fritjof Capra, Das neue Denken, Bern/München/Wien 1987, Seite 144

116 "Die Wissenschaft von der Natur kann nur Gott allein haben, weil er sie schuf. Aber die Wissenschaft von der Welt der Nationen und der bürgerlichen Welt können auch die Menschen erlangen, weil sie von ihnen geschaffen ist." - Giambattista Vico

117 "Wie man es machen will, wissenschaftlich zu entscheiden zwischen dem Wert der französischen und der deutschen Kultur weiß ich nicht." - Max Weber, Wissenschaft als Beruf, Berlin 1984, Seite 27

118 Die Psychologie riß die böse Mauer zwischen Natur- und Geisteswissenschaften nieder.

119 Wissenschaft bedeutet eine Weltanschauung, nicht bloß ein Wissensgebäude.

120 Wissenschaft heißt beobachten, vergleichen, klassifizieren.

121 "Schon bei den Griechen wurden die, welche auf unerhörte Weise die natürlichen Ursachen des Blitzes und Donners erklärten, für ruchlose Gotteslästerer verschrien." - Francis Bacon, Neues Organ der Wissenschaften, Darmstadt 1981, Seite 69

122 Wir können den Begriff "gut" nicht wissenschaftlich relevant definieren. Die wissenschaftliche Methode reicht für die Ethik nicht aus.

123 Der Wissenschaftler versucht zu erkennen, der Philosoph will verstehen.

124 "Wir besitzen genausoviel Wissenschaft, als wir uns entschlossen haben, das Zeugnis der Sinne anzuerkennen." - Friedrich Nietzsche, Götzendämmerung oder wie man mit dem Hammer philosophiert, Ffm 1985, Seite 26

125 Hauptziel mittelalterlicher Wissenschaft war mehr, Bedeutung und Rolle der Dinge zu verstehen, als sie zu beherrschen und ihre Entwicklung vorherzusagen. Galileis Strategie war es, die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler auf quantifizierende Eigenschaften der Materie zu lenken.

126 Das Ideal der Wissenschaftlichkeit

127 Es gibt keinen Weg, den moralischen Wert von Tatsachen zu untersuchen, losgelöst von einer Untersuchung dieser Tatsachen selbst.

128 Abgrenzung von Ideologie und Wissenschaft auf der Grundlage einer Analyse von Werturteilen zu lösen.

129 Diktaturen entledigen sich der positiven Theorie und befleissigen sich "normativer" Wissenschaft.

130 Normative Wissenschaft macht es den politischen Kräften leicht, sich der Wissenschaft als bequemes Instrument zum Machtkampf zu bedienen und ihre Ziele wissenschaftlich zu rechtfertigen.

131 Der Fortschritt der Wissenschaft führt die Menschheit, entgegen allen Erwartungen, nicht ins gelobte Land.

132 "Die Welt geht restlos auf in der Zahl - das war die große faszinierende Idee des vorigen Jahrhunderts." - Reinhard Demoll in Herbert Gruhl, Ein Planet wird geplündert, Ffm 1980, Seite 195

133 Über die Werthaftigkeit oder Unwertigkeit eines Zieles an sich zu befinden, ist niemals Sache der Wissenschaft.

134 Wissenschaft ist im strengen Sinne des Wortes nicht verantwortungsfähig.

135 die Religion der Wissenschaft

136 Die Idee ist für den Fortschritt der Wissenschaften so unentbehrlich wie die Tatsache.

137 "Die kindliche Wissenschaft verwechselt Idee und Tatsache." - Friedrich Albert Lange, Geschichte des Materialismus, Bd. 2, Ffm 1974, Seite 624

138 "...daß zuletzt aller Wissenschaft doch nur das Ziel gesteckt sein möchte, nicht das Wesen der Dinge zu begreifen, sondern begreiflich zu machen, daß es nicht begreiflich ist." - Friedrich Albert Lange, Geschichte des Materialismus Bd. 2, Ffm 1974, Seite 652

139 Die klassische Idee der Wissenschaft als eines wahren, gesicherten und zureichend begründeten Wissens.

140 "Die Wissenschaft kennt nur eine Art von Geist, den menschlichen; und wo von geistigen Ursachen in wissenschaftlichem Sinne die Rede ist, bleibt stets vorbehalten, daß sich dieselben durch Vermittlung menschlicher Körper geltend machen." - Friedrich Albert Lange, Geschichte des Materialismus, Bd. 2, Ffm 1974, Seite 723

141 "Wissenschaft dient keiner Macht, keinen Interessen, keinen Absichten, sie beantwortet keine Lebens-, Schicksals- und Sinnfragen, sie enthält sich ausdrücklich jeder Bewertung." - Hartmut von Hentig, Die Menschen stärken - die Sachen klären, Stuttgart 1985, Seite 62

142 Wissenschaft ist die Form, in der wir sichere, gemeinsame, von unseren Wünschen unabhängige, also unbestechliche Erkenntnisse haben.

143 Wissenschaft legt Rechenschaft ab, wie ihre Erkenntnis zustande gekommen ist.

144 "Der Positivismus, der dem Faktischen den Speichel leckt." - Ernst Bloch, Naturrecht und menschliche Würde, Ffm 1985, Seite 153

145 "der akademische Sprachzaun" - Ernst Bloch, Naturrecht und menschliche Würde, Ffm 1985, Seite 317

146 Klare Trennung von wissenschaftlicher Gegenstands- und philosophischer Sinnproblematik.

147 Unterschied von Gegenständlichem und Logosartigen, von Entdeckungskontext und Rechtfertigungskontext.

148 "Keine Sprache drückt Sachen aus, sondern nur Namen; auch keine menschliche Vernunft erkennt Sachen, sondern sie hat nur Merkmale von ihnen, die sie mit Worten bezeichnet." - Johann Gottlieb Herder, Sprachphilosophie, Hamburg 1960, Seite 173

149 Alle Begriffe sind im Grunde theoretische Begriffe.

150 "Müssen wir zugeben, daß das Ende der Wissenschaftstheorie als rationales Unternehmen auch das Ende einer demokratischen Kontrolle der Wissenschaft bedeutet?" - Paul Feyerabend, Probleme des Empirismus, Braunschweig 1981, Seite 65

151 "Wissenschaft schafft Wissen, nicht Sinn." - Hartmut von Hentig, Die Menschen stärken - die Sachen klären, Stuttgart 1985, Seite 13

152 "Wissenschaft ist Wahrheitssuche." - Karl Popper, Auf der Suche nach einer besseren Welt, München 1989, Seite 51

153 Szientismus - der Vorwurf des Dogmatismus und das Autoritätsglaubens.

154 Die Reinheit der Wissenschaft ist ein Ideal.

155 "... weil es ein solches Ding-an-sich wie ein wissenschaftliches Fach gar nicht gibt." - Karl Popper, Auf der Suche nach einer besseren Welt, München 1989, Seite 84

156 "Wir können dem Wissenschaftler nicht seine Parteilichkeit rauben, ohne ihm auch seine Menschlichkeit zu rauben." - Karl Popper, Auf der Suche nach einer besseren Welt, München 1989

157 Der Ursprung der Wissenschaft ist im Mythos zu suchen.

158 Bildung ist eine Investition in die wesentlichsten menschlichen Ressourcen: den Geist.

159 Eine wertfreie Wissenschaft ist eine wertleere Wissenschaft.

160 die wissenschaftliche Wahrnehmungsschwelle.

161 der Irrtum unangebrachter Gegenständlichkeit.

162 An die Stelle des religiösen Dogmas ist das wissenschaftliche getreten. Wer es heutzutage wagt, dem wissenschaftlichen Dogma entgegenzutreten, würde genauso verbrannt werden, wie einst Giordano Bruno.

163 Exakte Wissenschaften sind quantitative Schulen.

164 "Die Wirtschaftswissenschaften sind eine der letzten wissenschaftlichen Hochburgen, deren Anspruch auf Wissenschaftlichkeit noch nicht getrübt ist." - Hazel Henderson, Das Ende der Ökonomie, München 1985, Seite 171

165 "Politische Probleme werden mit intellektuellen Söldnern bekämpft, die dafür eingesetzt werden, zur Untermauerung gegensätzlicher Positionen und zur Stützung von Interessengruppen immer renommiertere Berichte zu erstellen." - Hazel Henderson, Das Ende der Ökonomie, München 1985, Seite 323

166 "Akademiker, die ihr Schäfchen im Trockenen haben und für ihre Orthodoxie reichlich belohnt werden." - Hazel Henderson, Das Ende der Ökonomie, München 1985, Seite 354

167 Die Wissenschaft beginnt mit der abstrakten Formel A = A, bzw. Ich Ich.

168 Die klassische Psychoanalyse will eine reine Wissenschaft bleiben und bietet deshalb keine weltanschaulichen Hilfen.

169 Macchiavelli machte die politische Theorie zu einer autonomen Wissenschaft von den Macht- und Herrschaftstechniken. Bis dahin war die Politik in die Einheit von Ethik und Theologie eingebunden.

