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LEO SSALAGOFF
Der Begriff des Geltens
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"Neben unseren psychischen Akten der Erkenntnis hat sich noch etwas von ihnen vollkommen Unterschiedenes offenbart, was wir ihren  Inhalt, Sinn  genannt haben. Der Sinn ist, sagt Rickert, in der Tat eine  andere  Welt, als die empirische Wirklichkeit. Der Gegensatz des Psychischen und des Physischen, welcher bis jetzt das ganze Gebiet des Seins, des Existierenden erschöpfte, hört jetzt auf diese Rolle zu spielen. Der Bereich des Seins ist durchbrochen, der Horizont unseres Gesichtsfeldes hat sich erweitert und nimmt in sich ein neues, umfangreiches Gebiet, des Nichtseins, des Unwirklichen, des Unexistierenden, sondern nur Geltenden, auf."

"Die Wissenschaft besteht aus einem System reiner Bedingungssätze, deren Geltung von der Frage unabhängig ist, ob es in unserer Wahrnehmungswelt Subjekte gibt, auf die die vorausgesetzten Bedingungen zutreffen."

Das, was KANT von den Juristen sagte, daß sie noch die Definition des Wesens ihres Hauptbegriffs, des Rechtsbegriffes suchen, gilt noch mehr von den Philosophen, welche sich mit der Frage, die von PILATUS dem großen Märtyrer gestellt wurde, "was die Wahrheit sei", noch abquälen und abgeben. Während der Jahrhunderte und der Jahrtausende steht dieses große Problem vor dem Menschentum, dessen genialste Vertreter ihr Leben der Auflösung desselben widmeten. Aber die Sphinx des Wesens der Wahrheit bleibt eine Sphinx. Und nun erscheint der Begriff des Geltens als zentraler Begriff in der Argumentation einer ganzen Reihe von bedeutenden modernen Denkerns bei der Lösung desselben Problems. Die Klärung und Feststellung dieses Begriffs erhält auf diese Weise eine eminente systematische Bedeutung als Vorstufe zur Beantwortung der aufgewiesenen Grundfrage der Philosophie. Wie überall in der Wissenschaft, so finden wir auch hier in den Meinungen verschiedene Nuancen und Übergangsformen. Alle diese Unterschiede zu klassifizieren und nach Gruppen zu ordnen, ist unsere Aufgabe.

Eine allgemeine Konstellation ist jetzt eine solche, daß die Gegner des von uns erörterten Begriffs viel zahlreicher als seine Parteigänger sind. Wärhend wir bei den ersteren eine ganze Reihe von Systemen, die mehr oder weniger in einem psychologistischen Sinn gehalten sind, finden, sind die Ansichten der letzteren von einer endgültigen Systematisierung weit entfernt und hauptsächlich noch sehr wenig ausgearbeitet. Ein solches Verhältnis der Kräfte und vor allem der letzte Umstand weisen auf die Methode der weiteren Darstellung hin. Die einzig mögliche und zweckmäßige Methode bei der Begründung der Ansichten, welche noch keine allgemeine Anerkennung haben, ist eine polemische, welche von einer üblichen Auffassung der betreffenden Frage ausgeht und im Ringen mit derselben eine neue erzeugt. Zunächst ist hier auf eine Ansicht hinzuweisen, welche im geringsten die Anerkennung dieses Begriffs fördert und ihn vollkommen ignoriert. Indem einige Schriftsteller (1) ganz unfähig sind, sich aus ihren psychologistischen Banden zu befreien, unterscheiden sie den Begriff des Geltenden von dem des Psychischen nicht. Zu unserer Zeit hat diese Richtung, an der Spitze HEYMANNs und CORNELIUS stehen, sehr wenige Nachfolger. Ihr folgt unmittelbar eine andere sehr große Gruppe von Denkern, die, wenn auch die letzte Richtung weit überragt und prinzipiell das Außerphysische und das Außerpsychische anerkennt, aber das Nichtseiende oder das Geltende nur im engsten Zusammenhang mit dem Gebiet des Seins, von welchem sich zu befreien für ihn am schwersten war: mit dem Gebiet der seelischen Prozesse, zuläßt. Das Geltende wird hier als die Gesetze der psychischen Zustände aufgefaßt. Eine eigentümliche Erscheinung stellt die sogenannte "Theorie des Primats der praktischen Vernunft in der Logik" in Bezug auf den Begriff des Geltens dar. Wenn sie auch als eine außerhalb des Psychologismus stehende Lehre erscheint, so behält sie doch ein negatives Moment des letzteren: den Zusammenhang, die Abhängigkeit des Geltenden vom Subjekt bei. Als Resultate der Auseinandersetzungen mit allen diesen Auffassungen treten mit einer bedeutenden Klarheit die Konturen des erörterten Begriffs, insofern derselbe zu unserer Zeit ausgearbeitet ist, hervor. Das ist das allgemeine Programm der weiteren Darstellung, deren Schluß die Analyse der Frage nach der Erkenntnis des Geltenden sein wird.


