cr-2 1. Einleitung2. EinleitungP. Hensel    
 
JOHANN GOTTLIEB FICHTE
(1762 - 1814)
Grundriß des Eigentümlichen
der Wissenschaftslehre

[1795]
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"Das Ich, selbst soll das Beziehende sein. Es geht also notwendig, schlechthin durch sich selbst, ohne irgendeinen Grund, und wider den äußeren Grund aus der Begrenzung heraus, eignet sich eben dadurch das Produkt an und macht es zu dem seinigen durch Freiheit. - Beziehungsgrund, und Beziehendes sind dasselbe."

"Das Ich ist nur frei, indem es handelt; so wie es auf diese Handlung reflektiert, hört dieselbe auf frei, und überhaupt Handlung zu sein und wird Produkt. Aus der Unmöglichkeit des Bewußtseins einer freien Handlung entsteht der ganze Unterschied zwischen Idealität und Realität, zwischen Vorstellung und Ding."

"Ich reflektiere zuerst auf mich selbst, finde mich, und unterscheide von mir das Objekt. Aber noch ist im Objekt alles verworren, und untereinander gemischt, und es ist weiter nichts, als ein Objekt. Ich reflektiere jetzt auf die einzelnen Merkmale desselben z. B. auf seine Figur, Größe, Farbe usw. und setze sie in meinem Bewußtsein. Bei jedem einzelnen Merkmal dieser Art bin ich anfangs zweifelhaft und schwankend, lege meiner Beobachtung ein willkürliches Schema von einer Figur, einer Größe, einer Farbe, die sich denen des Objekts nähern, zugrunde, beobachte genauer, und bestimme nun erst mein Schema der Figur etwa zu einem Würfel, das der Größe etwa zu dem einer Faust, das der Farbe etwa zu dem der dunkelgrünen. Durch dieses Übergehen von einem unbestimmten Produkt der freien Einbildungskraft zu der völligen Bestimmung in ein und demselben Akt wird das, was in meinem Bewußtsein vorkommt, ein Bild, und wird gesetzt, als ein Bild. Es wird  mein  Produkt, weil ich es als durch absolute Selbsttätigkeit bestimmt setzen muß."


§ 3. Zweiter Lehrsatz
Das empfundene wird durch Anschauung
oder Deduktion der Anschauung gesetzt.

- Fortsetzung -

VI.

Ehe wir an das wichtigste Geschäft unserer gegenwärtigen Untersuchung gehen, einige Worte zur Vorbereitung darauf und zur Übersicht des Ganzen.

Bei weitem ist noch nicht geschehen, was geschehen sollte. Das Empfindende ist gesetzt durch Anschauung; das Empfundene ist dadurch gesetzt. Aber wenn, wie gefordert wurde, die  Empfindung  gesetzt werden soll, so muß beides nicht abgesondert, sondern in synthetischer Vereinigung gesetzt werden. Diese könnte sich nur ergeben aus noch nicht vereinigten Endpunkten. Dergleichen finden sich dann auch wirklich in der vorhergehenden Untersuchung vor, obgleich wir nicht ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht haben.

Wir bedurften zuerst einmal, um das Ich als begrenzt zu setzen, und ihm die Grenze zuzueignen, eine dem Begrenzten entgegengesetzten ideale, unbegrenzte, und soviel wir einsehen konnten, unbegrenzbare Tätigkeit. Soll die geforderte Beziehung möglich sein, so muß diese Tätigkeit, als eine solche, durch deren Gegensatz eine andere, (die begrenzte) bestimmt werden soll, im Ich schon vorhanden sein. Es ist also noch die Frage zu beantworten: Wie, und durch welche Veranlassung kommt das Ich zu einem Handeln dieser Art? - Wir nahmen dann um das Empfundene, was außerhalb der bestimmten Grenze liegen sollte, durch das Ich zu umfassen, und in dasselbe setzen zu können, eine Tätigkeit an, welche die Grenze hinausschöbe - in das Unbegrenzte, so viel wir einsehen konnten.  Daß  eine solche Handlung vorkommt, ist dadurch erwiesen, daß außerdem die geforderte Beziehung nicht möglich sein würde; aber es bleibt immer die Frage zu beantworten; warum soll denn auch überhaupt jene Beziehung, und mithin jene Handlung, als die Bedingung derselben, vorkommen? Gesetzt, es würde sich in der Folge ergeben, daß jene beiden Tätigkeiten ein und dieselbe wären, so würde daraus folgen: um sich selbst begrenzen zu können, muß das Ich die Grenze hinausschieben, und um die Grenze hinausschieben zu können, muß es sich selbst begrenzen, und dadurch würden dann Empfindung und Anschauung, und in der Empfindung innere Anschauung (die des Empfindenden) und äußere, (die des Empfundenen) innigst vereinigt, und keins wäre ohne das andere möglich.

Ohne uns hier an die strenge Form zu binden, die bisher befolgt, und bestimmt genug vorgezeichnet ist, so daß jeder mit leichter Mühe unser Räsonnement nach derselben prüfen kann, gehen wir zur Beförderung der Deutlichkeit in dieser wichtigen und entscheidenden, aber verwickelten Untersuchung einen natürlichen Weg; suchen die aufgeworfenen und sich aufdrängenden Fragen zu beantworten, und erwarten vom Resultat, was alsdann weiter vorzunehmen sein möchte.

A. Woher die realen und begrenzten entgegenzusetzende, ideale und unbegrenzte Tätigkeit? oder wenn wir auch dies hier noch nicht erfahren sollten, lassen sich nicht noch einige Beiträge zur Charakteristik derselben liefern?

Die begrenzte Tätigkeit als solche, sollte durch den Gegensatz mit ihr bestimmt, demnach auf dieselbe bezogen werden. Aber was nicht gesetzt ist, dem läßt sich nichts entgegensetzen. Mithin wird für die Möglichkeit der verlangten Beziehung nicht nur die begrenzte, sondern, um was es hier eigentlich zu tun ist, auch die unbegrenzte ideale Tätigkeit  vorausgesetzt,  sie ist Bedingung der Beziehung, diese aber - wenigstens nicht vom gegenwärtigen Gesichtspunkt aus betrachtet - nicht umgekehrt Bedingung von jener. Soll die Beziehung möglich sein, so ist die ideale Tätigkeit schon im Ich vorhanden.

Ununtersucht, woher sie entsteht, und was ihre bestimmte Veranlassung ist; ist so viel klar, daß für sie gar kein Grenzpunkt  C  ist, damit sie auf denselben, und nach demselben ihre Richtung gar nicht nimmt, sondern völlig frei, und unabhängig in das Unbegrenzte hinausgeht.

Sie soll durch den Gegensatz mit der begrenzten, als unbegrenzt ausdrücklich gesetzt werden; das heißt notwendig, da nichts begrenzt ist, was nicht eine bestimmte Grenze hat, mithin die begrenzte notwendig als in einem bestimmten  C  begrenzt gesetzt werden muß, sie soll gesetzt werden, als  nicht in C  begrenzt. (Ob sie etwa über  C hinaus  in einem anderen möglichen Punkt begrenzt werden soll, bleibt durch diese Gegensetzung völlig unbestimmt, und soll eben unbestimmt bleiben.)

Mithin wird in der Beziehung der bestimmten Grenzpunkte  C  auf sie bezogen, er muß demnach, da sie vor der Beziehung vorher gegeben sein soll, wirklich in ihr liegen; sie berührt notwendig diesen Punkt, wenn er auf sie beziehbar sein soll, doch ohne auf ihn ursprünglich gerichtet zu sein, gleichsam von Ungefähr, wie es hier scheinen möchte.

Im Beziehen wird der Punkt  C  in ihr gesetzt, da wo er hinfällt, ohne die geringste Freiheit. Der Einfallspunkt ist bestimmt; nur das ausdrückliche Setzen desselben,  als  des Einfallspunktes ist Tätigkeit des Beziehens. Im Beziehen wird ferner jene ideale Tätigkeit gesetzt, als  über diesen Punkt hinausgehend.  Dies ist abermals nicht möglich, ohne daß derselbe allenthalben in ihr, inwiefern sie über ihn hinausgehen soll, gesetzt wird, als ein solcher, über welchen sie hinaus ist. Er wird demnach ihrer ganzen Ausdehnung nach in sie übertragen; es wird allenthalben, wo auf sie reflektiert wird, ein Grenzpunkt, nur zum Versuch, und ideal, gesetzt, um dessen Entfernung vom ersten festen und unbeweglichen Punkt zu messen. Da diese Tätigkeit aber hinaus gehen,  immerfort gehen; und nirgends begrenzt sein soll, so läßt sich dieser zweite ideale Punkt nirgends festsetzen, sondern er ist fortschwebend, und zwar so, daß in der ganzen Ausdehnung kein Punkt (ideal) sich setzen läßt, den er nicht berührt hat. So gewiß demnach jene ideale Tätigkeit, über den Grenzpunkt hinausgehen soll, so gewiß wird derselbe hinausgetragen, in das unendliche (bis wir wieder an eine neue Grenze kommen dürften.)

Durch welche Tätigkeit wird derselbe nun hinausgetragen? durch die vorausgesetzte ideale, oder durch die des Beziehens? Vor der Beziehung vorher durch die ideale offenbar nicht, denn insofern ist für diese gar kein Grenzpunkt vorhanden. Das Beziehen selbst aber setzt jenes Hinaustragen, als Unterscheidungs und Beziehungsgrund schon voraus. Mithin wird eben in der Beziehung, und durch sie der Grenzpunkt, und das Hinaustragen desselben synthetisch in sie gesetzt; und zwar gleichfalls durch die ideale Tätigkeit, denn alles Beziehen ist lediglich im Ich begründet, wie wir wissen: nur durch eine andere ideale Tätigkeit.

Wir finden hier folgende Handlungen des Ich, die wir um der Folge willen aufzählen.
    1. eine solche, welche die ideale Tätigkeit zum Objekt hat,

    2. eine solche, welche die reale und begrenzte zum Objekt hat. Beide müssen zugleich im Ich vorhanden, mithin nur ein und dieselbe sen; obgleich wir noch nicht einsehen, wie dies möglich sein könnte.

    3) Eine solche, welche aus der realen den Grenzpunkt in die ideale überträgt, und ihm in derselben folgt. Durch sie wird in der idealen Tätigkeit selbst etwas unterscheidbar, insofern nämlich dieselbe bis  C  geht und völlig rein ist; und insofern sie über  C  hinausgeht und so die Grenze hineintragen soll. Diese Bemerkung wird in der Folge wichtig werden.
Wir unterlassen hier diese besonderen Handlungen weiter zu charakterisieren, da ein vollständige Charakteristik derselben erst in der Folge möglich wird.

