ra-2W. MohrmannR. LiefmannJ. SchumpeterTugan-Baranowskivon Wieser    
 
JOSEPH SCHUMPETER
Bemerkungen über das
Zurechnungsproblem


"Wir sehen, wie es nötig ist, bei der Erörterung auch nur eines kleinen Ausschnittes aus einem durchdachten System bis auf dessen letzte Grundlagen zurückzugehen, wie nichts voll verstanden werden kann ohne das Ganze. Wir sehen aber auch - was von einem tiefen erkenntnistheoretischen Interesse ist -, wieviele auch als  unmittelbare Tatsachenbeobachtungen erscheinende Aussagen von methodologischen Notwendigkeiten und den theoretischen Absichten des Autors diktiert werden, wie jeder Satz in einem exakten System zwei verschiedene Aspekte hat: Er sagt etwas ansich und er hat eine Funktion als Glied eines Organismus, dem er angehört."

I. Jeder wirklich durchdachte Gedankengang hat einen Anspruch darauf, in allen seinen Einzelheiten nachgedacht zu werden. Nicht allein, um ihr kritisch zu prüfen und weiterzubauen, ist das nötig, sondern auch, um ihn bloß wirklich zu verstehen. Mit der bloßen Lektüre ist es nicht getan, und ein Gedankengang, dem nicht mehr wird als das, muß steril bleiben für jedermann mit Ausnahme seines Schöpfers. Nur eine auf den Grund gehende Analyse läßt uns seinen Inhalt und dessen Bedeutung vollständig verstehen; nur wenn wir das Gefühl haben, zu wissen, was seinen Autor zu gerade seiner Stellungnahme in jedem Detail veranlaßte, haben wir uns ihn zu eigen gemacht; nur dann können wir wirklichen Nutzen aus ihm ziehen und ihn beurteilen. Einem Bridgespieler zuzusehen hat nur dann einen Sinn, wenn man imstande ist zu begreifen, erstens, welchem konkreten Zweck jede seiner Maßregeln dient, und zweitens welchen Beitrag jede derselben zu seiner Erreichung leistet. Fast könnte man dasselbe von einem theoretischen Gedankengang sagen: Was will sein Schöpfer mit jedem seiner Glieder? Erreicht er, was er will und wieso? Ist ein bestimmtes dieser Glieder das Resultat von Beobachtungen oder eine Annahme? Ist es eine Aussage über Tatsachen oder lediglich eine methodologische Maßregel? Alle diese Fragen muß man beantworten können; kann man das nicht, so ist man der betreffenden Theorie nicht gewachsen. Und wer für solche Dinge keinen Sinn hat, keinen Geschmack daran findet, wird niemals die Faszination verstehen, die die trockenste Materie für den Theoretiker haben kann, ganz unabhängig von irgendeiner praktischen Bedeutung - die Faszination theoretischer Arbeit selbst ohne Rücksich auf ihr konkretes Substrat; er wird der Tätigkeit des Theoretikers ebenso verständnislos gegenüberstehen, wie einem Sport, den er nicht selbst ausübt.

Aber nur höchst selten wird - besonders auf unserem Gebiet - einer Theorie jenes Recht gegeben. Selten dringt man in ihr Inneres ein, selten interessiert man sich überhaupt für sie ansich und um ihre architektonischen Formen. Die Zumutung, sich für eine Theorie um der Schönheit ihrer Formen willen zu bemühen, würden den meisten Fachgenossen einfach lächerlich erscheinen. Der Vorgang ist meist ein anderer: Man späht in einer Theorie nach ihren praktischen, womöglich politischen, Spitzen und urteilt über sie, je nachdem man dieselben billigt oder verwirft. Höchstens fällt dem Leser noch irgendeine scharf formulierte Grundannahme, ein blinkender Satz, ein wohlbekanntes Schlagwort oder sonst ein besonders hervorstechender Zug auf. Und aus diesen Elementen wählt man sich einen Zankapfel aus, um den dann erbittert gestritten wird, mit aprioristischen Obersätzen, Philosophien jeder Art, mit Analogien und Metaphern - obgleich so gar nie Klarheit erlangt werden kann und obgleich jener Zankapfel möglicherweise ganz nebensächlich ist.

Ich übertreibe nicht. Der Leser frage sich nur selbst. Er weiß z. B. sicherlich Argumente für und gegen die klassische Grundrententheorie anzuführen. Weiß er aber auch, welche Bedeutung derselben in ihrem Zusammenhang mit dem Rest des klassischen Systems zukommt und wie sie von demselben bedingt wird? Aber das ist ja der Schlüssel zu ihrem Verständnis! Ein besonders instruktives Beispiel ist von BÖHM-BAWERKs  Zinstheorie.  Kein Theoretiker kann sie übersehen und fast jeder macht eine kurze - polemische oder zustimmende - Bemerkung über sie. Kritiken derselben gibt es genug. Aber nie wurde ihr eine Analyse von der Gründlichkeit zuteil, die sie verdient. Wie viele z. B. könnten die Frage beantworten: Welche Rolle spielt in dieser Theorie der Gedanke, daß unter gewissen Umständen die Käufer eines Gutes entschlossen sind, eine ganz bestimmte Summe darauf zu verwenden, was auch immer der Preis sei? Wer sie jedoch  nicht  zu beantworten vermag - und die weitere, was von diesen Gedanken zu halten ist -, der kann von BÖHM-BAWERKs Theorie weder beurteilen noch wirklich verstehen.

Dasselbe gilt nun für die Zurechnungstheorie und ihre vollkommenste Darlegng durch von WIESER. Das ist besonders bedauerlich, da diese Theorie erstens von grundlegender Bedeutung für das moderne System der Theorie und zweitens im Großen und Ganzen unwidersprochen geblieben ist. Akzeptiert man ausdrücklich oder  de facto  und in irgendeiner Form die moderne Wertlehre, so führt der Weg zu allem Weiteren nur durch das Zurechnungsproblem hindurch, und, wie die Dinge stehen, heißt das so viel wie: durch von WIESERs "Natürlichen Wert" hindurch. Ein sorgfältiges Studium dieses Werkes läge daher sehr nahe; und doch gibt es noch immer kein Weiterbauen auf seiner Basis, ja, nicht einmal eine genügend tiefgehende kritische Analyse desselben. Und doch wäre ein solches tieferes Eingehen nötig, um es auch nur wirklich zu verstehen. Ich weiß kaum ein anderes Buch auf unserem Gebiet, das so vollständig durchdacht, so sehr aus einem Guß ist wie dieses, wenn ich das Werk von LEON WALRAS ausnehme, kaum ein anderes, das so sehr die Frucht von auf ein enges Gebiet konzentrierter Arbeit ist. Die Darstellung ist der Niederschlag sorgfältigsten Überlegung über jeden Satz, und jeder Satz ist mit Rücksicht auf das Ganze geschrieben und hat eine bestimmte Funktion innerhalb desselben - jeder entspringt einer methodologischen Absicht. Man versteht diese Theorie - und jede von diesem Rang - nicht, wenn man bloß logisch begreift, was der Autor  sagt. Das  ist ganz einfach. Wichtiger ist es, von allem Anfang an zu wissen, wo er "hinauswill", was er mit dem, was er sagt, erreichen will - kurz,  warum  er es sagt. Darin liegt die  Seele  seines Gedankengangs, sein tieferer Sinn und seine wissenschaftliche Bedeutung - und darüber sagt uns der Autor nichts ausdrücklich, sonst müßte er sich mit einem Kommentar begleiten:  Das  müssen wir uns hinzudenken. Jeder Autor, im Gegenteil, strebt danach, uns seinen Gedankengang so einfach und natürlich darzustellen wie möglich. Seine Aufgabe ist dann besonders geglückt, wenn es ihm gelingt, uns glauben zu machen, daß alles, was  folgt,  aus dem, was  vorhergeht,  ganz von selbst und naturnotwendig fließt, wenn es ihm gelingt,  seine leitende Hand unsichtbar zu machen  und die Tatsache zu verhüllen, daß alles, was er sagt, einem bestimmten Ziel dient. Die Analyse aber hat das alles aufzudecken, und erst, wenn das gelungen ist, ist ihre Aufgabe gelöst. Diese Aufgabe ist nicht leicht. Sie verlangt eine weitgehende Beherrschung des Gegenstandes und vollkommene Sicherheit in der Handhabung der methodischen und materiellen Gedanken des betreffenden Gebietes, die nur durch eigene theoretische Arbeit erworben wird. Aber sie ist auch für den Theoretiker bei weitem nicht so langweilig, als manche Leute glauben.

Eine ganz kleine solche Aufgabe wollen wir uns stellen. Wir wollen uns die konkreten Lösungen des Zurechnungsproblems näher ansehen, die von BÖHM-BAWERK und von WIESER gegeben haben. Wir analysieren also nicht etwa die ganzen Systeme dieser beiden Autoren. Auch nicht das Zurechnungsproblem in seiner ganzen Bedeutung und mit allen seinen Voraussetzungen und Konsequenzen. Darüber werden wir nur einleitend einige wenige für uns wichtige Bemerkungen machen. Schließlich wollen wir auch nicht versuchen, zu einer selbständigen Lösung des Problems zu kommen. (1) Wir wollen uns vielmehr darauf beschränken, die von jenen beiden Autoren gegebenen Lösungen zu analysieren. Dieselben finden sich bekanntlich in von BÖHM-BAWERKs Werk, und zwar in der "Positiven Theorie des Kapitals" im III. Buch (I. Abschnitt V) - die in einer älteren Darstellung enthaltenen Elemente sind, soviel ich sehe, im wesentlichen alle hier vorzufinden - und in von WIESERs Buch "Der natürliche Wert", in dessen Zentrum das Zurechnungsproblem steht - ältere Äußerungen desselben Autors über unsere Frage sind als durch diese Darlegung überholt anzusehen. Auf diese beiden Werke dieser beiden Autoren, hinter denen alles sonst über unser Problem Geschriebene an Ausführlichkeit und Wert weit zurücksteht, wollen wir uns beschränken. Besonders vollständig ist die Darlegung von WIESERs, und sie wollen wir daher zuerst betrachten und auch als Grundlage der Einführung benutzen, die wir nun kurz geben zu sollen glauben.