170 Man hatte nicht erkennen können, was etwa mit grundlegenden Begriffen wie Materie, Raum, Zeit, Kausalität falsch sein sollte, die sich doch sonst in der Geschichte der Wissenschaft so ausgezeichnet bewährt hatten.

171 Es ist nicht die Lehre, die ihre Gesinnung formte, sondern die Gesinnung, die die Lehre formte.

172 Es ist der alte Machtgedanke, diesmal im Maskengewand der Wissenschaft.

173 Die moderne Wissenschaft mit ihrem Anspruch auf Totalwissen.

174 "Der modernen Wissenschaft ist nichts gleichgültig. Alles, das Kleinste und Häßlichste, das Fernste und Fremdeste, was immer irgendwo faktisch ist, das ist ihr allein darum, weil es ist, schon relevant. Sie wurde schlechthin universal. Es gibt nichts, was sich ihr entziehen kann. Nichts soll verborgen, nichts soll verschwiegen, nichts soll Geheimnis bleiben." - Karl Jaspers, Was ist Philosophie, München 1980, Seite 185

175 Jede Ideologie erhebt heute den Anspruch auf wissenschaftliche Allgemeingültigkeit.

176 Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts war Newton gleichbedeutend mit Wissenschaft.

177 Die Wissenschaft beruthe auf der Anerkennung der unabhängig vom Subjektivem bestehenden objektiven Realität und von der Anerkennung objektiver Gesetzmäßigkeit.

178 Die Wissenschaft ist Magd der jeweiligen Ideologie.

179 Galilei und Newton stellten das Credo der modernen Naturwissenschaft auf: beobachten, messen, berechnen.

180 Qualitativ bedeutet in der Wissenschaft nur ungenau quantitativ.

181 Die meisten Wissenschaften stellen nur eine Beschönigung der kapitalistischen Ausbeutung dar.

182 Die Zurückführung von Qualität auf Quantität ist das Hauptanliegen der modernen Naturwissenschaft.

183 Exakte Wissenschaften, wie Mathematik, Physik und Chemie erlangen ihre Erkenntnisse durch Messungen und logisch-mathematische Beweisführung, die "nachgeprüft" werden kann. Sie beanspruchen daher objektive Geltung.

184 Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind für jeden Verstand gleich.

185 Wissenschaft und Allgemeingültigkeit sind auswechselbare Begriffe.

186 Die Wissenschaft gilt als Inbegriff des menschlichen Denkens.

187 Mathematisierbarkeit gilt als Index wahrer Wissenschaftlichkeit. Durch die Erfüllung dieser Norm erfüllt jede Theorie am besten die Anforderung des wissenschaftlichen Ideals der Exaktheit.

188 Die neuen Prioritäten im Vergleich zu den alten sind: der Vorrang der Quantität gegenüber der Qualität, der toten Materie vor der lebendigen.

189 Die Sprachkritik trennt die Umgangssprache von der Wissenschaftssprache.

190 Es besteht eine fast unüberbrückbare Kluft zwischen der persönlichen Lebenswelt des Menschen und der unpersönlichen, objektiven Welt der Wissenschaft.

191 Wissen, um vorherzusehen! Das ist der Sinn aller Wissenschaft.

192 "Es ist der Sinn der Wissenschaft, Erfahrung so zu objektivieren daß ihr keinerlei geschichtliches Moment mehr anhaftet. Das leistet das naturwissenschaftliche Experiment durch die Weise seiner methodischen Veranstaltung." - Hans Georg Gadamer, Der Begriff der Erfahrung in Reiner Wiehl (Hg), Geschichte der Philosophie, Bd. 8, Stuttgart 1981, Seite 245

193 Die "Wissenschaft" hält sich an "positiv" Gegebenes, an das, was wahrnehmbar und "eindeutig", nämlich mittels sinnlicher Erfahrung feststellbar und beobachtbar ist.

194 Alle Systeme, die etwas über einen Grund aussagen wollen, sind metaphysisch.

195 Die letzten Bestandteile der Materie sind keine identifizierbaren Individuen. Atomare Elementarteilchen als identifizierbare Bausteine des Universums sind ein Trugbild und eine Illusion.

196 Der Versuch, alles Seiende auf physikalische und chemische Formeln bringen zu wollen, ist aussichtslos.

197 Der objektive Idealismus versucht ebenso einseitig alles Seiende psychisch zu interpretieren.

198 Die moderne Wissenschaft hat sich im 17. Jahrhundert konstituiert. Im Zusammenwirken von Kepler, Galilei und Descartes bildet sich die mathematische Naturwissenschaft als Erkenntnis einer Ordnung der Natur nach Gesetzen.

199 Jede Wissenschaft bezieht sich auf eine abgrenzbare Gegenständlichkeit.

200 Objektive Erkenntnis ist überall das Ziel der Wissenschaft.

201 Definitionen sind Dogmen.

202 Die Wissenschaft lebt von sich wiederholender Beobachtung und Reproduzierbarkeit ihrer Ergebnisse.

203 Das Induktionsprinzip entscheidet über die Wahrheit wissenschaftlicher Ideen. (Verallgemeinerungsproblem)

204 "Die Wissenschaft baut nicht auf Felsengrund. Es ist eher ein Sumpfland, über dem sich die kühne Konstruktion ihrer Theorien erhebt; sie ist ein Pfeilerbau, dessen Pfeiler sich von oben her in den Sumpf senken, aber nicht bis zu einem natürlichen, gegebenen Grund. Denn nicht deshalb hört man auf, die Pfeiler tiefer hineinzutreiben, weil man auf eine feste Schicht gestoßen ist: wenn man hofft, daß sie das Gebäude tragen werden, beschließt man, sich vorläufig mit der Festigkeit der Pfeiler zu begnügen." - Karl Popper, Logik der Forschung, Tübingen 1989, Seite 76

205 Kausalität ist unmöglich, weil wir durch die Beobachtung das beobachtete Objekt stören.

206 Der Weg des Systemdenkens schreitet von der weniger allgemeinen Theorie zur allgemeineren Theorie.

207 "Das alte Wissenschaftsideal, das absolut gesicherte Wissen hat sich als ein Idol erwiesen." - Karl Popper, Logik der Forschung, Tübingen 1989, Seite 225

208 Die Wissenschaft ist kein System von Wissen, sondern ein System von Hypothesen.

209 "Ich bin nicht an Worten und ihren Bedeutungen interessiert, sondern nur an echten Problemen; hier vor allem am methodologischen Problem der Induktion." - Karl Popper, Logik der Forschung, Tübingen 1989, Seite 336

210 Herrschaft wird auch im Namen erhabener Ideale und logischer Formeln ausgeübt.

211 Eine der neuen Gewißheiten unseres Zeitalters ist, daß die Wissenschaft nicht rein objektiv sein kann, wie immer angenommen wurde. Alle Wissenschaftler werden in der Auswahl ihrer Probleme, in ihrer Herangehensweise und in der Anwendung ihrer Entdeckungen immer von Überlegungen hinsichtlich einer Bedeutung für die Wertvorstellungen des Forschers beinflußt.

212 Die Logik gehört zur Sicherheit der Wissenschaft.

213 Dem "Sein" der Wissenschaft steht das "Sollen" der Gesellschaft gegenüber.

214 "Die Annahme einer Ordnung ist daher für das Konzept der Macht fundamental, und beides, Ordnung und Macht, sind unerläßlicher Bestandteil der modernen wissenschaftlichen Weltanschauung." - Carolyn Merchant, Der Tod der Natur, München 1987, Seite 235

215 Nur Quantitäten und konzeptunabhängige Größen können einem mathematischen Modell unterworfen werden.

216 "In der Wissenschaft ist der Inhalt wesentlich an die Form gebunden." - G. W. F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, Ffm 1986, Seite 13

217 "Das Denken ist eine Kunst, keine Wissenschaft." - G. W. F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, Ffm 1986, Seite 13

218 Der Terminus "Begriff" ist heute so umstritten, wie je.

219 Kausalität und Gesetzlichkeit sind identisch, erstere besteht nur in Form der letzteren.

220 Das logische Ideal wäre ein System absolut allgemeingültiger Formeln.

221 Immer abstrakterer Inhalt von Begriff und Gesetz bedeutet immer generellerer Geltungsbereich.

222 der "hiatus irrationalis" zwischen Begriff und Wirklichkeit.

