ra-2R. LiefmannR. ZuckerkandlO. ConradR. StolzmannH. Oswalt    
 
OTTO von ZWIEDINECK
Über den Subjektivismus
in der Preislehre

[Überlegungen im Anschluß an Liefmanns Preistheorie]
[2/2]

"Wo die Grenze zwischen den subjektiven und den objektiven Bestimmungsgründen liegt, läßt sich kaum absolut sagen. Es kommt doch so sehr auf die Problemstellung an, darauf, was als  gegeben  angenommen ist. Es ist mit einem Wort in einigen Belangen geradezu eine Sache der Voraussetzung. Ist überhaupt die Größe und Intensität der Nachfrage nach einer Ware als rein subjektives Phänomen anzusehen, wenn bereits eine Gesetzmäßigkeit der großen Zahl zur Geltung kommt? Im Großen und Ganzen darf wohl gesagt werden, daß die Masse und in dieser wirksam die Gesetzmäßigkeit der großen Zahl zu einem objektiven Phänomen gestaltet, was im Wesen ganz subjektiv entsteht. Oder soll das Maß des Willens der Individuen maßgebend sein, etwa so, daß Tatsachen und Vorgänge, die vom Willen der beteiligten Individuen abhängig sind, als subjektiv, solche, deren Auftreten dem Willen der Individuen entrückt ist, als objektiv betrachtet werden. Wie will man dann die Bevölkerungs- oder auch nur die Nachfragevermehrung auffassen?"


IV. Vom subjektiven Bedarfsempfinden
zum Preis

Was vom subjektiven Nutzen zum objektiven Preis führt, ist nach LIEFMANN eine richtige Kombination der oben genannten 3 "Gedankenreihen:
    1. der Ertragsbegriff, auf diesen angewendet,

    2. der Grenzgedanke und wieder auf diesen angewendet,

    3. der Ausgleichsgedanke."
Als neu bezeichnet LIEFMANN den Ertragsgedanken, er sei noch nie angewendet worden. Der Grenzgedanke sei sehr häufig, der Ausgleichsgedanke nur sehr unvollkommen und rein quantitativ, diese beiden aber noch nie auf den Ertragsbegriff angewendet worden. Freilich betont LIEFMANN ausdrücklich: nicht die Gedanken aufzustellen, sondern sie zu einem System zu gestalten sei die eigentliche Schwierigkeit gewesen, die er nur langsam überwunden habe.

Es dünkt mich doch nicht ganz überflüssig festzustellen, daß der Ertragsgedanke wohl überhaupt nicht mehr so neu ist, wie LIEFMANN ihn hinstellt. Er sagt: immer wird der Wirtschafter seine Bedürfnisse nicht nach ihrer absoluten Stärke, sondern unter Vergleich mit den Kosten befriedigen und wenn er sehr verschiedenartige Bedürfnisse hat, wird er die größte Bedarfsbefriedigung, die mit gleichen Kosten möglich ist, dann erreichen, wenn der Ertrag der letzten Teilquantität eines jeden Gutes, d. h. sein  "Grenzertrag"  bei allen ungefähr gleich hoch ist. Der "Grenzertrag" scheint ja allerdings etwas ganz Neues zu sein.

Ich sehe davon ab, hier auf die Anwendung des Ertragsgedankens bei ADAM SMITH (z. B. in der theoretischen Analyse zur Würdigung des Methuenvertrages) näher einzugehen, stelle aber allgemein fest, daß, was LIEFMANN als Ertrag bezeichnet, nichts anderes ist, als was in der Literatur im Anschluß an den Sprachgebrauch als "Gewinn" oder "Reinertrag" bezeichnet zu werden pflegt, sofern tauschwirtschaftliche Vorgänge in Frage kommen und insbesondere sofern die Spannung zwischen den zur Erwerbung oder Beschaffung eines Gutes erforderlichen Anwendungen und dem höchsten tatsächlich dafür beim Verkauf erreichten Geldbetrag gemeint ist. Es ist der maßgebende Gedankengang: Was muß ich verkehrswirtschaftlich ausgeben und was erreiche ich wieder dagegen.

Das, was gegenüber dem überwiegenden Teil der älteren Literatur als eigenartig und neu an diesem Ertragsgedanken anerkannt werden kann, ist die Ausdehnung dieses Ertragsbegriffs vom erwerbswirtschaftlichen Räsonnement in das Gebiet des  konsum wirtschaftlichen. LIEFMANN verallgemeinert den (wenn auch unter anderem Namen) vorhandenen Ertragsbegriff, indem er einen "Konsumertrag" in gleicher Weise entstehen läßt wie den "Erwerbsertrag". Allerdings das originäre oder primäre Phänomen ist für LIEFMANN der Konsumertrag, wohl schon aus dem Grund, weil, wie LIEFMANN hervorhebt, in der tauschlosen Wirtschaft eine Schwierigkeit wegfällt, die in der Verkehrswirtschaft offenbar auch von ihm zugestanden wird: die Unkenntnis der Kosten, d. h. also hier (= in der Verkehrswirtschaft) der Preise. Die Ertragsermittlung wird also mit dem Verkehr schwieriger. Diese Schwierigkeit fehlt (30) in der tauschlosen Wirtschaft, weil in dieser alle Kosten auf Arbeit zurückgeführt werden können, so daß doch das Wirtschaftssubjekt immer seinen Konsumertrag feststellen kann. Die Merkwürdigkeit beim Fundmentalbegriff "Konsumertrag" steigert sich, wenn man weiter liest (Seite 37): daß beim Erwerbsertrag ganz klar die Differenz zwischen den auf das Tauschgut verwendeten  Kosten in Geld  und dem  Gelderlös  vorliegt, dagegen "bei Konsumertrag die eine Komponente der äußerlich nicht feststellbare Nutzen (Genuß)"sei. Da drängt sich wahrlich die Frage auf, welches dann die festen Grundlagen sind, aus denen das Wirtschaftssubjekt seinen Konsumertrag rechnerisch genau ermittelt? Einerseits  kennt es die Kosten nicht - selbstverständlich, denn LIEFMANN will doch die Preise als Wirkung der subjektiven Ertragsvorstellung aufgefaßt sehen und da der Preis die Kosten bildet, sind diese danach die Unbekannte - andererseits ist aber auch  der Nutzen äußerlich nicht feststellbar!  Nun, wie LIEFMANN dann doch zu Ziffern für die Zwecke der Subtraktionsoperation gelangt, wird noch zu betrachten sein.

Ich wiederhole also, es handelt sich um die längst erfaßte Differenz und betone, daß der "neue" Ertragsgedanke, soweit er den Erwerbsertrag mit umfaßt, schon so alt ist, daß sozusagen eine Reihe bedeutenderer Lehrsätze der klassischen Theoretiker der Nationalökonomie ohne diesen Begriff, der aber natürlich bei hnen den Namen "Gewinn" führt, nicht Bestand hätte. LIEFMANN lese doch einmal dazu irgendein einschlägiges Kapitel aus RICARDOs "Principles", etwa gleich das 1. Hauptstück vom Wert, dann das 4., 6., 7., 19., 33. Hauptstück mit Sorgfalt und überzeuge sich, welche Rolle die Voraussetzung des höchsten Reinertragsstrebens in diesen Syllogismen spielt.

Nun gesteht LIEFMANN ja allerdings selbst zu (Seite 18, der Begriff des Ertrages spiele in der Einleitung der Lehrbücher schon eine gewisse Rolle. Aber darauf kommt es nicht an, denn sein Ertragsbegriff steht eben nicht mit dem Ertragsbegriff der herkömmlichen Terminologie, sondern mit dem des  Reinertrages  in einer Parallele und deshalb ist auch sein Vorwurf, es beginne aber schon in der Einleitung der Lehrbücher die Verwechslung von Produkten und dem Wert der Produkte, nicht so einwandfrei. Die betreffenden Lehrbücher stellen sich ja auch gar nicht auf den Standpunkt, die "technische" Betrachtung auszuschließen und es kann der Ertragsbegriff wohl auch technisch gefaßt werden. Der  Rein ertrag ist, soweit ich sehe, immer nur als Wert verstanden. Ich räume LIEFMANN wohl ein, daß es eine Schwäche in den Lehrbüchern ist, daß sie die sozialwissenschaftliche Problemstellung der theoretischen Nationalökonomie zu wenig oder gar nicht präzisieren gegenüber dem theoretischen Arbeitsgebiet der reinen Ökonomik und daß damit auch die Vermischung einer auf die realen Gütermengen gerichteten Betrachtung mit einer nur auf Wertbeträge gerichteten tatsächlich von vornherein nicht ausgeschlossen erscheint. Ich räume auch weiter ein, daß die Verwendung des Terminus  Ertrag  in dem Sinne, daß darunter das "Ergebnis der Produktion" verstanden werden soll, wohl nicht dem Sprachgebrauch der maßgebenden Kreise, der Produzenten entspricht, vielmehr wohl eine allmählich eingelebte Ausdrucksweise der Nationalökonomen ist. Insoweit ist auch LIEFMANNs Kritik nicht ohne Berechtigung. Aber diese Schwächen haben mit dem, was LIEFMANN im Auge hat, nichts zu tun, weil der Ertragsbegriff in seinem Sinne keineswegs so vernachlässigt ist, wie er es darstellt. Und zwar gerade auch auf dem Gebiet nicht vernachlässigt, das meines Erachtens das Beobachtungsfeld der reinen Ökonomik ist.
    Zur Beurteilung der Behandlung des Ertragsproblems in den Lehrbüchern sei anhand dessen, was  Philippovich  über den Ertrag, Reinertrag usw. ausführt, noch folgendes bemerkt. Was  Philippovich  im "Grundriß I" (ich zitiere absichtlich nach einer älteren, der 6. Auflage) Seite 9 sagt, ist  nicht  falsch an und für sich. Was  Liefmann  bei der Verurteilung der Fassung übersieht, ist der Gesichtspunkt, von dem  Philippovich  da ausgeht. LIEFMANN stellt ausschließlich den privatwirtschaftlichen Interessenstandpunkt mit dem Gelderwerbsstreben als das Entscheidende für die theoretische Behandlung nationalökonomischer Probleme hin. Ihm ist die auf der Grundlage der Geldbewegung sich vollziehende mehr oder weniger vollkommene Bedürfnisdeckung selbst schlechthin gleichgültig. Ihn interessiert nur, wie weit die Bedürfnisvorstellung das auf Gelderwerb gerichtete oder Geldverwendung bedingende Handeln beherrscht und leitet.  Philippovich  sieht den Gesamtprozeß der Geld- und  Güter bewegung mit seinen eigentlichsten Zwecken, der Versorgung der Menschen, die eine Volkswirtschaft ausmachen, als Hauptobjekt der Betrachtung und läßt dabei den Mechanismus, in dem der Gelderwerb die Rolle des Motors spielt, zunächst zurücktreten - (N. B. ohne ihn zu übersehen). Die sozialwissenschaftliche Betrachtung überhaupt, ganz vornehmlich aber ein Handbuch der politischen Ökonomie, hat meines Erachtens beiden Gesichtspunkten Rechnung zu tragen. Es ist das Gelderwerbsstreben der Privatwirtschaften in seiner Wirksamkeit für die Verkehrsvorgänge zu erfassen und die darin auftauchenden Gesetzmäßigkeiten sind zu formulieren. Es sind aber auch die tatsächlichen Warenproduktionsvorgänge - natürlich Produktion im weitesten Sinne, also auch die Produktion von Leistungen - in ihrer Abhängigkeit von diesem Erwerbsstreben nachzuweisen. Letztes Ziel all der ungeheuren Handlungskomplexe ist, wie doch auch  Liefmann  sagt, die Bedürfnisbefriedigung. Wenn  Liefmann  aber selbst als Objekt der theoretischen Betrachtung nur die auf den Gelderwerb gerichteten Strebungen und Handlungen gelten läßt, so hat er genau so wie  Philippovich  nur ein  Mittel  zur Erreichung dieses letzten Zieles im Auge. Denn auch das Wirtschaftsziel, das  Philippovich  angibt, die Produktion mit den geringsten Kosten zum Zweck des größten Ertrags und Einkommens ist genau so ein unerläßliches Erfordernis für die Erreichung des  "letzten"  Ziels; nur ist ihm das Wesentliche oder wenigstens ein Wesentliches die ökonomische vom Reinertragsgedanken beherrschte Lösung der technischen Aufgaben.

