p-4M. OffnerE. DürrA. HorwiczH. BergsonR. Lagerborg    
 
THEODOR ELSENHANS
(1862 - 1918)
Über Verallgemeinerung der Gefühle
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"Die  intellektuellen  Gefühle, welche die Vorgänge unseres Denkens begleiten, knüpfen sich schon an das einfache Urteil an. Das letzte Kriterium seines richtigen Vollzugs liegt ausschließlich im unmittelbaren Bewußtsein der Evidenz, dessen Hauptbestandteil ein Gefühl ist. Daß wir gerade diese Ineinssetzung von Subjekt und Prädikat als die richtige vorziehen, läßt sich nicht anders erklären, als daraus, daß gerade mit dieser Form des Urteilens sich ein Gefühl der Lust verbindet."

"Durch die sinnlichen Eindrücke angeregt, tauchen aus dem Bewußtsein intellektuelle, sittliche, religiöse Ideen hervor, welche in irgendeiner assoziativen Verbindung mit denselben stehen und ebenfalls Gefühlskomplexe mit sich führen. Daraus entsteht wiederum ein Totalgefühl höherer Ordnung, das gewöhnlich als  Stimmung  bezeichnet wird und als vorläufig oberste Stufe der Verallgemeinerung auch die größte Unbestimmtheit der Qualität aufweist, so daß der Versuch, dasselbe mit irgendwelchen bestimmten Gedankenreihen in Verbindung zu bringen, zu sehr verschiedenen Ergebnissen führen kann."


2.

Wir gehen nunmehr zur zweiten Möglichkeit einer "Verallgemeinerung" der Gefühle über, bei welcher es sich um die  unmittelbare Zusammenfassung einzelner Gefühle in einem Gefühl allgemeineren Charakters  handelt.

Wir knüpfen hierbei am besten an eine Erscheinung des Gefühlslebens an, bei welcher schon der sprachliche Ausdruck auf ein Verhältnis dieser Art hinzuweisen scheint. Es ist das gewöhnlich sogenannte  "Gemeingefühl".  In der Bestimmung der Grundzüge dieser psychischen Erscheinung ist im Allgemeinen Übereinstimmung vorhanden. Das Gemeingefühl wird bezeichnet als die "Grundstimmung, die durch den gesamten Zustand des Organismus, durch den normalen oder abnormen Gang der Lebensbewegungen, besonders der vegetativen Funktionen entsteht." (1) Es ist die "Resultante der sinnlichen Gefühle" (2), das "Totalgefühl, in welchem der gesamte Zustand unseres sinnlichen Wohl- oder Übelbefindens zum Ausdruck kommt." (3) Seine wichtigsten Bestandteile sind neben den deutlicher lokalisierten Muskel- und Organempfindungen "die völlig unbestimmten Totalempfindungen, ein Konglomerat von betonten, aber meist nicht sehr starken Gefühlen, welche ihren Ursprung in inneren Veränderungen unserer Organe haben." (4)

Das Gemeingefühl wird ferner in besondere Beziehung zum Selbstbewußtsein, zum Selbstgefühl, zur individuellen psychischen Grundstimmung, zum Temperament gebracht. Es bildet den "oft übersehen, aber darum nicht weniger wichtigen Hintergrund, der für unser  reales  Selbstbewußtsein größere Bedeutung hat, als irgendeine Vorstellung oder irgendein Gedanke." (5) "Alle jene Gefühle, die zum Gemeingefühl vereinigt auf unseren eigenen Zustand bezogen werden, bilden im Selbstbewußtsein einen mehr oder minder deutlichen Hintergrund der Stimmung." (6) Es beherrscht "mit größerer oder geringerer Bewußtseinsidentität jeden Augenblick unseres Daseins." (7) Es bildet "einen Hauptfaktor für die Disposition der Temperamente." (8)

Gemeinsam ist diesen Erklärungen erstens die Anschauung, daß im Gemeingefühl mehrere Gefühle einen mehr oder weniger einheitlichen Ausdruck finden, zweitens die Beziehung desselben auf die  physische  Seite des psychophysischen Organismus. Beide Punkte bedürfen einer genauen Erörterung.

Es ist wohl nicht richtig, um der Tatsache willen, daß im Gemeingefühl mehrere einzelne Gefühle ihren Ausdruck finden, das Ganze als eine Summe von Einzelerscheinungen, als ein "Summationsphänomen" (9) zu bezeichnen. Es kommt dabei zu wenig die  Einheitlichkeit  der Gesamterscheinung zu ihrem Recht. Das Gemeingefühl selbst ist nicht die bloße Summe der in ihm zusammengefaßten einzelnen Gefühle, sondern es ist das einheitliche Ergebnis eines Prozesses, bei welchem diese ihre Selbständigkeit verlierend zusammenfließen. Es ist ein Totalgefühl, das aus einer Vielheit von Partialgefühlen entspringt (10), selbst aber einfacher Art ist. Darüber läßt die Selbstbeobachtung keinen Zweifel.