223 Die Methode der Naturwissenschaft ist eine exakte.

224 Das "Wichtigere" muß als Realgrund angesehen werden.

225 Die Grenze des rationalen Erkennens besteht darin, daß die Einzelerscheinung nicht in die allgemeinen Begriffe eingeht.

226 Eine totale Erklärung der Welt von den Einzelerscheinungen aus ist nicht nur faktisch, sonder prinzipiell unmöglich.

227 In der Statistik herrscht das "Gesetz der großen Zahl". Die scheinbare Willkür der Einzelfälle gleicht sich auf einmal in einer wunderbaren Harmonie aus.

228 Der Glaube an die Herrschaft der Gesetze verflüchtigt die Wirklichkeit in Gesetze.

229 Die Wirtschaft entwickelt sich nicht kraft naturgesetzlichen Charakters.

230 Das logische Problem der Beziehungen zwischen Begriff und Begriffenem wurde nicht in seiner methodischen Tragweite erkannt.

231 Vorgänge, die daraus entspringen, daß der Mensch auf die Deckung des Bedarfs des persönlichen Lebens auf die Außenwelt angewiesen ist, werden wirtschaftliche genannt.

232 Die Willensfreiheit ist die eine Seite, der die Seite der Notwendigkeit gegenüber steht.

233 die Macht kollektiver Zusammenhänge.

234 Die Unberechenbarkeit das menschlichen Handelns ist eine Folge der Freiheit und macht die persönliche Würde oder Unwürde eines Menschen aus.

235 Die schöpferische Bedeutung der Persönlichkeit steht im Gegensatz zur mechanischen Kausalität des Naturgeschehens.

236 Der Begriff des Schöpferischen ist kein reiner Erfahrungsbegriff, sondern hängt mit Wertideen zusammen.

237 Objektiv heißt unter Abstraktion von aller Wertbeziehung.

238 undifferenziertes Wertgefühl oder rationales Werturteil.

239 Die Sprache kann nicht auf die Natur angewandt werden, ohne diese zu entstellen.

240 "Die Unberechenbarkeit im Sinn der fehlenden Deutbarkeit ist, mit anderen Kausalität des Naturgeschehens.

236 Der Begriff des Schöpferischen ist kein reiner Erfahrungsbegriff, sondern hängt mit Wertideen zusammen.

237 Objektiv heißt unter Abstraktion von aller Wertbeziehung.

238 undifferenziertes Wertgefühl oder rationales Werturteil.

239 Die Sprache kann nicht auf die Natur angewandt werden, ohne diese zu entstellen.

240 "Die Unberechenbarkeit im Sinn der fehlenden Deutbarkeit ist, mit anderen Worten, das Prinzip des Verrückten". - Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1988, Seite 67

241 Der Würfel ist in seiner Funktion jeder kausalen Berechnung entzogen. Der einzelne Wurf ist als individueller Einzelvorgang ein Gebiet des Undeutbaren.

242 Die Befriedigung des Kausalitätsbedürfnisses.

243 Die Objektivierung der Welt zum Zwecke der Erkenntnis.

244 "Die Erfahrung aber, welche die objektivierende Wissenschaft schaffe, sei erst möglich nach Loslösung der Wirklichkeit von der Aktualität des wirklich Erlebten. Sie sei ein für bestimmte, ursprünglich praktische, später logische Zwecke geschaffenes, unwirkliches Abstraktionsprodukt.

245 Nomologisches Wissen schafft "Gesetze", diese aber sind nur Abstraktionen.

246 "Was an den Menschen unter bestimmten konkret gegebenen Gesichtspunkten bedeutsam wird, das kann eine Gesetze suchende rein psychologische Theorie unmittelbar schon aus logischen Gründen nicht in sich enthalten. Faktisch aber hängt es von den jeweils in Betracht kommenlen, natürlich nicht nur Psychisches enthaltenden Konstellationen des Lebens in ihrer unendlichen Variation ab, welche keine Theorie der Welt erschöpfend in ihre Voraussetzungen aufnehmen kann." - Hugo Münsterberg, Grundzüge der Psychologie, Seite 181

247 Es gibt nur nomologisches Wissen, die Wirklichkeit selbst ist anarchisch.

248 Das Zwecksetzen ist eine rationale Funktion.

249 Die juristische Begriffsbildung ist keine kausale.

250 idealtypische Kollektivbegriffe.

251 Alle Kategorien stehen im Dienst objektivierender Erkenntnis.

252 Auf wissenschaftlichem Gebiet herrscht die Logik des berechnenden Verstandes.

253 Das Prinzip der rationalen Erkenntnis tut der Wirklichkeit Gewalt an.

254 Die qualitative Differenz der Individuen ist eine Grundtatsache allen organischen Lebens.

255 "Das Wirken als sachlicher Gehalt der Kausalkategorie und damit der Begriff der Ursache verliert seinen Sinn und verschwindet überall da, wo im Wege der quantifizierenden Abstraktion die mathematische Gleichung als Ausdruck der rein räumlichen Kausalbeziehungen gewonnen ist. Soll ein Sinn der Kausalitätskategorie hier noch festgestellt werden, so kann es nur der einer Regel zeitlichen Aufeinanderfolgens von Bewegungen sein." - Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1988, Seite 135

256 Nicht Lösungen bieten, sondern Probleme aufzeigen.

257 "Die Nationalökonomie produziert ihre Werturteile und muß ihre Werturteile aus einer spezifisch "wirtschaftlichen Weltanschauung" heraus produzieren." - Vgl. Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1988, Seite 149

258 Konflikte entstehen bei der praktischen Durchführung.

259 Der Allgemeinbegriff ist ein praktischer Generalnenner.

260 "Das Schicksal einer Kulturepoche, die vom Baum der Erkenntnis gegessen hat, ist es, wissen zu müssen, daß wir den Sinn des Weltgeschehens nicht aus dem noch so sehr vervollkommneten Ergebnis seiner Durchforschung ablesen können, sondern ihn selbst zu schaffen imstande sein müssen, daß Weltanschauungen niemals Produkt fortschreitenden Erfahrungswissens sein können, und daß also die höchsten Ideale, die uns am mächtigsten bewegen, für alle Zeit nur im Kampf mit anderen Idealen sich auswirken, die anderen ebenso heilig sind, wie uns die unseren." - Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1988, Seite 154

261 Es ist nie genau zu sagen, wo der denkende Forscher aufhört und der wollende Mensch anfängt.

262 "Es versteht sich von selbst, daß der Umkreis der "wirtschaftlichen" Erscheinungen ein flüssiger und nicht scharf abzugrenzender ist und daß andererseits natürlich keineswegs etwa die wirtschaftlichen Seiten einer Erscheinung nur wirtschaftlich bedingt oder nur wirtschaftlich wirksam sind, und daß eine Erscheinung überhaupt die Qualität einer wirtschaftlichen nur insoweit und nur so lange behält, als unser Interesse sich der Bedeutung, die sie für den materiellen Kampf ums Dasein besitzt, ausschließlich zuwendet." - Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1988, Seite 162f

263 Nicht die sachlichen Zusammenhänge der Dinge, sondern die gedanklichen.

264 Die Einschulung des Auges auf die Beobachtung der Wirkung qualitativ gleichartiger Ursachenkategorien und die stete Verwendung des gleichen begrifflich-methodischen Apparates bietet alle Vorteile der Arbeitsteilung.

265 Die Wirklichkeit kann nicht aus einem System von Lehrsätzen "deduziert" werden.

266 Die kausale Erklärung einer individuellen Tatsache ist überhaupt unmöglich, da schon eine Beschreibung selbst des kleinsten Ausschnittes der Wirklichkeit ist niemals erschöpfend.