    Übrigens verliert die rein privatwirtschaftlich orientiert sein wollende Betrachtungsweise ein wichtiges Element ihrer Unterlage, wenn man wie  Liefmann  vom Vorhandensein von Güterquantitäten bei den Wirtschaftssubjekten absehen zu können glaubt. Die verkehrswirtschaftlichen Vorgänge, die doch auch  Liefmann  für das Hauptobjekt der theoretischen Nationalökonomie ansieht, sind auf der Grundlage der geltenden Rechts- und Wirtschaftsordnung, bei der die  Charitas  keine Rolle spielt, doch wohl nicht zu erfassen ohne die Voraussetzung, daß die Wirtschaftssubjekte über Güter verfügen, die sie ihrerseits in den Verkehrsprozeß einwerfen.  Liefmanns  Polemik gegen  Schumpeter  (Seite 14) ist nach dieser Seite meines Erachtens verfehlt.
Ich habe oben von einem Verdienst LIEFMANNs gesprochen, weil er den Ertragsgedanken sozusagen als das ordnende Prinzip für jeden  Gesamt wirtschaftsplan darstellt, so daß jedes Wirtschaftssubjekt die Reihenfolge des Gütererwerbs überhaupt nach der Differenz zwischen Nutzen und Kosten einrichtet. Das Verdienst gilt aber nicht in dem Sinne, daß man die Übertragung des Gewinn- oder Reinertragsprinzips auf das individualwirtschaftliche Überlegen ansich schon für ein Novum anerkennen könnte. Denn DIETZEL hat in seiner theoretischen Sozialökonomik eben diesen Überlegungen Raum gegeben. Er hat bei der Darstellung des "Verlaufs der Wirtschaft" im Sinne sowohl der reinen Ökonomik als auch der verkehrswirtschaftlichen all jene Überlegungen analysiert, aus denen sich die Schlußkette des Sparprinzips oder ökonomischen Prinzips zusammensetzt. In diesem Streben nach dem Maximum von Nutzen für das Minimun an Kosten entscheidet in letzter Linie allerdings das Ergebnis einer vergleichenden Nutzenschätzung - "aber ohne eine Kenntnis der Kostengröße dürfen die Nutzengrößen nicht bilanziert werden". So DIETZEL schon 1895, ohne daß dies LIEFMANN zu wissen scheint.

Es liegt mir fern, hier auf die Einzelheiten der DIETZELschen Darlegungen näher einzugehen, aber ich behaupte, daß sie im Wesen dem LIEFMANNschen Gedankengang im Begriff des Konsumertrags geradezu gleichartig zu nennen sind. Jedenfalls so sehr, daß man die Behauptung LIEFMANNs von der Neuheit des Ertragsbegriffs (NB. nicht auch des Grenzertrags) nur mit der Unkenntnis des betreffenden Abschnittes im DIETZELschen Buch zu erklären vermag.

Ein Unterschied besteht scheinbar in der Exaktheit, insofern LIEFMANN mit großer Bestimmtheit Zahlengrößen für Nutzen und Kosten einführt, durch die eine Präzision in den Gedankengang des Wirtschaftssubjekts kommt, die bei DIETZEL nicht erreicht wird.

Betrachtet man sich die  Ziffern,  mit denen LIEFMANN operiert, etwas genauer, so ist das Ergebnis recht überraschend. Er erläutert sie selbst (Seite 31):
    "Wir schätzen das erste Stück von  A = 10  heißt: es gibt uns einen Nutzen, für dessen Erlangung wir äußerstenfalls 10 Arbeitsstunden oder 10 Mark aufwenden würden."
Und nun folgt das Wesentlich:
    "Wir setzen als 1 Mark oder 1 Arbeitsstunden (31) = 1, d. h. wir würden sie gerade noch zur Befriedigung eines Bedürfnisses aufwenden, das in der Skala unserer Bedürfnisempfindungen die Stärke  1  aufweist."
Offenbar bedeuten diese Ziffern also nur eine Verhältnismäßigkeit zwischen den Nutzleistungen, den physiologisch-psychologischen Wirkungswerten der verschiedenen Güter. Dagegen ist gewiß nichts einzuwenden, aber irgendeinen Zusammenhang mit der Geltung der Arbeitsstunde oder der Mark hat diese Verhältnismäßigkeit natürlich nicht. Die absolute  Willkürlichkeit,  unsere schwächste Bedürfnisempfindung, der wir die Skalastelle  1  anweisen, einer Mark oder einer Arbeitsstunde gleichzusetzen, liegt auf der Hand.

Er verwendet diese Verhältnismäßigkeitsziffern auch gar nicht einmal in diesem beschränkten Verstand als Maß der Nutzempfindungen, sondern für ihn gewinnen sie noch sozusagen in einem Atem (32) den Charakter eines Maximalpreises. Aber er muß ja auch so vorgehen, um seinem Ertrag eine Ziffer geben zu können, denn diese Verhältnisziffer ist ja das einzig greifbare Element für eine Rechnung. Er subtrahiert also die tatsächlich zu verausgabenden Kosten, also den Preis des Gutes, von dieser Verhältnismäßigkeitsziffer. Das ist beiläufig gleich gedacht, als wenn ich einen Numerus vom Logarithmus einer anderen Zahl subtrahiere. (33)

Nun ist nicht in Abrede zu stellen, daß die Nutzempfindungen vom wirtschaftenden Individuum klassifiziert und in eine Rangordnung gebracht werden oder wie DIETZEL (von Robinson) sagt (34): eine einfache Nutzenbilanz entscheidet vorerst darüber, in welcher Reihenfolge die Bedürfnisse ... Deckung finden. Aber schon die Verfeinerung einer solchen Lokation der Nutzen oder was jedenfalls nichts anderes ist, der Bedürfnisse bis zu dem Grad, daß jede Position der Rangordnung mit einem bestimmten Koeffizienten oder Potentialexponenten ausgestattet werden könnte, gehört in das Reich der Phantasie. Das sind jedenfalls Ausnahmemenschen oder Kinder, die auf die Frage, wieviel höher schätzt Du eine Autofahrt oder eine Tanzveranstaltung, mit einem präzisen Zahlenverhältnis antworten können. Wohl noch weniger möglich ist dann auch die kompliziertere Lokation mit Zahlenindizes, wenn der Nutzenvergleich durch einen Kostenvergleich ergänzt werden soll. Alles, was man über diese Nutzenskala und ihre Tragweite für das Verhalten des  homo oeconomicus  sagen kann, hat nun aber meines Erachtens DIETZEL in dem erwähnten Zusammenhang gesagt.
    Es bewegt sich ganz in der selben Richtung wie all das, was  Liefmann  Seite 26f ausführt. Nicht als ob mir, was  Dietzel  sagt, in allen Punkten annehmbar erschiene, dünkt mir, was er in einzelnen Sätzen zusammenfaßt, doch klar genug, daß  Liefmann  zur ihrer Beachtung verpflichtet gewesen wäre. Es ist selbstverständlich, daß auch DIETZEL auf Kommensurabilität der Kosten Gewicht legt, da er die Nutzempfindungen, die durch verschiedene Güter zu erreichen sind, bei gleichen Kosten vergleicht. Es ist genau dasselbe, wenn  Liefmann  (natürlich auch mit Recht) fordert, daß man nicht Nutzen mit Kosten, Lust mit Unlustgefühlen direkt vergleicht, sondern entweder den Nutzen auf eine Kostenformel  oder  die Kosten auf eine Nutzenformel bringen muß. Natürlich handelt es sich nicht um eine Formel, sondern nur um einen Größenausdruck. Und dasselbe finden wir bei  Dietzel:  er wählt den Vergleich der Nutzen, die er auf eine einheitliche Kostengröße bezieht:  Liefmanns  Lösung ist dadurch allerdings durchsichtiger, daß er die Größe (Zahl) der Kosteneinheiten, die ein Nutzen  A  lohnt, sofort um die tatsächlichen Kosteneinheiten, die der Markt erfordert, vermindert und so den ideellen Gewinn der Individualwirtschaft bucht als eine Zahl von Kosteneinheiten, die sie erspart hat. Damit gelangen wir nun zum Unterschied zwischen  Dietzels  und  Liefmanns  Lösungen:  Liefmann  geht konsequenter vor und hält die Größe: welches Opfer ein Nutzen höchstens lohnt, als bestimmte Ziffer fest, während  Dietzel  wohl einmal von dieser Größe spricht (35), aber da, wo es darauf ankommt, auf die Ziffer verzichtet, da er doch nur die Nutzenempfindungen "vergleicht", die mit verschiedenen Gütern alternativ unter Aufwendung einer gegebenen Zahl Kosteneinheiten erreichbar sind.  Dietzel  verzichtet also auf die ziffernmäßige Feststellung des Konsumentengewinns.