Es fragt sich nun, welcher Art diese einheitliche Zusammenfassung der einzelnen Gefühl im Gemeingefühl ist. Handelt es sich wirklich um einen Prozeß, der analog den Vorgängen des abstrahierenden Denkens als "Verallgemeinerung" bezeichnet werden könnte?

Zwischen der Zusammenfassung der Einzelvorstellungen im Begriff und der Einzelgefühle im Gemeingefühl besteht jedenfalls  ein  nicht zu übersehender Unterschied. Im Begriff ist die einzelne Vorstellung so enthalten, daß sie, auch wo der Begriff als logische Einheit gedacht wird, stets als besonderer Bestandteil zu Bewußtsein kommt. Dagegen gehen im Gemeingefühl die darin zusammentreffenden einzelnen Gefühle vollständig auf. Wohl können bestimmte Gefühle, wie z. B. das Hungergefühl, dem Gemeingefühl seinen Charakter aufprägen. Dieser Vorgang ist aber nicht dem logischen Vorgang analog, bei welchem sich eine einzelne Vorstellung zur Repräsentation des Begriffs darbietet. Die Vorstellung bleibt dabei, was sie ist. Das Organgefühl bleibt nicht in demselben Sinne, was es ist. Es hat vielmehr die Tendenz, von dem Punkt des Organismus aus, an welchem es seinen Sitz hat, über den ganzen übrigen Organismus auszustrahlen. (11) Es liefert seinen Beitrag zu dem umfassenderen Gemeingefühl, indem es diesem eine bestimmte Färbung gibt, in diesem Prozeß aber zugleich seine Selbständigkeit verliert. Doch wird es nicht als Regel betrachtet werden dürfen, daß ein einzelnes Partialgefühl das Gemeingefühl völlig beherrscht. Jene Irradiation [Bestrahlung - wp] der Organgefühle wird im normalen Zustand des Organismus gewöhnlich von verschiedenen Seite aus erfolgen, so daß der seelische Vorgang nicht der einfachen Wellenbewegung zu vergleichen ist, die im Weiher durch einen auf einer Seite hingeworfenen Stein erzeugt wird, sondern der komplizierteren Bewegungsform, welche aus mehreren von verschiedenen Seite her zusammentreffenden Wellenringen entsteht. Die vollständige Beherrschung des ganzen Gemeingefühls durch ein bestimmtes Organgefühl ist genau genommen ein Grenzfall, an welchen auch bei hoher Intensität der einzelnen Gefühle nur eine Annäherung stattfindet.

Der psychologische Vorgang dürfte daher am zutreffendsten als Verschmelzung bezeichnet werden. Das Gemeingefühl ist nicht ein Summations-, sondern ein  Verschmelzungsphänomen.  Doch ist die Verwertung desselben für unsere Frage nicht von der Art abhängig, wie im einzelnen das gegenseitige Verhältnis der Gefühle gefaßt wird. Ob man nun dabei den Begriff der Verschmelzung, der Mischung oder der Irradiation in den Vordergrund stellt: die für uns in Betracht kommende Tatsache liegt unabhängig davon vor, die Tatsache, daß eine Anzahl einzelner Gefühle ihren gemeinsamen Ausdruck in einem einheitlichen Gemeingefühl findet, in welchem sie selbst als Bestandteile aufgehen.

Läßt sich nun trotz dieses Unterschieds im Verhältnis des "Gemeingefühls" und der "Gemeinvorstellung" zu den in sie eingehenden Bestandteilen behaupten, daß die Analogie, welche der Sprachgebrauch andeutet, einen tieferen Grund in den Tatsachen hat? In der Tat finden sich Merkmale, welche diese Annahme nahelegen, teils unmittelbar im Vergleich mit der Verallgemeinerung der Vorstellungen selbst, teils mittelbar durch ihre Übereinstimmung mit den bei der ersten Klasse der Gefühlsverallgemeinerung gefundenen Merkmalen der Gefühlstöne der Wortvorstellungen.

Hierher gehört zunächst die  Unmöglichkeit der Lokalisation.  Wie die allgemeinen Vorstellungen von der Beziehung auf einen bestimmten Ort losgelöst sind, wie die Gefühlstöne der Wortvorstellungen sich auf keinen bestimmten im Raume befindlichen Gegenstand beziehen, so hat auch das Gemeingefühl keine bestimmte räumliche Beziehung zur Vorstellungswelt. Wohl können Organgefühle bis zu einem gewissen Grad lokalisiert werden. Wir werden aber von einem durch diese Organgefühle bedingten "Gemeingefühl" nur insoweit reden können, als dasselbe eine vom Zustand des einzelnen Organs bereits abgelöste Grundstimmung darstellt. Allerdings muß hierbei der Übergang aus dem einzelnen Organgefühl in das Gemeingefühl als ein fließender betrachtet werden.