II. Zur Einführung mag also das Folgende dienen, wobei wir uns ganz dem Gedankengang jener Autoren anschließen, obgleich wir zumindest ihrer Ausdrucksweise nicht völlig zustimmen: Allein für unseren Zweck ist das belanglos, und so wollen wir dann unsere Diskussion durch die Hereinziehung weiterer Momente nicht komplizieren.

Aus dem Kausalverhältnis also, in dem die Güter zu unserer Bedürfnisbefriedigung stehen, aus dem Lustgefühl, das die durch ihre Konsumtion zu erreichende Bedürfnisbefriedigung verursacht, aus dem Nutzen endlich, den sie uns darbieten, erklärt sich ihr Wert. Das ist so korrekt, als es für unsere Zwecke nötig ist. Und aus den Gesetzen des Wertes ergeben sich alle Theoreme der reinen Ökonomie - auch das sei unter derselben Reserve gesagt. Aber nur Genußgüter stehen unmittelbar in jenem Kausalverhältnis zu unserer Bedürfnisbefriedigung, nur ihr Verbrauch gewährt jenes Lustgefühl, nur sie verwirklichen direkt einen Nutzen für irgendjemand. Nur ihre Nutzen und Werte sind daher durch die innere Wahrnehmung gegebene Größen, mit denen wir arbeiten, die wir als Daten unserer Probleme betrachten können. Nur für sie schließlich ergibt sich alles Weitere, d. h. jene Theoreme der reinen Ökonomie und namentlich die Gesetze der Preisbildung, ohne Anstand und gleichsam von selbst. Für alle Nichtgenußgüter, sagen wir gleich für die Produktivgüter Land, Arbeit und Werkzeuge und Rohstoffe - welche Kategorie wir in Übereinstimmung mit unseren beiden Autoren "Kapital" nennen wollen, ohne zu sagen, ob wir auch außerhalb der Zwecke dieses Artikels dasselbe tun würden - ist und Nutzen und Wert, dieses unentbehrliche Datum für "alles Weitere", nicht so unmittelbar gegeben, da diese Güter eben nicht direkt ein solches "Lustgefühl" in unserem Bewußtsein erregen. Und so können wir vor allem ihre Preise nicht ganz einfach und "ohne Abstand" ableiten.

"Auch Produktivgüter, auch Land, Kapital und Arbeit geben  Nutzen",  sagt von WIESER (a. a. O., Seite 67f). "Sie geben Nutzen, indem sie nützliche Gebrauchsgegenstände hervorbringen. Wie diese unmittelbar, so dienen sie mittelbar der Bedürfnisbefriedigung" ... "Auch die Produktivgüter, auch Land, Kapital und Arbeit müssen um ihres Nutzens willen  Wert  empfangen, sofern sie nicht im Überfluß vorhanden sind." Ihr Wert ist gleich dem "erwarteten Wert des erwarteten Ertrages" an Genußgütern. Und darin liegt nun der wahre Grundgedanke des neueren Systems der Ökonomie im Gegensatz zu dem der Klassiker. Er liegt darin,  daß  wir, vom Wert der Genußgüter ausgehend, die Theorie der Preisbildung darauf basieren und uns den Wert der Produktivgüter, den wir bei diesem Vorgehen ja auch brauchen, dadurch verschaffen, daß wir ihn aus dem der Genußgüter ableiten.' Auch die Klassiker hätten nicht geleugnet, daß Wert und Preis von einmal in fester Menge vorhandenen Genußgütern sich aus deren "Gebrauchswert" erklärt, aber der entscheidende Punkt liegt nicht darin, sondern vielmehr in dem Umstand, daß dieser Gebrauchswert zur Grundlage des Wertes  aller  Güter wird, daß er zu dem Prinzip wird, auf dem die ganze Preis- und Verteilungstheorie, ja, die ganze reine Ökonomie beruth - dadurch eine Einheit und Klarheit gewinnend, der gegenüber das klassische System nur als ein provisorisches Flickwerk bezeichnet werden kann.

Nun, das ist sehr bekannt und bekannt ist auch, daß jene Ableitung der Werte der Produktivgüter aus denen der Genußgüter nach von WIESERs Ausdruck als Zurechnung des Genußgüterwertes bezeichnet wird. Das Gesagte rechtfertigt unsere Auffassung von der Bedeutung dieser Ableitung und macht jedes weitere Wort  darüber  überflüssig, daß dieselbe wirklich eine Grundlage des Gebäudes unserer Theorie darstellt. Allein in dieser Ableitung liegt erst noch ein  Problem.  Die Produktivgüter empfangen ihren Wert von den Genußgütern, die sie erzeugen. Jede konkrete Kombination bestimmter Mengen bestimmter Arten und Qualitäten von Produktivgütern empfängt ihren Wert von der Genußgütermenge, die sie erzeugt, und der Wert der letzteren ist gegeben. Der Wert einer solche Kombination ist einfach gleich den gegebenen ihres Produktes - da man sie ja als ein potentielles Genußgut auffassen kann - und mithin selbst gegeben. Das ist ganz klar, ja selbstverständlich. Unmittelbar also gewinnen wir aus dem Wert einer bestimmten Mengen eines bestimmten Genußgutes für ein bestimmtes Wirtschaftssubjekt den Wert jener Mengen jener Produktivgüter für dasselbe, welche zur Erzeugung der ersteren nötig sind. Und daraus könnten wir einen Preis ableiten für die "Einheit jener Kombination", wie man es ausdrücken könnte. Allein damit wäre uns nicht gedient. Denn wir wollen nicht die Werte und Preise all dieser Kombinationen finden - mit denen wir wenig anfangen könnten - sondern die Werte und Preise der diese Kombinationen bildenden Produktivgüter selbst. Die Ableitung der Werte und Preise von Land, Kapital und Arbeit gibt uns ja unsere interessantesten Resultate - die Grundlagen der rein-ökonomischen Verteilungstheorie. So müssen wir also ihre Werte ableiten aus denen der Kombinationen, deren Werte ihrerseits gegeben sind durch die ihrer Produkte. Diese Aufgabe nun ist das "Zurechnungsproblem" und mit den beiden wichtigsten Löstungsversuchen desselben haben wir es hier zu tun.

Lösbar ist das Problem ganz sicher. Darüber ist jeder Zweifel ausgeschlossen durch die Tatsachen, daß Werte und Preise der Produktivgüter in der Praxis sich durch nichts von denen der Genußgüter unterscheiden, namentlich vom praktischen Wirt mit der gleichen Sicherheit gehandhabt werden und in jedem Zeitpunkt ebenso feststehen. Die Praxis also löst das Problem gewiß und beweist so seine Lösbarkit durch die Tat. Nun könnte der Ökonom ganz ebenso vorgehen wie die Praxis, oder besser, er könnte es bei dieser Tatsache bewenden lassen. Das ginge ganz ohne weiteres und tatsächlich haben das viele Theoretiker so gemacht: Weder WALRAS noch JEVONS z. B. haben eigentliche Lösungen des Problems versucht, ohne daß die dadurch entstehende Lücke besonders fühlbar wäre. Sie nehmen es als gelöst an und fahren ganz gut dabei. Woher kommt das? Nun, einfach daher, daß, solange wir unsere Werte nicht konkret feststellen und für unsere Zwecke nicht mehr als wenige Eigenschaften der Wertskalen brauchen, nur zwei Dinge essentiell sind:  Erstens  die Erkenntnis, daß die Produktivgüter ihren Wert ebenso vom Nutzen empfangen wie die Genußgüter, so daß, ungeachtet der Tatsache, daß der Wert seinen Ursprung in den Genußgütern hat, ein und dasselbe Prinzip die Werte aller Güter beherrscht und die Wertskalen aller dieselben Formcharaktere haben, und  zweitens  die weitere Erkenntnis, daß der Wert der Produktivgüter sozusagen von den Genußgütern kommt, die sie erzeugen können, und daß das Zurechnungsproblem im Prinzip lösbar ist. Seine theoretische Lösung kann angesichts der vor uns liegenden praktischen überhaupt als überflüssig erscheinen. Da ferner für den theoretische Bau, den die Zurechnungstheorie zu tragen hat, nur jene beiden Punkte wichtig sind, so ergibt sich, daß die Details einer theoretischen Lösung, im gegenwärtigen Stadium unserer Disziplin wenigstens, für alles Weitere belanglos sind. Daher wird sich insbesondere auch eine fehlerhafte Lösung des Zurechnungsproblems nicht weiter unangenehm bemerkbar machen und zu keinen Fehlern im weiteren Räsonnement führen.

Dieser Sachverhalt erklärt nicht nur, sondern rechtfertigt bis zu eingem gewissen Grad die Apathie, die die Theoretiker diesem Problem gegenüber zur Schau tragen. Aber seine konkrete Lösung ist darum noch nicht uninteressant. Abgesehen davon aber ist sie ein integrierender Bestandteil jeder vollständigen, ganz auf den Grund gehenden Theorie, dessen Fehlen ein beschämendes Armutszeugnis ausstellt. Ferner führt die Arbeit an einer solchen Lösung tiefer und besser als irgendetwas in das Verständnis und die genaue Kenntnis des Sinnes und Wesens des Wertphänomens ein und regt zu einer korrekten Ausarbeitung der Wertlehre an. Endlich aber  kann - und  wird  zweifellos in der weiteren Entwicklung der Theorie - diese Lösung auch praktisch wichtig werden. Wir dürfen nie vergessen, daß der Fortschritt des Wissens nicht auf Lösungsversuchen der regellos auftauchenden praktischen Fragen beruth, sondern in viel höherem Grad auf stetiger, desinnteressierter Arbeit an unseren theoretischen Gebäuden selbst, deren Resultate nur selten eine sofortige praktische Anwendung finden, aber sehr oft unversehens eine Bedeutung gewinnen, an die ihre Schöpfer weder dachten noch denken konnten. Auf alle Fälle ist es nur die Technik jener konkreten Lösung und sonst nichts, was hier unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen soll.