    Sehen wir von dieser Verschiedenheit zunächst ab - da  Liefmann  von einem konkreten Differenzbegriff aus den für ihne entscheidenden Begriff  Grenzertrag  entwickelt, ist die Verschiedenheit selbstverständlich von Bedeutung -, so kommt als Ergebnis für die Erfassung des Prinzips des rationellen Handelns doch in beiden Gedanken heraus, was  Dietzel  formuliert: Will das Subjekt rationell wirtschaften, so darf das Subjekt nicht frisch und froh dem zuzeit stärksten Reiz folgen, sondern muß eine unter Umständen mühseligen und ermüdende Kalkulationen vollziehen (36) (Seite 199) und  Liefmann  (Seite 25): nicht nach größtem Nutzen, sondern nach größer Spannung zwischen Nutzen und Kosten strebt das Wirtschaftssubjekt.
Ist es also auch gleichwohl ganz richtig, wenn LIEFMANN schreibt: Wenn ich Kosten auf die Beschaffung eines bestimmten Gutes verwende, so geschieht das, weil dieses das höchst geschätzte Genußgut ist, das ich mir mit diesen Knoten beschaffen kann: so braucht man doch keine gekünstelten Zahlenreihen mitzumachen, um zu demselben Resultat zu kommen wie er.

Er anerkennt zwei Wege als gangbar:
    a) die Kostenvergleichung: man fragt sich, wieviel Geld man  "äußerstenfalls"  für das Gut aufgewendet haben würde,  oder 

    b) die Nutzenvergleichung: man vergleicht in seinem Inneren den Nutzen dieses Gutes mit dem Nutzen des geringsten für das man  gerade noch  dieselben Kosten aufwenden würde. Vollkommen richtig ist meines Erachtens keine von beiden Überlegungen, wenn man davon ausgeht, wie etwa die Große Masse der rationell wirtschaftenden Menschen vorgeht.
Den  ersten  Weg halte ich für einen ganz außergewöhnlichen deshalb, weil die wenigsten Menschen sich arüber klar zu werden pflegen, wieviel sie "äußerstenfalls" für die Beschaffung eines Gutes hingeben würden. Nicht nur weil wir uns den äußersten Fall, wie OSWALT gegenüber LIEFMANNs vager Ausdrucksweise richtig ausführt, meist überhaupt nicht vergegenwärtigen können, auch die verschiedenen äußersten Fälle oft nur sehr schwer gegeneinander zum wirklich äußersten Fall abzuwiegen vermögen. Nein, auch wenn wir uns dem Entschlußaugenblick selbst die maximale Opferbereitschaft vergegenwärtigen wollen, nur unter den Umständen eben des Augenblicks, wird das Räsonnement wohl nur lauten: Wenn das Gut nicht mehr als  n  Mark kostet, kaufe ich es und ich kann mich dann baß erfreuen, wenn der tatsächliche Preis unter  n  bleibt. Aber auch nur unter einer Voraussetzung wird sich diese Alternativstellung  pro foro interno [als innere Angelegenheit - wp] abspielen, nämlich dann, wenn ich über die wirkliche Preislage des Gutes ziemlich ahnunglos bin. Sobald ich über die Preislage beiläufig orientiert bin, stehe ich in meiner Überlegung schon viel zu sehr unter der Herrschaft dieser Kenntnis einer bestimmten Größe, als daß ich unbeeinflußt, sozusagen naiv eine Ziffer als Maximum bezeichnen könnte. Meinem Minuend [die Zahl, von der etwas abgezogen wird - wp] für die Ertragsberechnung wird also von vornherein eine Grenze gezogen sein. Weiß ich z. B., daß Hüte einer bestimmten Qualität zwischen 5 und 10 Mark kosten, so entschließe ich mich vielleicht für ein Maximum von 7 Mark und nicht 12 oder 14 Mark.

Aber wenn ich mir dann schließlich einen Hut um 5 Mark kaufe, dann spricht gar nichts dafür, den "Ertrag" mit 2 Mark zu beziffern und zwar weil der Ertrag-Nutzen weniger Kosten größer sein muß. Denn gegenüber LIEFMANNs Ertragsrechnung ist mit seinen eigenen Worten zu sagen: dieses Gut kostet mich faktisch  x  Mark, ich würde äußerstenfalls  x + y  Mark dafür geben, dann ist aber für meine Ertragsberechnung nicht  x + y  der Minuend, sondern der Ertrag ist größer als  (x + y) - x,  muß größer sein, weil ich ja schon äußerstenfalls nicht genau den Nutzen opfern werden, sondern wenn ich  x + y  zu opfern bereit bin, setzt das voraus, daß ich mir einen höheren Nutzen als  x + y  verspreche. Dagegen möge mir LIEFMANN auch nicht einwenden, dieses Plus über dem "äußerstenfalls" verfügbaren Opfer sei bei allen Gütern gleich. Nach psychologischen Gesetzmäßigkeiten muß man annehmen, daß auch dieser erforderliche Überschuß bei verschiedenen Gütern sowohl, als auch bei verschiedener Höhe des Kostenbetrages verschieden groß sein muß.

Und nun der  zweite  Weg des Nutzenvergleichs. LIEFMANN sagt:
    "Ich kaufe mir für 2 Mark das höchst geschätzte Gut, das ich dafür erhalten kann. Es gewährt mir einen bestimmten Nutzen, das  geringst geschätzte Gut, für dessen Erwerb ich gerade noch 2 Mark aufwenden würde, gewährt mir den und den Nutzen. Die Differenz ist mein Ertrag."
Daß Menschen, die für die die Qualität des Homo oeconomicus in Anspruch nehmen, in solcher Weise überlegen, will ich nicht bestreiten, LIEFMANN gehört offenbar zu ihnen. Allein ebensowohl Selbstbeobachtung als auch Nachfrage bei anderen als rationell wirtschaftend anzusprechenden Subjekten bestimmen mich zu behaupten, daß das Verfahren, um in einer solchen Situation zu einem Entschluß zu kommen, mindestens  überwiegend  ein anderes ist, und zwar jenes, das DIETZEL schildert (37). Wenn man sich eine Ausgabe von bestimmter Höhe für ein Gut  A  überlegt, fragt man sich, ob die mit derselben Ausgabe zu erreichenden nächst  höchsten  Nutzempfindungen noch unter dem Nutzen, den einem  A  verschafft, zurückbleiben. Man vergleicht also den höchsten mit dem oder den nächst höchsten Nutzen, um die Rechtfertigung oder die Verurteilung der Ausgabe für den höchsten Nutzen mit einer bestimmten Ausgabe zu gewinnen. Ich bestreite aber hier nochmals ausdrücklich (vgl. oben), daß die Nutzendifferenz, die aus der Alternative zwischen dem Genuß von zwei oder mehr verschiedenen Gütern  pro foro interno  empfunden wird, mit einer bestimmten Zahl richtig erfaßt werden kann. Der normale Wirtschaftsmensch wird die Frage, um wieviel ihm der Genuß eines Schnitzels lieber ist als der eines Roastbeefs oder einer Portion Kaviar, wenn alle diese dasselbe kosten, nicht mit einem Zahlenausdruck (wie LIEFMANN sagt mit einer Formel) beantworten können (38).

So steht meines Erachtens auch seiner Ermittlung oder Entstehung nach dem Konsumertrag als Ziffer auf einer unhaltbaren Grundlage.
    Nur nebenbei sei hier bemerkt, daß der elementare Gedanke, mit dem  Liefmann  zu einer Ziffer gelangt (vgl. oben): "Wir schätzen ein Gut  = 10,  heißt wir würden gerade 10 Einheiten eines anderen Gutes dafür geben, das wir auf höchstens den 10. Teil des ersteren schätzen" auch logisch unzutreffend ist, da wir mit dieser Gleichung doch nur auf ein zweites Gut und damit auf eine andere Unbekannte verwiesen werden. Eine Ungenauigkeit liegt übrigens im Sinne des Grenznutzenprinzips darin, daß die Summe der 10 Exemplare des anderen Gutes mit Einheitswert  1  nicht  10,  sondern wahrscheinlich weniger als  10  ausmacht.
Man wird über diese Bedenken gegen LIEFMANNs Ertragsbegriff nicht allzuleicht hinwegkommen und damit auch nicht über die spezielle Form des  Grenzertrags.  Auch dieser Begriff trägt alle Schwächen des LIEFMANNschen Ertragsbegriffs an sich.  Grenzertrag  nennt LIEFMANN den Ertrag, der mit der letzten erworbenen Quantität eines jeden Gutes erzielt wird (Seite 31). Ja, man muß geradezu sagen, hier steigert sich sogar noch eine Schwäche des einfachen Ertragsbegriffs, die ich bisher noch nicht hervorgehoben habe, weil sie dem Begriff nicht ansich, sondern nur im Hinblick auf seine Verwendung für die Zwecke der Preiserklärung anhaftet. Denn diese ist nach LIEFMANN mit der These gegeben, daß jedes Wirtschaftssubjekt dem  Gesetz des Ausgleichs der Grenzerträge  folgt.