Mit der Unmöglichkeit der Lokalisation hängt das zweite Merkmal des Gemeingefühls zusammen: dasjenige der  Unbestimmtheit der Qualität.  Es lassen sich zwar gewisse allgemeine Grundformen desselben angeben. Die Grundstimmung wird etwa als "gehobene" oder "gedrückte" bezeichnet (12); oder man spricht von einem Gegensatz zwischen dem Gefühl der Kraft, der Freiheit, der Sicherheit und dem Gefühl der Ermattung, der Angst, der unruhigen Beweglichkeit (13). Die im krankhaften Lebensgefühl sich darstellende Störung wird dem Gefühl der Leichtigkeit und Freiheit gegenübergestellt, das sich mit der normalen Ausübung der organischen Funktionen verbindet und z. B. beim Kind im Lachen seinen Ausdruck findet. (14) Aber gerade die Allgemeinheit und Unsicherheit der sprachlichen Bezeichnung ist eine Bestätigung der qualitativen Unbestimmtheit, welche dem Gemeingefühl anhaftet.

Es fragt sich, ob auch eine Verminderung der Intensität wahrzunehmen ist, wie sie bei den Gefühlstönen der Wortvorstellungen festgestellt wurde. Der Grund, welcher dort die infolge des Verallgemeinerungsprozesses eintretende Abnahme der Intensität erklärlich machte: die zunehmende Entfernung und zuletzt stattfindende Loslösung von der eigentlichen Ursache des Gefühls fällt hier weg, da das Gemeingefühl zum augenblicklichen Zustand des Organismus fortlaufen in Beziehung steht. Auch die Selbstbeobachtung bestätigt es, daß von einer Abnahme der Intensität beim Übergang der Einzelgefühle in das Gemeingefühl nicht geredet werden kann.

Vielmehr ist der Fall nicht selten, daß die Intensität des Gemeingefühls höher ist als diejenige mancher Einzelgefühle, welche in demselben verschmolzen sind. Durchschnittlich wird sich etwa sagen lassen, daß das Gemeingefühl ungefähr denjenigen Stärkegrad erhält, welchen das intensivste der darin enthaltenen Einzelgefühle besitzt.

Dann würde der im Gemeingefühl sich darstellende Verallgemeinerungsprozeß drei Hauptmerkmale aufweisen: mangelnde Lokalisation, qualitative Unbestimmtheit und durchschnittliche Abhängigkeit der Intensität vom Intensitätsmaximum der Einzelgefühle.

In den bisherigen Ausführungen ist stets die ausschließliche Beziehung des Gemeingefühls auf die  körperlichen  Zustände des menschlichen Organismus vorausgesetzt. Fassen wir jedoch diesen Punkte noch näher ins Auge, so muß die Berechtigung dieser Beschränkung zweifelhaft erscheinen. Nicht bloß das nur die Verallgemeinerung als solche andeutende Wort selbst, sondern auch die übrigen Ausdrücke, welche zur Charakteristik des Gemeingefühls gebraucht werden, weisen darauf hin. Die "Grundstimmung" wird nicht bloß von körperlichen Zuständen beeinflußt, sondern sie unterliegt ebensosehr den Einflüssen der psychischen Zustände. Ein psychischer Schmerz, die Trauer um einen verstorbenen Freund, eine herbe Enttäuschung modifizieren die "Grundstimmung" in der empfindlichsten Weise. Nicht bloß die "peripherisch erregten", sondern auch die "zentral erregten Empfindungen" liefern ihren Beitrag dazu. Sollte also die mit dem Gemeingefühl identische Grundstimmung die gesamte augenblickliche Gefühlslage in einem einheitlichen durch eine Art Verallgemeinerungsprozeß daraus hervorgehenden Gefühl darstellen, so wären als Komponenten derselben nicht bloß die von körperlichen Zuständen herrührenden Gefühle, sondern auch die aus dem augenblicklichen Vorstellungsverlauf sich ergebenden Einzelgefühle anzusehen. Dann erst wäre das Verschmelzungsphänomen des Gemeingefühls ein Maßstab des  gesamten  augenblicklichen Wohl- oder Übelbefindens. Dies schließt jedoch die Annahme nicht aus, daß die von körperlichen Zuständen herrührenden Gefühle auch unter sich eine einheitliche Verbindung eingehen, die dann der herkömmlichen Bedeutung des Wortes "Gemeingefühl" entspräche. Nur würde sich dieses letztere wiederum zum universelleren, den Durchschnitt der gesamten Gefühlslage darstellenden Gefühl wie ein Partialgefühl zum Totalgefühl verhalten.

Würde aus dieser Sachlage die volle Konsequenz für den Sprachgebrauch gezogen, so wäre genau genommen von "Gemeingefühlen" überall da zu reden, wo mehrere Gefühle in einem allgemeineren Gefühl ihren Ausdruck finden, das als einheitliches Ergebnis durch Verschmelzung aus ihnen hervorgeht, wie denn auch manche Psychologen bereits das Wort in der Mehrzahl gebrauchen. Dasjenige Gemeingefühl, welches ausschließlich aus den mit körperlichen Zuständen zusammenhängenden Einzelgefühlen entsteht, wäre dann als "Lebensgefühl" von den übrigen zu unterscheiden. Das umfassendste aus dem augenblicklichen Gesamtzustand des psychophysischen Organismus sich ergebende Gemeingefühl wäre die "Grundstimmung".