I. Das Geltende und das Psychische

§ 1.  Das Geltende und das Psychische.  Der nächste und hartnäckigste Feind des Begriffs des Geltens ist die psychologistische Richtung der Erkenntnistheorie in ihren verschiedenen Färbungen. Als die gröbste und grellste von ihnen erscheint die, welche diesen Begriff einfach nicht bemerkt und das Geltende mit den psychischen Zuständen identifiziert, welche die Erkenntnis für einen rein subjektiven Prozeß hält, der nur mit den Produkten meiner, unserer Erfahrung erschöpft wird. Sie finden folglich allein beim Vorhandensein eines gewissen Subjekts statt. Das sind die Ansichten von HEYMANS. Die Erkenntnistheorie versteht er "in ihrem ganzen Umfang als eine psychologistische Tatsachenwissenschaft" (Gesetze und Elemente des wissenschaftlichen Denkens, 1905, Seite 32, vgl. Seite 72). Sie ist eine "Chemie des Urteils" (Seite 26). "Die Entscheidung über den Erkenntniswert unseres Wissens" führt er nur "auf dem Weg der psychologistischen Forschung" aus. (Seite 15, vgl. Seite 2, 9, 27, 65 u. a.) "Der logische Satz steht also," sagt er, "nicht neben oder gegenüber dem psychologischen, sondern er gehört in denselben hinein" (Seite 65). Die Urteile überhaupt sind nur "die individuellen psychischen Erscheinungen" (Seite 27 und 72), sie sind nur "Denkerscheinungen" (Seite 24, 44, 72). Die ganze Wissenschaft ist "ausschließlich ein Komplex psychischer Erscheinungen bestimmter Art, welche wir in uns selbst wahrnehmen" (Seite 23). In einem grob-psychologistischen Sinn sprechen sich auch HÖFLER (Grundlehren der Logik, 1907) und LIPPS (Logik, §§ 1 - 3) aus. Gegen ein solches Verschlingen des Geltenden lehnt sich BOLZANO auf. Die Erkenntnis wird gewiß von uns in gewissen Worten ("Rede") ausgedrückt, "wenn durch sie irgendetwas ausgesagt oder behauptet wird, wenn sie mithin eines von beiden entweder wahr oder falsch in der gewöhnlichen Bedeutung dieser Worte, wenn sie (wie man auch sagen kann) entweder richtig oder unrichtig sein müssen" (2). Das wird dann ein "ausgesprochener" Satz. Die Erkenntnis braucht sich nicht in der Form der Worte einzuhüllen und kann sozusagen in einem latenten Zustand bleiben als gewisse Gedanken, oder Wissen, im eigentlichen Sinne des Wortes. Das ist ein "gedachter" Satz. Aber außerdem muß man in den beiden Fällen, das  was  ausgesprochen oder gedacht wird, vom Prozeß des Aussprechens oder Denkens selbst unterscheiden. Vom "ausgesprochenen Satz" soll der Satz selbst oder "Satz ansich" unterschieden sein. "Wie ich oben," sagt BOLZANO, "in der Benennung:  ein ausgesprochener Satz  den Satz selbst offenbar von seiner Aussprache unterscheide, so unterscheide ich in der Benennung:  ein gedachter Satz  den Satz selbst auch noch vom Gedanken an ihn" (Wissenschaftslehre I, Seite 77). Der Inhalt des Erkenntnisaktes fällt nicht mit diesem letzteren zusammen. BOLZANO wird nicht müde diesen zu wiederholen. "Dasjenige," lesen wir bei ihm, "was man sich unter dem Wort "Satz" notwendig vorstellen muß . . ., was man sich unter einem Satz denkt, wenn man noch fragen kann, ob ihn auch jemand ausgesprochen oder nicht ausgesprochen, gedacht oder nicht gedacht hat, ist eben das, was ich einen Satz-ansich nenne und auch selbst dann unter dem Wort "Satz" verstehe, wenn es es der Kürze wegen ohne den Beisatz "ansich" gebrauche" (Wissenschaftslehre I, Seite 77). Es ist offenbar, daß wir in einem solchen Fall die Grenzen des Empirische, "meines" Prozesses des Erkennens überschritten haben und mit dem Begriff, für welchen das Vorhandensein dieses letzteren nicht wesentlich ist, operieren. Darum setzt BOLZANO fort: "Mit anderen Worten also: unter einem Satz-ansich verstehe ich nur irgendeine Ausage, daß etwas ist oer nicht ist, gleichviel ob sie von irgendjemand in Worte gefaßt oder nicht gefaßt ist, ja auch im Geiste nur gedacht oder nicht gedacht worden ist" (WL I, Seite 77). Auf diese Weise kann man den "Satz ansich" keineswegs "mit einer im Bewußtsein eines denkenden Wesens vorhandenen Vorstellung, desgleichen mit einem Für-wahr-halten oder Urteil" vermengen (WL I - Seite 78, 112, 114, vgl. 108; WL II - Seite 327; WL III - Seite 9). Nicht nur die Tatsache des wirklichen Denkens darüber, sondern sogar die Möglichkeit dessen oder die Denkbarkeit des Satzes ist für ihn unwesentlich: "sie liegt nicht im Begriff eines Satzes als ein Bestandteil desselben" (WL, Seite 92, 99, 104, 124). Aber indem man den Begriff des Satzes von der Subjektivierung, seiner Psychologisierung, einerseits, abgrenzt, muß man sich andererseits nicht weniger streng vor der Gefahr der metaphysischen Hypostasierung desselben hüten. Der "Satz ansich" ist, "nicht etwas Gesetztes, welches mithin das Dasein eines Wesens, durch welches er gesetzt worden ist, voraussetzen würde (WL I, Seite 77). Wir haben es hier folglich mit dem Element zu tun, das vollkommen in die Sphäre des subjektiven, des "Meinen" nicht gehört, sondern umgekehrt außerhalb derselben liegt (3). Das ist ein ganz objektives Moment. Und wirklich, BOLZANO charakterisiert ihn auf dieselbe Art. Er sagt, daß er "nicht die Erscheinungen solcher Sätze in unserem Gemüt, sondern nur sie an sich selbst, d. h. die objektiven Sätze" betrachtet (WL II, Seite 3). In einer ganzen Reihe von Behauptungen stellt er den Satz im subjektiven Sinne ("Gedanke") dem Satz im objektiven Sinne gegenüber (WL I, Seite 99, 220, 223, 226, 304). Denselben Gedanken hat der eifrige Nachfolger von BOLZANO, EDMUND HUSSERL, welcher hauptsächlich das Interesse für die Lehre des Denkers, der von allen längst vergessen war und zu seiner Zeit ungeschätzt blieb (4), wieder wachgerufen hat, in seinen "Logischen Untersuchungen" ausführlich erörter und denselben zugrunde gelegt. Der Gegensatz des psychischen Aktes und seines Inhalts oder seines Sinnes geht wie ein Leitmotiv seine trefflichen Forschungen hindurch. "Wenn ich," lesen wir bei ihm, "aussage: Die drei Höhen eines Dreiecks schneiden sich in einem Punkt, so liegt dem natürlich zugrunde, daß ich so urteile . . . Ist aber mein Urteilen, das ich hier kundgegeben habe, auch die Bedeutung", oder wie in anderen Stellen steht  Sinn  (LU I, Seite 37, 52) oder  Inhalt  (LU I, Seite 44, 47 52, 46, 51), des Aussagessatzes? Ist es das, was die Aussage besagt . . . ? Offenbar nicht LU II, Seite 44). "Urteile ich", wiederholt er noch einmal denselben Gedanken: "Wenn die Winkelsumme in irgendeinem Dreieck ungleich  2 R  ist, so gilt auch das Parallelenaxiom nicht", so ist das, was ich gesagt habe, "nicht mein psychischer Akt hypothetischen Voraussetzens, obschon ich ihn natürlich vollzogen haben muß, um wahrhaftig sprechen zu können, . . .  vielmehr ist,  während dieser subjektive Akt kund gegeben ist,  ein Objektives und Ideales zum Ausdruck gebracht, nämlich die Hypothese mit ihrem begrifflichen Gehalt,  die in mannigfachen möglichen Denkerlebnissen als dieselbe intentionale Einheit auftreten kann" (LU II, Seite 45, Sperrdruck L.S.) Wir haben es hier mit zwei ganz verschiedenen Momenten, dem reellen und, wie HUSSERL sich auszudrücken pflegt, dem ideellen zu tun. In Wirklichkeit sind in beiden Fällen vollkommen heterogene Charakterzüge vorhanden. Betrachten wir z. B. einen solchen arithmetischen Satz, wie  2 x 2 = 4.  Sofern wir unser Urteil, daß  2 x 2 = 4,  den betreffenden Erkenntnisakt im Augen haben, haben wir eine bestimmte Tatsache und zwar die psychische, die Realität, welche in der zeitlichen Beziehung bestimmt und kausal erzeugt ist, vor uns. Insofern wir aber zu seinem Inhalt oder zu einem gegeneben mathematischen Satz über gehen, leuchtet uns sofort ein, daß es widersinnig ist, ihm die Zeitlichkeit, die Kausalität, zuzuweisen. Als ein Unsinn muß eine solche Behauptung erstens darum erscheinen, weil der Satz  2 x 2 = 4,  wie jeder mathematische Ausdruck überhaupt, keine Beziehung zur Zeit hat (vgl. NATORP, Sozialpädagogik, 1899, Seite 18). Das Produkt von  2 x 2  ist  4  nicht in diesem Moment gleich und war ihm auch nicht gestern oder in irgendeiner bestimmten Spanne der Zeit oder einem Zeitpunkt gleich. Alles in der Zeit Existierende hört in einem bestimmten Moment auf. Aber die mathematischen Größen überhaupt beginnen nicht irgendwann zu existieren und indem sie eine Zeit existiert haben, gehen sie nicht im Nichtsein unter (5). Es gab keine Zeit, wo  2 x 2  nicht  4  wäre und dann auf einmal 4 geworden wäre, und es wird niemals eine solche Zeit geben. Es wäre auch unrichtig zu sagen, daß diese Gleichung "beständig", "in aller Zeit", "immer" existiert. "Der Satz gilt unterschiedslos zu jeder Zeit"; sagt NATORP (Sozialpädagogik, Seite 18), "darum braucht keine Zeitbestimmung in seinen allgemeinen Ausdruck aufgenommen zu werden." Mit demselben Recht könnte man dann sagen, daß sie "niemals" existiert, nämlich in dem Sinne, daß sie außerhalb der Sphäre dieser Bestimmungen "früher", "später", "immer", "niemals", oder exakter  unabhängig von ihnen, zeitlos  existiert. Der Inhalt des Satzes ist dem zeitlichen Moment vollkommen fremd, das drücken gerade die Philosophen durch das Wort "Ewigkeit" aus. "Diese Unabhängigkeit von aller Zeit", sagt LOTZE, (Logik, 1874, Seite 502), "in Vergleichung gebracht mit dem, was in der Zeit entsteht und vergeht, konnte nicht wohl anders, als durch das zeitliche und doch die Macht der Zeit negierende Prädikat der Ewigkeit ausgesprochen werden" (6). Es wäre ebenso sinnlos zu sagen, daß diese Relation der Gleichheit zwischen zwei Teilen dieses Ausdrucks durch etwas kausal erzeugt ist. Die Frage nach der  Ursache  der Gleichheit beider Teile des Satzes,  2 x 2  ist  4,  hat ebensoviel Sinn, wie die Frage, ob die  Madonna  von RAPHAEL schmeckt oder woraus die neunte Symphonie von BEETHOVEN verfertigt ist. Wir haben es darum überhaupt hier nicht mit irgendeiner Realität, mit etwas Existierendem, Wirklichem zu tun. "Der Satz ansich", lesen wir bei BOLZANO (WL I, Seite 78) ... ist nichts Existierendes." Die Sätze überhaupt "haben kein wirkliches Dasein, d. h. sie sind nichts solches, das in irgendeinem Ort oder zu irgendeiner Zeit oder auch sonst eine Art als etwas Wirkliches bestände" (WL I, Seite 112; WL II, § 196, Seite 328). BOLZANO beschränkt sich hier auf einen negativen Ausdruck und verneint in diesem Fall eine Existenz, eine Wirklichkeit. Wie es scheint, treffen wir zum ersten Mal den speziellen Terminus des positiven Charakters für denselben Gedanken bei LOTZE (Logik, Seite 500), welcher ganz unabhängig von BOLZANO (dessen Name bis auf die letzten Jahrzehnte ganz unbekannt in der Literatur war), zu ihm gekommen ist und mit der vollen Klarheit entwickelt hat. Die Dinge, sagt er, existieren, die Prozesse geschehen, "ein Satz aber ist weder, wie die Dinge, noch geschieht er wie die Ereignisse . . . seine Wirklichkeit besteht darin, daß er gilt" (Seite 500, 499, 504, 508, 509). Ebenso wie BOLZANO grenzt sich LOTZE sorgfältig von der psychologistischen Deutung seiner Gedanken ab. "Den Vorstellungen", sagt er, "sofern wir sie haben und fassen, gebührt die Wirklichkeit im Sinne eines Ereignisses, sie geschehen in uns, denn als Äußerungen einer vorstellenden Tätigkeit sind sie nie ein ruhendes Sein, sondern ein dauerndes Werden. Ihr Inhalt aber, sofern wir ihn abgesondert betrachten von der vorstellenden Tätigkeit, die wir auf ihn richten, geschieht dann nicht mehr, aber er ist auch nicht so wie die Dinge sind, sondern  er gilt nur noch  (Logik, Seite 500). Denselben Gegensatz will auch WINDELBAND in seiner Meditation betonen. "Ewig, zeitlos ist . . . dasjenige, was gilt ohne sein zu müssen" (Präludien 1903, Seite 393). (7) Von der Zeit und der Kausalität kann die Rede nur in Bezug auf unsere Erkenntnis, unsere Auffassungsakte sein, durch welche wir diesen Satz, daß  2 x 2 4  ist, erfassen. Ich habe ihn natürlich an irgendeinem bestimmten Zeitpunkt und infolge einer bestimmten Ursache z. B. der Mitteilung des Lehrers, erkannt. Ich erkannte das gestern, als ich Arithmetik getrieben habe und später hörte ich davon zu denken auf und die betreffenden Gedanken sind verschwunden, aber dieser mathematische Satz ist zugleich nicht untergegangen, ebenso wie er früher nicht entstanden war. "Die Zahlungsakte entstehen und vergehen, in Bezug auf die Zahlen ist von der gleichen Sinnfolge nicht zu sprechen (HUSSERL, LU I, Seite 171; RICKERT, Zwei Wege, Seite 197 und 199). Mein gegebenes Urteil und sein Inhalt, dieser mathematische Satz gehören offenbar in zwei ganz verschiedene Gebiete. "Zahlen, Summe und Produkte von Zahlen," sagt HUSSERL, "sind nicht die zufällig hier und dort vor sich gehenden Akte des Zählens, des Summierens und Multiplizierens usw. Selbstverständlich sind sie auch verschieden von den Vorstellungen, in denen sie jemals vorgestellt werden. Die Zahl "fünf" ist nicht meine oder irgendjemandes anderen Zählung der fünf, es ist auch nicht meine oder eines anderen Vorstellung der "fünf" (LU I, Seite 170). Die Zahl  12  ist eine Summe von  5  und  7,  aber meine Vorstellung von  12  ist keine Summe meiner Vorstellungen von  5  und  7. 5  ist das Resultat des Dividierens  45 : 9,  aber kein vernünftiger Mensch denkt, daß unsere Vorstellung von  5  ein Resultat des Dividierens unseres Gedankens von  45  durch denselben von  9  ist (HUSSERL, LU I, Seite 171f, 172, 184). Der Inhalt meines Urteils ist absolut unabhängig von meiner Bejahung dessen. Als ich noch nicht zu zählen vermochte galt dieser Satz schon, daß  2 x 2 4  ist. Es ist ein Irrtum, darauf hinzuweisen, daß, bevor ich das Zählen gelernt habe, diese Operationen schon von anderen ausgeführt wurden und daß sich darin gerade diese mathematischen Größen realisierten. Aber alle diese Tatsachen stehen zu diesem Satz ansich in keiner Beziehung. Er gilt unabhängig von allen solchen Tatsachen, unabhängig davon, ob irgendein bewußtes Wesen überhaupt von ihm etwas weiß (8). In der Zeit, als unsere Erde noch eine formlose halbflüssige Masse darstellte und viele Millionen Jahre nachher, bis endlich die menschliche Kultur diese verhältnismäßig hohe Stufe, wo die Keime der mathematischen Kenntnis auftauchen, erreicht hat, galt schon die von uns als Beispiel gebrauchte arithmetische Wahrheit. Und umgekehrt, nachdem unser Planet in den Zustand zurückkehren wird, aus welchem er entstanden ist, wo niemand mehr denken und erkennen wird, daß  2 x 2 = 4,  wird dieser Satz, indem er sorglos eine Reihe von Jahrtausenden hindurchgeht, gleichgültig den Zeitwechsel schauen, einen Sinn haben, "gelten". "Ein schwieriger Satz der Zahlentheorie", sagt WINDELBAND, "ist wahr gewesen, längst ehe ihn ein Mathematiker gedacht oder bewiesen hat" (Der Wille zur Wahrheit, 1909, Seite 25). Diese Tatsache seiner Geltung vor der Zeit der Entstehung der mathematischen Wissenschaft, ebenso wie nach dem "Ende aller Dinge", bedeutet nicht, daß "wenn die Menschen zu zählen früher lernen würden, als das wirklich geschah", oder "wenn unsere Welt wieder neu entstehen würde und wieder Wesen, welche zu zählen vermögen, entstehen würden", so würde  2 x 2  wieder gleich  4  sein. Alle diese Umstände sind für den Satz als solchen unwesentlich. "Auch als wir ihn nicht dachten, galt er und wird gelten, abgetrennt von allem Seienden, von den Dingen sowohl als von uns und gleichviel ob er je in der Wirklichkeit . . . des Gedachtwerdens zum Gegenstand einer Erkenntniswird" (LOTZE, Logik, Seite 305). Daß unsere Vorstellungen von den mathematischen Elementen mit den letzteren nicht zusammenfallen, ist auch daraus einleuchtend, daß die verschiedenen Operationen, welche auf sie anwendbar sind, in keiner Beziehung zu den ersteren stehen. Die Brüche lassen sich kürzen, die Zahlen überhaupt werden multipliziert, zum Quadrat, zur dritten Potenz erhoben, aber von solchen Operationen in Bezug auf die entsprechenden Vorstellungen zu sprechen, heißt einen offenbaren Unsinn meinen. Wir haben die Gedanken vom Kreis und dem Quadrat, aber diese Gedanken sind nicht kreisförmig oder quadratisch . . . Wir kennen unendlich große und unendlich kleine Größen, aber solche sind nicht unsere Gedanken von ihnen (9). Unsere Erkenntnisakte als psychische Erscheinungen können vielfach entstehen und bald in der einen, bald in der anderen Form ausgedrückt werden. Wenn ich meine, daß  2 x 2 = 4,  so erscheinen in meinem Bewußtsein die entsprechenden Gesichtsgestalten der betreffenden Zeichen, oder Gehörsgestalten der entsprechenden Wörter: zwei, vier usw. (die Physiologie unterscheidet hier wie bekannt verschiedene Typen). Es entstehen verschiedene assoziative Gebilde, z. B. von zwei Augen, oder Händen, davon, daß ich dieses Beispiel schon oft erwähnt habe usw. Aber alle diese Umstände, die mit diesem Denkakt unzertrennbar verbunden sind und die ihn als eine Gesamtheit bilden, sind zufällig und verschiedenartig den Personen und ihren Lebensbedingungen gemäß. Doch ist der Sinn, welcher hier ausgedrückt ist, etwas streng Identisches über der Verschiedenheit der Urteilsgelegenheiten stehendes. "Was beispielsweise der Aussagesatz  π ist eine transzendente Zahl  besagt, was wir lesend darunter verstehen und sprechend damit meinen, ist nicht ein individueller, nur allzeit wiederkehrender Zug unseres Denkerlebnisses. Von Fall zu Fall ist dieser Zug immerhin ein individuell anderer, während der Sinn des Aussagesatzes identisch sein soll . . . gegenüber dieser unbegrenzten Mannigfaltigkeit individueller Erlebnisse ist das,  was in ihnen ausgedrückt  ist, überall ein Identisches. Es ist  dasselbe  im strengsten Sinn des Wortes" (HUSSERL, LU II, Seite 99, auch 6, 43, 47, 93 - 96, 100f; LU I, Seite 175). Tausende von menschen, sagt RICKERT, haben das Gesetz NEWTONs gedacht. Ihre Denkarten waren immer verschieden, der "Gedanke" aber blieb doch immer derselbe (Zwei Wege, a. a. O., Seite 196). Der Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit steht hier eine strengste Identität, Einzelheit und Mannigfaltigkeit gegenüber. Niemand wird wagen, von den vielen Binomen NEWTONs, elften Axiomen oder Kritiken der reinen Vernunft zu sprechen.