Voraussetzung für die Geltung dieser Theorie ist doch wohl, daß die beiden Elemente, aus denen die Ertragsvorstellung entstehen soll, überhaupt bestehen. Der Ertrag ist die Differenz aus zwei Zahlen, aus Nutzen- und Kostenziffern. Folglich müssen diese Fragen beantwortet werden:
    1. Kann immer und in allen Fällen, in denen eine Ertragsvorstellung die Grundlage für die ökonomische Entschließung zu bilden hat, die Nutzenvorstellung zu einer bestimmten ziffernmäßigen Größe gebracht werden?

    2. Wenn dies der Fall ist, wenn also nicht nur das Opfermaximum, sondern der wirkliche Nutzen ziffernmäßig feststeht, welche Größe kommt denn als Kostenziffer in Betracht, wenn nicht der tatsächliche Preis, mit dem die Verkehrshandlung zur Durchführung kommen soll?
Die erste Frage ist nach all dem, was ich ausgeführt habe,  nicht  bejahbar.

Es kommt nur noch in Frage, ob mit der besonderen Form des Grenzertrags dieser Mangel, daß die Nutzenziffer nicht genau feststellbar ist, nicht vielleicht an Tragweite verliert, ob man nicht etwa darüber hinwegkommt.

Zur zweiten Frage aber gibt es durch die Konstruktion des Ertragsbegriffs bedingt nur eine Antwort: Der Ertragsbegriff ist von der tatsächlichen Preisziffer, von dem Geldbetrag, der beim Verkehrsakt tatsächlich zu zahlen ist, nicht zu trennen.  Das Wirtschaftssubjekt muß,  um seine Ertragsvorstellung zu gewinnen,  den Preis, zu dem sich der Kauf oder Verkauf abwickeln wird, als schon realisiert antizipieren.  Oder anders ausgedrückt: wenn der Preis, der auf dem Markt tatsächlich zustande kommt, sich nicht deckt mit dem Kostenbetrag, den das Wirtschaftssubjekt in seine Rechnung eingestellt hat, dann fällt diese zusammen, sie ist falsch, der Ertrag des fraglichen Gutes ist ein anderer als angenommen.

Nun fragt es sich noch, ob diese Preisziffer nicht vielleicht auch dann schon ihre Aufgabe erfüllt, wenn sie auch nicht ganz genau im Voraus erfaßt wird, so daß also Änderungen nachträglich eintreten können, ohne das Kalkül des Wirtschaftssubjekts zu stören. Auch nach dieser Richtung müssen wir den Begriff des  Grenzertrags  noch genauer betrachten.

Es läßt sich leider nicht vermeiden, hier nochmals auf LIEFMANNs Darstellung selbst zurückzugehen. Er sagt (Seite 29f): Die Befolgung des Ertragsstrebens tritt oft nicht so offensichtlich hervor, weil "der Wirtschaftsplan des Konsumenten, d. h. die Verwendung seines Einkommens sich heute auf viele Jahre, ja auf das ganze Leben erstreckt". Obwohl mit dieser Kausalzusammenhang keineswegs zwingend zu sein scheint und obwohl die Annahme jedenfalls für ungezählte Wirtschaften nicht zutrifft schon aus Gründen, die mit der Unstetheit der Einkommen zusammenhängen, so mag immerhin der Satz gelten. Er ist für den Hauptgedanken auch nicht so wesentlich. Das Wichtige liegt darin, daß LIEFMANN die Möglichkeit dieser Großperiodizität des Wirtschaftsplanes darin gegeben sieht, daß "die Preise der wichtigeren Konsumgüter ziemlich stabil sind und daher jedermann sofort weiß, wie weit er ungefähr mit einer gewissen Einkommenssumme in seiner Bedarfsbefriedigung kommen wird". Man weiß von vornherein, daß man bei seinem Einkommen gewisse Summen für gewisse Bedürfniskategorien ausgeben kann und ungefähr ausgeben muß.
    "Nur wenn ich  der  Grenze dieser Summe (d. h. die für jede Bedürfniskategorie von mir vorgesehen ist) nahe komme und es sich also dann um die Befriedigung weniger dringlicher z. B. Bekleidungsbedürfnisse (dieser Kategorie) handelt, werde ich mich fragen: soll ich dieses Geld noch für Kleidungszweck verwenden oder sind andere Bedürfnisse dringlicher? Und hier an den Grenzen der Bedarfsversorgung mit einem bestimmten Gut wird die Höhe des Konsumertrages maßgebend sein und das Gesetz der Ausgleichung der Grenzerträge zur Geltung kommen."
Also nur bei der Verteilung der letzten Einkommensquoten zweifelt das Wirtschaftssubjekt "und hier kommt es ihm daher auf eine  genaue  Feststellung der Erträge, eben der Grenzerträge an".
    Nach  Liefmann  spielt sich nun die Überlegung eines Wirtschaftssubjekts über die Verwendung seiner mit 60 Mark bemessenen Einkommensquote für Vergnügungen etwa wie folgt ab:

      I. kleine Reise II. Begastung
    von Freunden
    III. Theater-
    abonnement
    "Nutzen" 60 50 35
    Kosten 45 40 25
    Ertrag absolut 15 10 10
    Ertrag in % 33 25 40


    Der Kauf des Theaterabonnements ist zweifellos wirtschaftlich zu wählen wegen des Ertrags von 40 von Hundert der aufgewendeten Kosten. Aber dann ist die Wahl schwer: der Ertragshöhe nach käme die Reise in Frage, aber im Budget sind nur noch 35 Mark übrig und die Reise kostet 45. Soll sich der Unglücksmann entschließen müssen zuhause zu bleiben und keine Freunde einzuladen? Oder wird er den ganzen Rest sparen, kapitalisieren? Wir können von  Liefmann  freilich nicht erwarten, aß er alle diese schwierigen Fälle löst. Aber er muß zugestehen, daß in solchen Fällen mit dem Erkennen, daß der Grenzertrag zwischen 33,3% und 25% stehen wird, noch recht wenig erreicht ist. Denn wenn etwa diese Einkommensrestquote noch für ein Kleidungsbedürfnis, z. B. einen Frühjahrsrock in Frage kommt mit der Nutzenziffer 60, Kosten 50, Ertrag 10 = 20%, so ist doch nach  Liefmann  über den Kauf des Theaterabonnements kein Zweifel, obgleich mit dem Überrock das Budget viel besser ausgefüllt wäre.
Die Genauigkeit der Ertragsermittlung ist sehr wesentlich, weil durch die Ertragsrelation (Nutzen pro Kosteneinheit) die Reihenfolge der Güter bestimmt, also auch entschieden wird, ob ein Gut vom Wirtschafter noch nachgefragt wird oder nicht.

Die Genauigkeit der Grenzertragsermittlung hängt nicht weniger in der Luft als die Berechnung jedes anderen Ertrags. Ja im Gegenteil. Wie schon erwähnt, kommt hier die Schwäche, daß mit Preisen operiert wird, deren Höhe doch erst durch die Ertragsvorstellungen der Wirtschaftssubjekte zu bestimmen ist, doppelt zur Geltung. Denn LIEFMANN sagt: auf das Geldeinkommen projiziert nun der Wirtschafter gewissermaßen seine Bedürfnisse und erhält damit die Obergrenze der Kosten, die er für jedes Gut aufwenden darf. Daß das Einkommen für seine Opfermaxima, seine Pseudonutzenziffern, maßgebend ist, kann nicht als wesentlich neu gegenüber der allgemeinen Ertragscharakterisierung angesehen werden. Aber dennoch kommt hier erst recht zur Geltung, daß nicht nur die Ansetzung der  Kosten  (die realen Preise) bereits gegebene Preise zur Voraussetzung hat, sondern daß sogar diese von mir allerdings im Großen und Ganzen schon abgelehnte  Nutzen ziffer nach LIEFMANNs Konstruktion mit bedingt ist durch die Preise all der Güter, die das Wirtschaftssubjekt in seinen Bedürfniskreis einbezieht. Denn  die Budgetierung  der Individuen  erfolgt auf der Grundlage der im Augenblich der Budgetierung den Wirtschaftssubjekten bekannten Preislagen. 


Die Entstehung von Nachfrage und Angebot

Es ist also das ganze wirtschaftliche Handeln im Sinne der subjektivistischen Ertragstheorie LIEFMANNs nicht zu denken, ohne daß wir uns die Wirtschaftssubjekte über die große Masse der Güterpreise orientiert vorstellen. Weder Ertrag, noch Grenzertrag, noch der Ausgleich der Grenzerträge kommt auch nur bei einem Wirtschaftssubjekt, das Verkehrsakte durchführen will, zustande, ohne daß es von den Preisen, die irgendein zeitlich möglichst zurückliegender Markt gebildet hat, auszugehen bestrebt sein wird.