Doch wird es sich empfehlen, um nicht zu sehr vom bisherigen Sprachgebrauch abzuweichen, die Identifikation von "Lebensgefühl" und "Gemeingefühl" vorläufig beizubehalten, es aber dann umso schärfer auf die physische Seite des Organismus zu beschränken und den Begriff der "Grundstimmung" im bezeichneten umfassenderen Sinn zu gebrauchen.


3.

Wir sind damit an demjenigen Punkt angelangt, der den Ausblick auf die Bedeutung unserer Frage für die gesamte Psychologie des Gefühls eröffnet. Das sogenannte "Gemeingefühl" ist nur ein hervorragendes Beispiel für die das gesamte Gefühlsleben durchziehende Tendenz der einzelnen Gefühle, sich zu allgemeineren, aber doch einheitlichen Gefühlen zu verschmelzen. Das in ein solches allgemeineres Gefühl eingehende Einzelgefühl kann dann selbst wieder als allgemeineres gegenüber spezielleren Gefühlen betrachtet werden. Es ergeben sich daraus Verschmelzungsstufen höherer und niederer Ordnung, welche nach dem Vorgang WUNDTs durch die Ausdrücke: "Total-" und "Partialgefühle" bezeichnet werden können, vorausgesetzt, daß dabei nicht außer Acht gelassen wird, daß das zutreffendere Schema für dieses Verhältnis der Gefühle, wie schon aus der mit den höheren Stufen zunehmenden qualitativen Unbestimmtheit hervorgeht, nicht das des Ganzen und seiner Teile, sondern des Allgemeinen und des Besonderen ist. (15) Es gibt dann Totalgefühle niederer und höherer Ordnung und das umfassendste Totalgefühl wäre die "Grundstimmung" in dem oben festgelegten Sinne.

Auch die Gefühlsgruppen, welche RIBOT zum Beweis für seine abstraction des émotions anführt, (16) können als Beispiele für dieses Verhältnis dienen. Der "Gefühlsniederschlag, der allgemeine Gefühlseindruck, den ein Land bei seiner Bereisung, der Besuch eines Klosters zurückläßt", ist das aus der Verschmelzung der Partialgefühle sich ergebende Totalgefühl. Irgendein charakteristischer Teil des Landes, irgendein Gemach des Klosters kann seinerseits wieder ein Totalgefühl niederer Ordnung hervorrufen, das zum genannten Totalgefühl im Verhältnis des Partialgefühls steht oder es aknn das genannte Totalgefühl selbst in ein solches höherer Ordnung, z. B. in die Grundstimmung, übergehen. Von Vorgängen dieser Art ist unser ganzes Gefühlsleben durchzogen. Der Aufbau der Verschmelzungsstufen kann dabei ein sehr komplizierter sein. Die Stimmung, in welcher wir etwa eine Abendgesellschaft verlassen, ist aus einer großen Zahl einzelner Gefühlseindrücke entstanden, die ihrerseits wieder die verschiedenartigsten Verschmelzungsprodukte darstellen. Die Gesamteindrücke von Personen, von Gesprächsinhalten, von etwa gehörten Musikstücken, selbst von Speise und Trank, von Gesellschaftsräumen, die selbst zusammengesetzt und doch einheitlich sind, bestehen aus vielen Partialgefühlen und verflechten sich selbst wieder in der mannigfachsten Weise zu Totalgefühle, die in jener "Stimmung" ihren allgemeinsten Ausdruck finden.

Nicht anders verhält es sich mit dem Totalgefühl, welches ein gelesenes Buch, etwa ein Roman, zurückläßt. Charaktere, Handlungen, Schicksale der darin geschilderten Personen wecken eine große Zahl wechselnder Gefühle, die sich zu allgemeineren Gefühlen und zuletzt zu einem die Gesamtwirkung des Buches darstellenden Gefühlseindruck zusammenschließen, in welchem jedoch immer wieder Gefühlswirkungen einzelner Stellen oder Partien mit der Tendenz maßgebender Beeinflussung der Gesamtwirkung auftauchen.