Die Heterogenität [Verschiedenheit - wp] dieser beiden Gebiete kann man außerordentlich präzise in dem folgenden Punkt aufweisen. Ein Schluß ist, wie man weiß, eine solche Kombination von zwei Sätzen, daß bei ihrer gleichzeitigen Geltung aus ihnen mit absoluter Notwendigkeit ein dritter Satz, oder die sogenannte Konsequenz, vorliegt oder sich ergibt. Die Beziehung dieser letzteren zu den ersteren, die sogenannte logische Notwendigkeit ist offenbar absolut der kausalen, mit welcher ein Stein zu Boden fällt, heterogen. Aber einen Gegensatz für sie finden wir viel näher. Im Prozeß des Erkennens wenden wir die Schlüsse an, wir schließen. Aber deckt sich unser Akt des Schließens, wenn auch an einem Punkt, mit dem "Schluß ansich", um mit BOLZANO zu sprechen? Offenbar nicht. Er besteht aus drei Urteilsakten, welche nacheinander in der Zeit folgen und von welchen ein jeder seine Ursache hat. Der Akt des Schlusses kann hier im engen Zusammenhang mit den Akten der Prämisse stehen, kann von ihnen kausal bedingt und erzeugt werden, wenn wir z. B. einen uns sehr bekannten und gewohnten Schluß wiederholen. Wenn wir denken oder aussprechen: "Alle Menschen sind sterblich", "Cajus ist ein Mensch", so wird infolge einer fest eingewurzelten Assoziation der Schluß: "also ist er sterblich", jedesmal unvermeidlich ausgesprochen, oder erscheint in unserem Bewußtsein (ein ausgesprochener eventuell gedachter Satz). Es findet hier zweifellos zwischen den Akten der Prämissen und dem Akt des Schlusses ein kausaler, realer Zusammenhang statt. Aber er kann auch nicht vorhanden sein. Es ist überhaupt sehr schwierig die Kette der Gedanken, welche unser Bewußtsein beim Übergang von der zweiten Prämisse zum Schluß durchgeht, zu verfolgen. Es geht diesem letzteren nicht selten unmittelbar irgendein Erlebnis voraus, welches zu gegebenen Syllogismus überhaupt in keiner Beziehung steht und welches nur zufällig und assoziativ mit einer von den Prämissen und dem Schluß verbunden ist. Das findet am häufigsten statt, wenn der Syllogismus in ein uns wenig bekanntes Gebiet gehört, oder wenn ziemlich komplizierte Sätze als Prämissen erscheinen. In solchen Fällen gibt es offenbar keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen verschiedenen Teilen des Schlusses. Es kommt manchmal vor, daß der Schluß gar nicht von uns aufgefunden wird. "Wir können" in diesem Fall "den Syllogismus nicht bilden". Oder umgekehrt, "ich kann sehr wohl die Vordersätze denken, ohne daß sich die Folgerungen in meinem Denken tatsächlich daran knüpfen" (NATORP, Sozialpädagogik, Seite 21). Das alles ist zweifellos, aber ebenso zweifellos ist, daß all diese Erscheinungen von ganz anderer Ordnung als der "Satz ansich" sind. Zwischen den Akten der Prämissen und demselben des Schlusses ist also ein kausaler Zusammenhang möglich; aber es ist auch ein Fehlen eines unmittelbaren Übergangs vom ersteren zum letzteren möglich. Was aber die Prämissen und den Schluß anbelangt, so kann natürlich von der kausalen Beziehung hier überhaupt keine Rede sein, der Zusammenhang aber muß unbedingt da sein und es liegt hier ein engster und unmittelbarster Zusammenhang der notwendigen Folge vor (siehe HUSSERL, LU II, Seite 94). Im ersteren Fall kann überhaupt kein Schluß vorhanden sein, im letzteren liegt er unbedingt auf der Hand. Jedenfalls ist die Beziehung zwischen den Teilen des gedachten Schlusses eine zeitliche, zwischen denselben des "Schlusses ansich" ist sie eine unzeitliche, überzeitliche, "ewige" im oben erwähnten Sinne. Die Prämissen sind nicht  vor  dem Schluß und er ist nicht  nach  ihnen. Sie erzeugen ihn nicht kausal, sondern sie begründen ihn. Hier haben wir eine vollkommen eigentümliche, logische, begriffliche Beziehung der Folge. Im Gegensatz zum vollendeten Akt des Schlusses einer psychischen Erscheinung, die immer in der Zeit vonstatten geht, ist der "Schluß ansich" etwas ebenswenig Zeitliches und Psychisches, als Physisches, Räumliches, Gefärbtes, Schallendes, usw. (HUSSERL, LU I, Seite 75). Das ist ein ausschließlich ideelles, geltendes Moment. Darum ist es eine vollkommene Entstellung des Begriffs des logischen Zusammenhangs, wenn HEYMANS sagt: "Der Schlußprozeß beruth auf der Tatsache, daß sich aus der Gewißheit eines Urteils mit psychologischer Notwendigkeit die Gewißheit anderer Urteile ergibt" (Gesetze und Elemente usw., Seite 59).