Und auch diese Voraussetzung der LIEFMANNschen Theorie ist kein neuer Gedanke, sondern es ist ein Gedanke, den ich in den von mir erwähnten Aufsätzen zu entwickeln gesucht habe, den LIEFMANN aber in seiner Bedeutung für die Preiserklärung als sekundär, das heißt wohl untergeordnet klassifiziert hat. Und nun stellt sich seine Theorie als haltlos dar, wenn man nicht dem  Trägheitsgesetz des Verkehrs,  wie ich es glaubte nennen zu sollen, Geltung zuerkennt.
    "Der Marktpreis von gestern ist es, der die Meinung von der Möglichkeit, eine Ware zu bekommen oder anzubringen, bestimmt und der vielfach geradezu der Anstoß zum Besuch bzw. zur Beschickung des Marktes von heute wird." (39)
LIEFMANN hat also durchaus nicht Unrecht, wenn er eine Art von Projektion der Bedürfnisse auf das Einkommen als ein dem realen Leben entsprechendes Prinzip ansieht, das zur Preiserklärung wesentlich mit beizutragen vermag. Aber er muß sich dann über die Alternative schlüssig werden, entweder zu sagen:
    "Die Ertragsvorstellung entsteht  mit Hilfe einer Kostenziffer,  die vom  letzten Marktpreis  ausgehen nur als Wahrscheinlichkeitsgröße konstruiert ist und die die Preishöhe darstellt, bei der tatsächlich das betreffende Wirtschaftssubjekt sich auf das Geschäft einläßt."
Oder aber wenn er diese übergreifende Wirkung der Preise für die Masse der Vorgänge nicht anerkennen will, dann muß er zugestehen, daß sein Gedankengang einen schweren  logischen Fehler  in sich schließt, denn er will die Unbekannte, den Preis mit einer Größe, dem Ertrag erklären, die selbst eine Funktion der Unbekannten und von dieser abhängig ist.

Mit dem ersten aber sagt er auch wieder nichts Neues. Denn in meinem Aufsatz heißt es weiter (40): Die Einwirkung der zustande gekommenen Preise besteht nicht nur darin, daß die außermarktlichen Preisbildungen an sie anschließen und daß die nächste Marktpreisbildung an sie anschließt, sondern diese Einwirkung beherrschft auch:
    1. den Wirtschaftsplan der Konsumenten,

    2. den Unternehmensplan all derjenigen, die auf der Befriedigung der Bedürfnisse Dritter ihre Erwerbswirtschaft aufbauen und zu diesem Zweck Aufwendungen machen.
Der Wirtschaftsplan des Konsumenten ist schlechthin aufgebaut auf bestimmten Preisvorstellungen.

Die Wirtschaftssubjekte setzen ihr Budget, ihren Haushaltsplan allerdings aus Beträgen zusammen, die sie zum größten Teil als Maxima ansehen, und daraus ergibt sich für den Markt das, was ich die nominelle Gesamtkaufkraft für alle einzelnen Güter genannt habe (41). Es ist die Unzahl individueller Nachfragen im Großen und Ganzen also  limitiert,  aber freilich dennoch je nach der Einkommensgröße und nach der Dringlichkeit der mit der Ware zu befriedigenden Bedürfnisse  elastisch.  Diese individuellen Nachfragen, von denen jede einzelne ihre Wurzel hat:
    1. in der vorausgegangenen Preisbildung und damit im letzten Marktpreis,

    2. im Rang der Ware in der Bedürfnisskala jedes Wirtschaftssubjekts,

    3. in der Einkommenshöhe desselben Subjekts.
Die sind also das Entscheidende für die Gestaltung "der" Nachfrage auf dem Markt, dessen Preisgestaltung auch wohl nach LIEFMANN das Problem der Preistheorie ist (42). Ist das aber überhaupt etwas anderes als die "in Geld ausgedrückten Bedarfsempfindungen", die LIEFMANN mit der Ertragsvorstellung entstehen läßt? (43)

Und auf der Angebotsseite: "Woher kommen die Anbieter für alle möglichen Produkte und Leistungen? Was veranlaßt sie zum Angebot und in welchem Umfang erfolgt es? fragt LIEFMANN und behauptet, die Theorie habe sich nie damit abgegeben, da sie regelmäßig nur die Preisbildung bei gegebener Angebots- oder Nachfragemenge untersucht.

Wieder kann ich geltend machen, daß ich diesem Problem der Entstehung des Angebots ein Hauptgewicht beigemessen habe, indem ich darauf hingewiesen habe (44), daß die Grundlage des Unternehmer-, d. h. Anbietererfolges im richtigen Erfassen der Spannung zwischen dem Aufwand für seine Marktlieferung und seine Vereinnahmung besteht. Auch der Unternehmer muß von den Größenelementen jener Differenz, deren Minuend hier "Erlös", deren Subtrahend "Kosten" heißen, eine halbwegs bestimmte Vorstellung haben. Setzt man statt Erlös im Sinne LIEFMANNs  Nutzen - und etwas anderes kann ja nach seiner Auffassung nicht in Frage kommen - so kann das, was ich an der zitierten Stelle ausgeführt habe, auch von LIEFMANN wohl als nichts anderes aufgefaßt werden, denn als Analyse der Angebotsentstehung mit dem, was LIEFMANN  Ertrag  nennt. Hier ist eben die Ertragsvorstellung wirklich am Platz, denn hier ist die Nutzengröße ohne weiteres als Geldziffer zu fassen und ist jedenfalls trotz der Unsicherheit, ob die Preislage, die man in die Ertragsrechnung einbezieht, sich erhalten wird, ein unvergleichlich greifbareres Substrat als die "äußerstenfalls" zugestandenen Kosten. Nur mit  Wahrscheinlichkeiten  kann man ja überhaupt rechnen, wenn man auf  den  Markt geht, auf dem Preise gebildet werden unter Mitwirkung der Nachfrager. Alle Kalkulationen, sowohl die des Konsumenten (Käufers) als auch die des Produzenten (Warenanbieters), bewegen sich in Wahrscheinlichkeitsgrößen. Der Markt mit seinen tatsächlichen Größen auf beiden Seiten gibt erst die Gewißheiten, korrigiert die Vorstellungen, scheidet die am wenigsten oder weniger tauschfähigen Nachfrager und Anbieter aus, die auch alle mit einer bestimmten Preishoffnung, aber eben nur mit einer erhofften Größe (sowohl bezüglich des Preises selbst, als auch der Mengen, für die die Geschäftsabsich auf den Preis rechnet) operierend auf den Markt kommen.

Das empfindet LIEFMANN natürlich auch. Und deshalb läßt er den Preis durch einen Anpassungsvorgang zustande kommen (Seite 39). Wenn man sich aber das, was LIEFMANN bei diesem Annäherungsverfahren im Auge hat, genau ansieht, dann stellt sich der Anpassungsvorgang nicht als ein Prozeß zur Bildung eines einzelnen Preises dar, sondern als eine in einem längeren Zeitraum sich abspielende Preisbewegung. Auf diesen Teil der Theorie LIEFMANNs ist daher noch einzugehen.


V. Die Preisbildung und das Preisgesetz

Auch wenn man LIEFMANNs eingehende ziffernmäßige Ertragsbeurteilung durch die Masse der Konsumenten nicht anerkennt, kann man folgenden sehr wichtigen Satz seiner Ausführungen unter der Voraussetzung gelten lassen, daß man den Ertragsbegriff im Sinne des "Gewinnes" der bisherigen Lehre versteht. Er sagt Seite 40:
    Das Streben nach Ertrag wirkt nun in der Weise auf den Preis ein, daß ein gewisses Mindestmaß an Ertrag, eben der tauschwirtschaftliche Grenzertrag, erzielt werden muß, damit ein Wirtschafter wenigstens auf die Dauer, ein bestimmtes Gut anbietet. Wird es nicht erzielt, so wird der teuerste Anbieter schließlich ausscheide, oder wenn die Nachfrage dringender wird, werden die Konsumenten schließlich einen höheren Preis bezahlen müssen, bei welchem er den volkswirtschaftlichen Grenzertrag noch erzielt. Dieser Grenzertrag ist ... die Differenz der Kosten und des Erlöses in Geld ... der teuersten Anbieter in allen Erwerbszweigen. Durch die  allgemeine Ausgleichstendenz wird also der Grenzertrag zu einer allgemein festen Größe, wird zum volkswirtschaftlichen Grenzertrag und wird so Bestimmungsgrund aller Konkurrenzpreise,  oder noch einfachen (Seite 43) der Preis =  den Kosten des Anbieters,  der noch den volkswirtschaftlichen Grenzertrag erzielt,  + diesem Grenzertrag. 
Man sollte meinen, daß mit dieser Formulierung klipp und klar gesagt ist, daß der Erwerbsertrag einer bestimmten Produzentenkategorie für die Preishöhe maßgebend ist. Dieser volkswirtschaftliche Grenzertrag, der beim teuersten Anbieter in jedem Erwerbszweig in Erscheinung tritt, ist zwar meines Erachtens wieder nichts anderes als der Durchschnittsgewinne, der noch erreicht werden muß, damit sich Kapital und Unternehmungsgeist einem Erwerbszweig zuwenden, derjenige durchschnittlich erreichbare Gewinn, der idealtypisch gedacht auch der Maßstab ist, an dem die Fortsetzungswürdigkeit einer Unternehmung geprüft wird, der daher auch die Ausscheidung jener ungünstiger (mit höheren Kosten als andere) produzierenden Unternehmungen aus der Reihe der Anbieter bewirkt, die nur einen niedrigeren Gewinn abwerfen, also wieder eine in der Theorie nicht so ehr neue Größe. Aber so einfach ist die Sache nach LIEFMANN eben nicht, er begnügt sich nicht damit. Der volkswirtschaftliche Grenzertrag bezeichnet den Punkt, bis zu welchem die Nachfrage noch befriedigt wird. Das wäre wohl einzusehen. Aber LIEFMANN fährt fort: Für die letzten Konsumenten, die noch befriedigt werden, ist das letzte Produkt nun "offenbar" ein Grenzprodukt, d. h. dasjenige, das sie mit dem geringsten Konsumertrag erwerben.