Die zweite von RIBOT erwähnte Gruppe von Beispielen für die abstraction des ´emotions scheint zunächst eine von der erstgenannten abweichende Art der Gefühlsverallgemeinerung darzustellen. In Wirklichkeit stehen wir vor derselben Erscheinung. Es handelt sich um die "modernen literarischen Symbolisten". "Was diese ausdrücken wollen, sind nicht Ideen, sondern, wie ihre Theoretiker lehren und ihre Erzeugnisse bekunden, Gefühle, aber Gefühle, die sich nicht an etwas Bestimmtes anknüpfen, sondern sozusagen objektlos sind, bloß eine innere Stimmung (disposition intérieure), eine abstrakte Freude, Liebe, Trauer etc. abgeben. Daher auch das Vage, Unbestimmte der Poesie der Symbolisten." Auch diese Seite der RIBOTschen abstraction des émotions fügt sich ohne Schwierigkeit in unsere Theorie der Gefühlsverallgemeinerung ein und wird dadurch erst recht verständlich. Was zunächst als auffallende Einzelerscheinung auftritt, ist nur ein Fall eines allgemeinen Gesetzes. Jene besondere Wirkung der literarischen Erzeugnisse der "modernen Symbolisten" beruth darauf, daß sie hauptsächlich Totalgefühle höherer Ordnung hervorrufen, die allgemein und unbestimt genug sind, um sogleich zu einer "bloßen inneren Stimmung" zu verschmelzen. Da sie in demselben Maß, als die Verallgemeinerung zunimmt, von jeder Beziehung zu einer Einzelvorstellung sich entfernen, so machen sie den Eindruck der "Objektlosigkeit" und einer weitgehenden qualitativen Unbestimmtheit. Doch wir berühren damit bereits ein Gebiet, auf welches unsere Theorie eine besonders fruchtbare Anwendung finden kann und das deshalb eingehendere Berücksichtigung verdient.

Eine wichtige Rolle spielt die "Verallgemeinerung der Gefühle" besonders bei den sogenannten "höheren", den intellektuellen, ästhetischen, ethischen und religiösen Gefühlen. Daß auch diese Gefühle, deren Zusammenfassung zu unter sich abgegrenzten Gefühlsgruppen hier vorausgesetzt werden muß, als "Totalgefühle" betrachtet werden können, läßt sich aus dem psychologischen Tatbestand unschwer ableiten. Die Zusammenfassung mehrerer Gefühle in einem einheitlichen Gefühl von weniger bestimmter Qualität findet sich bei sämtlichen Gruppen vor.

Die  intellektuellen  Gefühle, welche die Vorgänge unseres Denkens begleiten, knüpfen sich schon an das einfache Urteil an. Das letzte Kriterium seines richtigen Vollzugs liegt ausschließlich im unmittelbaren Bewußtsein der Evidenz, dessen Hauptbestandteil ein Gefühl ist. (17) Daß wir gerade diese Ineinssetzung von Subjekt und Prädikat als die richtige vorziehen, läßt sich nicht anders erklären, als daraus, daß gerade mit dieser Form des Urteilens sich ein Gefühl der Lust verbindet. In diesem Gefühl verschmelzen sich aber schon beim einfachen Wahrnehmungsurteil: das ist eine Rose, Partialgefühle. Die Deutlichkeit oder Undeutlichkeit des wahrzunehmenden Gegenstandes, welche den Vollzug der dem Urteil zugrunde liegenden Wahrnehmung begünstigt oder erschwert, die Art wie der ganze um die Wortvorstellung "Rose" sich gruppierende Assoziationskomplex von akustischen, sensomotorischen, optischen, graphischen Wortbildern und Bedeutungsvorstellungen in Bewegung kommt, die Einfügung des Urteils in den bisherigen Kenntnisstand des Subjekts führen Einzelgefühle mit sich, deren Summe im Augenblick des Urteilens zu einem einheitlichen Gefühl verschmilzt, zu einem Totalgefühl, in welchem die Partialgefühle aufgegangen sind.

Dieses Totalgefühl wird aber selbst zum Partialgefühl bei komplizierteren Formen des Denkens, bei der Ableitung eines Urteils aus anderen Urteilen, beim Schlußverfahren, bei der Aufstellung einer wissenschaftlichen Hypothese, in welcher eine Fülle einzelner Beziehungen schöpferisch zur Einheit zusammengefaßt wird, bei dem Entwurf eines wissenschaftlichen Werkes, der in einem einzigen Überblick eine große Zahl von Gedankenreihen ordnet. Auch der Vollzug solch höherer Denkoperationen, deren höchste Formen der schöpferischen Phantasie entspringen, sind zweifellos von Gefühle begleitet. Hemmungen dieser Vorgänge, welche einem einheitlichen und befriedigenden Verlauf derselben entgegenstehen, werden als Unlust, die glückliche Vereinigung der Vielheit zur Einheit wird als Lust empfunden. Diese Gefühle selbst aber verraten, für sich allein betrachtet, nichts von der außerordentlichen Komplikation der Denkvorgänge, aus denen sie hervorgehen und von der Vielheit der mannigfachen Gefühle, welche diese einzelnen Denkvorgänge begleiten. Und doch baut sich das einheitliche Lustgefühl, das die Auffindung der ein ganzes Gebiet des Wissens erleuchtenden glücklichen Hypothese begleitet, auf einer großen Zahl von Partialgefühlen auf, die sich mit den mannigfachen darin enthaltenen logischen Einzelvorgängen verbinden.