Wir hätten nun noch manches zu sagen, namentlich über eine präzisere Fragestellung, welche ich für notwendig halte. Allein ich möchte den Leser nicht schon hier beeinflussen. Meine Bemerkungen werden sich besser aus der Diskussion der Gedankengänge ergeben, welche wir nun so getreu wie möglich wiederzugeben wünschen. III. von WIESER geht aus von einer Kritik des Lösungsversuches MENGERs und leitet den Leser mittels dieser Kritik zu dem Satz, der er als Grundprinzip seiner eigenen Lösung des Problems betrachtet wissen will. MENGERs Räsonnement ist, mit von WIESERs Worten (a. a. O., Seite 80f), das folgende:
    "Wenn ich einen Vorrat von Genußgütern besitze, so mache ich mir den Wert eines einzelnen Stücks aus dem Vorrat dadurch am klarsten, daß ich annehme, ich würde dieses einen Stückes verlustig. Dadurch ersehen ist, welcher Genuß von demselben abhängt - der Grenzgenuß, wie oben gezeigt - und erkenne damit die Quelle und Größe seines Wertes. Dieses Verfahren überträgt nun  Menger  auf den komplizierten Fall, daß man den Wert eines einzelnen von mehreren zusammenwirkenden Produktivgütern zu bestimmen hat. Er fragt auch hier danach, was die Folge wäre, wenn aus der ganzen Gruppe verfügbarer Güter - als z. B. Land, Saatkorn, landwirtschaftliche Geräte und Arbeitsleistungen, Vieh, Dünger usw. - ein einzelnes - z. B. das Arbeitsvieh oder der Dünger - bzw. eine bestimmte Teilmenge desselben verloren ginge. Der Ausfall am Gesamtertrag, der unter dieser Voraussetzung eintritt, gibt ihm dann die Ertragsgröße, welche der Eigentümner vom Besitz der betreffenden Teilmenge abhängig fühlt, und gibt ihm damit die Grundlage des Wertes derselben."
Die beabsichtige Produktion braucht durch einen solchen Ausfall noch nicht unmöglich zu werden. Vielleicht kann man auch ein Surrogat heranziehen. Aber auch wenn beides nicht tunlich ist und diese Produktion aufgegeben werden muß, brauchen die übriggebliebenen Gütermengen nicht jeden Wert zu verlieren, sondern können - und werden in der weitaus größten Zahl der Fälle - anderweitig verwendet werden. Immer aber wird sich so ein Ausfall am Wert des Ertrages ergeben, wie man leicht sieht, wenn man sich der Voraussetzung erinnert, daß jene nunmehr gestörte Produktion die unter den gegebenen Verhältnissen vorteilhafteste war. Und dieser Ausfall ergibt nach MENGER den Wert des weggefallenen Produktivgutes.

von WIESER sucht nun zunächst am folgenden Beispiel zu zeigen, daß diese Lösung nicht richtig sein kann.
    "Angenommen, drei Produktivgüter versprächen beim rationellsten Produktionsplan durch ihre Verbindung ein Erzeugnis, dessen Wert zehn Werteinheiten betrüge. Würde man dieselben drei Elemente anders verwenden, in Verbindung mit anderen Gruppen, so würden sie deren Ertrag zwar steigern, aber es streitet gegen die Voraussetzung des rationellsten Produktionsplanes, daß sie ihn auch um volle zehn Werteinheiten steigern könnten, denn sonst wäre die gewählte Produktionsverbindung eben nicht die beste ... Nehmen wir an, jene drei Elemente, anders als nach dem besten Plan verwendet, brächten einen Ertrag von neun Einheiten hervor, indem jedes einer anderen Gruppe zugewiesen würde und deren Ertrag um drei Einheiten steigerte. Wie würde sich der Wert eines jeden von ihnen nach  Menger  berechnen? Aus dem Ertragsausfall im Fall des Verlustes. Dieser Ausfall beträgt zunächst zehn Einheiten - den vollen Ertrag der gesprengten besten Verbindung -, wovon jedoch sechs durch eine anderweitige Verwendung der beiden erübrigenden, nicht in Verlust geratenen Elemente wieder hereinkommen; er stellt sich also schließlich, und zwar für jedes der drei Güter, gleichmäßig auf vier. Das gäbe für alle drei zusammen den Wert zwölf, was aber nicht angeht, da sie bei der besten Verwendung nicht mehr als den Ertrag zehn hervorbringen."
Dieses Ergebnis betrachtet von WIESER als einen Fehler, der so offenbar ist, daß er sein  Vorhandensein  gar nicht besonders nachweist, sondern direkt nach seiner  Ursache  fragt. Diese Ursache, dieser Fehler im Verfahren, der zu diesem evidenten Fehler im Resultat führt, findet er in dem folgenden Umstand, der für uns von größter Bedeutung ist und daher der Aufmerksamkeit des Lesers besonders empfohlen ist:  Man prüfe den Wert seiner Güter im allgemeinen nicht unter der Annahme ihres Verlustes, sondern ihres ruhigen Besitzes. 
    "Die Annahme des Verlustes dient nur unter gewissen Umständen dazu, den Vorteil des Besitzes deutlicher erscheinen zu lassen ... Dies gilt aber nur unter gewissen Umständen, nämlich gerade unter denen, die für einen Vorrat gleichartiger Genußgüter zutreffen, wo ich, wenn ich in Gedanken  ein  Gut abziehe, eben  nur dieses eine Gut  und nichts weiter abziehe; aber es gilt nicht für einen Vorrat verschiedenartiger und zusammenwirkender Produktivgüter, wo ich, wenn ich in Gedanken  eines  abziehe,  auch noch die anderen eines Teiles ihrer Wirkung beraube." 
Damit stehen wir vor dem für von WIESER entscheidenden Moment,  der  Unterscheidung zwischen dem Ertragsanteil eines Produktivgutes, der durch seinen Verlust verloren wird - dem "von seiner Mitwirkung abhängigen Anteil" - und dem Ertragsanteil, der durch seinen Besitz erreicht wird - seinem "produktiven Beitrag."' Die Auffassung, daß diese beiden Größen nicht identisch sind, ist für von WIESERs Lösung unseres Problems von fundamentaler Bedeutung, wie wir noch deutlicher sehen werden.

Aber noch ist unser Referent noch nicht am Ende. Wir wollen so genau wie möglich sein und es daher noch weiter ausdehnen. Zunächst entwickelt von WIESER seinen Gedanken, daß das Wegfallen eines einer Gruppe angehörigen Gutes auch die anderen Glieder der Gruppe eines Teils ihrer Wirkung beraubt, noch weiter. Und da sich, wie gesagt, der konzise [gedrängte - wp] Gedankengang von WIESERs nicht komprimieren läßt, so müssen wir ihn eben zum Teil abschreiben.
    "Eine jede produktive Verbindung gibt die volle Wirkung ihrer Elemente nur bei einem ungestörten Bestand und ich kann daher den Wert, den ich bei einem ungestörten Bestand empfange und genieße, nicht erfahren, wenn ich die Aufhebung der Verbindung voraussetze und mich frage, was ich alsdann noch hätte. Ich muß positiv fragen, was ich von den Gütern, so wie sie mir zu Gebote stehen, wirklich habe. Die in erster Linie stehenden,  die vorzüglichsten und zunächst unbeabsichtigten  produktiven Verwendungen, nicht die in zweiter Linie stehenden, nur im Ausnahmefall einer Störung durchgeführten Verwendungen entscheiden den Wert. Zwei Personen, die sich genau in den gleichen Verhältnissen befinden und die über die beste Anordnung der Produktion übereinstimmend urteilen, müssen offenbar ihrem produktiven Besitz durchaus gleichen Wert zuerkennen, auch wenn der eine für den Fall der Störung eine bessere Auskunft wüßte als der andere. Nach  Menger  aber müßten sie unter dieser Voraussetzung den Wert verschieden bemessen, und zwar derjenige höher, der die schlechtere Auskunft hat, denn ihm müßte umso viel mehr daran gelegen sein, daß die Störung nicht eintritt. Die Annahme des Verlustes reicht dazu aus, um den Ertrag aufzuteilen, den die Elemente einer Verbindung in anderen Verbindungen wieder gewähren, aber sie versagt ihre Wirkung, wenn es sich darum handelt, auch noch den Überschuß zu verrechnen, um welchen die erstgewählte Verbindung allen anderen überlegen ist. Dieser Überschuß bleibt als unverteilter Rest des Ertrages, bezüglich dessen das Problem der Zurechnung nicht gelöst ist, sondern sich wiederholt."
Und diesen Überschuß verrechnet MENGER falsch, wenn er ihn jedem einzelnen Faktor zuweist. Deshalb fällt der Wert im obigen Beispiel zu hoch aus. Dort ist jener Überschuß gleich eins und da ihn MENGER dreimal rechnet statt einmal, so ergibt sich das Paradoxon, daß die Teile sozusagen größer sind als das Ganze.