Dieselben parallelen Reihen: die zeitliche Reihe der psychischen Erlebnisse und eine unzeitliche Reihe der geltenden Momente können wir auch verfolgen, indem wir dieselbe logische Beziehung des Allgemeinen zum Besonderen, auf der die ganze Syllogistik beruth, betrachten. Der allgemeine Begriff, wie bekannt, daß, wenn ich vom Menschen überhaupt denke, in meinem Bewußtsein die Vorstellungen jedes einzelnen Menschen nicht gegenwärtig sind, sondern wie die Forschungen von BERKELEY und HUME (10) zeigen, nur eine Reihe der assoziativ verbundenen Gebilde der verschiedenen Menschen, die ich zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten gesehen habe, entsteht. Also es treten wieder zwei absolut heterogene Prozesse vor uns auf: eine gleichzeitige oder, richtiger, unzeitliche Koexistenz einer unendlich großen Masse von einzelnen Vorstellungen einerseits und ein sukzessives kausals bedingtes Erscheinen einer begrenzten Zahl der Denkerscheinungen andererseits (11). Dieser von uns erörterte Punkt von der Beziehung des logischen Begriffs oder der Vorstellung überhaupt zum entsprechenden Denkakt ist auch ausführlich und präzise im Werk von BOLZANO ausgearbeitet. Im allgemeinen wird hier die Argumentation in eine Parallele zu derselben in Bezug auf den "Satz ansich" gebracht. Neben dem "gedachten" und dem "ausgesprochenen" Satz unterscheidet er auch dieselben Vorstellungen. "So oft wir nämlich irgendetwas sehen, hören, fühlen oder durch etwas immer für einen äußeren Sinn wahrnehmen: so oft wir uns auch nur etwas einbilden oder denken, - ohne doch über dies alles zu urteilen, und etwas davon zu behaupten: so läßt sich allemal sagen, daß wir uns etwas vorstellen" (LU I, Seite 217). Sehe ich z. B. eine Rose und rieche ich den Duft, so habe ich die "Vorstellungen in einem subjektiven Sinn". Ihr Vorhandensein setzt gewiß immer ein Subjekt voraus und ist eine Erscheinung "im Gemüt eines geistigen Wesens" (WL III, Seite 6, 217; auch 9, 13 - 17) und darum nennt ihn BOLZANO "eine Vorstellung im subjektiven Sinne", als etwas, "zu jeder subjektiven Vorstellung Gehöriges . . ., worunter ich, sagt er, ein nicht im Reich der Wirklichkeit stehendes Etwas verstehe, welches den nächsten und unmittelbaren Stoff der subjektiven Vorstellungen ausmacht. Diese objektive Vorstellung bedarf keines Subjekts, von dem sie vorgestellt wird, sondern besteht - zwar nicht als etwas Seiendes, aber doch als ein gewisses Etwas, auch wenn kein einziges denkendes Wesen es auffassen sollte" (WL I, Seite 217). Die Beziehung dieser Vorstellung ansich zu einer Vorstellung in einem subjektiven Sinn definiert BOLZANO als eine Rolle "des Stoffes" (12); die erste liegt der zweiten "zugrunde" (WL I, Seite 219), "gehört ihr zu" (13), ihr "entspricht" (WL I, Seite 245, WL III, 9) und umgekehrt ist diese letztere eine "Erscheinung" der ersteren "im Gemüt" (WL III, 9 - 17). Wie "der Satz ansich", so ist auch die "Vorstellung ansich" bei BOLZANO etwas nicht Existierendes (14), und nicht Wirkliches (WL I, Seite 238). Im Gegensatz zu den vielen ihr entsprechenden Vorstellungen im subjektiven Sinn ist jede Vorstellung im objektiven Sinn absolut einzig. Mit der Vermehrung der ersteren vermehren sich die letzteren nicht (WL I, Seite 218), die ersteren und die letzteren sind total verschieden (WL III, Seite 17). Ihre allgemeine Erkenntnisrolle besteht darin, daß sie Elemente des "Satzes ansich" sind (15). Derselbe Gedanke vom Vorstellungsinhalt wird, wie es oben gezeigt war, von HUSSERL verteidigt (16). Zum erstenmal treffen wir dieselbe Gegenüberstellung des empirischen Prozesses des Vorstellens und seinen Inhalt bei den Stoikern, bei denen dieser letztere unter dem Namen  to lekton  hervortritt. In neuerer Zeit war derselbe Gedanke von HERBART sehr präzise ausgedrückt. "Unsere sämtlichen Gedanken lassen sich von zwei Seiten betrachten, teil als Tätigkeiten unseres Geistes, teils im Hinblick darauf, was durch sie gedacht wird." In diesem letzteren Fall haben wir es nur mit "den Begriffen zu tun", welches Wort, indem es das Begreifen bezeichnet, zu abstrahieren gebietet von der Art und Weise, wie wir den Gedanken empfangen, produzieren oder reproduzieren mögen." (17)

Auf diese Weise hat sich uns in der ganzen Reihe von Punkten neben den unseren psychischen Akten der Erkenntnis noch etwas von ihnen vollkommen Unterschiedenes offenbart, was wir ihren "Inhalt", "Sinn" genannt haben. Der Sinn ist, sagt RICKERT, in der Tat eine "andere" Welt, als die empirische Wirklichkeit (Zwei Wege, KS 14, Seite 202). Der vorige Gegensatz des Psychischen und des Physischen, welcher bis jetzt das ganze Gebiet des Seins, des Existierenden erschöpfte, hört jetzt auf diese Rolle zu spielen und parallel mit ihm ergab sich ein neuer, ebenso scharf ausgesprochener Gegensatz. Der Bereich des Seins ist durchbrochen, der Horizont unseres Gesichtsfeldes hat sich erweitert und nahm in sich ein neues, umfangreiches Gebiet, des Nichtseins, des Unwirklichen, des Unexistierenden, sondern nur Geltenden, auf. Das letztere ist ebenso ursprünglich und kann auf nichts zurückgeführt werden, wie die beiden ersteren (LOTZE, Logik, Seite 500). Aber insofern dieses Geltende doch nicht als ein Nichts erscheint und insofern man alles, was diesem letzteren gegenübersteht, für "das Sein" halten darf, haben wir die Möglichkeit, das  reale Sein,  worunter alles Physische und Psychische fällt, und das  ideale Sein,  oder das Gebiet des "Sinnes" zu unterscheiden. Wir finden hier gar nichts, was uns auch ein wenig an das Reelle erinnern würde. Trefflich ist das Geltende das "astrale" Gebilde genannt worden. Das Physische, das Psychische, das Geltende, das sind also die höchsten drei Kategorien, welche jetzt vor uns stehen.