267 "Logische Ordnung der Begriffe einerseits und empirische Anordnung das Begriffenen in Raum, Zeit und ursächlicher Verknüpfung andererseits erscheinen dann so miteinander verkitttet, daß die Versuchung, der Wirklichkeit Gewalt anzutun, um die reale Geltung der Konstruktion in der Wirklichkeit zu erhärten, fast unwiderstehlich wird." - Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1988, Seite 204

268 Begriffe sind nicht Ziel der Erkenntnis.

269 Urteile setzen überall die logische Bearbeitung des sinnlich Wirklichen, d.h. die Verwendung von Begriffen voraus.

270 "Der Gebrauch der undifferenzierten Kollektivbegriffe, mit denen die Sprache des Alltags arbeitet, ist stets der Deckmantel von Unklarheiten des Denkens oder Wollens, oft genug das Werkzeug bedenklicher Erschleichungen, immer aber ein Mittel, die Entwicklung der richtigen Problemstellung zu hemmen." - Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1988, Seite 212

271 Die kausale Analyse liefert absolut keine Werturteile und ein Werturteil ist absolut keine kausale Erklärung.

272 Wissenschaftliche Erkenntnis ist mit dem Finden von Gesetzen identisch.

273 Mit der Analogiefrage behandeln wir die Machtfrage.

274 Unsere ganze Erkenntnis bezieht sich auf eine kategorialgeformte Wirklichkeit.

275 Generalisieren von Beobachtung im Dienste des Zwecks.

276 Unser soziales Leben verläuft in Regelmäßigkeiten in dem Sinne, daß jeden Tag der Bäcker, Metzger usw. seiner Tätigkeit nachgeht.

277 Der Begriff der Wahl schließt eine zwingende Kausalität aus.

278 Das Problem der rechten Wahl ist kein Problem der Naturforschung.

279 Regel kommt von Regelmäßigkeit.

280 "Und die allgemeinen Lehrsätze, welche die ökonomische Theorie aufstellt, sind lediglich Konstruktionen, welche Aussagen, welche Konsequenzen das Handeln des einzelnen Menschen in seiner Verschlingung mit dem aller andern erzeugen müßte, wenn jeder einzelne sein Verhalten zur Umwelt ausschließlich auch den Grundsätzen kaufmännischer Buchführung, also in diesem Sinn rational, gestalten würde. Dies ist bekanntlich keineswegs der Fall." - Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1988, Seite 395

281 Wo wir einen gegebenen Komplex von Mannigfaltigem als eine Einheit denken, operieren wir mit der Kategorie des Zwecks.

282 Der Begriff "Maschine" repräsentiert eine Vielfalt von verschieden geformten Eisen- und Stahlstücken.

283 die Probleme der Begriffsbildung.

284 die Fiktion rein quantitativer Meßbarkeit von Bedürfnissen.

285 Die Art der Bildung der Begriffe ist hauptsächlich und überwiegend eine Zweckmäßigkeitsfrage.

286 zweckrationales Verhalten und Denken.

287 subjektive Zweckrationalität und objektive Richtigkeitsrationalität

288 Wissenschaft will Systematik und Ganzheit, das Zerstreute will sie nicht nebeneinander stehen lassen.

289 "Das Verhalten anderer kalkulieren zu können, sein eigenes Verhalten an eindeutigen geschaffenen Erwartungen orientieren zu können - hierin liegt das spezifische Interesse des rationalen kapitalistischen "Betriebes" an "rationalen" Ordnungen, deren praktisches Funktionieren er in seinen Chancen ebenso berechnen kann, wie das einer Maschine." - Vgl. Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1988, Seite 473f

290 Herrschaft wird gesetzt.

291 Die legale Vorstellung beruth darin, daß die Beherrschten über das geltensollende Recht durch Willenskundgebung frei bestimmen können und daß die Zählung der Stimmen nach dem Majoritätsprinzip dafür das legitime Mittel sei.

292 Wert heißt immer praktische Wertung.

293 ein steriler terminologischer Streit.

294 Zwischen "Gott" und "Teufel" herrscht ein unüberbrückbarer, tödlicher Kampf. Zwischen "Gott" und Teufel gibt es keine Relativierungen und Kompromisse.

295 "Das Verflachende des Alltags in diesem eigentlichsten Sinn des Wortes besteht ja gerade darin: daß der in ihm dahinlebende Mensch sich dieser teils psychologisch, teils pragmatisch bedingten Vermengung todfeindlicher Werte nicht bewußt wurde und vor allem: auch gar nicht bewußt werden will, daß er sich vielmehr der Wahl zwischen Gott und Teufel und der eigenen letzten Entscheidung darüber: welcher der kollidierenden Werte von dem Einen und welcher von dem Anderen regiert werde, entzieht. Die aller menschlichen Bequemlichkeit unwillkommene, aber unvermeidliche Frucht vom Baum der Erkenntnis ist gar keine andere als eben die: um jene Gegensätze wissen und also sehen zu müssen, daß jede einzelne wichtige Handlung und daß vollends das Leben als Ganzes, wenn es nicht wie ein Naturereignis dahingleiten, sondern bewußt geführt werden soll, eine Kette letzter Entscheidungen bedeutet, durch welche die Seele ihr eigenes Schicksal: den Sinn ihres Tuns und Seins heißt das - wählt." - Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1988, Seite 507

296 "Kausalität", Begriff" und "Gesetz" sind Kategorien des objektivierenden Erkennens.

297 "Denn nicht auszuscheiden ist aus allem Kulturleben der Kampf. Man kann seine Mittel, seinen Gegenstand, sogar seine Grundrichtung und seine Träger ändern, aber nicht ihn selbst beseitigen. Er kann statt äußeren Ringens von feindlichen Menschen um innere Güter und damit statt äußeren Zwangs eine innere Vergewaltigung (gerade auch in Form erotischer oder karitativer Hingabe) sein oder endliche ein inneres Ringen innerhalb der Seele des Einzelnen selbst mit sich selbst bedeuten, - stets ist er da, und oft um so folgenreicher, je weniger er bemerkt wird, je mehr sein Verlauf die Form stumpfen oder bequemen Geschehenlassens oder illusionistischen Selbstbetrugs annimmt oder sich in der Form der Auslese vollzieht. Friede bedeutet Verschiebung der Kampfformen oder der Kampfgegner oder der Kampfgegenstände oder endlich der Auslesechancen und nichts anderes." - Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1988, Seite 517

298 Die Wissenschaft denkt Natur objekte nicht als Güter, sondern frei von der Verknüpfung mit Werten.

299 Bei Werten ist es Unsinn zu fragen, ob sie wirklich sind, sondern es muß gefragt werden, ob sie gelten.

300 Das naturwissenschaftliche Denksystem versucht die Gegenstände zu begreifen, indem es sie aus den Zusammenhängen herausisoliert.

301 Werte können nur von psychischen Wesen gewertet werden.

302 Die Unmöglichkeit die Wirklichkeit "so wie sie ist" in Begriffe aufzunehmen führt zur Behauptung der Irrationalität der empirischen Wirklichkeit.

303 "Achten wir auf irgendein beliebiges, uns unmittelbar gegebenes Sein oder Geschehen, so könnten wir uns leicht zum Bewußtseins bringen, daß wir darin nirgends scharfe und absolute Grenzen, sondern durchweg alllmähliche Übergänge finden. Es hängt dies mit der Anschaulichkeit jeder gegebenen Wirklichkeit zusammen. Die Natur macht keine Sprünge. Alles fließt. Das sind alte Sätze und sie galten in der Tat vom physischen Sein und seinen Eigenschaften ebenso wie vom psychischen, also von allem realen Sein, das wir unmittelbar kennen. Jedes räumlich ausgebreitete oder eine Zeitstrecke erfüllende Gebilde trägt diesen Charakter der Stetigkeit. Das können wir kurz als Satz der Kontinuität alles Wirklichen bezeichnen." - Heinrich Rickert, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, Stuttgart 1986, Seite 50

304 Der Begriff ist ohnmächtig die Wirklichkeit genau zu reproduzieren.

305 Der Versuch allgemeine Regeln aufzustellen geht immer auf Kosten der Menschlichkeit.

306 "Den ersten Weg, der mit einer Beseitigung der Heterogenität beginnt, geht die Mathematik. Sie kann das Kontinuum begrifflich beherrschen, sobald sie es homogen denkt, und sie feiert dadurch ihre höchsten Triumphe. Ihre Apriorität dürfte an die Homogenität ihrer Gebilde gebunden sein. Ein Vorurteil über noch nicht Beobachtetes oder Erfahrenes ist möglich, wo man sicher sein kann, nie auf etwas prinzipiell Neues zu stoßen. Vom Standpunkt einer Wissenschaft jedoch, die die Wirklichkeit will, sind dies Triumphe teuer erkauft. Die homogenen Gebilde, von denen die Mathematik redet, haben überhaupt kein "reales" Sein mehr, sondern gehören in eine Sphäre, die man nur als die eines idealen Seins bezeichnen kann, wenn man von ihnen sagen will, daß sie sind. Die Welt der homogenen Kontinua ist für die Mathematik der reinen Quantitäten, und sie ist aus diesem Grunde absolut unwirklich, denn wir kennen nur qualitativ bestimmte Wirklichkeiten in der Sinnenwelt." - Heinrich Rickert, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, Stuttgart 1986, Seite 52f