Diese Kritik MENGERs, die auch zu einer ähnlichen von BÖHM-BAWERKs führen könnte, gibt also die Grundlage für von WIESERs eigene Lösung ab, welche nun ganz kurz dargelegt werden kann. Es handelt sich von WIESER also um die Feststellung des produktiven Beitrages der einzelnen Produktivgüter. Dieser ist nach ihm die Basis ihres Wertes und weiter die Basis des volkswirtschaftlichen Verteilungsprozesses. Seine Feststellung nun ist unser eigentliches Problem und dasselbe wird von von WIESER durch folgende Überlegung gelöst, die sich aus § 23 a. a. O. abstrahieren läßt:

Wir sehen, daß die Produktivgüter in mannigfaltigen Kombinationen miteinander stehen, den verschiedenartigsten Zwecken in ebenso verschiedenartigen Kombinationen zugeführt werden. Jene, bei denen das nicht der Fall ist, welche z. B. nur einer Verwendung dienen, haben zusammen den Wert dieser Verwendung, ihre Anteile daran aber sind ununterscheidbar und ihre einzelnen Werte daher unbestimmt. Es besteht da nur eine Gleichung zwischen mehreren Unbekannten. Solche Produktivgüter stellen aber nur ebenso seltene wie bedeutungslose Ausnahmefälle dar, wie man leicht sieht. Und für alle anderen führt diese Gleichsetzung der produktiven Beiträge und des Wertes der Produkte sehr wohl zu einem Resultat. Jedes Gut und auch jedes Produktivgut, das mehrere Verwendungen gestattet, wird nämlich auf dieselben so verteilt, daß die in jeder derselben realisierten Grenznutzen einander gleich sind. Sonst wäre ja eine andere Verteilung des Gutes auf seine Verwendung vorteilhafter, und es würde  mehr  von ihm auf jene derselben verwendet werden, welche höhere Nutzeffekte darbieten als die anderen. Daher hat also jedes Gut, einerlei, ob Genuß- oder Produktivgut, einerlei ferner, ob es nur eine oder viele Verwendungen findet, nur einen Grenznutzen. Nicht er also unterscheidet die verschiedenen Verwendungen voneinander. Was dieselben unterscheidet, ist die verschiedene Menge unseres Gutes, die den einzelnen gewidmet wird. Diese Menge ist aber gegeben: Um sie zu finden, brauchen wir uns nur die Produktionsprozesse anzusehen. Sie und die Summe der Werte der an einem Produkt mitarbeitenden Produktivgüter sind also  Daten  des Problems. Was fehlt, was wir zu  suchen  haben, sind also nur die Werte der Einheit jedes Produktivgutes. Und diese Werte sind, wie wir sahen, gleich in allen Kombinationen, so daß jeder derselben eine und nur eine Unbekannte darstellt. Seien also drei Produktivgüter an der Erzeugung von drei Arten von Produkten beteiligt, so kann man, wenn man die Werte der Einheiten der ersteren respektive mit  x, y, z  bezeichnet, mit Hilfe von hypothetischen Zahlen, zu den Gleichungen kommen, die von WIESER auf Seite 87 aufstellt:
     x + y = 100
    2x + 3z = 290
    4y + 5z = 590
aus denen man  x, y, z  berechnen kann, womit dann auch, wie man sieht, die produktiven Beiträge der einzelnen Produktivgüter gefunden sind. Daß man weniger Gleichungen haben kann als Unbekannte, ist nicht unmöglich, aber in der überragend großen Mehrzahl der Fälle nicht zu fürchten - eher das Gegenteil. Und somit ist dann das Zurechnungsproblem im Sinne von WIESERs gelöst. Was er weiter sagt, dient nur der Verteidigung, Diskussion und Anwendung dieser Lösung. Wir werden auf einiges davon noch zu sprechen kommen, können aber vorläufig unser Referat schließen.

IV. Nun wollen wir uns diesen Gedankengang näher betrachten, ihm eine gründliche Analyse zuteil werden lassen, was uns dann zu einer Würdigung seiner Bedeutung hinüberleiten wird. Was will der Autor? Mit welchen Mitteln strebt er nach seinem Ziel? Erreicht er das Ziel und was ist von Ziel und Mitteln zu halten? Diese Fragen hat sich jede Analyse zu stellen und ihre Beantwortung liegt, wie wir einleitend auseinandersetzten, keineswegs schon in der Vorführung und im bloßen logischen Verständnis des Gedankengangs, sondern führt, wenigstens bei einem Werk wie das diskutierte, tief in seine Grundlagen und in die Grundlagen des ganzen Gegenstandes.

Nun, was will unser Autor? Er will die produktiven Beiträge der Produktionsfaktoren feststellen. Allein das wäre eine sehr oberflächliche oder doch nur eine präliminäre [vorläufige - wp] Antwort. Denn der Begriff des "produktiven Beitrags" selbst ist ja ein vom Autor zu seinen Zwecken geschmiedetes Werkzeug, und zwar auch dann, wenn ihm etwas in der Wirklichkeit entspricht, auch dann, wenn eine Tatsachenbeobachtung dazu geführt hat. Er ist ein Glied des Gedankenganges und bedarf als solches selbst der Analyse. Wir müssen weiter vom Werk des Autors zurücktreten, um es als Ganzes betrachten zu können, - ihm seine Prämissen und methodologischen Hilfsmittel  a limine  [von Anfang an - wp] zuzugestehen und selbst, dieselben  nur ansich  und nicht auch in ihrer  theoretischen  Rolle zu untersuchen, hieße auf eine Analyse überhaupt verzichten. Wir müssen unsere Frage also anders beantworten, und zwar etwa so: Das Ziel von WIESERs ist, die Werte und Preise  aller  Güter aus den Werten der Genußgüter abzuleiten und namentlich das Problem der Verteilung des Produktionsertrages auf dieser Grundlage zu lösen. Zu diesem Zweck wünscht er - und hält er es für notwendig -, den Wert jedes Produktes auf die zu seiner Produktion mitwirkenden Güter zu verteilen. Das ergibt sich ganz klar aus unserer Darstellung seines Gedankengangs, aus jeder Zeile seines Werkes; das ist das Ziel, das ihm beim Schreiben jeder Zeile, von der ersten angefangen, vorgeschwebt hat. Und dabei ist eben folgender Gedanke fundamental: Der Wert ankert im Nutzen und der Nutzen entsteht in den Genußgütern. Die Produktivgüter empfangen ihren Wert von den Genußgütern,  derselbe strahlt auf sie zurück wie das Licht eines leuchtenden Körpers auf eine von ihm bestrahlte Wand.  Und wie die auf die Wand gestrahlte Lichtmenge sich auf ihre einzelnen Flächenelemente verteilen muß, so auch der Wert der Genußgüter auf jedes ihrer Produktionselemente. Diese können nicht mehr als den gesamten Wert ihrer Produkte; aber auch nicht weniger als diesen ganzen Wert, da er eben  ganz  von ihnen abhängig ist. Und ebenso folgt daraus, daß sie sich in denselben  teilen  müssen, und daher,  daß in der Auffindung einer Regel für eine solche Aufteilung die Lösung des Zurechnungsproblems gelegen sein muß.  Wie klar und zutreffend und doch - wie wir sehen werden - wie gefährlich ist diese Analogie! Doch liegt es mir natürlich fern, zu sagen, daß sie allein für diesen Gedankengang verantwortlich ist. Vielmehr ist jedes Glied derselben durch eine Tatsachenbeobachtung gestützt: Die Produktivgüter stellen potentielle Genußgüter dar, - klar also, daß sie den gleichen Wert haben müssen, wie wirkliche Genußgüter. Die Erfahrungstatsache, daß eine Kombination bestimmter Mengen von Produktionsgütern, die zu Erzeugung einer bestimmten Menge eines Genußgutes ausreicht, ebenso gewertet wird wie die letztere selbst, bestätigt das vollkommen. Und sie scheint den Aufteilungsgedanken zu sanktionieren.

Man kann also wohl sagen  erstens,  daß von WIESERs Problemlösung dem Zweck der  Aufteilung  der Wertgröße der Produkte unter die Produktivgüter gilt, und zweitens, daß diese Aufteilung der  Werte  die Aufteilung der  Produkte  unter die Besitzer der Produktivmittel erklären soll. Diesen beiden Aufteilungen sollen in seinem Sinn parallel gehen, noch mehr, sie sollen als das Resultat von ein und demselben Vorgang erwiesen werden - das ist  ein,  wenn nicht  der  Grundgedanke des Buches. Diese beiden Aufteilungen müssen wir ferner streng scheiden, wenngleich die meisterhafte Darstellung unseres Autors sie scheinbar untrennbar verschmilzt. Wir werden später sehen, daß diese Scheidung die Fragestellung des Zurechnungsproblems erheblich alteriert [verändert - wp].

Das sind also die Zwecke unseres Autors; und zwar sehen wir nun tiefer in dieselben, als wir es tun könnten, wenn wir uns damit begnügen würden, die Wertzurechnung nur ansich und nicht auch mit Rücksicht auf  das  betrachteten, was sie für uns leisten soll. Unter dem Zeichen dieser Zwecke - sagen wir, um das Wichtigste herauszuheben, unter dem Zeichen der angestrebten Verteilungstheorie - stehen nun die einzelnen Maßregeln, die zu ihrer Erreichung führen sollen, und die Details der Darstellung. Vor allem muß die Wertzurechnung, wenn die den Produktivgütern zugerechneten Werte direkt und ohne weiteres ihren Anteil am Produktionsertrag abbilden sollen, so eingerichtet werden, daß alle freien Güter den Wert Null erhalten, daß sie mit anderen Worten von der Wertverteilung ebenso ausgeschlossen werden, wie sie von der Verteilung des Produktionsertrages ausgeschlossen sind. Denn sonst würde sich eine Diskrepanz zwischen unseren beiden "Aufteilungen" ergeben. Auch freie Güter geben Nutzen, auch freie Güter finden sich in den Produktionskombinationen. Aber ein Wert darf ihnen nicht zugesprochen werden, wenn sich nicht eine solche Diskrepanz ergeben und der Plan, die Verteilungstheorie direkt auf die Lösung des Zurechnungsproblems zu stützen, unmöglich werden soll. Abgesehen von diesem letzteren Umstand und ohne Rücksicht auf diesen Plan würde uns nichts zu dieser Stellungnahme zwingen und es ließe sich, wie wir das noch genauer zeigen werden, auch eine Lösung unseres Problems denken, welche auch freien Gütern Wert zuweist und für die die Gleichheit des Wertes der Produktionsmittel einer Kombination und des Wertes ihrer Produkte bei weitem nicht so zwingend ist, bzw. eine andere Rolle spielt. Vom Standpunkt dieser methodologischen Absicht aber muß der Produktwert aufgeteilt werden, und zwar nach einem Prinzip, das mit dem der Aufteilung des Produktionsertrages übereinstimmt. Ertragsaufteilung  soll  Wertaufteilung sein und daher  muß  auch die Wertaufteilung der Ertragsaufteilung entsprechen. Dieses "muß" entspringt aber nur - wenigstens so weit - einer methodologischen Notwendigkeit, welche ihrerseits aus dem Plan des Autors geboren ist. Und da der Wert der Produktivgüter sich in allen Stücken genauso verhalten soll wie der der Genußgüter - da er dasselbe ist und dieselbe Funktion erfüllt wie dieser -, so muß auch der Genußgüterwert in derselben Weise eingerichtet werden, so muß auch er für freie Güter gleich Null und überhaupt proportional dem Preis aller Güter sein. Und so führt und dann die Diskussion der konkreten Problemlösung unseres Autors bis auf seinen Wertbegriff zurück und ermöglicht es uns,  diesen in seiner Rolle als Werkzeug desselben zu verstehen.  Wir sehen dabei, wie es nötig ist, bei der Erörterung auch nur eines kleinen Ausschnittes aus einem durchdachten System bis auf dessen letzte Grundlagen zurückzugehen, wie nichts voll verstanden werden kann ohne das Ganze. Weiter sehen wir aber auch - was von einem so tiefen erkenntnistheoretischen Interesse ist -, wieviele auch als unmittelbare Tatsachenbeobachtungen erscheinende Aussagen von methodologischen Notwendigkeiten und den theoretischen Absichten des Autors diktiert werden,  wie jeder Satz in einem exakten System zwei verschiedene Aspekte hat:  Er sagt etwas ansich und er hat eine Funktion als Glied eines Organismus, dem er angehört. Und nur beide Aspekte zusammen reichen zu seiner Beurteilung aus.