Es ist interessant hier auf eine gewisse Analogie im historischen Schicksal dieser beiden letzteren Begriffe hinzuweisen. Es ist bekannt, wie schwer der Kampf des Begriffs des Psychischen um sein Recht auf das Dasein war, mit welcher Mühe er sich aus den zähen Banden des Physischen, oder des Physiologischen, in welchem er sich bis jetzt befunden hatte, befreite. Denselben Kelch hatte auch der Begriff des Geltenden zu leeren, um seine Selbständigkeit und Unabhängigkeit vom Psychischen zu beweisen. Es schien immer zu "wunderbar" (LOTZE, Logik, Seite 507f), was die richtige Auffassung seines Wesens fortwährend störte. Der moderne Psychologismus stellt in dieser Beziehung eine vollkommene Analogie mit dem alten Materialismus dar. Ebenso wie der Materialist auf alle Einwände, daß der Gedanke keine Stoffbewegung im Gehirn oder in einem anderen Teil des Leibes ist: fragte: "was ist dann ihr Psychisches, wo befindet es sich, wenn nicht in unseren Köpfen", und sich dasselbe als eine Art des verdünnten Stoffes oder des Dampfes vorstellte, scheint auch dem Psychologisten, daß außerhalb seiner psychischen Zustände, welche "hier und jetzt" stattfinden, überhaupt nichts existiert. Von irgendeinem "unpsychischen" Sinn zu sprechen ist seiner Meinung nach derselbe  Wahn,  dieselbe Mythologie, wie für einen Materialisten alle Gespräche über die "unphysischen" Zustände unseres Bewußtseins. Wie es für diesen letzteren nichts Unräumliches gibt, so gibt es auch für den ersteren nichts Ungeistiges oder Unseelisches. Wie der Materialist was nicht "antasten" kann, nicht anerkennen will, ebenso git der Psychologist nur das, was "erlebt" wird, d. h. die Vorstellungen, die Empfindungen usw. zu. Und wer auf sich die undankbare Aufgabe mit dem Psychologisten zu streiten auf sich nimmt, befindet sich in einer ebenso schwierigen Lage wie der Gegner des Materialisten. Es ist ebenso unmöglich, zu beweisen", daß der Inhalt des Urteils und der Akt desselben zwei verschiedene Dinge sind, wie es unmöglich ist, "zu beweisen", daß z. B. das Gefühl des Zorns kein physischer Zustand in den Nerven des Menschen ist. Man muß das "einsehen", um das zugeben zu können. Auf alle seine Argumente bekommt der Verteidiger des Geltenden unvermeidlich dieselbe Antwort: "Aber Sie behaupten doch das alles selbst, das sind nur  Ihre  subjektiven Erlebnisse. Und der Begrif des Geltenden, insofern Sie ihn kennen, ist Ihnen nur in Ihren Vorstellungen gegeben." Die ganze Schwierigkeit besteht im Unterscheiden der Tatsache meines Aussprechens und des Inhaltes, des Sinnes desselben. Das Verdienst der oben zitierten Vertreter der modernen Philosophie besteht in der Verdeutlichung des absoluten Gegensatzes zwischen zwei gegebenen Sphären: den Erkenntnisakten als den psychischen Erlebnissen und dem Reich der überempirischen ideellen Gebilde. Im Resultat ihrer Untersuchungen können wir folgende Reihen der Gegensätze, die den Unterschied dieser Sphären charakterisieren, aufstellen:

Zeitlichkeit
Entstehbarkeit
Vergänglichkeit
Veränderlichkeit
Ursächlichkeit
Vielheit
Subjektivität
Realität
Existenz
Unzeitlichkeit (Ewigkeit)
Unentstehbarkeit
Unvergänglichkeit
Identität
Unursächlichkeit
Einzigkeit
Objektivität
Idealität
Gelten

§ 2.  Das Geltende und die Gesetze der Logik.  Aber außer dieser von uns erörterten derberen Form des Psychologismus, welche das Geltende ganz einfach mit den psychischen Zuständen identifiziert, kann man noch auf eine andere gemäßigtere Form, welche einige Arten des Geltenden als Gesetze unserer Psychik versteht, als Äußerungen unserer geistigen Organisation auffaßt (ohne sogar den Ausdruck im Sinne der alten Metaphysik aufzustellen) hinweisen. Das gilt zunächst von den logischen Gesetzen oder "Gesetzen des Denkens". Der Irrtum dieser Art ist sehr verbreitet in der gegenwärtigen Literatur. Die Bemerkung von HUSSERL, daß die Versuchung zur psychologischen Auffassung an diesem Punkt sehr groß ist, ist vollkommen richtig (LU 1, Seite 102). Eine Reihe von bekannten Namen kann als Beispiel der wirklichen Vermengung solcher Art und zunächst der klassische Vertreter des gegenwärtigen Psychologismus, HEYMANS', dienen. "Die Grundgesetze des Denken," lesen wir bei ihm, "können demnach nur in der Weise ermittelt werden, daß man dieselben aus den tatsächlich vorkommenden Denkerscheinungen abstrahiert" (Gesetze und Elemente usw. Seite 52). Entdeckt werden sie in solcher Weise durch die innere Erfahrung und unterscheiden sich folglich von den Gesetzen der Psychologie nicht. Und wirklich weist HEYMANS an einer anderen Stelle darauf hin, daß "sie sich sämtlich auf zwei fundamentale nicht weiter reduzierbar und keine Ausnahme erleidende  psychologische Gesetze  zurückführen lassen" (Sperrdruck L. S.): Gesetz des Widerspruchs und des ausgeschlossenen Dritten (Seite 62). Die tatsächlich gegebene Organisation des menschlichen Denkens findet in denselben ihren allgemeinsten und erschöpfenden Ausdruck (Seite 64). Der Satz des Widerspruchs und des ausgeschlossenen Dritten sind "Tatsachengesetze", nach welchen die reellen Prozesse unseres Denkens vonstatten gehen (Seite 64, 65, 70). Ihr Charakteristikum ist "das Gefühl des Nichtandersseinkönnens" (Seite 93). Von unserer Denkorganisation spricht aus demselben Anlaß auch ein anderer Vertreter der psychologistischen Richtung, auf welchen wir tiefer zu sprechen kommen werden und welcher dieselbe sogar in den Mittelpunkt seiner erkenntnistheoretischen Ansichten gestellt hat, F. A. LANGE. Die Wahrheiten der Logik, lesen wir bei ihm, "sind die Grundlage unserer intellektuellen Organisation" (Logische Studien, 1894, Seite 130). Im einzelnen in Bezug auf den Satz des Widerspruchs sagt er, daß  "dieses psychologische Gesetz  unmittelbar durch unsere Organisation gegeben ist und vor aller Erfahrung als Bedingung aller Erfahrung wird" (Seite 28). MILLs Ansicht nach ist es nichts anderes als "eine Äußerung der Unmöglichkeit für uns an die widerspruchsvollen Urteile zu glauben" (18). SIGWART charakterisiert vielfach das Gesetz des Widerspruchs als ein  natürliches  Gesetz unseres Denkens (19). Bei OTTO LIEBMANN lesen wir: "der Satz des Widerspruchs ist zunächst  ein psychologisches Naturgesetz  ... Er spricht die ganz generelle Tatsache aus, daß uns ein und denselben Urteilsinhalt zu bejahen und doch auch zu verneinen faktisch unmöglich ist" (Gedanken und Tatsachen, Bd. 1, 1882, Seite 25). WUNDT charakterisiert es als ein "Grundgesetz der Abhängigkeit unserer Denkakte voneinander" (Logik I, 1906, Seite 573f. Dieselbe Ansicht teilen HARTMANN, ERDMANN und LIPPS (20). Als ein allgemeiner Zug, welcher durch alle diese Definitionen der logischen Gesetze geht, erscheint die Auffassung derselben als der Gesetze, welche den Gang unseres psychischen Lebens regulieren, das Nicht-anders-denken- eventuell -glauben-können ausdrücken. Die logische Notwendigkeit ist also eine psychologische oder psychische.

Doch erscheint in doppelter Hinsicht eine solche Ansicht als unstichhaltig. Es ist zuerst vom rein psychologischen Standpunkt aus unrichtig zu behaupten, als ob die Verletzung der logischen Gesetze tatsächlich für uns unmöglich ist. Im Gegensatz zu den oben angegebenen zahlreichen Behauptungen, daß z. B. der Satz vom Widerspruch für unser Denken eine zwingende Bedeutung hat, ist zweifellos, daß der Widerspruch ganz leicht für uns realisiert werden kann. Wir können uns z. B. den Begriff des runden Quadrats, des nicht runden Kreises der unexistierenden Existenz denken. Im Streit mit dem Relativisten zwingen wir ihn zum sinnlosen und widerspruchsvollen Schluß: "Ich behaupte, daß man nichts behaupten kann (BOLZANO, WL 1, § 40, FICHTE, Sämtliche Werke I, Seite 120, Anm., WINDELBAND, Präludien, Seite 305f, RICKERT, Gegenstand der Erkenntnis, Seite 132f) und begreifen denselben. Ja, es wäre sonst überhaupt durch keine Argumente zu erklären möglich, worin der Widerspruch besteht. Es ergibt sich auf diese Weise für unser Denken des Widerspruchs als möglich (21). Was den Glauben an ihn anbelangt, so glaubte und glaubt jetzt ein ganzes Drittel der Menschheit an ein Ding, das offenbar den Satz des Widerspruchs verletzt: nälich an den dreieinigen Gott (Credo quia absurdum [Ich glaube, weil es absurd ist. - wp]). Dasselbe gilt auch vom Gesetz der Identität und des ausgeschlossenen Dritten. Wir können denken, daß das Ding nicht das ist, was es ist oder, daß aus zwei kontradiktorischen Urteilen kein einziges wahr oder falsch ist. Mit anderen Worten, haben alle sogenannten Gesetze des Denkens überhaupt keine zwingende Bedeutung für unser denken und spielen gar nicht die Rolle der natürlichen, d. h. unvermeidlichen Funktionsarten und folglich können hier weder das Nichtandersdenken noch -glaubenkönnen einen Platz haben. Würde das Gesetz des Widerspruchs, sagt CASSIRER (Erkenntnisproblem II, Seite 455) zu zeigen beanspruchen, wie der Prozeß unserer Denktätigkeit sich vollzieht, "was in unserem tatsächlichen Denken vor sich geht, falls er lediglich ein empirisches Naturgesetz des wirklichen Denkgeschehens sein wollte, so wäre er offenbar ungenau. Daß irgendein einzelnes Subjekt sachlich unvereinbare Bestimmungen dennoch in seinen Gedanken vereint, dies ist nicht nur nicht unmöglich, sondern durch die alltägliche Erfahrung bewiesen". Ebenso sagt NATORP, daß die logischen Gesetze nichts davon sagen, wie man denken muß (Sozialpädagogik, Seite 20). Tatsächlich überzeugen wir uns leider beständig, daß die Menschen keineswegs so logisch sind, wie man es erwarten müßte, wenn die Grundprinzipien der Logik ihre Denkregeln wären.