307 Alles wissenschaftliche Erkennen nimmt notwendig eine sprachliche Gestalt an.

308 Verallgemeinerung bedeutet geradezu eine Flucht aus der Wirklichkeit.

309 Wir können nur das Allgemeine vorhersagen, nie das Individuelle.

310 "Wäre die Welt nicht generalisierend vereinfacht, so würde ihre Berechnung und Beherrschung nie gelingen. Die unübersehbare Mannigfaltigkeit des Individuellen und Besonderen verwirrt uns, solange sie nicht durch die generalisierende Begriffsbildung überwunden ist." - Heinrich Rickert, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, Stuttgart 1986, Seite 63f

311 Das ganze wissenschaftliche Denken steht ausschließlich im Dienst praktischer Interessen.

312 Die Grausamkeit der Wissenschaft liegt in der Unbekümmertheit, die sie Objektivität nennt und welche die Leiche der Realität immer wieder aufs Neue verstümmelt.

313 Die logische Struktur ist pyramidenförmig.

314 Jeder psychische Vorgang kann nur im Zusammenhang mit der Einheit des Seelenganzen erforscht werden.

315 Jedes a priori ist ein Vorurteil.

316 "Werte sind keine Wirklichkeiten, weder physische, noch psychische. Ihr Wesen besteht in ihrer Geltung, nicht in ihrer Tatsächlichkeit." - Heinrich Rickert, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, Stuttgart 1986, Seite 111

317 Die Wertung muß immer positiv oder negativ sein.

318 "Der historische Materialismus beruth wie jede andere Geschichtsphilosophie auf bestimmten Wertsetzungen und seine Verspottung des Idealismus läuft lediglich auf eine Vertauschung der alten Ideale mit neuen hinaus, nicht etwa auf eine Beseitigung der Ideale überhaupt." - Vgl. Heinrich Rickert, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, Stuttgart 1986, Seite 142

319 Auch die Elektronen werden von den Physikern nur als einfach und gleich, als Exemplare eines allgemeinen Gattungsbegriffes angesehen, weiter nichts.

320 Für Tolstoi ist die Wissenschaft weitgehend sinnlos, weil sie auf die Fragen, was wir tun sollen und wie wir leben sollen, keine Antworten geben kann.

321 Grundlage der wissenschaftlichen Forschung ist die Suche nach Ordnung.

322 Interessant erscheint uns etwas, wenn es mit unseren Wertvorstellungen in Verbindung steht.

323 "Ohne ein Ideal über sich zu haben, kann der Mensch im geistigen Sinne des Wortes nicht aufrecht gehen." - Alois Riehl, Logik und Erkenntnistheorie, Berlin/Leipzig 1907, Seite 74

324 Die Wissenschaft liefert Kenntnisse über die Technik, wie man das Leben, die äußeren Dinge, sowohl wie das Handeln der Menschen, durch Berechnung beherrscht.

325 "Die revolutionäre Karriere führt nicht über Bankette und Ehrentitel, über interessante Forschungen und Professorengehälter, sondern über Elend, Schande, Undankbarkeit, Zuchthaus ins Ungewisse, das nur ein fast übermenschlicher Glaube erhellt. Von bloß begabten Leuten wird sie daher selten eingeschlagen." - Max Horkheimer in Peter Mosler, Was wir wollten, was wir wurden, Reinbek 1978, Seite 304

326 Alles Hinausgehen über das unmittelbar Erfahrbare ist Metaphysik.

327 Die Verletzung des Willens ist schmerzhaft.

328 Der "Baum ansich" ist farblos, geruchlos, geschmackslos usw.

329 "Die Welt, die wir uns aus unseren Empfindungen und Wahrnehmungen konstruieren und die wir uns bequemerweise immer so denken, als sei sie an und für sich einfach schlechthin vorhanden, ist also nicht schon durch ihr bloßes Vorhandensein auch wirklich manifest, sondern bedarf es der Gehirnfunktionen." - Erwin Schrödinger, Mein Leben meine Weltansicht, Zürich 1989, Seite 92

330 Die Entstehung des Gemeinschaftsgefühls ist vorwiegend auf die Sprache zurückzuführen.

331 "Exakte Wissenschaft ist nie wirklich möglich." - Erwin Schrödinger, Mein Leben meine Weltansicht, Zürich 1989, Seite 148

332 Die Kausalbeziehungen sind nicht wirklich beobachtbar.

333 "Die Wissenschaft denkt Naturobjekte nicht als Güter, sondern frei von der Verknüpfung mit Werten." - Heinrich Rickert, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, Stuttgart 1986, Seite 36

334 "Es gibt keine Wissenschaft vom Einmaligen und Besonderen, die es mit Rücksicht auf seine Einmaligkeit und Besonderheit darstellt. Es gilt vielmehr, alle Objekte allgemeinen Begriffen, womöglich Gesetzesbegriffen, unterzuordnen." - Heinrich Rickert, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft; Stuttgart 1986; Seite 59

335 "Die letzten Elemente der wissenschaftlichen Begriffe sind nämlich unter allen Umständen allgemein, und einen Begriff kann man schon deswegen nur aus allgemeinen Elementen bilden, weil die Worte, deren die Wissenschaft sich bedient, um allen verständlich zu sein, allgemeine Bedeutung haben müssen." - Heinrich Rickert, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, Stuttgart 1986, Seite 59

336 Die Naturwissenschaft bringt nur Konfektionskleider hervor, meint Bergson, aber keine Maßarbeit.

337 "Wissenschaft ist Verfassung von Gesetzen." - Hermann Cohen in Hans-Ludwig Ollig (Hg), Neukantianismus, Stuttgart 1982, Seite 85

338 "Die Wissenschaft trennt beständig die Elemente des einfachen Daseins der Dinge, um für diese Trennung eine um so festere Verknüpfung nach allgemeingültigen Gesetzen einzutauschen." - Ernst Cassirer in Hans-Ludwig Ollig (Hg), Neukantianismus, Stuttgart 1982, Seite 157

339 "Wissenschaft ist begründetes Wissen. Die Begründung aber bezieht sich nicht auf die subjektive Erlangung und Entstehung, sondern auf die objektive Geltung." - Bruno Bauch in Hans-Ludwig Ollig (Hg), Neukantianismus, Stuttgart 1982, Seite 247

340 "Die Erkenntnistheorie ist die Wissenschaft, die die Untersuchung der objektiven Gültigkeit der Erkenntnis überhaupt zur Aufgabe hat." - Leonard Nelson in Hans-Ludwig Ollig(Hg), Neukantianismus, Stuttgart 1982, Seite 281

341 Es gibt für die Wissenschaft keine Anschauung, sondern nur Konstruktion.

342 Die naturwissenschaftliche Methode endet da, wo das Gebiet des individuellen Lebens, des persönlichen Seins, bzw. der Willensfreiheit anfängt.