Aber ehe wir auf von WIESERs Wertbegriff eingehen, müssen wir zur Vermeidung von Mißverständnissen hervorheben, daß auch jeder Schritt seines Gedankengangs, den wir eben betrachteten, auf der Basis von Tatsachen steht. Sicherlich ist es wahr, daß der praktische Wirt sich freien Gütern gegenüber gleichgültig und achtlos verhält. Es liegt nahe, auch den Wertbegriff so zu fassen, daß freie Güter außerhalb seines Machtbereichs stehe. Er soll uns ja dazu helfen, ein Bild des wirtschaftlichen Handelns zu konstruieren. Reagiert das letztere nicht auf freie Güter, so braucht und soll er das auch nicht tun. So kann man also einerseits gewiß sagen, daß von WIESERs Gedankengang soweit auf die Tatsachen paßt, und andererseits, daß eine Tatsachenbeobachtung zu ihm geführt haben mag. Das bestreiten wir durchaus nicht. Wir sagen nicht, daß von WIESER den Tatsachen willkürlich Gewalt antut. Wir wollen nur hervorheben, was uns so wichtig scheint, nämlich daß in einem System wissenschaftlicher Gedanken die einzelnen Tatsachen durch das Band der Zwecke des Autors miteinander verbunden sind und daß dieses Band der Tat desselben seine Ursprung verdankt und nicht einfach dem "Kausalzusammenhang" zwischen den Tatsachen. Keine Theorie ist eine bloße Katalogisierung von Tatsachen und durch Verifizierung jedes ihrer Glieder an denselben allein kann man nie in ihr Inneres eindringen. Der Autor braucht sich nicht bewußt zu sein, daß er den Fakten etwas hinzufügt, im Gegenteil, seine Theorie ihm immer nur als reife Frucht von Tatsachenbeobachtungen erscheinen und daß er über sie nachgedacht und sie gemeistert hat - das kann er leicht selbst übersehen. Bei jedem Schritt steht auch unser Autor auf der Basis von Tatsachen, aber dieselben erzwingen nicht jeden seiner Schritte - sie ließen sich auch anders behandeln und wir werden sehen, daß das nicht weniger natürlich auszusehen braucht - oder vielmehr, sie tun das nur unter der Voraussetzung  seiner speziellen Absichten.  Auch der "Aufteilungsgedanke" scheint ganz einfach durch die Tatsachen gegeben und erst bei der Betrachtung des ganzen Gedankengangs stellen sich Zweifel darüber ein.

Nun, wir sahen, welche Ziel von WIESERs Wertbegriff dienstbar sein und welchen Bedingungen er genügen muß. Wie also sieht dieser Wertbegriff aus und wie kommt er zu ihm? Er geht aus vom  Gossenschen Gesetz  der Bedürfnissättigung. Mit Zunahme der Sättigung sinkt die Intensität der Bedürfnisregungen, mithin die Lust, die ihre Befriedigung gewährt. Aufgrund dieser Tatsache kann man für jedes Gut eines jeden Individuums eine Intensitätsskale der Bedürfnisse konstruieren, die stetig sinkt, entsprechend der Menge, die das Individuum von einem Gut schrittweise hinzuerwirbt. Diese Intensitätsskala kann als eine graphische Darstellung des  Gossenschen Gesetzes  aufgefaßt werden. Ich setze voraus, daß diese Bemerkungen vom Leser verstanden werden, und gehe nicht näher auf die Sache ein. Unsere Skala drückt die Lust aus, die die Konsumtion der jedem ihrer Punkte entsprenden Teilmenge des Gutes dem Individuum verursacht und evidentermaßen den Nutzen jeder Teilmenge für dasselbe. Aber hier ist eine erklärende Bemerkung nötig. Nicht der Nutzen der  ganzen  Menge, die ein Individuum von einem Gut besitzt, wird uns durch unsere Skala versinnlicht. Eine Skala dieser Gesamtnutzen würde anders aussehen. Was in der unseren zum Ausdruck kommt, ist, wie das noch gezeigt werden wir, nur der Nutzen jedes Teilchens derselben, der ihm unter der Voraussetzung zukommt, daß alle intensiveren Bedürfnisregungen befriedigt sind.

Da sich nun der Wert aus dem Nutzen erklärt, so läge es nahe, diese Skala einfach als Wertskala zu bezeichnen. Allein von WIESER verweist darauf, daß Wert und Nutzen, wie bekannt, nicht Hand in Hand gehen, daß sehr nützliche Güter oft gar keinen Wert haben und umgekehrt. Und er entwickelt eine Theorie, die dieses Moment klarstellen soll und die man eine Philosophie des wirtschaftlichen Wertes nennen könnte. Der Wert ist danach ein Index, den wir an den wirtschaftlichen Gütern zum Zweck des wirtschaftlichen Handelns anbringen - und folgeweise nur an jenen, die ein solches wirtschaftliches Handeln erfordern, also jenen, die nicht "frei" sind. Das Ziel der Wirtschaft ist ein Maximum an Nutzen. Und das Maximum an Leistung für unsere Wohlfahrt geben uns gerade freie Güter am vollständigsten. Aber sie tun es, ohne daß wir uns um sie bekümmern: Wir können uns an ihrer Leistung für uns erfreuen, ohne die Güter selbst, die sie uns darbieten, beachten zu müssen. Nur mit Widerstreben tun wir das; nur mit Widerstreben und nur dort, wo es nötig ist, übertragen wir unser Gefühl der Befriedigung auf unseren Besitz konkreter Güter, dann nämlich, wenn wir nur über einen im Verhältnis zu unseren Bedürfnissen geringen Vorrat verfügen. Nur dann wird unsere Befriedigung in Beziehung zu einem Vorrat konkreter Güter gebracht, nur dann wird unser Lust- zum Wertgefühl, nur dann entwickelt sich der Nutzen der Güter zum Wert. Aber auch dann geschieht das nur bis zu einem gewissen Grad und stets zeigt sich die Suprematie [Vorherrschaft - wp] des Nutzens.  Ihn  und nicht den Wert streben wir an und, wo ein Konflikt zwischen beiden entsteht - z. B. wo eine Verringerung unseres Besitzes eine Steigerung des Wertes zur Folge hätte -, fragen wir nicht nach dem Wert, sondern nach dem Nutzen. Die Funktion des Wertes ist nur die, uns dort, wo das nötig ist, einen kurzen handlichen Ausdruck zu geben, mit dem wir rechnen können. "Der Wert ist die Rechenform des Nutzens" - einer jener glänzenden Sätze, an denen dieses Buch so reicht ist, die gleichsam Kristalle einer langen Gedankenarbeit sind.

Was ist also der Wert? "Der wirtschaftliche Wert in ein Grenzwert." Jene Rechenform des Nutzens ist nach von WIESER gegeben durch den Grenznutzen jedes Gutes, einen Begriff, den wir als bekannt voraussetzen: Es ist die Intensitätsgröße des Nutzens des zuletzt erworbenen Teilchens, der geringste Nutzen von allen, die die einzelnen Teilmengen eines Gutes ihrem Besitzer gewähren. Damit rechnen wir  in praxi,  sagt von WIESER. An der Grenze eines beschränkten Gütervorrats wird der Nutzen zum Wert, zum Index für die Zwecke wirtschaftlichen Handelns. Der Gesamtwert eines Gütervorrates ist nach ihm nicht die Summe der Nutzen der Teilmengen, sondern das Produkt aus Grenznutzen und besessener Menge.

Nun, das werden wir zu würdigen haben. Jetzt interessiert uns vor allem der Umstand, daß dieser Wertbegriff essentiell für die dargelegte Lösung des Zurechnungsproblems ist. Was uns WIESERs Gleichungen zu finden gestatten sollen, ist  dieser  Wert, und dieser Wert ist es auch, der nach von WIESER die Aufteilung des Produktionsertrages bestimmt. Jene Summe der Nutzen der Teilmengen jedes Produktivgutes könnte man  so  nicht finden und diese Summen würden zusammengenommen auch größer sein, als der aufzuteilende Wert. So ist dann diese Wertdefinition für  diese  Lösung des Zurechnungsproblems unentbehrlich - die einzig mögliche. Und wenn wir der eben vorgeführten Werttheorie nicht ganz zustimmen sollten, nicht finden sollten, daß sie zwingend zu dieser Wertdefinition führt, so werden wir in diesem Umstand den Hauptgrund für diese Auffassung des Wertphänomens sehen. von WIESERs Lösung des Zurechnungsproblems steht und fällt mit diesem Wertbegriff.