Es wird, um Verwechslungen mit dem folgenden zu verhüten, bezeichnen wir die bestimmten Tätigkeiten mit Buchstaben - es wird entgegengesetzt und bezogen die ideale Tätigkeit gehend von  A  über  C  in das Unbegrenzte, und die reale gehend von  A  bis zum Grenzpunkt  C. 

B. Das Ich kann sich, wie wir soeben näher gesehen haben, nicht als begrenzt setzen, ohne zugleich über die Grenze hinauszugehen, und dieselbe von sich zu entfernen. Dennoch soll dasselbe, zugleich indem es über die Grenze geht, sich auch durch dieselbe Grenze begrenzt setzen, welches sich aufgestelltermaßen widerspricht. Nun ist zwar gesagt worden, es sei begrenzt, und unbegrenzt in ganz entgegengesetzter Hinsicht, und nach ganz entgegengesetzten Arten der Tätigkeit; das erstere, insofern dieselbe real, das letztere, sofern sie ideal ist. Nun haben wir zwar diese beiden Arten der Tätigkeit einander entgegengesetzt; aber durch kein anderes Merkmal, als das der Begrenztheit oder Unbegrenztheit: und unsere Erklärung dreht sich demnach in einem Zirkel. Das Ich setzt die reale Tätigkeit, als die begrenzte, und die ideale, als die unbegrenzte. Wohl, und welche setzt sie denn als die reale? Die begrenzte; und die unbegrenzte, als die ideale. Können wir nicht aus diesem Zirkel herauskommen, und einen von der Begrenztheit völlig unabhängigen Unterscheidungsgrund für die reale und ideale Tätigkeit aufzeigen, so ist die geforderte Unterscheidung und Beziehung unmöglich. Wir werden einen solchen Unterscheidungsgrund finden, und unsere gegenwärtige Untersuchung geht darauf aus.

Wir wollen vorläufig den Satz aufstellen, dessen Wahrheit sich bald bewähren wird: das Ich kann sich  für sich  überhaupt nicht setzen, ohne sich zu begrenzen, und demzufolge aus sich herauszugehen.

Das Ich ist ursprünglich durch sich selbst gesetzt, d. h. es ist, was es ist für irgendeine Intelligenz außer ihm; sein Wesen ist in ihm selbst begründet; so müßte es gedacht werden,  wenn  es gedacht würde. Wir können ihm ferner, aus Gründen, die in der Grundlage des praktischen Wissens aufgestellt sind, ein Streben die Unendlichkeit  auszufüllen  sowohl, als auch eine Tendenz dieselbe zu  umfassen,  d. h. über sich selbst, als ein unendliches zu reflektieren, zuschreiben. Beides kommt ihm zu, so gewiß es ein Ich ist. Aber aus dieser bloßen Tendenz entsteht kein Handeln des Ich, und es kann daraus keins entstehen.

Gesetzt, es geht so strebend fort bis  C  und in  C  wird sein Streben die Unendlichkeit zu erfüllen, gehemmt und abgebrochen; es versteht sich, für eine mögliche Intelligenz außer ihm, welche dasselbe beobachtet, und dieses sein Streben in ihrem eigenen Bewußtsein gesetzt hat. Was wird dadurch in ihm entstehen? Dasselbe strebte zugleich über sich selbst zu reflektieren, vermochte es aber nicht, weil jedes Reflektierte begrenzt sein muß, das Ich aber unbegrenzt war.

In  C  wird es begrenzt; demnach tritt in  C  mit der Begrenzung zugleich die Reflexion des Ich auf sich selbst ein; es kehrt in sich zurück, es findet sich selbst, es fühlt  sich,  offenbar aber noch nichts außerhalb seiner selbst.

Diese Reflexion des Ich auf sich selbst ist, wie wir von dem Punkt aus, auf welchem wir stehen, allerdings sehen, und wie die mögliche Intelligenz außer dem Ich gleichfalls sehen würde, eine Handlung des Ich, begründet in der notwendigen Tendenz, und in der hinzugekommenen Bedingung. Was aber ist für sie das Ich selbst? In dieser Reflexion findet es sich zuerst:  für sich  entsteht es erst. Es kann den Grund von irgendetwas nicht in sich annehen ehe es selbst war. Für das Ich ist demnach jenes Selbstgefühl ein bloßes Leiden; für sich  reflektiert  es nicht, sondern  wird  reflektiert durch etwas außer sich.  Wir  sehen es handeln, aber mit Notwendigkeit, teils in Absicht des Handelns überhaupt nach den Gesetzen seines Wesens, teils in Absicht des bestimmten Punktes, vermöge einer Bedingung außer ihm. Das  ich selbst  sieht sich gar nicht handeln, sondern es ist lediglich leidend.

Das Ich  ist  jetzt für sich selbst; und es ist, weil und sofern es begrenzt ist. Es muß, so gewiß es ein Ich und begrenzt sein soll, sich als begrenzt setzen, d. h. es muß ein begrenzendes sich entgegensetzen. Dies geschieht notwendig durch eine Tätigkeit, welche über die Grenze  C  hinaus geht, und das über ihr liegen sollende als ein dem strebenden Ich entgegengesetztes auffaßt. Was ist dies für eine Tätigkeit, - zuerst für den Beobachter, und dann, was für eine ist es für das Ich?

Sie ist lediglich im Ich begründet, der Form und dem Inhalt nach. Das Ich  setzt  ein begrenzendes, weil es begrenzt  ist,  und weil alles, was in ihm sein soll, setzen muß. Es setzt dasselbe  als  ein begrenzendes, mithin als ein entgegengesetztes, und Nicht-Ich, weil es eine  Begrenztheit  in sich erklären soll. Man glaube daher keinen Augenblick, daß hier dem Ich ein Weg eröffnet wird, in das Ding-ansich (d. h. ohne Beziehung auf ein Ich) einzudringen. Das Ich ist beschränkt: von dieser Voraussetzung gehen wir aus. - Hat diese Beschränkung ansich, d. h. ohne Beziehung auf eine mögliche Intelligenz, einen Grund? wie ist dieser Grund beschaffen? Wie könnte ich doch dies wissen? wie kann ich mit Vernunft antworten, wenn mir aufgelegt wird, von aller Vernunft zu abstrahieren? Für das Ich, d. h. für alle Vernunft  hat sie einen Grund,  denn für dasselbe setzt alle Begrenzung ein begrenzendes voraus; und dieser Grund liegt gleichfalls für das Ich,  nicht  im Ich selbst, denn dann wären in demselben widersprechende Prinzipien, und es wäre überhaupt nicht; sondern in einem entgegengesetzten; und ein solches entgegengesetztes wird als solches nach jenen Gesetzen der Vernunft durch das Ich gesetzt, und ist sein Produkt.

(Wir argumentieren so: das Ich ist begrenzt (es muß notwendig begrenzt werden, wenn es je ein Ich werden soll), es muß, nach den Gesetzen seines Wesens, diese Begrenzung und den Grund derselben in ein begrenzendes setzen, und das letztere ist demnach sein Produkt. - Sollte jemand mit dem transzendenten Dogmatismus sich selbst so innig verwebt haben, daß er sich nach allem und durch alles bis jetzt Gesagte von demselben noch nicht losmachen können, derselbe würde gegen uns ungefähr folgendermaßen argumentieren: Ich gebe diese ganze aufgestellte Folgerungsweise des Ich, als die Erklärungsart desselben zu; aber dadurch entsteht im Ich bloß die Vorstellung vom Ding, und diese ist allerdings sein Produkt, nicht aber das Ding selbst; ich aber frage nicht nach der Erklärungsart, sondern nach der Sache selbst und ansich. Das Ich soll begrenzt sein, sagt ihr.  Diese Begrenzung ansich betrachtet,  und von der Reflexion derselben durch das Ich, welche mich hier nichts angeht, völlig abstrahiert,  muß doch einen Grund haben,  und dieser Grund ist eben das Ding-ansich. - Hierauf antworten wir nun, daß er gerade so erklärt, wie das Ich, auf welches wir reflektieren; daß er selbst jenes Ich so gewiß ist, so gewiß er nach den Gesetzen der Vernunft in seiner Folgerung sich richtet; und daß er bloß auf diesen Umstand reflektieren möge, um zu sehen, daß er noch immer, nur ohne sein Wissen, sich mit uns in dem gleichen Zirkel befand, in welchem wir uns mit unserem Wissen befanden. Wenn er sich in seiner Erklärungsweise nicht von den Denkgesetzen seines Geistes losmachen kann, so wird er nie aus dem Umkreis herauskommen, den wir um ihn gezogen haben. Macht er sich aber davon los, so werden seine Einwürfe uns abermals nicht gefährlich sein. Woher sein Beharren auf einem Ding ansich, auch nachdem er zugestanden hat, daß in uns nur die Vorstellung davon ist, herkommt, werden wir noch in diesem Paragraphen vollkommen sehen.)

Was ist die aufgezeigte Handlung für das Ich? Nicht das, was für den Zuschauer, weil für dasselbe nicht die Gründe da sind, aus denen der Zuschauer sie beurteilt. Für ihn war sie lediglich im Ich, sowohl der Form, als auch dem Inhalt nach: weil das Ich, seines ihm bekannten, bloß tätigen und insbesondere durch Reflexion tätigen Wesens zufolge, reflektieren mußte. Für sich selbst ist das Ich noch gar nicht als reflektierend, nicht einmal als tätig gesetzt, sondern es ist lediglich leidend, laut des obigen. Es wird sich demnach seines Handelns gar nicht bewußt, noch kann es sich desselben bewußt werden, sondern das Produkt desselben, wenn es ihm erscheinen könnte, würde ihm erscheinen, als ohne all sein Zutun vorhanden.

(Das was hier deduziert wurde, im Bewußtsein ursprünglich, und gleich bei der Entstehung desselben zu bemerken, und sich gleichsam auf der Tat zu ergreifen, ist darum unmöglich, weil sich bei der Reflexion über seine eigene bestimmte Handelsweise das Gemüt schon auf einer weit höheren Stufe der Reflexion befinden muß. Aber etwas ähnliches können wir bei dem, was man Anknüpfung einer neuen Reihe im Bewußtsein nennen möchte, etwa bei Erwachen aus einem tiefen Schlaf, oder aus einer Ohnmacht, besonders an einem uns unbekannten Ort, wahrnehmen. Das, womit dann unser Bewußtsein anhebt, ist allemal das Ich; wir suchen, und finden zunächst uns selbst; und nun richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die Dinge um uns herum, um uns durch sie zu orientieren, wir fragen uns: wo bin ich? wie hin ich hierhergekommen? was ist zuletzt mit mir vorgegangen? umd die jetzige Reihe der Vorstellungen an andere abgelaufene anzuknüpfen.)