Am einleuchtendsten tritt dieser Sachverhalt in dem  Ausdrucksmittel  zutage, welches sich das Denken geschaffen hat - in der Sprache. Das  Sprachgefühl  ist ein typisches Beispiel für die hier in Betracht kommenden Erscheinungen des Gefühlslebens und kann zur unmittelbaren Bestätigung des Gesagten dienen.

Beim Gebrauch einer Sprache, die wir beherrschen, leitet uns ein unmittelbares Gefühl des Richtigen, ohne daß uns dabei die verwickelten Gesetze der Sprache zu Bewußtsein kommen. Das sprachlich Falsche verursacht uns ein Unlustgefühl, das zunächst von der Art des Fehlers oder vom Grund desselben keinerlei Rechenschaft gibt. Es ist vielmehr ein im Wesentlichen einfaches Gefühl, wie das auch der Sprachgebrauch unmißverständlich zum Ausdruck bringt. Und doch ist es das Ergebnis einer äußerst verwickelten Kette von Vorgängen. Unzählige Übungen im Sprechen, Hören, Lesen der Sprache, deren Vollzug von zahllosen Schwingungen des Gefühlslebens begleitet war, sind vorhergegangen. Beruth die Beherrschung der Sprache zugleich auf grammatikalischer Kenntnis derselben, so hat sich das Sprachgefühl außerdem unter der Kontrolle vielverzweigter logischer Prozesse entwickelt, welche den praktischen Gebrauch der Sprache durch die Unterordnung des einzelnen Falles unter allgemeine Regeln erleichterten, eine logische Tätigkeit (18), die aber ihrerseits wieder von mannigfachen Gefühlen begleitet war. Alle diese Partialgefühle sind im Totalgefühl verschmolzen, das mit dem Namen "Sprachgefühl" als ein eigenartiges und einheitliches gekennzeichnet ist. Und doch dürfte es nicht leicht sein, die Qualität desselben irgenwie näher zu bestimmen. Es fehlt auch nicht am Merkmal der qualitativen Unbestimmtheit, das wir als charakteristisch für die Verallgemeinerung der Gefühle gefunden haben. Daß es aber wirklich ein Gefühl ist, das den Kern dieser Erscheinung bildet, tritt unter anderem in der Tatsache hervor, daß es an der Eigentümlichkeit der Gefühle teilnimmt, durch Reflexion in seiner unverfälschten Äußerung gestört zu werden und in der Regel auch an Intensität einzubüßen. Machen wir den Versuch, die Äußerungen des Sprachgefühls durch theoretische Erwägungen grammatikalischer Art zu kontrollieren, so stellt sich häufit Unsicherheit ein. Die tatsächliche Grundlage auch der Sprachwissenschaft ist der tatsächliche Sprachgebrauch. Wollen wir diesen mit Hilfe unseres Sprachgefühls, aber zugleich unter Reflexion auf die Begründung des sprachlich Richtigen feststellen, so gelangen wir zu einem Zustand innerer Unsicherheit, der etwa seinen populären Ausdruck in der Frage findet: Warum heißt es denn gerade so und nicht anders? Die Reflexion hat den normalen Ablauf des Gefühl gestört. Das Sprachgefühl, obwohl ein Totalgefühl höherer Ordnung, nimmt auch an dieser Eigenschaft der Gefühle teil.

Besonders nahe liegt die Anwendung unseres Grundgedankens auf die  ästhetischen  Gefühle. Schon die sogenannten ästhetischen Elementargefühle sind als Zusammenfassung noch einfacherer Gefühle zu betrachten, die vielfach ihrerseits wieder zusammengesetzt sind. In der Musik gründet sich die Harmonie auf die mit den Verhältnissen der Konsonanz und Dissonanz verbundenen Gefühle. Die Gefühlswirkung des Rhythmus baut sich aus der Gefühlswirkung der aus den Takten sich zusammensetzenden höheren metrischen Einheiten auf. Die Melodie als Ganzes setzt sich aus kleineren Bestandteilen zusammen, welche schon für sich in der Veränderung der Tonhöhe nach oben und unten elementare Gefühle mit sich führen. Aus dem Zusammenwirken dieser aus den verschiedenen Wirkungsweisen der Musik stammenden Partialgefühle ergibt sich ein Totalgefühl, das selbst wieder eine niederere Stufe repräsentiert gegenüber den höheren ästhetischen Gefühlen, welche durch den Gesamteindruck eines Tonganzen hervorgerufen werden. Durch die sinnlichen Eindrücke angeregt, tauchen aus dem Bewußtsein intellektuelle, sittliche, religiöse Ideen hervor, welche in irgendeiner assoziativen Verbindung mit denselben stehen und ebenfalls Gefühlskomplexe mit sich führen. Daraus entsteht wiederum ein Totalgefühl höherer Ordnung, das gewöhnlich als "Stimmung" bezeichnet wird und als vorläufig oberste Stufe der Verallgemeinerung auch die größte Unbestimmtheit der Qualität aufweist, so daß der Versuch, dasselbe mit irgendwelchen bestimmten Gedankenreihen in Verbindung zu bringen, zu sehr verschiedenen Ergebnissen führen kann. (19) Die ästhetische Wirkung der menschlichen Gestalt, einer Landschaft, eines Gemäldes setzt sich aus vielen für sich wirksame Gefühle mit sich führenden Bestandteilen zusammen. Die Dichtung, speziell in der Form der dem Ausdruck des Gefühls unmittelbar dienenden Lyrik, weckt durch Wortbilder, Reime, Rhythmus, Gedankeninhalt eine Fülle von Assoziationskomplexen und führt durch Verschmelzung aller daraus entspringenden Partialgefühle zu einer mit dem wechselnden Gesamteindruck sich ändernden, aber in jedem einzelnen "Seelenaugenblick" im Wesentlichen einheitlichen "Stimmung". Einen nicht unbedeutenden Anteil daran haben die im ersten Teil unserer Abhandlung besprochenen Gefühlstöne der Wortbilder, deren zweckentsprechende Aufeinanderfolge zur Entstehung der gewollten Stimmung beiträgt. Überall eine Verschmelzung der Einzelgefühle zu allgemeineren Gefühlen und der allgemeineren Gefühle zu solchen höherer Ordnung.