Aber auch außer dem erheben die logischen Gesetze überhaupt keinen Anspruch auf die Rolle, welche man ihnen so oft zuschreibt. Ihrem Inhalt nach sagen sie gar nichts von unseren Erkenntnisakten, von den Prozessen des Denkens, weder als Naturgesetze, welche den Tatsachenzustand auf diesem Gebiet beschreiben, noch als Vorschriften dafür, als Normen. "Der Inhalt eines logischen Satzes ist nicht, daß unter solchen und solchen Bedingunen Gedanken sich so unter anderen anders verbinden." (22) Nehmen wir als Beispiel das Gesetz des Widerspruchs, oder, wie es richtiger HAMILTON nannte, Gesetz der Anwesenheit des Widerspruchs (des Nicht-Widerspruchs oder der Non-Repugnantio) (23). Was besagt es? Daß zwei kontradiktorische Sätze nicht zugleich wahr sein können. Weder ist hier die Rede von der Tatsache meines Glaubes oder meiner Überzeugung von dieser Regel, noch von irgendwelchen Umständen oder Bedingungen der Möglichkeit ihrer Erscheinung in meiner Psychik. "Es spricht," sagt HUSSERL, "eben nicht von einem Kampf kontradiktorischer Urteile dieser zeitlichen real so und so bestimmten Akte, sondern von der gesetzlichen Unterträglichkeit unzeitlicher idealer Einheiten, die wir kontradiktorische Sätze nennen" (LU I, Seite 97, vgl. 83f, 176f). "Die Frage", sagt CASSIRER, "lautet hier jedoch nicht, ob kontradiktorische Merkmale an der subjektiven Vorstellung zusammengenommen werden können,  sondern ob sie objektiv zusammengehören.  Sie betrifft nicht den Akt, sondern lediglich den Inhalt des Denkens, nicht den psychologischen Vollzug der Vorstellungen, sondern lediglich die Bedeutung, die sie als Prädikate eines Urteils besitzen" (Erkenntnisproblem II, 1907, Seite 455). Es gibt hier z. B. gar nichts dem Satz der Psychologie ähnliches, daß wir keine motorische Vorstellung apperzipieren können, ohne sie tatsächlich verwirklicht zu haben, wenn auch das letztere Moment sich nur in der Innervation [Nervenimpulse - wp]) der entsprechenden Muskeln äußeren würde. Wir finden hier absolut nichts an jenes Resultat der experimentellen Psychologie Erinnerndes, welche sich auf den Umfang des Bewußtseins bezieht: nämlich, daß wir zu gleicher Zeit nicht mehr als sechs einzigartige und einfachste Eindrücke wahrnehmen können. Ihrem Inhalt nach bleiben die logischen Grundprinzipien ausschließlich in der Sphäre der Sätze, als bestimmter geltender Momente. Sie drücken die Beziehungen von Elementen dieser letzteren aus und haben keinen Zusammenhang mit den Zuständen unseres Bewußtseins, als psychischen Prozeß. "Selbst wo in ihnen von Urteilen die Rede ist, meinen sie nicht das, was psychische Gesetze mit diesem Wort treffen wollen, nämlich Urteile als reale Erlebnisse, sondern sie meinen Urteil im Sinne von Aussagebedeutungen in specie, die identisch sind, ob sie in wirklichen Akten des Aussagens zugrunde liegen oder nicht." (24) Nach dem, was wir oben von der Verschiedenartigkeit dieser beiden Gebiete gesagt haben, die irrtümliche Einsicht, als ob die Gesetze der Logik Naturgesetze unseres geistigen Lebens seien, bedarf einer weiteren Widerlegung nicht; die Sätze vom Geltenden können nicht Sätze vom Existierenden sein.

Zugleich ist es nicht schwer, sich davon zu überzeugen, daß wir es hier nicht mit einem System einer gewissen Gesetzgebung für unser Denken zu tun haben. Die Gesetze der Logik sind ihrem Inhalt nach oder als solche keine Normen für dasselbe. Das Gesetz des ausgeschlossenen Dritten lautet dahin, daß das Prädikat eines jeden Satzes in Bezug auf sein Subjekt entweder bejaht oder verneint werden und in keiner anderen Beziehung stehen kann. Aber von einer Forderung oder einer Vorschrift für unseren Verstand kann hier keine Rede sein. Dieser letztere wird hier gar nicht erwähnt und sein Begriff wird überhaupt in diesem Fall nicht vorausgesetzt. Der Satz des Widerspruchs sagt nicht, daß jeder Urteilende kein Widerspruch enthaltendes Urteil bilden soll; er behauptet, daß ein solches Urteil als solches falsch ist. Es wird hier keine Verpflichtung auferlegt und darum wird hier ein Verpflichteter nicht vorausgesetzt. Weder ein imperatives noch ein gestattendes Moment, welches ein wesentliches Merkmal der rechtlichen und sittlichen Normen ist, ist weder positiv noch negativ, weder entwickelt noch latent, hier zu finden. "Die logischen Gesetze an und für sich betrachtet sind keineswegs normative Sätze in dem Sinne von Vorschriften, d. h. Sätzen, zu deren Inhalt es gehört aufzuzeigen, wie geurteilt werden soll." (25) Ihrer Natur nach sind sie rein theoretische Sätze, welche vom Sinn der Sätze überhaupt handeln und es ist unmöglich auch eine geringste Spur der Vorschriften in ihnen zu finden. "Die logischen Gesetze sagen ... ebensowenig wie man tatsächlich unter diesen oder jenen Umständen denkt als wie man denken soll" (26); sie sagen nur was in einem gegebenen Gebiet ist aus (die kontradiktorischen Urteile schließen einander aus, jeder Satz ist entweder eine Behauptung oder Verneinung, jede gegebene Wahrheit ist das, was sie ist) und erheben nicht den Anspruch auf das Sollende hinzuweisen. In dieser Beziehung sind sie vollkommen den Naturgesetzen ähnlich. Man kann sie gewiß so formulieren, um ihnen den Charakter des Sollens zu verleihen (z. B. das Urteil soll keinen Widerspruch enthalten), aber in ganz analoger Weise ist nicht die Möglichkeit zu sagen ausgeschlossen, daß der Stein mit gewisser Geschwindigkeit fallen, daß Wasser bei Frost einfrieren soll usw. Offenbar ist in solchen Fällen nur von den äußeren Seiten der Sache, aber nicht vom inneren Inhalt die Rede.

Doch involviert der Gedanke von der Normierung als Funktion der logischen Sätze in sich einen Kern der Wahrheit. Jeder rein theoretische Satz, der ansich keine praktischen Ziele verfolgt und ganz außerhalb derselben steht,  kann  nichtsdestoweniger  eine solche Anwendung haben.  Die Gesetze der Physik und der Chemie werden zu den Mitteln zur Erlangung dieser oder jener Resultate, z. B. beim Aufbau der Häuser, und ergeben sich insofern wirklich als Normen für den Baumeister. Für den letzteren treten sie in der Rolle der hypothetischen Imperative, als ob sie sagen möchten: wenn du gute Fenster und Türen haben willst, sollst du dieses oder jenes Holz verwenden (vgl. HUSSERL, LU 1, Seite 155, 159). Ganz ähnlich können auch die Grundprinzipien der Logik zum Nutzen des räsonnierenden Individuums dienen und ergeben sich in solchen Fällen als ein System der über demselben stehenden Gesetzgebung, die ihn aufzwingt, sich dem Satz des Widerspruchs, zureichenden Grundes usw. zu unterwerfen. Insofern sieht er sich vor ein Dilemma gestellt: entweder auf die Hoffnung, eine richtige Ansicht auf die Dinge zu erreichen zu verzichten, oder sich der gebietenden Norm zu unterwerfen: wenn du die Wahrheit willst, sollst du jeden widerspruchsvollen oder nicht genügend begründeten Satz für unrichtig halten; du sollst jeden Schluß, welcher den terminus medius in einer Prämisse nicht in demselben Sinne wie in der anderen gebraucht, als einen falschen ablehnen; mit anderen Worten, du sollst jede Verletzung des Gesetzes der Identität usw. für eine Unwahrheit halten. Die logischen Gesetze ansich sind nicht Normen, sondern dienen nur als solche (27). Inwiefern eine solche Auffassung der Prinzipien der Logik ihr  raison d'etre  hat, insofern kann die Argumentation, die in der "Kritischen und genetischen Methode" entwickelt, ihre volle Bedeutung beibehalten (WINDELBAND, Präludien), aber der name und die Rolle der Normen, die in solchen Fällen den Prinzipien der Logik zugeschrieben werden, erscheinen als ihre abgeleiteten, ihnen nicht wesentlichen Merkmale. Sie haben ihren Platz nur von einem methodologischen oder erkenntnistheoretischen, im eigentlichen Sinn des Wortes, Standpunkte aus.  Nur für uns oder für ein erkennendes Subjekt überhaupt  sind die logischen Sätze Normen oder mit anderen Worten, spielen sie die Rolle von solchen. Inwiefern sie aber unabhängig von uns als Gesetze des Reiches des Sinnes, oder vom wahrheitstheoretischen Standpunkt aus, betrachtet werden, sind sie keine Normen, sondern nur rein theoretische Sätze (28). Jede, sogar mittelbare Abhängigkeit und Beziehung zur Psychik, zu mir als einem Erkennenden, ist hier vollkommen ausgeschlossen. Sie sind allein Gesetze der Sätze, der Sphäre des Geltenden.