C. Für den Beobachter ist jetzt das Ich über den Grenzpunkt  C  hinausgegangen, mit der beständig fortdauernden Tendenz über sich zu reflektieren. Da es nicht reflektieren kann, ohne begrenzt zu sein, sich selbst aber nicht zu begrenzen vermag, so ist klar, daß die geforderte Reflexion nicht möglich sein wird, wenn es nicht über  C  hinaus, im möglichen Punkt  D  abermals begrenzt wird. Da aber die Aufzeigung und Bestimmung dieser neuen Grenze uns zu weit, und auf Dinge führen würde, die in den gegenwärtigen Paragraphen nicht gehören, so müssen wir uns hier begnügen unserem vollen Recht nach zu postulieren: wenn das herausgehende ein Ich sein soll, so muß es sein Herausgehen setzen, oder über dasselbe reflektieren; jedoch ohne uns dadurch der Verbindlichkeit entledigen zu wollen an seinem Ort die Bedingung der Möglichkeit einer solchen Reflexion aufzuzeigen.

Das Ich produzierte durch sein bloßes Hinausgehen als solches, (für den möglichen Beobachter) ein Nicht-Ich ohne alles Bewußtsein. Es reflektiert jetzt auf sein Produkt und  setzt  es in dieser Reflexion  als  Nicht-Ich; das letztere schlechthin und ohne alle weitere Bestimmung, und gleichfalls ohne alles Bewußtsein, weil über das Ich noch nicht reflektiert ist. - Wir verweilen bei diesen Handlungen des Ich nicht länger, weil sie hier völlig unbegreiflich sind, und wir zu seiner Zeit, nur auf dem entgegengesetzten Weg, wieder bei denseben ankommen werden. (1)

Es muß über das Produkt dieser seiner zweiten Handlung, ein als solches gesetztes Nicht-Ich überhaupt, wieder reflektieren; gleichfalls nicht ohne eine neue Begrenzung, die wir zu seiner Zeit aufzeigen werden. - Das Ich ist im Gefühl leidend gesetzt; das ihm entgegengesetzte Nicht-Ich muß demnach tätig gesetzt werden.

Über das als tätig gesetzte Nicht-Ich wird abermals reflektiert, gleichfalls unter der oben angegebenen Bedingung; und erst jetzt treten wir auf das Gebiet unserer gegenwärtigen Untersuchung: Wir stellens uns, wie bisher immer, und wie es in dergleichen Untersuchungen, die über den gewöhnlichen Gesichtskreis hinausgehen, und ungeübten Denkern als transzendent erscheinen, sehr vorteilhaft ist, auf dem Gesichtspunkt eines möglichen Beobachters, weil wir aus dem des untersuchten Ich nichts sehen konnten.

Es ist durch das Ich und im Ich, (doch wie mehrmals erinnert wurde, ohne Bewußtsein) ein tätiges Nicht-Ich gesetzt. Auf dieses geht eine neue Tätigkeit des Ich, oder auch, es wird über dasselbe reflektiert. Nur über das begrenzte kann reflektiert werden; die Tätigkeit des Nicht-Ich wird demnach notwendig begrenzt, und zwar  als  Tätigkeit, weil und inwiefern sie  in Handlung  gesetzt ist - nicht etwa dem Umfang ihres Wirkungskreises nach, so daß sie z. B. nur bis  E  oder  F  und nicht weiter vorrückt, wie man voreiligerweise vermuten dürfte. Woher sollten wir doch hier einen solchen Umfang bekommen, da es noch keinen Raum gibt? Das Nicht-Ich bleibt nicht  tätig,  sondern es wird ruhen, die Äußerung seiner Kraft wird gehemmt, und es bleibt ein solches Substrat der Kraft übrig, wobei letztere zur Zeit nur gesagt wird, um uns verständlich zu machen in der Folge aber gründlich deduziert werden soll. - (Wir können von unserem Gesichtspunkt aus annehmen, daß die Tätigkeit des Nicht-Ich lediglich durch die reflektierende Tätigkeit des Ich, in und durch das Reflektieren gehemmt wird, und wir werden zu seiner Zeit das Ich selbst auf den Gesichtspunkt stellen, von welchem aus es das Gleiche annimmt: da aber das Ich hier dieser Tätigkeit sich weder unmittelbar noch mittelbar (durch Folgerung) bewußt wird, so kann dasselbe jene Hemmung auch nicht aus ihr erklären, sondern wird dieselbe von einer entgegengesetzten Kraft eines andern dem ersten entgegengesetzten Nicht-Ich ableiten, wie wir zu seiner Zeit sehen werden).

Inwiefern das Ich reflektiert, reflektiert es nicht über dieses Reflektieren selbst; es kann nicht zugleich auf das Objekt handeln, und auf dieses sein Handeln handeln; es wird sich demnach der aufgezeigten Tätigkeit nicht bewußt, sondern vergißt sich selbst gänzlich, und verliert sich im Objekt derselben; und wir haben demnach hier wieder die oben geschilderte äußere (die aber noch nicht  als  äußere gesetzt ist) erste ursprüngliche Anschauung, aus welcher aber noch gar kein Bewußtsein, nicht nur kein Selbstbewußtsein, denn das ergibt sich zur Genüge aus dem obigen, sondern nicht einmal Bewußtsein des Objekts entsteht.

Vom gegenwärtigen Gesichtspunkt aus wird vollkommen klar, was oben bei der Ableitung der Empfindung über den Widerstreit entgegengesetzter Tätigkeiten des Ich und des Nicht-Ich gesagt wurde, die sich gegenseitig vernichten sollten. Es könnte keine Tätigkeit des Ich vernichtet werden, wenn dasselbe nicht erst aus dem, was wir uns als ihren ersten und ursprünglichen Umfang einbilden können (das, was in unserer Darstellung von  A  bis  C  liegt) in den Wirkungskreis des Nicht-Ich (von  C  an in die Unendlichkeit hinaus) herausgegangen wäre. Es wäre ferner kein Nicht-Ich, und keine Tätigkeit desselben, wenn nicht das Ich dieselben gesetzt hätte; beide sind sein Produkt. - Die Tätigkeit des Nicht-Ich wird vernichtet; insofern  darauf  reflektiert wird, daß sie vorher gesetzt war, und jetzt durch die Reflexion und zum Zweck ihrer Möglichkeit aufgehoben wird; die des Ich, wenn man  darauf  reflektiert, daß dasselbe über sein Reflektieren, in welchem es doch allerdings tätig ist, nicht wieder reflektiert; sondern in semselben sich verliert, und sich selbst gleichsam zum Nicht-Ich umwandelt, wobei sich letztere in der Folge noch mehr bestätigen wird. - Kurz, wir stehen hier gerade auf dem Punkt, von welchem wir im vorigen Paragraphen und bei der ganzen besonderen theoretischen Wissenschaftslehre ausgingen; beim Widerstreit, der im Ich für den möglichen Beobachter sein soll, über welchem aber noch nicht reflektiert wurde, und der daher noch nicht für das Ich im Ich ist, daher sich auch vom bisherigen noch nicht das mindeste Bewußtsein ableiten läßt, ungeachtet dessen, daß wir nun alle möglichen Bedingungen desselben haben.


VII.

Das Ich ist jetzt für sich selbst in Beziehung auf die Möglichkeit einer Reflexion über sich selbst, was es im Anfang unserer Untersuchung für einen möglichen Beobachter außer demselben war. Der letztere fand ein Ich vor, als Etwas, als wahrnehmbares, und als Ich zu denkendes Wesen, ein Nicht-Ich, gleichfalls als Etwas, und einen Berührungspunkt zwischen beiden. Dadurch allein aber entstand in ihm noch keine Vorstellung von der Begrenztheit des Ich, wenn er nicht auf beide reflektiert. Er sollte reflektieren, denn nur insofern war er ein Beobachter, und er hat seitdem allen Handlungen, die aus dem Wesen des Ich notwendig erfolgen mußten zugesehen.

Durch diese Handlungen ist das Ich selbst nunmehr auf den Punkt gekommen, auf welchem sich der Beobachter am Anfang befand. Es ist in demselben, innerhalb seines  für den Beobachter  gesetzten Wirkungskreises, und als Produkt des Ich selbst vorhanden ein Ich, als etwas Wahrnehmbares, (weil es begrenzt ist) ein Nicht-Ich, und ein Berührungspunkt zwischen beiden. Das Ich dar nur reflektieren, um gerade das zu finden, was vorher nur der Zuschauer finden konnte.

Das Ich hat schon ursprünglich am Anfang all seines Handelns über sich reflektiert, und aus Notwendigkeit reflektiert, wie wir oben gesehen haben. - Es war in ihm überhaupt die Tendenz zu reflektieren; durch die Begrenzung kam die Bedingung er Möglichkeit des Reflektierens hinzu, es reflektierte notwendig. Daher entstand ein Gefühl, und aus diesem alles übrige, was wir abgeleitet haben. Die Tendenz zur Reflexioin geht fort ins Unendliche, sie ist daher noch immer im Ich vorhanden: und das Ich kann demnach über sein erstes Reflektieren selbst, und über alles, was daraus erfolgt ist, reflektieren, da die Bedingung der Reflexion, eine Einschränkung durch etwas, das sich als Nicht-Ich betrachten läßt, vorhanden ist.

Es  muß  nicht reflektieren, wie wir dies bei der ersteren Reflexion annahmen, denn dasjenige, wodurch es für die jetzt mögliche Reflexion bedingt ist, ist nicht unbedingt ein Nicht-Ich, sondern es läßt sich auch ansehen, als enthalten im Ich. - Das, wodurch es begrenzt ist, ist das durch dasselbe produzierte Nicht-Ich. Man dürfte dagegen sagen: da es durch sein eigenes Produkt begrenzt sein soll, so soll es sisch selbst begrenzen, und dies ist zu wiederholten Malen für den härtesten Widerspruch erklärt worden, und auf die Notwendigkeit, diesem Widerspruch auszuweichen, gründet sich das ganze bisherige Räsonnement. Aber teils ist dasselbe nicht ganz und absolut sein eigenes Produkt, sondern es wurde nur unter der Bedingung einer Begrenzung durch ein Nicht-Ich gesetzt, teils hält es dasselbe gerade aus diesem Grund, nicht für sein eigenes Produkt, insofern es sich dadurch als begrenzt setzt; und so wie es dasselbe für sein eigenes Produkt anerkennt, setzt es sich dadurch nicht als begrenzt.