343 Die wissenschaftliche Erkenntnis ist mit dem Finden von Gesetzen identisch.

344 "Das Problem der rechten Wahl, d.h. des Gesollten ist kein Problem der Naturforschung." - Vgl. Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1988, Seite 365

345 Objektivität ist das Ideal der klassischen Wissenschaften.

346 Keine Wissenschaft knüpft an eine anschauungsfrei gegebene Wirklichkeit an.

347 "Wissenschaft ohne Religion ist wie ein Lahmer; Religion ohne Wissenschaft ist wie ein Blinder." - Albert Einstein in Larry Dossey, Die Medizin von Raum und Zeit, Reinbek 1987, Seite 284

348 "So wie alles Erkennen und Bezeichnen, und damit die ganze Sprache auf Wiederholung beruth, d.h. auf der Möglichkeit, unter verschiedenen Umständen etwas Gleiches zu finden, so nimmt auch die wissenschaftliche Ordnung der Welt von der Wiederholung, von der Gesetzmäßigkeit ihren Ausgang." - Werner Heisenberg, Ordnung der Wirklichkeit, München 1989, Seite 92

349 "Das Problem der Wissenschaft kann nicht auf dem Boden der Wissenschaft erkannt werden." - Friedrich Nietzsche in Colli/Montinari (Hg), KSA Bd. 1, München 1988, Seite 13

350 Wissenschaft zieht zur Erklärung der Welt nur greifbare, meßbare und objektivierbare Vorgänge und Einflüße heran.

351 "Der experimentelle Dialog mit der Natur, den die moderne Wissenschaft entdeckte, beruth weniger auf passiver Beobachtung als vielmehr auf praktischer Tätigkeit. Es kommt darauf an, die physikalische Realität zu manipulieren, sie derart zu inszenieren, daß sie so eng wie möglich einer theoretischen Beschreibung entspricht. Das untersuchte Phänomen muß präpariert und isoliert werden bis es einer idealen Situation nahekommt, die zwar physikalisch unerreichbar sein mag, aber dem angenommenen begrifflichen Schema entspricht." - Prigogine/Stengers, Dialog mit der Natur, München 1990, Seite 47

352 "An dem Bau der Begriffe arbeitet ursprünglich, wie wir sahen, die Sprache, in späteren Zeiten die Wissenschaft. Wie die Biene zugleich an den Zellen baut und die Zellen mit Honig füllt, so arbeitet die Wissenschaft unaufhaltsam an jenem großen Columbarium (Urnenhalle) der Begriffe, der Begräbnisstätte der Anschauung, baut immer neue und höhere Stockwerke, stützt, reinigt, erneuert die alten Zellen, und ist vor allem bemüht, jenes in's Ungeheure auf getürmte Fachwerk zu füllen und die ganze empirische Welt, d.h. die anthropomorphische (vermenschlichte) Welt, hineinzuordnen. Wenn schon der handelnde Mensch sein Leben an die Vernunft und ihre Begriffe bindet, um nicht fortgeschwemmt zu werden und sich nicht selbst zu verlieren, so baut der Forscher seine Hütte dicht an den Turmbau der Wissenschaft, um an ihm mithelfen zu können und selbst Schutz unter dem vorhandenen Bollwerk zu finden. Und Schutz braucht er: denn es gibt furchtbare Mächte, die fortwährend auf ihn eindringen, und die der wissenschaftlichen Wahrheit ganz anders geartete "Wahrheiten" mit den verschiedenartigsten Schildzeichen entgegenhalten." - Friedrich Nietzsche in Colli/Montinari (Hg), KSA Bd. 1, München 1988, Seite 886

353 Es gibt kein Wissen von Gott, es gibt keine Möglichkeit, das prinzipiell Jenseitige in diesseitigen Kategorien zu begreifen. Die Wissenschaft dagegen ist durch den auf das System angelegten Begriff gekennzeichnet.

354 Lambert kannte schon das Prinzip einer ökonomischen Wissenschaft. Seine Definition lautete: Dia wissenschaftliche Erkenntnis dient dazu, "Erfahrungen überflüssig zu machen, und folglich das, was wir noch erst erfahren müßten, voraus zu bestimmen.

355 Wissenschaftlich werden nur solche Gegenstandsbestimmungen anerkannt, die sich auf beobachtbare, kontrollierbare Tatsachen, auf greifbare Dinge beziehen.

356 "Der Objektgedanke ist nicht der Gedanke von einem Ding, wenngleich jedes Ding durch ihn konstituiert wird. Er ist der Gedanke von einer allgemeinsten Beziehung, der jede andere in einem ganz bestimmten Umfang unterworfen ist. Es ist der Gedanke von einem formalen Geltungsprinzip, das als höchste Bedingung jene Systeme von Beziehungen beherrscht, die man Wissenschaft und Wirklichkeit nennt. Denn beide wollen objektiv sein und beide sind es nur Kraft jenes formalen Geltungsprinzips." - Richard Hönigswald in Flach/Holzhey (Hg), Erkenntnistheorie und Logik im Neukantianismus, Hildesheim 1980, Seite 288

357 Wissenschaft ist nichts anderes, als ein Mittel zur Lösung praktischer Probleme.

358 Die Wissenschaft soll nur beobachten, aber nicht Normen setzen.

359 Jede allgemeine Idee, jede Abstraktion bedeutet eine Verneinung des wirklichen Lebens.

360 Die ökonomischen, wie die politischen Wissenschaften haben das Funktionieren bestimmter Institutionen das gesellschaftlichen Lebens zum Gegenstand.

361 Es gibt keine Möglichkeit politische Handlungen wissenschaftlich zu rechtfertigen.

362 Wissenschaften haben lediglich technische und keinerlei ethische Relevanz.

363 "In voller Klarheit erkennen wir nur ein einziges Gesetz - das der Beharrung und der Gleichförmigkeit. Auf diesen einfachen Gedanken suchen wir alle anderen zurückzuführen, und in dieser Zurückführung allein besteht für uns die Wissenschaft?" - Louis Poinsot, Elements de Statique, Paris 1861, Seite 239

364 "Wissenschaft vermittelt uns überhaupt nicht irgendeine Realität, sondern sie ist eine völlige Neuschöpfung - so wie die Kunst eine solche in anderer Art ist. Ihr Inhalt ist eine Gestaltung aus der erlebten Wirklichkeit unter dem Gesichtspunkt einer speziellen Bewertung." - Viktor Kraft, Weltbegriff und Erkenntnisbegriff, Leipzig 1912, Seite 159

365 "Das Geheimnis aller Wissenschaft besteht in der Generalisierung." - Gunnar Myrdal, Das Wertproblem in der Sozialwissenschaft, Bonn-Bad Godesberg 1975, Seite 81

366 Die Einheit der Wissenschaft ist in den Symbolsystemen zu suchen.

367 "Die wissenschaftliche Definition einer Blume, eines Tieres, eines Menschen sagt von deren innerstem Wesen nicht viel mehr, als wenn man das Geigenspiel definierte als: das Kratzen von einem Bündel Roßhaaren auf vier Schafsdärmen. Diese Definition ist wissenschaftlich einwandfrei, aber sie erfaßt so gut wie nichts vom Wesen dessen, was mit dem "Geigenspiel" gemeint ist." - Hans Leisegang, Denkformen, Berlin/Leipzig 1932, Seite 205

368 "Was nun die Naturwissenschaft anbetrifft, so ist sie heute darauf ausgerichtet, die Störung zu berechnen, die vom Beobachter ins Phänomen eingeführt wurde. Die Richtung auf das reine Objekt jedoch bleibt unerschüttert. Das Subjekt ist, wo immer man auch in der westlichen Welt blickt, auf dem Rückzug. Dies ist die logische Konsequenz einer Struktur, die die alle Gegebenheiten in ihrem objektivierenden Prozess absorbiert. Die absorbierende Einheit und Macht ist das begriffliche Denken. Der Drang, die Gegenheiten des Bewußtseins zu objektivieren bedeutet eine ständig zunehmende Ausweitung begrifflicher Konstruktionen." - William Haas, Westliches und östliches Denken, Reinbek 1966, Seite 145

369 "Nun aber eilt die Wissenschaft, von ihrem kräftigen Wahne angespornt, unaufhaltsam bis zu ihren Grenzen, an denen ihr im Wesen der Logik verborgener Optimismus scheitert. Denn die Peripherie des Kreises der Wissenschaft hat unendlich viele Punkte, und während noch gar nicht abzusehen ist, wie jemals der Kreis völlig ausgemessen werden könnte, so trifft doch der edle und begabte Mensch, noch vor der Mitte seines Daseins und unvermeidlich, auf solche Grenzpunkte der Peripherie, wo er in das Unaufhellbare starrt. Wenn er hier zu seinem Schrecken sieht, wie die Logik sich an diesen Grenzen um sich selbst ringelt und endlich sich in den Schwanz beißt - da bricht die neue Form der Erkenntnis durch, die tragische Erkenntnis, die, um nur ertragen zu werden, als Schutz und Heilmittel die Kunst braucht." - Friedrich Nietzsche in Colli/Montinari (Hg), KSA Bd. 1, München 1988, Seite 101

370 Die Entzweiung des Bewußtseins erweckt das Bedürfnis, das Wissenschaft, Religion und Kunst zu befriedigen haben.

371 Ein Organismus muß eine vergleichsweise grobe Struktur besitzen, damit einigermaßen genaue Gesetze mit Erfolg angewendet werden können.