Diese Vorgänge wiederholen sich auf dem Gebiet der  ethischen  Gefühle. Es ist kein Zweifel, daß die Gefühlsregungen, welche sich mit der Vorstellung gewisser menschlicher Handlungen verknüpfen und zur Billigung oder Mißbilligung derselben führen, in der Hauptsache einheitlicher Art sind, so kompliziert auch ihre Entstehung sein mag. Insbesondere zeigt die Selbstwahrnehmung, daß die prägnanteste Klasse dieser Gefühle, diejenigen, welche sich auf das eigene Handeln beziehen und vom Sprachgebrauch mit dem Namen "Gewissen" als spezifische Erscheinung gekennzeichnet sind, nicht als etwas Zusammengesetztes, sondern als etwas Einfaches zu Bewußtsein kommt. Und doch sind in dieselben eine große Zahl einzelner Gefühlte eingegangen. Schon die Wortbilder, welche in der Regel im Zusammenhang mit Regungen des sittlichen Bewußtseins auftauchen, wie z. B. Mord, Heuchelei, Selbstverleugnung, Großmut sind, wie wir gesehen haben, mit Gefühlstönen assoziiert. (20) Ferner gehört zu einem vollständigen Akt des ethischen Urteilens die Vorstellung der Wirkungen, welche eine Handlung auf das Wohl oder Wehe lebender Wesen hat. Weiter verbinden sich damit die an die sozialen Beziehungen sich knüpfenden Gefühle: Kindesliebe, Elternliebe, Vaterlandsliebe, Rechtsgefühl, Ehrgefühl usw. Im entwickelten Bewußtsein des Kulturmenschen verschmelzen sich diese Gefühle mit den ethischen Gefühlen und gehen im Einzelfall, ja nach Sachlage, als Partialgefühle in das ethische Totalgefühl ein. (21)

Ähnlich verhält es sich mit den  religiösen  Gefühlen. In der Stimmung der "Andacht" fließt eine ganze Summe einzelner Gefühle zusammen, die durch die Eindrücke des Kultus, durch die Handlung des Gebets, durch die erbauliche Beschäftigung mit dem religiösen Gedankenkreis ausgelöst werden. Vergegenwärtigen wir uns die Stimmung der Andacht, welche durch eine kirchliche Kultushandlung hervorgerufen wird, so sind es zunächst sinnliche Eindrücke, welche dem Gesicht und Gehör und etwa auch dem Geruch (z. B. in dem die Stimmung besonders stark beeinflussenden Weihrauch) sich darbieten und in einer sinnlichen Gesamtwirkung zugleich die begleitenden Gefühle vereinigen. Dazu kommt die Erregung des im religiösen Gemüt nach allen Richtungen sich verzweigenden Gefühlskomplexes, der sich mit dem religiösen Gedankenkreis verknüpft hat, durch die Worte, welche die Kultushandlung begleiten oder den Mittelpunkt derselben bilden. Die Regungen des frommen Gemüts sind durch Erziehung und Unterricht in langjähriger Übung so eng mit dem reichen Gedankeninhalt der Religion verflochten, daß jeder sprachliche Ausdruck dieses Inhalts sogleich in der Stimmung der Seele die entsprechenden Saiten erklingen läßt. Alle diese Partialgefühle aber verschmelzen zu einem Totalgefühl religiöser Andacht, das in der Regel zwar keine genauer bestimmbare Qualität, aber einen einheitlichen Charakter hat und dessen Färbung durch das wechselnde Hervortreten einzelner Partialgefühle beeinflußt wird.