Wenn  aber das, was wir in das Ich gesetzt haben, nur wirklich im  Ich  vorhanden sein soll,  so  muß dasselbe reflektieren. Wir postulieren demnach diese Reflexion, und haben das Recht sie zu postulieren. - Es dürften vielleicht, wenn man uns einen Augenblick, bloß ums uns verständlich zu machen, einen transzendenten Gedanken erlauben will, mannigfaltige Eindrücke auf uns geschehen: wenn wir nicht darauf reflektieren, so wissen wir es nicht, und es sind daher in einem transzendentalen Sinn, gar keine Eindrücke auf uns, als Ich, geschehen.

Die geforderte Reflexion geschieht aus den angeführten Gründen mit absoluter Spontaneität: das Ich reflektiert, schlechthin, weil es reflektiert. Nicht nur die Tendenz zur Reflexion, sondern die Handlung der Reflexion selbst ist im Ich begründet; sie ist zwar  bedingt  durch etwas außerhalb des Ichs, durch den geschehenen Eindruck; aber sie ist dadurch nicht  necessisiert  [erforderlich gemacht - wp].

Wir können bei dieser Reflexion auf zweierlei sehen; auf das dadurch  reflektierte  Ich, und auf das darin  reflektierende  Ich. Unsere Untersuchung teilt sich demnach in zwei Teile, welche wohl, wie nach der synthetischen Methode zu erwarten ist, einen dritten herbeiführen dürften.

A. Dem Ich hat bis jetzt noch nichts zugeschrieben werden können, als das Gefühl, es ist ein fühlendes und nichts weiter. Das reflektierte Ich ist begrenzt, heißt demnach, es fühlt sich begrenzt, oder es ist in ihm ein Gefühl der Begrenztheit, des Nichtkönnens oder des Zwangs vorhanden. Wie dies möglich ist, wird sogleich klar werden.

Insofern sich das Ich als begrenzt setzt, geht es hinaus über die Grenze, ist Kanon: es setzt also zugleich notwendig das Nicht-Ich, aber ohne ein Bewußtsein seines Handelns. Es ist mit jenem Gefühl des Zwangs eine Anschauung des Nicht-Ich vereinigt, aber eine bloße Anschauung, in welcher das Ich sich selbst im Angeschauten vergißt.

Beides, das angeschaute Nicht-Ich, und das gefühlte und sich fühlende Ich müssen synthetisch vereinigt werden, und das geschieht mittels der Grenze. Das Ich fühlt sich begrenzt, und setzt das angeschaute Nicht-Ich, als dasjenige, wodurch es begrenzt ist. - Gemeinfaßlich ausgedrückt: Ich sehe etwas, und zugleich ist in mir das Gefühl eines Zwangs vorhanden, den ich unmittelbar nicht erklären kann. Er soll aber erklärt werden. Ich beziehe also beides aufeinander, und sage: das, was ich sehe, ist der Grund des gefühlten Zwanges.

Was hierbei noch einige Schwierigkeit machen könnte, wäre folgende Frage: wie kommt es, daß ich mich überhaupt gezwungen fühle:  ic  erkläre mir das Gefühl freilich aus dem angeschauten Nicht-Ich; aber ich kann nicht anschauen, wenn ich nicht schon fühle. Demnach ist jenes Gefühl unabhängig von der Anschauung zu erklären. Wie geschieht dies? Nun ist es gerade diese Schwierigkeit die uns nötigen wird, die jetzige Synthesis als in sich unvollständig, und unmögich, an eine andere anzuknüpfen, die Sache umzukehren, und zu sagen: ich kann ebensowenig einen Zwang fühlen, ohne anzuschauen; und demnach ist beides synthetisch vereinigt. Eins begründet nicht das andere, sondern beide begründen sich gegenseitig. Jedoch aber, um diese Erörterung im Voraus zu erleichtern, wollen wir uns sogleich hier, und wie die Sachen stehen, auf die obige Frage einlassen.

Das Ich geht ursprünglich darauf aus die Beschaffenheit der Dinge durch sich selbst zu bestimmen; es fordert schlechthin Kausalität. Dieser Forderung, insofern sie auf Realität ausgeht, und demnach reale Tätigkeit genannt werden kann, wird widerstanden, und dadurch wird eine andere, ursprünglich im Ich begründete Tendenz über sich selbst zu reflektieren, befriedigt, und es entsteht zunächst eine Reflexion auf eine als bestimmt gegebene Realität, die, insofern sie schon bestimmt ist, nur durch die ideale Tätigkeit des Ich, die des Vorstellens, Nachbildens, aufgefaßt werden kann. Wird nun beides, sowohl das auf die Beschaffenheit des Dings  ausgehende,  als das die ohne Zutun des Ich bestimmte Beschaffenheit  nachbildende,  gesetzt als Ich, als ein und dasselbe Ich, (und dies geschieht durch absolute Spontaneität) so wird das reale Ich durch die angeschaute, seiner Tätigkeit, wenn sie fortgegangen wäre, entgegengesetzte Beschaffenheit des Dings begrenzt gesetzt, und das so synthetisch vereinigte ganze Ich fühlt sich selbst als begrenzt, oder gezwungen. - Das Gefühl ist die ursprünglichste Wechselwirkung des Ich mit sich selbst, ehe noch ein Nicht-Ich - es versteht sich  im  Ich, und  für  das Ich - vorkommt; denn zur Erklärung des Gefühls muß es allerdings gesetzt werden. Das Ich strebt in die Unendlichkeit hinaus; das Ich reflektiert auf sich, und begrenzt sich dadurch: dies ist oben abgeleitet, und daraus möchte ein möglicher Zustand ein Gefühl des Ich folgern, aber es entsteht noch kein Selbstgefühl. Beides, das begrenzt, und das begrenzende Ich werden durch eine absolute Spontaneität synthetisch vereinigt, gesetzt, als dasselbe Ich: dies ist hier abgeleitet, und dadurch entsteht für das Ich ein Gefühl, ein Selbstgefül, eine innige Vereinigung des Tuns und Leidens in einem Zustand.)

B. Es soll ferner reflektiert werden auf das in jener Handlung reflektierte Ich. Auch diese Reflexion geschieht notwendig mit absoluter Spontaneität, wird aber, wie sich erst im folgenden zeigen wird, nicht lediglich postuliert, sondern durch synthetische Notwendigkeit, als Bedingung der Möglichkeit der vorher postulierten Reflexion herbeigeführt. Uns ist es hier weniger um sie selbst, als um ihr Objekt, insofern es das ist, zu tun.

Das in jener Handlung reflektierende Ich, handelte mit absoluter Spontaneität, und sein Handeln war lediglich im Ich begründet: es war ideale Tätigkeit. Es muß demnach auf sie reflektiert werden, als eine solche, und sie muß gesetzt werden, als hinausgehend über die Grenze - ins Unendliche, wenn sie nicht durch eine andere Reflexion begrenzt wird. Es kann aber der Reflexionsgesetze zufolge auf nichts reflektiert werden, ohne daß dasselbe, sei es auch bloß und lediglich durch die Reflexion, begrenzt wird; also jene Handlung des Reflektierens ist, so gewiß über sie reflektiert wird, begrenzt. Es läßt sich sogleich einsehen, was bei jener Unbegrenztheit, welche bleiben muß, diese Begrenztheit sein wird. - Die Tätigkeit kann nicht reflektiert werden, als Tätigkeit, (seines Handelns unmittelbar wird das Ich sich nie bewußt, was auch ohnehin bekannt ist) sondern als Substrat, Substrat mithin als Produkt einer absoluten Tätigkeit des Ich.

Es ist sogleich einleuchtend, daß das dieses Produkt setzende Ich im Setzen desselben sich selbst vergißt, daß mithin dieses Produkt, ohne Bewußtsein des Anschauens angeschaut wird.

Insofern also das Ich über die absolute Spontaneität seines Reflektierens in der ersten Handlung wieder reflektiert, wird ein unbegrenztes Produkt der Tätigkeit des Ich, als solches gesetzt. - Wir werden dieses Produkt in der Folge näher kennenlernen.

Dieses Produkt soll als Produkt des Ich gesetzt werden; es muß demnach notwendig auf das Ich bezogen werden. Auf das anschauende Ich kann dasselbe nicht bezogen werden, denn dieses ist, laut des obigen, noch gar nicht gesetzt. Das Ich ist noch nicht gesetzt, insofern es sich begrenzt fühlt, auf dieses müßte es demnach bezogen werden.

Aber das Ich das sich als begrenzt fühlt, ist demjenigen, welches durch Freiheit etwas, und etwas unbegrenztes produziert, entgegengesetzt; das fühlende ist nicht frei, sondern gezwungen; und das produzierende ist nicht gezwungen, sondern es produziert mit Freiheit.

So muß es dann auch allerdings sein, wenn eine Beziehung und synthetische Verinigung möglich und nötig sein soll; wir haben demnach für die geforderte Beziehung nur den Beziehungsgrund aufzuweisen.

Dieser müßte Tätigkeit mit Freiheit sein oder absolute Tätigkeit. Eine solche kommt nun dem begrenzten Ich nicht zu; es zeigt sich demnach nicht, wie eine Vereinigung zwischen beiden möglich ist.

Wir dürfen nur noch einen Schritt tun, um das überraschendste, die uralten Verwirrungen endende, und die Vernunft auf ewig in ihre Rechte einsetzende Resultat zu finden. - Das Ich, selbst soll doch das Beziehende sein. Es geht also notwendig, schlechthin durch sich selbst, ohne irgendeinen Grund, und wider den äußeren Grund aus der Begrenzung heraus, eignet sich eben dadurch das Produkt an und macht es zu dem seinigen durch Freiheit. - Beziehungsgrund, und Beziehendes sind dasselbe.

Dieser Handlung wird das Ich sich nie bewußt, und kann sich derselben nie bewußt werden; ihr Wesen besteht in der absoluten Spontaneität, und sobald über diese reflektiert wird, hört sie auf Spontaneität zu sein. Das Ich ist nur frei, indem es handelt; so wie es auf diese Handlung reflektiert, hört dieselbe auf frei, und überhaupt Handlung zu sein und wird Produkt.

Aus der Unmöglichkeit des Bewußtseins einer freien Handlung entsteht der ganze Unterschied zwischen Idealität und Realität, zwischen Vorstellung und Ding, wie wir bald näher sehen werden.