Ganz unmittelbar erklärt sich aus unserer Analyse von WIESERs Unterscheidung von "produktivem Beitrag" und "von der Mitwirkung abhängigen Anteile". Der Zweck des Autors - Ableitung der Verteilungstheorie unmittelbar aus der Lösung des Zurechnungsproblems - erklärt das Prinzip der letzteren, den "Aufteilungsgedanken". Der Aufteilungsgedanke fordert jenen Wertbegriff und führt zu unserer Unterscheidung oder besser, jener Wertbegriff, angewendet auf Produktivgüter  ist  das, was von WIESER den produktiven Beitrag nennt. Der von der Mitwirkung abhängige Anteil ist höher und macht daher  die  Aufteilung des Wertes der Produkte unter ihre Produktivgüter im WIESERschen  Sinn  unmöglich, kollidiert mit seiner Endabsicht. Und so natürlich scheint von WIESER diese letztere, daß er MENGERs Lösung verwirft, ohne zu fragen, ob der letztere eine Aufteilung  in diesem Sinn  überhaupt wollte. Auch diese Unterscheidung freilich stützt von WIESER durch Tatsachen, durch die Behauptung, daß sie in den Tatsachen liegt. Und das ist wahr: jeder Grenznutzen ist durch alle anderen Grenznutzen bestimmt und bestimmt alle anderen mit; er verändert sich, wenn sich die anderen verändern, und in der Erkenntnis dieser Tatsache, die von WIESER eben durch seine Unterscheidung zum Ausdruck bringt, liegt ein großes Verdienst, eine Förderung unserer Einsicht. Aber welche der beiden von ihm richtig unterschiedenen Größen die für die Wertbildung entscheidende ist, ist damit noch nicht gesagt. Diese Entscheidung fällt unser Autor aufgrund seiner Aufteilungsabsicht.

Erreicht nun der Autor  sein  Ziel mit  seinen  Mitteln? Diese Frage führt uns einen Schritt weiter - zur kritischen Würdigung seiner Problemlösung. Aber das ist sicher: Die Ableitung  seiner  Wertgröße mit  seinen  Mitteln erreicht er wirklich. Und die wenigen vorhandenen Kritiken  (Wicksell, Pantaleoni, Cassel sind leicht zu widerlegen. Gesteht man dem Autor seinem Wertbegriff zu und einiges andere, worauf wir hinwiesen, so folgt seine Lösung daraus klar, sicher und einwandfrei. Das Ziel, den volkswirtschaftlichen Verteilungsprozeß zu erklären lediglich auf der Grundlage der Wertzurechnung, wird unter diesen Voraussetzungen erreicht; die zu diesem Zweck nötige Aufteilung des Produktwertes gelingt, und zwar mit Hilfe des Begriffs des produktiven Beitrages und des Wertbegriffs des Autors; und diese Begriffe und alle Schritte des Gedankengangs entsprechen klaren und verläßlichen Tatsachenbeobachtungen. So weit also scheint das ganze Gebäude in bester Ordnung - von seiner architektonischen Schönheit gar nicht zu reden.

V. Und doch haben wir nun manches dazu zu bemerken unter dem Titel der  Würdigung  des vom Autor angestrebten Zieles und der Maßregeln, die zu seiner Erreichung zu dienen bestimmt sind. Kommen wir gleich zu dem entscheidenden Punkt. Seine Diskussion berührt die Wurzel der Sache, obgleich noch eine Reihe anderer Momente wichtig ist. von WIESERs Lösung des Zurechnungsproblems, wie sie in seinen hypothetischen Gleichungen ihren präzisesten Ausdruck findet, gibt uns offenbar als unmittelbares Resultat der letzteren  Grenznutzen von Produktivgütern  oder, um jeden Zweifel auszuschließen,  Einheitswerte derselben.  Die Unbekannten dieser Gleichungen, jene  x, y  und  z,  sind solche Einheitswerte. Aber sie sind das nur unter einer Voraussetzung, und nur unter derselben Voraussetzung wird durch ihre Feststellung das erreicht, was unser Autor damit erreichen will. Ich habe mich Vorhergehenden bemüht, diese Voraussetzung klar hervortreten zu lassen. Sie liegt im Wertbegriff unseres Autors und läßt sich für unsere Zwecke folgendermaßen aussprechen: Alle Teilmengen oder Mengeneinheiten eines Vorrates an einem Produktivgutt, den ein Individuum besitzen mag, müssen in jedem Zeitpunkt von demselben mit dem gleichen Wert angeschlagen werden, selbst zum Zweck der Schätzung des gesamten Vorrates.

Wäre diese Voraussetzung nicht erfüllt, so könnten wir jene Gleichungen nicht aufstellen. Denn in diesem Fall wäre es nicht möglich, drei Einheiten eines bestimmten Produktivgutes z. B. mit "3x" anzuschlagen. Oder es würde dann "x" keinen Grenznutzen, sondern einen Durchschnittsnutzen jener Einheiten darstellen, eine Größe, der kein Interesse zukommt, die namentlich für die Preisbildung und den Verteilungsprozeß des Produktionsertrages bedeutungslos ist. Für die Aufstellung unserer Gleichungen oder doch für die gewünschte Interpretatoin ihrer Unbekannten ist also unsere Voraussetzung wesentlich, wie kaum näher ausgeführt zu werden braucht. Aber sie ist auch wesentlich dafür, daß diese Lösung unseres Problems leistet, was sie soll. Es soll sich aus ihr unmittelbar der Gesamtwert des Vorrats an einem Produktivmittel ergeben, den ein Wirtschaftssubjekt besitzt. Das ist nur dann möglich, wenn unsere Voraussetzung erfüllt ist, wenn also dieser Gesamtwert gleich dem Produkt aus Grenznutzen und Menge ist. Anderfalls würden wir ihn eben aus jenen Gleichungen nicht erfahren, wie nach dem, was wir schon sagten, ebenfalls nicht näher ausgeführt zu werden braucht. Wir sehen also, daß ebenso, wie zur Durchführung des "Aufteilungsgedankens", von WIESERs Wertbegriff auch dafür unentbehrlich ist, daß das, was sich aus seinen Gleichungen ergibt, der Grenznutzen der Produktivgüter ist und daß die  Maßzahl  dieses Grenznutzens, die wir aus jenen Gleichungen finden, ohne weiteres den Gesamtwert des gegebenen Vorrats zu finden gestattet.

So haben wir uns also vor allem nach der Bedeutung dieses Begriffes des Gesamtwertes eines Gütervorrates, nach der Bedeutung des Ausdrucks  Grenznutzen mal Menge  zu fragen. Entspricht ihm etwas in der Wirklichkeit, ist  er  eine Größe, mit der der praktische Wirt rechnet? Davon hängt alles ab. Vor allem, spielt er gerade jene Rolle, welche ihm hier zugewiesen wird? Nun, diese Rolle besteht in folgenden beiden Funktionen: wir brauchen den Wert der Produktivgüter erstens, um das wirtschaftliche Handeln in Bezug auf sie zu erklären, und zweitens, um speziell die Verteilung des Produktionsertrages zu erklären. Stellt unser Ausdruck jene Größe dar, mit der wir dabei arbeiten müssen?

Zunächst zum ersten Punkt. Formulieren wir ihn im WIESERschen Sinne so: Ist zur Beschreibung des wirtschaftlichen Handelns in Bezug auf Produktivgüter - und hier können wir sagen: auf Güter im allgemeinen - jenes Produkt von Grenznutzen und Menge entscheidend, oder muß auch der "Übernutzen", um den sich dasselbe von der durch die Nutzenskala angegebenen Größe unterscheidet, immer in Betracht gezogen werden?

Wirtschaftliches Handeln in Bezug auf Güter kann nur zweierlei bedeuten: Die auf Erwerb und Erhaltung derselben gerichtete wirtschaftliche Tätigkeit und Fürsorge und dann die Verwendung der Güter. Was diese Tätigkeit und Fürsorge zunächst betrifft, so beobachten wir sie allerdings meist nur bei Gütern, deren Grenznutzen größer als Null ist, die nicht "freie" sind. Allein wir müssen uns hüten, diese Beobachtung zu überschätzen, und vor allem müssen wir sie richtig interpretieren. Nur dann, wenn, und nur deshalb, weil diese freien Güter uns nicht streitig gemacht werden und eine solche Tätigkeit und Fürsorge nicht erfordern - nur dann und nur deshalb ist der praktische Wirt gleichgültig gegen sie. Stünde ihr Besitz in Frage, so würde er ihn gar wohl verteidigen, und zwar mit einer ihrem Nutzen entsprechenden Energie. Nicht deshalb achtet er sie nicht, weil sie, wie von BÖHM-BAWERK sagt, " für unsere Wohlfahrt Nullen" sind, sondern deshalb, weil sie keine Beachtung erfordern. Gäbe es wirtschaftliche Güter von hohem Grenznutzen, welche z. B. niemand anderer als ihr Besitzer schätzt und die deshalb keiner Verteidigung bedürfen und welche sich dauernd erhalten, ohne irgendeiner Sorge zu bedürfen, so würde unser Wirt sich ebenfalls nicht um sie bemühen, sie ebensowenig "beachten", obgleich sie offenbar keine Nullen für ihn sind. Der Nutzen und nicht der Wert ist also für das wirtschaftliche Handeln gegenüber dem ganzen Gütervorrat entscheidend, soweit ein wirtschaftliches Handeln überhaupt nötig ist.  Einzelnen Teilmengen gegenüber  ist natürlich nur  ihr  Nutzen maßgebend, wenn die übrigen erhalten bleiben, und wenn eine solche Teilmenge unendlich klein ist, nur der Grenznutzen - auch hier wiederum, wenn wirtschaftliches Handeln  diesen Teilmengen gegenüber  überhaupt nötig ist, was allerdings bei freien Gütern meist nicht der Fall ist. Handelt es sich um ein wirtschaftliches Verhalten gegenüber einem Gesamtvorrat, so ist dessen Gesamtnutzen die entscheidende Größe, handelt es sich um eine kleine Menge, der Grenznutzen. Und diese beiden Größen - Gesamtnutzen und Grenznutzen - beschreiben das Handeln unseres Mannes ganz gut. Welche Verwendung aber hätten wir für den Ausdruck: "Grenznutzen mal Menge"? Seinen Vorrat nach dieser Formel zu evaluieren, hätte weder einen Anlaß, noch könnte es zu etwas dienen - eher könnte sie ihn unter Umständen irreleiten.