So treten auf dieser Stufe der höheren Gefühle mehrfach auch die Gefühlstöne der Wortvorstellungen, die wir in erster Linie als Repräsentanten einer Verallgemeinerung der Gefühle gefunden haben, in den Verschmelzungsprozeß ein, durch welchen sich die zweite unmittelbare Form der Gefühlsverallgemeinerung verwirklicht. Wo der Vorstellungsinhalt im Gefühlsleben eine Rolle spielt, da ist auch die Möglichkeit gegeben, daß die an die allgemeinen Vorstellungen sich anknüpfenden Gefühle ihren Beitrag zu Totalgefühlen höherer Ordnung liefern. Und doch bleibt der Unterschied zwischen beiden Formen, der mittelbaren und der unmittelbaren, bestehen. Bei der ersten handelte es sich um die in Folge ihrer Assoziation mit allgemeinen Vorstellungen an den begleitenden Gefühlen vor sich gehenden Veränderungen und die im allgemeineren Gefühl zusammengefaßten Einzelgefühle lagen zeitlich auseinander; bei der zweiten Form finden die gleichzeitigen Partialgefühle unmittelbar ihren gemeinsamen Ausdruck in einem Totalgefühl. Dieser Sachverhalt entspricht durchaus dem Wesen des Gefühls. Zeitlich auseinanderliegende Gefühle können nur durch Vermittlung der im Gedächtnis haftenden Vorstellungen in Beziehung zueinander treten; die gleichzeitigen Gefühle des entwickelten menschlichen Bewußtseins aber treten in unmittlbare Beziehungen von unübersehbarer Mannigfaltigkeit und unendlicher Wandlungsfähigkeit.
LITERATUR - Theodor Elsenhans, Über Verallgemeinerung der Gefühle, Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, Bd. 24, Leipzig 1900
    Anmerkungen
    1) HARALD HÖFFDING, Psychologie in Umrissen, 2. dt. Ausgabe, 1893, Seite 126
    2) WILHELM WUNDT, Grundzüge der physiologischen Psychologie II, Seite 499
    3) WILHELM WUNDT, Grundriß der Psychologie, 3. Auflage, 1898, Seite 191
    4) THEODOR ZIEGLER, Das Gefühl, 2. Auflage, 1843, Seite 87
    5) HARALD HÖFFDING, Psychologie, Seite 186
    6) WILHELM WUNDT, Grundzüge I, Seite 581
    7) FRIEDRICH JODL, Lehrbuch der Psychologie, 1896, Seite 398
    8) WILHELM WUNDT, Grundzüge I, Seite 581f; ähnlich HÖFFDING, Psychologie, Seite 476
    9) FRIEDRICH JODL, Lehrbuch der Psychologie, Seite 396
    10) WILHELM WUNDT, Grundriß der Psychologie, Seite 192
    11) FRIEDRICH JODL, Lehrbuch der Psychologie, Seite 396f
    12) JODL, a. a. O. Seite 397
    13) WUNDT, Grundzüge der physiologischen Psychologie II, Seite 581f, HÖFFDING, Psychologie, Seite 310f
    14) HÖFFDING, a. a. O. Seite 395 und 402
    15) Empfehlenswerter wäre deshalb die oben angedeutete Benennung "Gemeingefühl" statt "Totalgefühl", was aber angesichts des für das erstere Wort bereits bestehenden Sprachgebrauchs wohl zu Schwierigkeiten führen würde.
    16) THEODORE RIBOT, L'abstraction des émotions, L'année psychologique 3, 1-9, 1897
    17) CHRISTOPH SIGWART, Logik I, Seite 16
    18) Über die Beziehung zur Logik vgl. meinen Aufsatz über "Das Verhältnis der Logik zur Psychologie", Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, Bd. 109, Seite 207
    19) Weshalb E. HANSLICK, Vom Musikalisch-Schönen, 4. Auflage, Leipzig 1874, der Musik die Fähigkeit überhaupt bestreitet, bestimmte Gefühle darzustellen, die bestimmte Vorstellungen erwecken können.
    20) PAUL RÉE, Die Entstehung des Gewissens, 1885, sieht sogar in dieser "lobenden und tadelnden Nebenbedeutung der Wörter", wie er es nennt, das Wesentliche und zugleich das Irreführende des Gewissens. Vlg. mein "Wesen und Entstehung des Gewissens", 1894, Seite 221f
    21) An anderer Stelle (Beiträge zur Lehre vom Gewissen I, Theologische Studien und Kritiken, 1900, Seite 265f, habe ich deshalb das Gewissen als das "soziale Gemeingefühlt" bezeichnet, das analog dem körperlichen Gemeingefühl, das als unmittelbarer Ausdruck unseres sinnlichen Wohl- oder Übelbefindens gelten kann, die Beziehungen unseres Handelns zur Fixierung oder Hemmung des sozialen Körpers anzeigt. Vgl. auch mein "Wesen und Entstehung des Gewissen", Leipzig 1894.