Die Freiheit, oder was das gleiche heißt, das unmittelbare Handeln des Ich, als solches, ist der Vereinigungspunkt der Idealität und Realität. Das Ich  ist  frei, indem und dadurch daß es sich als frei setzt, sich befreit: und es setzt sich frei, oder befreit sich, indem es frei ist. Bestimmung und Sein, sind Eins; Handelndes und Behandeltes sind Eins; eben indem das Ich sich zum Handeln bestimmt, handelt es sin diesem Bestimmen; und indem es handelt, bestimmt es sich. Das Ich kann sich nicht durch Reflexion als frei setzen, dies ist ein Widerspruch, und auf diesem Weg könnten wir nie zu der Annahme kommen, daß wir frei sind; aber es eignet sich etwas an, als Produkt seiner eigenen freien Tätigkeit, und insofern setzt es sich wenigstens mittelbar als frei. (2)

C. Das Ich ist beschränkt, indem es sich fühlt, und es setzt sich insofern als beschränkt nach der ersten Synthesis. Das Ich ist frei, und es setzt sich zumindest mittelbar als frei, indem es etwas als Produkt seiner freien Tätigkeit setzt, nach der zweiten Synthesis. Beide Bestimmungen des Ich, die der Beschränktheit im Gefühl, und die der Freiheit im Produzieren sind völlig entgegengesetzt. Nun könnte vielleicht in ganz verschiedenen Hinsichten das Ich sich als frei, oder als bestimmt setzen, so daß dadurch die Identität desselben nicht aufgehoben würde. Aber es ist in beiden Synthesen ausdrücklich gefordert worden, daß es sich als beschränkt setzen soll, weil und inwiefern es sich als frei setzt, und als frei, weil, und insofern es sich als beschränkt setzt. Es soll demnach frei und beschränkt in ein und eben derselben Hinsicht sein; dies widerspricht sich offenbar, und dieser Widerspruch muß gehoben werden. - Wir gehen zuvörders noch tiefer ein in den Sinn der als entgegengesetzt aufgestellten Sätze.

1. Das Ich soll sich als beschränkt setzen, weil und insofern es sich als frei setzt. - Das Ich  ist  frei, lediglich insofern es handelt; wir hätten demnach vorläufig die Frage zu beantworten: was heißt  handeln welches ist sein Unterscheidungsgrund vom Nichthandeln? - Alle Handlung setzt Kraft voraus; es wird absolut gehandelt, heißt; die Kraft wird lediglich durch sich selbst, und in sich selbst bestimmt, d. h. sie erhält ihre Richtung. Sie hatte demnach vorher keine Richtung, war nicht in Handlung gesetzt, sondern ruhende Kraft, ein bloßes Streben nach Kraftanwendung. So gewiß demnach das Ich sich absolut handelnd setzen soll, vorläufig in der Reflexion, so gewiß mußt es sich auch als nichthandelnd setzen. Bestimmung zum Handelns setzt Ruhe voraus. - Ferner, die Kraft gibt sich schlechthin eine Richtung, d. h. sie gibt sich ein Objekt, auf welches sie geht. Die Kraft selbst gibt ihr selbst das Objekt; aber was sie sich geben soll, muß sie, insofern sie es gibt, auch schon haben: es müßte ihr demnach schon gegeben sein, gegen welches Geben sie sich leidend verhalten hätte. Also Selbstbestimmung zum Handeln setzt notwendig sogar ein Leiden voraus - und wir finden uns hier abermals in neue Schwierigkeiten verwickelt, von welchen aus aber gerade das hellste Licht sich über unsere ganze Untersuchung verbreiten wird.

2. Das Ich soll sich als frei setzen, weil, und insofern es sich als beschränkt setzt. - Das Ich setzt sich als begrenzt, heißt, es setzt seiner Tätigkeit eine Grenze (nicht es produziert diese Begrenzung, sondern es setzt sie nur als gesetzt, durch eine entgegengesetzte Kraft). Das Ich muß demnach, um beschränkt worden zu sein, schon gehandelt, seine Kraft schon eine Richtung, und zwar eine Richtung durch Selbstbestimmung gehabt haben. Alle Begrenzung setzt ein freies Handeln voraus.

Wir wenden jetzt diese Grundsätze an auf den vorliegenden Fall.

Das Ich ist, für sich selbst noch immer gezwungen, genötigt, begrenzt, insofern dasselbe hinausgeht über die Begrenzug, ein Nicht-Ich setzt und dasselbe anschaut, ohne sich seiner selbst in dieser Anschauung bewußt zu werden. Nun ist dieses Nicht-Ich, wie wir von einem höheren Gesichtspunkt aus, auf welchen wir uns gestellt haben, wissen, sein Produkt, und dasselbe muß darauf reflektieren, als auf sein Produkt. Diese Reflexion geschieht notwendig durch absolute Selbsttätigkeit.

Das Ich, ein und eben dasselbe Ich mit ein und eben derselben Tätigkeit kann nicht zugleich ein Nicht-Ich produzieren, und auf dasselbe, als auf sein Produkt reflektieren. Es muß demnach seine erstere Tätigkeit begrenzen, abbrechen, so gewiß die geforderte zweite ihm zukommen soll, und dieses Unterbrechen seiner ersten Tätigkeit geschieht gleichfalls durch absolute Spontaneitität, da die ganze Handlung dadurch geschieht. Unter dieser Bedingung allein ist auch absolute Spontaneität nur möglich. Das Ich soll durch sie sich selbst bestimmen. Dem Ich aber kommt nichts zu, außer Tätigkeit. Es müßte demnach eines seiner Handlungen begrenzen, und abermals darum, weil ihm nichts außer Tätigkeit zukommt, durch eine andere der ersten entgegengesetzte Handlung begrenzen.

Das Ich soll ferner sein Produkt, das entgegengesetzte, begrenzende Nicht-Ich setzen,  als  sein Produkt. Eben durch diejenige Handlung, durch welche dasselbe, wie soeben gesagt wurde, sein Produzieren abbricht, setzt es dasselbe als solches, erhebt es dasselbe zu einer höheren Stufe der Reflexion. Die untere, erste Region der Reflexion ist dadurch abgebrochen, und es ist uns jetzt bloß um den Übergang von der einen zur andern, um ihren Vereinigungspunkt zu tun. Aber das Ich wird sich, wie bekannt, seines Handelns unmittelbar nie bewußt; es kann demnach das geforderte nur mittelbar durch eine neue Reflexion als sein Produkt setzen.

Es muß durch dieselbe gesetzt werden, als Produkt der absoluten Freiheit, und das Kennzeichen eines solchen ist, daß es auch anders sein kann, und als anders seiend gesetzt werden kann. Das anschauende Vermögen schwebt zwischen verschiedenen Bestimmungen, und setzt unter allen möglichen nur eine, und dadurch erhält das Produkt den eigentümlichen Charakter des  Bildes. 

(Um uns verständlich zu machen, stellen wir als Beispiel auf ein Objekt mit verschiedenen Merkmalen, ungeachtet daß bis jetzt von einem solchen noch nicht die Rede sein kann. - Ich bin in der ersten Anschauung, der produzierenden, verloren in ein Objekt. Ich reflektiere zuerst auf mich selbst, finde mich, und unterscheide von mir das Objekt. Aber noch ist im Objekt alles verworren, und untereinander gemischt, und es ist weiter nichts, als ein Objekt. Ich reflektiere jetzt auf die einzelnen Merkmale desselben z. B. auf seine Figur, Größe, Farbe usw. und setze sie in meinem Bewußtsein. Bei jedem einzelnen Merkmal dieser Art bin ich anfangs zweifelhaft und schwankend, lege meiner Beobachtung ein willkürliches Schema von einer Figur, einer Größe, einer Farbe, die sich denen des Objekts nähern, zugrunde, beobachte genauer, und bestimme nun erst mein Schema der Figur etwa zu einem Würfel, das der Größe etwa zu dem einer Faust, das der Farbe etwa zu dem der dunkelgrünen. Durch dieses Übergehen von einem unbestimmten Produkt der freien Einbildungskraft zu der völligen Bestimmung in ein und demselben Akt wird das, was in meinem Bewußtsein vorkommt, ein Bild, und wird gesetzt, als ein Bild. Es wird  mein  Produkt, weil ich es als durch absolute Selbsttätigkeit bestimmt setzen muß.)

Insofern das Ich dieses Bild setzt, als Produkt seiner Tätigkeit, setzt es demselben notwendig etwas entgegen, das kein Produkt derselben ist, welches nicht mehr bestimmbar, sondern vollkommen bestimmt ist, und ohne alles Zutun des Ich, durch sich selbst bestimmt ist. Dies ist das  wirkliche Ding,  nach welchem das bildende Ich in Entwerfung seines Bildes sich richtet und das ihm daher bei seinem Bilden notwendig vorschweben muß. Es ist das Produkt seiner ersten jetzt unterbrochenen Handlung, das aber in dieser Beziehung unmöglich als solches gesetzt werden kann.

Das Ich bildet nach demselben; es muß demnach im Ich enthalten, seiner Tätigkeit zugänglich sein: oder, es muß sich zwischen dem Dinge und dem Bild vom Ding, die einander entgegengesetzt werden, ein Beziehungsgrund aufweisen lassen. Ein solcher Beziehungsgrund nun ist eine völlig bestimmte, aber bewußtseinslose Anschauung des Dings. Für sie, und in ihr sind alle Merkmale des Objekts vollkommen bestimmt, und insofern ist sie beziehbar auf das Ding, und das Ich ist in ihr leidend. Dennoch ist sie auch eine Handlung des Ich, und daher beziehbar auf das im Bilden handelnde Ich. Dasselbe hat Zugang zu ihr; es bestimmt nach der in ihr angetroffenen Bestimmung sein Bild: (oder, wenn man lieber will, denn beides ist gleichgeltend, es durchläuft die in ihm vorhandenen Bestimmungen mit Freiheit, zählt sie auf, und prägt sie sich ein.)

(Diese Mittelanschauung ist äußerst wichtig; wir merken daher sogleich, obwohl wir wieder zu ihr zurückkommen, einiges über sie an.

Dieselbe ist hier durch eine Synthesis postuliert, als Mittelglied, das notwendig vorhanden sein muß, wenn ein Bild vom Objekt möglich sein soll. Es bleibt aber immer die Frage: woher kommt sie? - läßt sie sich, da wir hier mitten im Kreis der Handlungen des vernünftigen Geistes sind, welche alle zusammenhängen, wie die Glieder einer Kette, nicht auch noch anderswoher ableiten? Und das läßt sie sich allerdings. - Das Ich produziert ursprünglich das Objekt. Es wird in diesem Produzieren, zum Zweck einer Reflexion über das Produkt unterbrochen. Was geschieht durch diese Unterbrechung mit der unterbrochenen Handlung. Wird sie gänzlich vernichtet und ausgetilgt? Das kann nicht sein, denn dann würde durch die Unterbrechung der ganze Faden des Bewußtseins abgerissen, und es ließe sich nie ein Bewußtsein deduzieren. Ferner wurde ja ausdrücklich gefordert, daß über das Produkt derselben reflektiert werden sollte, und das wäre abermals nicht möglich, wenn sie gänzlich aufgehoben wäre, Handlung aber bleibt sie unmöglich, denn dasjenige, worauf ein Handeln geht, ist ja nicht Handlung. Aber ihr Produkt, das Objekt muß bleiben, und die unterbrechende Handlung geht demnach auf das Objekt und macht es gerade dadurch zu  Etwas,  zu einem festgesetzten, und fixierten, daß sie darauf ausgeht und das erste Handeln unterbricht.