Dieses "offenbar" muß ich meinerseits mit einem großen Fragezeichen versehen. Dieses Zusammentreffen des Grenzerwerbsertrages des teuersten Anbieters in dessen Ware, mit dem Grenz konsum ertrag des letzten Konsumenten, so daß des teuersten Anbieters Ware gleichzeitig das Grenzprodukt des letzten Konsumenten sein muß,  kann  ja zufällig eintreten, aber irgendeinen Anhaltspunkt für eine Notwendigkeit vermag ich aus LIEFMANNs Darstellung nicht zu entnehmen. Ebenso unmotiviert ist der Satz:
    "Mindestens gelte für Massengüter, die von vielen Produzenten angeboten, von vielen Konsumenten gekauft werden, daß der Preis, den alle bezahlen, für den letzten seinen Grenzkonsumertrag bedeutet."
Der Grenzkonsumertrag des letzten Konsumenten bei Massengütern muß doch überhaupt gar nicht bei diesem Artikel in Erscheinung treten. Der letzte zum Zug kommede Käufer  A  einer Ware, die in 100 000 Einheiten verkauft wurde, kann ihm einen Ertrag von  30  bringen, während sein Ertrag für ein anderes Gut vielleicht nur auf  5  steht.

Nun sagt allerdings LIEFMANN: das gibt es nicht, denn der  volkswirtschaftliche Grenzertrag  muß ja bei allen Waren auf beiden Marktseiten, Nachfrage wie Angebot, gleich sein. Und er sei ja auch die  gegebene Größe,  von der das Angebot des wirklich abgesetzte Güterquantum und die "wirklich befriedigte Nachfrage" ihrem Umfang nach bestimmt werden (Seite 40). Dieser letzte Satz ist bezüglich des Erwerbsertrages und des Angebots ganz annehmbar (45), bezüglich des Konsumertrages und seiner Einwirkung auf die "befriedigte" Nachfrage einfach unverständlich und steht in keinem Zusammenhang mit der Suprematie [Vorherrschaft - wp] der subjektiven Bedarfsempfindung. Nur von der imaginären Überhöhung des vermuteten Preises (der Kosten) durch die maximale Opferwilligkeit (im  "äußersten Fall")  für ein Gut hängt die Ertragshöhe des Individuums ab. Erfahrungsgemäß ist aber die Budgetierung elastisch. Der  A  hat z. B. noch 30 Mark Einkommen zur Verfügung und reiht ein Paar neue Winterschuhe und 10 Zentner Kohle für die Winterfeuerung mit je 15 Mark aufgrund der bekannten letzten Preise in sein Budget ein. Nun tritt durch was auch immer für Gründe bedingt eine Steigerung des Kohlenpreises ein. Die Folge wird sein, daß er 20 Mark für die Heizung ausgibt und auf die Schuhe nur 10 Mark verausgaben kann. Solche Vorgänge, in denen unverkennbar unter dem Einfluß der tatsächlichen Marktgestaltung die effektiven Ertragsgrößen der Wirtschaftssubjekte Änderungen erfahren - denn hier sinkt ja der Kohlenertrag, wächst der Schuhertrag - kann es nach LIEFMANNs Theorie nicht geben, denn jedes Subjekt weiß ja den tatsächlichen Preis im Voraus, muß ihn im Voraus wissen, sonst könnte, wie wir sahen, die Ertragsgröße nicht berechnet werden, könnte der volkswirtschaftliche Grenzertrag nicht entstehen, nicht gegeben sein und alle Angebots- und Nachfragebestimmungen hinge in der Luft.

Was soll aber der Markt überhaupt noch, wenn die Vorstellungen der Wirtschaftssubjekte vom künftigen tatsächlichen Preis, zu dem sie kaufen und verkaufen, so richtig sind?

Und was soll denn dann eine Preiserklärung, wenn wir einfach sagen können, die tatsächlichen Kosten, zu denen jedes Wirtschaftssubjekt seinen Bedarf eindecken wird, weiß es bestimmt voraus?

Wenn also LIEFMANNs Theorie nicht offenbar dem logischen Fehler des  hysteron proteron  [das Spätere als das Frühere - wp] verfallen sein soll, dann ist die Frage aufzuwerfen, was dann geschieht, wenn die Subjekte eben nur von der Kenntnis der letzten vorausgegangenen Marktgestaltung aus mit einem  wahrscheinlichen  "tatsächlichen" Kostenbetrag kalkulieren und dieser sich auf dem Markt als unhaltbar erweist. Darüber sagt LIEFMANN kein Wort. Und das wäre notwendiger gewesen als die nach allem Vorgangegangenen höchst überraschende Frage: ob sich über den individuellen Grenzkonsumertrag des letzten versorgten Konsumenten nichts Allgemeines aussagen läßt (Seite 45).

Diese Frage bejaht er mit dem Satz: der Grenzkonsumertrag des letzten Konsumenten, der also den Preis mitbestimmt, läßt sich beim Konkurrenzpreis in Geld durch eine Grenze nach unten ausdrücken und zwar könne er nicht niedriger sein als der volkswirtschaftliche Grenzertrag, denn wäre das der Fall, so würde der betreffende Wirtschafter diese Geldsumme eben nicht zum Kauf von Konsumgütern verwenden, sondern Kapital werden lassen, womit er mindestens den volkswirtschaftlichen Grenzertrag erzielen wird.

Hier spitzt sich die Flüchtigkeit der LIEFMANNschen Grundlegung bedenklich zu. Konkret gesprochen heißt das nämlich: Damit ich mir einen Winterrock um 50 Mark anschaffe, muß mein Konsumertrag mindestens so hoch sein wie der Ertrag bei einer kapitalistischen Anlage dieser Summe.

Ich sehe ganz davon ab, daß das ja auch wieder die Antizipierung eines Preises, des Kapitalzinses, voraussetzt, oder daß die Theorie sich zumindest auf die Lösung eines anderen Problems stützt. Es genügt die Mangelhaftigkeit des Gedankens, daß sobald ein höherer Kapitalertrag erzielt werden kann, der Wirtschafter, statt zu konsumieren, sein Einkommen Kapital werden läßt. LIEFMANN bedenkt nicht die Verschiedenheit der Dauer von Kapital- und Konsumertrag. Das sind doch nicht ohne weiteres vergleichbare Größen! Nehmen wir ein Beispiel mit einem einmaligen Ertrag, das sich an der Grenze einer Einkommensverwendung bewegt (Seite 29): ein Wirtschafter gönnt sich eine Flasche guten Weines und erzielt einen Konsumertrag von 10% (d. h. ein Zehntel pro Kosteneinheit). Diesem  einmaligen Ertrag  stellt LIEFMANN ohne irgendeine Andeutung darüber, daß es sich um den Fall eines zeitlich beschränkten Ertrages handelt, den freilich nicht näher bestimmten, aber doch  offenbar fortlaufend gedachten Kapitalzinsertrag  gegenüber. Aber auch wenn man dauernde Konsumerträge heranzieht (z. B. den Winterrockertrag), ist mit dieser Gegenüberstellung ein Vergleich zweier ganz unvergleichbaren Größen verlangt, unvergleichbar zumindest für einen rationellen Wirtschafter, der alle Werte, die vergänglich sind, amortisiert.

Was soll man noch mit der  genetischen Definition,  der Preis entstehe durch einen Anpassungsvorgang? Kommt man damit über die Schwächen der sonstigen Grundlagen der Theorie hinweg?

Es konnte LIEFMANN natürlich nicht entgehen, daß der Markt sich nur selten und heute nur für gewisse Waren in einem einzigen Augenblick abspielt und damit erledigt ist. Er hat daher mit Recht den Preisbewegungsprozeß unter dem Einfluß der von den Preisen abhängigen Ertragschancen und der Ertragsausgleichstendenzen im Auge. Aber es ist eine ganz einseitige Auffassung, wenn er all die Etappen der Preisbewegung, in denen immer wieder neue Angebots-Nachfrage-Verhältnisse auftreten und zu Änderungen der Preise Anlaß geben, nicht auch als Preise gelten läßt. Es gibt eben in der Preislehre zwei Erklärungsprobleme:
    1. Die Erfassung und Erklärung der großen Gesamt bewegungstendenz  eines Preises;

    2. die Erfassung all jener Preisbestimmungseinflüsse, die neben diesen die Gesamtbewegungstendenz bewirkenden Faktoren in jedem einzelnen Preisbildungsprozeß zur Mitwirkung kommen.
Was LIEFMANN Seite 39 im Auge hat, wenn er von einem Anpassungsvorgang spricht, der sich so lange vollzieht, bis sich die Grenzerträge ausgleichen, das ist der  "natürliche Preis in der Terminologie Ricardos  und was er uns über ihn aussagt, ist pur et simple [rein und einfach - wp] die verfehmte objektive Preislehre Ricardos  mit der Einkleidung in den teilweise richtigen und greifbaren, insofern aber auch nicht neuen Ertragsgedanken.

Faßt man LIEFMANNs Preistheorie in dem Sinne, daß im Ertragsbegriff nicht der zufkünftige erst zu konstruierende Preis, nicht der Preis des nächsten Marktes, nicht die Unbekannte, sondern der zuletzt zustande gekommene Preis die entscheidende, den Kosten des Unternehmers oder dem Nutzen des Konsumwirtschafters gegenüberzustellende Größe ist: dann gewinnt sie eine ganz andere Bedeutung, dann wird sein Ertragsbegriff etwas Greifbares und ebenso natürlich auch der Grenzertrag und seiner Theorie kommt die Bedeutung zu, daß durch sie die Preislehre nach der Seite der  dynamischen Probleme  ausgebaut wird.