§ 3.  Das Geltende und die Gesetze der Erkenntnistheorie.  Den Gesetzen der Logik analog ist eine solche psychologische Deutung auch oft auf die Grundprinzipien der Erkenntnistheorie, auf den Raum, der Zeit, die Kausalität erweitert worden. Dieselbe fand im großen Maßstab bei der Interpretation der Transzendentalphilosophie KANTs ihre Anwendung. Alle Sätze derselben wurden durchgängig im Sinne es derben Antropologismus ausgelegt. Wenn wir das weit hinter uns liegende Zeitalter, in der diese Tendenz FRIES und BENEKE durchzuführen gesucht hätten, beiseite lassen, so kann man in der letzten Zeit auf den Verfasser der bekannten "Geschichte des Materialismus" hinweisen, der in dieser Beziehung einen entscheidenden Einfluß auf die Zeitgenossen und Nachkommen ausgeübt und welcher die kantische Apriorität im Sinne der subjektiven, potentiellen Fähigkeit unseres Geistes aufgefaßt hat und demgemäß die Begriffe des Raumes, der Zeit und der Kausalität ganz offen als "Formen, welche das menschliche Gemüt den Gegenständen der Erfahrung verleiht" (Geschichte des Materialismus, 7. Auflage, Seite 34), deren besondere Gestalt aus der "Anlage unseres Geistes" entsteht und die in unserer "psychophysischen Organisation" oder "Einrichtung" wurzeln (Seite 36, 37, 45) genannt hat. Dasselbe finden wir auch bei einem anderen, älteren von den modernen KANT-Auslegern, bei KUNO FISCHER. Raum und Zeit haben, seiner Ansicht nach, in der transzendentalen Ästhetik den Sinn der "Handlungen des seine sinnlichen Eindrücke ordnenden Geistes (actus animi)" (Geschichte der neueren Philosophie 1898, Bd. IV, Seite 383). Zur Erklärung der Gültigkeit der Mathematik, sagt er, sollte KANT Raum und Zeit "für reine Vernunftanschauungen" (selbstverständlich  unserer  Vernunft) halten. "Wenn Zeit und Raum nicht Grundformen  unserer  Vernunft sind ... so lassen die Sätze der reinen Mathematik keine notwendige und allgemeine Geltung" (Seite 367). Sogar ein solcher im allgemeinen eifriger Gegner der psychologistischen Interpretation KANTs, wie COHEN, nennt in der zweiten Auflage seiner "Kants Theorie der Erfahrung" Raum und Zeit (historisch bei KANT und sachlich, d. h. unabhängig von diesen letzteren) "psychologische Ursprünglichkeiten des Bewußtseins, welche der psychologischen Analyse unzulänglich sind" (Seite 73, 74, 76-78). In Bezug auf Apriorität des Raumes sagt er, daß wir das Apriori "in eigenem Geist entdecken und in einem bewußten Experiment isolieren" (Seite 103, 104, 205) (29)

Die analoge Begründung des psychologistischen Vorurteils an diesem Punkt im Vergleich mit dem vorigen gibt uns das Recht, auf ihm gleiche Weise dasselbe vorzuhalten. Wir wenden uns zum Inhalt dieser Begriffe von Raum und Zeit und konstatieren hier ein vollständiges Fehlen eines geringsten Winks auf irgendeine Beziehung, als der Grundbegriff der Geometrie, ist ein Begriff des Auseinanderseins und der Koexistenz, eine besondere Art der Existenz von allem, was man wil (darin äußert sich seine Formalität) und ist keineswegs eine besondere Art unseres Vorstellens. "Die Allheit des Raums bedeutet nur die unendliche Zusammenfassung der Raumelemente" (COHEN, Logik, 1902, Seite 414). Das ist nur ein bestimmter Begriff, inhaltliches Moment, ein gewisser Sinn, ein Glied "des Reiches des Geltenden", des Ideellen, welches keinen Berührungspunkt und Zusammenhang mit unserem Bewußtsein hat. Nur dann, wenn wir uns vollkommen der Bedeutung des Begriffs des Geltens bewußt sind, können wir mit vollem Bewußtsein zur kantischen Apriorität Stellung nehmen. Diese letztere bedeutet keine subjektive Anlage zu einer gewissen Bearbeitung oder Koordination all seiner Wahrnehmungen, keine Funktion unseres Geistes, sondern nur eine Relation auf dem Gebiet des Ideellen: eine Relation des Raums als eines solchen zum ganzen System der Geometrie, als einem System gewisser Gültigkeiten, der geltenden sinnvollen "Sätze ansich".
    "So wenig sie (d. h. Geometrie) unmittelbar mit den konkreten physischen Objekten zu tun hat, so wenig versenkt sie sich jemals in die Tatsachen unserer geistigen Innenwelt, in die Betrachtung und Zergliederung der Vorstellungen. Das mathematische Urteil berichtet nicht, was irgendein psychologisches Subjekt hier und jetzt unter diesen oder jenen Umständen gedacht hat und auch nicht, was es nach seiner empirischen Beschaffenheit immer denken wird, sondern es setzt eine Beziehung zwischen Begriffen fest, die rein aus deren idealer logischer Bedeutung hervorgeht und die daher von der Frage, ob diese Begriffe im aktuellen Vorstellen jemals realisiert sein werden, völlig unabhängig bleibt" (CASSIRER, Erkenntnisproblem II, Seite 514f).
Jeder von diesen mathematischen "Sätzen ansich" setzt seinem Sinn oder Inhalt nach den Begriff des dreidimensionalen, unendlichen, homogenen, kontinuierlichen Raumes voraus. Nur unter einer solchen Prämisse verwandelt sich nicht jeder von ihnen in ein Nichts, nur dann können sie "gelten". Diese  begründende  Rolle und Bedeutung des Raumes für die geometrischen Lehrsätze und eine ihr entsprechende Bedeutung der Zeit in der Mechanik drückt den wahren Sinn und Wesen der Apriorität in ihrer "logischen" Auffassung aus, welche bei KANT in den Worten "zugrunde liegen" ausgedrückt waren. Nur bei einer solchen Auslegung des Standpunktes der Transzendentalphilosophie bietet sich uns die Möglichkeit, mit der Theorie des Eingeborenseins, von ihrer plumpen Form, als Präexistenz in fertigem Zustand, gegen welche LOCKE kämpfte, bis auf ihre feinere Form der Anlage als Keimbildung, wie sie bei LEIBNIZ erscheint endgültig zu brechen. Nur jetzt tritt der entscheidende und prinzipielle Unterschied zwischen der vorkantischen und der kantischen Philosophie und die ganze Unstatthaftigkeit der Einführung in die letztere des Elements des Eingeborenseins zutage. Die angeborene Gültigkeit ist ein hölzernes Eisen (30).

An dieser Stelle ist es angebracht, noch auf einer historischen Frage, welche nur jetzt für uns endgültig und mit voller Klarheit beantwortet werden kann, zu verweilen. Ich meine die Kontroverse in Bezug auf das Problem der Kausalität zwischen HUME und KANT, und den Streit darüber, ob der letztere die Zweifel des ersteren aufgehoben hat. So oft die Frage auch gestellt wurde, ist sie meiner Ansicht nach bis jetzt ungelöst geblieben und gerade deshalb, weil man den Begriff des Geltens nicht in den Mittelpunkt gestellt hatte. Die Sache wird gewöhnlich folgenderweise aufgefaßt. HUME meinte, daß der Begriff der Kausalität ausschließlich ein Resultat des Prozesses unseres Angewöhnens ist und infolgedessen nur eine subjektive Bedeutung hat. Darum ist auch die ganze Wissenschaft, welche auf diesem Begriff beruth, jeder objektiven Gewißheit beraubt. Demgegenüber, behauptet man, hätte KANT bewiesen, daß die Kausalität eine notwendige Form unserer psychischen Organisation ist, welche sich infolgedessen unvermeidlich in allen Gegenständen unserer und  lediglich  unserer Erfahrung realisiert und da diese nur eine subjektive Erscheinung ist, ein Produkt unserer Subjektivität darstellt. Also, schließt man, sind die Zweifel von HUME an der allgemeinen Geltung des Kausalgesetzes von KANT endgültig widerlegt, und umgekehrt ist seine volle Objektivität bewiesen. Zwar ist das nun eine "empirische" Objektivität, aber gerade diese letztere wurden vom schottischen Skeptiker geleugnet. Nun bleibt aber bei einer solchen Fragestellung das Problem völig ungelöst. Bei einer solchen psychologistischen Auslegung der kantischen Apriorität sind die erreichten Resultate in Bezug auf den Begriff der Kausalität nicht wichtiger als bei seinem großen Vorgänger. Hat unsere Vorstellung der Kausalität ihr Dasein der Gewohnheit oder einer gewissen Organisation unseres Geistes zu verdanken, in beiden Fällen erscheint sie als ein ganz subjektives Moment, als ein Glaube, welcher keine objektige vom Subjekt unabhängige Bedeutung hat. Nur in dem Fall, wenn wir uns den Sinn des Begriffs des Geltens klar machen, können wir den Standpunkt der kritischen Erkenntnistheorie in Bezug auf das Problem der Kausalität vollkommen verstehen und den Streit zwischen HUME und KANT in diesem Punkt entscheiden. Die Transzendentalphilosophie ist keine anthropologische Disziplin, welche sich mit der Analyse unseres menschlichen Bewußtseins beschäftigt und seine Formen und Funktionsarten feststellt. Im Gegensatz zu der sehr verbreiteten Meinung, daß KANT ein "transzendentaler Psychologe"  kat exochen  [schlechthin - wp] war und daß er im Mittelpunkt seines Kritizismus den Begrif des menschlichen Bewußtseins gestellt hat, besteht die Originalität und die vollkommene Ursprünglichkeit seines Standpunktes (31) gerade darin, daß er statt den psychischen Prozeß des Erkennens zu untersuchen, sich nur auf die logische Analyse der Wissenschaft allein und auf gar nichts anderes konzentriert. Die  "kritische Erkenntnistheorie ist eigentlich keine Theorie der Erkenntnis, sondern eine Theorie der Wissenschaft.  Die letztere stellt doch für ihn als solche nicht unsere wissenschaftlichen Meinungen und Überzeugungen dar, sondern erscheint als ein System des Sinnes, der geltenden "Sätze ansich", als eine objektiv-theoretische, vom empirischen Subjekt vollständig unabhängige, Einheit.
    "Die Wissenschaft besteht aus einem System reiner Bedingungssätze, deren Geltung von der Frage unabhängig ist, ob es in unserer Wahrnehmungswelt Subjekte gibt, auf die die vorausgesetzten Bedingungen zutreffen." (CASSIRER, Erkenntnisproblem II, Seite 295)
"Eine Theorie" der Wissenschaft "in einem transzendentalen Verstand" aufbauen - heißt ihre höchsten Prämissen und Grundbegriffe, welche sie "möglich machen", aufweisen. Mit seinem genialen Blick durchschaute KANT zuerst diesen Gedanken und mittels des Begriffs des "Bewußtseins überhaupt", als eines Systems der reinen Verstandesbegriffe, welche die Bedingungen der Wissenschaft sind, erhobe er den Anspruch auf eine endgültige Auflösung dieser Aufgabe: eine "Theorie" der Wissenschaft zu geben. Zu diesen Bedingungen gehört, wie er in den "Analogien der Erfahrung" beweist, auch die Kausalität.