Ferner, diese Handlung des Unterbrechens selbst, die wir jetzt als gerichtet auf das Objekt kennen, dauert sie als Handlung fort, oder nicht?

Das Ich unterbrach selbsttätig sein Produzieren, um auf das Produkt zu reflektieren, also um eine neue Handlung an die Stelle der ersteren zu setzen, und insbesondere da, wo wir jetzt stehen, dieses Produkt zu setzen,  als das seinige.  Das Ich kann nicht zugleich in verschiedenen Beziehungen handeln; also jene auf das Objekt gerichtete Handlung ist, insofern dabei gebildet wird, selbst abgebrochen, sie ist bloß als Produkt vorhanden, d. h. nach allem, sie ist eine unmittelbare auf das Objekt gerichtete Anschauung, und als solche gesetzt - also es ist gerade diejenige Anschauung, die wir soeben als Mittelglied aufgestellt haben, und die sich auch von einer anderen Seite als solche zeigt.

Die Anschauung ist ohne Bewußtsein, gerade aus dem gleichen Grund, aus welchem sie vorhanden ist, weil das Ich nicht doppelt handeln, mithin nicht auf zwei Gegenstände zugleich reflektieren kann. Es wird im gegenwärtigen Zusammenhang betrachtet, als sein Produkt  als solches  setzend, oder als bildend; es kann sich demnach nicht zugleich setzen und unmittelbar das Ding anschauen.

Diese Anschauung ist der Grund aller Harmonie, den wir zwischen unseren Vorstellungen und den Dingen annehmen. Wir entwerfen unserer eigenen Aussage nach durch Spontaneität ein Bild, und es läßt sich gar wohl erklären, und rechtfertigen, wie wir dasselbe als unser Produkt ansehen und es in uns setzen können. Nun aber soll diesem Bild etwas außer uns liegendes, durch das Bild gar nicht hervorgebrachtes, noch bestimmtes, sondern unabhängig von demselben nach seinen eigenen Gesetzen Existierendes entsprechen; und da läßt sich dann gar nicht einsehen, nicht nur mit welchem Recht wir so etwas behaupten, sondern sogar nicht, wie wir auch nur auf eine solche Behauptung kommen mögen, wenn wir nicht zugleich eine unmittelbare Anschauung von dem Ding haben. Überzeugen wir uns nur einmal von der Notwendigkeit einer solchen unmittelbaren Anschauung, so werden wir auch die Überzeugung, daß demnach das Ding in uns selbst liegen müsse, daß wir auf nichts unmittelbar handeln können, als auf uns selbst nicht lange zurückhalten können.)

Im Bilden ist das Ich völlig frei, wie wir soeben gesehen haben. Das Bild ist auf eine gewisse Art bestimmt, weil das Ich dasselbe so und nicht anders, welches es in dieser Rücksicht allerdings auch könnte, bestimmt; und durch diese Freiheit im Bestimmen wird das Bild beziehbar auf das Ich und läßt sich  in  dasselbe setzen als sein Produkt.

Aber dieses Bild soll nicht leer sein, sondern es soll demselben Ding außer dem Ich entsprechen: es muß demnach auf dieses Ding bezogen werden. Wie das Ding dem Ich für die Möglichkeit dieser Beziehung zugänglich wird, nämlich durch eine vorauszusetzende unmittelbare Anschauung des Dings, ist soeben gesagt worden. Insofern nun das Bild bezogen wird auf das Ding ist es völlig bestimmt, es muß gerade  so  sein, und darf nicht anders sein; denn das Ding ist vollkommen bestimmt, und das Bild soll demselben entsprechen. Die vollkommene Bestimmung ist der Beziehungsgrund zwischen dem Bild und dem Ding und das Bild ist jetzt von der unmittelbaren Anschauung des Dings nicht im geringsten verschieden.

Dadurch wird dem vorhergehenden offenbar widersprochen; denn was notwendig so sein muß, wie es ist, und gar nicht anders sein kann, ist kein Produkt des Ich und läßt sich in dasselbe gar nicht setzen, oder darauf beziehen (Unmittelbar seiner Freiheit im Bilden wird das Ich ohnedies sich nicht bewußt, wie mehrmals erinnert wurde; daß es aber, insofern es das Bild auch mit anderen möglichen Bestimmungen setzt, dasselbe als sein Produkt setzt, ist gezeigt, und ist durch keine folgende Operation der Vernunft umzustoßen. Wenn es aber gleich darauf eben dieses Bildd auf das Ding bezieht, so setzt es dasselbe dann nicht mehr als sein Produkt, der vorige Zustand des Ich ist vorüber, und es gibt zwischen Ihm und dem gegenwärtigen keinen Zusammenhabg, als etwa den, den ein möglicher Zuschauer dadurch, daß er das in beiden Zuständen handelnde Ich als ein und ebendasselbe denkt, hinseinsetzt. Jetzt ist nur Ding was vorher nur Bild war. Nun muß es allerdings dem Ich ein leichtes sein, sich wieder auf die vorige Stufe der Reflexion zurückzuversetzen, aber dadurch entsteht abermals kein Zusammenhang, und jetzt ist wieder nur Bild, was vorher Ding war. Wenn der vernünftige Geist hierbei nicht nach einem Gesetz verführe, das wir eben hier aufzusuchen haben, so würde daraus ein fortdauernder Zweifel entstehen, ob es nur Dinge und keine Vorstellungen von ihnen, oder ob es Vorstellungen und keine ihnen entsprechende Dinge gäbe, und jetzt würden wir das in uns vorhandene für ein bloßes Produkt unserer Einbildungskraft, jetzt für ein ohne alles unser Zutun uns affizierende Ding halten. Diese schwankende Ungewißheit ensteht dann auch wirklich, wenn man einen solcher Untersuchungen Ungewohnten nötigt uns zu gestehen, daß die Vorstellung vom Ding doch nur in ihm anzutreffen sein kann. Er gesteht es jetzt ein und sagt gleich darauf; es ist aber doch außer mir und findet vielleicht gleich darauf abermals daß es in ihm sei,bis er wieder nach außen getrieben wird. Er kann sich aus dieser Schwierigkeit nicht heraushelfen, denn obwohl er von jeher in allem seinen theoretischen Verfahren die Gesetze der Vernunft befolgt hat, so kennt er sie doch nicht wissenschaftlich, und kann sich nicht Rechenschaft über sie ablegen.)

Die Idee des aufzusuchenden Gesetzes wäre folgendes: Es müßte ein Bild gar nicht möglich sein, ohne ein Ding; und ein Ding müßte wenigstens in der Rücksicht, in welcher hier davon die Rede sein kann, d. h. für das Ich, nicht möglich sein, ohne ein Bild. So würden beide, das Bild und das ding in synthetischer Verbindung stehen, und eins würde nicht gesetzt werden können, ohne daß auch das andere gesetzt wird.

Das Ich soll das Bild beziehen auf das Ding. Es ist zu zeigen, daß diese Beziehung nicht möglich ist, ohne Voraussetzung des Bildes,  als eines solchen,  d. h. als eines freien Produkts des Ich. Wird durch die geforderte Beziehung das Ding überhaupt erst möglich, so wird durch die Erhärtung der letzteren Behauptung bewiesen, daß das Ding nicht möglich ist, ohne das Bild. - Umgekehrt, das Ich soll mit Freiheit das Bild entwerfen. Es müßte gezeigt werden, daß dies nicht möglich ist, ohne Voraussetzung des Dings; und es wäre dadurch dargetan, daß kein Bild möglich ist, ohne ein Ding (es versteht sich, ein Ding für das Ich.)

Wir reden zuvörderst von der Beziehung des, es versteht sich, vollkommen bestimmten Bildes auf das Ding. Sie geschieht durch das Ich; aber diese Handlung desselben kommt nicht unmittelbar zum Bewußtsein; und es läßt sich daher nicht wohl einsehen, wie das Bild vom Ding unterschieden werden mag. Das Ich müßte demnach wenigstens mittelbar, im Bewußtsein vorkommen, und so würde eine Unterscheidung des Bildes vom Ding möglich werden.

Das Ich kommt mittelbar im Bewußtsein vor - heißt: das Objekt seiner Tätigkeit (Produkt derselben, nur ohne Bewußtsein) wird gesetzt als Produkt durch Freiheit, als anders sein könnend, als zufällig.

Auf diese Art wird das Ding gesetzt, insofern das vollkommen bestimmte Bild darauf bezogen wird. Es ist da ein vollkommen bestimmtes Bild, d. h. eine Eigenschaft, z. B. die rote Farbe. Es muß ferner, wenn die geforderte Beziehung möglich sein soll, ein Ding dasein. Beide sollen synthetisch vereinigt werden durch eine absolute Handlung des Ich; das letztere soll durch die erstere bestimmt werden. Mithin muß es vor der Handlung und unabhängig von ihr dadurch nicht bestimmt sein; es muß gesetzt sein als ein solches, dem diese Eigenschaft zukommen kann, oder auch nicht, und lediglich dadurch, daß ein Handeln gesetzt wird, wird die Zufälligkeit der Beschaffenheit des Dings für das Ich gesetzt. Das seiner Beschaffenheit nach zufällige Ding aber entdeckt sich eben dadurch als ein vorausgesetztes Produkt des Ich, dem nichts zukommt, als das Sein. Die freie Handlung, und die Notwendigkeit, daß eine solche freie Handlung vorkommt, ist der einzige Grund des Übergangs vom unbestimmten zum bestimmten und umgekehrt.