LIEFMANNs Theorie ist dann allerdings nicht, was er in ihr sieht, eine Preistheorie im Sinne des statischen Problems aus gegebenen Daten auf der Angebot- und Nachfrageseite den Schlüssel für die Ermittlung des künftigen Preises zu gewinnen, sondern es ist eine  Marktmengentheorie,  d. h. seine Theorie sucht
    die Gesetzmäßigkeit zu erfassen, in der die Individualwirtschaften, auf die objektiven Tatsachen des Wirtschaftslebens ebenso wie auf ihre Bedarfsempfindungen reagierend, sich zu den Entschlüssen durchringen, die für die Gestaltung von Angebots- und Nachfragemengen auf den Märkten immer wieder primär (46) den Ausschlag geben.
Nun behauptet freilich LIEFMANN, daß diese Mengen dann auch schon für den Preis, der dann zustande kommen wird, entscheidend sind, daß also die Mengentheorie auch schon sozusagen eine statische Preistheorie sei und daß seine Theorie insofern eben doch eine ganz neue Lösung darstellt. Das räume ich nur mit wesentlichen Einschränkungen ein:
    1. Die bekannte von der subjektivistischen Lehre gefundene Formel zur Auffindung des Preises als Mittellinie aus der mehr oder minder großen Masse von Angebots- und Nachfrageziffern (Preisofferten oder Limitos) behält auch neben der  Liefmannschen  Theorie ihre Geltung für die volle Lösung des Preisproblems. Denn die Formulierung, die  Liefmann  Seite 43 gewissermaßen an die Stelle setzt, ist im Wesen nur eine Umschreibung der Formel der Grenznutzentheoretiker, natürlich mit dem Begriffsschaft seiner Theorie.

    2. Außerdem sind aber diese  primären  Elemente nicht allein entscheidend. Die Tragweite dieser Entschlüsse reicht nicht voll wirksam bis zum Zustandekommen des Marktes, für den die Entschlüsse wirksam werden wollen. Das hängt schon mit zeitlichen Spannungen zusammen. Der Produzent einer Wahre steht mit dem Beschluß einer Erweiterung der Produktion z. B. unter dem Einfluß der Tatsachen des Wirtschaftslebens im Herbst; erst im Frühjahr kann er auf dem Markt mit seiner Ware hervortreten. Bis dahin können sich seine Angebotsentschlüsse ändern. Auch der technische Verlauf der Produktion bildet einen  sekundären Bestimmungsgrund  der Angebotsmengen, vor allem natürlich bei einem ausschlaggebenden Einfluß der Natur auf den Produktionsverlauf (Ernten).
Ich gehe aber in der Bestreitung der Originalität der LIEFMANNschen Theorie wie schon angedeutet noch weiter. Auch der Grundgedanke dieser Marktmengentheorie ist nicht neu. Ich räume ein, daß LIEFMANNs Theorie - natürlich immer unter der oben hervorgehobenen Voraussetzung - eine beachtenswerte Verfeinerung gegenüber der alten Lehre darstellt, eine durchgearbeitete Theorie gegenüber einem elementaren Gedanken. Aber im Grunde hat den Inhalt der Theorie auch RICARDO gedacht.
    Dessen ist sich  Liefmann  jedenfalls am wenigsten bewußt, wie sehr seine "subjektivistische" Theorie von der Herrschaft des Ertragsgedankens in den letzten Konsequenzen mit der  Ricardoschen  "objektiven" Kostentheorie nicht nur nicht in einem Gegensatz, sondern im vollsten Einklang und in Verbindung steht.  Ricardo  sagt z. B. im 30. Hauptstück: "Verringer die Hervorbringungskosten der Hüte (als NB. Problem der Preisbewegung oder Preisfortsetzung: dynamisches Problem!) und ihr Preis wird zuletzt auf ihren natürlichen Preis herabgehen, wenn auch die Nachfrage verdoppelt, verdreifacht oder vervierfacht wäre. Verringer die Unterhaltungskosten der Menschen durch eine Verminderung des natürlichen Preises der Nahrung und Kleidung, wodurch das Leben erhalten wird und der Arbeitslohn wird zuletzt sinken, ungeachtet dessen, daß die Nachfrage nach Arbeitern sehr steigen kann." Und weiter: "Sollte sich die Nachfrage nach Hüten verdoppeln, so würde der Preis derselben sogleich steigen, aber dieses Steigen würden nur vorübergehend sein, wenn nicht die Hervorbringungskosten der Hüte oder ihr natürlicher Preis gestiegen wäre. Sollte der natürliche Preis des Brotes infolge einer großen Entdeckung in der Landwirtschaft um 50% fallen, so würde die Nachfrage nicht sehr steigen, denn niemand würde mehr verlangen, als um seinem Bedürfnis zu genügen und da die Nachfrage nicht steigen würde, so würde es auch das Angebot nicht tun; denn eine Ware wird wirklich nicht angeboten, weil sie hervorgebracht werden kann, sondern weil eine Nachfrage nach ihr vorliegt. Hier haben wir also einen Fall, wo Angebot und Nachfrage sich kaum verändert haben, oder wenn sie stiegen, in demselben Verhältnis in die Höhe gegangen sind; und doch wird der Preis des Brotes um 50% gefallen sein ..."

    Ich glaube, daß  Liefmann  zumindest diese Sätze  Ricardos  mit seiner Theorie in vollem Einklang finden wird. Er muß zugeben, daß mit dem Herabsinken der Kosten einer Produktion  ceteris paribus [unter vergleichbaren Umständen - wp] bei freier Konkurrenz durch die damit verbundene Verschiebung in den "Erträgen" der Produzenten und damit überhaupt in den Ertragsverhältnissen solche Änderungen des Angebots eintreten müssen, die die Preisänderung in der Richtung der Kostenänderung notwendig nach sich ziehen. Auch bei  Ricardo  spielen die Gedankengänge, die in  Liefmanns  Preistheorie haltbar sind, wenngleich sie dort nicht formuliert sind, eine Rolle.  Ricardo  will eben, wie  Dietzel  schon einmal so richtig gesagt hat, als  business man  mit einer gewissen Sorgfalt gelesen sein, vieles was ihm selbstverständlich schien an Syllogismen, hat er unausgesprochen als vom Leser mitgedacht vorausgesetzt.
Wie bei RICARDO schon eine Verbindung der subjektiven mit der objektiven Auffassung insofern vereinigt ist, als er zwar Nachfrage und Angebot auf der Masse der Märkte also idealtypisch entscheidend sein läßt, aber für das dynamische Problem der Preisfortsetzung das Prinzip der Gravitation zu gewissen Kosten als dasjenige ansieht, wodurch die große Linie der Preis bewegung  zu charakterisieren ist, so finden wir auch bei LIEFMANN, ihm unbewußt, eine Vereinigung beider Auffassungen.

Freilich wäre streng genommen erst die Frage zu beantworten, wo die Grenze zwischen den subjektiven und den objektiven Bestimmungsgründen liegt. Aber das läßt sich kaum absolut sagen. Es kommt doch so sehr auf die Problemstellung an, darauf, was als  gegeben  angenommen ist. Es ist mit einem Wort in einigen Belangen geradezu eine Sache der Voraussetzung. Ist überhaupt die Größe und Intensität der Nachfrage nach einer Ware als rein subjektives Phänomen anzusehen, wenn bereits eine Gesetzmäßigkeit der großen Zahl zur Geltung kommt? Im Großen und Ganzen darf wohl gesagt werden, daß die Masse und in dieser wirksam die Gesetzmäßigkeit der großen Zahl zu einem objektiven Phänomen gestaltet, was im Wesen ganz subjektiv entsteht. Oder soll das Maß des Willens der Individuen maßgebend sein, etwa so, daß Tatsachen und Vorgänge, die vom Willen der beteiligten Individuen abhängig sind, als subjektiv, solche, deren Auftreten dem Willen der Individuen entrückt ist, als objektiv betrachtet werden. Wie will man dann die die Bevölkerungs- oder auch nur die Nachfragevermehrung auffassen?

Meines Erachtens ist es viel wichtiger sich darüber klar zu sein, daß jede menschliche wirtschaftlich relevante Handlung und Entschließung das Resultat auch von Vorgängen ist, die für das einzelne Individuum als außerhalb seines Einflusses stehend anzusehen sind, daß aber solche Tatbestände an Objektivität nicht einbüßen dadurch, daß sie erst durch das Individuum vermittelt in der Preisgestaltung zur Geltung kommen. Und wichtiger ist es auch, das kausative vom bloß konditionalen Element zu unterscheiden, zu trennen, was einen Impuls zur Änderung der Marktgestaltung bedeutet, von dem, was sich nur als Bedingung für das Wirksamwerden solcher Impulse darstellt.  Soll eine Preistheorie die den Preis bestimmtenden Markttatsachen "erklären", so darf sie an den kausativen, treibenden Bestimmungsgründen ebensowenig vorübergehen wie an den konditionalen.  Beide müssen bei der Erklärung des Preises berücksichtigt werden.

In meinen Untersuchungen über die subjektive Kaufkraft als Preisbestimmungsgrund (47), habe ich eingehend genug dargelegt, wie sehr das wollende Individuum und natürlich die Masse der Individuen im letzten Grund  souverän  ist darin, ob und welche Preiserhöhung und auch absolut, welche Preise sich durchsetzen. Aber diese Souveränität des subjektiven Käuferwillens vermag die Tatsache nicht zu ändern, daß der Impuls zur Preissteigerung durchaus nicht immer beim Subjekt zu suchen ist.

Die Steigerung der Preise von Häuten und Fellen, die in den letzten 15 Jahren auf dem Weltmarkt bis zu 50% und darüber erreicht hat, ist nach der subjektiven Preis- und Wertlehre aus der Preissteigerung der Lederwaren abzuleiten, die Verteuerung der Produktivgüter aus der Verteuerung des Gutes erster Ordnung.  Cum grano salis [mit einem Augenzwinkern - wp] kann diese Behauptung zugegeben werden. Aber die Kausalität ist dann aber auch nicht ganz so einfach. Es mag der Impuls in der Konsumsteigerung, also in subjektiven Nutzvorstellungen (Bedarfsempfindungen) seinen Ursprung haben, dann wird die Preisänderung (Erhöhung) auf die Dauer aber doch, wie schon RICARDO ganz klar erkannte, nur unter der Voraussetzung eintreten und sich durchsetzen, daß sich die Kosten der Beschaffung vermehrter Mengen erhöht haben. Die Preisänderung ist als  bedingt  durch die Kostenänderung,  veranlaßt  durch die Bedarfsänderung. Sie ist des weiteren noch bedingt durch eine Kaufkraftsteigerung.