Die Lösung dieses Problems wird also bei KANT auf einen ganz anderen Boden als bei HUME gestellt. Wenn die Kausalität, als solche, kein psychischer Zustand meines Bewußtseins, sondern nur ein geltendes Moment ist, so ist die Verdeutlichung ihrer erkenntnistheoretischen Bedeutung durch die Analyse unserer inneren Erfahrung offenbar fruchtlos. Sie ist ein objektives Element und müssen wir in die Sphäre der ideellen Inhalte, welche ganz außerhalb meiner Erkenntnisakte liegen, übergehen. Wir müssen uns an die Wissenschaft, nämlich an die Sätze, welche die zeitliche Beziehung der Erscheinungen bestimmen, wenden. Dann finden wir, daß der Begriff der Kausalität ihr notwendiges Ingredienz bildet, ihnen "zugrunde liegt". Sie ist also keine Funktion des Intellekts, der Spezies "homo sapiens", kein Gesetz unseres Geistes, sondern "ein Begriff, der die objektive Ordnung der Erscheinungen in der Zeit bestimmt". Sie dient also als einer von den Stützpunkten, Grundpfeilern, auf welchen das ganze Gebäude der Naturwissenschaft beruth. Darin besteht ihre Apriorität und Objektivität. Offenbar fällt in einem solchen Fall jede Möglichkeit von ihrer ausschließlichen Subjektivität zu sprechen, weg. Ebenso verlieren alle Untersuchungen der Entstehung derselben in unserem Bewußtsein ihren Sinn. Sie können freilich nur in Bezug auf unsere Vorstellung von ihr stattfinden, aber als ihr Objekt haben sie immer nur unseren Akt und nicht seinen Inhalt. Also war der Schluß, zu welchem HUME gekommen ist, indem er sich in diesen Bahnen bewegte, vollkommen richtig. Unsere Vorstellung von der Kausalität ist subjektiv und kann nur subjektiv sein, aber im gleichen Maß ist, wie gezeigt, dieser Schluß auch für den Vertreter der psychologistischen Interpretation KANTs obligatorisch. Weder der eine noch der andere Versuch geben eine Lösung des Kausalproblems. Nur vermöge einer klaren Auffassung des Begriffs des Geltens und seiner absoluten Ungleichartigkeit mit dem Psychischen hat sich für den Begründer des Kritizismus die Möglichkeit geboten, ein für allemal das Problem HUMEs zu lösen und für uns die Größe seiner Tat zu würdigen.
LITERATUR - Leo Ssalagoff, Der Begriff des Geltens in der modernen Logik, Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, Bd. 143, Heft 2, Leipzig 1911
    Anmerkungen
    1) Oder richtiger einige Werke, weil die Verfasser in dieser Beziehung schon eine Evolution durchgemacht haben.
    2) BERNARD BOLZANO, Wissenschaftslehre, Bd. 1, Sulzbach 1837, Seite 76
    3) Darauf weist der Zusatz "ansich" hin, der offenbar durch den kantischen Einfluß hervorgerufen worden ist und welcher denselben Charakter der Abgetrenntheit von allem Subjektiven, Psychologischen, Einzelnen zu betonen, was auch vom Begriff des Dings-ansich gilt, strebt.
    4) siehe MELCHIOR PALAGYI, Kant und Bolzano, 1902, Einleitung
    5) HEINRICH RICKERT, Zwei Wege der Erkenntnistheorie, Kant-Studien Bd. 14, Seite 201.
    6) siehe auch HUSSERL, Logische Untersuchungen I, Seite 142, "Unabhängigkeit von der Zeit, Umstände, Persönlichkeit, Gestalten, Individuen und Spezies". Vgl. die Definition der Ewigkeit als Unabhängigkeit von Dauer und von der Zeit bei SPINOZA, Ethik, Teil 1, Definition VIII und Explicatio.
    7) siehe auch HUSSERL, Logische Untersuchungen II; ebenso RICKERT, Zwei Wege, a. a. O., Seite 197: "Keine Wirklichkeit, psychische oder physische". Vgl. Seite 197f und 203.
    8) Vgl. LEIBNIZ' Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie, Leipzig 1906, Bd. II, Seite 504: ". . . so wie die Verhältnisse der Zahlen selbst dann wahr blieben, wenn weder jemand da wäre, der zählt, noch etwas, das gezählt wird." Siehe auch Bd. I, 1904, Seite 17.
    9) Auf diesen Gegensatz hat sehr klar noch MALEBRANCHE hingewiesen (siehe CASSIRER, Erkenntnisproblem II, 1907, Seite 491f). Denselben Gedanken finden wir auch bei SPINOZA ganz präzise ausgedrückt (Tractatus de intellectus emendatione, § 33).
    10) DAVID HUME, Traktat über die menschliche Natur, Teil 1, Kap. 7; auch LOTZE, Logik, Seite 31.
    11) Vgl. HUSSERL, Logische Untersuchungen, Bd. 1, Seite 174f.
    12) BOLZANO, Wissenschaftslehre, Bd. 1, Seite 217 - 220, 238, 244, 304; Bd. 3, Seite 9, 13, 17.
    13) BOLZANO, Wissenschaftslehre, Bd. 1, Seite 217, 219; Bd. 3, Seite 8, 9, 14.
    14) BOLZANO, Wissenschaftslehre, Bd. 1, Seite 217, 219, 220, 237.
    15) BOLZANO, Wissenschaftslehre, Bd. 1, Seite 99, 216 - 221, 238
    16) BOLZANO, Wissenschaftslehre, Bd. 1, Seite 132, 174, 175; in Bd. 2 tritt dieser Gedanke als Theorie der "Bedeutung" auf, § 12 und 13.
    17) HERBART, Sämtliche Werke, Bd. IV, Lehrbuch zur Einleitung in die Philosophie, Seite 67. Siehe auch Seite 68: "... die Begriffe weder reale Gegenstände noch wirkliche Akte des Denkens sind."
    18) JOHN STUART MILL, Eine Prüfung der Philosophie Sir William Hamiltons, Halle 1908, Seite 531. Vgl. Logik, Bd. 2, Kap. 7, § 5.
    19) SIGWART, Logik I, Seite 499, 394f, § 65. Wobei dasselbe Gesetz bei ihm auch die Rolle des Normativen spielt, z. B. Logik I, Seite 394.
    20) EDUARD von HARTMANN, Kategorienlhre 1896, Seite 313, "das Widersprechende vereint zu denken ist eine in sich widerspruchsvolle Denkaufgabe und ihre Lösung ist unmöglich, weil sie der logischen Wesenheit  unseres Denkens  widerspricht. (Dieselbe Auffassung finden wir noch bei LOSSIUS. Siehe auch CASSIRER, Erkenntnisproblem III, 1907, Seite 449. ERDMANN, Logik, 1892, Seite 376: "... jene Grundgesetze das Wesen  unserer  Vorstellung und Denkens wiedergeben". LIPPS, Logik, § 275, sagt, daß das Gesetz des Widerspruchs unseren Akt des Urteilens beschreibt und daß der Satz des zureichenden Grundes uns darauf hinweist, was uns auf bestimmte Art zu denken  zwingt  (§ 287).
    21) Vgl. ALEXANDER WEDENSKIJ, Ein neuer und leichter Beweis für den philosophischen Kritizismus, Archiv für systematische Philosophie, Bd. XVI, Heft 2, Seite 198 -202.
    22) NATORP, Soziale Pädagogik, 1899, Seite 19
    23) siehe JOHN STUART MILL, Eine Prüfung etc., Seite 531
    24) HUSSERL, Logische Untersuchunen I, Seite 139, vgl. 97 und 176.
    25) HUSSERL, Logische Untersuchungen, Bd. 1, Seite 155, 158; vgl. 183
    26) NATORP, Sozialpädagogik, Seite 20
    27) HUSSERL, Logische Untersuchungen, Bd. 1, Seite 155, 158, 183
    28) Es ist also ganz richtig, auf die Gefahr die logischen Gesetze "Gesetze des Denkens" zu nennen, hingewiesen worden (HUSSERL,LU 1, Seite 170)
    29) Auf einem ganz psychologistischen Standpunkt in Bezug auf Raum und Zeit steht SIGWART, Logik II, Seite 67 und 68; WUNDT, Logik II, Seite 478f; CORNELIUS, Einleitung in die Philosophie, § 26; ZELLER, Vorträge und Abhandlungen, 1877, Seite 50f; F. A. LANGE, Logische Studien, Seite 149 (Urform unseres geistigen Wesens); KUNTZE, Kritische Lehre über die Objektivität, 1906, Seite 87f. 30) Gegen das Angeborensein der Kategorien siehe COHEN, Logik der reinen Erkenntnis, 1902, Seite 43; auch "Die systematischen Begriffe in Kants vorkritischen Schriften", 1873, § 22. 31) Hier bleibt freilich die historische Frage, inwiefern sich KANT selbst des von ihm vertretenen Standpunktes bewußt war und inwiefern "die eigentliche kritische Methode aus den verwickelten Deduktionen der kantischen Lehre erst herausgeschält werden muß" ganz beiseite. Siehe WINDELBAND, Geschichte der neueren Philosophie, Bd. 2, Seite 23.