(Wir suchen diesen wichtigen Punkt noch etwas deutlicher zu machen. - In dem Urteil:  A  ist rot, kommt zuvörderst  A.  Dieses ist gesetzt; insofern es  A  sein soll, gilt von ihm der Satz:  A = A es ist, als  A  durch sich selbst vollkommen bestimmt; etwa seiner Figur, seiner Größe, seiner Stelle im Raum nach usw. wie man es sich im gegenwärtigen Fall denken kann; ungeachtet, wie wohl zu merken ist, dem Ding von welchem wir oben redeten, da es noch gänzlich unbestimmt sein soll, gar nichts zukommt, als dsa, daß es ein Ding ist, d. h. daß es  ist - Dann kommt  rot  im Urteil vor. Dieses ist gleichfalls vollkommen bestimmt, d. h. es ist gesetzt, als alle anderen Farben ausschließend, als nicht-gelb, nicht-blau usw. [gerade wie oben, und wir haben daher hier ein Beispiel, was durch die vollkommene Bestimmung der Eigenschaft, oder wie wir es auch genannt haben, des Bildes gemeint wird.] Wie ist nun in Rücksicht auf die rote Farbe  A  vor dem Urteil? Offenbar unbestimmt. Es können ihm alle Farben, und darunter auch die rote zukommen. Erst durch das Urteil, d. h. durch die synthetische Handlung des Urteilenden mittels der Einbildungskraft, wobei diese Handlung durch die Kopula  ist  ausgedrückt wird, wird das Unbestimmte bestimmt; es werden ihm alle möglichen Farben, die ihm zukommen könnte, die gelbe, blaue usw. durch Übertragung des Prädikats nicht-gelb, nicht-blau usw. =  rot,  abgesprochen. -  A  ist unbestimmt, so gewiß geurteilt wird. Wäre es schon bestimmt, so würde gar kein Urteil gefällt, es würde nicht gehandelt.)

Wir haben als Resultat unserer Untersuchung den Satz:  Wenn die Realität des Dings, (als Substanz) vorausgesetzt wird, wird die Beschaffenheit desselben gesetzt, als zufällig, mithin mittelbar als Produkt des Ich;  und wir haben demnach hier die Beschaffenheit im Ding, woran wir das Ich anknüpfen können.

Zur Beförderung der Übersicht zeichnen wir das systematische Schema von dem, wonach wir uns in der endlichen Auflösung unserer Frage zu richten haben und dessen Gültigkeit in der Grundlage, bei Erörterung des Begriffs der Wechselwirkung erwiesen wurde. - Das Ich setzt sich selbst als Totalität, oder es bestimmt sich; dies ist nur unter der Bedingung möglich, daß es etwas von sich ausschließt, wodurch es wiederum begrenzt wird. Ist  A  Totalität, so wird  B  ausgeschlossen. - Nun aber ist  B,  so gewiß es ausgeschlossen wird, auch gesetzt;es soll durch das Ich, welches bloß unter dieser Bedingung  A  als Totalität setzen kann, gesetzt sein, das Ich muß demnach auch über dasselbe als gesetzt reflektieren. Nunmehr aber ist  A  nicht mehr Totalität; sondern es wird durch das Gesetztsein des anderen selbst ausgeschlossen von der Totalität, wie wir uns in der Grundlage ausdrückten, und es sist demnach gesetzt  A + B.  - Über dasselbe  in dieser Vereinigung,  muß wieder reflektiert werden, denn sonst wäre es nicht vereinigt; aber durch diese Reflexion wird es selbst begrenzt, mithin als Totalität gesetzt, und es muß ihm nach der obigen Regel etwas entgegengesetzt werden. - Insofern durch die angeführte Reflexion  A + B  gesetzt wird, als Totalität, wird es dem absolut als Totalität gesetzten  A  (hier dem Ich) gleichgesetzt; gesetzt, und aufgenommen in das Ich, in der uns nun wohl bekannten Bedeutung, mithin wird ihm insofern  B  entgegengesetzt, und da  B  hier in  A + B  mit enthalten ist, wird  B  sich selbst entgegengesetzt, insofern es teils vereinigt ist mit  A  (enthalten im Ich) teils  A  entgegengesetzt (dem Ich).  A + B  wird nach der oben angegebenen und erwiesenen Formel bestimmt durch  B.  - Auf  A + B  bestimmt durch  B  muß als solches, d. h. inwiefern  A + B  durch  B  bestimmt ist, reflektiert werden. - Dann ist aber, da  B  durch  B  bestimmt sein soll, auch das mit demselben synthetisch vereinigte  A  dadurch bestimmt; und da  B  und  B  synthetisch vereinigt sein sollen, auch das mit dem ersten  B  vereinigte  A  damit synthetisch vereinigt. Dies widerspricht dem ersten Satz, nach welchem  A  und  B  schlechthin entgegengesetzt sein sollen. Dieser Widerspruch ist nicht anders zu lösen, als dadurch, daß  A  ihm selbst entgegengesetzt wird; und so wird  A + B  bestimmt durch  A,  so wie es in der Erörterung des Begriffs der Wechselwirkung gefordert wurde. Nun aber kann  A  ihm selbst nicht entgegengesetzt sein, wenn die geforderten Synthesen möglich sein sollen. Es muß demnach sich gleich und sich entgegengesetzt zugleich sein, d. h. es muß eine Handlung des absoluten Vermögens des Ich, der Einbildungskraft, geben, durch welche dasselbe absolut vereinigt wird. - Wir gehen nach diesem Schema an die Untersuchung.

Ist A Totalität und wird als solche gesetzt, so wird B ausgeschlossen.  - Das Ich setzt sich mittelbar als Ich und begrenzt sich insofern, als es das Bild mit absoluter Freiheit entwirft und zwischen mehreren möglichen Bestimmungen desselben in der Mitte schwebt. Das Bild ist noch nicht bestimmt, aber es wird bestimmt; das Ich ist in der Handlung des Bestimmens begriffen. Das ist der schon oben vollkommen geschilderte Zustand, auf welchen wir uns hier beziehen. Er soll  A  heißen (Innere Anschauung des Ich im freien Bilden.)

Insofern das Ich so handelt, setzt es diesem frei schwebenden Bild, und mittelbar sich selbst, dem bildenden, die vollkommen bestimmte Eigenschaft entgegen, von der wir schon oben gezeigt haben, daß sie umfaßt, und aufgefaßt wird durch das Ich, mittels der unmittelbaren Anschauung des Dings, in welcher aber das Ich sich nicht seiner selbst bewußt ist. Jenes bestimmte wird nicht als Ich gesetzt, sondern demselben entgegengesetzt, und so ausgeschlossen. Es soll  B  heißen.

B wird gesetzt, und demnach A von der Totalität ausgeschlossen.  - Das Ich setzte die Eigenschaft als bestimmt, und es konnte sich, wie es doch sollte, im Bilden keineswegs als frei setzen, ohne sie so zu setzen. Das Ich muß demnach, so gewiß es sich frei bildend setzen soll, auf jene Bestimmtheit der Eigenschaft reflektieren. (Es ist hier nicht die Rede von der synthetischen Vereinigung mehrerer Merkmale in  einem  Substrat, und ebensowenig von der synthetischen Vereinigung des Merkmals mit dem Substrat, wie sich sogleich ergeben wird; sondern von der vollkommenen Bestimmtheit des vorstellenden Ich in Auffassung eines Merkmals, wovon als Beispiel man sich jedoch die Figur eines Körpers im Raum denken kann.) Dadurch wird nun das Ich von der Totalität ausgeschlossen, d. h. es ist sich selbst nicht mehr genug, es ist nicht mehr durch sich selbst, sondern durch etwas anderes ihm völlig entgegengesetztes bestimmt; sein Zustand, d. h. das Bild in ihm läßt sich nicht mehr lediglich aus ihm selbst, sondern bloß durch etwas außer ihm erklären, und es ist demnach  A + B  gesetzt oder  A  bestimmt durch  B  als Totalität. (Äußere bestimmte reine Anschauung.) (Überhaupt bei den gegenwärtigen Unterscheidungen, und besonder bei der jetzigen ist wohl zu merken, daß etwas denselben einzeln entsprechendes im Bewußtsein gar nicht vorkommen kann. Die geschilderten Handlungen des menschlichen Geistes kommen nicht getrennt vor in der Seele, und werden dafür auch gar nicht ausgegeben; sondern alles was wir jetzt aufstellen, geschieht in synthetischer Vereinigung, wie wir auch beständig fort den synthetischen Gang gehen, und vom Vorhandensein des einen Gliedes auf das Vorhandensein der übrigen schließen. Ein Beispiel der deduzierten Anschauung würde sein die Anschauung jeder reinen geometrischen Figur, z. B. die eines Kubus. Aber eine solche Anschauung ist nicht möglich. Man kann sich keinen Kubus einbilden, ohne den Raum, in dem er schweben soll, sich zugleich einzubilden, und dann seine Grenze zu beschreiben; und findet hier zugleich in der sinnlichen Erfahrung den Satz erwiesen, daß das Ich keine Grenze setzen kann, ohne zugleich ein begrenzendes, durch die Grenze ausgeschlossenes zu setzen.)

Auf A + B muß, und zwar in dieser Verbindung, reflektiert werden,  d. h. es wird auf die Beschaffenheit  als eine bestimmte,  reflektiert. Ohne dies wäre sie nich im Ich; ohne dies wäre das geforderte Bewußtsein derselben nicht möglich. Wir werden demnach von dem Punkt aus, auf welchem wir stehen, selbst, und durch keinen in ihm selbst liegenden Grund weiter getrieben (ebenso das Ich, welches der Gegenstand unserer Untersuchung ist) und das ist eben das Wesen der Synthesis; hier liegt jenes die Unvollständigkeit verratende  X,  von dem oft die Rede gewesen ist. - Diese Reflexion geschieht, wie jede, durch absolute Spontaneität; das Ich reflektiert schlechthin, weil es Ich ist. Es wird sich seiner Spontaneität in diesem Handeln nicht bewußt, aus dem oft angeführten grund; aber das Objekt seiner Reflexion, insofern es das ist, wird dadurch Produkt jener Spontaneität, und es muß ihm das Merkmal eines Produktes der freien Handlung des Ich, die  Zufälligkeit,  zukommen. Nun kann es nicht zufällig sein, inwiefern es als  bestimmt  gesetzt ist, und als solches darüber reflektiert wird, mithin in einer anderen Rücksicht, die sich sogleich zeigen wird. - Es wird durch die ihm zukommende Zufälligkeit Produkt des Ich, und darin aufgenommen; das Ich bestimmt sich demnach abermals, und dies ist nicht möglich, ohne daß es sich Etwas, also ein Nicht-Ich entgegensetzt.

(Hierbei die allgemeine, schon oft vorbereitete, aber nur hier recht deutlich zu machende Bemerkung. Das Ich reflektiert mit Freiheit; eine Handlung des Bestimmens, die eben dadurch selbst bestimmt wird: aber es kann nicht reflektieren, eine Grenze setzen, ohne zugleich absolut etwas zu produzieren, als ein begrenzendes. Also  Bestimmen  und  Produzieren  sind immer beisammen, und dies ist es, woran die Identität des Bewußtseins sich hält.)

Dieses entgegengesetzte ist  notwendig  in Beziehung auf die bestimmte Eigenschaft; und diese ist in Beziehung auf jenes  zufällig.  Es ist ferner, gerade wie die Eigenschaft, entgegengesetzt dem Ich, und daher, wie sie, Nicht-Ich, aber ein  notwendiges  Nicht-Ich.