372 "Die Wissenschaft verhält sich zur Weisheit, wie die Tugendhaftigkeit zur Heiligung: sie ist kalt und trocken, sie hat keine Liebe und weiss nichts von einem tiefen Gefühle des Ungenügens und der Sehnsucht. Sie ist sich selber eben so nützlich, als sie ihren Dienern schädlich ist, insofern sie auf dieselben ihren eignen Charakter überträgt und damit ihre Menschlichkeit gleichsam verknöchert. So lange unter Kultur wesentlich Förderung der Wissenschaft verstanden wird, geht sie an dem großen leidenden Menschen mit unbarmherziger Kälte vorüber, weil die Wissenschaft überall nur Probleme der Erkenntnis sieht, und weil das Leiden eigentlich innerhalb ihrer Welt etwas Ungehöriges und Unverständliches, also höchstens wieder ein Problem ist. Man gewöhne sich aber nur erst daran, jede Erfahrung in ein dialektisches Frage- und Antwortspiel und in eine reine Kopfangelegenheit zu übersetzen: es ist erstaunlich, in wie kurzer Zeit der Mensch bei einer solchen Tätigkeit ausdorrt, wie bald er fast nur noch mit den Knochen klappert. Jeder weiß und sieht dies: wie ist es also nur möglich, daß trotzdem die Jünglinge keineswegs vor solchen Knochenmenschen zurückschrecken und immer von Neuem wieder sich blindlings und wahl- und maßlos den Wissenschaften übergeben? Dies kann doch nicht vom angeblichen Trieb zur Wahrheit herkommen: denn wie sollte es überhaupt einen Trieb nach der kalten, reinen, folgenlosen Erkenntnis geben können! Was vielmehr die eigentlichen treibenden Kräfte in den Dienern der Wissenschaft sind, giebt sich dem unbefangenen Blick nur zu deutlich zu verstehen: und es ist sehr anzurathen, auch einmal die Gelehrten zu untersuchen und zu secieren, nachdem sie selbst sich gewöhnt haben, alles in der Welt, auch das Ehrwürdigste, dreist zu betasten und zu zerlegen. Soll ich heraussagen, was ich denke, so lautet mein Satz: der Gelehrte besteht aus einem verwickelten Geflecht sehr verschiedener Antriebe und Reize, er ist durchaus ein unreines Metall. Man nehme zuvörderst eine starke und immer höher gesteigerte Neubegier, die Sucht nach Abenteuern der Erkenntniss, die fortwährend anreizende Gewalt des Neuen und Seinen im Gegensatze zum Alten und Langweiligen. Dazu füge man einen gewissen dialektischen Spür- und Spieltrieb, die jägerische Lust an verschmitzten Fuchsgängen des Gedankens, so dass nicht eigentlich die Wahrheit gesucht, sondern das Suchen gesucht wird und der Hauptgenuss liegt im listigen Herumschleichen, Umzingeln, kunstmäßigen Abtödten besteht. Nun tritt noch der Trieb zum Widerspruch hinzu, die Persönlichkeit will, allen anderen entgegen, sich fühlen und fühlen lassen; der Kampf wird zur Lust und der persönliche Sieg ist das Ziel, während der Kampf um die Wahrheit nur der Vorwand ist. Zu einem guten Theile ist sodann dem Gelehrten der Trieb beigemischt, gewisse Wahrheiten zu finden, nämlich aus Unterthänigkeit, gegen gewisse herrschende Personen, Kasten, Meinungen, Kirchen, Regierungen, weil er fühlt, dass er sich nützt, indem er die Wahrheit auf ihre Seite bringt." - Friedrich Nietzsche in Colli/Montinari (Hg), KSA Bd. 1, München 1988, Seite 393f

373 "... denn auf der Einsicht in die Methode beruth der wissenschaftliche Geist, und alle Resultate der Wissenschaft könnten, wenn jene Methoden verlorengingen, ein erneutes Überhandnehmen des Aberglaubens und des Unsinns nicht verhindern." - Friedrich Nietzsche, Werke II, Karl Schlechta (Hg), Ffm/Berlin/Wien 1984, Seite 304

374 "Das übertriebene Vertrauen in sprachliche Ausdrücke war bekanntermaßen der Grund für die vielen Schwächen der Philosophie und der Physik bei den Griechen, wie auch bei den mittelalterlichen Denkern, die die griechische Traditionen fortführten." - Alfred North Whitehead, Prozeß und Realität, Ffm 1987, Seite 46

375 "Die Suche nach der Wirklichkeit ist in den Augen der heutigen Wissenschaft antiquiert und gehört einer Ära an, die mit Anbruch unseres Jahrhunderts endete." - Larry Dossey, Die Medizin von Raum und Zeit, Reinbek 1987, Seite 75

376 Die Theorien der Wissenschaft basieren grundsätzlich auf objektiven Daten, nur diese sind von Interesse.

377 Naturwissenschaft bezieht sich immer auf feste Körper überhaupt oder auf die Bakterienzelle überhaupt.

378 Einer vom Quantitativen geprägte Wissenschaftswelt steht einer dem Qualitativen verpflichteten Menschenwelt gegenüber.

379 "Wir sind keine denkenden Frösche, keine Objektivier- und Registrier -Apparate mit kaltgestellten Eingeweiden." - Friedrich Nietzsche, Werke II, Karl Schlechta (Hg), Ffm/Berlin/Wien 1984, Seite 286

380 "... denn alle Probleme von Wissenschaften sind zunächst Begriffe von Aufgaben und Problemen." - Heinrich Rickert, Grundprobleme der Philosophie, Tübingen 1934, Seite 13

381 "Das wissenschaftliche Denken ist das objektive, das Denken, bei dem es auf das Individuum nicht ankommt." - Karl Jaspers, Psychologie der Weltanschauungen, Berlin/Heidelberg/New York 1971, Seite 384

382 In der klassischen Physik spielen nur beobachtbare Größen eine Rolle.

383 "Niemand kann - selbst bei bester Gesetzeserkenntnis - den Weg eines Wassertropfens in den Niagarafällen berechnen / voraussagen, weil die exakte Kenntnis der Anfangs-, Rand-, und Systemdaten fehlt, bzw. utopisch bleibt. Die Komplexität eines politisch-ökonomischen Systems mag vergleichbar sein." - Hans Lenk, Pragmatische Vernunft, Stuttgart 1979, Seite 128

384 "Das Vehikel der Forschung ist Mathematik; und bloß soweit Mathematik anwendbar ist, kann ein mechanisches Weltbild entstehen. Alles Qualitative, eigentlich Anschauliche, alles, was an sich wesenhaft erscheint, wird aus der Welt verdrängt. Die Natur wird entqualifiziert und damit entseelt. Sie wird in exakte Gesetzesbegriffe gefaßt, damit berechenbar und dadurch beherrschbar. In diesem Weltbild allein heißt es: Wir erkennen alles nur so weit, als wir es machen können. Die Natur wird ein Werkzeug des Geistes, als Mechanismus ein Apparat, sie wird damit inhaltlich ganz abstrakt, ganz allgemein. In diesem Weltbild sieht man nicht das, was gewöhnlich Wirklichkeit heißt und Fülle hat, sondern eine spezifische Unwirklichkeit, mit der, da Sie eine Seite alles Wirklichen ist, sich die allergrößten Wirkungen in dieser erzielen lassen. Dies Weltbild umfaßt eben das, was an der Natur uns durch Berechnung ganz unterworfen ist, also vor allem die Welt nach ihrer räumlichen und zeitlichen Seite." - Karl Jaspers, Psychologie der Weltanschauungen, Berlin/Heidelberg/New York 1971, Seite 158f

385 "Die naturwissenschaftliche Wirklichkeitserkenntnis beruth auf dem Interesse an abstrakten Verallgemeinerungen die im Fortgang der Begriffsbildung von der Individualität des Wirklichen zunehmend abstrahieren. Die naturwissenschaftliche Erkenntnis erwächst also nicht aus einem Interesse an der Wirklichkeit selbst, sondern entspringt unserem Wunsch, die allgemeine Gesetzmäßigkeiten aufzudecken, die für die Wirklichkeit gültig sind." - Guy Oakes, Die Grenzen kulturwissenschaftlicher Begriffsbildung, Ffm 1990, Seite 76

386 Es ist das "allererste Erfordernis wissenschaftlicher Denkweise, die Trennung der Außenwelt von der Innenwelt anzuerkennen und durchzuführen. Mit der Annahme der Existenz einer selbständigen Außenwelt verknüpft die Wissenschaft nun sogleich auch die Frage nach der Kausalität, das heißt nach der Gesetzlichkeit im Weltgeschehen als einem von unseren Sinnesempfindungen ganz unabhängigen Begriff, und betrachtet es als ihre Aufgabe zu untersuchen, ob und inwiefern das Kausalgesetz auf die verschiedenen Vorgänge in der Natur und in der Geisteswelt anwendbar ist." - Max Planck, Vom Wesen der Willensfreiheit, Ffm 1990, Seite 99