Oder aber ein anderer Fall: der jährliche Bedarf an edlen Weinen mag unverändert bleiben, dennoch wird eine Preissteigerung eintreten, wenn die Produktionskosten sich erhöhen. Dann ist die Sache anders: die Preisänderung ist  veranlaßt  durch die Kostenänderung, bedingt dagegen wieder durch die Kaufkraftsteigerung, immerhin aber außerdem davon abhängig, daß das Bedarfsempfinden eine solche Stärke hat, daß auch die erhöhten Preise gezahlt werden.

Es ist also beim Problem der Erklärung von Preisänderungen der Impuls oder Anlaß von den Bedingungen und Vorausetzungen zu unterscheiden (48).

Gewiß müssen wir uns stets vor Augen halten, daß alles wirtschaftliche Geschehen mehr oder weniger bewußtes menschliches Handeln ist. Aber freilich ist dieses Handeln nicht bloß im Sinne einer primär aus dem Individuum heraus veranlaßten aktiven Lebensäußerung zu verstehen, sondern so und so oft auch in einem im wesentlichen sekundären und insofern passiven Verhalten, also in einem bestimmten Reagieren der Individuen auf die Vorgänge der Außenwelt ebenso wie in einem durch die eigenen physiologischen und psychologischen Reiztatsachen ausgelösten Wollen. Sehr praktisch gesprochen: Wenn ein Unwetter die Erntehoffnungen vernichtet und die Getreidepreise hinauftreibt, so ist die wirtschaftliche Tatsache der Preissteigerung freilich erst durch die Individuen bewirkt, aber die Primarität des objektiven Ereignisses, die Verminderung des Vorrats steht in ihrer kausalen Bedeutung doch wohl außer Zweifel.

Deshalb geht es nicht an, sich für das dynamische Problem der Preisbewegungserklärung auf einen nur subjektiven Standpunkt zu versteifen. Das Gesetz der Preisgravitation nach bestimmten Kosten ist in erster Linie die Formulierung, die für eine Theorie dynamischer Probleme in Frage kommt. Es handelt sich dabei um die Erfassung der durch die Subjekte verarbeiteten Eindrücke von schon vollzogenen Marktvorgängen (Trägheitsgesetz des Preises) wie auch sonstigen unabhängig von den individuellen Wertungen sich einstellenden objektiven Änderungen in den Voraussetzungen für die Gestaltung des Angebotes. Gewiß ist der Satz richtig, daß die Einleitung der Produktion oder der Beschaffung sonstiger Objekte des sozialwirtschaftlichen Verkehrs durch die Ertragsaussichten für den Unternehmer bestimmt wird, und ebenso hat man das Verhalten der Individualwirtschafter bei der Konstruktion ihres Budgets und diesem zufolge ihren Entschluß, für diese und jene Waren auf dem Markt als Nachfrager mit einem bestimmten Limito [Begrenzung - wp] aufzutreten, als Wirkung bekannt gewordener Marktverhältnisse, insbesondere Preise zu betrachten, mögen sie nun immerhin ihr Leitprinzip aus der Kalkulation eines Konsumertrages so gewinnen, wie LIEFMANN es meint oder etwas weniger exakt und nicht ziffernmäßig. Unter allen Umständen aber haben wir es mit einer Mitwirksamkeit anderer als bloß subjektiver Tatbestände zu tun, die den für den Markt maßgebenden Entschluß auf der Angebots- wie auf der Nachfrageseite auslösen und es bleibt eine Aufgabe der Theorie des Preises, auch diesen Zusammenhängen die volle Aufmerksamkeit zu widmen und die Gesetzmäßigkeiten zu erforschen, mit denen die Individuenmassen auf gewisse "objektive" Vorgänge der Außenwelt reagieren, oder anders ausgedrückt mit denen dieobjektiven Vorgänge  vermittelt  durch die Subjekte des Marktes für die Preisgestaltung Bedeutung gewinnen.

Ich verweise zum Schluß auf das eingangs Gesagte: Man braucht die  Bedeutung der subjektiven Preisbestimmungsgründe nicht zu leugnen, um anzuerkennen, daß auch von objektiven,  d. h. vom subjektiven Bedarfsempfinden unabhängigen  Tatsachen der Außenwelt ein Einfluß,  und nicht der geringste,  auf die Preisgestaltung ausgeht.  Daß es aber allerdings darauf ankommt, das Problem der Preisfortsetzung als ein dynamisches zu erkennen, dessen theoretische Lösung Ursachen und Bedingungen darlegen will, während sich im Gegensatz hierzu die rein subjektivistische Preislehre beschränkt zu  beschreiben,  wie bei gegebenen Markttatsachen der Preis zustande kommt.
LITERATUR Otto von Zwiedineck, Über den Subjektivismus in der Preislehre, Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Bd. 38, Tübingen 1914
    Anmerkungen
    30) "Fehlt" wäre nämlich logisch richtiger als "fällt weg" zu sagen gewesen.
    31) Ich mache auf dieses im  Liefmannschen  Sinn  "technische"  Element im  ökonomischen  Räsonnement aufmerksam.
    32) auf derselben Seite 31.
    33) Es ändert die Verfehltheit gar nicht, wenn  Liefmann  eine andere Formel wählt, indem er sagt: Ich kaufe mir für 2 Mark das höchstgeschätzte Gut, das ich dafür erhalten kann, es gewährt mir einen bestimmten Nutzen, das geringswertige Gut, für dessen Erwerb ich gerade noch 2 Mark aufwenden würde, gewährt mir "den und den" Nutzen. Die Differenz ist mein Ertrag (Seite 26). Richtig ist, daß die Kosten hier das  tertium comparationis [Drittes zum Vergleich - wp] sind, aber damit ist doch der Nutzen noch nicht auf die Kostenformel gebracht.
    34) HEINRICH DIETZEL, Theoretische Sozialökonomie, Seite 196.
    35) DIETZEL schreibt (Seite 200 a. a. O.): "Im Verlauf eines Wirtschaftslebens wird sich zwar jedes Subjekt eine Art normaler Skala seiner Bedürnisse bilden, sich in die Anschauung eingewöhnen (!), daß der Nutzen  A  höchstenfalls zehn, der Nutzen  D  neun, der Nutzen  C  acht Kosteneinheiten lohnt". Die maßgebende Überlegung gibt DIETZEL mit folgendem wieder (Seite 194): Das Subjekt erwägt 1. mit der gleichen Quote meines begrenzten Mittelvorrates kann ich den Nutzen  A  wie den Nutzen  B  usw. erlangen, 2. welcher Nutzen steht mir höher? Wenn es die Kosten an den Nutzen  A  wendet, so geschieht dies, weil es ihn dringender begehrt, als den Nutzen  B.  Ob der Nutzen  A  dessen Kosten lohnt, ob für  A  oder für  B  Kosten aufgewendet werden sollen, darüber entscheidet schließlich das Urteil, welches das Subjekt über die relative (!) Höhe der Nutzen  A,  bezüglich  B  vollkommen  frei  abgibt: der  Nutzen bestimmt die Kosten. 
    36) "Das Subjekt ist durch seine wirtschaftliche Vernunft gezwungen, dieses Urteil (ob es ein Gut kauft) nicht eher abzugeben, als bis es die relative Höhe der Kosten von  A,  bezüglich  B,  d. h. die relative Höhe der Nutzeneinbußen, festgestellt und beurteilt hat" (DIETZEL a. a. O., Seite 194). Vollständig analog LIEFMANNs Argumentation Seite 32.
    37) DIETZEL, a. a. O., Seite 194
    38) Ähnlich OSWALT, Der Ertragsgedanke, a. a. O., Seite 302f.
    39) von ZWIEDINECK, Kritisches und Positives zur Preislehre, Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 1909, Seite 83.
    40) ebd. Seite 91
    41) von ZWIEDINECK, Die Einkommensgestaltung als Geldwertbestimmungsgrund, Jahrbuch für Gesetzgebung und Verwaltung, 1909, Seite 143.
    42) Damit sind alle Wirtschaftssubjekte, die zwar auch allenfalls das "Bedürfnis" empfinden, aber durch die letzte Preishöhe einerseits (Kosten) den Rang in der Bedürfnisskala andererseits (Nutzenmaß) sich nicht für den Erwerb der Ausgabe in das Budget entschließen vom Markt ausgeschlossen.
    43) a. a. O., Seite 36
    44) Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 1909, Seite 91 und Jahrbuch für Gesetzgebund und Verwaltung, 1909, Seite 174
    45) Vgl. Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 1909, Seite 92f.
    46) vgl. OSWALT, a. a. O., Seite 386f
    47) In meinem Aufsatz "Theoretisch vernachlässigte Preisbestimmungsgründe", Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 1909, Seite 102f.
    48) Auch hierzu verweise ich auf meine Ausführungen a. a. O., insbesondere Seite 104. Ich ergänze aber mit dem vorliegenden meine dortige Auffassung. Es kommt auch auf das meist objektiv bestimmte Zahlenmüssen an und es gilt zu unterscheiden
      a) das Zahlen wollen  eines höheren Preises, bestimmt durch die Bedarfstatsachen, die Nutzvorstellung in Bezug auf die Opfergröße,
      b) das Zahlen können:  bestimmt direkt durch Einkommens- und Vermögenshöhe im allgemeinen, indirekt für eine bestimmte Ware durch die
      Preislage der übrigen Waren,
      c) das Zahlen müssen:  bei dem die Kosten vor allem zur Geltung kommen.