Ganz dasselbe gilt von den Verwendungen jedes Gutes. Dieselben sind von einem Gesetz des überall gleichen Grenznutzen regiert - und zwar ebenso bei freien wie bei wirtschaftlichen Gütern, nur daß bei ersteren im allgemeinen keine Notwendigkeit vorliegt, sich um die Verwirklichung dieses Gesetzes besonders zu bemühen. Allein es gilt auch in diesem Fall: wenn man von einem Gut soviel besitzt, daß man allen absehbaren Bedarf daran bis zur Sättigung überreich befriedigen kann, so ist es ein freies und hat den Grenznutzen und nach von WIESER also auch den Gesamtwert Null. Allein es ist der Fall recht gut denkbar, daß man durch eine besonders achtlose Verschwendung desselben dahin gelangen könnte, für ein Bedürfnis nicht mehr genug davon zu haben. Und ein solcher Fall zeigt uns, daß auch für freie Güter das Gesetz vom gleichen Grenznutzen - also hier vom Grenznutzen Null - gelten und also durchgesetzt werden muß, wo es nicht von selbst gilt. Bei der Verteilung eines bestimmten Vorrates auf verschiedene Verwendungen dürfte sich der praktische Wirt nicht von von WIESERs Gesamtwertbegriff leiten lassen. Wenn er eine bestimmte Teilmenge einer bestimmten Verwendung zuführt, so muß er dabei auch jenen "Übernutzen" in Betracht ziehen. Ersichtlich darf er dieses Moment nur dann übersehen, wenn jene Teilmenge unendlich klein, in vielen Fällen kleiner ist als eine Einheit. Und auch hier ist es nur der Gesamt- und Grenznutzen und nicht jener Gesamtwert, womit gerechnet werden muß.

Nun zu dem zweiten Punkt, zur Rolle dieses Gesamtwertbegriffes im Verteilungsprozeß des Ertrags. Hier scheint die Sache günstiger für ihn zu stehen: Mein Produktivgütervorrat wird mir jenen Anteil am Genußgüterertrag einbringen, der durch seine Menge mal dem Preis gegeben ist. Und die Vermutung liegt nahe, daß die Analogie mit diesem Ausdruck und das Bestreben, einen ihm parallelen Wertausdruck zu schaffen, nicht ohne Anteil an jener Auffassung vom Gesamtwert ist. Allein betrachten wir die Sache näher. In der Wirtschaft eines isolierten Individuums entspricht diesem Ausdruck nichts. Dasselbe teilt den Ertrag seiner Produktion nicht auf und es wäre, wie wir sahen, übel beraten, wenn es sich von diesem Gesamtwertbegriff leiten ließe. Und zu sagen, daß für die den einzelnen Produktivgütern zugewandte Fürsorge und Tätigkeit sowie für deren Verwendung Gesamtnutzen und Grenznutzen maßgebend sind, daß es aber nur jenen Gesamtwert demselben zurechnet, geht nicht an, da eben nur in jenen beiden Punkten der Dienst der Zurechnung in seiner Wirtschaft liegen kann. Ähnlich aber steht es sodann in jeder kommunistischen oder "verkehrslosen" Wirtschaft. Diese wird zwar eine Verteilung des gesellschaftlichen Produktionsertrages unter ihre Mitglieder vornehmen, aber nach welchen Prinzip, das ist die Frage. Vielleicht wird dasselbe ein nichtwirtschaftliches sein und keinesfalls werden Kapitalisten und Landeigentümer dabei berücksichtigt werden müssen (2). Wenn das aber nicht so wäre, ja, dann würde unser Ausdruck "sozialer Grenznutzen mal Menge" zwar nicht für das sonstige wirtschaftliche Verhalten dieser Wirtschaft - das anzunehmen, hindern uns die früher vorgeführten Bedenken - wohl aber für ihre Verteilungsvorgänge entscheidend sein. Darauf ist meines Erachtens seine Bedeutung zu beschränken, und eine Ausdehnung derselben auf die Verkehrswirtschaft dürfte nicht möglich sein, so wünschenswert das wäre.

Dazu kommen wir schließlich jetzt. Kann das Resultat des Verteilungsprozesses in der Verkehrswirtschaft dargestellt werden durch von WIESERs Gesamtwertbegriff?  Nur unter der Voraussetzung, daß derselbe in der Verkehrswirtschaft ebenso abläuft wie in der verkehrslosen, nur wenn auch da von einem sozialen Grenznutzen und sozialen Nutzenskalen gesprochen werden kann.  Ich habe diese Voraussetzung, welche freilich, wenn haltbar, die Verteilungstheorie in wunderbar einfacher und einheitlicher Weise darzustellen gestatten würde, in dem unten zitierten Artikel diskutiert, im Anschluß an die neuere amerikanische Theorie, welche diese Voraussetzung häufig - explizit und implizit - macht. Ich wünsche das dort Gesagte nicht zu wiederholen. Wir wollen von dieser Voraussetzung daher hier absehen und uns die Tatsachen selbst betrachten. In einer Verkehrswirtschaft wird der Verteilungsprozeß abgewickelt in der Form der Preisbildung der Produktivgüter. Die Preise derselben aber ergeben sich aus den Grenznutzen aller Käufer und Verkäufer. Für  alle  muß die Bedingung erfüllt sein, daß die Preise gleich sind dem reziproken [wechselseitigen - wp] Verhältnis der Grenznutzen der ausgetauschten Güter für alle Tauschenden. Nur alle die individuellen Grenznutzen und nicht die Gesamtwerte der Güter entscheiden über das Resultat des Verteilungsprozesses. Allerdings ist das Einkommen jedermanns, wie gesagt, gleich dem Preis seines Produktivgutes mal der Menge, die er davon hat; allein dieser Preis entspricht nicht dem Grenznutzen der Menge, die er  vor  dem Tausch hatte, sondern dem der Menge, die er  nach  demselben noch hat; wenn er  alles  verkaufen würde, was er von dem Gut besaß, also jenem höchsten Nutzen, den ihm der Besitz nur  einer  Teilmenge seines Gutes gewähren würde. Hier also spielt der "Übernutzen" über den "Gesamtwert" eine sehr wesentliche Rolle, und man kann keinen, sei es sukzessiven oder einmaligen, Tausch verstehen, wenn man nicht die Verschiedenheit des Nutzens der ausgetauschten Teilmengen beachtet, wenn man nicht, anstatt vom Gesamtwert auszugehen, vielmehr auf die Nutzenskala achtet. Vom Standpunkt der Gesellschaft wäre es anders; für sie müßte der Preis den kleinsten Grenznutzen messen; allein in der Verkehrswirtschaft gibt es nichts, was einem solchen sozialen Grenznutzen entspräche. Obgleich also jedermann alle Teilmengen jedes seiner Güter, solange er sie alle besitzt, gleich anschlägt, so macht sich doch bei jeder wirtschaftlichen Handlung der Druck jenes Übernutzens fühlbar, der jenen - allerdings beliebigen - von ihnen zukommt, welche intensiveren Bedürfnissen zu dienen bestimmt sind als andere.

Aus dieser Untersuchung ergibt sich dann das folgende Resultat: Der diskutierte Gesamtwertbegriff hat nur wenige Anwendungen. Auch ist er nichts dem Produkt "Menge mal Preis" Analoges und schließlich vermag man nicht mit seiner Hilfe und ohne die der Preistheorie den verkehrswirtschaftlichen Verteilungsprozeß abzubilden. Viel entscheidender sind der Grenznutzen, die Nutzenskala und der Gesamtnutzen. Auch sie geben uns nur indirekt eine Verteilungstheorie - nämlich durch das Medium der Preistheorie -, aber diese basiert auf ihnen. Und während es, soviel ich sehe, kaum einen Anlaß gibt, sich der durch den diskutierten Gesamtwertbegriff ausgedrückten Größe bewußt zu werden, so gibt es einen solchen oft, um den Grenznutzen eines Gütervorrates oder eines größeren Teils desselben festzustellen. Wenn alles Gesagte richtig ist, so ergäbe sich, daß uns mit der Auffindung dieses Gesamtwertes, trotzdem er wichtig für die kommunistische Verteilung und obgleich auch darüber hinaus diese Betrachtungsweise gewisse Grundwahrheiten unserer Wissenschaft klar und schön darzulegen geeignet ist, nicht völlig gedient sein kann, und das ist es, was wir dieser Lösung des Zurechnungsproblems vor allem entgegenzuhalten haben.

Aber sie gibt uns doch - und sogar unmittelbar, während wir die "Gesamtwerte" erst durch Multiplikation mit der Menge zu finden hätten - die Grenznutzen unserer Produktivgüter, mithin dann deren Preise und Anteile am volkswirtschaftlichen Produkt? Nein, sie tut das nicht. Denn die eben durchgeführte Untersuchung des Gesamtwertbegriffs hat, denke ich, gezeigt, daß die dazu nötige Voraussetzung nicht erfüllt ist, nämlich die, daß man alle Einheiten einer Gütermenge mit gleichen Werten veranschlagen kann. "3x" ist hier nicht dreimal  ein x  oder, weniger paradox, die drei "x" sind nicht gleich, stellen nicht eine, sondern drei Unbekannte dar. Sobald eine irgendwie erhebliche Menge - streng genommen eine Menge, die nicht unendlich klein ist - einer bestimmten produktiven Verwendung zugewandt wird, hat man ihre Einheiten nicht alle bloß mit dem Grenznutzen zu veranschlagen, sondern nur eine - oder einen Teil von einer, wenn es sich um ein Gut handelt, bei dem schon eine Einheit etwas Merkliches bedeutet -; allerdings eine beliebige; aber den anderen muß ein fortschreitend größerer Wert zugerechnet werden, wenn unsere Rechnung die des Praktikers widerspiegeln soll. Und deshalb könnten wir auf dem dargelegten Weg auch das Produkt Menge mal Grenznutzen nicht finden, weil dieses Vorgehen uns eben gar nicht die korrekte Größe dieses Grenznutzens liefert - sondern, wie gesagt, eine Art Durchschnittsgröße der Einheitswerte.