Aber die Eigenschaft, als bestimmtes, und  insofern  sie dies ist, - also, als etwas gegen welches das Ich sich bloß leidend verhält, - muß vom Ich ausgeschlossen werden, nach den obigen Erörterungen; und das Ich, wenn und inwiefern es als auf ein bestimmtes reflektiert, wie hier geschieht, muß dasselbe von sich ausschließen. Nun schließt das Ich in der gegenwärtigen Reflexion auch noch ein anderes Nicht-Ich, als bestimmt, und notwendig von sich aus. Mithin muß dieses beides aufeinander bezogen, und synthetisch vereinigt werden. Der Grund der Vereinigung ist der, daß beide Nicht-Ich demnach in Beziehung auf das Ich ein und dasselbe sind; der Unterscheidungsgrund ist der: die Eigenschaft ist  zufällig,  sie könnte auch anders sein, das Substrat aber, als solches, ist in Beziehung auf die erstere notwendig da. - Beide sind vereinigt, d. h. sie sin in Beziehung aufeinander notwendig und zufällig: die Eigenschaft muß ein Substrat haben, aber dem Substrat muß nicht diese Eigenschaft zukommen. Ein solches Verhältnis des Zufälligen zum Notwendigen in der synthetischen Einheit nennt man das Verhältnis der  Substantialität.  -  (B  entgegengesetzt  B.  Das letztere  B  ist gar nicht im Ich. -  A + B  ist bestimmt durch  B.  Das in das Ich aufgenommene ansich vollkommen bestimmte Bild mag immer bestimmt sein für das Ich; dem Ding ist die darin ausgedrückte Eigenschaft zufällig. Sie könnte ihm auch nicht zukommen.)

Es muß reflektiert werden auf das im vorigen Geschäft ausgeschlossene B,  das wir als das notwendige Nicht-Ich, im Gegensatz des im Ich enthaltenen zufälligen kennen. Es folgt aus dieser Reflexion sogleich, daß das vorher als Totalität gesetzte  A + B  nun nicht mehr Totalität, d. h. daß es nicht mehr das alleinig im Ich enthaltene, und insofern zufällige sein kann. Es muß durch das notwendige bestimmt werden.  Zuvörderst,  die Eigenschaft, das Merkmal, Bild, oder wie man es nennen will, muß dadurch bestimmt werden. Sie war gesetzt, als dem Ding zufällig, das letztere als notwendig; sie sind demnach völlig entgegengesetzt. Zuletzt müssen sie, so gewiß über beide durch das Ich reflektiert werden soll, in diesem Einem, und eben demselben Ich vereinigt werden. Dies geschieht durch absolute Spontaneität des Ich. Die Vereinigung ist lediglich Produkt des Ich; sie wird gesetzt, soll heißen:  es wird ein Produkt durch das Ich gesetzt.  - Nun wird das Ich seines Handelns sich nie unmittelbar bewußt, sondern nur im Produkt und mittels des Produkts. Die Vereinigung beider muß daher selbst als zufällig gesetzt werden; und da alles zufällige gesetzt wird, als entstanden durch Handeln, muß sie selbst gesetzt werden, als entstanden durch Handeln. - Nun kann das, was in seinem Dasein selbst zufällig ist, und abhängig von einem anderen, nicht als handelnd gesetzt werden; mithin nur das Notwendige. Auf das Notwendige wird in der Reflexion, und durch sie der Begriff des Handelns übertragen, der eigentlich nur im reflektierenden selbst liegt, und das Zufällige wird gesetzt als Produkt desselben, als Äußerung seiner freien Tätigkeit. Ein solches synthetisches Verhältnis heißt das der  Wirksamkeit,  und das Ding in dieser synthetischen Vereinigung des Notwendigen und Zufälligen in ihm betrachtet, ist das  wirkliche  Ding. (Wir machen bei diesem höchst wichtigen Punkt einige Anmerkungen.
    1. Die soeben aufgezeigte Handlung des Ich ist offenbar eine Handlung durch die Einbildungskraft in der Anschauung; denn teils vereinigt das Ich völlig entgegengesetztes, welches das Geschäft der Einbildungskraft ist; teils verliert es sich selbst in diesem Handeln, und trägt dasjenige, was in ihm ist, über auf das Objekt seines Handelns, welches die Anschauung charakterisiert.

    2. Die sogenannte Kategorie der Wirksamkeit zeigt sich demnach hier, als lediglich in der Einbildungskraft entsprungen: und so ist es, es kann nichts in den Verstand kommen, außer durch die Einbildungskraft. Welche Änderung der Verstand mit jenem Produkt der Einbildungskraft vornehmen wird, läßt sich schon hier voraussehen. Wir haben das Ding gesetzt, als  frei handelnd, und ohne alle Regel, (wie es dann auch wirklich, solange der Verstand seine Handelsweise nicht umfaßt, und begreift, im Bewußtsein gesetzt wird, als  Schicksal  mit allen seinen möglichen Modifikationen;) weil die Einbildungskraft ihr eigenes  freies  Handeln darauf überträgt. Es fehlt das Gesetzmäßige. Wird sich der gesunde Verstand auf das Ding richten, so wird dasselbe nach einer Regel wirken, so wie er selbst.

    3. KANT, der die Kategorien ursprünglich als  Denkformen  erzeugt werden läßt, und der von seinem Gesichtspunkt auch darin völlig Recht hat, bedarf der durch die Einbildungskraft entworfenen Schemata, um ihre Anwendung auf Objekte möglich zu machen; er läßt sie demnach ebensowohl wie wir, durch die Einbildungskraft bearbeitet werden, und derselben zugänglich sein. In der Wissenschaftslehre entstehen sie  mit den Objekten zugleich  und um dieselben erst möglich zu machen, auf dem Boden der Einbildungskraft selbst.

    4. MAIMON sagt über die Kategorie der Wirksamkeit dasselbe, was die Wissenschaftslehre sagt: nur nennt er ein solches Verfahren des menschlichen Geistes eine Täuschung. Wir haben anderwärts gesehen, daß dasjenige icht Täuschung zu nennen ist, was den Gesetzen des vernünftigen Wesens angemessen ist, und nach denselben schlechthin notwendig ist, und nicht vermieden werden kann, wenn wir nicht aufhören wollen, vernünftige Wesen zu sein. - Aber der eigentliche Streitpunkt liegt im folgenden: "Mögt ihr doch immer", würde MAIMON sagen, "Gesetze des Denkens a priori haben, wie ich euch als erwiesen zugestehe", (welches allerdings viel zugestanden ist, denn wie mag doch ein bloßes Gesetz im menschlichen Geist vorhanden sein, ohne Anwendung, eine leere Form ohne Stoff?) "so könnt ihr dieselben Objekte, doch nur mittels der Einbildungskraft anwenden; mithin muß im Geschäft der Anwendung in derselben Objekt und Gesetz zugleich sein. Wie kommt sie doch zum Objekt?" Diese Frage kann nicht anders beantwortet werden, als so: sie muß es selbst produzieren (wie in der Wissenschaftslehre aus anderen Gründen ganz unabhängig von jenem Bedürfnis schon dargetan worden ist.) - Der durch den Buchstaben KANTs allerdings bestätigte, seinem  Geist  aber völlig widerstreitende Irrtum liegt demnach bloß darin, daß das Objekt etwas anderes sein soll, als ein Produkt der Einbildungskraft. Behauptet man dies, so wird man ein transzendenter Dogmatiker, und entfernt sich gänzlich vom Geist der kritischen Philosophie.

    5) MAIMON hat bloß die Anwendbarkeit des Gesetzes der Wirksamkeit bezweifelt; er könnte nach seinen Grundsätzen die Anwendbarkeit aller Gesetze a priori bezweifelt haben. - So HUME. Er erinnerte: ihr selbst seid es, die ihr den Begriff der Wirksamkeit in euch habt, und ihn auf die Dinge übertragt; mithin hat eure Erkenntnis keine objektive Gültigkeit. KANT gesteht ihm den Vordersatz nicht nur für den Begriff der Wirksamkeit, sondern für alle Begriffe a priori zu; aber er lehnt durch den Erweis, daß ein Objekt lediglich für ein mögliches Subjekt sein kann, seine Folgerung ab. Es blieb in diesem Streit unberührt, durch welches Vermögen des Subjekts das im Subjekt liegende auf das Objekt übertrage wird. Lediglich durch die Einbildungskraft wendet ihr das Gesetz der Wirksamkeit auf Objekte an, erweist MAIMON, mithin hat eure Erkenntnis keine objektive Gültigkeit, und die Anwendung euerer Denkgesetze auf Objekte ist eine bloße Täuschung. Die Wissenschaftslehre gesteht ihm den Vordersatz nicht nur für das Gesetz der Wirksamkeit, sondern für alle Gesetze a priori zu, zeigt aber durch eine nähere Bestimmung des Objekts, welche schon in der kantischen Bestimmung liegt, daß unsere Erkenntnis gerade darum objektive Gültigkeit hat und nur unter dieser Bedingung sie haben kann. - So geht der Skeptizismus und der Kritizismus jeder seinen einförmigen Weg weiter, und beide bleiben sich selbst immer treu. Man kann nur sehr uneigentlich sagen, daß der Kritiker den Skeptiker widerlegt. Er gibt ihm vielmehr zu, was er fordert, und meistens noch mehr, als er fordert; und beschränkt lediglich die Ansprüche, die derselbe meistenteils gerade wie der Dogmatiker auf eine Erkenntnis des Dings-ansich macht, indem er zeigt, daß diese Ansprüche ungegründet sind.)

LITERATUR - Johann Gottlieb Fichte, Grundriß des Eigentümlichen der Wissenschaftslehre in Rücksicht auf das theoretische Vermögen als Handschrift für seine Zuhörer, Jena und Leipzig 1795
    Anmerkungen
    1) Wir erhalten hier beiläufig eine Übersicht der Punkte die wir noch zu untersuchen haben.
    2) Die Beweise des gesunden Menschenverstandes für die Freiheit sind demnach ganz richtig, und dem Gang des menschlichen Geistes vollkommen angemessen. - DIOGENES  ging,  um vorderhand sich selbst - denn die verirrte Spekulation war dadurch freilich noch nicht in ihre Grenze zurückgewiesen - die geleugnete Möglichkeit der Bewegung zu beweisen. Ebenso - wollt ihr jemand die Freiheit wegvernünfteln, und gelingt es euch wirklich durch eure Scheingründe Zweifel über die in Anspruch genommene Sache zu erregen, so demonstriert er sie sich auf der Stelle durch die Realisierung eines Produkts, das er nur von seinem eigenen freien Handeln ableiten kann.