387 "... eine Wissenschaft, die sich selber das Prädikat der Objektivität prinzipiell aberkennt, spricht damit ihr eigenes Urteil." - Max Planck, Vom Wesen der Willensfreiheit, Ffm 1990, Seite 125

388 "Und in der Tat: wenn wir etwas näher zusehen und den Aufbau der exakten Wissenschaft einer genaueren Prüfung unterziehen, dann werden wir sehr bald gewahr, daß das Gebäude eine gefährlich schwache Stelle besitzt, und diese Stelle ist das Fundament. Dem Bau fehlt eine von vornherein nach allen Richtungen hin gesicherte, von äußeren Stürmen nicht zu erschütternde Grundlage, oder mit anderen Worten: es gibt für die exakte Wissenschaft kein Prinzip von so allgemeiner Gültigkeit und zugleich von so bedeutsamem Inhalt, daß es ihr als ausreichende Unterlage dienen kann. Wohl rechnet sie allenthalben mit Maß und Zahl und trägt daher mit vollem Recht ihren stolzen Namen; denn die Gesetze der Logik und der Mathematik müssen wir ohne Zweifel als zuverlässig betrachten. Aber auch die schärfste Logik und die genaueste mathematische Rechnung können kein einziges fruchtbares Ergebnis zeitigen, wenn es an einer sicher zutreffenden Voraussetzung fehlt. Aus nichts läßt sich nichts folgern." - Max Planck, Vom Wesen der Willensfreiheit, Ffm 1990, Seite 228f

389 "Mit einem Wort: wir gehören nicht zu dieser materiellen Welt, die die Wissenschaft für uns gestaltet. Wir sind nicht in ihr, sondern außerhalb. Wir sind nur Zuschauer." - Erwin Schrödinger, Die Natur und die Griechen, Wien/Hamburg 1983, Seite 165

390 Jede Wissenschaft führt Vielfalt auf Einheit zurück.

391 Unwissenschaftlich ist jedes Erkenntnisstreben ohne zureichendes Kausalitätskonzept.

392 Das Maßsystem der klassischen Wissenschaften besteht aus Geschwindigkeit, Größe, Leistungssteigerung, Effizienz.

393 Realität und Privatheit schließen sich aus, Individualismus und Falschheit sind identisch. Die Erfahrung eines Menschen gilt objektiv nichts, solange sie alleine steht.

394 "Ganz allgemein gesagt, ist der wissenschaftliche Fortschritt ein Produkt der Analyse und der artifiziellen Isolierung bestimmter Elemente gewesen." - Bertrand Russell, Eroberung des Glücks, Ffm 1978, Seite 282

395 "Wissenschaft hat von Anbeginn an einen Doppelcharakter. Sie ist zweckmäßig zur Beherrschung der Natur und zur Beherrschung der Menschen. Bevor die Wissenschaft zur exakten Naturwissenschaft wurde und ihr Name noch Philosophie und Theologie war, bestand ihre Anwendung hauptsächlich darin, die Menschen besser zu beherrschen und nicht die Natur." - Otto Ullrich, Technik und Herrschaft, Ffm 1979, Seite 68

396 "Alle Wissenschaft wäre überflüssig, wenn die Erscheinungsform und das Wesen der Dinge unmittelbar zusammenfielen..." - Karl Marx in Otto Ullrich, Technik und Herrschaft, Ffm 1979, Seite 71

397 "Die Grundlagen unseres sozialen Lebens sind weit weniger erforscht, als der Staub des Mondes. Die Exkremente der Raumfahrer werden genauer analysiert, als der Angstschweiß kleiner Schulkinder." - H. Krauch in Otto Ullrich, Technik und Herrschaft, Ffm 1979, Seite 341

398 "Früher habe ich einmal gesagt, die Wissenschaft sei mit einem scharfen Messer zu vergleichen. Alle Dinge, die mit ihm in Berührung kommen, werden der Klinge entlang aufgeschnitten. Auch die geheimnisvollsten Dinge wie Leben, Geist, Gefühl und Wille können sich so der Sektion nicht entziehen..." - Chang Tung-sun in Joseph Needham, Wissenschaftlicher Universalismus, Ffm 1979, Seite 48

399 "Wer Wissenschaft und Kunst besitzt, der hat auch Religion." - Johann Wolfgang von Goethe, Faust

400 "Was Wissenschaft vor allem zur Wissenschaft macht ist Erkenntnis aus dem Grunde, also Erklärung oder Begründung. Wesentliche Einheit der Wahrheit einer Wissenschaft ist Einheit der Erklärung." - Edmund Husserl, Logische Untersuchungen, Bd. 1, Tübingen 1980, Seite 233

401 "Nomologisch nennt Husserl Wissenschaften, die im Gesetz das einigende Prinzip, wie das wesentliche Forschungsziel besitzen." - Vgl. Edmund Husserl, Logische Untersuchungen, Bd. 1, Tübingen 1980, Seite 234

402 Die Naturwissenschaft stellt prinzipiell nie Individuelles dar.

403 Wissenschaft begreift die Natur als einen nach Gesetzen zu erfassenden Gegenstand, was zur Folge hat, daß sie alles, was Subjektivität ausmacht, methodisch ausschaltet.

404 Mit dem zunehmenden Ansehen der Wissenschaften schwand die Autorität der Kirche.

405 Die wissenschaftliche Analyse zerlegt und tötet, isoliert homogene Tatbestände zu allgemeinen Beziehungen.

406 Schließen ist leicht, urteilen schwer.

407 Nach Kuhns Ansicht ist revolutionäre Wissenschaft unbegreiflich.

408 Aus wissenschaftlichen Theorien erfolgt technisch verwertbares, aber kein normatives, handlungsorientierendes Wissen.

409 Der Glaube, daß wir das erlebte Geschehen auch so zu "denken" vermögen, wie es "erlebt" wird, ist logisch unrichtig.

410 In der Wissenschaft gibt es nichts Böses.

411 Damit Wissen übertragbar sein soll, muß der Gegenstand gewisse Gleichförmigkeiten und Gesetzmäßigkeiten aufweisen. Wir dürfen aber nicht vergessen, daß wir diese Gesetzmäßigkeit dem Material aufzwingen.

412 Die wissenschaftliche Methode konstruiert Dinge und Vorgänge in rein begrifflicher Weise, um daraus Tatsachen und Sachverhalte ableiten zu können.

413 Wissenschaftlich steht im Gegensatz zu normativ.

414 Wissenschaft wäre ohne das Prinzip der Induktion nicht möglich, diese läßt sich aber weder aus der Erfahrung, noch aus anderen logischen Prinzipien folgern.

415 Der Mensch beherrscht die Natur durch die Wissenschaft.

416 Allein das Interesse gibt der Erkenntnis Bedeutung.

417 Wissenschaft liefert Kenntnisse, wie man das Leben durch Berechnung beherrscht.

418 Der Mißbrauch der Sprache hat lange Zeit für Geheimnisse der Wissenschaft gegolten.

419 "Was die Wissenschaften lehren, hat gegenüber den Meinungen und Überzeugungen der Individuen oder einzelner historischer Gruppen der Menschheit objektive Allgemeingültigkeit, und diese gegenständliche Geltung ist etwas, woran die logische Theorie nicht zu rütteln, was sie vielmehr unbedingt anzuerkennen hat. Die einzige Frage, welche ihr angesichts dieser Ergebnisse übrig bleibt, geht nach den Voraussetzungen des vorwissenschaftlichen Bewußtseins darauf, wie sich das allgemeingültige Wissen zu der Wirklichkeit verhält, auf die es sich als auf seinen Gegenstand beziehen soll. Es handelt sich also um eine Revision der naiven Gleichsetzung von Gegenstand und Wirklichkeit oder um die Beziehung des gegenständlichen Denkens zur Realität oder in letzter Instanz um das Verhältnis von Bewußtsein und Sein." - Wilhelm Windelband, Die Prinzipien der Logik in Arnold Ruge (Hrsg.), Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften, Tübingen 1912, Seite 49

zuschriften
Hinweis: Bei den nicht näher gekennzeichneten Textstellen handelt es sich um Passagen, die in verschiedenen Quellen mehr oder weniger sinngleich auftauchen, so daß nicht klar ist, wer von wem abgeschrieben hat.