So vermag uns diese Lösung dann in keinem Sinn unmittelbar an das Verteilungsproblem heranzuführen. Selbst nicht an das Verteilungsproblem der kommunistischen Wirtschaft, da sie uns eben den Grenznutzen nicht gibt. Aber außerdem ist es sehr wichtig, namentlich der modernen amerikanischen Theorie gegenüber zu betonen, daß der Parallelismus zwischen kommunistischer und nichtkommunistischer Wirtschaft weniger weit reicht, als man glauben könnte, und daß der Verteilungsprozeß in beiden in erheblich verschiedener Weise abläuft. Doch gehen wir weiter und fragen wir uns, was nun aus dem "Aufteilungsgedanken" wird. Nun, eine solche Aufteilung des Wertes der Produkte auf ihre Produktivgüter in dem Sinne, daß die Summe der Werte der letzteren gleich ist dem Wert der ersteren, ist nicht möglich, und zwar deshalb, weil, wie wir es nun ausdrücken können, sich die Skala des Nutzens auch in seine "Rechenform", den Wert, eindrängt. MENGERs Lösung bringt ferner richtig zum Ausdruck, daß der Überschuß an Wert und Nutzen, den die beste Produktionskombination gegenüber der nächstbesten Verwendung derselben Mengen derselben Produktivgüter abwirft, von jedem dieser Produktivgüter abhängig ist und daher jedem einzelnen zugerechnet werden muß immer dann, wenn man es zum Zweck irgendeiner wirtschaftlichen Überlegung ansich betrachtet. Betrachtet man freilich alle zusammen, so darf jener Überschuß nur einmal angeschlagen werden. Darin liegt gar nichts Paradoxes, wenn man nur die Vorstellung aufgibt, daß die Wertgrößen etwas den Gütern unter allen Umständen eigenes und bei verschiedenen Aspekten gleich sein müssen, und wenn man sich nur immer darüber klar ist, was die Wertrechnung in jedem Fall besagt. MENGERs Resultat ist also nicht falsch und das merkwürdige Ergebnis, daß die Produktivgüter zusammen mehr wert sind, als ihr Produkt, nur scheinbar ein Fehler: Man darf ihre Werte nicht so ohne weiteres addieren - ebenso wie man unseres Erachtens die Einheitswerte eines Gütervorrates, so wie sie sich stellen, wenn er unversehrt vorhanden ist, nicht ohne weiteres addieren kann. Oder korrekter: Das Resultat der Addition entspricht in diesen wie in vielen Fällen keineswegs dem Effekt, den die Vereinigung der Summanden  in praxi  erzeugt. Und daraus folgt durch Umkehrung, daß die diesen Effekt ausdrückende Maßzahl, aufgeteilt in diese Summanden, diesen keineswegs jene Größen zuweist, welche jene Werte, einzeln betrachtet,  in praxi  haben. Demnach scheint es uns also, daß der Aufteilungsgedanke aufgegeben werden muß. Daraus folgt, daß wir uns das Grundprinzip der diskutierten Lösung des Zurechnungsproblems nicht zu eigen machen können, daß wir nach einer anderen Fragestellung suchen müssen. Daraus folgt aber nocht weiter, daß wir auch den blendenden Parallelismus zwischen einer Aufteilung des Produktwertes unter die Produktionsfaktoren und einer Aufteilung des Produktionsertrages unter deren Besitzer fallen lassen müssen. Der Produktionsertrag wird tatsächlich auch geteilt, auch seine "Wertgröße" gemessen in Geld oder sonst einem Maß, der Wert der Produkte aber läßt sich nicht ebenso auf die Werte der Produktivgüter verteilen. Diese Entsagung fällt uns nun weniger schwer, da wir sahen, daß eine solche Aufteilung des Produktwertes ohnehin nicht leisten würde, was sie soll, daß sie ohnehin das Verteilungsproblem nicht unmittelbar lösen würde. Wir haben ja, abgesehen von allem anderen, in einer Theorie der Verkehrswirtschaft keine anderen Daten als individuelle Nutzen und Werte und individuelle Vorräte an Produktivgütern, und wie diese Elemente zusammenwirken, um das endliche Resultat des volkswirtschaftlichen Prozesses der Einkommensbildung heraufzuführen, kann uns keine Wertrechnung - die wiederum nur individuell sein könnte - unmittelbar lehren.

Wie stellt sich nun die Unterscheidung zwischen Beitrag und Mitwirkung schließlich dar? Aufgrund unserer bisherigen Ausführungen können wir diese Frage sehr kurz und einfach beantworten. Die entscheidende Rolle in der Wirtschaft fällt der Größe zu, welche der "Mitwirkung" entspricht, welche von der Mitwirkung eines Gutes abhängig ist. Sie mißt die diesem Gut zugewendete Tätigkeit und Fürsorge. Ebenso gibt sie das Maximum des Anteils jedes Produktionsfaktors an. Kombinieren sich nämlich seine Besitzer, so daß sie eine Monopolpolitik treiben können, so werden sie sich wirklich ungefähr so viel vom Produktionsertrag sichern können, als dieser Größe entspricht, also den ganzen Überschuß der besten Produktionsvereinigung der mitwirkenden Güter. Kombinieren sich alle die zusammenwirkenden Produzenten zu Gruppen für jedes Produktivgut, so können sie freilich nur einen Teil dieses Überschusses erhalten, müsen sie sich in denselben irgendwie teilen. Aber ihre Anteile werden nicht etwa dem produktiven Beitrag ihrer Produktivgüter entsprechen. Vielmehr werden sie, wie die Preistheorie nachweist, vom Standpunkt der Theorie unbestimmt sein und nicht vin den Tatsachen der Werterscheinung - diese geben hier nur Grenzen der Anteile an - sondern von Energie, Macht usw. der Besitzer abhängen. Das, was diese Anteile in der Verkehrswirtschaft bestimmt macht, sind nicht die ja in  allen  Fällen für alle Individuen bestimmten Werte, sondern einfach die Wirkungen eines ganz anderen Moments, der freien Konkurrenz. Der produktive Beitrag aber tritt in allen diesen Dingen ganz zurück und nur die Analogie mit dem Produkt "Preis mal Menge" lenkt unsere Aufmerksamkeit auf ihn.

Das ist dann im Wesentlichen, was wir zu dieser Lösung des Zurechnungsproblems zu sagen haben. Andere Bemerkungen werden sich noch im Folgenden ergeben, wobei wir auch ihre Verdienste erkennen werden. Hier jedoch ergibt sich, daß zwei fundamentale Momente derselben zu Einwendungen werden: Die Verwendung des diskutierten Wertbegriffs und das, was wir den Aufteilungsgedanken nannten. Diese beiden Momente scheinen uns erstens ansich nicht haltbar und zweitens ungeeignet zu sein, das zu leisten, was sie sollen. Aber wird das Zurechnungsproblem selbst dadurch für uns bedeutungslos? Natürlich nicht. Trotzdem müssen wir die Werte der Produktivgüter kennen. Trotz allem müssen wir sie aus denen der Genußgüter ableiten. Trotz allem sind die so gewonnenen Werte derselben schließlich die Grundlage für die Verteilungstheorie. Nur ergibt sich dieselbe nach dem Gesagten nicht unmittelbar aus ihnen, sondern nur durch das Medium der Preistheorie, um welche wir nicht herumkommen können. Und das macht einerseits eine etwas andere Auffassung vom Verteilungsprozeß der Verkehrswirtschaft und andererseits eine etwas andere Fragestellung beim Zurechnungsproblem selbst nötig.

Fragen wir uns nun, was am System von WIESERs außer diesen Punkten und der konkreten Lösung des Zurechnungsproblems durch unsere Resultate sonst noch alteriert wird, so lautet die Antwort: Erstaunlich wenig. Und wir werden das verstehen, wenn wir uns dessen erinnern, was wir über die verhältnismäßig geringe Bedeutung der konkreten Lösung dieses Problems sagten. Nicht einer der wesentlichen Züge des Systems leidet ernsthaft. Nicht eines seiner wesentlichen Ergebnisse wird dadurch berührt. Noch immer ist der Wert das herrschende Prinzip der Ökonomie, noch immer gelten jene Ausführungen von WIESERs darüber, welche wir als seine Philosophie des Wertes bezeichneten, wenngleich wir einen anderen Gesamtbegriff aufstellen werden. Noch immer ist die Instruierung des Zurechnungsproblems, die wir bei ih finden, im Wesen fundamental. Noch immer ergibt schließlich seine Diskussion der Tatsache, daß die Produktivgüter Wert haben und der Frage, woher sie ihn haben, die Grundlage der Verteilungstheorie, das Prinzip des Verständnisses der Verteilungsvorgänge. Darin aber liegt die Bedeutung des Buches, und sie wird von den Änderungen, die wir für nötig halten, nicht berührt. Daß die Kosten Werterscheinungen sind, wie sie im einzelnen Fall berechnet werden müssen, daß der Produktivwert Ertragswert ist, und daß jeder Wert und jeder Preis das Resultat jahrhundertelanger Erfahrung darstellt - ein Satz, der eine so tiefe Erkenntnis verkörpert - all das und vieles andere, kurz, der Kern der Sache bleibt so, wie er ist, trotz der Tatsache, daß einzelne Elemente unserer Kritik bis auf die Grundlagen des Systems zurückgehen. Es zeigt sich eben - und auch das ist ein Resultat unserer Analyse - daß das ganze Gebäude auf zu sicherem Grund ruht, um durch einzelne unsichere Stellen desselben ernsthaft gefährdet zu werden.
LITERATUR Joseph Schumpeter, Bemerkungen über das Zurechnungsproblem, Zeitschrift für Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung, Bd. 18, Wien und Leipzig 1909